Bgbl. Nr. 477/1995
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6411 Jahrgang 1995 Ausgegeben am 21. Juli 1995 151. Stück 477. Übereinkommen zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) samt Anlage (NR: GP XVm RV 1022 AB 1344 S. 150. BR: AB 4719 S. 579.) 477. Der Nationalrat hat beschlossen: 1. Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages samt Anlage wird genehmigt. 2. Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassune von Gesetzen zu erfüllen. ÜBEREINKOMMEN ZUM SCHUTZ DER sind im Gefolge der Ergebnisse der ersten ALPEN (ALPENKONVENTION) Alpenkonferenz der Umweltminister vom 9. bis l I.Oktober 1989 in Berchtesgaden wie folgt Die Bundesrepublik Deutschland, übereingekommen : die Französische Republik, die Italienische Republik, das Fürstentum Liechtenstein, Artikel l die Republik Österreich, Anwendungsbereich die Schweizerische Eidgenossenschaft, die Republik Slowenien sowie (1) Gegenstand dieses Übereinkommens ist das die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft — Gebiet der Alpen, wie es in der Anlage beschrieben im Bewußtsein, daß die Alpen einer der größten und dargestellt ist. zusammenhängenden Naturräume Europas und ein (2) Jede Vertragspartei kann bei der Hinterle- durch seine spezifische und vielfältige Natur, Kultur gung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Geneh- und Geschichte ausgezeichneter Lebens-, Wirt- migungsurkunde oder jederzeit danach durch eine schafts-, Kultur- und Erholungsraum im Herzen an die Republik Österreich als Verwahrer gerichtete Europas sind, an dem zahlreiche Völker und Länder Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens' teilhaben, auf weitere Teile ihres Hoheitsgebiets erstrecken, in der Erkenntnis, daß die Alpen Lebens- und sofern dies für die Vollziehung der Bestimmungen Wirtschaftsraum für die einheimische Bevölkerung dieses Übereinkommens als erforderlich angesehen sind und auch größte Bedeutung für außeralpine wird. Gebiete haben, unter anderem als Träger bedeuten- der Verkehrswege, (3) Jede nach Absatz 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin genannte Hoheitsge- in Anerkennung der Tatsache, daß die Alpen biet durch eine an den Verwahrer gerichtete unverzichtbarer Rückzugs- und Lebensraum vieler Notifikation zurückgenommen werden. Die Zu- gefährdeter Pflanzen- und Tierarten sind, rücknahme wird am ersten Tag des Monats im Bewußtsein der großen Unterschiede in den wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs einzelnen Rechtsordnungen, den naturräumlichen Monaten nach Eingang der Notifikation beim Gegebenheiten, der Besiedlung, der Land- und Verwahrer folgt. Forstwirtschaft, dem Stand und der Entwicklung der Wirtschaft, der Verkehrsbelastung sowie der Art Artikel 2 und Intensität der touristischen Nutzung, in Kenntnis der Tatsache, daß die ständig Allgemeine Verpflichtungen wachsende Beanspruchung durch den Menschen (1) Die Vertragsparteien stellen unter Beachtung den Alpenraum und seine ökologischen Funktionen des Vorsorge-, des Verursacher- und des Koopera- in zunehmendem Maße gefährdet und daß Schäden tionsprinzips eine ganzheitliche Politik zur Erhal- nicht oder nur mit hohem Aufwand, beträchtlichen tung und zum Schutz der Alpen unter ausgewoge- Kosten und in der Regel nur in großen Zeiträumen ner Berücksichtigung der Interessen aller Alpenstaa- behoben werden können, ten, ihrer alpinen Regionen sowie der Europäischen in der Überzeugung, daß wirtschaftliche Interes- Wirtschaftsgemeinschaft unter umsichtiger und sen mit den ökologischen Erfordernissen in nachhaltiger Nutzung der Ressourcen sicher. Die Einklang gebracht werden müssen — grenzüberschreitende Zusammenarbeit für den 68 276 6412 151 Stück — Ausgegeben am 21. Juli 1995 — Nr. 477 Alpenraum wird verstärkt sowie räumlich und Natur und Landschaft in ihrer Gesamtheit fachlich erweitert. dauerhaft gesichert werden, g) Berglandwirtschaft — mit dem Ziel, im (2) Zur Erreichung des in Absatz l genannten Interesse der Allgemeinheit die Bewirtschaf- Zieles werden die Vertragsparteien geeignete tung der traditionellen Kulturlandschaften Maßnahmen insbesondere auf folgenden Gebieten und eine standortgerechte, umweltverträgli- ergreifen : che Landwirtschaft zu erhalten und unter a) Bevölkerung und Kultur — mit dem Ziel der Berücksichtigung der erschwerten Wirt- Achtung, Erhaltung und Förderung der schaftsbedingungen zu fördern, kulturellen und gesellschaftlichen Eigenstän- h) Bergwald — mit dem Ziel Erhaltung, digkeit der ansässigen Bevölkerung und der Stärkung und Wiederherstellung der Wald- Sicherstellung ihrer Lebensgrundlagen, na- funktionen, insbesondere der Schutzfunktion mentlich der umweltverträglichen Besiedlung durch Verbesserung der Widerstandskraft der und wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Waldökosysteme, namentlich mittels einer Förderung des gegenseitigen Verständnisses naturnahen Waldbewirtschaftung und durch und partnerschaftlichen Verhaltens zwischen die Verhinderung waldschädigender Nutzun- alpiner und außeralpiner Bevölkerung, gen unter Berücksichtigung der erschwerten b) Raumplanung — mit dem Ziel der Sicherung Wirtschaftsbedingungen im Alpenraum, einer sparsamen und rationellen Nutzung und i) Tourismus und Freizeit — mit dem Ziel, unter einer gesunden, harmonischen Entwicklung der Einschränkung umweltschädigender Ak- des Gesamtraumes unter besonderer Beach- tivitäten, die touristischen und Freizeitaktivi- tung der Naturgefahren, der Vermeidung von täten mit den ökologischen und sozialen Über- und Unternutzungen sowie der Erhal- Erfordernissen in Einklang zu bringen, tung oder Wiederherstellung von natürlichen insbesondere durch Festlegung von Ruhezo- Lebensräumen durch umfassende Klärung nen, und Abwägung der Nutzungsansprüche, j) Verkehr — mit dem Ziel, Belastungen und vorausschauende integrale Planung und Ab- Risiken im Bereich des inneralpinen und stimmung der daraus resultierenden Maßnah- alpenquerenden Verkehrs auf ein Maß zu men, senken, das für Menschen, Tiere und c) Luftreinhaltung — mit dem Ziel der drasti- Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich schen Verminderung von Schadstoffemissio- ist, unter anderem durch eine verstärkte nen und -belastungen im Alpenraum und der Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Schadstoffverfrachtung von außen, auf ein Güterverkehrs, auf die Schiene, vor allem Maß, das für Menschen, Tiere und Pflanzen durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen nicht schädlich ist, und marktkonformer Anreize, ohne Diskrimi- d) Bodenschutz — mit dem Ziel der Verminde- nierung aus Gründen der Nationalität, rung der quantitativen und qualitativen k) Energie — mit dem Ziel, eine natur- und Bodenbeeinträchtigungen, insbesondere landschaftsschonende sowie umweltverträgli- durch Anwendung bodenschonender land- che Erzeugung, Verteilung und Nutzung der und forstwirtschaftlicher Produktionsverfah- Energie durchzusetzen und energiesparende ren, sparsamen Umgang mit Grund und Maßnahmen zu fördern, Boden, Eindämmung von Erosion sowie 1) Abfallwirtschaft — mit dem Ziel, unter durch Beschränkung der Versiegelung von besonderer Berücksichtigung der Abfallver- Böden, meidung eine den besonderen topographi- e) Wasserhaushalt — mit dem Ziel, gesunde schen, geologischen und klimatischen Bedürf- Wassersysteme zu erhalten oder wiederherzu- nissen des Alpenraumes angepaßte Abfaller- stellen, insbesondere durch die Reinhaltung fassung, -Verwertung und -entsorgung sicher- der Gewässer, durch naturnahen Wasserbau zustellen. und durch eine Nutzung der Wasserkraft, die (3) Die Vertragsparteien vereinbaren Protokolle, die Interessen der ansässigen Bevölkerung in denen Einzelheiten zur Durchführung dieses und das Interesse an der Erhaltung der Übereinkommens festgelegt werden. Umwelt gleichermaßen berücksichtigt, f) Naturschutz und Landschaftspflege — mit dem Ziel, Natur und Landschaft so zu Artikel 3 schützen, zu pflegen und, soweit erforderlich, wiederherzustellen, daß die Funktionsfähig- Forschung und systematische Beobachtung keit der Ökosysteme, die Erhaltung der Tier- Die Vertragsparteien vereinbaren, auf den in und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebens- Artikel 2 genannten Gebieten räume, die Regenerationsfähigkeit und nach- a) Forschungsarbeiten und wissenschaftliche Be- haltige Leistungsfähigkeit der Naturgüter wertungen durchzuführen und dabei zusam- sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der menzuarbeiten, 151. Stück — Ausgegeben am 21. Juli 1995 — Nr. 477 6413 b) gemeinsame oder einander ergänzende Pro- (3) Die vorsitzführende Vertragspartei schlägt gramme zur systematischen Beobachtung zu jeweils die Tagesordnung für die Tagung der entwickeln, Alpenkonferenz vor. Jede Vertragspartei hat das c) Forschung und Beobachtung sowie die Recht, weitere Punkte auf die Tagesordnung setzen dazugehörige Datenerfassung zu harmonisie- zu lassen. ren. (4) Die Vertragsparteien übermitteln der Alpen- konferenz Informationen über die von ihnen zur Durchführung dieses Übereinkommens und der Artikel 4 Protokolle, deren Vertragspartei sie sind, getroffe- Zusammenarbeit im rechtlichen, wissenschaftlichen, nen Maßnahmen, vorbehaltlich der nationalen wirtschaftlichen und technischen Bereich Gesetze über die Vertraulichkeit. (1) Die Vertragsparteien erleichtern und fördern (5) Die Vereinten Nationen, ihre Sonderorgani- den Austausch rechtlicher, wissenschaftlicher, wirt- sationen, der Europarat sowie jeder europäische schaftlicher und technischer Informationen, die für Staat können auf den Tagungen der Alpenkonfe- dieses Übereinkommen erheblich sind. renz als Beobachter teilnehmen. Das gleiche gilt für grenzüberschreitende Zusammenschlüsse alpiner (2) Die Vertragsparteien informieren einander Gebietskörperschaften. Die Alpenkonferenz kann zur größtmöglichen