Am Stellpult in Keinem Beruf Kann Man So Über Menschen Herrschen Wie in Der Politik
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Deutschland Karrieren Am Stellpult in keinem Beruf kann man so über Menschen herrschen wie in der Politik. niemand macht von dieser Möglichkeit so ungeniert Gebrauch wie der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Von René Pfister HANS-BERNHARD HUBER / LAIF CSU-Chef Seehofer: Er liebt es, andere seinen Einfluss spüren zu lassen 40 der spiegel 33/2010 in paarmal im Jahr steigt Horst See - Stellpult, und das steht in der bayerischen verarbeiten, eine kleine Psychotherapie hofer in den Keller seines Ferien - Staatskanzlei. auf der Bühne. eisenhart schwebte ein ehauses in Schamhaupten, Weih - Wenn man ihn dort trifft, fällt als erstes Beichtgespräch vor, Seehofer sollte Wal - nachten und Ostern, auch jetzt im Som - seine Gelassenheit auf. Seine Bewegun - ter Mixa spielen, der damals noch Bi - mer, wenn er ein paar Tage frei hat. Dort gen sind gravitätisch und kontrolliert, die schof von eichstätt war, eisenhart selbst unten steht seine eisenbahn, es ist eine Beamten wirbeln, aber Seehofer bleibt wollte in die rolle Seehofers schlüpfen, Märklin H0 im Maßstab 1:87, er baut seit ruhig. er wirkt wie ein alter weiser König, der dem fiktiven Mixa seine Sünden of - Jahren daran. Die eisenbahn ist ein Mo - sein graues Haupt überragt alle. Hinter fenbart. dell von Seehofers Leben. der majestätischen Fassade steckt jedoch „Wir bringen dich in die Schlagzeilen es gibt den nachbau des Bahnhofs von ein ganz anderer Seehofer, ein Mann, der ohne die Politik“, sagte eisenhart zu See - Bonn, der Stadt, in der Seehofers Karrie - gern spielt, mit Menschen noch lieber als hofer. Das fand Seehofer gut. Schlagzei - re begann. nach dem Jahr 2004, als er mit eisenbahnen. Warum ist das so? len findet Seehofer immer gut. wegen des Streits um die Ge - Die beiden schlossen sich im sundheitspolitik sein wichtigs - Kloster Plankstetten ein und tes amt verlor, baute er einen schrieben Tag und nacht, für „Schattenbahnhof“, so nennt er Seehofer war es wie eine Be - ihn, ein Gleis, das hinab ins freiung, er schrieb sich die Wut Dunkel führt. von der Seele. Dauernd fielen Seit neuestem hat auch an - ihm fiese Spitzen gegen Merkel gela Merkel einen Platz in See - und edmund Stoiber ein. Spott - hofers Keller. er hat lange über - lust steckte schon immer in legt, wohin er die Kanzlerin ihm, aber nun trat etwas neues stellen soll. Vor ein paar Mona - hervor, das Vergnügen, es sei - ten dann schnitt er ihr Porträt - nen rivalen heimzuzahlen. foto aus und kopierte es klein, einmal legte er eisenhart dann klebte er es auf eine Plas - eine Szene auf den Tisch, in P D D tikfigur und setzte sie in eine der Beichtvater Mixa den Sün - / G Diesellok. Seither dreht auch N der Seehofer fragt, ob er un - A L R die Kanzlerin auf Seehofers ei - E keusche Gedanken habe, wenn V I L senbahn ihre runden. O er an angela Merkel denke. Seehofer hat sich in Scham - CSU-Mann Glos: Rücktritt als letzte Waffe gegen Seehofer Der antwortet: „Vater, ich habe haupten eine Welt nach seinem schon vieles angestellt, aber Willen geformt, er steht dort Wunder kann ich nicht voll - am Stellpult, und die Figuren bringen.“ in den Zügen setzen sich in Be - eisenhart fand das zu hart. wegung, wenn er den Befehl „Horst, den Witz über die Mer - dazu erteilt. es ist ein Ort, wo kel können wir nicht bringen.“ sich Seehofers Spieltrieb mit „Klar“, sagte Seehofer. es seiner Lust am Herrschen war, als ob ein Feuer in ihm paart. Beides ergibt bei ihm brannte. keine glückliche Verbindung. Viermal traten eisenhart und Seit fast zwei Jahren be - Seehofer zusammen auf, es wa - stimmt Seehofer als CSU-Chef ren nur kleine Bühnen, sie und bayerischer Ministerpräsi - spielten im Gasthof Meierbeck dent die Geschicke der repu - in Gerolfing und in Lenting F blik mit, aber es ist schwer zu F beim Starkbierfest. aber das O K N sagen, wohin er das Land füh - I machte nichts. Seehofer badete M Y ren will. er versprach niedrige - M in der Sympathie seiner Zuhö - M A re Steuern, jetzt redet er vom S rer. in Berlin war er ein nie - Sparen. er lobte Merkels Ge - Verteidigungsminister Guttenberg: Revoluzzer der CSU mand, aber hier, in der Heimat, sundheitsfonds, jetzt will er ihn war er plötzlich der einsame am liebsten abschaffen. Manche sagen, er „Jetzt bin ich nichts mehr.“ Walter ei - Held, der gegen die Giganten in der wisse mit seiner Macht nichts anzufan - senhart kann sich noch gut an den Satz Hauptstadt kämpft. gen. erinnern. Seehofer saß bei seinem Freund eine Weile blieb es ruhig um Seehofer, Das täuscht. Seehofer herrscht mit gro - in eichstätt, gerade hatte er seinen Posten doch dann begannen die Verhältnisse in ßem Vergnügen, nur geht es dabei selten als Fraktionsvize abgeben müssen, weil er der CSU zu tanzen. Stoiber stürzte, und um die Sache; er liebt es, Menschen sei - Merkels Kopfpauschale nicht mitmachen die Partei suchte ihr Heil in erwin Huber nen einfluss spüren zu lassen, seine Par - wollte. es war im november 2004. Seeho - und Günther Beckstein, die sich bald als teifreunde, seine Mitarbeiter, sogar seine fer war geschockt, er wirkte wie aufgelöst. zu klein erwiesen für die riesigen an - Frauen. andere Politiker wollen Deutsch - eisenhart ist ein freundlicher Mann mit sprüche der CSU. land verändern, Seehofer reicht es, wenn einem offenen Gesicht, er kommt gerade am ende gab es nur noch Seehofer. er Menschen steuern kann wie seine ei - von der Uni, wo er als Dozent für Poli - Der Mann, der fast an einer entzündung senbahn. tikwissenschaft arbeitet. Die beiden ken - des Herzmuskels gestorben wäre, dann Manchmal scheint es, als wäre er vor nen sich seit 16 Jahren, eisenhart war zum irren erklärt wurde wegen seines allem deshalb CSU-Chef geworden, da - mal Vorsitzender der örtlichen CSU. „ich Kampfes gegen die Prämie und schließ - mit die echte Welt und die Kellerwelt in wollte ihn rausholen aus dem Tal der lich den Spott wegen seiner affäre mit Schamhaupten miteinander verwachsen. Selbstbemitleidung“, sagt er. einer Bundestagsmitarbeiterin ertragen er war jahrelang ein Fachpolitiker, der eisenhart schlug Seehofer damals vor, musste – er war plötzlich der retter, die Mann fürs Detail. Jetzt hat er ein zweites seinen Frust in einem Kabarettstück zu letzte Chance der CSU. Vielleicht ist es der spiegel 33/2010 41 Deutschland S S E R P N O I T C A / G U R K A K S I Z N A R F Ehepaar Seehofer*: Er ist der Ministerpräsident, sie die First Lady, das muss genügen schwer, da nicht seinen allmachtsphan - Menschen in diesem Metier entlohnt wer - macht sich gleich ans Werk, er kämpft tasien zu erliegen. den. aber die Macht wird in der Demo - und schwitzt, am ende bricht das Stück Christine Haderthauer hat darunter lei - kratie durch regeln beschränkt, das un - entzwei. „ihr habt wohl gedacht, wir Poli - den müssen. Haderthauer und Seehofer terscheidet Herrschaft von der Willkür - tiker sind ganz blöd“, sagt Seehofer, in kommen beide aus ingolstadt, es gab Zei - herrschaft. Seehofer liebt es, jeden Tag ihm steckt noch energie, die muss jetzt ten, da trafen sie sich im Dezember beim die regeln zu ändern, er regiert die CSU raus. in der ecke steht Beate Merk rum, Meierbeck in Gerolfing, dem Heimatdorf wie ein absoluter Monarch. seine Justizministerin, eine dünne Blon - Seehofers. Sie sangen „Stille nacht“ und Mitte april ist er in seinem BMW dine auf Stöckelschuhen. aßen Spekulatius. Seehofer war noch ab - unterwegs ins allgäu, er will eine Haupt - „Ja, was macht denn die Justizminis - geordneter in Berlin, er sagte, Haderthau - schule besuchen. Die Zeitungen schrei - terin?“, sagt Seehofer, in seinem Gesicht er sei eines der großen Talente der CSU. ben über die aschewolke des eyjafjalla - steht gespielte empörung „Die steht da Dann entschied sie sich, Generalsekre - jökull und die Wahl in nordrhein-West - und tut nix!“ Merk lächelt gequält. tärin unter erwin Huber zu werden, See - falen, über die CSU schreiben natürlich, ein Witz, aber das hofers erzfeind. Plötzlich fiel Seehofer sie kaum. Seehofer wird muf - ist das Problem mit seiner spe - nur Schlechtes zu Haderthauer ein. Die felig. er klappt seine Mappe zu Seehofer liebt ziellen Form der Personalfüh - Christine könne das nicht, sagte er, wenn und sagt: „ich sage doch immer es, jeden Tag rung. er ist der Diktator mit der Journalisten um ihn herumstanden. als meinen Leuten in Berlin: Brust die Regeln zu narrenkappe. Wenn sich seine Seehofer die Macht in der CSU über - raus, ihr müsst bundespolitisch ändern, er re - Opfer wehren, schüttelt er ver - nahm, dachte Haderthauer, ihre letzte wahrnehmbar sein.“ giert die CSU ständnislos den Kopf. Stellt Stunde habe geschlagen. es kommt vor, dass Seehofer wie ein absolu - euch nicht so an, könnt ihr nicht Die Ministerien wurden verteilt, und SMS an Parteifreunde ver - mal einen Scherz vertragen? am ende klingelte doch noch Haderthau - schickt, die ihm zu leise er - ter Monarch. Michael Glos wollte das ir - ers Handy. Seehofer bot ihr das Sozial - scheinen. „Wo bleibt die revo - gendwann nicht mehr mitma - ministerium an, aber er fand kaum lution“, schreibt er dann. Wenn einer das chen. er war mal CSU-Landesgruppen - freundliche Worte. „Du warst schon unter wörtlich nimmt und wirklich eine revo - chef, dann machte ihn edmund Stoiber der erde, jetzt habe ich dich noch mal lution lostritt wie Verteidigungsminister zum Wirtschaftsminister, aber er gab eher aus dem Sarg geholt“, sagte er. er lachte Karl-Theodor zu Guttenberg, der die eine traurige Figur ab, er tappte durch dabei, es war das Lachen eines Mannes, Wehrpflicht abschaffen will, ist Seehofer Berlin wie ein Landrat, der sich in die der weiß, dass er nun Karrieren mit ei - entsetzt. große Politik verirrt hat. nem anruf beflügeln oder beenden kann. Seehofers Kolonne rollt vor die Haupt - er sitzt jetzt in einer kleinen Kammer natürlich genießt jeder Politiker seinen schule.