ÜBERSICHTSSCHEMA ÜBER DEN »LUTHERISCHEN NARREN«

Ich bin mir der Schwierigkeit bewußt, den LN durchgehend nach Kapiteln zu zählen; etwa von Vers 3300 an müßte man vielleicht eher von Szenen sprechen. Da aber die durch den Druck hervorgehobenen Zwischenüberschriften bis zum Ende beibehalten sind, scheint die Einteilung gerechtfertigt; sie hat ohnehin nur den Zweck, die Orientierung über den LN zu erleichtern und die vielfältigen Wechsel in den Redeformen zu dokumentieren.

Kap. Verse Personen/Redefermen

1-161 Prolog: Murner zum Leser 2 162-233 Murner zum Leser (Bericht, ep. Präteritum) 3 234-246 Murner zum großen Narren (GN) 3 247-250 Murner zu den ertznarren (Motto) 4 251- GN zu Murner über die ertznarren 5 -469 6 47o-571 Murner zum GN und Leser über die ertznarren 7 572- 8 GN zu Murner und Leser über die ertznarren 9 -804 10 805-808 Kurzer Wortwechsel: Murner und GN 809-832 Murner zum GN über die buntgnossen (BG) II 833- Selbstcharakterisierung der buntgnossen 25 -1709 26 171o-1815 Landsknecht Veit zum Leser 27 1816-1828 der Bund (oder Murner): Anknüpfung 1829-1894 Murner als 16. buntgnoß: Selbstcharakterisierung 28 1895-1960 Anthon hurri: Selbstcharakterisierung 2.9 1961-2016 Cuntz fucker: Selbstcharakterisierung 30 2017-2025 der Bund: Anknüpfung 2026-2037 Murner: Kommentar 2038-2102 Murner: Scheltrede JI 2103-2164 der Bund: Vorstellung des Hauptmanns 32 2165-2199 das fußfenlin: Selbstcharakterisierung 33 220Q-2232 das reisig fenlin: Selbstcharakterisierung 34 2233-2264 das trossfenlin: Selbstcharakterisierung 35 2265- Murner zum Leser: Klag der gemeinen christen 38 -2478 39 2479-2482 der Bund: Anknüpfung (Motto) 2483-2514 Murner zum GN (Beschwörung) 2515-2630 GN zu Murner über neue Narren 40 26p-2667 Murner zum Leser: Kommentar (über Karsthans) 2668-2675 Murner zum GN (Frage nach Karsthans) 2676-2713 GN zu Murner (über Karsthans) 41 2714-2759 Murner zum Leser: Kommentar 276o-2775 Murner zu den gickenheintzen: Scheltrede 42 2776-2825 Murner zum Leser: Kommentar 2826-2836 Murner zu den oren narren: Scheltrede 43 2837-2840 Luther zum Bund: Anknüpfung 2841-2868 der Bund: Selbstcharakterisierung 2869-2924 Murner zum Bund: Exhortatio 44 2925-2968 der Bund: Selbstdarstellung 168 ÜBERSICHTSSCHEMA ÜBER DER »LUTHERISCHENNARREN«

2969-3040 Murner zum Leser: Kommentar 45 304I-3230 Luther, Murner, der Bund: steter Redewedtsel und Kommentar. 46 3I8I-3230 Bund: Selbstdtarakterisierung (I. Sturm) 323I-3236 Murner zum Leser: Kommentar 3237-3239 Murner zum Bund: Exhortatio 47 324o-3274 Luther zum Bund: Anknüpfung 3275-3299 Hans Mist zum Bund: Beridtt und Folgerung 48 330o-3422 Luther zum Bund 3423-3622 Luther und Murner: Dialog (3 Redewedtsel) 49 3623-3648 Luther zum Bund 3649-3682 Landsknedtt Veit zum Bund 3683-3706 Luther zum Bund 50 3707-3979 Luther und Murner: Dialog (2 Redewedtsel) 5 I 398o-399I Murner zu Adelheit 3992-4030 Sapphicum: »lyrisdte« Einlage 52 403I-4I64 Luther und Murner: Dialog (2 Redewedtsel/Murner zu den Gästen, 53 4I65-424I Murner und Luther: Dialog 54 4242-4 3 I 5 Gesprädt Murner/Luther/dessen Todtter 55 43I6-4448 Luther und Murner: Dialog (3 Redewedtsel) 56 4449-4506 Murner zum Leser: Kommentar 57 4507-4662 Murner und der GN: Dialog (5 Redewedtsel) 58 4663-4720 Murner zum Leser: Kommentar und Beridtt 59 472I-4796 Epilog: Murner zum Leser und zu den ertznarren: Kommentar. ANMERKUNGEN UND EXKURSE

Bibliographische Ergänzung abgekürzt zitierter Titel im Literaturverzeichnis (S. 205 ff.) Siglen für die Werke MuRNERS NB Doctor murners narrenbschwerung (Ip2) SZ der schelmen zunfft (I 512) MS Die Mülle von Schwyndelßheym und Gredt Müllerin Jarzit (1 5 I 5) GM Die geuchmat (ISI9) LN Von dem grossen Lutherischen Narren wie in doctor Murner beschworen hat etc. (Ip2)

EINLEITUNG

I HoRKHEIMER, Autorität und Familie, S. 284. 2 a.a.O., S. 286. 3 LEFEBVRE, Soziologie der Erkenntnis und Ideologie, S. I 34· 4 schympff red nennt MuRNER seine Narrensatire selbst; vgl. NB 97, I-3: Ob mir das stand zun eren an, I Das ich so manch schympff red hab than, I So ich doch bin ein geist­ lich man? 5 HoRKHEIMER, Egoismus und Freiheitsbewegung, S. 34 f. 6 Die Zahl der Arbeiten auf diesem Sektor ist immer noch sehr gering. Im Hinblick auf die Wichtigkeit der Predigt für die ist die Untersuchung der reformatori­ schen Predigt und ihr Vergleich mit der mittelalterlichen Predigt dringend notwendig; diesen Vergleich forderte TAYLOR (Problems in German Literary History, S. 79) schon 1 939· 7 Vgl. dazu ]Auss, Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft.- Kriti- sche Einwände, auf die sich die hier angestellten Erwägungen stützen, formuliert EGGERT (Studien zur Wirkungsgeschichte des deutschen historischen Romans 185o-1875·- Frank­ furt a.M. 1971, S. r3ff.). 8 An dieser Frage ist auch ]Auss wesentlich interessiert (vgl. a.a.O., S. 36 ff.). 9 ]Auss greift im Hinblick auf die Wirkung der »Madame Bovary« sicher nicht zufällig auf Dokumente zurück, die nicht dem literarischen Erfahrungszusammenhang entstam­ men (Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft, S. 67 ff.). ro BLUMENBERG, auf dessen Aufsatz »Epochenschwelle und Rezeption« (Phi!. Rundschau 6, I958, S. 94-120) sich ]Auss ausdrücklich bezieht, konstruiert den Erwartungshorizont der interpretierten Zeugnisse aus dem Zusammenhang der Geschichte als praktisches Pro­ blem. II Für die hier zugrundegelegte Auffassung von der frühbürgerlichen Revolution (1476- I 53 5) vgl. vor allem: - BECHTEL, Wirtschafts- und Sozialgeschichte Deutschlands. - ENGELS, Der deutsche Bauernkrieg. - KoFLER, Zur Geschichte der bürgerlichen Gesell­ schall:. - MoTTEK, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands. - SMIRIN, Deutschland vor der Reformation. - ders., Die Volksreformation des Thomas Münzer und der deutsche Bauernkrieg. - STEINMETZIWERNER, Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland. - STEINMETZ, Deutschland von I476 bis 1648. 12 REICH, Massenpsychologie des Faschismus, S. 35· 13 Vgl. MARX, Kapital, Bd I, S. II8. 14 Zusammenfassend dazu SMIRIN, Die Volksreformation des Thomas Münzer und der große Bauernkrieg, S. II ff. r 5 B. KöNNECKER (Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 212) spricht von einem »Zeit­ geist«, »dem das Böse zum drängenden und schwer durchschaubaren Problem geworden ist, zu einem Problem, das kaum mehr einhellig gelöst werden konnte auf dem Boden der streng dogmatisch gebundenen kirchlichen Sündenlehre«. 170 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

I6 Vgl. zur Ständedidaxe LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. I I2. ff.; zur Ungleichzeitigkeit speziell S. rr6. I7 Vgl. ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. 2I3, und die Anm. Ioo des r. Kapitels dieser Arbeit. I8 Vgl. HoRKHEIMER, Autorität und Familie, S. 284. I9 Vgl. den Abschnitt r.2 »Zum Erwartungshorizont der konfessionellen Publizistik«. 20 Vgl. das 2. Kapitel, bes. den Abschnitt 2.I »Der Rollenkonflikt: Satirische Schreibweise und soziale Stellung«. 2I Vgl. den Abschnitt 3·3 »Die therapeutische Funktion«. 22 »Ideologie ist gesellschaftliche notwendig falsches Bewußtsein, sofern man die Subjekt­ seite betrachtet, und gesellschaftlich notwendiger Schein, wenn man vom Gegenstand des ideologischen Bewußtseins spricht.<< (ScHNÄDELBACH, Was ist Ideologie, S. 83). 23 Die notwendige Unterscheidung zwischen der Ideologie als »falschem« Bewußtsein (Widerspiegelung einer undurchschauten Realität) und der Ideologie im engeren Sinne (als Legitimation von Herrschaft) darf nicht über den Zusammenhang täuschen, der zwischen beiden besteht und der in dem hier zugrundegelegten klassischen Ideologie­ konzept begrifflich angemessen gefaßt ist. Vgl. LENK (Ideologie, S. 38): »Nur wenn man mit Marx die herrschende Klasse auch als die das Denken beherrschende betrachtet, läßt sich dieser Widerspruch in seiner Notwendigkeit verstehen. Sind die ideologischen Formen des Bewußtseins somit >die als Gedanken gefaßten, herrschenden materiellen Verhältnisse<, so besteht für die Ideologen der herrschenden Klasse doch zugleich die Notwendigkeit, von ihrer Praxis in dem Sinne zu abstrahieren, daß die über sie hinaus­ treibenden gesellschaftlichen Antagonismen verschleiert werden. Ideologie dient zur Absicherung des einmal Gewordenen gegenüber dem neu Werdenden. Sie drängt daher auf Verewigung historisch bedingter Machtverhältnisse.« - Ich spreche im Folgenden immer dann von Ideologie (resp. ideologischer Argumentation o. ä.), wenn ich den Aspekt der Rechtfertigung betonen will.- Vgl. zum Ideologiekonzept auch: Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Soziologische Exkurse, Art. Ideologie. 24 Vgl. hierzu den Abschnitt 6.3I »Die Anatomie der Begriffe«. 25 Die Geschichte der Murnerforschung ist noch nicht geschrieben; sie wäre vermutlich ein aufschlußreiches Kapitel in der Geschichte der Literaturwissenschaft. - Aus den von NEWALD (Wandlungen des Murnerbildes) zusammengetragenen Zeugnissen gewinnt man den Eindruck, daß es gerade die Widersprüche in Murners Lebenslauf und Schreib­ weise sind, mit denen die Forschung bisher nicht fertig wurde; das hängt damit zusam­ men, daß man zu ausschließlich nach dem »Charakter« Murners fragte.

I. DIE POLITISCHE UND LITERARISCHE SITUATION

I Vgl. ELERT, Morphologie des Luthertums, II, S. I9 ff., sowie LORTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. 244, u. a. - Im Zusammenhang mit den folgenden Erörterungen lege ich Nachdruck auf den irrationalen Einschlag, den der Begriff »öffentliche Meinung« hat und der sich noch in der aufklärerischen Gegenüberstellung von >>Meinung« und »Wissen« ausdrückt. So spricht E. B. BAx in seiner Untersuchung der Reformationsliteratur und ihrer Wirkung nicht von »public opinion«, sondern ange­ messener von »public feeling« (German Society at the Close of the Middle Ages, P· I I 5) 2 ELERT, Morphologie des Luthertums, II, S. 20. 3 E. B. BAx: »Until the latter year (I 525) it (die Reformation) was purely a revolutionary movement, attracting to itself all the disruptive elements of its time. Later, the reactionary possibilities within declared themselves. The emancipation from the thraldom of the Catholic hierarchy and its Papal head, it was soon found, meant not emancipation from the arbitrary tyranny of the new political and centralizing Dm POLITISCHE UND LITERARISCHE SITUATION 171

authorities then springing up, but, on the contrary, rather their consecration. The ultimate outcome, in fact, of the whole business was, as we shall see later on, the inculcation of the non-resistance theory as regards the civil power, and the clearing of the way for its extremest expression in the doctrine of the Divine Right of Kings, a theory utterly alien to the belief and practice of the Medieval Church.« (German Society at the End of the Middle Ages, p. I I4 f.) - Zum politischen Denken der Renaissance vgl. ALOIS DEMPF: Sacrum Imperium. Geschichts- und Staatsphilosophie des Mittelalters und der politischen Renaissance. (Nachdr. der Ausg. München I929).­ Darmstadt I962, bes. III. Teil. 4 Strukturwandel der tlffentlichkeit, S. 38ff. - Zur Kennzeichnung der verschiedenen Kommunikationsstrukturen vgl. auch BROWN, Techniques of Persuasion, S. .9-36. BROWN, Techniques of Persuasion, S. 32. - Man darf natürlich den historischen, d. h. inhaltlichen Unterschied nicht vernachlässigen, der die formale Analogie der beiden Kommunikationssysteme bestimmt: Während in der Reformation die »bürgerliche Öffentlichkeit« erst ansatzweise sichtbar wird, weil »aufgeklärtes« Denken und politi­ scher Einfluß aus objektiven Gründen noch ein Privileg sind, werden politisches Bewußtsein und publizistische Macht in der modernen Massendemokratie auch inner­ halb der >bürgerlichen< Schichten wieder zum Vorrecht; die moderne Kommuni­ kationsstruktur stellt sich unter diesem Aspekt daher als ein Regress auf eine frühere historische Stufe dar. -Die Betrachtung der »reformatorischen Öffentlichkeit« von so entfernten Punkten her, wie sie eine ausgebildete »bürgerliche« und »repräsentative« Öffentlichkeit jeweils darstellen, rechnet mit der »Differenz zwischen dem geschicht­ lichen Prozeß und seiner dokumentierbaren Ausdrüddichkeit« wie mit der spezifischen »Verspätung«, die der theoretischen Explikation geschichtlich wirksamer Bewußtseins• antriebe eigen ist: »Eine historische Mikroskopie kann es naturgemäß nicht geben; wir müssen dahin sehen, wo die Strukturen des Prozesses aus sich selbst Manifestation ge­ winnen« (BLUMENBERG, Legitimität der Neuzeit, S. 92, 96 und 97). So ist der hier heuristisch verwendete Begriff der repräsentativen Öffentlichkeit erst im Absolutismus des I7. Jahrhunderts in aller Schärfe hervorgetreten; vgl. dazu liABERMAS, Struktur­ wandel der tlffentlichkeit, S. I9 f. und Anm. 3 dieses Kapitels. 6 HABERMAS, a.a.O., S. 3 I f. 7 HABERMAS, a.a.O., S. 36. 8 ,. Jedenfalls bedeutet die Stärkung und Schwächung von Autoritäten einen jener Züge der Kultur, durch welche sie selbst zum Element in der Dynamik des historischen Geschehens wird.« (HORKHEIMER, Autorität und Familie, in: Theorie I, S. 303). 9 Vgl. zum Folgenden HABERMAS, Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. I4-22. IO liABERMAS, a.a.O., S. I6 f. - Der Blidtwinkel, unter dem die Autorität in dieser Auf­ fassung erscheint, wird an den begriffsgeschichtlichen Hinweisen GADAMERS gut sicht­ bar. Im Lichte des Gedankens der Inkarnation und des corpus mysticum bekommt das lateinische Wort repraesentatio im Mittelalter den Bedeutungsgehalt des Gegenwärtig• seins: »Repraesentatio im Sinne von Darstellung auf der Bühne - was im Mittelalter nur heißen kann: im religiösen Spiel - findet sich schon im I3· und I4. Jahrhundert. (... ) Doch heißt repraesentatio deshalb nicht etwa Aufführung, sondern meint bis ins I7. Jahrhundert hinein die dargestellte Gegenwart des Göttlichen selber.« (Wahr­ heit und Methode, S. I34 und 476). I I Regierte ein Grundherr für seine Untertanen, d. h. in deren Interesse, so entsprach er einem zentralen Gebot der christlichen Ethik (Forderung der milte, eingeschränkter Gebrauch des Eigentums) und nicht einem irgend einklagbaren Recht der Untertanen. - über die ausgleichende Funktion der christlichen Liebesethik in der mittelalterlichen Ständeideologie vgl. HEINEMANN, Zur Ständedidaxe, S. I ff. 12 HABERMAS, a.a.O., S. I9. I3 Aus den Kanones-Glossen; zit. nach ÜEDIGER, über die Bildung der Geistlichen, S. 51; 172 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

dort Belege zu Synodalbeschlüssen aus dem 15. Jahrhundert, aus BERTHOLD VON REGENSBURG, HuMBERTUS DE RoMANIS, HEINRICH VON LANGENSTEIN,HIERONYMUS VON DuNGERSHEIM, GEILER voN KAISERSBERG u. a. - »Daß der Laie sich tiefer und eingehen­ der mit den Glaubensgeheimnissen beschäftigte, wurde nicht gewünscht. Für die Theo­ logen blieb er der homo rudis et grossus, der durch den Priester die Heilslehre empfängt wie das Kind die Muttermilch.« Man habe die veränderten Verhältnisse und Ansprüche der Laien weitgehend nur zögernd zur Kenntnis genommen; freilich »merkte man sofort auf, wenn der Laie sich selbst seine religiöse Nahrung beschaffte, meist mit polterndem Zorn über die Anmaßung, mitunter auch mit Scham über das eigene Ver­ sagen.« (OEDIGER, a.a.O.). I4 Vgl. PAuws, Schatzgeyer, S. 59, Anm. I.- über die Versuche der altgläubigen Theolo­ gen, die Veröffentlichung der Leipziger Disputationsakten zu verhindern, vgl. FAUSEL, Luther I, S. IJ4.- H. JoHANN VON SACHSEN verbietet die Veröffentlichung der Dispu­ tation zwischen dem Hofprediger WoLFGANG STEIN und JAKOB STR.Auss auf der einen und den Weimarer Franziskanern auf der anderen Seite (RoGGE, Jakob Strauß, S. 34). I5 LoRTZ, Geschichte der Reformation, I, S. 74· I6 Das wird deutlich aus einer Stelle in KASPAR ScHATZGEYERS Schrift Von christlichen Satzungen und leren von I 524· Es gebe zwei Lehren in der Hl. Schrift, führt er dort aus; die eine, deren Kenntnis zum Seelenheil notwendig sei: diese solle frei gepredigt werden, unangesehen, ob sich jemand daran ärgere. Die andere Lehre betreffe die christliche Vollkommenheit, als z. B. ist die Lehre von rechter, wahrer, christlicher Freiheit unseres Geistes, welche die fleischlichen Menschen nicht begreifen mögen. Aus dem kommt jetzt viel Ärgernis und Unfrieden, so man jetzt ohne Unterschied allen Menschen alle Lehre fürlegt, der sie nicht empfänglich sind. (zit. PAuLus, Schatz­ geyer, S. 59, Anm. I).- Der restriktive Satz lterum vitium est indignis secreta vulgare (CIC pars I, dist. 43, c. 5) wird im Dialog Karsthans (I 52 I) MuRNER in den Mund ge­ legt (hrsg. LENK, S. 7I).- Es muß betont werden, daß die Lehre von der fides implicita, die ich im Zusammenhang mit der Ständeideologie sehe, mit der durch den Nominalis­ mus herbeigeführten Trennung von ratio und fides, die STADELMANN (Vom Geist des ausgehenden Mittelalters, Kap. II) als .. Experiment einer doppelten Wahrheit« be­ handelt, nicht identisch ist. über den Zusammenhang beider Lehren bin ich mir nicht schlüssig; es ist jedoch deutlich, daß der Gradualismus mit der Trennung von ratio und fides nicht das emanzipatorische Moment teilt, das es den Nominalisten erlaubte, die theoretische Neugier ohne offenen Bruch mit der Kirche formal zu rechtfertigen und so zur Grundlegung des neuzeitlichen wissenschaftlichen Denkens beizutragen. Vgl. zu diesem Zusammenhang BLUMENBERG, Legitimität, bes. Teil 111, S. 20I ff. I7 z. B. HuTTEN, Clag vnd vormanung (Ipo), vv. I556ff.: Sye haben gottes wort ver­ kert, I Das christlich volck mit lugen bschwert.l Die lugen wöln wir tilgen ab, I Uf das ein lyecht die warheit hab, I Die was verfinstert vnd verdempfft. - i\hnlich HuTTEN 1520 an LUTHER: eijus (Christi, J. S.) obscuratam pontificorum caligine constitutionum in lucem reducimus doctrinam, tu foelicius, ego pro viribus etc. (BöcKING, Op. Hutt., I, S. 355 f.).- Der Humanist JoHANN FABER OP, Generalvikar der obd. Konventualen­ kongregation seines Ordens und kaiserlicher Rat, äußert Ipo, »die Welt sei der theolo­ gischen Spitzfindigkeit der Theologie müde, sie lechze nach den Quellen der evange­ lischen Wahrheit. öffne man ihr den Zugang nicht, so werde sie mit Gewalt durch­ brechen.« (LoRTz, Geschichte der Reformation, I, S. 61). 18 Vgl. dazu BLUMENBERG, Legitimität, bes. Teil II. 19 Diese kirchenrettende, providentielle franziskanische Linie, die sich gegen die zu­ nehmende Klerikalisierung stemmte, wurde »in der Kirche der Renaissance dem aristo­ kratischen Egoismus geopfert« (LoRTZ, Geschichte der Reformation, I, S. 227). 20 WA VI, S. 407. 2I Vgl. dazu WA VI, S. 487.- Im Gegensatz zu Tonfall und Tendenz der Programm­ schriften von I po steht die Auffassung LuTHERS wie MELANCHTHONS und anderer DIE POLITISCHE UND LITERARISCHE SITUATION 173

Reformatoren, daß allzu großer Nachdruck auf der Verkündigung christlicher Freiheit der Ordnung abträglich sei. LuTHER: Impii peiores fiunt ex praedicatione evangelii, carnis enim licentiam tantum discunt ex ea. (Tagebuch über M. LuTHER, geführt von C. CoRDATus). - MELANCHTHON: Recte ita iudicas, ne vera quidem dogmata tarn effrenata vulgi licentia ubique spargenda esse. (an PH. EBERBACH im November I 527). Die autoritäre Implikation des Luthertums wird darin gut deutlich (Beide Zitate nach PAULus, Schatzgeyer, S. 59, Anm. I). 22 HABERMAS, Strukturwandel, S. 22. 23 HoLL weist gegen RIEKER darauf hin, »daß Luther überall da, wo er vom allgemeinen Priestertum spricht, ausdrücklich alle die Rechte mit aufzählt und bejaht, die dem Priester in der äußeren Ordnung zukommen.« (Ges. Aufsätze zur Kirchengeschichte I, S. JI8). 24 Dies geschah in Straßburg z. B. am I9. 4· I524; »Unter großem Zulauf des Landvolkes« wurden Messe und Taufe in deutscher Sprache abgehalten (LEFFTZ, Purgatio vulgaris, s. I05). 25 Paradigmatisch seien hier die Arbeiten von G. BLOCHWITZ (Die antirömischen deut­ schen Flugschriften, I930) und I. KoLODZIEJ (Die Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation, I956) genannt. - B. untersucht die reformatorische Publizistik unter inhaltlichen Gesichtspunkten. Er unterscheidet »echte Lutheraner« von Autoren, die LuTHERS Gedanken verkürzen und bespricht dann »Evangelisches in den Flugschriften« sowie den »religiösen Grundcharakter der Opposition«. -Die Arbeit von I. KoLODZIEJ, seit dem Kriege die einzige umfangreichere Untersuchung der Flugschriften, ist formal orientiert; sie versucht, in qualifizierend systematischer Absicht das »Charakteristische und Allgemeine« herauszustellen und so zu einem Gesamtbild zu kommen, das aller­ dings aufgrund der angewendeten Auswahlprinzipien leicht unscharf wird. Sie läßt nämlich die »Beispiele, die das Durchschnittliche, allgemein übliche nur wiederholten«, unberücksichtigt und scheidet daher nicht immer deutlich genug das Außergewöhnliche vom Stereotypen. Das hängt vermutlich mit der Absicht zusammen, die verbreitete Auffassung von der Wertlosigkeit der Flugschriften zu korrigieren, wobei die Autorin allerdings zugeben muß, daß sie »verborgene dichterische Werte« nicht entdecken konnte (alle Zitate S. I-III). 26 Vgl. dazu KoRTZFLEISCH, Verkündigung und öffentliche Meinungsbildung, S. 19o--2o3 (in dieser Anm. nur mit Seitenzahl zitiert). - An K's Erörterung des Thesenanschlags wird die Diskrepanz zwischen den (subjektiven) Intentionen und der (objektiven) Wirkung der publizistischen Texte deutlich. Wenn vielfach die reformatorische Publi­ zistik die Funktion eines »eigengesetzlichen Katalysators« bei der Beeinflussung der in Bewegung geratenen Massen bekommt (S. 190), dann braucht das nicht unbedingt in allen Fällen mit den Absichten der Autoren übereinzustimmen. Ebensowenig darf man voraussetzen, daß die Intentionen der Publizisten unverkürzt und unverfälscht bei ihrem Publikum realisiert werden; vielmehr ist mit der modifizierenden Einwirkung objektiver Faktoren zu rechnen, die in der Analyse jeweils mit zu bedenken sind. So ist z. B. LuTHER keineswegs von Anfang an der bewußte Massenpropagandist ge­ wesen, zu dem eine mythisierende Geschichtsschreibung ihn gerne machen möchte (vgl. CENTGRAF, als Publizist, Frankfurt I94o); nichtsdestoweniger hat er schon bald objektiv die Funktion eines solchen Volksführers erfüllt. Durch die von ihm nicht vorausgesehene und nicht gewünschte Verbreitung der Thesen von r 517 in ganz Deutschland »erfuhr deren Intention [ ...] eine entscheidende Veränderung« (S. 198): die 95 Sätze über den Ablaß, die »nicht als endgültig richtige, sondern als disputable Thesen formuliert« waren, wurden »als feststehende Wahrheiten betrachtet und ver­ breitet« (S. 198). Durch die Einbeziehung in den einer eigenen Logik folgenden Prozeß öffentlicher Meinungsbildung erhält das transitorisch Gemeinte etwas Plakat- und Schlagworthaftes, das der Polarisierung und Verzerrung der Auseinandersetzung ebenso Vorschub leistet wie es die weitgehende Zustimmung aller oppositionellen 174 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

Kräfte fördert. Wo MuRNER im Lutherischen Narren die fünfzehn bundtsgnossen des EBERLIN voN GüNZBURG parodiert, ist die gleime, nun aber vermut!im taktismer Ab­ entspremende Verfestigung von Vorsmlägen zu Behauptungen, Vermutungen zu Tat­ samen zu beobamten (vgl. Absmnitt 5.I dieser Arbeit). Dieser Gesimtspunkt ist außerordentlim wimtig für die Einsmätzung der reformato­ rismen Publizistik. Was KoRTZFLEISCH für die Ablaßthesen feststellt, gilt in dieser Zeit nahezu uneingesmränkt für alle Texte: »Die ursprünglim von einem persönlimen, erkenntnishaften Anliegen bestimmten Sätze, werden temnism mediatisiert«, - sie erhalten, oft genug aus dem Zusammenhang gerissen, funktionalen Wert bei der Arti­ kulation politismer Absimten und sozialer Forderungen. Die Ablaßthesen LuTHERS sind für die Demonstration dieser Zusammenhänge deswegen ein so gutes Beispiel, weil an ihnen namgewiesenermaßen smon die uneingesmränkte Verbreitung selbst, vor aller inhalttimen Wirkung, das die Intention übersteigende Moment ist. Dies gilt natürlim für die späteren Smriften LuTHERS nicht mehr; sie sind vielmehr bewußt auf größte Breitenwirkung angelegt. 27 Als »Engel des Herrn« ersmeint LuTHER in MICHAEL STIFELS Lied Von der Christ­ förmigen, rechtgegründten leer Doctoris Martini Luthers (I 522) (CLEMEN, Flugsmrif­ ten, 111.)- Das Wormser Edikt nennt den Reformator einen böß veinde in gestalteines menschen mit angenomener münchskuten (RTA, J. R. II, S. 648.) - JoH. CocHLÄus bezeimnet LuTHER als Sohn einer Bademagd und eines lncubus. Khnlim wird LuTHER bei PETRUS SYLVIUS marakterisiert (vgl. PEUCKERT, Die große Wende, s. 6I4ff.)- Bei MuRNER sind im Bärentestament (BT) von I 524 die Reformatoren Berns, BERCHTOLD HALLER und FRANZ KoLB ebenfalls vom Teufel besessen (v. 2I4); zudem werden sie als »Fremde« diffamiert. - Nom der Dominikanerpater H. DENIFLE mömte dämoni• smen Einfluß auf LuTHER glauben machen (Luther in rationalistismer und mrist!imer Beleumtung, Mainz I904, S. 3I).- LuTHER nennt seinerseits den Kontroverstheologen KASPAR ScHATZGEYER einen vom Satan besessenen Mensmen (PAuLus, Smatzgeyer, S. 66). -Die Auffassung, von Gott berufen zu sein und in seinem Auftrag zu handeln, ist - psymologism gespromen - eine Rationalisierung für den rebellismen Affekt gegen die Autorität der Kirme und motiviert den Mut, diesen Affekt praktism werden zu lassen; die typisme Stilisierung der katholismen Kirme zur Gegenautorität (Anti­ mrist!) ist ein Symptom dafür; von solmer Symptomatik sind die meisten spezifism humanistismen Dialoge und Satiren frei. 28 G. MüLLER, Deutsme Dimtung von der Renaissance bis zum Ausgang des Barock, S. I ff., bes. S. 4 f. 29 Im verstehe unter »Massenliteratur<< in diesem Zusammenhang die Lehr- und Unter­ haltungsdimtung, die auf große Breitenwirkung bei ungebildetem Publikum abzielte: Fastnamtspiel und Smwank, lehrhafte und erbautime Reimreden und Traktate, die nimt-artistisme Sprumdimtung und die oberrheinisme Narrenliteratur. 30 STOPP, Renaissance Satire in , p. 58. 3 I Vgl. dazu die hervorragende Einleitung von W. LENK zu seiner Ausgabe »Die Refor­ mation im zeitgenössismen Dialog«, bes. S. 3I ff.- Vgl. aum die Charakterisierung der humanistismen Reformationsdialoge bei MERKER, Der Verfasser des Eccius dedolatus, S. I ff. 32 STOPP (Renaissance Satire in Germany, p. 6I) erwähnt einen Passus aus dem Flug­ blatt Des endtchrists ursprungaus den frühen 2oer Jahren des I6. Jahrhunderts, in dem es über gängige vorreformatorisme Devotionalien heißt: Aurifodin I vnd Quotlibet II da bey Catholicon Klippen steck II Universale bonum in Apibus II Speculum I Lumen I Mammotrectus II Florilegium I Ortus deliciarum/1 darauss götlich gesatz gewend wird umb II [ ...] Weren wert dass manss den kremern brecht II dass man scarnutzelein darauss mecht, II oder zu dem secret geleyt [ ...]. Anonymer Holzsmnitt des frühen I6. Jahrhunderts, Berlin-Dahlem, Kupferstimkabinett. - Zu vergleimen wäre aum EBERLINS voN GüNZBURG Polemik gegen Predigtmagazine, Smrr. I, S. p. DIE POLITISCHE UND LITERARISCHE SITUATION 175

33 G. MüLLER beschreibt diesen Wandel als »die Schaffung einerneuen Gattung der prak­ tischen Gebrauchsliteratur, in der jetzt aber nicht Belehrung über sekundäre Fragen oder gesellige Unterhaltung gegeben, sondern der bis in die Wurzeln spaltende Kampf um die letzten Glaubensüberzeugungen ausgefochten wird.« (Deutsche Dichtung von Renaissance bis zum Ausgang des Barock, S. 119). 34 Zur »konstatierenden« Methode der mittelalterlieben Lehrhaftigkeit vgl. STACKMANN, Der Spruchdichter Heinrieb von Mügeln, Heidelberg I958, S. 75 ff. - Zur Abkehr der lehrhaften Reimrede von der exemplarischen Darstellung vgl. LÄMMERT, Reimsprecber­ kunst, S. 286ff. 35 z. B. in der um orthodoxe Haltung aber auch engagierte Belehrung des »gemeinen Mannes« bemühten leichten predig HEINRICHS DES TEICHNER. Vgl. LÄMMERT, a.a.O., bes. S. I64 ff. 36 Horkheimer stellt im Hinblick auf den Kapitalismus der Konzerne I935 fest: »Indem sieb der Kreis der wirklieb Mächtigen verkleinert, wächst die Möglichkeit bewußter Ideologiebildung, der Etablierung einer doppelten Wahrheit, bei der das Wissen den Insidern, die Version dem Volke vorbehalten bleibt, und Zynismus gegen Wahrheit und Denken überhaupt breitet sieb aus.« (Kritische Theorie II, S. 184). 37 »Im übrigen muß grundsätzlieb beachtet werden, daß alle Ständelehre der didaktischen Dichtung weit mehr moraltheologische als soziologische Kategorien verwendet. Des­ wegen darf sie nirgends ohne weiteres als eine Abspiegelung der realen Verhältnisse verstanden werden.« (LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. u6, mit Hinweis auf weitere Literatur). 38 Vgl. meinen Aufsatz Schympff vnd ernst vermischet schon. Die Rechtfertigung der Satire bei Themas Murner, bes. S. 56ff. 39 Zur noch nicht versachliebten Mitteilung von Neuigkeiten bis weit in die Neuzeit hinein merkt HABERMAS (Strukturwandel, S. 26 f.) an: »Zur traditionellen Form der Herrschaft gehörte auch die Kompetenz der Darstellung und Ausdeutung dessen, was als >die alte Wahrheit< gilt. Mitteilungen über tatsächliches Geschehen bleiben auf das Traditionswissen bezogen. Neues erscheint unter dem Aspekt der mehr oder minder wunderbaren Begebenheit. >Neue Tatsachen< verwandeln sieb im Hof der >alten Wahr­ heit<, wenn sie nur eine bestimmte Schwelle des Gewöhnlieben überschreiten, zum >Ausgezeichneten< - zu Zeichen und Wundern. Fakten verkehren sich zu Chiffren. Neuesund Neuerfahrenes gewinnen, wo sie bloß Stellvertreter des durch Überlieferung verbürgten Wissens sein dürfen, Rätselstruktur. Dabei werden geschichtliche Ereig­ nisse von natürlichen nicht geschieden; Naturkatastrophen und historische Daten eignen sieb zur wunderlieben Geschichte gleichermaßen. [ ...] Damit wird die Neuig­ keit der historischen Sphäre der >Nachricht< enthoben und, als Zeichen und Wunder, in jene Sphäre der Repräsentation zurückgenommen, in der eine ritualisierte und zeremonialisierte Teilnahme des Volkes an der Öffentlichkeit bloße, einer selbständigen Interpretation unfähige Zustimmung gestattet.« 40 LÄMMERT, Reimsprecberkunst, S. 290. 41 LÄMMERT, a.a.O., S. 266. - Die starke Zuspitzung der franziskaniscben Predigt auf moralische Fragen betont ZAWART (The History of Franciscan Preaching, p. 245). 42 Unter der »gesellschaftlichen Arbeitsteilung« versteht MARX im Anschluß an HENRI STORCH und FREDERIC SKARBEK die »Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft und die entsprechende Beschränkung der Individuen auf besondere Berufssphären« wie z. B. die »Scheidung der Produzenten in Landwirte, Gewerbetreibende und Kauf­ leute« (Das Kapital, I, S. 372). 43 LORTZ, Geschichte der Reformation, I, S. 86. 44 Das kann ich hier nur ganz punktuell belegen; eine kritische Untersuchung dieser Entwicklung steht noch aus. -Warnen die Homiletiker des 13. und 14. Jahrhunderts noch nahezu einhellig vor den verba scurrilia, vel puerilia [ ...] quae potius fiunt ad aures demulcendas, quam ad animum instruendum (ALANUS AB INSULIS), so empfiehlt 176 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

der Franziskaner JoHANNES MEDER im 15. Jahrhundert genau die Anwendung solcher Techniken, wenn man die Hörer nodt aufmerksam machen wolle: Videmus enim populares precipue in hanc consuetudinem precipitatos, ut aliter predicatorem vel non audient vel invite, nisi aliqua forma dicendi utatur, qua aures demulcet eorum. (Vor­ rede zum Quadragesimale de filio prodigo; zit. LANDMANN, Thomas Murner als Predi­ ger, S. 368).- Die Eigenart dieser auf Werbewirkung abgestellten Predigtweise vor der Reformation kennzeidmet ein Urteil ScHERERs über GEILER VON KAISERSBERG. Muß man dessen Predigten im Hinblick auf ihre Publikumswirkung und ihre Verbreitung durch den Bumdruck zu den wimtigsten literacisdien Ereignissen der Zeit vor der Refor­ mation remnen, so sind sie dom im ganzen nur ein unzulänglimes Mittel der volks­ tümlimen Belehrung gewesen: »Geiler packte mehr die Phantasie als den Charakter, er unterhielt mehr als er bekehrte, er ließ sim mehr zu seinem Publikum herab, als daß er es zu sim heraufzog.« (LoRENZ/ScHERER, Gesm. des Elsasses. 3·• verb. Aufl., Berlin 1886, s. 159·)- Das smarfe Urteil von CRUEL (Gesmimte der deutsdien Predigt im Mittelalter, S. 6p} über den »Abstieg« der Predigt von geistiger Höhe zu den Niederungen der Massenproduktion (Stoffülle, Ideenarmut} wird von dem an der volkstümlimen Smreibweise interessierten LEFFTZ (Volkstümlime Stilelemente, S. 13) zurückgewiesen. Vgl. aum SCHMIDT, Stephan Fridolin, s. I4ff. - Ein simerlim stark verzeimnetes Bild dieser tumultuarismen Predigtweise besonders der Bettelorden vermittelt der 6. bundtsgnoß EBERLINS voN GüNZBURG.- Aufsmlußreich ist, daß sim sowohl die Warnung vor den verba polita als aum die Empfehlung möglimst pointierter Formulierungen dem Prinzip der evidentia und Wirksamkeit der Predigt zwanglos unterordnen lassen. Zu den Homiletikern des 13. und 14. Jahrhunderts vgl. LÄMMERT, Reimspremerkunst, S.zsoff. 45 Vgl. BLUMENBERG, Legitimität, S. 107. 46 Hierzu: GROETHUYSEN, Die Entwicklung der bürgerlimen Welt- und Lebensan­ smauung in Frankreim, I, S. 23 ff. - Hier gilt, was in Anm. 6 dieses Kapitels über die Verspätung der Explikation gesmimtlim wirksamer Vorgänge gesagt wurde: was GROETHUYSEN für das 18. Jahrhundert als Streit zwismen dem kollektiven Glaubenserlebnis und der individuellen Zustimmung erörtert, ist als gesellschaftlicher Widersprum m. E. schon in der Reformationszeit aufweisbar. 47 Zur Verbindung von Nutzungstrieb und Autoritätshörigkeit in der spätmittelalter• limen Literatur vgl. LÄMMERT, Reimspremerkunst, S. II1. - Im Hinblick auf den philosophiegesmimtlimen Aspekt dieses Wandlungsprozesses, aber simer nimt nur für diesen gültig, stellt BLUMENBERG fest: »Der Absolutismus reduziert, was ihm aus­ geliefert ist, aber er treibt dadurm die Konstanten, die nicht mehr taugierbaren Kerne, zutage. Das ius primarium, das Urremt auf Selbstbehauptung, wird lange vor Descartes und Hobbes als der Inbegriff des neuzeitlimen Selbstverständnisses - nämlim als das anthropologische Minimum unter den Bedingungen des theologismen Maximums- erfaßbar.« (Legitimität, S. 165}. 48 LENK, Die Reformation im zeitgenössismen Dialog, S. 37·- Auf die Hinwendung zum »Tatsämlimen«, zur Erfahrung kann im hier nur hinweisen; der durmgehende Zug lutherismer Smrifl:stellerei ist, wie BoRNKAMM (Luther als Schriftsteller, S. 18 f.) formuliert, eine Vermittlung von Evangelium und Lebenspraxis: die Sprame wird operational, Luthers Predigten und Vorlesungen »Strömen über vor Lebensbezügen, die er in den (biblismen) Texten findet, wie umgekehrt die Fülle seiner gesmimtlimen und persönlimen Erfahrungen in sie zurückströmt.« 49 LENK, Die Reformation im zeitgenössismen Dialog, S. 43· 50 Siehe hierzu BLOCHWITZ, Die antirömismen deutsdien Flugsmriften, passim. 51 So z. B. BöcKMANN, Formgesmimte, I, S.139. 51 BoTT, Volksfeind-Ideologie, S.19. - In ähnlimer Rimtung L. W. Doos, Public Opinion, p. 57· - über die psymologismen Grenzen der Massenbeeinflussung vgl. BROWN, Temniques of Persuasion, p. 29. - Die von Doos als typism dernagogism DIE POLITISCHE UND LITERARISCHE SITUATION 177

besmriebenen Projektionsmemanismen lassen sim unsmwer als Ausdrucksformen des spätmittelalterlimen Krisenbewußtseins aufweisen; vgl. z. B. das Kapitel »Die Smul­ digenc bei PEUCKERT, Die große Wende, S. 103 ff. 53 Die von MuRNER verfaßten Narrensatiren und ihre Ausgaben vor 1522: Doctor murners narrenbschwerung, Straßburg 1512; 2. Ausgabe Straßburg 1518. Derschelmen zun/Jt, Frankfurt 1512; weitere Ausgaben: Straßburg 1512 (oder 1513), Augsburg 1513, Augsburg 1514, Straßburg 1516. Die Mülle von Schwyndelßheym vnd Gredt Müllerin jarzit, Straßburg 1515· Die geuchmat zu straff allen wybschen mannen [ ... ], Basel 1519· 54 MuRNER rimtet seine Satiren ausdrücklim an ungebildete Laien; vgl. SZ 49, 19f.: Wer dem vngelerten will Schreiben, der mdß schimpffen vil; Drastismer, aber nimt ganz so eindeutig NB 97, u8 f.: Zd latyn far ich mit wysen, I Zd tütsch muß ich mit narren reysen. - MuRNERS satirisme Smreibweise adaptiert unbefangen die Iitera­ rismen Gestaltungsmittel der Smwankliteratur und des Fastnamtspiels. Die gehobene Unterhaltungsliteratur der oberen Smimten des Bürgertums, z. B. die spätmittel• alterlimen Ritterromane und die Maerendimtung, wird nur sehr selten und zurück• haltend einbezogen. Gelehrte Anspielungen meidet MuRNER fast ganz. Vgl. im einzelnen LEFFTZ, Volkstümlime Stilelemente, S. 109ff. und E. FucHs, Thomas Mur­ ners Bildungsgang und Wissen. - Die geuchmat mamt in gewissem Sinne eine (be­ zeimnende) Ausnahme. Vgl. E. FucHs, Die Quellen von Murners >Geummat< und GM, S. LIV ff.- Zum Publikum der Maerendimtung vgl. FISCHER, Studien. 55 WEBER, Die protestantisme Ethik, S. 55 und Anm.- TROELTSCH (Soziallehren, S. 432 f.) sprimt zwar davon, daß ,.die reformatorisme Ideenwelt mit keiner bestimmten sozia­ len Klasse in Verbindung« gebramt werden kann, betont jedom kurz darauf den »grundlegend bürgerlimen Charaktere der Reformation: »innerhalb der städtischen Elemente aber ging die aus rein religiösen Gründen stark konservativ gesinnte Refor­ mation mit den bürgerlimen Elementen zusammen, während das Proletariat dem radikaleren protestantismen Sektentypus größtenteils folgte.« 56 ,.zwismen beiden Partheien stand mit Weisheit und Mäßigung der bürgerlime Magi­ strat, dem Bessern den Eingang öffnend, aber zugleim mit Ernst den Stürmen und den gewaltthätigen Abänderungen entgegenarbeitend.« (JuNG, Gesmimte der Reformation der Kirme in Straßburg, S. VII). - Grundlegend zu dieser Frage: BAUM, Magistrat und Reformation in Straßburg bis 1 529· 57 LN 3244ff. und 3864ff.- Vgl. die Absmnitte 5.22 und S·JI. 58 z. B. LN 761 ff.- In ungewöhnlimer, aktueller Zuspitzung nennt MuRNER den Namen des 1493 hingerimteten Bürgermeisters von Smlettstadt. Vgl. den Komm. zur Stelle. 59 LN 1816 f.- Aum LN 25 kann als versteckte Handlungsaufforderung an die städtisme Obrigkeit aufgefaßt werden. 6o Der Lutherische Narr ersmien am 19. 12. 1522 bei dem Straßburger Bumdrucker joHANNES GRÜNINGER; er wurde am 27. 12. aufgrundeiner Anzeige beim Straßburger Rat konfisziert, die bereits verkauften Exemplare wurden zumeist ebenfalls einge­ zogen. GRÜNINGER konnte jedom eine Anzahl nimt besdllagnahmter Exemplare außerhalb der Stadt unter der Hand verkaufen, namdem er geringfügige 1\nderungen am Text angebramt hatte. Vgl. hierzu MERKERS Kommentar, LN, S. 40f. 61 Für Italien vgl. KARL HEFELE: Der hl. Bernhardin von Siena und die franziskanisme Wauderpredigt in Italien während des 15. Jahrhundert.- Freiburg 1912. 62 Im lehne mim an zwei allgemeine und formale Definitionen des Begriffs Propaganda an, die bei BROWN (Temniques of Persuasion, p. 19) zitiert sind: Propaganda is »the more or less deliberately planned and systematic use of symbols, miefly through suggestion and related psymological temniques, with a view to altering and Control­ ling opinions, ideas, and values, and ultimately to manging overt actions along predetermined lines. Propaganda may be open and its purpose avowed, or it may conceal its intention. lt always has a setting within a socialcultural framework, 178 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

without which neither its psychological nor its cultural features can be understood.« (KIMBALL YoUNG). Propaganda is »a systematic attempt by an interested individual (or individuals) to control the attitudes of groups of individuals through the use of suggestion, and, consequently, to control their actions.« (LEONARD W. DooB). 63 über die Internalisierung der Autorität vgl. FROMM, Autorität und Familie, sozial­ psychologischer Teil, bes. Abschnitt II: »Autorität und Über-Ich«. 64 Die Bedenken gegen ein derart typisierendes Verfahren sowie die Gegeneinwände faßt AooRNO in den »Studies of Prejudice« (The Authoritarian Personality, II, S. 744-752) beispielhaft zusammen. - Es geht mir hier ohnehin nicht um eine exakte Beschreibung der sozialen Struktur etwa Straßburgs um I 520; dazu fehlen auch die genauen sozialgeschichtlichen Daten. Vielmehr versuche ich, Begriffe zu verwenden, die »die wesentlichen Merkmale der zu untersuchenden Erscheinungen [ ...] (ent­ halten). Solche Begriffe dienen nicht der Klassifizierung von Tatsachen, sondern als Maßstäbe für vergleichende Betrachtungen. Sie sind >Normalbegriffe< nach dem Muster geometrischer Begriffe (TöNNIEs) oder Begriffe von >konstruierten Typen< (>Idealtypen< MAx WEBERS)«. (HEBERLE, Hauptprobleme der politischen Soziologie, S. u). 6 5 Das Folgende in der Hauptsache nach STEINMETZ und WERNER, Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland, sowie MoTTEK, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands, Bd I. - Im übrigen vgl. die in Anm. Ir der Einleitung angeführte Literatur. 66 Dieser Übergang vollzog sich im frühen r6. Jahrhundert besonders in der Textil­ produktion. Davon war auch Straßburg betroffen, wo die wohlhabenden Wollschläger eine »kontrollierende Stellung in der Tuchproduktion erwarben« indem es ihnen ge­ lang, »die Produktion einer größeren Menge Tuch von der ersten bis zur letzten Fertigungsstufe in die Hand zu bekommen, d. h. sich die einzelnen daran beteiligten Handwerker unterzuordnen« (MoTTEK, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands, I, S. 2II f.). 67 Vgl. hierzu besonders }ECHT, Studien zur gesellschaftlichen Struktur der mittelalter­ lichen Städte. - EHEBERG (Straßburgs Bevölkerungszahl seit dem Ende des I5. Jahr­ hunderts bis zur Gegenwart) gibt die Wohnbevölkerung für 1473-77 mit 20.722 Personen an; von diesen waren 768r, also über ein Drittel, ohne Getreidevorräte, d. h. praktisch ohne Vermögen. Die Zahl dieser »Stadtarmen« dürfte sich bis zur Refor­ mationszeit noch vergrößert haben. 68 FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, S. 67. - Selbstverständlich kann damit nicht gesagt sein, daß das Leben des Einzelnen vorher nicht von einer überpersönlichen Macht bestimmt wurde; nur war dies kein relevanter Faktor für das soziale Bewußt• sein. Denn in den Grenzen der abgeschlossenen Dorfwirtschaft (auch der ländlichen Stadt bis weit ins späte Mittelalter) und der ständischen Ordnung konnte der Einzelne (abgesehen von Naturkatastrophen und Kriegen} seine Möglichkeiten selbst über• schauen; erfolgreich sein hieß: dem Stande gemäß leben- und das war allgemein eine durch persönliche Anstrengung zu erfüllende Anforderung. Werden die gesellschaft­ lichen Voraussetzungen dieser eingeschränkten Praxis fragwürdig, so wird die Ab­ hängigkeit des Erfolgs von vielen, nicht mehr überschaubaren Faktoren bewußt. Das daraus resultierende allgemeine Gefühl der Unsicherheit wird im Abschnitt 1.23 noch näher erörtert. 69 Das wichtigste Dokument für die revolutionären Bewegungen im 15. Jahrhundert ist die sog. Reformatio Sigismundi, die zwischen 1476 und 1497 fünfmal und in der Reformation (r52o--1522) noch viermal gedruckt wurde. Die in dieser Programm­ schrift vertretene Forderung nach der ,. Unterwerfung der Lokalobrigkeiten unter einen Zentralstaate (SMIRIN} kehrt sowohl im revolutionären Programm der 12 Artikel (1525) wieder als auch im Heilbronner Programm. Vgl. hierzu die entsprechenden Beiträge in: STEINMETz!WERNER, Die frühbürgerliche Revolution, S. ro8 ff. und rr6ff. DIE POLITISCHE UND LITERARISCHE SITUATION 179

70 LuKACs, Geschichte und Klassenbewußtsein, S. 62. 7I a.a.O., S. 63. 72 a.a.O., S. 62. 73 s.o. s. 3· 74 Ober LuTHERS Auffassung der Autorität vgl. bes. MARcusE, Autorität und Familie, s. 591f. 75 Hierzu b~s. KNOLL, Der Widerspruch zwischen Theologie und Soziologie bei Martin Luther, 1.. d ELERT, Morphologie des Luthertums II, S. pff. 76 ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. 15. 77 Vgl. Abschnitt I.I2. 78 z. B. LORTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. 10I ff.; BEZOLD, Ge­ schichte der deutschen Reformation, bes. S. 9o1f.; ANDREAS, Deutschland vor der Reformation, S. 1331f. u. a.- Weitere Literatur bei KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 210, Anm. 4· 79 Das Folgende nach FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, bes. Kap. I-III, und ERIKSON, Der junge Mann Luther. 8o FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, S. 104. Vgl. HoRKHEIMER, Egoismus und Frei- heitsbewegung, S. 6o. 8I FROMM, a.a.O., S. 51· 82 ERIKSON, a.a.O., S. 205. 83 FROMM, a.a.O., S. p; vgl. dazu Anm. 68 dieses Kapitels. 84 FROMM, a.a.O., S. 68. 85 FROMM, a.a.O., S. 25. - »Der Charakter entwickelt sich nach Freud im Sinne einer Anpassung der Triebstruktur an bestimmte gesellschaftliche Bedingungen, indem durch Sublimierung und Reaktionsbildungen die Triebimpulse zu Charakterzügen transfor­ miert im Ich erscheinen.« (FROMM, Autorität und Familie, S. n3). 86 Die Karikatur dieser am Erfolg orientierten Einstellung ist z. B. MuRNERS Narren­ typus in der Narrenbeschwerung. KöNNECKER (Wesen und Wandlungen der Nar­ renidee, S. 170) spricht von rücksichtsloser Verfolgung des Eigeninteresses, von der Degradierung des Menschen zur Ware; Egoismus und Lüge werden zu den wahren Herrschern der Welt, alle Bereiche sind kommerzialisiert. -Es scheint, als ob die von der kapitalistischen Wirtschaftsordnung erforderte Ausbildung eines erfolgskontrol­ lierten, auf den Eigenprofit bedachten Denkens die den Zeitgenossen anstößigste Eigenart der Menschen im beginnenden r6. Jahrhundert gewesen ist; sie gilt bei MuRNER (wie bei den meisten Autoren der Zeit) jedenfalls als das Symptom totaler Verkehrtheit der Welt.- ERIKSON (Der junge Mann Luther, S. 64} spricht davon, daß in den aufsteigenden Gewerben, zu denen besonders der Bergbau gehörte, eine »abenteuerliche und grenzenlose Habgier« zutagegetreten sei, »die die Kirche mit ihrer ganzen Macht zu bekämpfen und gleichzeitig zu monopolisieren suchte.« - Vgl. auch BLUMENBERG (Legitimität, S. I65): »Indem die Theologie das absolute Interesse zu vertreten meinte, ließ sie das Interesse des Menschen an sich selbst und seine Sorge um sich absolut werden, das aber heißt: die Stelle seiner theologischen Ansprechbar­ keit besetzen.« 87 ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. 200. - Als »totalitär« im Gegensatz zu »total« bezeichne ich eine Institution, wenn sie einen Gesamtanspruch an Autorität stellt, ohne daß dieser sich als Gesamtinteresse rational ausweisen ließe. Dazu ERIKSON, a.a.O.: »Terror machte den totalen Anspruch (der Kirche) totalitär. Nicht immer wurden die Menschen körperlich von dieser Schreckensherrschaft heimgesucht; man sagte sie vielmehr für eine künftige Welt voraus. Das geschah bezeichnenderweise so, daß niemand genau wissen konnte, wen sie treffen. würde - und wann. Daß ein Mensch stets in Gefahr schwebt, etwas zu tun, das sein ewiges Seelenheil in Frage stellt, macht seine Stellung und seine innere Verfassung vollkommen abhängig von den Heilsmonopolisten und läßt ihm nur die Identität eines möglichen Sünders.« 180 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

88 Die Relativierung der Höllenschrecken durch den aufgeklärten ethischen Indifferentis­ mus der Humanisten ist schon Kritikpunkt in der Narrenbschwerung MuRNERS (Kap. 62). Es ist in diesem Zusammen hang von Interesse, daß sich dieser Vorwurf auf tatsächliche kirchliche Polemik bezieht; die Verurteilung des Enchiridions des ERASMUS durch die konservativen Löwener Theologen stützte sich u. a. auf den Vor­ wurf, er habe die Höllenfeuer geleugnet (Vgl. ERASMUS, Werke I, S. XII.) 89 HoRKHEIMER hat auf den wesentlich sozial bestimmten Unterschied von »Humanis­ mus« und »Reformation« aufmerksam gemacht. Die Reformation mit ihrem die Menschen moralisch zermalmenden Pathos, ihrem Haß gegen die Eitelkeit des Erden­ wurms, ihrer finsteren Lehre von der Gnadenwahl ist nicht so sehr die Gegnerin des bürgerlichen Humanismus als seine andere, seine menschenfeindliche Seite. Sie ist der Humanismus für die Massen, er selbst die Reformation für die oberen Tausend.« (Egoismus und Freiheitsbewegung, S. 66 f.) - In diesem Sinne kann man die Refor­ mation einen »Kampf der Barbarei gegen die Zivilisation« nennen (MEHRING, Deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters, S. 35). Man muß sich dabei nur über die historische Bedeutung beider Phänomene klar sein: »Nicht an den Humanis­ mus, sondern an die Reformation knüpft sich der historische Fortschritte {MEHRING, a.a.O., S. 36). - Erfordert die praktische oder theoretische Selbstbehauptung des Menschen ein neues Verhältnis zum Dogma, so formuliert sich das Problem des Spät• mittelalters auf verschiedenen Ebenen der menschlichen Freiheit: »An der Frage der menschlichen Freiheit und ihrer Heilsbedeutung zerfällt das Mittelalter, vollzieht sich seine Dissoziation in die radikale Selbstentmächtigung einerseits, in die ebenso ent­ schlossene Selbstermächtigung, deren Inbegriff im Umkreis dessen liegt, was als >Renaissance< bezeichnet wird, andererseits.« (BLUMENBERG, Legitimität, S. 515 f.) - Freilich sprechen auch auf der Seite der wirtschaftlichen und sozial gesicherten Huma­ nisten Skeptizismus, Resignation und Melancholie eine deutliche Sprache; HOLBORN (Hutten, S. 45) weist auf die Bedeutung der launischen Göttin Fortuna hin, die »in den Brennpunkt humanistischen Denkens rückte.« 90 FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, S. 69. 91 ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. .zu f. - Die Beseitigung dieses »negativen Ge­ wissens« ist ein Kernpunkt lutherischer Theologie. So betont etwa EBERLIN VON GüNZBURG, der auch in den bundtsgnossen von 1521 sehr oft die ruwe der gewissen als Argument anführt: Unddis ist das heuptstuck Christlicher freyheit, frey sein von gottes tzorn von wegen eygner gewissen, vom bandt des gesetz. (Schriften, II, S. 47). 92 FROMM, a.a.O., S. 105. - Man könnte pointierend von einem psychologischen Trick sprechen, mit dem LoTHER den plötzlichen Wechsel von Zweifel zu Gewißheit, den das »Turmerlebnisc symbolisiert, offiziell begründete. Der Wechsel in der Auslegungs­ perspektive von der aktiven zur passiven Gerechtigkeit (Römerbrief x, 17), aus dem LoTHER angeblich seine ganze Glaubensgewißheit schöpft, ist für sid! genommen eine philologisd!e Spitzfindigkeit; er ist trotzdem symptomatisch, insofern der reaktive Charakter des »Glaubens« bei LoTHER darin deutlid! wird. - Die stilisierende Dar­ stellung des Erlebnisses im Turm: WA 54, S. 185 f. 93 FROMM, Die Furd!t vor der Freiheit, bes. S. 74 ff. - FROMM nennt (S. 72) LoTHER einen typisd!en Vertreter dieser Charakterstruktur. -Man hat mit Recht darauf hin­ gewiesen, daß die reaktionäre und konservative Propaganda und Demagogie der neuesten Zeit ihre Wirkung besonders der großen Verbreitung derart autoritärer Einstellungen verdankt (Vgl. z. B. BROWN, Ted!niques of Persuasion, S. 28ff. und BoTT, Die Volksfeind-Ideologie, S. II5 ff.). Aber LoTHER einen Vorläufer HITLERS zu nennen, weil seine Propaganda eine formal ähnlid!e psychisd!e Struktur ansprid!t und zur Grundlage hat wie die fasd!istisd!e Massenrede, ist sid!er falsch, weil es nicht um das Wesen des autoritären Charakters, sondern um seine jeweilige gesell­ sd!aftlid!e Funktion geht. - Psychologisch gesprochen ist LuTHERS Lehre ein um den Preis der Rationalität erkaufter Freiraum für das Gewissen der unemanzipierten DIE NARRENSATIRE ALS MITTEL DER APOLOGETIK 181

Schichten und daher objektiv notwendig. - Man müßte also eher die entsprechenden Agitationstechniken des 20. Jahrhunderts wie das zurückgebildete soziale Bewußt• sein, auf das sie gründen, als Ausdruck eines »culturallag« interpretieren, als Regres­ sion auf eine voraufklärerische und Vordemokratische Stufe der politischen Kommu­ nikation. 94 Zu den charakterologischen und genetischen Problemen des autoritären Syndroms vgl. bes. FROMM, Autorität und Familie, sozialpsychologischer Teil, und: W. REICH, Charakteranalyse, zweiter Teil »Theorie der Charakterbildung«. - Konkret wird die psychoanalytische Theorie in der hier herangezogenen Studie ERIKSONS auf LuTHER angewendet. 95 FROMM, Furcht vor der Freiheit, S. So. 96 LUTHER, WA Bd 33· s. 290. 97 FROMM, a.a.O., S. 87. 98 ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. 57· 99 Ein Beispiel: »Luthers Vater gab seine bäuerliche Identität nicht nur auf, sondern er stellte sich sogar gegen sie. Er entwickelte so schnell wie möglich - und er erzog auch auch seine Kinder dazu - Fähigkeiten, die ihm bei seinen angestrebten neuen Zielen [als Bergmann, J. S.] nützlich waren: er wollte nicht so wie viele andere abgewan­ derte Bauern der Proletarisierung zum Opfer fallen, sondern sich möglichst in die leitende Schicht der Bergleute emporarbeiten. [ ...] Durch Martins Erziehung könnte also die Vorstellung vom Bauern für ihn zu einem - wie wir es nennen - Fragment negativer Identität geworden sein, d. h. einer Identität, die eine Familie zu vergessen wünscht - auch wenn sie gelegentlich Gegenstand sentimentaler Gefühle ist - und deren bloße Andeutung sie in ihren Kindern zu unterdrücken sucht.« (ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. 56). roo Vgl. HoRKHEIMER, Egoismus und Freiheitsbewegung, S. I8. ror FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, S. 99· 102 über diesen Verdrängungsvorgang bes. FROMM, Autorität und Familie, Abschnitt III, »Autorität und Verdrängung«. 103 FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, S. ror. 104 ADORNO u. a., The Authoritarian Personality, Bd II, S. 759· - Vgl. auch die Zusam­ menfassung dieser Forschungen in: Institut für Sozialforschung (Hrsg), Soziologische Exkurse, Art. Vorurteil.

2. DIE NARRENSATIRE ALS MITTEL DER APOLOGETIK

r Entstanden April oder Mai 1522; vgl. MERKER, LN, S. 35· 2 Antwurt und klag mit entschuldigung doctor Murners wider bruder Michel stifel etc. vom 7· September rp2; vgl. MERKER, LN, S. 36. Entgegen MERKERS Angabe hrsg. von ERNST Voss in: PLMA n, 1896, S. 336-348 (Schottenloher 16045). 3 MERKER, a.a.Ü., S. 36. 4 NEWALD, Murner, 1944, S. 434· 5 MERKER, a.a.O., S. 39: »die bissigste aber auch großzügigste Reformationssatire«. 6 MüLLER, Deutsche Dichtung, S. n8. 7 Satirischer Wortschatz, S. 38. Hervorhebung von mir. J. S. 8 Mit der Parole Sicut fecerunt mihi, sie feci eis (Biblia sacra, liber Judicum I 5, n) hatte LuTHER seine Schrift Warum des Papsts und seiner Jünger Bücher verbrannt sind vom Dezember I po beschlossen. (W A VII, r 82 ). MuRNER polemisiert gegen diese Schrift im 30. Kapitel des LN. 9 Vorrede z. 59 f. - Vgl. dazu LuTHERS Bemerkung im Sendbrief an den deutschen Adel: Ich muß das sprichwart erfullenn I Was die welt zuschaffenn hat I da muß ein munch bey sein I vnd solt man yhn datzu malen. (WA VI, 404). 182 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

IO DWb VI, Sp. 643 ff. II ScHADE, Satiren und Pasquille, III, S. rr2-135; das ZitatS. 123, Z.26ff.- schwinde! (inconstantia) gehört in den Bedeutungsbereich der Leichtfertigkeit; dieses Laster ist eines der Hauptthemen von MuRNERS Die Mülle von Schwyndelßheym von 1515· 12 LAZAROWICZ, Verkehrte Welt, S. 21. 13 Schriften II, S. 554; zit. LmBENAU, Murner, S. 140. 14 LIEBENAU, a.a.O.; er beruft sich auf eine Äußerung GoEDEKES (Die Narrenbeschwö• rung von Thomas Murner, S. XXVII.). 15 Diese Verwechslung ist, wie NEWALD gezeigt hat, kennzeichnend für fast die gesamte MuRNER-Rezeption. (Wandlungen des Murnerbildes, passim). r6 STOPP, Reformation Satire in Germany, p. 36: ERASMus habe solche Einschätzung im »Lob der Torheit« vorausgesagt. 17 J. B. MENCKE in seiner Ausführlichen Vertheidigung Satyrischer Schriften (in PHILAN­ DERS VON DER LINDE [ d. i. J. B. MENCKE] Schertzhafften Gedichten, Leipzig 1722.) Zit. LAZAROWICZ, S. I. I8 CHR. L. Lrscow, Samlung Satyrischerund Ernsthafter Schriften, Frankfurt und Leipzig I739• S. I05. Zit. LAZARowrcz, a.a.O. I9 LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. I. 20 LuTHER nennt 1519 den Verfasser der Epistolae obscurorum vtrorum emen Hans Wurst; zit. LoRTZ, I, S. 66. 21 ADORNo/HoRKHEIMER: Dialektik der Aufklärung, S. 30. - Vgl. hierzu DANKERT, Die unehrlichen Leute, bes. das Kapitel »Die >weltlichen Leute<: Bedrängnis und Verteufe­ lung«, S. 228 ff. 22 Gesch. d. poet. National-Literatur der Deutschen II, Leipzig r836, S. 414; zit. NEWALD, Wandlungen des Murnerbildes, S. 49· - Der Literaturhistoriker trifft sich darin mit dem humanistischen Verfasser der Defensio christianorum de cruce von I52I, der Murner vorwirft, er sei redselig und inhaltlos wie ein altes Weib; fast könne man an­ nehmen - wie das Gerücht es behaupte- er sei ein Verschnittener. In der 5., gänzlich umgearbeiteten Auflage (Geschichte der deutschen Dichtung, Leipzig r87I} hat GER­ vrnus den »jüdischen Zug« gestrichen. 23 Zur Rechtfertigung der vorreformatorischen Narrensatiren vgl. ScHUTTE, Schympff vnd ernst vermischet schon, passim. 24 So ist das 2. Kapitel der Narrenbschwerung überschrieben. 25 geückelman: der Zauberer, Gaukler. 26 Der Vorwurf u. a. LN 44 (vgl. Komm. z. St.}; MuRNERS ironisches Einverständnis LN 8 r 5 ff.: durch sein Geigenspiel bringt er dort die Bundsgenossen zur schimpflichen Selbstentlarvung. Als Spielmann erscheint MuRNER auf dem Titelholzschnitt zu VADIANS Wolffsgesang (ScHADE, Satiren und Pasquille, III, S. 221), der einen die Laute schlagenden Mönch mit Katzenkopf zeigt. 27 verschlagen: »einem etwas weis machen«, »etwas verschwinden lassen«. Vgl. Kommen­ tar zur Stelle. 28 Zit. LIEBENAU, Murner, S. 30. 29 Vgl. HEHLE, Der schwäbische Humanist Jakob Locher, r873, S. 7·- Zu den Äußerun• gen der lutherischen Pasquillanten über MuRNER vgl. MERKER, Der Verfasser des Eccius dedolatus, S. 13-53• und LIEBENAU, Murner, S. r69ff. 30 Das Bild entspricht bemerkenswerterweise in seinen Hauptzügen der Meinung über die unbefangenen jüngeren Humanisten, besonders des Erfurter Kreises um KoNRAD MuTIANUS RuFus, die den kin:hentreuen Kreisen ein Dorn im Auge waren. JoHANNES CocHLAEUS schreibt über die humanistischen Poeten: »Denn was tun die vielen Poeten, die jetzt gleichsam als Possenreißer, Schauspieler oder Fechthähne Deutschland durch­ ziehen? Wohin sie kommen, erregen sie Feindschaften und Streit; ihre Sitten sind, um nicht mehr zu sagen, locker und frech; Achtung vor dem Heiligen trifft man bei ihnen nur in seltenen Fällen an; stark sind sie nur im Beschimpfen und Verhöhnen alles DIE NARRENSATIRE ALS MITTEL DER APOLOGETIK 183

Bestehenden, und wer nicht mithelfen will, dieses über den Haufen zu stürzen, ist in ihren Augen ein Barbar.« (Zit. }ANSSEN, Gesch. d. dt. Volkes, II, S. 32). 3I URBANUS RHEGIUS im Dialog Sirnon Hessus (ScHADE, Sat. und Pasquille, II, S. rpff.); es ist für die literarhistorische Einschätzung MuRNERS aufschlußreich, daß er in diesem Zusammenhang als Verfasser des Ulenspiegel (I 515 in Straßburg gedruds.t) bezeichnet wird, eines Werks, gegen das sich der kirchliche Verdacht besonders richten mußte; MuRNER hat den Ulenspiegel sicher nicht verfaßt, aber der Vorwurf kennzeichnet die Wirkung seiner Satiren, mit denen das Werk in eine Reihe gestellt wird. 32 In der Defensio und ausführlicher im Murnarus Leviathan. 33 MuRNER habe Gott (in der Geistlichen Badenfart von I 515) zu einem Bader gemacht; er habe vom Leichnam des Herrn als von einem keiben gesprochen und Maria eine metze und madunna genannt. 34 Die bekenntnishafte Äußerung MuRNERS steht in der Einleitung seiner Rechtsüber• setzung Der keiserlichen stat rechten ein in gang von I52I; vgl. das ZitatS. 38. 3 5 Das hat MuRNER auch gewußt; vgl. NB 97, I -3: Ob mir das stand zun eren an, I Das ich so manch schympff red hab than, I So ich doch bin ein geistlich man? 36 Magistrat und Bischof von Straßburg schreiten schon I508 gegen allzu deutliche Kleruskritik mit dem Mittel der Zensur ein; das geschah freilich oft genug mehr gegeneinander, weil man sich um die diesbezüglichen Kompetenzen stritt. Dennoch ist die disziplinierende Rolle des Rats sichtbar. Vgl. BAUM, Magistrat und Reformation in Straßburg bis I529, S. 2.- Anspielungen auf den Guardian von MuRNERS Nativkloster in Straßburg führen I 515 zum Verbot des Drucks der geuchmat; der städtische Zensor schreitet auf Beschwerden des Klosters ein und verwarnt den Druds.er, nichts wider die münch zu drucken. Vgl. hierzu RöHRICH, Dr. Thomas Murner, S. 590 f.- Die besondere Problematik der schympff red MuRNERS erhellt aus einem Ver­ gleich seiner Schreibweise mit den Franziskanischen Idealen. In der dritten Regel des Ordens (aus dem Jahre I223) heißt es im 3· und 9· Kapitel: »Ich rate meinen Brüdern und ermahne sie ausdrüds.lich im Herrn Jesu Christo, daß sie, wenn sie durch die Welt wandern, nicht hadern noch mit Worten streiten noch andere richten [iudicent], son­ dern gelassen, friedfertig und eingezogen, sanftmütig und demütig ihre Wege gehen und mit allen anständig reden, wie es sich geziemt.« Und: »Auch ermahne ich alle Brüder, in ihren Predigten gewählter und anständiger Redeformen zum Nutzen und zur Erbauung des Volkes sich zu bedienen, Tugenden und Fehler zu erläutern, Strafen und Belohnungen des Himmels zu erklären, und zwar mit kurzen Worten«. Diesem Stil­ ideal steht die Schreibweise Murners denkbar fern. (Nach: HEIMBUCHER, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, I, S. 285 f.). 37 In den Briefen II, 3; li, 59· - MERKER (Der Verfasser des Eccius dedolatus s. rs), stellt fest, daß die Humanisten MuRNER in den Epistulae obscurorum virorum trotz Sticheleien als eifrigen Parteigänger REUCHLINS preisen und ihn zu den ihren zählen. Wie weit liegt Taktik vor oder bissige Ironie? 38 Im Karsthans (hrsg. LENK, S. 73, Z. I4 ff.), nach MuRNERS eigener (d. h. ihm in den Mund gelegter) Behauptung. Die Dürftigkeit der dann zitierten Probe aus Murners Können verstärkt die Verunglimpfung. Auf die Bitte, eine seiner Weisheiten hören zu dürfen, bekommt der Karsthans die Redensart Hast nit mei gens gesehn zu hören. 39 V gl. zu der Strophe selbst MERKER, Der Verfasser des Eccius dedolatus, S. 26 f., und seinen Kommentar zu LN 4II.- MICHAEL STIFEL setzte die Strophe auf das Titelblatt seiner Schrift Wider Doctor Murnars falsch erdycht Lyed [ ...] von I522 (vgl. Anm. I dieses Kapitels).- MuRNER hatte sich seit November Ipo in zunehmend polemischen Streitschriften gegen LuTHER gewandt; seine vor dem Lutherischen Narren erschienenen Flugschriften sind im einzelnen: Ein christliche vnd briederliehe ermanung zu dem hoch gelerten doctor Martino luter Augustiner orden zu Witternburg (rr. Nov. Ipo, 2. Ausg. am 2I. Jan. I 521). Von Doctor Martinus luters leren vnd predigen (24. Nov. Ipo). Von dem babstenthum das ist von der höchsten oberkeyt Christliebs glauben 184 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

wyder doctor Martinum Luther (I3. Dez. I 520). An den Großmechtigsten vnd Durch­ Züchtigsten adel tütscher nation [ ...] (25. Dez. I52o). Wie doctor M. Luter vß falschen vrsachen bewegt Das geistlich recht verbrennet hat (I7. Febr. I 52 I). Ain new Lied von dem vndergang des Christlichen glaubens (Frühjahr I 522). Antwurt vnd klag mit entschuldigung doctor Murners wider bruder Michel stifel [ ...] (7. Sept. I522). Ob der Künig vß engelland ein Iügner sey oder der Luther (II. Nov. I 522). Außerdem über• setzte MuRNER LuTHERS Traktat De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (I 520) unter dem Titel Von der Babylonischen gefengknuß der Kirchen doctor Martin Luthers (Ende I po oder Anfang I 52 I) und HEINRICHS VIII. von England Assertio septem sacramentorum unter dem Titel Bekennung der süben Sacramenten wider Martinum Lutherum (7. Sept. r 522). - MuRNER erscheint in der zitierten Strophe, wie an anderer Stelle auch ]OHANNES EcK (vgl. Anm. 78 des 3· Kapitels) als Verräter (Judas); der von den reformatorischen Publizisten unermüdlich wiederholte Vorwurf, die Kontrovers­ theologen seien unfähig, das Evangelium richtig zu verstehen, nimmt gegenüber MuR­ NER besonders abfällige Form an: immer wieder fordert man ihn auf, sich lieber mit Schelmen und Narren als mit theologischen Fragen zu befassen (z. B. in einer bei MERKER, LN, S. 34 abgedrudnen Strophe aus dem Lied vom auffgang der Christen­ hait in D. Mur. Veiten thon und in der Luterisch Strebkatz; ScHADE, Satiren und Pasquille, III, S. 123, Z. 24 f.: An dir spürt man die gröst vernunfl I Durch gauch­ matten und schelmen zunfl.). 40 In der Antwort Michel Styfels vff Doctor Thoman Murnars murnarrische phantasey, so er wider yn erdichtet hat. Mit einer kurtzen beschreibung des waren vnd einigen glaubens Christi (I523). 4I MuRNERS Dichterkrönung fand vermutlich I505 statt; er hat den Titel poeta laureatus auf keiner seiner Schriften geführt. Vgl. LIEBENAU, Murner, S. 38 f. 42 Vgl. CuRTrus, Die Lehre von den drei Stilen, S. 66. 43 Alles nach SENGLE, Die literarische Formenlehre- Stuttgart I967, S. 24. 44 Vgl. GM 4790, wo im Reim anstatt des erwarteten dreck (er eß dann einen großen dreck) plötzlich, unerwartet und ungewohnt prüde ich darffs nit sagen! steht; auch GM 3328, wo Murner das Reimwort hur durch hem hem ersetzt. Gegen die Anschuldi­ gung der Narrenfiktion verwahrt sich der Satiriker mit dem bekannten Hinweis: wer's allzu ernst nimmt, ist selbst närrisch und beweist nur, daß ich Recht habe (vgl. NB 2, uoff. und SZ 49, 43 ff.).- Im Kapitel 9a der Schelmen zunfft (Zusatz der Aus­ gabe B) wird der Kritiker der MuRNERschen Schreibweise mit einem Schwein ver­ glichen, das überall nur nach Dreck wühle. 45 In der gegen THOMAS VoGLER gerichteten Schrift Honestorum poematum condigna Iaudatio, impudicorum vero miranda castigatio (I503), zit. LIEBENAU, Murner, S. 33·­ MuRNERS Bemerkung, man müsse die Gegner wegen der gehässigen Form ihrer An­ griffe eher für Schauspieler als für Theologen halten, greift ein offensichtlich stereo­ types Argument aus dem Zusammenhang der geistlichen Standeslehre auf. LÄMMERT (Reimsprecherkunst, S. 2p) erwähnt »Ausfälle gegen Prediger, die sich wie ioculatores betragen,« aus der Predigtlehre des Dominikaners THOMAS WALEYS und aus lateinischen Predigten ßERTHOLDS VON REGENSBURG. Ganz ähnlich polemisiert KASPAR SCHATZ­ GEYER in seinem Examen novarum doctrinarum (I523) gegen LuTHER: seine Kampf­ weise gleiche eher der eines Possenreißers als eines Theologen (zit. P AULUS, Schatz­ geyer, S. 64). - Der Krieg der Kirche gegen die Spielleute, fanatisch bei BERTHOLD (Io., d. h. unterste Klasse sind die Gumpelleute, Possenreißer, Geiger, Tambure usf.). (DANKERT, Die unehrlichen Leute, S. 229, mit weiterer Literatur) Vgl. Anm. 2I dieses Kapitels. 46 In seiner Reformatio poetarum von I5o8/o9 lautet die Prima conditio poetarum theatralium: sunt mendaces, nugaces, fallaces - die Schmähungen gegen MuRNER be­ wegen sich sichtbar im gleichen Begriffsfeld, wenn sie nicht gar als spitze Anspielungen DIE NARRENSATIRE ALS MITTEL DER APOLOGETIK 185

gemeint sind auf die ,.Poetik« des verhaßten Franziskaners (Ref. poet. fol. V r unter Berufung auf Civitas Dei I, c. 30 d.). ~7 Zur Ordensregel vgl. Anm. 36 dieses Kapitels. - Das beste an ihm sei die populari­ sierende Haltung und Tätigkeit: SrEBER, Themas Murner und sein juristisches Karten­ spiel (Smottenloher r6054).- Anders urteilt MERKER, der Herausgeber des LN: »Über• blickt man die erstaunlich reime, von Fleiß und Energie zeugende, freilim (!)im Ganzen zur Popularisierung neigende smriftstellerisme Tätigkeit Murners, [ ...]« (LN, S. r). 48 Eos omnibus verberibus dignos esse putamus, qui juris civilis scientiam, quam ne a vestibulo quidem unquam cognoverunt, in linguam vernaculam et nescio quos ludos traducere pergunt: quibus non satis est, quod ipsi sint omnibus numeris imperiti, nisi et alios insanire faciunt (ZASII Opera, Francofurti 1590 Tom. 2, p. 12.2.). Die Übersetzung nam LIEBENAU, Murner, s. !2.9· 49 Nam LIEBENAU, Murner, S. 12.9. -Die ganze Stelle in den Antinomari~m dissolutiones lautet: Providerant enim viri prudentissimi complures venturos esse rabulas, qui cum idiotae, tum imperiti essent, legum tarnen sinceritatem foedare, pro/anare, vernaculis invulgare vervis aggrederentur; id quod nonullis in nostra Germania sive cucullo, sive stolidiatis mitra tentatum esse cognovimus (Zit. nam SIEBER, Themas Murner und sein juristisches Kartenspiel, S. 295). 50 LIEBENAU, Murner, S. 120 f. zitiert einen Brief ZAsrus' an den Basler Juristen CLAUDIUS CATIUNCULA vom r. 3· 1519: »Es wäre schmählich und nimt wieder gut zu mamen, wenn dieser ungewasmene Mensm mit seiner Narrenkappe das heilige Remt smändete; er weiß von beiden Remten soviel, wie der Blinde von der Farben.« - Vgl. MuRNERS Polemik gegen die Smuljuristen: Sy wissen des rechten also vil, I Als wen ein blinder schüßt zum ziel (NB 29, r7f.).- Nom im r8. Jahrhundert zieht gelehrter Rommut gegen die popularisierenden Tendenzen ins Feld. J. B. RIEDERER zählt MuRNER zu den jurisperiti harlequinizantes und möchte ihn wegen seines lusus ingenii eher belamen als bewundern (zit. LIEBENAU, Murner, S. 129). Ganz im Tenor der zeitgenössismen An­ griffe urteilt aum der Remtshistoriker STINTZING über die »Sehr mangelhafte« über• setzung des römismen Remts durch MuRNER. Dieser habe sim nur um des Ehrgeizes zur populären Wirkung willen ohne viel Kenntnisse und auf einem unter seiner Zeit liegen­ den Niveau mit populärer Juristerei befaßt (zit. LIEBENAU, a.a.O., S. 130). Dazu bemerkt ERLER (Murner als Jurist, S. 23): »Das Gegenteil ist richtig. Die Verdeutsmungsarbeiten Murners sind das Wagnis einer unabhängigen Persönlimkeit, die sim kühn einer humanistischen exklusiven Zeitströmung entgegenstellt.« 51 Vgl. LIEBENAU, Murner, S. 134.- ERLER (Murner als Jurist, S. 43) erwähnt drei nieder­ ländisme Ausgaben: 1547, r62o und 1648. 52 Narrenbschwerung, Kap. 29, vgl. Anm. 50. 53 Zit. LIEBENAU, a.a.O., S. 130; ganz ähnlich argumentiert MuRNER im Chartiludium iuris und in der Vorrede der keiserlichen stat rechten. 54 Wiederholt von URBANUS RHEGIUS im Dialog Sirnon Hessus: sein (MuRNERs) profeP leidet nicht, daß einer vil gemeinschall habe mit weltlichen dingen und künsten. - Zit. LIEBENAU, Murner, s. 122.- Vgl. Reformatio poetarum, fol. i. III r.- So aum im kano­ nischen Remt, c. 3, X: ne clerici vel monachi saecularibus negotiis se immisceant (zit. RoTH, Die mittelalterlime Predigttheorie, S. 153, Anm. 21). 55 Reformatio poetarum, fol. i. Ill f. 56 Er erwähnt als Vorbilder BoNAVENTURA, LYRA, ALEXANDER voN HALES und WILHELM von OccAM. - Im Karsthaus wird MuRNER gefragt, wie es angehe, im Kloster geistlim und in der Welt listig zu sein. lncompatibilia auctoritate papae unici possunt ist seine Antwort; VADIAN löst also das Problem des Rollenkonfliktes auf eine Art, die Murner in der Tat erbittern mußte. 57 MuRNER veröffentlichte folgende juristisme Smriften: r) Chartiludium Institute sum­ marie doctore Thoma Murner memorante et ludente, Straßburg r p8. - 2) Utriusque iuris tituli et regulae a doctore Thoma Murner Argentinensi, ord. Minorum, in Alemani- 186 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

cum traducti, Basel rp8.- 3) Instituten ein warer ursprung vnd Fundament des Keyser­ lichen rechtens, Basel I5I9· - 4) Der keiserlichen stat rechten ein ingang vnd wares fundament, Straßburg rpr.- Vgl. dazu bes. ERLER, Murner als Jurist. sS Zit. bei LANDMANN, Themas Murner als Prediger, s. 296, Anm. 2. 59 Als »Motto« des Murnarus Leviathan; vgl. Anm. 34 dieses Kapitels.- Id:t glaube nid:tt, daß der Parallelismus Zufall ist. 6o Vgl. dazu KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 133 ff. 61 Vgl. dazu HABERMAS, Die klassisd:te Lehre von der Politik, S. r8ff. 62 Ebenso deutlid:t ist, daß die Hierarchie, aud:t die des Ordens, anders denkt: vgl. den Befehl des Ordensgenerals an Murner, •in seinen Gedid:tten keusd:t und sittsam zu sein und die Ehre, Lehre und Vertreter der Religion zu preisen und zu verteidigen« (ScHER­ RER, Themas Murners Verhältnis zum Humanismus, S. 13 und Anm.; Reformatio poetarum, fol. VII r.), Hervorhebung von mir. Daß Murner von seiner Aufgabe eine etwas andere Vorstellung hatte, beweisen seine Satiren. 63 Zit. LoRTZ, Gesd:tid:tte der Reformation I, S. 259 und: BoECKH u. a., Geschichte der deut­ sd:ten Literatur, IV, S. 191. 64 Abdruck: UHLAND, Volkslieder, S. 9o6-r7; ScHEIBLE, Kloster, III, S. 667-71; SPEMANNS DNL 17, S. LXIIff.; LIEBENAU, Murner, S. 179-I82. 65 LoRTZ, Gesd:tid:tte der Reformation, I, S. 263. 66 LoRTZ, a.a.O., I, S. 243 f. 67 GoEDEKE, NB, S. XXVII. - Diese Einsd:tätzung teilt die kirchlidJ.e GesdJ.idJ.tssdJ.reibung nidJ.t; in K. WERNERS GesdJ.idJ.te der apologetisdJ.en und polemisdJ.en Literatur ist MuR­ NER nidJ.t einmal erwähnt. 68 Die Steigerung über die RedJ.tfertigung der vorreformatorisdJ.en Satiren hinaus ist deutlidJ.: konnte der GeistlidJ.e dort zur Not auf die Belehrung ganz verzidJ.ten, wenn man ihn bedrohte oder mißadJ.tete, so ist hier kein AusweidJ.en mehr. 69 AudJ. diese Zuspitzung der Narrensatire läßt sidJ. aus den Anweisungen der Predigt­ lehre nodJ. redJ.tfertigen; zwar galt dort allgemein das Gebot, in der Lasterrüge keine Namen zu nennen, aber davon waren ,.diejenigen ausgenommen, die dem ganzen Ge­ meinwesen in höchster Weise schädlich und deren Sünden ohnehin bekannt sind: in erster Linie also die Ketzer« (LÄMMERT, ReimspredJ.kunst, S. 260). Diese Regel stützt sidJ. vermutlidJ. auf Matth. 18, rs-r7. -Die Identifizierung LUTHERS und seiner An­ hänger als Häretiker ist MURNER durd:t die Bulle Exsurge domine und das Wormser Edikt vorgegeben. Vgl. Anm. 14 aufS. 201. 70 Vgl. LN 179f. (über die Pasquillanten): Wan ich sie euch nant, ir würden sie kennen,/ Doch wil ich ir hie keinen nennen. 71 Vgl. Anm. 23 dieses Kapitels. 72 Daß MuRNERS Standpunkt insgesamt ein pessimistisd:ter ist, kann nidJ.t bezweifelt wer­ den. Man vergleidJ.e etwa Kapitel92 der NB, wo (V. 41) von Sant peters smiff die Rede ist. AnsdJ.aulidJ. wird der Pessimismus im ohnmädJ.tigen Mitleid mit den ausgebeuteten Bauern: Am, lieber pur, die groß gesmimt /Ist wartim über dim erdimt heißt es NB 33, 95 f. nad:t einer drastisdJ.en Schilderung der auf den Bauern liegenden Lasten.- B. KöN• NECKER (Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. r66) spridJ.t von einem »tiefver­ wurzelten Pessimismus« MuRNERS und von »lähmender Resignation«, die sid:t im Werk ausdrückt (S. 178). 73 Hier könnte MuRNER sidJ. auf die Tradition der Apologetik berufen; AuGusTINUS be­ merkt in der Doctrina mristiana (4,rz), es sei töridJ.t, die Waffen der Beredsamkeit den Gegnern der Wahrheit zu überlassen und den Verteidigern der Wahrheit abzuspredJ.en. 74 Vgl. Anm. 6o des r. Kapitels. DAS POSSENSPIEL DER VERTEIDIGUNGSREDE 187

DAS POSSENSPIEL DER VERTEIDIGUNGSREDE

I GRUENTER, Thomas Murners satirischer Wortschatz. - Vgl. auch LEFFTZ, Die volkstüm• lichen Stilelemente in Murners Satiren. 2 Vgl. meinen Anm. 23 des 2. Kap. zitierten Aufsatz, dem auch dieser einleitende Ab­ schnitt entnommen ist. 3 NB 97, I38. - Es ist in diesem Zusammenhang interessant, daß die Franziskaner den Beinamen mundi moriones führten (zit. nach KARL FRIEDRICH FLÖGEL bei PROMIES, Der Bürger und der Narr, S. 59). 4 » [ ... ] nur im Narrengewand, selbst Zielscheibe des Spottes, konnten echte Vertreter des Volkes z. B. am Hof auftreten, um mit Mutterwitz und plebejischer Weisheit schlagfertige Kritik zu üben. Der Narr hatte über alles eine treffend-ironische Antwort parat zu haben, wenn ihn sein Herr danach fragte. Man belustigte sich über ihn und seine oft derbe Wahrheiten enthaltenden Reden, prügelte ihn, wenn man sich verletzt fühlte oder der eigene Witz nicht ausreichte, aber man duldete ihn. So war er an Für• stenhöfen [ ...] vielfach der einzige, der Kritik wagte: der Narr wurde zum Sinnbild des satirischen Gesellschaftskritikers; seine Narrheit war verkappte Klugheit« (BoECKH u. a., Geschichte der deutschen Literatur IV, S. 210). - »Kein Stand, kein Rang, keine Obrigkeit und keine Polizei wird respektiert [ ...] ; sie spotten der [ ...] Philisterei, der Phantasterei, des Aberglaubens [ ...], des Dünkels und der Macht, sie [ ...] gehen am Teufel vorbei und lachen des Rechts und Gesetzes« (GERVINUS, Geschichte der deutschen Dichtung, II, S. 355, zit. a.a.O., S. zii). 5 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I8r. 6 Vgl. z. B. NB 33, 95 f. 7 Vgl. zum Folgenden: LöWENTHAL, Literatur und Gesellschaft, bes. Kap. I und li, r. 8 Vgl. dazu etwa GIEz, über Spiel und Ernst. 9 MoNTAIGNE, Essais, S. 665. Io a.a.O., S. 662. I I a.a.O., S. 667 f. 12 Das scheint mit der dualistischen Stilisierung der Wirklichkeit in diesen Gattungen zu­ sammenzuhängen, die WARNING (Ritus, Mythos und geistliches Spiel) für das volks­ sprachliche geistliche Spiel analysiert hat. »In dem Moment, da die theologische Speku­ lation die Inkarnationslehre endgültig aus der Dimension des mythologischen Dualismus herausgebracht hat, findet dieser auf der volkssprachlichen Bühne seine Fortsetzung. [ ...J Christliche Mythendestruktion vollzieht sich [ ...] auf dem Boden eines dämonalogischen Gegenmythos« (S. 9I). WARNING schlägt die »Deutung der Teufelskomik als Kompen­ sationsphänomen, als Ausbruch aus einer Kollektivpsychose« (JEAN FRAPPIER) vor, um die Harmonisierung von Komik und kirchlicher Doktrin abzuwehren; der Dualismus bestätigte indirekt, »daß etwas, das nicht sein darf, gleichwohl sein kann oder besser: gleichwohl ist. Denn so sauber auch die Scholastik die Ohnmacht des Teufels beweisen mochte, für die naive Volksfrömmigkeit war seine Allmacht eine Realität, gegen die die Kirche den gleichen Kampf kämpfen mußte, der einst mit der gnostischen Infiltration begonnen hatte« (S. 96). -Das würde bedeuten, daß sich in der volkstümlichen Literatur die unabweisbare Realität der gesellschaftlichen Schuldzusammenhänge (in jeweils ver­ schiedener Form) literarisch manifestiert; darin stehen diese Werke latent im Gegen­ satz zur idealisierenden kirchlichen Ideologie. I3 Dafür ist EuLENSPIEGEL das Paradigma; er und sein Vorfahr MARCOLFO entlarven ihre scheinbar vernünftigen Gegenspieler als närrisch und verdorben: »once again the man considered a fool by his contemporaries turns the table on them« (NoRTHCOTT, The Fool in Early New High German Literature, p. 48 f.). - Ebenso verfährt MuRNER formal mit seinen Gegnern, die den großen Narrenpopanz gegen ihn ins Feld geführt haben. 14 Eine besondere Beziehung zwischen gesellschaftlicher Krise und satirischer Schreib- 188 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

weise sieht STOPP (Reformation Satire in Germany, p. 6o) in heilsgesdtidttlidten Vor­ stellungen. LuTHERS Reformation »could be seen to make sense in the light of the Apocalypse. The mystical world-picture and the satirical method (verkehrte Welt) coalesced in this important field of the pictorial expression.« I 5 Die agitatorisdte Parodie »ist die umformende Benutzung einer Dichtung zu einem Werkzeug der Propaganda« (LIEDE, Parodie, S. I4).

3· SATIRISCHE STRATEGIE ALS ABBILD DER SITUATION

I Zum Folgenden vgl. TILLICH, Das Dämonisdte, passim. 2 Vgl. THRAEDE, Exorzismus, S. 46 f. 3 TILLICH, a.a.O., S. 5 und 8. 4 ADORNo!HoRKHEIMER, Dialektik der Aufklärung, S. I8. 5 STOPP, Renaissance Satire in Germany, S. 54· 6 Dieses Modell bei WEINRICH, Literaturgesdtidtte des Lesers. - In: Merkur 2I, I967, S. Io26-Io38; hier IOJ4. 7 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I39• mit Nadtweis auf die parodistisdte Verzerrung des Motivs. 8 So ZARNCKE, Narrensdtiff, S. CCXXIV. 9 So MERKER, LN, S. 46. IO TILLICH, Das Dämonisdte, S. 32. I I RüsCHEMEYER, Religion, S. 262. 12 Vgl. dazu den Absdtnitt 1.23 »Zur Sozialpsychologie des antirömisdten Protestes«. - Weitere Hinweise bei KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 20I ff. - Zur psydtisdten Bedeutung dieser Praktiken: ERIKSON, Der junge Mann Luther, S. 65. I3 Vgl. LEISTLE, Die Besessenheit, S. I29f. 14 Vgl. dazu RoDEWYK, Die dämonisdte Besessenheit, S. 2of. - Das Rituale Romanum von I6I4 warnt zwar vor der Verwedtslung von Besessenheit und Krankheit, stellt jedodt fest, »daß die Hl. Sdtrift und die Theologie uns die Normen liefern, an denen wir die Besessenheit messen können«, ohne sie doch präzise anzugeben. - Gleidte Symptome können natürliche und übernatürlidte Ursamen haben; audt Krankheiten können von Dämonen verursadtt sein (LEISTLE, Die Besessenheit, S. Io6 ff.). I 5 über die »apologetisdte Auswertung des Besessenheitsphänomens« in der Zeit der Kirchenväter vgl. RoDEWYK, Die dämonisdte Besessenheit, S. 47 ff. - Versuche, die Besessenheit in der Reformationszeit apologetisdt gegen andere Konfessionen auszu­ werten, erwähnt JANSSEN (Gesdtichte des deutschen Volkes, VI, S. 475 ff.). I6 Verfaßt von den Inquisitoren für Süd- und Norddeutschland, HEINRICH INSTITORIS und JAKOB SPRENGER, die schon 1484 von INNOZENZ vm die Bulle Summis desiderantes affectibus gegen das Hexenunwesen erwirkt hatten (Vgl. HANSEN, Quellen und Unter­ sudtungen zur Gesdtidtte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter, s. 25ff.). I7 Materialien hierzu bei PEUCKERT, Die große Wende, bes. S. n9ff. I8 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I8o. I9 ADORNo/HoRKHEIMER, Dialektik der Aufklärung, S. I8: »Jedes Ritual sdtließt eine Vorstellung des Gesdtehens wie des bestimmten Prozesses ein, der durch den Zauber beeinflußt werden soll.« 20 Der Narr ist Dämon und dämonisdt Besessener ineins. Vgl. KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I63. 2I Das ist sie auch- vom Werk her gesehen, wobei idt nidtt so sehr von »Überrasdtung« (KöNNECKER) als von petitio sprechen würde (s. hierzu den Absdtnitt 6.32); dodt reicht die literarisdt-formale Interpretation der Besdtwörungsmethode nidtt aus, um die SATIRISCHE STRATEGIE ALS ABBILD DER SITUATION 189

objektive Bedeutung der Narrenthematik zu klären (Vgl. zum Ganzen KöNNECKER, a.a.O., S. I4o-I49). 22 Daß die mittelalterlime Kirme in diesen Fragen »realistism« damte und ihre Auffas­ sung, wenn nötig mit Gewalt, durmsetzte, zeigt die inquisitorische Verfolgung »sym­ bolistismer« Auffassungen in dieser Frage. 23 MuRNERS Glaube an die Mamt der Dämonen und seine Verfolgung der Besessenen sind für sein Jahrhundert nicht außerordentlim; trotz ansetzender naturwissensmaftlimer Forsmung ist der Rationalismus der Renaissance durmaus spekulativ (Vgl. dazu KoFLER, Zur Geschimte der bürgerlimen Gesellsmaft, S. I86). - Von den im I5. und I6. Jahrhundert verbreiteten Dämonentraktaten erwähne im nur das 5· Bum des Formicarius von JoHANNES NIDER (I38o-I438), den Traktat De lamiis et phitonicis mulieribus (I489) von ULRICH MouTOR, auf den sim MuRNER bei der Abfassung seines Tractatus perutilis de phitonico contractu (I499) stützt, und schließlim die Demono­ manie des JEAN BoDIN (I529-I569). 24 Es kann daran deutlich werden, daß Begriffe wie »Realismus«, »Naturalismus« usf. auf das jeweilige Wirklimkeitsverständnis zu beziehen sind; im habe nicht die Absicht, MuRNER irgendeiner »Richtung« zu subsumieren, sondern auf den Wandel des Wirk­ limkeitsverständnisses aufmerksam zu mamen.- Methodisme Hinweise zu dieser Frage z. B. bei BLUMENBERG, Wirklidtkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans. - In: Nam­ ahmung und Illusion, hrsg. H. R. JAuss. 2. Aufl., München I969, S. 9-27. - GAIER, Satire, bes. S. 422 ff., und KosiK, Dialektik des Konkreten, S. I I 5 f. 25 Beide Zitate: KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I37f. - Ver­ mutlim will MuRNER, darüber hinausgehend, behaupten, die Weisheit im Sinne BRANTS mame den Mensmen erst zum Narren (vgl. NB, Vorrede, V. 22ff.); das wäre eine be­ merkenswerte Wendung gegen die wirtsmaftlim und sozial gesimerten humanistismen Gelehrten. Khnlim nimmt KöNNECKER (S. I38) an, MuRNER mame BRANT zum »Nar­ renmamer«. 26 Vgl. dazu die Analysen von KöNNECKER, a.a.O., bes. S. I66 und I78 f. 27 Vgl. dazu das besonders hohnvolle Kapitel Den buntschuch schmieren (LN 304I ff.}, in dem LuTHER als Hexenmeister auftritt, um sein ganzes Heer mit einem alten Bauern­ smuh zu ernähren. 28 NIKOLAUS GERBEL, Eccius dedolatus, Ipo (vgl. MERKER, Der Verfasser des Eccius dedolatus, S. 72 ff.).- HANS SACHS, Ein faßnacht-spiel mit dreyen personen. Das narren­ schneyden (Neudrmxe 26/z7, S. IJ2 ff.). 29 Die Hexe Canidia mit ihren magisch-unreinlichen Zauberkünsten verhift im Eccius dedolatus dem todkranken EcK zu einem Arzt, dessen Heilmethode sim dann als syste­ matisme Folterung erweist. Vgl. hierzu HAGEN, Willibald Pirkheimer, S. I Io. 30 Es smeint, als ob MuRNER in den ersten Kapiteln der Narrenbschwerung den Exorzis­ mus dadurch parodieren wollte, daß er die zu besmwörenden Narren versmiedenen, keineswegs rituellen Prozeduren unterwirft; vgl. die Kapitel NB 5, 6, 9, Io, 12., I3, I4. Er hat diesen Systemansatz jedom bald aufgegeben. Aber die Vorstellung vom kirm­ limen Exorzismus ist dadurm deutlim relativiert. 3I Vgl. Kap. 3, 5 und 6 sowie 39-41. 32 ScHERRER, Kampfmotiv bei Thomas Murner, S. 22.2.. 33 Vgl. MERKER, LN, S. 4I und 282. 34 a.a.O., S. 45 ff. 35 Zu deren Herleitung aus dem Stand der Produktionsverhältnisse und der Arbeits­ teilung vgl. KoFLER, Zur Geschimte der bürgerlimen Gesellsmaft, S. I77· 36 MERKER, LN, S. 48.- Solme Verhöhnungen waren in der Reformation durmaus üblim. So zogen z. B. die Wittenberger Studenten am Tage der Verbrennung der Bannbulle (Io. 12.. Ipo) mit aufgeputzten Wagen etc. durm die Stadt und verspotteten die Alt­ gläubigen (vgl. LuTHER, WA 7, I84ff., Exustionis Antichristianorum decretalium­ acta.). 190 ANMERKUNGEN UND ExKURSE

37 Darin gleicht der LN den vorreformatorischen Narrensatiren; nur die GM macht eine gewisse Ausnahme; vgl. LEFFTZ, Volkstümliche Stilelemente.- Zum LN s. d. S. 63. 38 Es sein vil me der narren darin [ d. i.: in dem großen Narren] I Dan zalen mögen menschlich sin, [ ...] (LN 375-376). 39 Schon 1502 benutzt MuRNER in seiner Oratio ad Capitulum Solodorense die Troja­ Sage als Exempel; in der lateinischen Schrifl: über die Jetzerhandel (1509), De quattuor heresiarchis erscheinen die angeklagten Dominikaner als Griechen resp. Teukrer. - Vgl. ScHERRER, Kampfmotiv bei Thomas Murner, S. 220 f. - Auf die hohe Bedeutung dieser metaphorischen Anspielung weist auch KöNNECKER hin (Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I 84). 40 Am Anfang des Jahrhunderts war u. a. die hübsche historides Guroo DE CoLONNA über die Troja-Sage verbreitet: Ein hübsche histori von I der küneglichen stat I troy wie si zerstörett wartt.- Straßburg bei MARTIN ScHOTT 1489, 1499; bei JoHANN KNOBLOCH xpo. 41 Darauf spielt MuRNER selbst an, wenn er in seiner Oratio (1502) die Ansicht aus­ spricht, Priamus habe mehr auf die Erziehung seines Sohnes achten sollen (SCHERRER, Murners Verhältnis zum Humanismus, S. 38.). 42 Auch die Tatsache, daß es ein Erbe des großen Narren gibt, scheint solche trotzige Hoffnung anzudeuten. - HrERONYMUS EMSER hält in seiner Schrifl: Wider das vnchristenliche buch Martini Luters Augustiners, an den Tewtschen Adel außgegangen (1521) den Reformatoren vor, die Kirche habe die Angriffe der Juden, Heiden und Türken überstanden, sie sei bisher bestehen geblieben vnd bleybet an [ohne] allent­ zweiffel (ob schon die tzal kleyner wird) wol vor aller meneglich. (Streitschriften, I, S. u). 43 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 184. 44 Vgl. z. B. MERKER, LN, s. 46. 45 KöNNECKER, a.a.O., S. 207. 46 Vgl. auch LN 8o7 f. 47 Vgl. LN x64f.: fetz wil es an die buntriemen gan,/Wie ich die grasen [sc. Narren] beschweren kan. - Der metrische Rahmen hätte ohne weiteres ein der Kapitelübemhrifl: entsprechendes den erlaubt. 48 Vgl. z. B. LN 277, 387, 590, 775, 2676, 2710, 4522, 4566, 4663 (der große Narr zum Beschwörer); 472, 475, 805, 2483, 4508, 4516, 4540, 4661 (der Beschwörer zum Narren). 49 Ganz ähnlich LN 288, 389. 50 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 181. 51 Vgl. Art. »Leib Christi« in LThK; dort auch neuere Literatur. 52 Zur Haupt-Glieder-Parabel vgl. LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. 2 30 f. mit weiterer Literatur. 53 Vgl. LN 2288 ff. 54 LoRTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. 253. 55 LN 175 und 191. 56 Ich beabsichtige nicht, eine »nichts als«-Deutung zu versuchen. Die Aufgabe der Lite­ raturwissenschafl: ist es nach einer Bemerkung von R. BARTHES, die möglichen Bedeu­ tungen eines Textes festzustellen, nicht sich auf eine von ihnen festzulegen (Kritik und Wahrheit.- Frankfurt!M. 1967, S. 67). 57 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 153 f. 58 LN 4699ff.: Wer nicht zur Beerdigung des großen Narren kommen will, muß durch Brief und Siegel erweisen, daß er vollkommen, d. h. kein Narr ist: Doch nemen wir kein sigel an.! Dan das der luther selb hat gthan; - aber darauf könne man wohl lange warten (vgl. Komm. z. St.). 59 So der intendierte Sinn der MuRNERSCHEN Selbstrechtfertigung; s. Abschnitt 2.2. 6o Darin liegt ein nicht zu übersehendes Moment von Humanität, das sich als Protest gegen die Gewaltform reformatorischer Sozialkritik in den Streitschriften auch öfter SATIRISCHE STRATEGIE ALS ABBILD DER SITUATION 191

ganz explizit äußert; aber MuRNERS diese Einstellung legitimierende These, daß Men­ schen oft vß blödigkeit handeln und deshalb Mitleid und Nachsicht angebracht sei, kennt der Verfasser des LN gegenüber seinem >Volks-Feind< nicht. 6r Vgl. die wiederholte Redensart, die reformatorischen Publizisten wollten es kein namen haben, LN 338, 790, 1742. Diese Stellen haben den Sinn von V. 695: Vnd wöllen es doch kein schuld nit haben, der sich auf die gelerten narren bezieht, die das aufwieglerische Evangelium predigen (vgl. Komm. z. V. 1742.). 62 Daß MuRNER mit dieser Auffassung nicht allein stand, belegt eine Außerung BERTHOLDS VON CHIEMSEE, der die Lutheraner schon IP9 eine »eben erst beginnende schadenfrohe Partei« nennt; deutlich spielt er auf den Mißbrauch der Sozialkritik an (BLOCHWITZ, Die antirömischen deutschen Flugschriften, S. 148, Anm. 2). 63 schelmen zunfft, Mülle von Schwyndelsheym und geuchmat scheiden für diese Frage aus, weil sie nicht das Beschwörungsmotiv zugrundelegen; allerdings stimmen sie in Haltung und Ton eher mit der Narrenbschwerung zusammen: nirgendwo ist Murner so unnachsichtig und so wenig ironisch wie in der Verhöhnung der lutherischen ertznarren, vielleicht mit Ausnahme seiner Satire auf die Hexen (NB 46) und die Teufelsbündler (SZ p). 64 Vgl. ScHUTTE, schympff und ernst vermischet schon, S. 52 ff. 65 Vgl. den Abschnitt 5-3- 66 LoRTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. 209ff. 67 Vgl. PREUSS, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik. 68 Vgl. dazu GRABMANN, Die Geschichte der scholastischen Methode, I, S. 28-37 u. ö. 69 KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. r7r, sieht das schon für die Narrenbschwerung gegeben. 70 Vgl. Abschnitt 3·3 »Die therapeutische Funktion« und das Register unter » Wormser Edikt«. 71 ScHERRER, Kampfmotiv bei Thomas Murner, S. 222. 72 Vgl. dazu STOPP, Reformation Satire in Germany, p. 64. 73 Merker, LN, S. 63. - Einige Anspielungen auf HuTTEN und reformatorische Flug- schriften verzeichnet MERKERS Kommentar. 74 LN 693: Die gröste schuld haben sie daran. 75 Vgl. LöwENTHAL/GuTERMANN, Agitation und Ohnmacht, S. 9· 76 Vgl. dazu den Abschnitt p »Die Entstellung der Wirklichkeit«. 77 ALLPORT, Treibjagd auf Sündenböcke, S. 13. 78 EcK sei an LuTHER zum Judas geworden; er sei sogar besser als Judas, dieser habe nur dreißig Pfennig genommen, EcK bekomme für seinen Verrat sehr viel mehr Geld (Ein schöner Dialogus Cuntz und Fritz, in: BERGER, Sturmtruppen, S. r65.). - Zu MuRNER s. die Anm. 39 des 2. Kapitels. 79 MuRNER wird mit BRANT in eine Reihe gestellt in dem Flugblatt Ain schener spruch von dem bösen mißprauch in der hayligen Christenhait entstanden (rpr), V. 133 ff. (Schade, Satiren und Pasquille I, S. 27 ff.). 8o Erlanger Lutherausgabe, Bd 4, S. 263 ff.- Das vierfache Exsurge! am Anfang der Bulle schließt alle Mitglieder der Kirche ein. 8r Vgl. z. B. die Nachweise bei KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I8J. 82 Entgegen MERKERS Kommentar interpretiere ich das Wortbrüchen doch als »Bräuche«; das entspricht MuRNERS Anschauungen in den Streitschriften und im LN, wo jedesmal dogmatische und praktische Fragen getrennt werden sollen. 83 Vgl. die zusammengefaßte Darstellung der Abwehrmechanismen bei HoFSTÄTTER (Fischer-Lexikon Psychologie, Art. Neurose, S. 2I5)·- Die Darstellung der psychischen Prozesse, in denen die Abwehrmechanismen relevant werden, vor allem bei A. FREUD, Das Ich und die Abwehrmechanismen, bes. S. 34 ff . 192 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

84 Zur psychoanalytischen Interpretation besonders der Bildlichkeit vgl. BuRKE, Dichtung als symbolische Handlung. - Frankfurt/M. 1966, und: Die Bedeutung der Lehre Freuds für die Literaturkritik, in: Die Rhetorik in Hitlers Mein Kampf, S. 35-67. 85 ScHERRER ist in seiner Untersuchung der Re/ormatio poetarum (Murners Verhältnis zum Humanismus) zu ähnlichen Schlußfolgerungen gekomn,tn. Er spricht von einem Kampf zwischen Herz und Kopf, von Divergenzen zwischen Veranlagung und Erkennt­ nis bei MuRNER: »So klammert sich nur einer an, der den Rebellen in sich selbst er­ sticken muß und die Gefahr fürchtet, bei der leisesten freien Bewegung von seiner ent­ gegengesetzten Neigung irregeleitet zu werden.« (S. 26). Psychologisch tiefblickend deutet SCHERER MuRNERS überbetonte Autoritätshörigkeit als Abwehrreaktion gegen die in ihm vorhandenen rebellischen Affekte.

4· DIE AGITATORISCHE FuNKTION DER FORMELEMENTE

r In der Vorrede der NB heißt es: Vil narren haben ist ein bürden; I Das wir der narren ledig würden, I Hab ich ein nüwe kunst vnd leren I Erdicht: dieselben zu beschweren. (53 ff.) - Im LN: Mein alte kunst wil wider leren, I Wie man die narren sol beschweren, l·. ·] (129 f.). 2 KöNNECKER, Narrenidee, S. 133. 3 Vgl. die im Übersichtsschema (s. u. S. I67 f.) als »Kommentar« gekennzeichneten Stellen. 4 Ein agitatorischer Text ist nach einer treffenden Bemerkung HEINRICH HEINES »stärker im Ausdruck als im Ausgedrückten« (4. r. 1831 an Varnhagen von Ense). - Vgl. auch MAYER, Rhetorik und Propaganda, passim. In seiner Ausgabe der NB, S. 39· - über die Auslegung von Sprichworten in der Pre­ digt des 15. Jahrhunderts vgl. STAMMLER, Mittelalterliche Prosa, Sp. 1002. 6 Vgl. dazu Rmss, Quellenstudien zu Thomas Murners satirisch-didaktischen Dichtungen. -Die These, MuRNER lege die Holzschnitte des Narrenschiffs in der Narrenbschwerung satirisch aus, bedarf einer Überprüfung; eine solche Anknüpfung an den Bildinhalt gibt es nur in Einzelfällen. 7 Während MuRNER 1524 als Abgesandter des Straßburger Bischofs auf dem Nürnberger Reichstag war, liefen ihm dort die Straßenjungen in Scharen nach und riefen ihn mit dem Katzennamen (PH. VON FEILITSCH an FRIEDRICH VON SACHSEN; zit. LIEBENAU, Murner, S. 202). 8 MERKERS Ansicht, der LN sei in der Zeit vom Frühjahr 1521 bis Ende 1522 ent­ standen, gründet sich u. a. auf die These, der spektakuläre Narrenumzug habe in der Fastnacht 1521 stattgefunden; das ist jedoch zweifelhaft, da MuRNER in seiner am 8. 3· 1521 erschienenen Protestation (Hrsg. RöHRICH) diese Schmähung nicht erwähnt. Es ist also möglich, daß der Narrenumzug erst im Frühjahr 1522 stattgefunden hat. 9 Das (den biblischen Text) glossierende Verfahren der Predigt wie der lehrhaften Reim­ rede und der humanistischen Quaestio quodlibetica besteht darin, sich auf einen aktuel­ len Anlaß, ein hingeworfenes Thema, eine Redensart oder Frage einen Vers zu machen. MuRNER handhabt diese Technik in all seinen Werken mit großer Virtuosität. Ihre Überredungswirkung war ihm vermutlich bekannt. - Vgl. die Xußerung des ERASMUS über die Wirkung von Sentenzen, Parabeln, Beispielen usf. in den Adagia: libenter enim audit quisque quod agnoscit, maxime vero, si vetustatis commendatio quaedam accedit. (zit. ZARNCKE, Narrenschiff, S. LXXVII.). 10 eigen = sich zeigen (vgl. Merkers Komm. z. St.). rr Vgl. hierzu den Abschnitt »Eulenspiegel als Maieutiker« in K. HEINRICH: Versuch über die Schwierigkeit Nein zu sagen.- Frankfurt am Main 1964, S. 87-96. 12 z. B. die wiederholte Polemik zum Thema Evangelium: Kap. 4; 7; 25; 37; 45; 48; 50. Wahrheit: Kap . .2.8; 34; 36; 45; 48; 50. Freiheit: Kap. 12; 13; 21; 28; 33; 38; 45; 48; 50. (vgl. den Abschnitt 5.rr). Klöster: Kap. 7; 8; 19; 43; 45; 50. Mönche: Kap. 22; 26; DIE AGITATORISCHE FuNKTION DER FoRMELEMENTE 19}

44; 45; 50. Nonnen: Kap. r3; 22; 26; 44; p; etc.- Wie schon aus dieser Aufstellung, erhellt, ist das Kapitel 50, d. h. der darin enthaltene lutherisch orden (3746 ff.) die Zu­ sammenfassung fast aller angeschnittenen Themen. 13 Die »Familien-Farce« am Schluß (LN 398off.) ist die Ausfaltung von LN 532f.: Wer besser het den narren triben, I Dem sol der Luther sein dochter geben. Das ist der Topos für höchste Ehrung eines (jüngeren) Anhängers; dieser wird hier zum Anlaß für die Erfindung einer rein fiktionalen Figur. - Ahnlieh verhalten sich die Kapitel 30, 44 und 45 zu den Versen 1768, 1717, 649ff. -Zusammenfassender oder deutender Rückgriff: ux8f. auf 1058ff.; 1226f. auf uo7ff.; 1238f. auf I094f.; 3496ff. auf 3229ff., 3293 ff.; J50I auf die Klag der gemeinen christen (2265 ff.). - Wiederaufnahme eines. Themas in spezifisch neuem Blickwinkel: vgl. LN 21 ff. gegen 3519 ff., 4I7 ff. gegen 2740ff. 14 Vgl. MERKERS Komm., Vorrede, Z. 45: bruch. x5 Das war die Tendenz der Selbstrechtfertigung MuRNERS (vgl. Abschnitt 2.3). - Diese Deutung der bruch erscheint nicht ganz hergeholt, wenn man sich die Verwendung von Speisemetaphern für Kunstwerke überhaupt vergegenwärtigt, die gerade in der lehr­ haften Literatur des Mittelalters eine gewisse Rolle spielt (Vgl. dazu LÄMMERT, Reim­ sprecherkunst, Abschnitt Der künste koch, S. I25 ff.). Die scheinbar skurrile Metapher erweist sich als das maßlos übersteigerte Endstück einer langen Tradition (ähnlich wie die geuchmat im Verhältnis zur Minneallegorie; LEFFTZ, Volkstümliche Stilelemente, s. 17). I6 ScHERRER, Kampfmotiv, S. I24. I7 WA VII, 68I. - Nach Hinweisen bei E. FucHs, FS 9, I922, S. 74 und ScHERRER, Kampfmotiv; BERGER, DLE, Ref. 3, I27, Anm. zu V. 36I5 f. I8 Vgl. dazu E. ScHMIDT, Der christliche Ritter, in: Charakteristiken 2, I9I2, S. I-I 5, mit Erörterung der biblischen Grundlagen. I9 ScHERRER, Kampfmotiv, S. 204. 20 ScHERRER, a.a.O. 2.I Fiktion, wie sie der englische Sprachgebrauch für den Roman verwendet: Die Imagi­ nation des Tatsächlichen stellt Gegenstände und Personen vor, als seien sie empirisch vorgefunden - genauso zufällig und unableitbar wie in ihrer Wirklichkeit sinnlich be­ zeugt. (HABERMAS, Theorie und Praxis, S. 29.). 22. KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I92. 2 3 Das trifft jedenfalls auf MURNER selbst zu: während seiner Abwesenheit wurde eine von ihm selbst eingerichtete Druckerei von Straßburger Bürgern, die gegen den alt­ gläubigen Agitator aufgebracht waren, verwüstet; die Bauernhaufen, die I525 vor Oberehenheim lagen, forderten seine Auslieferung, der er nur durch die Flucht ent­ gehen konnte. (LIEBEN AU, Murner, S. 209 f. und 2I2}. 24 Vgl. z. B. 752 ff. 25 MERKER, LN, s. 59· 26 Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf den Aufbau der Satire; vgl. dazu die Anm. 32 dieses Kapitels. 27 Diese sind allerdings mehr mit rhetorischen als mit dramatischen Mitteln gestaltet; die Spannung wird nicht im Medium der Handlung erzeugt (vgl. dazu KöNNECKER, Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. I86.). - Man kann deswegen mit einem gewissen Recht den Lutherischen Narren auch eine »epische Satire« nennen; vgl. SToPP, Refor­ mation Satire in Germany, p. 58. 2.8 Vgl. die im Übersichtsschema (S. I67 f.) als »Anknüpfung« gekennzeichneten Passagen. 2.9 jEAN PAuL faßt das in die Formel, es entstehe ein Ursachen-Zusammenhang aus einem Stunden-Zusammenhang (Vorschule der Xsthetik, § 76). 30 Die buntgnossen treten einzeln vor und nehmen ihren »Stand« ein, indem sie sich und ihre Absichten vorstellen. - MuRNER scheint zunächst an die Gestaltung eines Narren­ tanzes gedacht zu haben; der erste buntgnoß tritt als meister geiger (LN 833) auf, der 194 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

zweite und dritte kommen ausdrücklich zum dantz resp. narrenreyen (LN 9II und 970). Danach hat Murner die Idee wohl fallen gelassen, es finden sich keine weiteren Anspielungen auf das Motiv. Das Vorbild könnte BRANT sein, der die Kapitel 2-66 des Narrenschiffs unter das Bild des Narrentanzes gesetzt hat. (GArER, Studien zu Sebastian Brants >Narrenschiff<, S. I 8o ff.). ji J. LEFFTZ, Volkstümliche Stilelemente, S. 39· 32 Der LN unterscheidet sich von MuRNERS früheren Satiren durch seine verhältnismäßig klar ausgeprägte Handlungslinie. Diese entspricht nun m. E. in ihren Hauptzügen formal der Struktur der lateinischen Satire des NIKOLAUS GERBEL, die MERKER (Der Verfasser des Eccius dedolatus, bes. S. 212 ff.) analysiert hat: »ein das Thema ausfüh• render und meist auch allein von Handlungselementen erfüllter Hauptteil wird je von einem kurzen einleitenden und ausklingenden Teil umrahmt, die fast immer zunächst ein begrüßendes Zusammentreffen, dann die Verabschiedung bringen.« Muii.NERS LN (vgl. die Zahlen im Text, S. 8o f.): Kap. I PROLOG Kap. 2-6 VORSPIEL Kap. 7-56 HAUPTHANDLUNG (I) 7-42 Exposition (2) 43-50 steigernde Handlung (3) p-53 retardierendes Moment (4) 54 Peripetie (5) 55-56 fallende Handlung Kap. 57-58 NACHSPIEL Kap. 59 EPILOG Im Vergleich mit dem von MERKER (S. I34) aufgestellten Handlungsschema des Eccius dedolatus wird die strukturelle Ähnlichkeit noch auffälliger: A. VORSPIEL: Unterhaltung über Wesen und Personen der Desperatio I Beschwörung des großen Narren (Kap. 2-6) B. HAUPTHANDLUNG: a) Absichten der Desperatio I der Bund und seine Absichten (Kap. 7-42) b) Ausführung der Absichten der Kriegszug (mit seinen Präliminarien) und die Siegesfeier (Kap. 43-56). C. NACHSPIEL: Abschied der Desperatio I Krankheit und Tod des großen Narren (Kap. 57 und 58). übereinstimmende Merkmale des Eccius dedolatus und Murnarus Leviathan, die im LN Entsprechungen haben: I) Beichtiger hier, Weddele dort (im LN der Beschwörer) bringen durch Fragen und Zweifel die Hauptgegner zur Selbstpersiflage. 2) In beiden Satiren soll die »Behandlung« den Gegner »heilen« (im LN zu Tode bringen): das übel entfernen. 3) Beide Satiren bestehen aus Dialog und anschließendem Handlungsteil; der Um­ schwung erfolgt durch eine zauberkundige Person (LN: Luther als Hexenmeister schmiert den buntschu). Diese Ähnlichkeiten sollen nicht überbewertet werden, zumal es sich noch um recht allgemeine Formzüge handelt; sie bestätigen jedoch G. MüLLERS (Deutsche Dichtung, S. II9) Vermutung, daß Murner das spezifisch Neue der Form des LN humanistischer Kunstübung abgesehen hat. 3 3 N arrenidee, S. 2 I 5 ff . .34 KöNNECKER, a.a.O., S. I94· 35 Man kann zwar das »Abbiegen« der Handlung zu dem Schluß benutzen, »daß dem Verfasser ein gebieterisches Kampfbedürfnis fehlt« (ScHERRER, Kampfmotiv, S. 226). Aber objektiv entspricht diese Lösung des Kampfes einem viel wirksameren Schema als die von Scherrer erwogene Möglichkeit, das ganze in eine Prügelposse ausgehen zu RICHTUNG UND TECHNIK DER ARGUMENTATION 195

lassen. Eine sohhe Lösung würde die Autorität des Satirikers zu sehr infragestellen, der sich ja als Symbol des Rechtgläubigen und der gemein stilisiert. 36 KöNNECKER, Narrenidee, S. 221. 37 Vgl. dazu Absdmitt 5·3 »Narren und Teufel«. 38 Zur lutherischen Verdorbenheit vgl. den Abschnitt 5. .1.1 "Verstellung und Verführung«. 39 Als Autor, als Exorzist, als r6. buntgnoß und als Vorkämpfer für die Kirche. - Als Zeugen für die rechtgläubige Seite treten zudem die Mönche und Nonnen auf, die wegen Luthers Lehre ihre Klöster verlassen (LN .1992 ff.), sowie der Landsknecht Veit, der aufgrund lutherischer Aufrufe Von dem runtzeval herbeieilt (LN I7roff.). Alle müssen jedoch erbittert feststellen, daß der lutherische bunt sie betrügt. 40 Vorrede, Z. qff. 41 BoRKE, Die Rhetorik in Hitlers Mein Kampf, S. 88. 42 Ipo und 1521 in elf verschiedenen (z. T. gekürzten) Auflagen lateinisch und deutsch (Klagschrifi an alle Städte deutscher Nation) erschienen. Vgl. BENZING, Ulrich von Hutten und seine Drucker, Nr. 132-143· 43 Ain schöner newer Passion (ScHADE, Satiren und Pasquille, II, Nr. XI) von rp1. 44 Das Motto des LN. Vgl. Anm. 8 des 2. Kapitels. 45 V, 3507ff.- Dieses Motto (wie viele andere des LN) schon in Murners Lied von dem vndergang des Christlichen glaubens. 46 z. B. Speculum stultorum des NIGELLUS WIRECKER u. a. - Ein Spiegel der Tugend von MARKWARD VON STEIN wurde 1493 und 1513 in Straßburg gedruckt; von GEILER VON KAISERSBERG erschien um 1po in Straßburg der dreieckicht Spiegel, eine Obersetzung des Opusculus tripartitum des joH. GERSON. 47 Vgl. hierzu HEINRICH DEN TEICHNER (3 14, 24 ff.): ich geleich den spiegel frey I mit meiner chunst aigengleich I dar inn sehen arm und reich I yegleich mensch sein leben wol, I was er tun und lassen sol. - und wenn ich ir aller sin weiß, fährt er fort, so werde ich mich hüten, sie zu verraten: das ist mein Amt nicht, ich habe nur den Spiegel und in den mag hineinschauen wer will (Vgl. LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. 174 und .16r.). 48 LN, Prosavorrede: allein den lutherischen nerrischen affenbüchlin zu erkantnis I das sie in disem buch lernen sich spiegeln. (Z. 90ff.): Es spiegeln sich aber hier auch nicht- wie bei BRANT- die Leser, sondern eben die »anderen«. 49 KöNNECKER, Narrenidee, S. 140. 50 Matth. r8, 15-17; vgl. die Anm. 69 des .1. Kapitels. p Geschichte der deutschen Dichtung, 4· Auf!., Lpz. r853, Bd 2, S. 373· 52 Das ist die übereinstimmende Meinung der zeitgenössischen Gegner wie fast der ge­ samten Murnerforschung. Vgl. NEWALD, Wandlungen des Murnerbildes, passim. :53 KöNNECKER, Narrenidee, S. r82. 54 Auch sermocinatio; vgl. LAUSBERG, Handbuch der Rhetorik, § 820. - Vgl. das Ober­ sichtsschema (S. r67 f.). - Vorbild für diese Technik sind neben dem Fastnachtspiel ver­ mutlich die Epistolae obscurorum virorum. Vgl. dazu MERKER, Der Verfasser des Eccius dedolatus, S. 5 ff. 55 z. B. BERGER, Sturmtruppen der Reformation, S. 19. 56 LN, I371ff. 57 Vgl. dazu den Abschnitt 5.13 »Zur Technik der polemischen Faktenzubereitung«.

RICHTUNG UND TECHNIK DER ARGUMENTATION

r Vgl. vor allem: BoTT, Die Volksfeind-Ideologie. - BROWN, Techniques of Persuasion.­ BoRKE, Die Rhetorik in Hitlers >Mein Kampf<. - DooB, Public Opinion and Propa· ganda. - HITLER, Mein Kampf, Kap. I, 6 und II, u. - LöWENTHAL!GuTERMANN, Agitation und Ohnmacht. - MAYER, Rhetorik und Propaganda. - RocHE, Stilus 196 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

demagogicus. - WrNCKLER, Studie zur gesellschafl:lichen Funktion faschistischer Sprache. 2 Vgl. hierzu: HoRKHEIMER, Egoismus und Freiheitsbewegung, bes. S. 34 ff. 3 Vgl. zum Folgenden: HABERMAS, Die klassische Lehre von der Politik in ihrem Ver- hältnis zur Sozialphilosophie, bes. S. 29 ff.- Das Zitat S. 27. 4 HABERMAS, a.a.O., S. I 8ff. 5 a.a.O., S. 30. 6 a.a.O. 7 Diese sind besonders plastisch formuliert bei LöwENTHAL/GuTERMANN, a.a.O. - Ich entnehme dieser Untersuchung die Überschriften zu den Abschnitten 5·3I und 5·32· 8 Die agitatorische Strategie entspricht in dieser Hinsicht dem manichäischen Prinzip, die Welt in zwei scheinbar radikal verschiedene, in Wahrheit höchst ungenau be­ stimmte Teile zu spalten; damit entspricht sie der Forderung nach einer äußerst scharfen Abgrenzung vom Gegner, ohne doch allzu offensichtlich gegen das Gebot wirklichkeits­ naher Argumentation zu verstoßen. 9 Wormser Edikt (RTA, J. R., Bd II), S. 646 f. - In dieser offiziellen Leitlinie gegen­ reformatorischer Argumentation finden sich bereits alle Stereotype der Feindschaft, die auch Murner im Lutherischen Narren verwendet. LuTHER erscheint hier nicht als ein mensch, sonder als der böss veinde, in gestalt eines menschen mit angenomer münchskuten, als unsinnig und mit dem pösen gaist besessen (a.a.O., S. 648 und 653). Also ist selbst die Anwendung der rituellen Dämonenbeschwörung auf den Reformator und seine Lehre im Sinne der offiziell verkündeten Einschätzung LuTHERS als ange­ messen zu bezeichnen. - Vgl. weitere Hinweise auf weitere Parallelen in den Anmer­ kungen 44 und 54 dieses Kapitels sowie Anm. 6 und 14 aufS. 200 resp. 201. IO Vgl. den Abschnitt 5·33 »Narren und Teufel«. - Zur Projektion vgl. die Bemerkung von DooB (Public Opinion and Propaganda, S. 7I): »Üne of the important psycholo­ gical functions of society is to provide its members who suffer from various frustrations with targets onto which aggressions can be displaced. A favorite target seems to be another group with which actually is, or which is considered to be, different from the individual's own.«- Vgl. Anm. 6 des 5· Kapitels. I I Murners Position im Lutherischen Narren entspricht formal dem sogenannten feudalen Sozialismus, den MARX und ENGELS im Kommunistischen Manifest (Abschnitt III Ia) folgendermaßen charakterisieren: »Um Sympathie zu erregen, mußte die Aristokratie scheinbar ihre Interessen aus dem Auge verlieren und nur im Interesse der exploitier­ ten Arbeiterklasse ihren Anklageakt gegen die Bourgeoisie formulieren. Sie bereitete so die Genugtuung vor, Schmählieder auf ihren neuen Herrscher singen und mehr oder minder unheilsschwangere Prophezeiungen ihm ins Ohr raunen zu dürfen. Auf diese Art entstand der feudalistische Sozialismus, halb Klagelied, halb Pasquill, halb Rückhall der Vergangenheit, halb Dräuen der Zukunft, [ ... ]«.- Vgl. im übrigen den Abschnitt 6.22 >>Die demagogische Struktur der Kernargumente«.

5· ZuR TECHNIK DER ENTLARVUNG

I Zu Begriff und Geschichte der Demagogie vgl. M. MüLLER, Demagogie und Demo-­ kratie. 2 Vgl. dazu BROWN, Techniques of Persuasion, p. 35 f.- Noch H. DENIFLE nennt Luther einen Demagogen (I904) (zit. ERrKSON, Der junge Mann Luther, S. 33). 3 Der Heuchelei-Vorwurf ist ernst gemeint. Es hat vom Mittelalter zur Neuzeit ein Wandel in der Vorstellung vom geistigen Eigentum stattgefunden; Wahrheit ist für den mittelalterlichen Christen tradiertes und verliehenes Eigentum, man kann des­ wegen im Mittelalter rechtens illegitimen Ideenraub anklagen. Die Neuzeit erst ent­ zieht dieser Vorstellung - die eine Analogie der Wahrheit und des Gnadenrechts ein- ZuR. TECHNIK DER. ENTLARVUNG 197

schließt - den Boden. ,. Wahrheit kann nicht mehr ein Lehnsgut mit Erbrecht, also auch nicht mehr die Auszeichnung einzelner oder einer bevorzugten Gruppe sein.« (BLUMEN­ BERG, Legitimität, S. 49). 4 Vgl. z. B. LuTHER., Hebräerbriefvorlesung, fol. 99 - Der Vorwurf ist gegenseitig: Ein Hauptargument MuR.NER.S gegen die reformatorische Theologie ist, sie sei menschlich erdichtung (vgl. KöNNECKER., Wesen und Wandlung der Narrenidee, S. 202). 5 Kapitel I I-25 des LN. Die fünfzehn sozialkritischen Traktate erschienen anonym ohne Angabe des Druckers zwischen April und Oktober I 52 I; sie wurden zuerst von p AMPHILUS GENGENBACH in Basel gedruckt. '6 Vgl. dazu HITLER., Mein Kampf, S. I29: »Es gehört zur Genialität eines großen Führers, selbst auseinanderliegende Gegner immer nur als zu einer Kategorie ge­ hörend erscheinen zu lassen, weil die Erkenntnis verschiedener Feinde bei schwäch• lichen und unsicheren Charakteren nur zu leicht zum Anfang des Zweifels am eigenen Recht führt.« 7 Ich gehe bei dieser Skizze von den allgemeinen Interessen der verschiedenen Gruppen aus, nicht von der großen Vielfalt, mit der sich diese in den verschiedenen Flugschriften und Programmen artikulieren. 8 Vgl. auch Anm. 12 des 4· Kapitels. 9 Vgl. die Anm. 88 des I. Kapitels. 10 ER.ASMus VON RoTTER.DAM, Ausgewählte Schriften, Bd IV. I I Für Straßburg vgl. BAUM, Magistrat und Reformation, S. 56 ff. Der Rat erließ am 29. 9· I 523 eine Almosenverordnung (gegen den Bettel) und faßte damit die Almosen­ vergabe durch eine vom Rat verwaltete zentrale Kasse zusammen. Jeder Empfänger mußte ein Zeichen an sich und seinem Hause tragen; zur Bedingung machte man eine ehrbare Lebensführung und den Willen zur Arbeit. 12 Ausgewählte Schriften (Hrsg. ENDER.s), I, S. I 5-22; im Folgenden nur mit der Seiten­ zahl zitiert. I 3 Kl. Schriften II, S. I02. - Man solle nicht mit den füsten dreinschlagen wie LuTHER.. 14 Vgl. MER.KER.S Komm. z. St. mit Verweisen auf HANS SAcHs' Fastnachtspiele Der schwangere Pawr (Neudrucke 3I/p, S. 38 ff.) und Das Kelberbruten (Neudrucke 39/40, S. 3 3ff.) und weitere Quellenhin weise. r 5 Vgl. NB 33 Die schaff schinden. r6 Vgl. bes. LN 848 und 86o: Es verdrüßt mich an der lincken zehen und: Es thut mir we in meinen oren; gemeint sind jeweils schwerwiegende Gravamina. I7 Es gibt viele Stellen in EBERLINS bundtsgnossen, die durch ihre metaphorische Formu­ lierung und ihre Drastik direkt zum Parodieren einladen. MuR.NER. hat keineswegs alle Möglichkeiten genutzt, sondern ist ganz dilatorisch verfahren. So hätte sich z. B. EBER.LINS Feststellung die münch einer stat nit günnen das brot des wort gots, das in möcht durch ein angenemen prediger gereicht werden (S. so), sehr gut für die Illustrie­ rung der Passage LN IIJZ ff. geeignet- etwa in dem Sinne: sie wollen es lieber selber essen. r8 Einige Beispiele: EBERLINS Bezeichnung käßiäger für die Mendikanten (S. II) erscheint bei MuRNER. an entsprechender Stelle als keßbetler (LN 899). - EBERLINS Bemerkung, die Nonnen müßten ihre Eltern besuchen und u. a. auch in ain natürlich bad faren können (S. 32) parodiert MuRNER mit obszönen Anspielungen: Lassen sie doch ein mal rumplieren, I Das posteriorum auch complieren, I Gen blumers vnd gen baden fieren; I Die muteT würt in sunst erfrieren. (LN 999 ff.) - Im 6. buntgnoß greift MURNER die Namen ScoTus, THOMAS, LYRA, einen Vergleich der Mendikanten mit Wölfen und das Wort allegieren auf (S. 61 und 63, LN II72ff.)- Die Pointe des 14. buntgnossen entwickelt MuRNER aus dem Wort hültzin bild, das EBERLIN aus dem Lob der Torheit des Erasmus zitiert (S. 155). r9 Einige Beispiele: EBERLIN empfiehlt sinnvolles Gebet (S. 41), MuRNER: Ich wil mich selbs hie her stellen I Zu disen mein guten gesellen, I Die schlaffen lang I nüt betten 198 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

wollen. (LN 1028 ff.) - EBERLINS Satz über die Mendikantenprediger Wan sie sunder­ lieh vil stächen vif oberkeit vnd priesterschafft, das gefalt den gemeinen man wol, aber es ist gyfft, hüt dich (S. 6r) ist bei MuRNER verschwiegen, das lob der Pfarrer vnd irer nötigen Caplon in der Überschrift des 7· bundtsgnossen ausgespart. - Das bei EBERLIN (S. 157) zitierte erasmische Lob einer waren eerung gots vnd der beigen läßt MuRNER ebenfalls aus etc. 20 z. B. das differenzierte Reformprogramm EBERLINS im I o. und 1I. bundtsgnossen. 21 EBERLIN schlägt im ersten bundtsgnossen KARLSTADT, ERASMUS, LuTHER oder einen anderen als Lehrer KARLS V. vor; Murner nennt nur KARLSTADT, gegen den man Ende 1522 sogar mit Zustimmung lutherisch gesinnter Bürger polemisieren konnte. Die in der Überschrift des 8. bundtsgnossen erwähnten Namen ERASMus, LuTHER, HuTTEN fallen im LN fort. MuRNER erwähnt mit keinem Wort, daß EBERLIN im 14. bundts­ gnossen ausführlich ERASMUS zitiert. - Vgl. dagegen seine polemischen Bezeichnungen Hans Mist (LN 3274), gickenheintzen (LN 2715 u. ö.), dorfmetz (LN 1297) und das Auftreten der schon aus dem Narrenschiff bekannten Typen Uli von Stauffen, Ritter Peter und Doctor Griff (LN I 562 ff.). Sie ersetzen bezeichnenderweise das ganz poli­ tisch gemeinte Bündnisangebot EBERLINS an die Schweizer. 22 Ich vermute, daß die Erwähnung des am 9· r. 1522 zum Papst gewählten TERTUSIAN als Erzieher KARLS V. polemisch die Insubordination des bundtsgnossen sichtbar machen soll, der den Papst nicht kennt oder ihn frech mit seinem »bürgerlichen« Namen be­ zeichnet. MERKER (LN, S. 51) wertet diese Erwähnung als einen Beleg für seine These, daß die frühen Parteien des LN vor I 522 entstanden sind; einer entsprechenden Anderung im Text vor dem Druck Ende I 522 hätte aber doch nichts entgegenge­ standen. 23 Im IJ. bundtsgnossen; vgl. LN I562ff. 24 Hierzu vgl. LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. 261 mit Hinweis auf das Manuale Curatorum des joHANN ULRICH SuRGANT, I5o2.- Vgl. auch RoTH, Die mittelalterliche Predigttheorie, S. I45 und I54. 25 LN 907. - Das Vorbild könnte eine Stelle aus dem Redentiner Osterspiel sein (V. 1331 f.), wo der Teufel Astrot als Belohnung für treue Dienste en braden ei I Unde darto wat van deme schinken erhält (zit. bei KöNNECKER, Narrenidee, S. 2I9).- Eine Lüge ist z. B., LuTHER wolle sich von allen Sakramenten abkehren (LN 3 I55 und 3809). 26 Vgl. LöwENTHALIGuTERMANN, Agitation und Ohnmacht, S. 22. 27 »In the culturalladen past, consequently, lie the basic determinants of the individuals behavior, of the attitudes he shares with others, and hence of public opinion« (Doos, Public Opinion and Propaganda, S. 48). - Es ist ohnehin klar, daß die umlaufenden Geschichten über das Leben der Geistlichen weitgehend auf Vorurteilen und Pauschali­ sierungen von Einzelfällen beruhten; >>man begehrt den Reichtum der Klöster und phantasiert von den Orgien, die dort gefeiert werden« (HoRKHEIMER, Persönlichkeit und Vorurteil, S. 3). - Aber bestehende Vorurteile sind eine soziale Realität, von der weitreichende Wirkungen ausgehen können. 28 Vgl. ScHNÄDELBACH, Was ist Ideologie, bes. S. 77 (über Holbach). 29 Es ist nicht auszuschließen, daß er die Herkunft einiger der bissigsten Angriffe wenig­ stens ahnte; jedenfalls fordert er den Straßburger Rat in seiner Protestation vom 8. März I 521 und impliziert im LN zum Einschreiten gegen die Schmähungen auf (LN 24-27). Die Behauptung, er kenne die Namen wohl, hüte sich jedoch sie zu nennen (LN 179 f.), ist vermutlich Wunschdenken und hat den Zweck der Mystifikation. In der erwähnten Protestation gibt er an, er würde prozessieren, wenn er seine Gegner identifizieren könnte. 30 Vgl. dazu MuRNER Verteidigung der gemein gegen die >Gewaltsamkeit< und >Unver­ ständlichkeit< der protestantischen Bibelauslegung (LN 2410 und 2433ff.): Der Apolo­ get rechnet mit dem anti-intellektuellen Ressentiment seiner Leser. - BROWN, Techni- ZuR TECHNIK DER ENTLARVUNG 199

ques of Persuasion, S. 2.6: »most people w an t to feel, that issues are simple rather than complex«. 3 I Der Eindruck, den MuRNER vermitteln will, erscheint teilweise gerechtfertigt, wenn man den unerhört scharfen Tonfall der großen Programmschriften LuTHERS von I520 betrachtet. LuTHER hat freilich auch Zweifel gehabt, ob seine Entschiedenheit und Beharrlichkeit zu rechtfertigen seien. 32 KöNNECKER, Narrenidee, S. r86. 33 KASER, (Deutsche Geschichte, II, S. 492) zitiert den vermutlich topischen Satz Rustica gens optima flens, pessima gaudens. - Vgl. BEZOLD, Die armen Leute, und PEuCKERT, Die große Wende, bes. S. 310 ff. und 328 ff. 34 Vgl. LN 709, I7ooff., 2.177ff., 2.8I8, 312.5 f., 32.36, 392.5. 3 5 LoRTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. 82.. 36 Eines der Hauptargumente EBERLINS von GüNZBURG gegen die Bettelorden ist die Forderung, jeder Mensch habe sich durch seine eigene Arbeit zu ernähren (Ausgewählte Schriften I, S. 40). - Zum protestantischen Arbeitsbegriff, der dieser Forderung zu­ grundeliegt, vgl. KoFLER, Zur Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft, S. 2.62 ff., und M. WEBER, Die protestantische Ethik, S. II5 ff. 37 Diese Bedingungslosigkeit wird in der Sterbeszene LuTHERS im LN eindringlich vorge­ führt {LN 43I6ff.). 38 Das Bewußtsein von der Geltung dieser Maxime hat der Dichter des Redentiner Osterspiels mit unnachahmlicher satirischer Kraft gestaltet. Die Szene, in der ein Priester allein aufgrund seines Amtes (materialisiert in den Insignien) wieder aus der Hölle entkommt (V. 1745 ff.), hat B. KöNNECKER (Narrenidee, S. 2.43 f.) im Ganzen zutreffend gedeutet. Sie biegt allerdings durch eine m. E. nicht gerechtfertigte Inter­ polation die Satire zur burlesken Episode um, indem sie den Erfolg des Priesters als Scheinerfolg bezeichnet. 39 LAu!BIZER, Reformationsgeschichte, S. K 18, und RoGGE, Strauß, S. 62. ff. 40 Vgl. z. B. die New statuten im 10. und u. bundtsgnossen. 41 Vgl. das 4· Kapitel der Mülle von Schwyndelsheym: Ein rohen narren fressen. Obwohl dort der Autor nur einen mundt vol vom Narren ißt, kann er ihn nicht wieder los werden und muß ein Narrenleben führen. 42 LÖWENTHAL/GUTERMANN, Agitation und Ohnmacht, S. 32.· 43 Die hier gegebene Interpunktion der Stelle weicht von MERKERS Vorschlag ab; die Passage gibt m. E. so einen besseren Sinn. 44 Hier liegt die Nähe von MuRNERS Polemik zur offiziellen Gegenpropaganda wieder auf der Hand; vgl. das Wormser Edikt (RTA J. R., Bd II), bes. S. 646, wo die Formel ir hende in der priester blut zu waschen vorkommt. Vgl. die Anm. 54 dieses Kapitels, sowie S. 196, Anm. 9, und Anm. 6 und 14 aufS. 2.00 resp. 2.01. 45 KöNNECKER, Narrenidee, S. 2.04, 203. 46 LÖWENTHAL/GuTERMANN, Agitation und Ohnmacht, S. 32. 47 LuTHER zu MuRNER: Dan wiltu nit das schloß vffgeben, I So gilt es dir fürwar dein leben. (LN 3448 f.). 48 Vgl. NB 97, 87ff. 49 z. B. LN 698 ff., 72.4 f., 1518 ff., 2.015, 2864 ff., u. ö. so KöNNECKER, Narrenidee, S. 201. 5 I LöWENTHAL/GuTERMANN, Agitation und Ohnmacht, S. 42. 52 LöwENTHAL!GuTERMANN, a.a.O. 53 u. a. zu der Bemerkung, LuTHER sei ein zornig man und diese Eigenschaft vertrage sich nicht mit der hauptmanschafft: Hitzig köpff vnd gehe dat I Die hören warlieh in kein rat (LN 289off.). 54 Auch diesen Gedanken bezieht MuRNER aus dem Fundus der offiziell approbierten polemischen Argumente. Vgl. das Wormser Edikt (RTA, J. R., Bd II, S. 648): so hat diser [ sc. LuTHER] [ .•.] manieher ketzer aufs höchst verdampter ketzereien, die lange 200 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

zeit verborgen beliben sein, in ein stinkende phützen zusamen versamelt [ ...]. Vgl. die Anm. 44 aufS. 199, sowie Anm. 9 aufS. 196 und Anm. 6 und 14 aufS. 200 resp. 201. 55 SZ 30: Der vnnutz vogel: Der vogel kan nit seyn der best, I Der scheisset in seyn eigen nest (7 f.). 56 MuRNER vernichtet hier seinen Gegner durch die Häufung von Diminutiven: münchlin, stimlin, liedlin, herlin. 57 Vgl. z. B. LN 566, 2687, 2703. 58 Kommentar MERKERS z. St.: •Mertzenkinder: >merzkuh<, >merzschaf<, Tiere, die als zur Zucht untüchtig aus der Herde ausgemerzt und zum Verkauf gestellt werden. [· .. ] Danach hinge die Wortgruppe nicht mit »März«, sondern mit >merzen< zusammen.« - Xhnlich wird die Behandlung der Lutheraner vom Landsknecht Veit vorgedacht: Ich wolt on solt mich an im [LuTHER] rechen, I Die bößwicht helffen alle erstechen. (LN 1765 f.). 59 KöNNECKER, Narrenidee, S. 218. 6o Vgl. die Analysen und Literaturangaben bei KöNNECKER, a.a.O., S. 215 ff. 6r Das ist umso erstaunlicher, als sie selbst diese Mischung als das Entscheidende an der Teufelsgestalt bezeichnet und ihr Kapitel über die Teufelsauffassung im spätmittel• alterlichen Spiel sich nur durch diesen Vergleich mit dem Murnerschen Narrentypus im Zusammenhang des Narrenthemas rechtfertigt (vgl. KöNNECKER, a.a.O., S. 221). 62 KöNNECKER, a.a.O., S. 208. 63 a.a.O., S. 213. 64 a.a.O.,S. 203. 65 a.a.O., S. 216 f. 66 a.a.O., S. 227. 67 a.a.O., S. 218. 68 Der freundliche Richter macht dem Verurteilten die Annahme des Urteils nicht leich­ ter; er vermittelt höchstens allen anderen das Gefühl, es gehe eigentlich ganz zivili­ siert zu. 69 KöNNECKER, Narrenidee, S. 221, leider ohne Quellenhinweise. 70 RTA, ]. R., Bd II, S. 649.

ZuR STRATEGIE DER ÜBERREDUNG

r Der ideologiekritische Ansatz wird etwa in folgender Xußerung LuTHERS sichtbar: Denn solche bischöfe und stifte sind weder bischöfe noch stifte, es sind im grund der warheit weltliche herren mit einem geistlichen namen. Darum sol man sie weltliche herren machen oder die güter den armen erben und freunden und dem gemeinen kastenausteilen (Ordnung des gemeinen kasten, 1523; WA XII, S. 14). 2 lsERLOH, in: Handbuch der Kirchengeschichte, S. 205. 3 Kleine Schriften I, S. 33· 4 Zusammenfassend: lsERLOH, a.a.O., S. 197-216. - Xhnlich wischt LuTHER noch 1523 die gelehrten Argumentationen beiseite: not ist not und hat kein maß (WA XI, s. 408 ff.). 5 Vg. die aufS. 91 f. zitierte Xußerung aus dem Wormser Edikt. 6 Auch hierin ist die offizielle kirchliche Propaganda verbindlich für die Kontrovers­ theologie; das Wormser Edikt berichtet, man habe LuTHER gefragt, ob er die in seinem Namen verbreiteten Bücher geschrieben habe und ob er das, so in solieben büchern wider die hailigen concilien, decret, brauch und gewonhaiten von unsern voreitern bis auf disen taggehalten worden, [ ...] widerrufen wolle. (RTA, ]. R., Bd II, S. 649). - Vgl. die Anm. 9 aufS. 196 sowie die Anmerkungen 44 und 54 aufS. I99· 7 Das ist auch in Murners polemischen Streitschriften gegen die Reformation die Haupt­ richtung der Argumentation. ZuR STRATEGIE DER ÜBERREDUNG 201

8 Einzelheiten 1: Bewußtseins-Industrie, 4· Aufl. - Frankfurt a. M. 1967, S. 172. ff. 9 Sie hatten sogar beides in einen psychologisdJ.en Zusammenhang gebramt, indem sie etwa sagten, daß das prassecisehe Leben die MöndJ.e für die Unterdrü

30 LoRTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. 21 I. 31 KöNNECKER, Narrenidee, S. 206. 32 Die Explikation subjektiv intendierten Verhaltens (Sinnes etc.) bildet die »Innenseite der Ereignisse«, den notwendigen, aber zu überschreitenden Anknüpfungspunkt für historische Erklärungen: »der historische Zusammenhang geht nicht in dem auf, was Menschen wechselseitig intendieren« (HABERMAS, Logik der Sozi:iilwissenschaften, S. 36ff., die ZitateS. 39). 33 KöNNECKER, Narrenidee, S. 205. 34 KöNNECKER, a.a.O. 3 5 LEFEBVRE, Soziologie der Erkenntnis und Ideologie, S. I 34· 36 LN 2422 ff., 2307 ff., 2375 ff. u. ö. 37 »Sicherheit und ruw - das ist das Stichwort, das mit einem Schlage den tiefen Gegen­ satz zwischen der alten, mittelalterlichen und der neuen ,protestantischen Glaubenser­ fahrung aufleuchten läßt.« (KöNNECKER, Narrenidee, S. I99). Vgl. jedoch Anm. 39· 38 Schriften, deutsch, Bd II, S. 4I9. - WA VI, S. 522 f.: quid dubitas, contempta turba ad malum eunte, dare gloriam deo, et ueritatem eius confiteri? - Vgl. auch SCHAPPELER, Verantwortung, S. 355· 39 Sie wenden sich hauptsächlich gegen sinnentleerte Gesetze der Kirche wie grund­ sätzlich gegen gesellschaftliche Zustände, die für die Laien unruw der gewissen mit sich bringen, wie die Formel bei EBERLIN heißt. Vgl. EBERLIN von GüNZBURG, Ausgew. Schriften I, S. I6, 25, 50, 9I u. ö. 40 Am Schluß des Kapitels deseben narren, das von drohender Enteignung durch die Reformation handelt, ruft der große Narr aus: Ach möcht man sie mit beschweren straffen! I So wolt ich baß mit ruwen schlaffen, I Ja ich vnd warlieh iederman. (LN 69off.). -Die Ruhe des machtgeschützten Besitzes gegen die protestantische Ruhe der Gewissen. 4I LN 2281. 42 FREUD hat (Massenpsychologie und Im-analyse, S. 33) festgestellt, daß die ,.künstliche Masse« Kirche (die Gemeinschaft der Gläubigen) durch die Illusion zusammengehalten wird, daß Christus alle Einzelnen mit der gleichen Liebe liebt. Christus ist Vater­ Ersatz. - Psychologisch gesprochen schreckt MuRNER also seine Leser mit der Drohung des Liebesverlusts davon ab, die (unterstellten) Lehren der Lutheraner zu glauben. 43 Vgl. LoRTZ, Geschichte der Reformation in Deutschland, I, S. I2I. 44 Vgl. FROMM, Die Furcht vor der Freiheit, S. 79· 45 Ein vermutlid! stark polemisd! gefärbtes Bild von dieser Willkür vermittelt F. MYco­ NIUS in einem Brief von I546 (!) an PAUL EBER; vgl. Reformation in Augenzeugen­ berichten, S. 45 ff. 46 KöNNECKER, Narrenidee, S. I97· 47 s. u. S. I6o. 48 Als Indiz für die zugrundeliegende Einstellung des Apologeten kann die Perspektive dieser Stelle gelten; Murner sprid!t in der 2. Person Plural: braud!t er als Geistlid!er, Vertreter der Kird!e, die Sakramente nid!t, um glauben und hoffen zu können? 49 Vgl. MERKERS Kommentar zu LN 24I6. 50 Vgl. oben S. Io6. p Vgl. KöNNECKER, Narrenidee, S. 206. - Zu LuTHERS Autoritätsbegriff vgl. MARCUSE, Autorität und Familie, bes. S. 59 ff. 52 Ich besorg Luters lere werd sich bald mit der dadten zeügen I ob sie von got oder dem tüffel sei I dan gottes leren dienet zu friden I vnd einigkeit I vnd des tüffels zu ver­ achtung der oberkeit mit vffruren I dan er syn ein Iust bette in vnserem blut zu baden (MuRNER, Von Doctor Martinus luters leren und predigen, Kleine Sd!riften I, S. I I4 f.) - Wir wissen das der mensch zu vffrierigen hendlen vnnd nüwfündigen sachen allwegen zwei oren darbütet vnd der warheit vnd christlichen friden nit mer dan eins. (MuRNER, Von dem babstenthum, Kleine Sd!riften II, S. 54). Vgl. aud! das Kapitel ZuR STRATEGIE DER ÜBERREDUNG 203

LN 38 und die Polemik MuRNERS gegen den reformatorischen Begriff christlicher Frei­ heit (s.o. S. 96 ff.). 53 Vgl. dazu ScHERRER, Kampfmotiv, S. u6. 54 KöNNECKER, Narrenidee, S. 96. 55 So z. B. über den Widerspruch, daß die hier emphatisch für die gemein reklamierten Banner noch eben (Kap. 32-34) als Aufruhr, Libertinage und Lügen »definiert« worden sind. 56 AuGUSTINUS, Doc. christ. IV, 4·4· Vgl. RoTH, Die mittelalterliche Predigttheorie, S.2If. 57 Doc. christ. IV 4.4· Vgl. RoTH, a.a.O. 58 So schreibt der sogenannte Hassia-Traktat in der Lehre von der pronuntiatio für die Exposition die vox acuta, für die correctio morum eine vox austera und schließlich eine vox benevola in exhortatione vor (zit. CAPLAN, Classical Rhetoric and the Mediaeval Theory of Preaching, S. 86). - über den Traktat, der im ausgehenden I 5. Jahrhundert mehrmals gedruckt wurde, vgl. RoTH, a.a.O., S. I 37 ff. 59 Die Auffassung der Wirklichkeit und der rhetorische Kodex sind eng aneinander ge­ bunden: die Sprache erzwingt in jeder Epoche »einen besonderen Schnitt durch die Welt« (RoLAND BARmEs, Literatur oder Geschidtte. - Frankfurt a. M. I969, S. u). 6o über die Nähe des Murnerschen Stils zur Predigtweise der Mendikanten vgl. LEFFTZ, Volkstümliche Stilelemente, bes. S. I4 f. 61 S. oben, S. 90 f. 62 AuGUSTINUS (Doc. christ. 4,2) rechtfertigt die Rhetorik als Notwehr gegen die (heidnische) Rhetorik der Lügner; der Prediger solle sich jedoch immer bemühen, zuerst weise und dann beredt zu sprechen. - Polemik gegen rhetorisch-kunstvoll aufge­ $chmückte Kanzelreden findet sich fast in allen artes praedicandi. Vgl. dazu LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. 25off. 63 Hierzu bes. H. MAYER, Rhetorik und Propaganda. 64 KöNNECKER, Narrenidee, S. 196. 65 Wiederholung von Redensarten und Vergleichen (vermutlich oft durch Reimwörter motiviert) z. B. LN 672- 1877; 1070- IIOI; n6o f. -1569 f.; 975 f.- I358 f.; 1049- 1331; 1105-1450; 1308-3ss6; 1371-Spruchbandtitel auf dem Bild zu Kapitel sx; 695- 1740. Zusammenfassende Aufzählverse: Kapitel 45 und so. 66 Vgl. die Zusammenfassung der buntgnossen LN 177off. 67 Vgl. Anm. 13 im 4· Kapitel. 68 Vgl. z. B. die Kapitel 4, 7, 14, 27, 41, 42, 53 u. a. der Narrenbschwerung- Zum Formu­ lar der Predigt advulgares LÄMMERT, Reimsprecherkunst, S. 164 ff. 69 Eine derartige Argumentationsform im System der antiken Rhetorik stellt die ratioci­ natio nach dem AueTOR AD HERENNIUM dar, bei der auch der »Schluß« als proposi­ tio vorangestellt ist. GAIER (Studien zu Sebastian Brants Narrenschiff, S. 48) bezeichnet sie daher als ein Mittel nicht der Überzeugung, sondern der Überredung. Diese Form der ratiocinatio kann man auch in MuRNERs Satiren hin und wieder aufweisen. Vgl. z. B. NB 19, 1-no; NB 18 (Motto = propositio); NB 35, 64-130; NB 76, I-66 u. a. 70 Das prothema führt zur Wiederholung des Themas, bezieht sich oft auf den Prediger und/oder seine Hörer; es soll auch einen ersten Beleg für das Thema geben (RoTH, Die mittelalterliche Predigttheorie, S. Soff. nach der Ars praedicandi des ]EAN DE GALLES). - Diese Hauptbedingungen erfüllen die Verse 4-8 der Verteidigungsrede. 71 Ein .i\quivalent zum Anruf Gottes, wie ihn die artes praedicandi am Eingang der Predigt vorsdrreiben? 72 Zur übersieht über die modi dilatandi vgl. Rom, Die mittelalterliche Predigttheorie, S. 49 ff. (GuiLLAUME D' AuvERGNE), 71 ff. (BONAVENTURA-Traktat), 95 ff. (JAcosus DE FusiGNA) und 171 ff. (SuRGANT). - Den modus per causas et e/fectus beschreibt Guillaume d'Auvergne (Rom, a.a.O., S. so): lncoepisti loqui de aliquo peccato mortali. Adverte exitum sive finem ipsius peccati si opera compleatur et vide quid 204 ANMERKUNGEN UND EXKURSE

unde sequatur. Das ist die Denkstruktur, die der Familien-Farce am Sdtluß des LN zugrunde liegt. 73 SuRGANT: Praedicator tenetur facere ea quae praedicat (RoTH, Die mittelalterlidte Predigttheorie, S. 157). Vgl. LÄMMERT, Reimspredterkunst, S. 257ff. 14 Man vergleidte V. 35 mit 42, 38 mit 46; das heut in V. 44 kann man als Assoziation zu V. 36 auffassen und die Sdtlußzeile greift, das Ganze noch einmal zusammen­ fassend, die empörende Zumutung der Lutheraner auf, Gott habe die Gemeinde in Stich gelassen. 75 Das Glaubensbekenntnis des Autors ist ein »Mythos« im Sinne der semiologisdten Theorie BARTHES', eine gestohlene und zurückgegebene Aussage: »Nur ist die Aussage nidtt mehr ganz dieselbe, die man entwendet hat.« Die Analogie zwisdten MuRNERS Glaubensbekenntnis und dem des Lesers erscheint als Identität; dabei ist Murners reales Verhältnis zur Autorität durchaus nidtt mit der völligen Identifizierung verein­ bar, die der LN erreichen will; ebensowenig ist die reale Lage der Leser des LN mit der des Autors vergleidtbar (RoLAND BARTHES, Mythen des Alltags. - Frankfurt a. M. 1964, bes. S. 107 f.). 76 Abgedrmkt: CLEMEN, Flugschriften II, S. 339-413. 77 KoLODZIEJ, Die deutschen Flugschriften, S. 23. 78 In einem Brief an die Wittenberger Augustiner aus dem Jahre r 52 I; zit. BEZOLD, Ge- schichte der deutschen Reformation, S. 366. 79 Nadt LuTHER, Grund und Ursach aller Artikel, I521 (WA VII, 317). So Vgl. das Wormser Edikt, RTA, J. R., II, S. 655. 8I De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium, 1520 (WA VI, S. p6). 82 LN 745-747· 83 Auff das vbirchristlich, vbirgeystlich vnd vbirkunstlich buch Bocks Emßers zu Leypzick Antwort. Darynn auch Murnarrs seynß geselln gedacht wird. (Luther und Emser, hrsg. ENDERS, II, S. I I 8 f.) - Ganz ähnlidt W A VI, S. 304. 84 In: Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig. Ipo (WA VI, S. 316). 85 Vgl. z. B. 20 (Autoritätsverlust durch Mißbrauch von Bann und Eid); NB 33 (kirch­ liche Ausbeutung); NB 35 (Verschleuderung von Kirchengut); NB 42 (Bestechlichkeit der Geistlichen und Simonie); NB 53 (Vergabe von Pfründen an Unfähige, Pfrün• denhäufung); NB 54 (Ausbeutung der residierenden Stellvertreter); SZ 44 (Herrschaft­ liches Leben der Prälaten und Äbte). 86 Zum Begriff Verdinglichung vgl. bes. LuKAcs, Geschichte und Klassenbewußtsein, und: KosrK, Dialektik des Konkreten. 87 So ist die Verdinglichung im Mittelalter ihrer Struktur und Relevanz nach sehr ver­ schieden von der in der kapitalistischen Gesellschaft, deren Vorform sie ist. Vgl. LuKAcs, Gesdtichte und Klassenbewußtsein, bes. S. 94ff. 88 Vgl. die im Abschnitt 5.12 erörterte Kritik der Fastengebote im zweiten buntgnossen. 89 So argumentiert MuRNER NB 33, 95 ff.- LN 2218 ff. legt er den Sdtluß nahe, da Gott Berg und Tal gesdtaffen habe, müsse es audt Unterschiede zwischen den Mensdten geben. 90 Die mittelalterlidte Exegese mit ihren versdtiedenen Auslegungsebenen - sensus litteralis, allegoricus, tropologicus und anagogicus - stellte diese Unsdtärfe kritisdt in Redtnung und sudtte ihr zu begegnen. 9I Doc. christ. 3,5; zit. RoTH, Die mittelalterliche Predigttheorie, S. I9· LITERATURVERZEICHNIS

I. TEXTE

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2.. DARSTELLUNGEN

Das Verzeidmis führt die abgekürzt zitierten Texte und Forschungsarbeiten auf; nur bei­ läufig erwähnte Quellen und Darstellungen werden am Anmerkungsort vollständig zitiert. Für die hier nicht verzeichnete Literatur über Thomas Mumer verweise ich auf ScHOTTEN­ LOHER, 2.. Aufl., Bd II, 1956, S. 75-SI und Bd VII, 1966, S. 176.

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Zawart, Anscar: The History of Franciscan Preadiing and of Franciscan Preadiers (1209- 1927), a Bio- Bibliographical Study.- New York 1928. NAMEN- UND STICHWORTVERZEICHNIS

Das Verzeichnis führt alle Namen und die wichtigsten Stichwörter auf. Bei häufiger vor­ kommenden Stichwörtern sind hier nur die widttigsten Erwähnungen verzeichnet. Werke, deren Autoren unbekannt sind, werden mit dem Titel zitiert. Wo ein Werk im Text ohne Angabe des Verfassers genannt wird, erscheint es hier unter dessen Namen. Anmerkungen werden mit der Seite zitiert, auf der sie beginnen. Abwehrreaktion 6, 70, 72., I9I A. 83 und 85 I89 A. 2.5, I9I A. 79· I92. A. 6, I93 A. 30, Adorno I78 A. 64, I8I A. I04, I82. A. 2.I, I95 A. 48, I98 A. zi I88 A. 3 und I9 Brown I7I A. 4 und 5, I76 A. 52., I77 A. p, Agitation 9I, I92. A. 4 I77 A. 62., I8o A. 93, I95 A. I, I96 A. 2., Alanus ab lnsulis I75 A. 44 I98 A. 30, zoi A. zi. Aleander 39, 9I Bürgertum 4, 96, I30 Alexander von Hales I85 A. 56 Bulle ,Exsurge domine' (Ipo) 7I, I86 A. 69 Allport I9I A. 77 Bulle ,Summis desiderantes affectibus' (I484} Andreas I79 A. 78 I88 A. I6 Antichrist 67, I77 A. 2.7 Bundschuh II4 Arbeitsteilung, gesellschaftliche I75 A. 42. Burke I92. A. 84, I95 A. 4I und I Arkanpraxis, Arkanum 9, I3 Caplan 2.03 A. 58 Auetor ad Herennium 2.03 A. 69 Catiuncula, Claudius I85 A. 50 Augustinus 35, 36, Ip, I66, I84 A. 46, I86 Centgraf I73 A. 2.6 A. 73, 2.03 A. 56 und 6z ,Clag und bitt der deutschen Nation' 2.01 Autorität 2.6, 2.8, I7I A. 8, I78 A. 63, I79 A.9 A.74 Clemen 174 A. 2.4, zoi A. u, 2.04 A. 75 Barthes I90 A. 56, 2.03 A. 59, 2.04 A. 75 Cochläus, fohannes I74 A. 2.7, I82. A. 30 Bauern 2.6, 96, 98, I3I corpus ecclesiae mysticum 62. Bauernkrieg 4, 96 Cruel I75 A. 44 Baum, A. I77 A. 56, I83 A. 36, I97 A. II Curtius !84 A. 42. Bax I70 A. r und 3 Dämonentraktate I89 A. 2.3 Bechtel I69 A. II Dankert I8z A. zi, I84 A. 45 Berger I9I A. 78, I93 A. I7, I95 A. 55 Demagogie 93, I8o, A. 93, I96 A. I Berthold von Chiemsee I9I A. 62. Denifle I74 A. 2.7, I96 A. 2. Berthold von Regensburg I72. A. I3, I84 A. ,Ein schöner Dialogus Cuntz und Fritz' I9I 45 A.78 Besessenheit s. Exorzismus Didaxe, mittelalterlidte I3, 38, I75 A. 34 Betrugsmotiv 92., I09 Doob 3, 176 A. p, I77 A. 62., I95 A. I, I96 Bettelorden 93, II7, IJ3, I99 A. 36 A. IO, I98 A. 2.7 Bewußtsein ,falsches' 6, 2.2., 73, I70 A. 2.2. Duns Scotus, Johannes I97 A. r8 Bezold I79 A. 78, I99 A. 33 Eber, Paulzoz A.45 Bizer I99 A. 39 Eber/in vonGünzburg, fohann 57,69,70,88, Blochwitz I73 A. 2.5, I76 A. so, I9I A. 62. 94, 97, 99-I06, I08, 12.4, I33· I6o, I73 A. Blumenberg I69 A. IO, I7I A. 5, I72. A. I6 z6, I74 A. 32., I75 A. 44, I8o A. 9I, I97 und I8, I76 A. 45 und 47, I79 A. 86, I8o A. I7-I9, I98 A. zo-2.3, I99 A. 36 und A. 89, I89 A. 2.4, zoi A. I8 40, zoz A. 39 Bodin, Jean I89 A. 2.3 Eck, Johannes I83 A. 39, I9I A. 78 Boeckh I86 A. 63, I87 A. 4 Egoismus 2.4, 66f., I3I Böckmann 176 A. 51 Eheberg 178 A. 67 Bonaventura I85 A. 56 Eiert I70 A. I und 2., I79 A. 75 ,Bonaventura-Traktat' 2.03 A. 72. Emser, Hieronymus 68, I90 A. 42. Bornkamm I76 A. 48 Enders I 97 A. 12. Bott I6, 176 A. p, I8o A. 93, I95 A. I Engels 8, 12., I69 A. II, I96 A. II Brant, Sebastian I8, 38, 54, 55, 68, 75, 84 f., Enzensberger I34 NAMEN- UND STICHWORTVERZEICHNIS 213

,Epistolae obscurorum virorum' 35, 43, r82 Haecker 3I A. 2o, I95 A. 54 Hagen I89 A. 29 Erasmus von Rotterdam 35, 98, r8o A. 88, Haller, Berchtold 174 A. 27 192 A. 9· I97 A. IO, 198 A. 21 Hansen I88 A. r6 Erikson 23, 79, 170 A. 17, 179 A. 76, 79, 82, ,Hassia-Traktat' 203 A. 58 86 und 87, r8o A. 91, r8r A. 98 und 99, Heberle 178 A. 64 I96 A. 2 Hefele I77 A. 6r Erler r 8 5A. 50, 5I und 57 Hehle r82 A. 29 Erwartungshorizont 3, r6 ff., r69 A. ro Heilbronner Programm I78 A. 69 Eulenspiegel 35, 77, r87 A. 13 Heimbucher I83 A. 36 exhortatio r p-r 53 Heine, Heinrich 36, I92 A. 4 Exorzismus, Besessenheit, Narrenbeschwö• Beinemann I 7 I A. II rung 50, p, 53, 56, 6r, 71, r88 A. 15, r89 Heinrich VIII von England I83 A. 39 A. 30 Heinrich, K. I92 A. Ir Faber, ]ohann 172 A. 17 Heinrich von Langenstein I7I A. I3 Fastnachtspiel 29, Sr, 174 A. 29, 177 A. 54 Heinrich der Teichner IJ5 A. 35, I95 A. 47 Fausel 172 A. 14 ,De quattuor heresiarchis' I90 A. 39 Feilitsch, Phitipp von 192 A. 7 Hexenverfolgung 53 fides implicita 9, 13, 44, 172 A. r6 Hieronymus von Dungersheim I7I A. I3 Fischer 177 A. 54 Hitler I8o A. 93, I95 A. r, 196 A. 6 Flöge!, Kar! Friedrich r 87 A. 3 Hofstätter I9I A. 83 Flugschriften 173 A. 25. r83 A. 39 Holborn I8o A. 89 Franz von Assisi 37 Holl IO, 173 A. 23 Franziskanerorden 36, 37, r 8 3 A. 36, r 86 Horkheimer 2, I3, I69 A. r und 5, I70 A. A. 62, r87 A. 2 I8, 171 A.8, I8o A.89, I8I A.Ioo, r82 Freud, A. 191 A. 83 A. 21, I88 A. 3 und 19, I96 A. 2, 198 Freud, S. 202 A. 42 A.27 Friedrich von Sachsen 192 A. 7 Humanismus 5, I8o A. 89, I82 A. 30 Fromm 21, 26, I78 A. 63 und 67, 179 A. Humbertus de Romanis IJI A. I3 79-81 und 83-85, r8o A. 90, 92 und 93, Hutten, Ulrich von 84, 96, 98, IJ2 A. I7, r8r A. 94, 95, 97, IOI und 103, 202 A. 44 I9I A. 73· I95 A. 42, I98 A. 2I Fuchs 177 A. 54, 193 A. 17 Identifizierung 72, I 2 9 Gadamer IJI A. ro Identität 5 f., 23-25, 27, I8r A. 99 Gaier I29, r 89 A. 24, 193 A. 30, 203 A. 69 Ideologie r, 13, I5, 54, I3I, I39• I69, IJO Geiler von Kaisersberg, ]ohann p, 49, 171 A. 22 und 23, 201 A. 19 A. 13, 175 A. 44, 195 A. 46 Ideologiekritik r6 5, 200 A. r Gengenbach, Pamphilus 197 A. 5 Innozenz VIII r88 A. I6 Gerbe!, Nikolaus 34 f., 4 3, 55, 62, I 8 3 A. 32, lnstitoris, Heinrich 53, r88 A. r6 r86 A. 59, r89 A. 28 und 29, 194 A. 32 Iserloh 200 A. 2 und 4 Gerson, ]ohannes 195 A. 46 ]acobus de Fusigna 203 A. 72 Gervinus 32, r82 A. 22, 187 A. 4 Janssen r82 A. 30, r88 A. 15 Giesz r 87 A. 8 Jauss I69 A. 7-ro, I89 A. 24 Goedeke r82 A. 14, r86 A. 67 ]ean de Galtes 203 A. 70 Grabmann I96 A. 68 Jean Paul I93 A. 29 Groethuysen 176 A. 46 ]echt I78 A. 67 Grüninger, Johann Ill A. 6o Jedin 132 Gruenter 29, 46, I87 A. I ]ohann von Sachsen I72 A. I4 Guido de Colonna I90 A. 40 Karikatur 87 Guillaume d'Auvergne 203 A. 72 Karl V I98 A. 2I und 22 Gutermann I9I A. 75, I95 A. I, I96 A. J, Karlstadt, Andreas 69, 198 A. 2I I98 A. 30, I99 A. 42, 46, 51 und 52 Karsthans (im LN) 42, 77, 126, 127 Habermas 8, I7I A. 6, 7, 9, IO und 12, I73 Kaser r 99 A. 33 A. 22, I75 A. 39, I86 A. 6I, I93 A. 21, Ketzerprozeß 53 I96 A. 2 und 4, 202 A. 32 Klassenbewußtsein 4, 22 Hadrian VI I98 A. 22 Knobloch, ]ohannes 190 A. 40 214 NAMEN- UND STICHWORTVERZEICHNIS

Knoll I79 A. 75 Löwenthai I87 A. 7, I9I A. I, 196 A. 7, I98 Könnecker 54, 6o, 62, 82, 12I, 128 f., I39, A. 26, I99 A. 42, 46 und 5 r f. I42, I46, I69 A. I5, I79 A. 78 und 86, I86 Lukics I79 A. 70, 204 A. 86 f. A. 6o, I87 A. 5, I88 A. 7, 12, I8, 20 und Luther, Martin 7f., 10f., I6, 23, 26f., 35, 2I, I89 A. 25 und 26, I90 A. 39, 43, 45, 39, 42, 47, 55, 57f., 62, 67-69, 79, 8of., 50 und 57, 19I A. 69 und 8I, I92 A. 2, 84, 91, 93, 96, 99, 112, I24, IJOf., I42, I93 A. 22 und 27, I94 A. 34, I95 A. 36 144-I47, 16o, I62 f., I72 A. I7 und 2I, und 49, I97 A. 4, I98 A. 25, I99 A. 32, 173 A. 26, 174 A. 27, I79 A. 74, I8o A. 38, 45 und 50, 200 A. 59, 6o-62 und 69, 92 f., I8I A. 96, 99 und 8 f., I82 A. 20, 20I, A.2o, 22f. und 25,202 A.JI, 33f., I83 A. 39, I84 A. 45, I86 A. 69, I87 A. 14, 37, 46 und p, 203 A. 54 und 64 I89 A. 27 und 36, I9I A. 78, 197 A. 4 Kofler I69 A. II, I89 A. 35, I99 A. 36, 20I und 13, 198 A. 2I und 25, 199 A. 31, 37, A.27 47 und 53 f., 200 A. 58, I und 4, 20I Kalb, Franz I74 A. 27 A. I4, 202 A. 5 I, 204 A. 79 Kolodziej 173 A. 25, 201 A. 1o, 204 A. Maaler 31 77 Machiavelli, Niecola 9I Kontroverstheologie, a!tgläubige Gegenpro- Maerendichtung I77 A. 54 paganda IO, I7, 39, IJ2f., IJ8, I58, I99 Mann, Thomas 36 A. 44, 2oo A. 6 Manuel, Niklas So Kortzfleisch I 73 A. 26 Marcolf 187 A. 13 Kosik I89 A. 24, 204 A. 86 Marcuse 179 A. 74 Krise, Krisenbewußtsein 5, I76 A. p, 187 Markward von Stein 195 A. 46 A. I4 Marx 2, I69 A. 13, I75 A. 42, 196 A. I I, Kunst und Massenkultur 48 f. 2oi A. I9 Lämmert 170 A. I6, I75 A. 34 f., 37, 40 f. Mayer 192 A. 4, I95 A. I, 203 A. 63 und 44, I76 A. 47, I82 A. I9, I90 A. p, Meder, fohannes I75 A. 44 I93 A. I5, I95 A. 47, I98 A. 24, 202 A. Mehring r8o A. 89 62 und 68, 204 A. 73· Melanchthon, Phitipp I72 A. 2I Landmann I75 A. 44, I86 A. 58 Mencke, J. B. I82 A. 17 Laterankonzil 160 Merker 58, 174 A. JI, 177 A. 6o, r8r A. Lau I99 A. 39 I-3 und 5, I82 A. 29, I83 A. 37 und 39, Lausberg 195 A. 54 185 A. 47, 188 A. 9, 189 A. 33-36, 190 Lazarowicz I 8 2A. I 2 und I 7 f. A. 44, 19I A. 73 und 82, 192 A. 8, I93 A. Lefebvre I69 A. 3, 202 A. 35 14 und 25, I94 A. 32, I95 A. 54, I97 A. Lefftz I75 A. 44, I77 A. 54, I87 A. I, I90 14, I98 A. 22, I99 A. 43, 200 A. 58, 202 A. 37, 193 A. I5, I94 A. 3I, 203 A. 6o A.49 Leist!e I 88 A. I 3 f. Mittelschichten I 9 f., 26, I 30 Lenk, K. I70 A. 23 modi dilatandi 203 A. 72 Lenk, W. I72 A. I6, I74 A. 3 I, 176 A. 48 f., Molitor, Ulrich I89 A. 23 I83 A. 38 Montaigne, Michel 48, 187 A. 9 lex naturae 38, 9I Morus, Thomas 9I Liebenau 32, I 82 A. I 3f. und 28 f., I 84 A. Mottek 21, I69 A. u, 178 A. 65 f. 45, I85 A. 48-p und 53 f., I92 A. 7, I93 Müller, G. 29, 174 A. 28, 175 A. 33, 18I A. A. 23, 2oi A. I6 6, 194 A. 32 Lieber 20I A. I9 Müller, M. 196 A. I Liede 188 A. I5 Murner, Thomas Liescow, Christian Ludwig 182 A. I8 Dichterkrönung I84 A. 4I Literatur, spätmittelalterliche 7, 12, 49, 77• Murnerforschung 6, I70 A. 25, I99 A. 52 I76 A. 47 Narrenbegriff, Narrentypus p-56, 68, Locher, Jakob 37 128 f., 142, 179 A. 86, 2oo A. 6I Lorenz I75 A. 4 Realismus 54, I30, I89 A. 24 Lortz 23, IJ2, I70 A. I,I72 A. 15, 17 und Satiren I77 A. 53 I9, 175 A. 43, I79 A. 78, 182 A. 20, I86 Streitschriften gegen die Reformation 183 A. 63 und 65 f., 190 A. p, I9I A. 66, 199 A. 39 A. 35, 202 1\. 30 und 43 Juristische Schriften I 85 A. 57 NAMEN- UND STICHWORTVERZEICHNIS 215

Werke im einzelnen: Antwurt und klag Pascal, Blaise 48 18I A. 2 - Von dem babstenthum 72, ,Ain schöner newer Passion' 84, I95 A. 43 202 A. 52 - Ein andechtig geistliche Ba­ Passionsspiel 128 den/art 183 A. 33 - Chartiludium Insti­ Paulus I72 A. I4 f. und 2I, I74 A. 27, I84 tute summarie 37, 185 A. 53 - Defensio A.45 Germaniae 33- Defensio und Protestation Perspektive, Perspektivelosigkeit I2 f., I5 f., I92 A. 8, I98 A. 29 - ermanung 79 - 84 f., Ip geuchmat 29, 46, 49, 87, 91, I77 A. 54, petitio principii I6I, I88 A. 2I I83 A. 36, I84 A. 44, I91 A. 63 - der Peuckert I74 A. 27, q6 A. 52, I88 A. I7, keiserlichen stat rechten ein ingang 3 8, I99 A. 33 I 8 3 A. 34, I 8 5 A. 53 - honestorum poe­ Plebejer 26, 96, I 3 I matum condigna Iaudatio I84 A. 45 - Popularisierung 12 f., 44, I85 A. 47 und 50 Von Doctor Martinus luters leren und Pragmatismus, spätmittelalterlicher I3, I76 predigen 202 A. 52 - Ain new Lied A.47 von dem undergang 39, 7I, I95 A. 42, Predigt 2, 7, I2-I4, 49, 77, 86, 90, 92 f., 201 A. I6 - Mendatia lutheri 59 - Die I30, Ip, I 55, I69 A. 6, I75 A. 4I und 44, Mülle von Schyndetßheym I8z A. I I, I9I I92 A. 9 A. 63, I99 A. 4I- Narrenbeschwerung 29, Predigtlehre, ars praedicandi IJ, I5, 9I, I05, J2, 44, 46 f., 52. 54· 56, 63, 66, 72, 75 f., I5o-I52, I 55 f., I84 A. 45, I86 A. 45, I86 87, I03, I22, I3I, I42, 179 A. 86, I8o A, A. 69, 203 A. 68 88, I83 A. 35, I86 A. 72, I87 A. 6, I89 Preuss I9I A. 67 A. 25 und 30, I9I A. 63 und 69, I92 A. I Projektion 72, 92, 129, I43, q6 A. 52, I96 und 6, I97 A. I5, I99 A. 48, 203 A. 68 f., A. IO 204 A. 89 - Oratio ad capitulum Solodo­ Promies I87 A. 3 rense I90 A. 39 und 4I - Purgatio vulga­ Propaganda 4 f., I6 f., 20, 28, 44, 90 f., 93, ris I7J A. 24 - Re/ormatio poetarum 37, I 50, I77 A. 62, I 8o A. 93 I84 A. 46, I85 A. 54 f., I86 A. 62- Schel­ Publikum, Publikumswirksamkeit 3 f., 11, men zunfft 8I, I26, I82 A. 24, I84 A. 44, I5-I~ 3~44· 5~ I25, I3I, I77A·54 I85 A. 50 und 52, I9I A. 63- Des alten Questio quodlibetica I92 A. 9 christlichen Bären Testament I74 A. 27 - Rede (in der Massenversammlung) 2, 8, I So Utriusque iuris tituli 37 - Tractatulus pe­ A.93 rutilis de phitonico contractu I89 A. 23 Reformation 2 f., 8, 38, qo A. 3, I So A. 89 Mutianus Rufus, Konrad I82 A. 30 ,Reformatio Sigismundi' 178 A. 69 Myconius, Friedrich 202 A. 45 Reich, W. I69 A. 12, I8I A. 94 Mythos 50 Reichsgewalt 99 narratio I 51 Reichsstädte I42 Narrenbeschwörung s. Exorzismus Reimrede, lehrhafte 74, 90, I 55• I74 A. 29, Narrenliteratur 49, I74 A. 29 I75 A. 34 Narrentanz I93 A. 30 Reuchlin, Johannes I83 A. 37 Nestroy, Johann Nepomuk 36 Revolution, frühbürgerliche 2, 4, 8, I69 Newald I70 A.25, I8I A.4, I82 A. I5 und A. II 22, I95 A. 52 Rhegius, Urbanus I83 A. 3I, I85 A. 54 Nikolaus von Lyra Io, I85 A. 56, I97 A. I8 Riederer I85 A. 50 Nider, Johannes I89 A. 23 Riess I92 A. 6 Nigellus Wirecker I95 A. 46 Rieker I 73 A. 2 3 Northcott I87 A. I3 Ritterroman, spätmittelalterlicher I77 A. 54 Oediger I 7I A. I 3 ,Rituale Romanum' I88 A. 14 Öffentlichkeit, öffentliche Meinung 3, 7-9, Roche 195 A. I II, I70 A. I, I7I A. 5, I73 A. 26, I75 Rodewyk I88 A. 14f. A. 39 Röhrich I83 A. 36, I92 A. 8 Opitz, Martin 32 Rogge 172 A. I4, I99 A. 39 Origines 83 Rollenkonflikt 6, 29, 32, 185 A. 56 Osterspiel 12 8 Roth 185 A. 54, 198 A. 24, 203 A. 56-58, 70 Osterspiel, Redentiner I98 A. 25, I99 A. 38 und 72, 204 A. 73 und 91 Parodie, agitatorische 50, 87, I 88 A. I 5 Rüschemeyer 188 A. II 216 NAMEN- UND STICHWORTVERZEICHNIS

Sachs, Hans 55, 62, r89 A. 28, 197 A. 14 Surgant, ]ohann Ulrich r p, 198 A. 24, 203 Sakramente 131, 146f. A. 72, 214 A. 73 Satire 29, 30, 35, I87 A. I4 Sylvius, Petrus 174 A. 27 Schade r82 A. II und 24, I83 A. 31 und 39, Taylor r69 A. 6 191 A. 79, I95 A. 42 2oi A. 9 Teufel 68, 128 f. Schappe/er, Christoph I 36, I 57, r 5 8-I6I, ,Des Teufels Netz' 49 202 A. 38 Theologie, lutherische 5, 22, 26, I45- katho- Schatzgeyer, Kaspar I72 A. I6, I74 A. 27, lische 142 I84 A. 45 Thomas von Aquin 146, I 59, 197 A. r8 Seheihle I 86 A. 64 Thomas Waleys r84 A. 45 Scherer I75 A. 44 Thraede I88 A. 2 Scherrer 79, I86 A. 62, I89 A. p, I90 A. 39 Tillich I88 A. I, 3 und IO und 4I, I9I A. 7I, I92 A. 85, I93 A. I6 Tönnies I78 A. 64 und I9 f., I94 A. 35, 203 A. 53 Traktat 12, I74 A. 29 Schnädelbach I70 A. 22, I98 A. 28 Tridentinum I42 Schoenbaum 7 Troeltsch I 77 A. 55 Schott, Martin I90 A. 40 Troja-Sage 59, I90 A. 39 Schutte I82 A. 23, I9I A. 64 Uhland, Ludwig p, I 86 A. 64 Schwank 29, I74 A. 29, I77 A. 54 ,Ulenspiegel' I83 A. 3I Sengle I 84 A. 4 3 Vadian, ]oachim So, I72 A. I6, r82 A. 26, Sickingen, Franz von 98 I83 A. 38, I85 A. 56 Sieher I85 A. 47 und 49 Verdinglichung 94, I29, 157, I6I-r66, 204 Skarbek, Frederic I75 A. 42 A. 86f. Smirin 3, I69 A. I I und I4, I78 A. 69 Vergil 3 5, 59 Spanier 76 Verschwörungstheorie 93 Speemann I 86 A. 64 Vogler, Thomas 34, I 84 A. 4 5 Sprenger, Jakob I88 A. I6 Voß I8I A. 2 ,Ain schener spruch von dem bösen miß- Warning I87 A. 12 A. 79 prauch' I9I Weber 24, 177 A. 55, I78 A. 64, I99 A. 36 Spruchdichtung I75 A. 29 Weinrich I88 A. 6 Stackmann 175 A. 34 Werner, E. I69 A. I I, 178 A. 65 und 69 A. I6 Stadelmann 172 Werner, K. r86 A. 67 Ständeideologie, Ständedidaxe 5, 24, 27, I72 Wieland, Christoph Martin 36 A. I6, 175 A. 37 Wilhelm von Occam Io, I 59, I85 A. 56 Stammler I92 A. 5 Wimpfeling, Jakob 33 Stein, Wolfgang I72 A. I4 Winckler I95 A. I Steinmetz I69 A. II, I78 A. 65 und 69 Wittenwiler 49 Stifel, Michael 29, 57, 62, 69, 174 A. 27, I83 Wormser Edikt 9I, I3o, I86 A. 69, I96 A. 9, A. 39> I84 A. 40 I99 A. 44 und 54, 200 A. 5 f., 20I A. 14, Stinzing I85 A. so 202 A. 29, 204 A. 8o Stopp 174 A. 30 und p, 182 A. I6, 187 A. Young I77 A. 62 I4, 188 A. 5, I9I A. 72, 193 A. 27 A. 8, I92 A. 9 Ston:k, Henri I75 A. 42 Zarncke I88 Strauß, Jakob 172 A. 14 Zasius, Ulrich 36 f., I 84 A. 48 ,Lutherisch Strebkatz' 3I, I83 A. 39 Zawart I75 A. 4I Stumpf, Johann 201 A. I3 Zensur I83 A. 36 Sündenbock 50 f., 69 f., 92, 129 ,Zwölf Artikel' 178 A. 69