Panorama Deutschland

ZEITGESCHICHTE BRANDENBURG Honeckers Milliardenminus im verschwiegene Ehe Schattenhaushalt rstmals ist ein Beleg dafür aufge- Etaucht, dass Ex-DDR-Staatschef ei dem Versuch, die öffentliche dreimal verheiratet war BWohnungsbauförderung beson-

– die erste Ehe hatte er selbst immer / DPA MICHAEL HELBIG ders trickreich zu finanzieren, hat verschwiegen. Die Standesamtsurkunde Modernisierte Plattenbauten (in Cottbus) sich das Land Brandenburg offen- fand Ed Stuhler, Autor einer jetzt er- bar schwer verschuldet. Wie aus scheinenden Biografie über Honeckers einem internen Papier des Potsdamer Bauministeriums hervorgeht, wurde das so bekannteste Frau, Ex-DDR-Bildungsmi- genannte Wohnungsbauvermögen des Landes (LWV) seit Jahren durch Millionen- nisterin . Danach hei- kredite aufgestockt. Die Summe der aufgenommenen Darlehen beläuft sich nach ratete der damalige FDJ-Sekretär am Angaben eines Potsdamer Insiders mittlerweile auf mehr als 7,5 Milliarden Euro. 23. Dezember 1946 in die Justiz- Anfangs war der Fördertopf, aus dem günstige Kredite an märkische Häuslebauer Wachtmeisterin Charlotte Schanuel, ge- und Wohnungsgesellschaften gezahlt werden, Bestandteil des Landeshaushalts, bis borene Drost. Stuhler zufolge war er 1997 in einen Sonderfonds bei der Investitionsbank des Landes umgewandelt wur- Honecker ihr im Berliner Gefängnis de. Dadurch war der Weg frei für Fremdfinanzierungen am freien Kapitalmarkt – Barnimstraße begegnet, in dem er als und der Landeshaushalt konnte stetig entlastet werden. Die Schulden dagegen NS-Häftling 1944 einsaß. Honecker er- türmten sich fortan in dem diskreten Schattenhaushalt auf. Wegen der regelmäßigen wähnte 1990 Schanuel in einem Inter- Etatkürzungen, des drohenden Ausfalls von Rückzahlungen und möglicher Insol- view nur als eine befreundete Wacht- venzen von Wohnungsgesellschaften nahm der LWV-Fonds allerdings immer neue meisterin. Die Ehe des damals 34-Jähri- Fremdkredite auf, um allein die Zinsen abstottern zu können. Diese Umstände, so gen mit der neun Jahre älteren Witwe heißt es in dem vertraulichen Papier, würden Risiken bergen, deren Größenordnung „nicht bezifferbar“ sei. Potsdamer Regierungskreise sprechen bereits jetzt von ei- ner drohenden „Pleite“, die den millionenschweren Crash der brandenburgischen Landesentwicklungsgesellschaft im Herbst 2001 „bei weitem in den Schatten stel- len könnte“.

HAMBURG Büroleiter dem Senator daraufhin mit, er habe dem Redakteur versichert, Frau Filz im Senat S. sei „mehr denn je Kandidatin der Behördenleitung“. Dabei lag bis dahin n Hamburg gerät der christdemokrati- weder ein Zeugnis des letzten Vorge-

J. G. JUNG J. Ische Justizsenator Roger Kusch, en- setzten der Frau vor, noch hatte der Se- Honecker (um 1950), ger Vertrauter von Regierungschef Ole nator ein Vorstellungsgespräch mit ihr Partnerin Margot mit von Beust, zunehmend unter Druck. geführt. Das fand Tochter Sonja (1954) Kusch hatte, so der Vorwurf, der Ehe- nämlich erst am frau des „Bild“-Politikredakteurs Mat- 5. September statt. währte auch nicht lan- thias S. einen hoch dotierten Posten als Peter Huth, Redak- ge: Schon im Juli 1947 Abteilungsleiterin in seiner Behörde tionsleiter von war Honecker mit der verschafft. Nachdem der zuständige „Bild“ Hamburg, FDJ-Funktionärin Amtsleiter der Frau am 25. August 2002 und die Justizbehör- Edith Baumann ver- mitgeteilt hatte, dass er sie mangels Er- de bestreiten, dass bandelt, die er zwei fahrung in der Verwaltung und der Mit- es Absprachen zwi- Jahre später heiratete, nachdem sie arbeiterführung für nicht geeignet halte, schen Redakteur

schwanger geworden war. Doch bereits beschwerte sich ihr Ehemann direkt in und Senator gege- PRESS NIBOR / ACTION 1950 beklagte sich Gattin Nummer zwei Kuschs Büro. Per E-Mail teilte der ben habe. Kusch in einem Brief an den damaligen SED- Generalsekretär über die Liaison ihres Mannes mit Margot Feist, die Honecker in den FDJ-Zentral- IRAK-KRISE wurden und auch für die Produktion rat nach Ost-Berlin geholt hatte. 1952 chemischer Waffen benutzt werden wurde auch Margot schwanger. Lieferung vom BND könnten. Zudem lieferten die Deutschen Honeckers dritte Ehe wurde jedoch kei- Informationen über geheime unterirdi- neswegs vor der Geburt von Tochter er Bundesnachrichtendienst (BND) sche Anlagen. Chefinspektor Hans Blix Sonja geschlossen, wie die heute in Chi- Dhat den Uno-Waffeninspektoren dankte der Bundesregierung in einer le lebende Honecker-Witwe noch 2001 erste Informationen für ihre Kontrollen Sitzung des Uno-Sicherheitsrats für ihre behauptete. Erst am 26. Januar 1955 wil- im Irak zur Verfügung gestellt. Dabei Unterstützung. Diplomaten werteten ligte ihre Vorgängerin in die Scheidung handelt es sich vor allem um Hinweise dies auch als ausdrückliche Bitte an an- ein. Danach wurde heimlich zum letzten auf Chemikalien, die vom Irak in den dere Staaten, die Inspektoren mit Ge- Mal geheiratet – Datum unbekannt. vergangenen Jahren illegal importiert heimdienstinformationen zu versorgen.

20 der spiegel 4/2003