Deutschland Feinde fürs Leben CSU In einem beispiellosen Machtkampf hat Markus Söder den Parteipatriarchen zur Seite gedrängt. Aber die Risse und Feindschaften bleiben. Hinter den Kulissen wird schon über den Parteivorsitz gestritten.

orst Seehofer ist nicht nach Party um Söder zu verhindern. Doch am Ende geht. Und wie schwer es für die Partei sein zumute. Im Senatssaal des bayeri - nützte aller Einfallsreichtum nichts gegen wird, wieder zu alter Kraft zu gelangen. Hschen Landtags begeht die CSU- Söders brennenden Ehrgeiz. Fraktion am Mittwochabend ihre Weih - Die CSU ist eine Partei, in der ständig 27. September, CSU-Landtagsfraktion, nachtsfeier. Zwei Tage zuvor hatten die Rechnungen ausgestellt und wieder begli - München Abgeordneten entschieden, dass Seehofers chen werden. meidet auf Par - In einem Sitzungssaal des Maximilianeums Widersacher Markus Söder der künftige teiveranstaltungen noch immer den Tisch versammeln sich die Abgeordneten der Ministerpräsident von Bayern sein soll. Die von , weil der ihn vor 19 CSU, die meisten sind auf der Seite Söders. Stimmung war ausgelassen, nur Seehofers Jahren als Parteivorsitzenden gestürzt hat - Seit dem Absturz der CSU bei der Bun - Laune ist gedämpft. te. Stoiber wiederum hat es seinen einsti - destagswahl hat die Fraktion das Wahl - Es ist nicht schön, als Verlierer die Freu - gen Kabinettskollegen Günther Beckstein ergebnis noch nicht ausführlich diskutiert, de der Sieger mitansehen zu müssen. Nach und Erwin Huber nicht vergessen, dass sie nur einzelne Abgeordnete hatten in Inter - dem ersten Auftritt des Chores geht See - ihn 2007 zum Rückzug als CSU-Chef und views einen personellen Neuanfang gefor - hofer. Die anderen amüsieren sich bis in Ministerpräsidenten gedrängt hatten. dert. Nun wagt sich ein Kabinettsmitglied den Morgen. „Offensichtlich gab es was Zwischen Söder und Seehofer geht es aus der Deckung. Der Kultusstaatssekretär zu feiern“, sagt der CSU-Chef am folgen - mindestens ebenso heftig zu. Der Öffent - Georg Eisenreich sagt, man habe unter den Tag. lichkeit ist die Dimension des Konflikts seit Seehofer schon zwei Wahlen verloren und Hat die CSU Grund zu jubeln? Der einer Weihnachtsfeier im Jahr 2012 bewusst, brauche deswegen einen personellen Neu - Machtkampf zwischen Söder und Seehofer als Seehofer seinem Konkurrenten die cha - start. Söder tritt nach der Sitzung vor die scheint beendet, Seehofer will sein Amt rakterliche Eignung für höhere Ämter ab - Kameras und spricht von einer „intensiven, als Ministerpräsident im ersten Quartal des sprach und die deutsche Sprache um das langen Diskussion“, die dem „historischen kommenden Jahres niederlegen. Söder ist schöne Wort „Schmutzeleien“ bereicherte. Ergebnis“ bei der Bundestagswahl ange - von der Fraktion bereits zum Nachfolger Seit jenem Dezembertag bekämpfen sich messen sei. bestimmt worden, einstimmig, so schnell die beiden mal mehr, mal weniger drehen sich die Verhältnisse in der CSU. öffentlich. Söder legte im Gespräch mit Ver - 4. November, Erlangen Auf dem Parteitag Ende kommender Wo - trauten gern die Stirn in Falten und stellte Die JU Bayern ist wie die Landtagsfraktion che dürften die Delegierten diese Entschei - die Frage, ob der manchmal etwas schwer - eine feste Bastion für Söder, vor 15 Jahren dung per Akklamation bestätigen, es ist atmige Seehofer eigentlich noch die Kraft war er selbst Chef der CSU-Jugendorgani - nur noch eine Formsache. habe, ein stolzes Land wie Bayern zu füh - sation. Die fränkischen Delegierten hatten Man habe eine Konsenslösung gefunden, ren. Seehofer revanchierte sich, indem er schon vor der Tagung Schilder mit den aber es ist ein Konsens, den Söder mit aller daran erinnerte, dass Staatsämter vor allem Aufschriften „MP Söder“ und „Erneue - Gewalt erzwungen hat, ein Konsens, der nach charakterlicher Größe verlangen. rung jetzt!“ drucken lassen. Aber es gibt keinen Frieden schafft. Seehofer ist ja nicht Wie soll ein solches Paar die CSU füh - eine klare Absprache mit JU-Landeschef weg, er kandidiert noch einmal für den ren, zumal in einer Zeit, in der die Partei Hans Reichhart: Die Franken dürfen ihre Parteivorsitz und macht gleich klar, dass nur noch ein Schatten der alten Größe ist? Schilder nach der für Sonntag geplanten er und nicht Söder das letzte Wort hat, In den Umfragen liegt die CSU bei unter Rede Söders hochhalten. Dafür würden sollte es zu Koalitionsverhandlungen mit 40 Prozent, die absolute Mehrheit wirkt sie sich, wie alle Delegierten, nach der der SPD kommen. „Der Parteivorsitzende derzeit wie ein Regenbogen, leuchtend, Rede Seehofers erheben und brav applau - führt die Verhandlungen, es geht ja schließ - unerreichbar. dieren. lich um die Bundespolitik“ ( siehe "!  - Angela Merkel muss nun mit dieser Füh - Es gibt nur ein Problem: Seehofer  -Gespräch Seite 37 ). rung zurechtkommen, die zerstritten und kommt nicht. Ihm steckten 17 Stunden Ver - Söder und Seehofer, das ist ein Duo, das verunsichert zugleich ist. Nach außen ge - handlungen in Berlin in den Knochen. Am es so nur in der CSU geben kann, einer ben sich beide geläutert. Er werde alles Montag sollen die Gespräche weitergehen. Partei, die meint, die Arbeit der Opposi - unternehmen, „dass wir gut zusammen- CSU-Generalsekretär tion gleich miterledigen zu müssen. Einen arbeiten“, sagt Seehofer am Montag in der bietet an, den Chef zu vertreten, aber der schlimmeren Feind als Söder kann See - Landtagsfraktion zu Söder. Söder wiede - lehnt brüsk ab. „Du bleibst hier“, herrscht hofer schwerlich finden, nicht bei den Grü - rum erklärt, Seehofer und er hätten in den er Scheuer an. nen und schon gar nicht bei den skleroti - entscheidenden Momenten immer vertrau - Ein grober Fehler, wie sich bald zeigen schen bayerischen Sozialdemokraten. ensvoll zusammengearbeitet. wird. Denn damit hat Söder freie Bahn. Schon seit Jahren trachtet Söder nach Der Verlauf des Machtkampfs zeigt al - Die erbosten Delegierten verabschieden dem Amt des Ministerpräsidenten, und je lerdings, dass dies eine eigenwillige Inter - eine spontan verfasste „Erlanger Erklä - dringlicher seine Begehrlichkeiten wurden, pretation der Geschichte ist. In Wirklich - rung“, in der es heißt, Seehofer müsse jetzt umso fantasievoller gestalteten sich die keit ist es in dieser Woche nicht nur miss - „den Weg bahnen für einen geordneten Abwehrstrategien Seehofers. Er erfand den lungen, eine Dauerfehde zu beenden. Übergang an der Spitze der Staatsregie - Spitzenkandidaten Joachim Herrmann, er Wenn man sie rekonstruiert und alle Fa - rung“. Söder lässt sich noch am Abend zum lockte den gefallenen Helden Karl-Theodor cetten nachzeichnet, dann zeigt sich auch, Delegiertentreffen nach Erlangen fahren. zu Guttenberg ins bayerische Bierzelt, alles, wie tief der Riss ist, der durch die CSU Er wohnt nur 20 Minuten entfernt. „Ich

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R E V I L O Designierter Ministerpräsident Söder: Die charakterliche Eignung für höhere Ämter abgesprochen

DER SPIEGEL ;8 / :89< 33 habe großen Respekt davor, welchen Mut ihr habt, was ihr euch traut“, sagt er. „Toll gemacht.“ Er wird gefeiert wie ein Pop - star. JU-Chef Reichardt bittet die fränkischen Söder-Fans noch, am kommenden Tag ihre Plakate mit der Aufschrift „MP Söder“ nicht im Saal zu schwenken. Daran halten sie sich auch. Von der Eingangshalle ist allerdings nicht die Rede. Dort warten Söders Anhänger, bis er aus der Halle kommt und sich nach kurzem Zögern zu ihnen stellt. Das Foto wird am darauf- folgenden Tag in jeder bayerischen Zei - tung gedruckt. S R E

23. November, Franz-Josef-Strauß-Haus, T U E R

München /

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Seehofer bittet die engste Parteiführung U S

Y um 16 Uhr zu einer Sitzung in der dritten A M A

Etage. Am Morgen hatte er vor Journalis - C ten erklärt, dass der quälende Macht - Politische Kontrahenten in der CSU*: kampf mit Söder nun endlich ein Ende finden werde. „Heute Abend wird alles klar sein.“ über seinen Twitter-Account vermeldet: Markus Söder. Nicht Seehofer hat zu dem Seehofer will seine Entscheidung zuerst „Die Entscheidung ist nach BR-Informatio - Treffen geladen, sondern Weber, der Chef im kleinen Kreis bekannt geben. Seine nen schon gefallen: Horst Seehofer bleibt der konservativen EVP-Fraktion im Euro - Stellvertreter sind da, der Berliner Landes - CSU-Parteichef, Markus Söder wird Minis - paparlament. Neben Weber und Seehofer gruppenchef Alexander Dobrindt, der Vor - terpräsident.“ Eine Falschmeldung, wie sind noch Wirtschaftsministerin llse Aigner sitzende der Landtagsfraktion, Thomas sich bald herausstellt. gekommen, Innenminister Joachim Herr - Kreuzer, sowie Generalsekretär Andreas Was Seehofer der kleinen Runde vor mann und Dobrindt. Scheuer und dessen Stellvertreter Markus der Vorstandssitzung eröffnet, ist nicht In der Presse wird das Treffen später als Blume. Seehofer denkt nicht strategisch, weniger als eine Kapitulation. Er werde der Moment dargestellt, in dem Herrmann sondern nur von Stunde zu Stunde. Viel - im Herbst nicht mehr als Ministerpräsident sich endlich zu seinen Ambitionen be - leicht, so hofft er, gibt es doch noch einen antreten und sein Amt als Parteichef sofort kannt habe. „Herrmann tritt gegen Söder Ausweg. zur Verfügung stellen. Diese Entscheidung an“, titelte die „Süddeutsche Zeitung“ spä - Die Sitzung ist der Höhepunkt einer werde er auch gleich im Vorstand bekannt ter unter Berufung auf die Runde in der turbulenten Woche, in der zwischenzeit - geben. Staatskanzlei. Tatsächlich prescht ein Teil - lich alles entschieden scheint und dann In der Runde herrscht kurz verblüfftes nehmer der Runde mit seinen Ambitionen doch wieder alles offen ist. Vier Tage zu - Schweigen. Damit hat keiner gerechnet. vor. Nur ist es nicht Joachim Herrmann. vor, am Sonntagabend, hatte die FDP in Als Erste meldet sich Seehofers Stellver - Sondern . Berlin die Jamaikaverhandlungen platzen treterin Barbara Stamm. Das dürfe er auf Der erklärt gleich zu Beginn, dass er be - lassen. Damit habe eine Entwicklung ein - keinen Fall tun, beschwört sie Seehofer. reit sei, auf dem Parteitag im Dezember gesetzt, „die weit über Deutschland und In der Partei werde dann ein Führung s - für den Parteivorsitz zu kandidieren. Er Europa hinaus Bedeutung hat und deren chaos ausbrechen. Wirtschaftsministerin begründet das lange und ausführlich. See - Ende wir nicht absehen können“, sagte Ilse Aigner unterstützt Stamm. Auch Dob - hofer, der von dem Vorstoß nichts wusste, Seehofer. Er liebt es, Entwicklungen in ei - rindt und Kreuzer reden auf Seehofer ein, sitzt Weber gegenüber. Neben dem Partei - nen weltpolitischen Kontext einzuordnen. er solle weitermachen. chef hat Dobrindt Platz genommen. Es spricht aber einiges dafür, dass er we - Nur einer setzt einen anderen Akzent. Weber sagt, die Partei müsse sich breit niger an Deutschland und Europa als vor Wenn Seehofer bleibe, begrüße er das, sagt aufstellen. Dass er politisch in Brüssel ar - allem an sich dachte. der stellvertretende Parteichef Manfred beite, sei kein Problem. Es könne sogar Mit dem Scheitern von Jamaika ist klar, Weber. „Ein 68-Jähriger hat aber das Recht eine Chance sein, weil er die widerstrei - dass er nicht als Sieger nach München zu - auf eine autonome Entscheidung.“ Nie - tenden Vorstellungen aus München und rückkehren wird. Der Parteitag ist wegen mand misst diesem Nachsatz besondere Berlin moderieren könne. der Sondierungsgespräche von November Bedeutung bei. Dabei ist er sehr ernst ge - Dobrindt widerspricht vehement. See - auf Dezember verschoben worden. See- meint, wie sich einige Tage später zeigen hofer sei in der deutschen Parteilandschaft hofer kann nicht länger auf Zeit spielen. soll. singulär. Das habe er in der Flüchtlingskri - Schon am Vormittag hat sich die Land - Seehofer lässt sich überzeugen, eine se bewiesen. Wenn man die AfD zurück - tagsfraktion zu einer Sondersitzung getrof - Entscheidung zu verschieben. Einige Teil - drängen wolle, gehe das nur mit Seehofer. fen. Die Anhänger Söders warten, dass nehmer haben den Eindruck, dass es Daher müsse dieser weiter Parteivorsitzen - Seehofer ankündigt, er werde als Minister - nicht allzu schwer war, ihn umzustimmen. der bleiben. präsident zurücktreten. Doch der sagt erst Weber will nicht klein beigeben. Wenn einmal gar nichts und vertröstet die Abge - 27. November, Bayerische Seehofer ins Kabinett nach Berlin gehen ordneten auf die Vorstandssitzung am Staatskanzlei, München Abend. Im Empfangszimmer des Ministerpräsiden - * Edmund Stoiber und Theo Waigel 1996; Günther Beck - Eine Einigung scheint dennoch so nahe, ten treffen sich vier Männer und eine Frau, stein und Erwin Huber 2008; Markus Söder und Horst dass der Bayerische Rundfunk sie sogar die eines eint: die innige Feindschaft zu Seehofer.

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Worum es wirklich geht, spricht als Ers - ter der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn aus. Seehofer habe als Parteichef Großes geleistet, aber es müsse Konse - quenzen aus dem Ergebnis der Bundes - tagswahl geben. Seehofer verweist auf die Gespräche, die er noch führen will. Trotz - dem, so berichten Teilnehmer der Sitzung, habe man spüren können, dass er sich vom Posten des Ministerpräsidenten bereits ver - abschiedet habe. Auch der niederbayerische Bezirksver - band tagt an jenem Samstag. Dort versucht der ehemalige Parteichef Erwin Huber in etwas gedrechselter Form, Weber noch

P einen Weg zum Parteivorsitz zu eröffnen. D D

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„Wenn sich die Frage ergibt, bekommen A D P N D A der Bezirksvorsitzende und der Bezirks - L /

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I fred Weber zu heben?“ Bezirkschef An - N L I E V H S P dreas Scheuer erwidert kurz: „Das ist doch Ständig Rechnungen ausgestellt und beglichen klar, dass wir das machen, wenn sich die Frage ergibt.“ wolle, müsse er natürlich Parteichef blei - ruft deshalb eine Sitzung des Fraktions - ben, sagt er. Aber wenn Söder erst einmal vorstands ein. Sonntag, 3. Dezember Ministerpräsident sei, dann sei ihm auch Der Abgeordnete Ernst Weidenbusch Söder erhält den Anruf, auf den er so lange der Parteivorsitz kaum noch zu nehmen. aus dem Stimmkreis München-Land-Nord gewartet hat. Dreimal hat er in den ver - Deshalb müsse man jetzt dafür sorgen, hat die Idee aufgebracht, die Fraktion be - gangenen zwei Wochen mit Seehofer ge - dass Söder nicht beide Funktionen beset - reits am folgenden Tag darüber abstimmen sprochen. Es ist klar, dass Seehofer 2018 zen könne. Außerdem sei es auch für die zu lassen, wer die CSU als Spitzenkandidat nicht mehr als Ministerpräsident antreten Landtagswahl wichtig, dass Söder ein libe - in die Landtagswahl führt. Ein so kurzfris - wird. Aber wird er auch vorher abtreten? raler Parteivorsitzender gegenüberstehe. tiger Antrag hätte vermutlich keine Mehr - Beide hatten sich zugesichert, eine gemein - Es ist erneut Dobrindt, der widerspricht. heit gefunden, aber er zeigte, wie aufgela - same Entscheidung zu treffen. Aber in der Es sei absurd, die Partei von Brüssel aus den die Stimmung ist. Vergangenheit hatte das so gut wie nie ge - führen zu wollen. Jedem in der Runde ist Der Fraktionsvorstand beschließt aber, klappt. klar, dass Dobrindt und Weber sich nun die Fraktion solle am folgenden Montag, Diesmal läuft es anders. Seehofer sagt, vor den Augen des CSU-Chefs um dessen dem 4. Dezember, über die Seehofer-Nach - dass er sich wieder zum Parteichef wählen Erbe streiten. Irgendwann ergreift Aigner folge entscheiden. Jeder weiß, was das lassen wolle. Damit ist Söder einverstan - das Wort und stellt sich auf die Seite des heißt: In der Fraktion hat Söder eine Mehr - den, weil er ohnehin nicht komplizierte Landesgruppenchefs. Seehofer müsse wei - heit. Koalitionsverhandlungen in Berlin führen termachen, sagt sie. Er sei zurzeit in der will. Er setzt aber durch, dass er diesmal Partei unverzichtbar. Auch Herrmann 2. Dezember, Bezirksvorstand zum Verhandlungsteam gehört. stützt Seehofer. Oberbayern Viel wichtiger ist Söder, dass Seehofer Weber ist enttäuscht. Er dachte, Aigner Ilse Aigner, die Chefin des mächtigsten im ersten Quartal des Jahres 2018 als Re - stehe auf seiner Seite. Sie hat ihm ihre Un - CSU-Bezirksverbandes, will mit ihren Leu - gierungschef zurücktritt. Seehofer sagt das terstützung zugesagt, falls er für den Par - ten die Lage besprechen. Seehofer ist ei - zu. Das erste Quartal 2018 ist ein dehn - teivorsitz kandidieren würde. Das war al - gens angereist, auch Stoiber, der Ehren - barer Begriff, aber Seehofer will sich nicht lerdings schon eine Weile her. Die Lage vorsitzende. Noch immer ist unklar, wie genauer festlegen lassen. Er hat keine Lust, hat sich schneller geändert, und damit Seehofer sich entscheiden wird. Will er um ein paar Wochen zu feilschen. Söder auch die Loyalitäten. Parteichef bleiben? Oder sein Amt als Mi - auch nicht. Er hat erreicht, was er will, und Dann fragt Weber Herrmann, ob er be - nisterpräsident erst am Ende der Legisla - sieht keinen Grund, jetzt noch kleinlich reit sei, gegen Söder anzutreten. „Du turperiode niederlegen? Zum Rücktritt zu sein. musst dich entscheiden.“ Doch Herrmann kann ihn niemand zwingen. Ein Hindernis allerdings bleibt: Herr - sagt nur, was er in jenen Tagen immer be - Gleich zu Beginn lobt Aigner Seehofers mann hat bisher nicht erklärt, wie seine teuert: Er sei noch unentschieden und wer - Arbeit als Parteichef. In einer solch schwie - Pläne aussehen. Die Worte des Innenmi - de sich äußern, wenn sich Seehofer erklärt rigen Situation gebe es nur einen, der die nisters – „Ich gebe meine Entscheidung habe. Der sagt ebenfalls, dass noch nichts Partei führen könne. Dobrindt lobt See - bekannt, wenn Horst Seehofer sich erklärt entschieden sei. „Ich kann noch nicht sa - hofers Erfahrung und seine Standfestigkeit hat“ – sind in den zurückliegenden Wo - gen, wie es weitergeht.“ Die Runde löst in Koalitionsverhandlungen. Gerade das chen zum geflügelten Wort des Macht - sich ohne Ergebnis auf. Es gibt allerdings sei jetzt gefragt. Stoiber bemüht einen sei - kampfs geworden. einen Verlierer: Manfred Weber. ner berüchtigten Fußballvergleiche, um Für 18 Uhr bittet Seehofer seine Stell - Seehofer zum Verbleib als Parteichef zu vertreter sowie Scheuer und Blume in die 28. November, Landtag ermuntern: „Du kannst nicht in der Halb - Parteizentrale, um ihnen seinen Beschluss Das Warten auf eine Entscheidung Seeho - zeit das Spielfeld verlassen.“ Das hieße, mitzuteilen. Er lädt auch Söder und Herr - fers zerrt an den Nerven der Söder-Unter - so rechnen einige rasch aus, dass Seehofer mann dazu; Seehofer will Klarheit, ob es stützer, Fraktionschef Thomas Kreuzer be - bis 2026 im Amt bleiben müsse. eine Kampfkandidatur um das Amt des

DER SPIEGEL ;8 / :89< 35 Regierungschefs geben wird. Doch Herr - mann legt sich immer noch nicht fest. Während die Bezirksvorsitzenden und die Chefs der Parteigliederungen über die Einigung zwischen Seehofer und Söder in - formiert werden, zieht sich der Parteichef mit Herrmann zurück. Der hat zuvor mit Kollegen erörtert, wie seine Chancen in der Fraktion stehen. Selbst seine besten Freunde, so Herrmann, hätten ihm ein achtbares Ergebnis prophezeit, etwa 40 zu 60 Stimmen oder 42 zu 58 Stimmen bei einer Kampfabstimmung gegen Söder. „Aber es gab keinen, der gesagt hat, du gewinnst.“ Herrmann, seit 23 Jahren Landtagsab - geordneter und vier Jahre lang Fraktions - chef, sagt Seehofer am Sonntagabend, dass er auf eine Kandidatur verzichte. Söder wird hinzugerufen, auch ihm erklärt Herr - mann seinen Entschluss. Die drei verein - baren Stillschwiegen bis zum Montag. Montag, 4. Dezember, Landtag Per Akklamation wählt die Fraktion Söder geschlossen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Das zumindest behaup - tet danach Fraktionschef Kreuzer. Einige Abgeordnete berichten dagegen, dass sie ihren Arm nicht für Söder gehoben hätten. Und Ilse Aigner erinnert daran, dass für die CSU die absolute Mehrheit das Ziel sein müsse. Nur für den Fall, dass Söder das vergessen haben sollte. Seehofer lobt den Übergang auf einer Pressekonferenz als so gelungen, dass sich andere ein Beispiel daran nehmen könn - ten. Es ist nicht ganz klar, wie ernst er das meint. Teilnehmer des ominösen Fünfer - treffens in der Staatskanzlei erinnern sich jedenfalls an eine Äußerung Seehofers, dass bis zum Frühjahr noch viel passieren könne. Ob Seehofer wirklich nach Berlin geht, ist offen. „Ich kann auch loslassen“, sagt er, als er im Mittwoch in der Staatskanzlei sitzt. Seine Kinder hätten ihm eindringlich geraten, endlich mit der Politik aufzuhö - ren, er wirkt an diesem Tag wie ein Mann, der abgeschlossen hat. Sollte er nach den Gesprächen mit der SPD den Parteivorsitz abgeben, stünde der CSU der nächste Machtkampf ins Haus. Weber hat seine Ansprüche angemeldet, Söder wird nach dem Amt greifen und nach Lage der Dinge auch Dobrindt, der wohl auf die Unterstützung Seehofers zäh - len könnte. Es wäre ein letzter Akt der Rache, den Söder-Feind Dobrindt an die Spitze der Partei zu bugsieren. Benedikt Becker, Anna Clauß, Jan Friedmann, Ralf Neukirch Video: Wenn Söder spricht

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