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Das Magazin der Credit Suisse Nummer 2 Mai 2006

Gesundheit Geschlecht Kleiner Unterschied hat Nebenwirkungen Gesundheitswesen Teuer, aber ineffi zient

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12284_220x297_Bulletin_liq_d.ind1 1 28.4.2006 14:24:55 Uhr Editorial 03

Schokolade ist gesund. Termingerecht zu Ostern ging diese Meldung durch die Medien. Also ran an die Hasen? Keineswegs. Nur schwarze Schokolade mit entsprechend hohem Kakaogehalt soll genügend gefäss- schützende Stoffe enthalten, um das Etikett «gesundheitsfördernd» zu verdienen. 100 Gramm dürften etwa gleich viel dieser Flavonoide enthalten wie sechs Äpfel. Zum Glück habe ich lieber Äpfel als Schokolade. Einer hat trotzdem profitiert: mein weisser Schoggiosterhase. Er ist heuer mit dem Leben davongekommen.

Sechs Äpfel – damit hätte ich spielend die Regel «Fünfmal täglich» erfüllt. Fünfmal täglich Früchte und Gemüse zu essen, kann ganz schön anstrengend sein. Früher reichte noch ein einziger Apfel, um den Gang zum Arzt zu vermeiden, zumindest im englischen Sprichwort «An apple a day keeps the doctor away». Heute gibt die Ernährungspyramide den Ton an. Mein Freund Istvan hat zwar schon von der mediterranen Diät gehört, würde seine Gefässe statt mit Olivenöl, Fisch und viel Gemüse aber am liebsten mit Schokolade schützen. Nasche ich gerne mal ein Pralinchen, verputzt er gleich eine ganze Packung. Meine ungläubigen Blicke pariert er mit einem Strahlen: «Ich habe eben ein entspanntes Verhältnis zu meiner Gier.» An Orthorexie, der krankhaften Fixierung auf gesunde Ernährung, wird der Gute zum Glück nie leiden.

«Ich bin glücklich, weil das gut ist für die Gesundheit», hat Voltaire gesagt. Glück ist für jeden etwas anderes. Was aber ist Gesundheit? Die Welt- gesundheitsorganisation WHO definiert: «Gesundheit ist ein Zustand voll kommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.» Wenn ich das lese, fühle ich mich unzulänglich, um nicht zu sagen: krank. Nietzsche überzeugt mich da schon eher: «Gesundheit ist dasjenige Mass an Krankheit, das es mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen.» Eine Frage beschäftigt mich derzeit wesentlich. Der Schweizer Gesundheitsökonom Gerhard Kocher unterteilt die Menschen in vier Kategorien: gesunde Gesunde, kranke Gesunde, gesunde Kranke und kranke Kranke. Was bin ich? Ich schwanke zwischen gesunde Kranke und kranke Gesunde. Und Sie? Ruth Hafen, Redaktorin Bulletin Foto: Cédric Widmer slowUp ist ein gemeinsames Projekt von Gesundheitsförderung Schweiz, Veloland Schweiz und Schweiz Tourismus.

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Äpfel essen ist gesund, zumindest hat bisher keine Studie das Gegenteil bewiesen. 100 Gramm essbarer Anteil enthalten laut der Schweizer Nährwerttabelle: Wasser (85 g), Zucker (11,6 g), Vitamin C (5 mg), Fett (0,3 g), Cholesterin (0 mg). Entgegen anders lautenden Informationen ist der Verzehr dieses Energie- spenders (51 kcal) auch keine Sünde.

Gesundheit 06 Geschlechterfrage Wenn Klischees die Gesundheit gefährden 12 Kostenpunkt Das Schweizer Gesundheitswesen ist teuer, aber ineffi zient 16 Webdoktor Warum den Doktor konsultieren, das Internet liegt doch so nah 18 Lebenslust Arzt und Theologe Manfred Lütz liest Gesundheitsfanatikern die Leviten 22 Kunst Was, wenn van Gogh sich bester Gesundheit erfreut hätte?

Credit Suisse Business 27 Wissenswert Aus dem ABC der Finanzwelt 28 Kurz & bündig Business-News aus dem In- und Ausland 30 Credit Suisse Asia Pacifi c CEO Paul Calello über Aufsteiger und Spitzenreiter 32 150 Jahre Credit Suisse Jubiläumsfeiern in Zürich, Genf und Dubai 33 Fernost Hochkarätiges an der Asian Investment Conference

Credit Suisse Engagement 34 Fussball Wo die Weltmeister von 2010 auf Leistung getrimmt werden 38 Ausgezeichnete Talente 25 Jahre Nachwuchsförderung 39 Fussball-WM Die Credit Suisse lanciert das Giant Fan Picture 40 Hongkong England tritt beim Rugby ein Leder-Ei zum Sieg 42 Salzburg Die Salzburger Festspiele feiern mit «Mozart 22» 45 St. Gallen Carl Orffs «Carmina Burana» auf dem Klosterhof 46 Südafrika Schweizer Firmen unterstützen Projekte gegen Jugendarbeitslosigkeit 47 Kultur in Kürze Musikalische Glanzlichter bei Sonnenuntergang Research Monthly > Das Heft im Heft: Finanzbeilage zum Herausnehmen

Wirtschaft 48 Kosmetik Kosmetische Chirurgie ist in – das Zauberwort heisst minimal invasiv 52 Europa Wo soll die EU ihre Grenzen setzen? 55 Bondmarkt Fremdfi nanzierte Firmenübernahmen bergen Risiken für Anleger 58 Exportwirtschaft Die Schweiz muss mit Qualität punkten 61 Nach-Lese Buchtipps für Wirtschaftsleute

Leader 62 Bert Rürup Der Vorsitzende des «Rats der Weisen» gibt Kanzlerin Merkel gute Noten

Auf einen Klick 66 @propos Im Internet auf Ahnensuche 66 emagazine Grosses Online-Forum zum Thema Hedge Funds Impressum 61 So fi nden Sie uns

Foto: www.coproduktion.ch Ihr Link zu unserem Know-how www.credit-suisse.com/emagazine 06 Gesundheit Geschlechterfrage XX

XYCredit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Geschlechterfrage 07

Geht es um die Gesundheit, sind die Differenzen zwischen den Geschlechtern vielleicht noch grösser als auf anderen Ebenen. Doch hier hat der kleine Unterschied Risiken und Nebenwirkungen.

Text: Ruth Hafen

«Männer haben Muskeln | Männer sind furchtbar stark | Männer Hinter solchen Zahlen mag auch die (männliche?) Vorstellung ste- können alles | Männer kriegen ’nen Herzinfarkt», krähte Herbert cken, dass ein im Alter «überflüssiges» und krebsanfälliges Organ Grönemeyer Ende der Neunzigerjahre und stürmte mit «Männer» besser entfernt werden sollte. War beim Uterus eine solche Ent- die Hitparaden im deutschsprachigen Raum. «Frauen auch!», muss wicklung noch möglich, stösst die Radikaloperation beim weiblichen der Einwurf heissen, und zwar nicht nur aus emanzipatorischer Sicht, Brustkrebs immer mehr auf den Widerstand der betroffenen Frauen. sondern auch aus medizinischer. Frauen «kriegen auch ’nen Herz- Bei einem so drastischen Vorgehen muss heute die Frage nach infarkt», nur passt das nicht so schön in einen Songtext. Auch wenn Nutzen und Schaden sehr genau beantwortet werden. Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache bei euro- Gewisse Stereotypen wiederum entsprechen aber immer noch päischen Frauen sind, gilt der Herzinfarkt immer noch als typische der Realität, und zwar seit der Zeit, als wir noch als Jäger und Männerkrankheit, als Krankheit von Machern – wenn nicht gar Sammler die Steppen bevölkerten: Der starke Mann jagt das Wild Mackern. Irrtum 1. und ernährt die Familie; die sensible Frau wärmt die Höhle, sorgt > Viele Geschlechterstereotypen im Stil von «Männer bekommen einen Herzinfarkt, Frauen Krebs» halten sich hartnäckig im Sattel, nicht nur bei Laien und Hobbygesundheitsexperten, sondern auch bei Profis. In ihrem Buch «Geschlecht, Gesundheit und Krankheit» schreiben die Gesundheitswissenschaftler Petra Kolip und Klaus Herzinfarkt, ein Frauentod Hurrelmann: «Viele Studien weisen darauf hin, dass Ärzte/Ärztinnen Koronare Herzkrankheiten sind die häufigste Todesursache bei und andere Gesundheitsprofessionelle dazu neigen, Beschwerden europäischen Frauen. Mit 55 Prozent treten sie bei Frauen öfter von Männern in der Praxis ernster zu nehmen als die von Frauen. auf als bei Männern (43 Prozent), und sie führen häufiger zum Tod Beim weiblichen Geschlecht werden ganz offensichtlich mehr psy- als alle Krebsarten zusammen. Trotzdem wird dieses Krankheitsbild chisch bedingte Leiden vermutet, die Behandlung wird entspre- immer noch als «Männerkrankheit» angesehen. Bei Frauen tritt der chend ausgerichtet. Diese Profilierung der Behandlung kann dazu Herzinfarkt in höherem Lebensalter auf, dann aber gehäuft und führen, dass Vorboten mancher Krankheiten nicht richtig erkannt öfter tödlich. Fatal im wörtlichen Sinn ist oft die Tatsache, dass werden. Das gilt insbesondere für den Herzinfarkt bei Frauen, wo Frauen andere Symptome haben als Männer und ein Herzinfarkt die Frühsymptome mit psychischen Belastungen verwechselt wer- darum nicht oder nicht früh genug erkannt wird. Dragana Radova- den.» (Siehe dazu auch die Box rechts.) novic vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Dass bei Frauen und Männern nicht mit der gleichen Elle gemes- Zürich schreibt in einem Bericht: «Bei bis zu 40 Prozent der Frauen sen wird, hat Tradition. Die Historikerin Dagmar Ellerbrock schreibt kündigen sich Herzinfarkte nicht mit den klassisch geltenden Brust- in einem Essay über «Geschlecht, Gesundheit und Krankheit in his- schmerzen an. Frauen mit einem akuten Herzinfarkt kommen in der torischer Perspektive»: «Frauen wiesen nach Ansicht der zeitgenös- Schweiz ca. 80 Minuten später ins Spital als Männer, dabei ver- sischen Juristen und Mediziner eine spezifische (anatomische) streicht wertvolle Zeit.» Disposition zum Wahnsinn auf, die als Folge der krankhaften Ver- Typische Symptome eines «weiblichen» Herzinfarktes können änderungen der weiblichen Geschlechtsorgane galt, während psy- sein: diffuse Beschwerden im Oberbauch, Blässe, Übelkeit und Er- chische Auffälligkeiten bei Männern als Kopfkrankheit diagnostiziert brechen, Kreuzschmerzen, allgemeine Schwäche, Atemnot. Neben wurden.» Das hatte eindeutige Folgen: Die Gerichtsmedizin obdu- dem Faktor Zeit wiegt auch noch etwas anderes schwer: Die Unter- zierte bei Männern bevorzugt das Hirn, während bei weiblichen schiede und Besonderheiten in der Männer- und Frauen medizin Leichen der Uterus begutachtet wurde. werden in Forschung und Praxis zu wenig berücksichtigt (siehe Irrtum 2: Krebs ist eine Frauenkrankheit. Auch am Ende des dazu auch das Interview mit Marianne Schmid Mast auf Seite 9). 20. Jahrhunderts wurde Krebs im Allgemeinen als eine weibliche Erkrankung angesehen. Das führte laut dem Mediziner Dieter Borgers unter anderm so weit, dass in den USA 40 Prozent aller Frauen mit 60 keinen Uterus mehr haben, da er chirurgisch entfernt wurde.

Credit Suisse Bulletin 2/06 08 Gesundheit Geschlechterfrage

für die Gesundheit der ganzen Familie. Konkret: Männer führen ein wiederum, ob Männer oder Frauen das kränkere Geschlecht seien, risikoreicheres und ungesünderes Leben, sie rauchen und sie trin- kann allerdings nicht beantwortet werden, denn Frauen und Männer ken mehr, sie fahren riskanter Auto, treiben gefährlichere Sport ar- haben unterschiedliche Krankheitsprofile. Zwar ist die Rangfolge ten, und sie begehen häufiger Selbstmord als Frauen (in der Schweiz der Erkrankungen bei Frauen und Männern fast identisch, aber 2,5 Mal mehr). Zum Arzt gehen sie erst, wenn es schon fast zu spät Frauen sind von fast allen chronischen Erkrankungen häufiger be- ist, und das oft auch nur, weil die Gattin den Untersuchungstermin troffen, und die Erkrankungen, unter denen Männer leiden, sind für sie vereinbart hat. OBSAN, das schweizerische Gesundheits- potenziell lebensbedrohlich. Fazit: Frauen leben zwar länger, sind observatorium, liefert dazu Zahlen (Stand November 2005). Die aber auch häufiger krank. Geschlechterstatistik der Konsultationen von Patienten in Allge- Eine der besten Gesundheitsvorsorgen für Frauen und Männer meinpraxen zeigt: Männer bis zum Alter von 74 Jahren suchen scheint eine gut funktionierende Beziehung zu sein. Amerikanische generell weniger häufig einen Allgemeinmediziner auf (59 Prozent) Forscher haben herausgefunden, dass sich die Ehe positiv auf die als Frauen (63 Prozent). Wenn Männer zum Arzt gehen, ist es eher psychologische und die körperliche Gesundheit bei beiden Ge- gleich ein Spezialist. Frauen machen mehr Vorsorge, legen Wert schlechtern auswirkt. Allerdings hat sich auch gezeigt, dass Männer auf einen gesunden Lebensstil – und sie lassen sich auch eher auf gesundheitlicher Ebene mehr von der Ehe profi tieren als Frauen. helfen, nehmen also freiwillig medizinische und psychosoziale Hilfe Eine andere amerikanische Studie besagt, dass die Ehe Frauen in Anspruch. Nicht zuletzt deswegen haben Frauen im Durchschnitt mehr belastet als Männer. Wieder eine andere Studie weiss, dass auch eine um sieben Jahre höhere Lebenserwartung als Männer. Unverheiratetsein für Männer belastender ist als für Frauen. Das In der Schweiz liegt sie momentan bei 83,4 Jahren (Frauen) und kann doch alles nur eines heissen: Männer, seid nett zu euren bei 77,6 Jahren (Männer). Das entspricht ungefähr dem europäi- Frauen, dann sorgen sie dafür, dass ihr gesund bleibt! < schen Mittel. Ein Vergleich dazu: In Russland werden die Frauen im Schnitt 74 Jahre alt, die Männer sterben hingegen schon mit 60. Freund Wodka lässt grüssen – der russische Mann säuft sich immer noch zu Tode. Das Problem ist erkannt, jetzt wird, um die männliche Bevölkerung vom Wodka wegzulocken, ein gesünderes Getränk propagiert: Bier. Frauen sorgen sich mehr um ihre Gesundheit. Bei Angeboten Literatur: Klaus Hurrelmann / Petra Kolip (Herausgeber). zu Gesundheitsförderung und Prävention wie Nichtraucherkursen, «Geschlecht, Gesundheit und Krankheit. Männer und Frauen im Bewegungs-, Entspannungs- oder Stressbewältigungstrainings Vergleich»; Handbuch Gesundheitswissenschaften, Verlag Hans sind 80 bis 90 Prozent der Teilnehmenden weiblich. Die Frage Huber, Bern.

Für Männer ist Arbeit wichtiger als Gesundheit Männer wollen gerne stark sein, und das unabhängig von ihrem Rollenbild. Es braucht viel, bis ein Mann der Arbeit fernbleibt, weil er krank ist. Darum sollte männerspezifi sche Prävention vermehrt am Arbeitsplatz stattfi nden.

Eine deutsche Studie hat 1998 nachgewie- würde (58 Prozent). Gleich darauf folgen gegangen sind. Grosskonzerne wie die Credit sen, dass Männern ihre Arbeit wichtiger ist Gründe, die mit dem Beruf zusammenhän- Suisse haben ebenfalls Programme zur Ge- als ihre Gesundheit, und dies unabhängig gen: dringend zu erledigende Arbeiten (55 sundheitsförderung. «Bei der Credit Suisse vom Männerbild, das sie verinnerlicht haben. Prozent), die Kollegen nicht zusätzlich be- unterscheiden wir nicht zwischen Frauen Nicht ganz überraschend haben 72 Prozent lasten (45 Prozent). Die Befürchtungen, den und Männern», sagt der Leiter der Fachstelle der Männer mit traditionellem Männerbild Arbeitsplatz zu verlieren sowie von Vorge- Gesundheit, Stefan Späni. Doch es zeich- diese Haltung, doch sind es immerhin 50 setzten oder Mitarbeitenden schlecht ange- nen sich auch hier die traditionellen Muster Prozent der «neuen» Männer, die ebenfalls sehen zu werden, folgen weitaus später (mit ab: Männer nutzen eher Angebote wie so denken. In derselben Studie bleiben 22 etwa jeweils 20 Prozent). «Sport über Mittag» oder die Fitnesszentren, Prozent der Männer gegenüber 17 Prozent Gerade weil Männern Arbeit so wichtig während Frauen Nordic Walking und Ernäh- der Frauen praktisch nie zu Hause, wenn ist, fordern immer mehr Experten, ge- rungskurse machen. Entspannungskurse sie krank sind, da die Arbeit für sie sehr schlechterspezifische Gesundheitsförde- hingegen haben Zulauf von beiden Ge- wichtig ist. In einer anderen deutschen Stu- rung am Arbeitsplatz zu betreiben. So bietet schlechtern. rh die aus dem Jahr 2001 erklärten 55 Prozent eine Baufirma im Raum Zürich zur Förde- der Männer, dass sie zur Arbeit gegangen rung der Gesundheit ihren Bauarbeitern seien, obwohl sie sich krank fühlten. Dies täglich ein viertelstündiges Programm aus Mehr Infos: hätten sie in erster Linie getan, weil sie Entspannungs-, Energie- und Atemübungen www.gesundheitsfoerderung.ch glaubten, sich selbst kurieren zu können und an, mit dem Resultat, dass die krankheits- www.genderhealth.ch dass es ihnen bald wieder besser gehen bedingten Absenzen um ein Viertel zurück- www.radix.ch (Männergesundheit)

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Geschlechterfrage 09

«Die Medizin orientiert sich zu sehr an Männern» Sind Männer Gesundheitsmuffel und Frauen Gesundheitsapostel? Die Sozialpsychologin Marianne Schmid Mast hat bei ihren Forschungen zum Thema «Geschlecht und Gesundheit» Erstaunliches herausgefunden.

Bulletin: Was hat Sie am meisten erstaunt bei Ihrer Forschung zum Thema «Geschlecht und Gesundheit»? Marianne Schmid Mast: Dass Geschlechter- stereotypen, die wir im Kopf haben, unser Gesundheitsverhalten stark beeinflussen können. Ärzte und Ärztinnen diagnostizieren die gleichen Symptome bei Männern und Frauen anders – und bestimmte Krankhei- ten bei einem Geschlecht später. So werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern eher diagnostiziert als bei Frauen, obwohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern und Frauen Todesursache Nummer 1 sind. Was heisst das? Die meisten Leute meinen, Krebs sei die häufigste Todesursache bei Frauen. Das stimmt nicht. Erst wenn man das weiss, sind Patientinnen und Ärzte auch darauf sensi- bilisiert, die entsprechenden Symptome richtig zu deuten. Erschwerend kommt hinzu, dass Frauen und Männer – gerade bei Herz- Marianne Schmid Mast ist Professorin für Sozial- Kreislauf-Erkrankungen – oft nicht die glei- psychologie am Departement für Psychologie an der chen Symptome haben. Hier besteht grosser Universität Fribourg. An der Universität Zürich hielt sie im Wintersemester 2005/2006 eine Vorle- Forschungsbedarf, denn die Medizin orien- sung zum Thema «Geschlecht und Gesundheit». tiert sich zu sehr an Männern, die meisten In ihrer Forschung beschäftigt sie sich schwerpunkt- Erkenntnisse beruhen auf der Untersuchung mässig damit, wie Leute in Hierarchien miteinander von Männern. Wir sprechen von einem interagieren. «Gender Bias», wenn ein Medikament oder eine Therapie nur an Männern oder nur an Frauen getestet wird. Viele Dosierungsvor- schriften für Medikamente beruhen auf Stu- dien an Männern. Frauen und Männer haben einen unterschiedlichen Stoffwechsel und Gesundheit ist für Männer also eher das oft mit der Orientierung von jungen für gewisse Medikamente kann das bedeu- kein Thema? Frauen an männlichen Eigenschaften. Be- ten, dass sie anders dosiert werden müss- Gesundheit ist ein typisch weiblicher Be- ruf, Selbständigkeit und Durchsetzungs- ten, um die optimale Wirkung zu erzielen. reich: Frauen sind in Familien oft für die fähigkeit der Frau gehen oft mit erhöhten Die medizinische Forschung hat Frauen Gesundheit zuständig, interessieren sich gesundheitlichen Risiken wie Rauchen lange ausgeklammert, weil der weibliche mehr dafür, wissen mehr darüber, melden einher. Es ist aber auch so, dass sich Män- Zyklus Schwankungen im Hormonhaushalt den Mann zum Arzttermin an. Es gibt Publi- ner in vielen Bereichen gesünder verhalten verursacht. Zudem könnte eine Frau schwan- kationen, die die Frage stellen, ob «Mann- als Frauen, sie treiben zum Beispiel mehr ger sein bei solchen Tests. Das ungeborene Sein» eine Gesundheitsgefährdung sei. Es Sport. Kind wäre einem Risiko ausgesetzt, wofür geht darum, ob eine Identifikation mit der Frauen betreiben Vorsorgemedizin, dann wiederum die Pharmafirmen haftbar männlichen Geschlechterrolle zu schlechte- Männer Reparaturmedizin? gemacht werden könnten. rer Gesundheit führt. Es gibt Hinweise dar- So könnte man das ausdrücken, weil Frauen Frauen sind tendenziell mehr krank als auf: In einer «Raserstudie» konnten wir auf- in der Tat viel mehr Prävention betreiben: Männer. Wieso werden sie trotzdem älter? zeigen, dass die Identifikation mit der männ- Sie essen gesünder, machen regelmässige Weil Frauen eher nicht lebensbedrohliche lichen Geschlechterrolle bei Männern zu Vorsorgeuntersuchungen. Wenn die Glei- und Männer eher lebensbedrohliche Krank- gesundheitsschädigendem Verhalten führt. chung «krank sein gleich schwach sein» heiten haben – und weil Männer mehr rau- Es zeigt sich aber auch, dass in der Schweiz zutrifft und es nach den Geschlechterstereo- chen, mehr Alkohol trinken, schneller und zum Beispiel der Geschlechtsunterschied typen geht, dann ist es einfacher für eine risikoreicher Auto fahren und eher Selbst- beim Rauchen vor allem bei den Jugendli- Frau, schwach, also krank zu sein und das

Foto: MartinFoto: Stollenwerk mord begehen. chen zu schrumpfen beginnt. Erklärt wird sich und anderen einzugestehen. rh

Credit Suisse Bulletin 2/06 10 Gesundheit Sprichwörtliches Foto: Envision, Corbis

«Die Erhaltung der Gesundheit beruht auf der Gleichstellung der Kräfte. Gesundheit dagegen beruht auf der ausgewogenen Mischung der Qualitäten.» Hippokrates

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Sprichwörtliches 11 Foto: Josh Westrich, zefa, Corbis

«Gesundheit? Was nützt einem Gesundheit, wenn man sonst ein Idiot ist?» Theodor W. Adorno, «Negative Dialektik»

Credit Suisse Bulletin 2/06 12 Gesundheit Kosten

Der teure Luxus hat System

Alle stöhnen über die hohen Gesundheitskosten. Dabei geht vergessen, dass das Gesundheitswesen in der Schweiz weniger an den Kosten, sondern vielmehr an Ineffi zienz und Intransparenz leidet. Das hat seinen Preis. Andere Länder operieren günstiger, nehmen aber offen oder verdeckt eine Rationierung in Kauf.

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Kosten 13

Text: Reto Schlatter

Stolze 5000 Franken pro Jahr ist jedem Einwohner in der Schweiz Schlechte Noten also für das Schweizer Gesundheitssystem? Nicht seine Gesundheit wert. Laut der jüngsten Erhebung der OECD unbedingt. «Die Schweiz hat eines der nachhaltigsten Systeme greifen weltweit nur die Amerikaner tiefer in die Tasche, um ihre weltweit», sagt Heinz Locher, Experte und Managementberater im Gesundheit versichern respektive ihre Krankheiten behandeln zu internationalen Gesundheitsbereich. Nachhaltig sei das Schweizer lassen. Die Finnen dagegen kommen mit gut der Hälfte des Schwei- Gesundheitssystem deshalb, weil es im Unterschied zu vielen an- zer Budgets über die Runde. dern Ländern (noch) ohne Kostendach auskommt. Ein solches Der grosse Unterschied zwischen Finnland und der Schweiz hat Kostendach kann offen (wie in Grossbritannien) oder verdeckt (Nie- einen Namen – und der heisst Gesundheitssystem. Finnland kennt derlande) existieren und so zu einer Rationierung der Leistungen ein staatlich reguliertes System, das über 280 im ganzen Land führen. In Grossbritannien gibt es nicht nur Warteschlangen für verstreute Gesundheitszentren zentral gesteuert und dezentral orga- Operationen, sondern auch Altersgrenzen für bestimmte Behand- nisiert ist. Der Zugang zu diesen Zentren ist für alle frei. Die Leis- lungen. Für die Spitäler (ambulant und/oder stationär) kennen die tungen, die der Staat garantiert, werden hauptsächlich über Steuer- meisten Länder eine Budgetobergrenze – nicht so die Schweiz. Sie gelder finanziert. Eine freie Arztwahl gibt es genauso wenig wie leistet sich ein System, das von zwei Seiten finanziert wird: vom Alternativmedizin. Staat und von den Krankenversicherungen (duale Finanzierung). Mit diesem System gelingt es Finnland, nicht nur die Kosten im Die andersartige Finanzierungsstruktur des Schweizer Gesund- Griff zu behalten, sondern auch für hohe Qualität zu sorgen. Die heitswesens hat ihre Schattenseiten. Die Intransparenz der Geld- > Säuglings-Sterblichkeitsrate ist tiefer als in der Schweiz und in den USA; und die Zufriedenheit der Finnen mit ihrem Gesundheits- system ist deutlich höher als im EU-Durchschnitt. Die Schweiz schneidet im Vergleich mit andern OECD-Ländern schlecht ab Private Haushalte zahlen am meisten 2003 gab die Schweiz 11,5 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für Gesundheitskosten aus. Auf Platz 1 liegen die USA mit Natürlich zahlen auch die Schweizer Steuern, die ins nationale Ge- 15 Prozent. Quelle: OECD Health Data 2005, BFS sundheitssystem fl iessen. Vom gesamten Kuchen von 51,7 Milliarden Franken machen die Steuern aber nur 28 Prozent aus. Den gröss- USA ten Brocken zahlen die privaten Haushalte (66 Prozent), den Rest CH D die Wirtschaft (6 Prozent) (siehe Grafik rechts). F Die privaten Haushalte werden aus Sicht der Volkswirtschaft auf CAN unterschiedliche Weise in die fi nanzielle Pfl icht genommen: Zum ei- NL nen über die monatlichen Krankenkassenprämien, dann aber auch AUS* S* über Franchisen und Selbstbehalte sowie über die direkt be zahlten I Leistungen, die nicht von den Versicherungen abgedeckt sind. GB* Diese so genannten «Out-of-pocket»-Zahlungen sind in der SP Schweiz ausserordentlich hoch. Laut OECD zahlt die Bevölkerung 0 2468101412 16 % 31,5 Prozent der nationalen Gesundheitsausgaben direkt aus der *Zahlen von 2002 eigenen Tasche, vor allem für rezeptfreie Medikamente, die Zahnmedizin, Pflegeheime und Spitex. Umgerechnet und kauf- kraftbereinigt macht dies im Jahr 1500 Franken pro Kopf aus. Der Schweizer Staat übernimmt immer Selbst die Amerikaner, die ein noch stärker nach privatwirtschaft- weniger Gesundheitskosten lichen Kriterien organisiertes Gesundheitswesen kennen, zahlen Über Steuern werden heute noch 28 Prozent der Kosten im deutlich weniger aus dem eigenen Sack (rund 1000 Franken). Gesundheitswesen berappt. 1971 waren es noch 39,5 Prozent. Damit ist klar: Im internationalen Vergleich hat die Schweiz mit Quelle: BFS ihren Kopfprämien eine äusserst schwache soziale Ausgestaltung ihres Gesundheitssystems. Es bestehen nur zwei Eingriffsmöglich-

keiten mit einer gewissen sozialen Korrektur: die Prämienverbilli- 28% gung für sozial Schwache und die partielle Spitälerfi nanzierung durch Staat die Kantone. Allerdings beziehen heute über ein Drittel der Versicher- ten die eigentlich für Härtefälle gedachte staatliche Prämienverbilli- gung – und laut Avenir Suisse wird in zehn Jahren die Mehrheit 66% 6% Private Haushalte Unternehmungen staatliche Unterstützung brauchen, wenn die Kosten weiter steigen wie bisher. Andere soziale Abfederungen wie eine Arbeitgeber-

beteiligung (Niederlande, USA) oder ein Familienlastenausgleich In % vom Total (CHF 51,7 Mrd.)

Foto: www.coproduktion.ch (Deutschland) sind der Schweiz fremd.

Credit Suisse Bulletin 2/06 14 Gesundheit Kosten

ströme ist hoch, zu viele Kässeli füttern zu viele Töpfe, so dass niemand wirklich den Durchblick hat. Die Aufteilung in 26 kantonale Das BIP wächst – und die Gesundheitskosten Systeme verunmöglicht es dem Staat, eine zentral gesteuerte Pla- steigen noch viel mehr nung von Leistungen und Finanzierungen effizient zu regeln. Die Ausgaben für die Gesundheit sind in der Schweiz doppelt Eine andere Konsequenz ist die chronische Überproduktion. So so schnell gewachsen wie die Einkommen. Quelle: BFS besass der Kanton Bern bis vor kurzem mit seinen 950000 Ein- 140 wohnern mehr Akutspitäler als ganz Schweden mit seinen 8,8 Mil-

lionen Einwohnern. Und das Wallis betreibt zehnmal so viele MRI- 130 Geräte pro Kopf wie Frankreich. Überflüssige Untersuchungen,

übermässig lange Spitalaufenthalte (im Schnitt einen Tag länger als 120 in Deutschland respektive vier Tage länger als in Schweden) und

ein hoher Medikamentenkonsum machen aus dem nachhaltigen 110 Schweizer System ein höchst ineffizientes. «Es herrscht heute eine generelle Überversorgung», sagt Tomas Poledna, Rechtsprofessor 100 an der Universität Zürich. Poledna hat deshalb einen neuen Ver- 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 fassungsartikel ausgearbeitet, der dem Bund eine umfassende Kosten des Gesundheitswesens BIP Kompetenz einräumt. Das Ziel müsse sein: mehr Markt, mehr Über- wachung vom Staat (durch eine eidgenössische Gesundheitskom- mission), weg mit den Kartellen (Apotheker) und administrierten Preisen (Medikamente), weg mit den kantonalen Hoheiten und ein in Deutschland zu einem strukturellen Geldmangel geführt, der sich Vertrags- statt ein Tarifsystem für die Leistungserbringer (Aufhe- vor allem bei Ärzten und Spitälern negativ bemerkbar machte. bung des Kontrahierungszwanges). Länder wie Dänemark leben gut mit ihrem fast ausschliesslich Die Resultate solcher Privatisierungen sind in andern Ländern staatlich organisierten Gesundheitswesen. Finanziert über eine erstaunlich: In den USA fielen die Medikamentenpreise dramatisch, extrem hohe Einkommenssteuer (bis maximal 64 Prozent), lassen seit die rezeptfreien Produkte in den Drugstores verkauft werden. sich die Dänen ihre medizinischen Leistungen von Vater Staat be- Und in den Niederlanden kosten einzelne Ein griffe, die die Kassen zahlen. Nur ein Viertel der Dänen hat eine private Zusatzversiche- nicht mehr übernehmen, zum Teil nur noch ein Viertel. rung, mit der sie etwa die gefürchteten Wartezeiten vor Operationen Der umgekehrte Weg ist jener der Verstaatlichung. In diese durch eine Behandlung in einem Privatspital abkürzen können. Richtung zielen die Volksinitiativen der SP («Gesundheitsinitiative», Im internationalen Vergleich und gemessen am Bruttoinlandpro- 2003 abgelehnt, «Soziale Einheitskasse», zurzeit im Parlament), dukt (BIP) sind die staatlich organisierten Gesundheitssysteme wie die mit den Kopfprämien aufräumen und die Finanzierung über die in Dänemark oder Finnland deutlich günstiger als die privaten (USA) Steuern – massgebend sind Lohn und Vermögen – sicherstellen oder mehrheitlich privaten (Schweiz). Der starke Kostenanstieg ist wollen. Kurzfristig könnte dies tatsächlich günstiger sein; langfristig jedoch kein Schweizer Phänomen. Auch in Frankreich, Deutschland, aber warnen Ökonomen vor noch mehr Bürokratie, Verfilzung zwi- Italien, Grossbritannien und den USA haben sich die Anteile der schen Verbänden und Staat und wenig Innovationsbereitschaft. Kosten am BIP zwischen 1960 und 2000 mehr als verdoppelt. Eine andere Entwicklung ist aber nirgends so augenfällig wie in Diverse Länder reformieren ihre Gesundheitssysteme der Schweiz. Seit Beginn der Siebzigerjahre zieht sich der Staat Doch Gesundheitssysteme lassen sich ändern, wenn der politische kontinuierlich aus der Finanzierung des Gesundheitswesens zurück. Wille da ist. Die niederländische Regierung hat ihrem Volk Anfang 1971 übernahm er 39,5 Prozent der Kosten – heute sind es noch Jahr eine radikale Reform verordnet. Es gibt keine Trennung mehr 28 Prozent. Damit ist auch gesagt, dass sich die Verlagerung auf zwischen obligatorischer und privater Krankenversicherung. Alle die privaten Haushalte nicht kostendämpfend ausgewirkt hat. bei einer Kasse Versicherten zahlen eine gleich hohe Prämie, was Auch wenn sich der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP in den Wettbewerb unter den Kassen belebt. Diese Basisversiche- den letzten 40 Jahren mehr als verdoppelt hat und die realen Ge- rung bietet aber weniger Leistungen an als früher. Zusätzlich zah- sundheitsausgaben pro Kopf sich mehr als vervierfacht haben, und len die Niederländer eine einkommensabhängige Prämie (6,5 Pro- auch wenn die Ausgaben für die Gesundheit doppelt so schnell zent); diese wird jedoch vom Arbeitgeber übernommen. Es gibt gewachsen sind wie die Einkommen – selbst dann ist die Gesund- weder eine freie Arztwahl noch einen Vertragszwang. heit nicht unser höchstes Gut. Für unsere Mobilität, sei dies im Auch Deutschland versucht sich an einer Reform. Bundeskanz- privaten Wagen in der Freizeit oder im regelmässigen Pendlerzug lerin Angela Merkel hat im Wahlkampf einen (wirtschaftlich sinnvol- zur Arbeit, sind wir bereit, rund doppelt so viel auszugeben wie für len, aber unpopulären) Systemwechsel versprochen – weg von den unsere Gesundheit. Da mutet es geradezu harmlos an, dass jüngst die Arbeit schädigenden Lohnabgaben hin zu einkommensunabhän- eine OECD-Studie eine Verdreifachung der Gesundheitsausgaben gigen Gesundheitsprämien. Die langjährige Wirtschaftsfl aute hatte in der Schweiz bis 2020 prognostizierte. <

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Sprichwörtliches 15 Foto: Serge Kozak, zefa, Corbis

«Es gibt vier Kategorien von Menschen: gesunde Gesunde, kranke Gesunde, gesunde Kranke und kranke Kranke.» Gerhard Kocher, «Vorsicht Medizin!»

Credit Suisse Bulletin 2/06 16 Gesundheit Webdoktor

Einmal das Rezept, bitte! Text: Olivia Schiffmann

Der moderne Patient geht nicht mehr ohne selbst ausgedruckte Internetseiten zum Arzt – Selbstdiagnose inklusive. Beunruhigend ist das vor allem, weil die meisten Menschen erst dann zum Arzt gehen, wenn sie sich wirklich krank fühlen. Zuvor versuchen sie sich selbst zu kurieren – mit Dr. Website.

Wieder einmal so richtig sündigen. Selig das üppige Mahl auf dem gesundheitsfördernder Wirkung mehr Käufer finden. Auf diese Teller betrachten, die Vorfreude im Gaumen spüren und dann zu- Weise können wir autonom eine schönere Haut, eine bessere Ver- schlagen, ungeachtet sämtlicher Cholesterin-, Fett- und Zucker- dauung oder einen tieferen Blutdruck erreichen und somit unsere werte. Ein guter Wein umgarnt das Essen und ein Dessert, das mit (Restaurant-)Sünden büssen. In den Apotheken und Drogerien gibt Vollrahm nicht geizt, beendet den Abend – welch ein Gaumen- es gegen 5000 rezept frei erhältliche Medikamente. schmaus. Spätestens am nächsten Morgen werden die Geniesser Sechs von zehn konsultieren Cybermediziner von Schuldgefühlen beschlichen. Im Mittelalter, als die Gesellschaft noch geschlossen an das Treten Beschwerden auf, denen wir nicht mehr mit Lifestyle-Pro- Fegefeuer glaubte, konnten sich die Sünder dank Ablassscheinen dukten zu Leibe rücken können, gibt es zwei Möglichkeiten: zum ihren Platz im Himmel reservieren. Der moderne Mensch schliesst Arzt gehen oder ins Internet. Das ungeschriebene Gesetz der die Wahrscheinlichkeit ein, dass nach diesem Leben das Nichts Schweizer Ärztinnen und Ärzte besagt zwar, dass Patienten nicht kommt – kein Himmel, keine Hölle, kein Nirwana. Er muss sein länger als 15 Minuten in den Praxen warten sollten, aber das ist kaum Pa radies im Diesseits finden. Schillers Worte «Das Leben ist der mehr realitätsnah. So konsultieren laut einer Studie der schweize- Güter höchstes nicht», um 1800 geschrieben, scheinen heute weit- rischen Health On the Net Foundation sechs von zehn Menschen gehend an Bedeutung verloren zu haben. Trendforscher und Kultur- mit Beschwerden erst mal das Internet. philosophen erachten die Gesundheit als des modernen Menschen Gunther Eysenbach, Arzt und Experte für Cybermedizin von der höchstes Gut. Sie gehen so weit, in ihr eine neue Religion zu sehen. Universitätsklinik Heidelberg, hat eine geteilte Meinung dazu. Er So modern wir heute sind, die Angst vor dem Sündenfall ist schätzt die Internetrecherche einerseits für chronisch Kranke als geblieben, der Drang zur Busse ebenfalls. Unsere Ablassscheine lohnend ein, da sie auch die Suche nach Leidensgenossen und haben heute andere Namen und stehen im Dienste der Gesundheit: Selbsthilfegruppen ermöglicht, und andererseits auch für Ver- Aloe-Vera-Energiedrinks, Edelsteinsets zur Trinkwasser-Vitalisie- braucher, die sich präventiv über Krankheitsvorbeugung und Früh- rung, aminosäurenoptimiertes Eiweisskonzentrat. Die Marketing- erkennung informieren wollen. Besorgt hingegen ist Eysenbach vor abteilungen haben rasch erkannt, dass Produkte mit implizierter allem bei Menschen, die Krankheiten mit einem hohen Leidens-

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tätigkeit ihrer Patienten ihr Informationsmonopol verlieren. So sieht auch der Leiter des Bonner Zukunftsinstituts, Matthias Horx, einen riesigen neuen Markt jenseits des klassischen Praxisarzt- Be reichs entstehen: Die Autorität der Mediziner werde schwinden, immer mehr Patienten würden sich mit Onlinetipps und Heim- diagnosegeräten selbst untersuchen. «Can-do-Medizin» nennt Matthias Horx diese Art der autonomen Diagnose. Um diesem Trend entgegenzu wirken, haben sich in Deutschland Ärzte zusammen - geschlossen, und bieten Onlinekonsultationen an. So können die Patienten zu Hause bleiben und dennoch von fachlicher Beratung profitieren.

Alzheimertest aus dem Internetsupermarkt

Das Internet wird auch zum Kauf von medizinischen Untersuchungs- geräten genutzt. In England sind die Verkäufe von Geräten zur Selbst- diagnose seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent gestiegen und haben 2005 ein Volumen von gegen 100 Millionen Euro erreicht. Über 80 Prozent der vom Marktforschungsunternehmen Mintel befragten Personen gaben an, sie müssten wirklich krank sein, bevor sie sich zum Arzt begäben. Übers Internet ist auch allerhand erhältlich, was eigentlich nicht Do-it-yourself-Medizin im Internet: Wenn die Patienten selbst für den Laien bestimmt wäre, wie Alzheimer-, HIV-, Hormon- oder herumdoktern, hat das für Ärzte und Patienten Nebenwirkungen. Vaterschaftstests. Verboten ist in der Schweiz der Verkauf von HIV- Tests, und zwar aus gesundheitspolitischen Gründen, denn sämt- druck haben, denn bei seinen Internetstudien ist er auf etliche liche Tests zur Erkennung von übertragbaren Krankheiten müssen Scharlatane gestossen. Geschäftemacher und Abzocker nutzen laut Gesetz über den Ärztekanal laufen. die Verzweiflung und Frustration chronisch und unheilbar kranker Der Mensch ist gewillt, sich gesund zu erhalten. Auch hier bietet Patienten aus. «Falsch, irreführend, betrügerisch und damit eine der Cyberspace Hilfestellung – der neue Hometrainer ist flink be- Bedrohung der öffentlichen Gesundheit», schätzt denn auch die stellt. Wers lieber ganzheitlich mag, findet innert Sekunden die American Medical Association (AMA) in einer Stellungnahme zahl- Adresse einer der vielen Lachyogaklubs, die es gibt. Dieses spe- reiche medizinische Webseiten ein. zielle Yoga wird von den Anbietern in einen engen Zusammenhang Sucht der von Beschwerden Geplagte den Arzt schliesslich doch mit der Gesundheit gestellt, denn es soll eine positive Wirkung auf noch auf, tut er dies nicht selten mit einer Aktentasche unter dem Bronchitis und Asthma haben, Arthritis- und Wirbelsäulenschmerzen Arm: Ein Drittel aller Patienten geht mit ausgedruckten Unterlagen lindern, Muskelkrämpfe schwächen, Tumoren vorbeugen und nicht zum Arzt, wie eine Onlineumfrage der deutschen Universität zuletzt den Alterungsprozess behindern. Weltweit gibt es bereits Witten/Herdecke ergab. Für den Doktor kann das eine Gedulds- gegen 2000 Lachklubs, in denen Menschen «ho-ho» und «ha-ha» probe sein. Vor allem, wenn der Patient mit einer kühnen oder gar rufend ihr Wohlbefinden zu steigern versuchen. Wissenschaftliche falschen Selbstdiagnose die Praxis betritt und seiner Meinung nach Studien über den heilsamen Nutzen des Lachens gibt es bisher nur noch das Rezept benötigt. «Den Patienten davon zu überzeugen, jedoch kaum. Allerdings gibt es auch keine über aminosäuren- dass er sich irrt, bedeutet viel Überzeugungsarbeit. Schliesslich hat optimiertes Eiweisskonzentrat und ähnliche so genannte Wellness- er sich eingehend mit ‹seiner Krankheit› befasst und fühlt sich als produkte. Ein unbestrittener Vorteil des Lachens liegt im Preis. Experte, das ist grundsätzlich lobenswert. Leider gehen Patienten Und wenn auch nur ein Komma von all dem stimmt, was die Lach- jedoch meist vom Schlimmsten aus. Verstört von drastischen Bildern yoga-Anbieter versprechen, ist Lachen ein günstiges Wunder mittel aus dem Internet, vermutet manch einer plötzlich einen Tumor als zur seelischen und körperlichen Gesundheit. Womit wir wieder Ursache seiner Schmerzen», erzählt ein Zürcher Hausarzt. beim Anfang wären: Wann gibt es mehr zu lachen, als wenn wir in Gunther Eysenbach sieht eine der grössten Herausforderungen froher Gesellschaft ein gutes Essen teilen? Wer denkt da noch

Foto: Ahrens AHS Spielzeug der Cybermedizin darin, dass die Ärzte durch die neue Forschungs- an die Sünde? <

Credit Suisse Bulletin 2/06 18 Gesundheit Lebenslust

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Lebenslust 19 «Auch wer gesund stirbt, ist defi nitiv tot»

Interview: Daniel Huber

Der Arzt, Psychiater, Theologe und Autor Manfred Lütz hat dem allgegenwärtigen Fitness- und Diätwahn den Kampf angesagt. Er warnt davor, im Streben nach ewigem Leben sich das Leben zu nehmen.

Bulletin: Als Sie vorher niesten, wusste ich gar nicht recht, ob ich Sie vergleichen in Ihrem Buch den Gesundheitswahn mit Ihnen Gesundheit wünschen sollte. Was sagen Sie niesenden einer neuen Religion. Ist das nicht etwas gar an den Haaren Menschen? herbeigezogen? Manfred Lütz: Ich sage natürlich auch Gesundheit, weil ich gut Ich habe den Eindruck, die Menschen glauben heute nicht mehr an erzogen bin. den lieben Gott, sondern an die Gesundheit, und alles, was man frü- Aber das muss Ihnen doch völlig widerstreben. her für den lieben Gott tat – wallfahren, fasten, gute Werke tun –, Darum füge ich bei Leuten mit absehbarem Humor gerne an: Glau- das tut man heute für die Gesundheit. Es gibt Menschen, die leben ben Sie das aber nie einem Arzt. Denn es ist ein berufsschädigender überhaupt nicht mehr richtig, die leben nur noch vorbeugend und Wunsch. sterben dann gesund, aber auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot. Ich muss Ihnen ein Geständnis machen: Ich gehe ein- Und alle typischen Elemente einer Religion sind inzwischen im bis zweimal in der Woche joggen und einmal ins Boxtraining. Gesundheitswesen angekommen. Es gibt Ärzte als Halbgötter, den Sie sehen aber dennoch ziemlich gesund aus. bruchlosen Übergang von der katholischen Prozessionstradition Was stört Sie am Sport? in die Chefarztvisite. Fitnessstudios entstehen heute an den Stel- Wenn jemand zum ständigen Sitzen im Büro etwas Ausgleichssport len, wo früher Marienkapellen standen, nämlich an Wegekreuzen. macht oder auf gesundes Essen achtet, habe ich gar nichts dage- Doch nur weil es viele Fitnessstudios gibt, macht das noch gen. Aber ab und zu mal richtig lecker, ungesund essen, fettreich, keine Gesundheitsreligion. cholesterinreich, dazu einen guten Wein, das muss doch erlaubt Stimmt. Aber diesen äusseren Ähnlichkeiten entspricht durchaus sein. Mich stört diese missionarische Atmosphäre, dieses übertrie- eine wirklich religiöse Motivation. Wenn Religion insbesondere eine bene, pseudoreligiöse Geschwätz von Ganzheitlichkeit und von Antwort auf die beunruhigende Frage nach dem Tod ist, dann ist Gesundheit als höchstem Gut. die Gesundheitsreligion heute ihre zeitgemässe Variante. Man Was ist für Sie ein gesundes Mass an gesundem Leben? glaubt zwar nicht mehr ans ewige Leben, nur sterben möchte man Das muss jeder für sich selber herausfinden. In der Öffentlichkeit halt nicht. So ist die uralte Sehnsucht des Menschen nach ewigem herrscht es auf jeden Fall schon lange nicht mehr. Man kann über Leben und Glückseligkeit ungebrochen. Doch in Zeiten der Krise Raucher Dinge sagen, die, über Tiere gesagt, den Tierschutzverein der Altreligionen lebt sie sich glutvoll aus in der Gesundheitsreligion. auf den Plan rufen würden. Ich bin selber Nichtraucher. Aber ich Für das ewige Leben ist quantitativ die Medizin zuständig und für habe einfach christliches Mitleid mit diesen Menschen. In Irland die ewige Glückseligkeit qualitativ die Psychotherapie, bei Nicht- werden die armen Raucher aus ihrem geliebten Pub getrieben, erfüllung: Klage, versteht sich. müssen draussen in klirrender Kälte stehen, und die beiden einzigen Wie defi nieren Sie Gesundheit? warmen Stellen an ihrem Körper sind die Lunge und die beiden Ich halte mich da an Friedrich Nietzsche, der sagt: Gesundheit ist

Foto: Oliver Lang Finger, mit denen sie die Zigarette halten. dasjenige Mass an Krankheit, das mir noch erlaubt, meinen >

Credit Suisse Bulletin 2/06 Am Grab schluchzte die Ehefrau unter Tränen: Jetzt hat all die Diät doch nichts genützt! Die Trauergemeinde konnte nur mit Mühe die Fassung bewahren. Die Fixierung auf das Thema Essen ist oft der Beginn von Essstörungen. Und Diäten sind übrigens keine Therapie für Essstörungen, sondern nicht selten ihre Ursache. Wie reagieren kranke Menschen auf Ihre sehr direkten, oft auch zynischen Äusserungen? Satire ist nicht zynisch. Aber Satire ist die einzige Möglichkeit, in totalitären Verhältnissen die Wahrheit zu sagen. Und die Gesund- heitsreligion herrscht mit strenger «political correctness» und mit Humorlosigkeit wie alle Diktaturen. Sagen Sie mal in einem gesund- heitsreligiösen Kreis beim Anzünden einer Zigarette beiläufi g: Warum soll meine Lunge eigentlich älter werden als ich? Sie haben mit allen Reaktionen zu rechnen, die im Mittelalter auf Gotteslästerung zu erwarten waren. Als ich meinen Vortrag zum Buch vor dem Bun- desverband von Frauen nach Krebs gehalten habe, haben die sich Manfred Lütz wurde 1954 in Deutschland geboren. köstlich amüsiert, weil sie die dämlichen Tabus längst überwunden Er studierte gleichzeitig Medizin, katholische haben. Der Todfeind der Gesundheitsreligion ist der Tod. Und das Theologie und Philosophie. Seine Approbation zum Tragische ist: Um den Tod zu vermeiden, nehmen sich die Leute das Arzt erfolgte 1979, wenig später machte er das Leben, nämlich unwiederholbare Zeit in Fitnessstudios und Well- Diplom in katholischer Theologie. 1989 bildete er nesseinrichtungen, und dann liegen sie irgendwann auf dem Sterbe- sich weiter zum Facharzt für Nervenheilkunde, bett und es passiert nun unweigerlich das, was sie mit all ihren 1991 zum Facharzt für Psychiatrie. Seit 1997 leitet er Bemü hungen immer vermeiden wollten. Wird sich dann nicht manch als Chefarzt das Alexianer-Krankenhaus in Köln. einer fragen: Hätte ich nicht mehr Zeit für Gespräche mit meiner Frau, mei nen Kindern oder mit anderen Menschen haben sollen? Haben die Menschen von hoch entwickelten Dienstleistungs- gesellschaften nicht einfach zu viel Zeit, um sich selber zu wichtig zu nehmen? Es wäre ja schön, wenn sie sich wirklich wichtig nehmen würden. wesent lichen Beschäftigungen nachzugehen. Dagegen ist die Aber sie laufen mit hängender Zunge hinter jedem Gesundheitstrend Gesundheitsdefinition der WHO utopisch: Völliges (!) körper liches, her. Sie versuchen irrsinnigerweise, die unvermeidlichen Grenzsitua- seelisches und soziales Wohlbefinden. Wer ist dann noch gesund? tionen menschlicher Existenz, Krankheit, Leiden, Sterben, Tod, zu Ökonomisch ist dieser utopische Gesundheitsbegriff aber höchst vermeiden. Doch wer den Tod verdrängt, verpasst das Leben. lukrativ. Denn für etwas, das man irrsinnigerweise allgemein mit Ist das nicht eine sehr kurzsichtige Denkweise? Der lang- Inbrunst für das «höchste Gut» erklärt und das man dennoch nie fristige fi nanzielle Nutzen der Prophylaxe ist doch unbestritten? erreicht, wird man immer viel Geld ausgeben. Ein erreichbarer Ge- Es gibt keine einzige valide Studie, die beweist, dass gesundheits- sundheitsbegriff wäre ökonomisch uninteressant. Wenn man früher bewusstes Verhalten die Kosten für die Solidargemeinschaft sinken dem Katholizismus fälschlicherweise vorwarf, er weise den Weg lässt. Wenn jemand mit 42 an Lungenkrebs stirbt, belastet der die über eigene gute Werke zum ewigen Leben, so ist die Gesund- Solidargemeinschaft nicht mit den teuren Alterskrankheiten, der heitsreligion von dieser Idee geradezu besessen: Man muss was Pflege im Alter und der Rente. Prophylaxe ist wichtig. Aber sie spart tun für die Gesundheit, von nichts kommt nichts, wer stirbt, ist selber nicht Geld, sondern sie kostet Geld. schuld. Wie würden Sie die fi nanziellen Probleme der verschiedenen Dann irren also all die Experten und Autoren unzähliger Gesundheitswesen angehen? Gesundheitsratgeber? Solange Gesundheit als höchstes Gut gilt, kann es gar keine wirk- Hören Sie mir auf mit Ratgebern. Der Soziologe Ulrich Beck hat liche Gesundheitspolitik geben. Politik ist die Kunst des Abwägens. ein mal treffend gesagt: Die Ratgeberliteratur schlägt eine Schneise Ein höchstes Gut kann man gar nicht abwägen, dafür muss man der Verwüstung durch Deutschland. Die Leute trauen sich ja gar alles tun. Wir brauchen dringend eine nüchterne gesellschaftliche nicht mehr, einfach unbefangen sie selbst zu sein. Durch all die un ge- Debatte über Gesundheit, die ein hohes Gut ist, aber eben nicht betenen Expertenmeinungen bekommen die Menschen unweiger- das höchste. Dazu soll mein Buch beitragen. Es ist geschrieben für lich das Gefühl, nur die zweitbeste Variante zu sein. Fitnessstudiobesucher mit Sinn für Humor und für die restliche Nun können aber auch Sie nicht abstreiten, dass die meisten schuldbewusst schweigende Mehrheit – als Ermutigung zum Durch- Menschen nicht gerade gesund essen? halten. < Dass alle Menschen Sünder sind, ist auch in anderen Religionen bekannt. Doch im Christentum dauert die Fastenzeit 40 Tage, in der Gesundheitsreligion das ganze Leben. Neulich erzählte mir ein

guter Freund, dass er bei der Beerdigung eines etwa 50-jährigen Das Buch «Lebenslust – wider die Diätsadisten, den Gesundheits- Manns gewesen sei, den seine Frau immer zu gesundem Essen wahn und den Fitnesskult» von Manfred Lütz ist 2002 im Münchner

gezwungen hatte und der von einem Auto überfahren worden war. Pattloch-Verlag erschienen (ISBN 3-629-01639-1). Foto: Oliver Lang

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Sprichwörtliches 21 Foto: Wolfgang Kaehler, Corbis Kaehler, Wolfgang Foto:

«Es gibt keine gesunden Menschen – nur solche, die bisher zu wenig untersucht wurden.» Alte Medizinerweisheit

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Künstler sehen die Welt mit anderen Augen als ihr Publikum. Bei Claude Monet kann man diese Aussage wörtlich nehmen. Gibt es weitere Beispiele, bei denen eine eingeschränkte Gesundheit das künstlerische Schaffen beeinfl usste? Eine Spurensuche.

Text: Andreas Schiendorfer Erkundungen auf den letzten Kontinenten

Hans Holbein der Jüngere (1497/98 –1543), dem gegenwärtig im akademie Düsseldorf entlassen, wonach er nach Bern zurückkehr- Kunstmuseum Basel eine hoch interessante Ausstellung gewidmet te. 1935 erkrankte er – wie erst postum diagnostiziert wurde – an ist, beschäftigte sich 1516 erstmals mit der Ge schichte des römi- der rätselhaften rheumatischen Krankheit Sklerodermie (griechisch schen Helden Mucius. Dieser wollte den etruski schen Herrscher «harte Haut»), die Hautveränderungen und Erkrankungen der Porsenna töten und liess sich nach seiner Gefangennahme zum inneren Organe hervorrief. Beweis der Furchtlosigkeit seines Volkes die rechte Hand im Feuer Während es unmöglich ist, herauszufiltern, wie die Linkshändig- verbrennen. Daher rührt sein Ehrenname «Scaevola» («Linkshand»). keit Klees Werk konkret beeinflusste, wird dies bei der Skleroder- Da Holbein diese Geschichte mehrmals als witzige, verschlüsselte mie augenscheinlich. Das umfangreiche Spätwerk der fünf Krank- Signatur benutzte, kann man davon ausgehen, dass er Links händer heitsjahre unterscheidet sich von seinem früheren Schaffen deutlich, war, die rechte Hand jedenfalls nicht für seine künstlerische Arbeit indem sich in ihm sein Schicksal und Leiden widerspiegelt. Mit Stift benutzen konnte. und Feder hielt Klee in umrissartigen Zeichnungen seine Verfas- Heute erachten nur noch wenige die Linkshänder als anormal und nicht gesund. Während Jahrhunderten jedoch waren sie geäch- tete Aussenseiter, und nicht selten übernahmen sie allmählich die Rolle, in welche die Gesellschaft sie drängte. So hatten Linkshän- der einen Hang zu Wahnsinn, Alkoholismus, Selbstmord, Kriminali- tät und Heuschnupfen. «Links» stand für «dunkel» und «schwach»; aber auch, und damit wendet sich das Blatt mitunter ins Positive, für «intuitiv» und «künstlerisch». Wir finden unter den Linkshändern Schriftsteller wie Johann Wolfgang von Goethe, Franz Kafka oder Mark Twain, Komponisten wie Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart oder Benjamin Britten und zahlreiche Malerinnen und Maler, so Leonardo da Vinci, Michelangelo, Albrecht Dürer, Peter Paul Rubens, Henri de Toulouse-Lautrec, Raffael oder Käthe Kollwitz. Auch wenn Linkshänder im «Kreativitätspool» wohl überpropor- tional vertreten sind, ist es wissenschaftlich nicht erhärtet, dass sie prinzipiell künstlerischer veranlagt wären als Rechtshänder. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass sie ihr Anderssein auf eine allge- mein akzeptierte Weise sublimier(t)en. Linkshänder Paul Klee (1879 –1940) war ab 1912 Mitglied der Paul Klee, «St. Georg», 1936, Öl auf Leinwand. Auch während expressionistischen Münchner Künstlergruppe «Der Blaue Reiter». seiner Krankheit schuf Klee etliche «unsterbliche» Werke.

1933 wurde der «entartete Künstler» als Professor an der Kunst- Bild: Private Collection, the Bridgeman Art Library

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sung, seine Not, Angst, aber auch Zuversicht und Hoffnung tage- indem er aus der Erinnerung (und anhand der Beschriftung der buchartig prägnant fest. Für seine Persönlichkeit spricht, dass er Tuben) die «richtigen» Farben für seine Motive auswählte und zu- daneben auch humorvolle und farbenfrohe Werke schuf. nehmend zu übergrossen Formaten überging. Seine zwischen 1918 und 1922 entstandenen Gemälde des Seerosenteichs, der japa- Wenn die Farben plötzlich nicht mehr leuchten nischen Brücke oder der Blumentore in seinem Garten in Giverny Besonders verhängnisvoll ist es für einen Maler, wenn seine Seh- offenbaren allerdings einen dramatischen Formenverlust. Die Farbe fähigkeit beeinträchtigt ist. Da rund acht Prozent der erwachsenen Rot spielt im Spätwerk eine immer wichtigere Rolle, dies in einer Männer unter einer Farbenfehlsichtigkeit – gemeinhin als «Farben- Weise, die viele zeitgenössischen Betrachter irritierte. Als «gewal- blindheit» bezeichnet – leiden, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass tige und verwirrende Studien» bezeichnete der Duc de Trévise die es darunter auch Maler hat. Am häufigsten ist die Rot/Grün-Seh- Malereien und sah «das Durcheinander von verwandten Farbtönen schwäche, seltener die Blau/Gelb-Sehschwäche. Farbenblind ist als bizarre Zusammenstellungen versponnener Gebilde, die kein beispielsweise der erfolgreichste Zeichner der Welt, der Franzose anderes Auge zu entwirren vermag». Albert Aléandro Uderzo, dem wir die Asterix-Bildergeschichten Schrieb Monet 1922, er könne nichts Schönes mehr schaffen verdanken. und müsse wohl zu malen aufhören, weil er fast blind sei, so emp- Wie sich die Beeinträchtigung des Sehsinns auf das Kunstwerk fand er nach seiner Operation die Farben wieder als leuchtender. auswirkt, kann man beim französischen Impressionisten Claude Allerdings litt er danach zunächst unter einer Xanthopsie (die Gelb- Monet (1840 –1926 ) beobachten, der die Angewohnheit hatte, über sichtigkeit beider Augen) und später unter einer Cyanopsie (Blau- Jahrzehnte hinweg immer wieder dasselbe Motiv zu malen. Monet sichtigkeit), wobei die Fehlsichtigkeit die expressive Farbigkeit nur litt unter einer zunehmenden Trübung der Augenlinse, dem so ge- zum Teil erklärt – es steckt auch freier künstlerischer Wille dahinter. nannten grauen Star (Katarakt). Bereits 1912 riet ihm sein Arzt, Im Extremfall sieht ein Künstler überhaupt nichts (mehr). Wäh- sich operieren zu lassen. Doch Monet, der sich vor der Operation rend wir blinde Schriftsteller wie Jorge Luis Borges oder Musiker fürchtete, schob diese um Jahre hinaus. Rottöne erschienen ihm wie Ray Charles und Stevie Wonder kennen, sind keine blinden plötzlich schmutzig, Rosa fad, und es fiel ihm schwer, ähnliche Maler zu Weltruhm gelangt. Erfreulicherweise gibt es immer mehr Töne zu unterscheiden. Monet empfand seine Malerei als «immer Blinde, die mittels Malerei mit ihrer Umwelt kommunizieren. In Ham- dunkler». Allmählich konnte er nicht mehr bei hellem Licht arbei- burg, Wien und anderen Städten ist unter dem Motto «Das Wesent- ten, da der graue Star das Licht zu stark streute. Vor allem grelles liche ist für das Auge unsichtbar » die Installation «Dialog im Dun- Sonnenlicht blendete ihn, so dass er aufhörte, über Mittag zu malen. keln» zu sehen, die bereits vier Millionen Besuchern in 17 Ländern Immerhin konnte er seine Probleme ein Stück weit kaschieren, eine neue, keineswegs negative Erlebniswelt vermittelte. >

Claude Monet, «Wasserlilien», 1919, Öl auf Leinwand. Zu dieser Zeit Vincent van Gogh, «Sternennacht», 1889, Öl auf Leinwand. Ent- weigerte sich Monet noch, den grauen Star operieren zu lassen. fernen sich die Wolken oder kommen sie auf den Betrachter zu? Bilder: Musee Marmottan, Paris, the Bridgeman Art Library | Museum of Modern Art, New York, the Bridgeman Art Library

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überspringender Wolken entfernen oder näher kommen.» Und auch von van Gogh sind Zeugnisse überliefert, die dies unterstreichen: «Alle Leute, die ich dann sehe, selbst wenn ich sie erkenne, was nicht immer der Fall ist, scheinen von ganz weit her zu kommen und ganz anders zu sein, als sie in Wirklichkeit sind.»

Bleivergiftung als Berufskrankheit

Neumayr hat sich auch eingehend mit Francisco José de Goya y Lucientes (1746 –1828 ) befasst. Von ihm kennen wir nicht nur eindrückliche Porträts und Fresken, sondern auch eigentliche Horrorszenen in neutralen Farbtönen mit zerstümmelten Leichen, abgetrennten Gliedmassen, sadistischen Handlungen verschie- denster Art und Verschmelzungen männlicher und weiblicher Cha- rakteristika. Tatsächlich litt der Spanier vermutlich an einer erblich bedingten schizoiden Psychose, die periodisch zutage trat. Erstmals ausgelöst wurde sie durch eine geheimnisvolle, schwere Erkran- kung, die er 1793 erlitt und die bei ihm als bleibenden Schaden Francisco José de Goya y Lucientes. Erschiessung der eine lebenslängliche Taubheit verursachte. Mutmasste man unter Aufständischen am 3. Mai 1808 in Madrid, Öl, 1814. Den Krieg Napoleons gegen Spanien verarbeitete Goya auch anderem, es könne sich hierbei um Syphilis gehandelt haben, so in den Grafiken «Los Desastres de la Guerra». plädiert Neumayr aufgrund der Krankheitssymptome für eine Blei- vergiftung. Goyas geradezu besessene Arbeitsweise bedingte, dass er seine Farben selbst mischte. Gerade das von ihm als Grundfarbe Vincent van Gogh (1853 –1890) ist wohl das Paradebeispiel eines besonders geschätzte Weiss enthielt aber viel Blei, das auf ver- kranken Künstlers, der unsterbliche Werke zu schaffen wusste. schiedene Art in seinen Körper gelangte. 1819 und 1824 dürfte Woran er litt, ist oft erörtert worden. Absolute Gewissheit wird man, Goya neuerlich an einer Bleivergiftung erkrankt sein, das eine Mal so lange nach seinem Tod, nie mehr erhalten, indes hat der öster- führte dies zu einer Herzschwäche, das andere Mal zu einer akuten reichische Internist und Künstler Anton Neumayr etliche Fehldiag- Blasenlähmung. Bereits 1713 hatte Ramazzini die Bleivergiftung nosen entlarvt. Einerseits stellt er bei van Gogh eine seit dessen als eine Art Berufskrankheit geschildert, indem er feststellte, «dass Zwanzigerjahren in Erscheinung getretene hereditäre bipolare fast alle Maler krankheitsanfällig sind, da sie konstant den verschie- Psychose fest mit abwechselnden depressiven und manischen Ver- denen Farbbestandteilen ausgesetzt sind, mit denen sie hantieren stimmungszuständen (Angst-/Glückspsychose). Anderseits litt der und die sie einatmen». Holländer an einer partiellen Form der so genannten Schläfenlap- Adolf Wölfli – Hauptvertreter der Art brut pen-Epilepsie (limbische psychomotorische Epilepsie). Dies führte bei ihm ab 1888 zu Anfallsleiden, die von einer be- Wie nahe die Kunst der Avantgarde und jene der Schizophrenen sonnenen Umdämmerung bis zum vollständigen Verlust des Be- sich mitunter sind, zeigt sich nicht nur am Beispiel von Adolf Wölfl i wusstseins führten. Gleichzeitig litt er unter Trugwahrnehmungen (1864 –1930), dem der Psychiater Walter Morgenthaler bereits 1921 und Halluzinationen sowie einer Aggressivität, die sich in Wutan- das bahnbrechende Buch «Ein Geisteskranker als Künstler» wid- fällen, aber auch Akten der Selbstverstümmelung manifestierte (er mete. Wölfli, der wie die Schriftsteller Robert Walser und Friedrich schnitt sich bekanntlich einen Teil seines Ohrs ab). Hinzu kamen Glauser einen Grossteil seines Lebens in der Psychiatrischen Angstzustände und depressive Verstimmungen sowie schliesslich Heil- und Pflegeanstalt Waldau verbrachte, hat Künstler wie Jean eine erhöhte Suizidgefährdung. Verwirrend für viele Zeitgenossen Tinguely, Bernhard Luginbühl und Daniel Spoerry inspiriert und war die völlige Klarheit in den oft lange anhaltenden anfallsfreien wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom französischen Künstler Intervallen. Die epileptischen Anfälle wurden einerseits durch über- Jean Dubuffet als einer der wichtigsten Künstler der Art brut ge- höhten Alkoholkonsum verursacht, insbesondere von Absinth mit feiert und über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht. Das dem toxischen Thujon, anderseits durch konkrete Stressfaktoren Buch «Der letzte Kontinent. Bericht einer Reise zwischen Kunst wie etwa die künstlerische Auseinandersetzung mit Paul Gauguin und Wahn» zeigt nun auf, dass auch andere, namenlose Waldau- unmittelbar vor seiner ersten Krise. Insassen wie Friedrich K. oder Hilde P. bemerkenswerte Werke Die Auswirkungen auf van Goghs Werk sind schwierig zu eruie- schufen und wie viel die abendländische Ratio der Kunst des «Letz- ren. Zwar vermutete man, eine Digitalis-Vergiftung als Folge der ten Kontinents» zu verdanken hat. Behandlung seiner epileptischen Anfälle habe zu einer Xanthopsie Wie sagte doch Wölfli einmal vor einem halbleeren Blatt sitzend: geführt; aber seine Vorliebe für Gelb ist schon früher feststellbar. «Das gibt zu tun! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie man Hingegen sind gewisse bildnerische Phänomene seiner Schläfen- dabei seinen Kopf anstrengen muss, um nichts zu vergessen. Man lappen-Epilepsie zuzuschreiben. Professor Irez von der Universität würde sicher verrückt darob, wenn mans nicht schon wäre.» < Istanbul stellt sie etwa bei der «Sternennacht » von Van Gogh fest: Literaturhinweise: Anton Neumayr. Kunst & Medizin. «Da Vinci, «Die spiraligen Arabesken bis zur regelrechten Wirbelwirkung der Goya, van Gogh», Wien (Pichler Verlag), 1996; Hans Suter. Wolken, worin die Sterne übergehen und einbezogen mit herum- «Paul Klee und seine Krankheit», Bern (Stämpfli), 2006; Michel wirbeln, ergreift die ganze Landschaft. Man weiss nicht, ob sich die Beretti, Armin Heusser (Hrsg.). «Der letzte Kontinent», Bericht einer

sternenartigen, kreisförmigen, labyrinthartigen Formen und Wel len Reise zwischen Kunst und Wahn, Zürich (Limmat Verlag), 1997. Bild: Prado, Madrid, Spain, the Bridgeman Art Library

Credit Suisse Bulletin 2/06 Gesundheit Sprichwörtliches 25 Foto: Sagel & Kranefeld, zefa, Corbis

«In der einen Hälfte des Lebens opfern wir die Gesundheit, um Geld zu erwerben; in der anderen opfern wir Geld, um die Gesundheit wieder zu erlangen. Und während dieser Zeit gehen Gesundheit und Leben von dannen.» Voltaire

Credit Suisse Bulletin 2/06 How happy are you?

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Wissenswert Begriffe aus der Finanzwelt

IWF SOX SWIFT

Der internationale Währungsfond (IWF) Als in den USA Bilanzskandale von Unter- Der Name verrät es: SWIFT (Society for überwacht und stabilisiert das weltweite nehmen wie Enron oder Worldcom auffl o- Worldwide Interbank Financial Telecom- Finanzsystem. Zahlungen zwischen Län- gen und dadurch das Vertrauen der Anleger munication) ist eine Gesellschaft mit einem dern sollen reibungslos erfolgen und eine in die veröffentlichten Finanzdaten von Unter- internationalen Telekommunikationsnetz für Wirtschaftskrise wie jene von 1929 verhin- nehmen stark sank, musste das amerikani- Banken. SWIFT wird umgangssprachlich dern. Grundsätzlich kann jedes Land mit sche Parlament reagieren. Gefragt war ein auch zur Bezeichnung für das Netz selbst einer unabhängigen Aussenpolitik dem IWF Gesetz, das Richtigkeit und Aussagekraft gebraucht. Der Hauptsitz befi ndet sich in beitreten, vorausgesetzt, es hält die Charta von Unternehmenspublizität, Finanzrech- Brüssel, rund 7800 Finanzinstitutionen in der Rechte und Pfl ichten des Fonds ein. nungen und Corporate Governance stei- mehr als 200 Ländern sind am Netz ange- Der IWF erfüllt noch eine Reihe weiterer gert; innert Kürze wurde der so genannte schlossen. Über das computergesteuerte Aufgaben. Er unterstützt seine Mitglieder in Sarbanes-Oxley Act geschaffen. Am 25. Kommunikationssystem werden aber nur fachspezifi schen Fragen, bietet ihnen tech- Juli 2002 verabschiedete der Kongress das Daten übermittelt, es werden also keine fi - nische Hilfe und gibt mehrere Publikationen Gesetz, mit der Unterschrift von George W. nan ziellen Transaktionen vorgenommen. heraus. Die zwischenstaatliche Institution Bush erlangte es am 30. Juli 2002 Rechts- Konkret kann das so aussehen: Eine Bank verfügt zudem über ein eigenes Bildungs- kraft. Nach den Worten des amerikanischen teilt einer anderen mit, dass für einen Kun- institut. Ist ein Mitgliedsland in Zahlungs- Präsidenten war es die «weitreichendste den ein Überweisungsauftrag vorliegt, des- schwierigkeiten, vergibt der IWF auch mal Reform von amerikanischen Geschäfts- sen Gegenwert die Bank zum genannten einen Währungskredit – allerdings nur unter praktiken» seit den grundlegenden Marktre- Termin holen und dem Kunden weitergeben der Bedingung, dass das Land Wirtschafts- formen in den Dreissigerjahren. Der Sarba- soll. Das SWIFT-System ist dreistufi g auf- reformen zur Beseitigung dieser Schwierig- nes-Oxley Act (SOX, SOA oder SarbOx) ist gebaut: Auf der ersten Ebene sind die Mit- keiten durchführt. nach seinen Urhebern benannt: dem Senator gliedbanken, auf der nächsten die SWIFT Der IWF wurde wie die Weltbank 1944 Paul S. Sarbanes und dem Abgeordneten Access Points und auf der dritten die in Bretton Woods gegründet. Aktuell zählt Michael G. Oxley. Er beinhaltet Bestimmun- SWIFT Operation Centers in Holland und er 184 Mitglieder, der Hauptsitz befi ndet gen im Bereich Unternehmensführung, in den USA. sich in Washington D.C. Das Stimmrecht Com pliance, Abschlussprüfungen und Be- Die übermittelten Daten sind verschlüs- der einzelnen Länder richtet sich nach ihrem richterstattungspfl ichten. Kern des SOX ist selt. Jeder SWIFT-Teilnehmer hat einen Kapitalanteil: Die USA besitzt mit 17,16 Section 404, die verlangt, dass Unterneh- acht- bis elfstelligen alphanumerischen Prozent das grösste Stimmgewicht. Geleitet mensprozesse beschrieben und defi niert BIC (Bank Identifi er Code). Der Code be- wird der IWF vom Managing Director, wel- werden und Kontrollverfahren zur Minimie- inhaltet den ISO-Code eines Landes, eine cher immer ein Europäer ist. Seit Mai 2004 rung eines falschen Bilanzausweises fest- alphanumerische Ortsangabe, den Branch hat der Spanier Rodrigo de Rato dieses gelegt werden. Code zur Bezeichnung der Filialen und vier Amt inne. Die Position des First Deputy Sowohl in den USA als auch in Europa Stellen, die frei gewählt werden können. Managing Directors hingegen wird in der tendieren Banken immer mehr zu einer integ- Anfang 2005 wurden täglich rund neun Mil- Regel von einem Amerikaner besetzt. rs rierten Umsetzung des SOX. rs lionen Nachrichten verschickt. Die Laufzeit dieser Nachrichten beträgt in der Regel um 30 Sekunden. rs

Credit Suisse Bulletin 2/06 28 Credit Suisse Business

Win-a-house Swiss Venture Club In eigener Sache

Traumhaus Innovative Bulletin-Redaktorin virtuell bauen Schweizer KMU wird prämiert

«Win-a-house.ch hat unsere Erwartungen Das nationale Netzwerk der Schweizer KMU Wir gratulieren unserer Redaktorin Ruth übertroffen. Nebst den attraktiven Preisen wächst und wächst. Erst im Herbst 2003 Hafen herzlich! Im Rahmen der Verleihung haben die über 120 000 Teilnehmer auch offi ziell gegründet, ist die Mitgliederzahl des Medienpreises Davos werden von der die begleitenden Informationen rund um des Swiss Venture Club bereits auf 1300 Schweizerischen Text Akademie jährlich das Thema Wohneigentum und Hypotheken angestiegen. Neben verschiedenen Dienst- ausserordentliche Arbeiten prämiert, die im geschätzt.» Urs Dickenmann, Leiter Private leistungen in den Bereichen Weiterbildung, Bereich Corporate Publishing veröffentlicht Banking Schweiz, und Hanspeter Kurzmeyer, Politik und Finanzierung ist dafür vor allem wurden. Ruth Hafen wurde für ihren Artikel Leiter Privatkunden Schweiz, freuen sich der Unternehmerpreis verantwortlich. Dem über die Sammlung Merzbacher-Mayer über den letztjährigen Erfolg. Motiviert durch Festakt in Lugano (siehe Bulletin 1.06) folg- («Alles so schön bunt hier!») im Bulletin die «ausgesprochen positive Resonanz» hat ten diejenigen in Bern und St. Gallen. Prä- 1.06 in der Kategorie Senior Texter mit Sil- die Credit Suisse im April eine Neuaufl age sident Hans-Ulrich Müller durfte in der ber ausgezeichnet. Die Schweizerische gestartet. Wer am Wettbewerb teilnimmt, BEA-Halle nicht weniger als 1750 Gäste Text Akademie fördert eine «moderne deut- kann sein Wunschhaus aus drei eigens von begrüssen, und auch in der Olma-Stadt sche Wirtschaftssprache» und zeichnet Architekten entworfenen Haustypen aus- war ein Besucherrekord zu vermelden. Die entsprechend Texte aus, «die ein sinnvolles wählen und die Detailgestaltung selber mo- Fachjury unter der Leitung von Andreas Mass an Fachausdrücken und Anglizismen dular vornehmen. Eine 3-D-Darstellung ver- Z’Graggen erkor die Scott Sports SA aus sowie eine allgemein hohe Verständlichkeit hilft zu einer klaren Vorstellung und lässt Givisiez zur Siegerin des Unternehmer- anstreben». os von Monat zu Monat den Traum vom eigenen preises Espace Mittelland vor der Blaser Haus virtuell wachsen. Interessierte können Swisslube AG aus Hasle-Rüegsau und jederzeit in den Wettbewerb einsteigen. Es der Togewa-Gruppe aus Bern. In der Ost- lohnt sich auch für diejenigen, denen das schweiz entschied sich die von Franziska Spielerglück nicht immer hold ist; nebst Tschudi präsidierte Jury für die Telsonic AG dem Hauptgewinn im Wert von 1,25 Millio- aus Bronschhofen, knapp vor der Swisstulle nen Franken gibt es bei den monatlichen AG, Münchwilen, und der Firma Plaston aus Gewinnspielen viele attraktive Preise zu Widnau. schi gewinnen. rg Mehr über die Preisträger finden Sie unter Mehr Informationen dazu unter www.credit-suisse.com > Credit Suisse www.credit-suisse.com/emagazine > Swiss Venture Club > Dossier win-a-house.ch Foto: Fanny Taboada

Credit Suisse Bulletin 2/06 Die Wellnessspezialisten USA Korea

Begehrtes Jointventure Design, Qualität, Mandat für Old Lane mit Woori Financial Kompetenz und Service vom Hedge Fund Group Marktleader.

Die Investmentfi rma Old Lane hat der Credit Die Credit Suisse ist mit der südkoreani- Suisse das Prime-Brokerage-Mandat für schen Woori Financial Group ein Asset- ihren neuen Multi-Strategie-Hedge-Fund Management-Jointventure eingegangen. übertragen. Das Mandat gilt im äusserst Woori ist die drittgrösste Finanzgruppe kompetitiven Umfeld grosser Hedge Funds in Südkorea mit dem zweitgrössten Filial- Sauna/Sanarium als höchst attraktiver Auftrag. netz; Woori Asset Management (WAM) wie- Entscheidend für den Gewinn des Prime- derum ist das viertgrösste Asset-Manage- Brokerage-Mandates waren einerseits Qua- ment-Unternehmen in Südkorea und ver- lität und Umfang des Börsen- und Leistungs- waltet rund 15 Milliarden US-Dollar. angebotes, andererseits auch das nahtlose Die Zusammenarbeit mit einer der stärks- Zusammenspiel der an der Betreuung des ten und renommiertesten lokalen Institu- Mandates beteiligten Stellen innerhalb der tionen im Land stellt für die Credit Suisse

Credit Suisse. einen Meilenstein in der Entwicklung ihrer Dampfbad Die Investmentfi rma mit dem kuriosen Geschäftstätigkeiten in Südkorea dar; Namen Old Lane – nichts an ihr ist alt – wur- gleichzeitig untermauert dies das Vertrauen de erst kürzlich gegründet, dahinter stehen in Südkoreas Zukunft als eines der führen- jedoch in der Finanzwelt relativ bekannte den Finanzzentren Asiens. Zudem generiert Namen wie Vikram Pandit, Guru Ramakrish- der südkoreanische Markt enorm viel Ver- nan und John Havens. mögen, das heute noch in vielen Fällen un zu- Die Lancierung im April 2006 ist mit länglich investiert ist. Der Asset-Manage - ihren zwei Milliarden Dollar eine der gröss- ment-Bereich in Südkorea bietet im asiati- Whirlpool ten Hedge-Fund-Transaktionen der letzten schen Raum denn auch herausragende Zeit. Der Fund selbst bietet einen Quer- Möglichkeiten. schnitt von Equity-, Credit-, Fixed-Income- Die Credit Suisse wird 30 Prozent an Weitere Informationen erhalten Sie in unserem kostenlosen 120seitigen und Commodity-Strategien. Die Credit Woori Asset Management im Wert von um- Übersichtskatalog inkl. CD-Rom. Suisse übernimmt mit diesem Mandat nicht gerechnet rund 56,6 Millionen US-Dollar nur einen vom Finanzhandel begehrten Auf- kaufen. Das Jointventure soll den Namen Name trag, sondern erweitert damit auch signifi - Woori Credit Suisse Asset Management kant ihr Business im Bereich der Hedge- Co., Ltd., tragen und sich unter die grössten Vorname Fund-Industrie. ba Jointventures zwischen südkoreanischen Unternehmen und ausländischen Asset- Strasse Managern einreihen. ba PLZ/Ort

Telefon

Hauptsitz

Klafs Saunabau AG Oberneuhofstrasse 11, CH-6342 Baar Telefon 041 760 22 42, Telefax 041 760 25 35 [email protected], www.klafs.ch

Weitere Geschäftsstellen in: Bern, Brig VS, Chur GR, Clarens VD, Dietlikon ZH. 30 Credit Suisse Business

Credit Suisse Asia Pacifi c CEO Paul Calello im Gespräch «Die Entwicklung in China und Indien ist ohne Vorbild»

Interview: Markus Balogh

Paul Calello, Chief Executive Offi cer der Credit Suisse Asia Pacifi c, zu Jahren überholen wird. Wie sehen Sie seiner Faszination für Asien und zur Frage, wie es mit der schnelllebigen Region den Ausgang dieses Rennens? in nächster Zukunft weitergehen wird. Keine der Analysen, die ich gelesen ha- be, kommt diesbezüglich zu einem klaren Schluss. Die beiden Länder sind derart ver- Bulletin: Sie haben mit Unterbrüchen fast Wo sehen Sie die grössten ökonomi- schieden, dass sie auch unterschiedliche zehn Jahre in Asien gearbeitet. Was zieht schen und politischen Risiken für Asien? Wege gehen werden. Sie an der Region so an? Ein konstant hohes Zinsniveau und deutlich Sind Sie optimistisch bezüglich Indien? Paul Calello: Zwischen 1987 und 1992 ha- steigende Ölpreise würden für die langfris- Indien ist einer der wichtigsten Wachstums- be ich in Japan gearbeitet, seit 2002 bin ich tige Stabilität eine Herausforderung dar- märkte im asiatisch-pazifi schen Raum. Un- in Hongkong. In dieser Zeit hat sich die Re- stellen. Ausserdem sollte man protektionis- sere Ökonomen erwarten ein Wachstum gion stark gewandelt. Was sich nicht ver- tische Äusserungen zu Handel und Invest- von rund 8,5 Prozent in diesem Jahr. Eine ändert hat: Asien fasziniert mit einer gros- ments aufmerksam beobachten. Entwicklung, wie sie in China und Indien sen Anzahl unterschiedlichster Facetten – Die chinesische Regierung steht gerade stattfi ndet, hat es noch nie gege- kulturell, wirtschaftlich, politisch. Nehmen vor grossen Herausforderungen. Neben ben. Wir haben keine Vorbilder, keine Fall- Sie Japan, zweitgrösste Wirt schaftsmacht den erwähnten protektionistischen studien. Zwei Länder, mit einer Bevölkerung der Welt mit einer enorm breiten Palette an Tendenzen einiger westlicher Staaten von jeweils über einer Milliarde Menschen, hoch entwickelten Finanzprodukten, und sind da Fragen zur Nach haltigkeit im die sich innerhalb einer relativ kurzen Zeit- stellen Sie es ganz jungen Märkten wie Viet- eigenen Land oder zum Einkommens- spanne in die globale Wirtschaft ein bin- nam gegenüber, wo wir Konsortialführer graben in der Bevölkerung … den – diese Entwicklung wird das Gesicht der Lancierung der 750 Millionen Dollar Die chinesische Regierung hat sich in den der Erde verändern. grossen Erstaufl age einer Ob ligation für die letzten Jahren als sehr umsichtig erwiesen Blicken Sie auf den Rest Asiens auch Sozialistische Republik Vietnam waren. Wir in der Behandlung ihrer anstehenden öko- so optimistisch? stehen hier täglich einem aufregenden Mix nomischen Probleme. Die Schritte, die das Die Unternehmen haben aus der Krise der an Geschäften gegenüber. Land von einem zentralwirtschaftlich gelenk- späten Neunziger viel gelernt und sind ge- Bleibt Asien das Lieblingskind ten zu einem nun teilweise marktangetriebe- stärkt aus ihr hervorgegangen. In den gu- der Investoren? nen System geführt haben, ist die Regierung ten Unternehmen der Region sind Risiko- Asien bleibt für Investoren eine höchst in- überlegt und mit viel Geduld angegangen. management und Corporate Governance teressante Region. Hier fi nden sie etliche Es ist jedoch keine Frage, dass China noch wichtige Punkte in den Agenden der Mana- der am schnellsten wachsenden Märkte der einen weiten Weg vor sich hat, aber ich bin ger. Ich blicke der Zukunft also tatsächlich Welt. Und ihr Potenzial ist längst noch nicht zuversichtlich, dass die chinesische Regie- sehr zuversichtlich entgegen. ausgeschöpft. In den ersten vier Monaten rung die Messlatte bei der Umsetzung ihrer Wo sehen Sie neben China und Indien dieses Jahres sind bereits etwa 13 Milliar- Pläne auf hohem Niveau wird halten kön- weiteres Potenzial in Asien? den US-Dollar nach Asien gefl ossen – mehr nen. Ich möchte nicht einzelne Länder oder als die Hälfte aller Neuinvestitionen in den Einige Beobachter Asiens glauben, Märkte herausstreichen. Gute Möglich- Emerging Markets. dass Indien China in den nächsten keiten für Geschäfte fi nden sich fast über-

Credit Suisse Bulletin 2/06 Credit Suisse Business 31

all. Für die One-Bank-Strategie der Credit Suisse stellt Südostasien sicher ein interes- santes Pflaster dar. Indonesien trägt Be- trächtliches im Bereich Mergers & Acquisi- tions und Kapitalmärkte bei. Die Credit Suisse ist da gut platziert. In den letzten zwei Jahren wurden wir von international renommierten Fachzeitschriften auf den ers- ten Rang als Berater für Mergers & Acquisi- tions gesetzt und wir haben drei der wich- tigsten M&A-Transaktionen in Indonesien begleitet. In Südkorea haben wir in den letzten Jahren eine starke Position im Wert- schriften- und im Firmengeschäft aufge- baut. Im April sind wir dort ausserdem ein Joint Venture mit der Woori Financial Group eingegangen, dem drittgrössten Finanz- institut des Landes. Wir werden zu den besten Asset Managers in Südkorea zäh- len. Ausserdem tauchen gerade neue span- nende Märkte auf. Welche Märkte sind das ? Vietnam, zum Beispiel, wo in den nächsten zwei bis vier Jahren Privatisierungen von Staatsbetrieben im Rahmen von fünf bis sechs Milliarden US-Dollar anstehen. Ist das voll entwickelte Japan für «Asien fasziniert mit einer grossen Anzahl unterschiedlichster Facetten – Investoren ebenso interessant wie ein kulturell, wirtschaftlich, politisch.» Emerging Market? Ende der Achtzigerjahre habe ich fünf Jah- re in Japan verbracht. Und seit ich CEO in Asien bin, reise ich jeden Monat geschäft- lich dorthin. Ich habe grossen Respekt vor dem Land. Sowohl in Bezug auf die Kultur wie auch auf die wirtschaftliche Leistung. Japan hat lange gebraucht, notwendige Re- formen im Wirtschaftssystem einzuleiten, befi ndet sich jetzt aber auf sehr gutem Weg. Ich bin so zuversichtlich wie schon lange nicht mehr: Der Turnaround hat Bestand. Wenn Sie einen Sohn von 20 Jahren hätten, würden Sie ihm also raten, hier seine Karriere anzufangen? Zur Person (Lacht) Ich habe nicht einen, sondern drei Paul Calello ist Chief Executive Officer der Credit Suisse Asia Pacific und Mitglied Söhne, dazu noch eine Tochter. Die sind des Executive Board der Credit Suisse. 1990 ist er der Credit Suisse Group als Gründungs- zwar alle noch nicht 20 Jahre alt, aber sie gehen an die Chinese International School mitglied der Credit Suisse Financial Products beigetreten. Seit vier Jahren ist er in und erhalten alle je nach Alter mehr oder Hongkong stationiert, zuvor hat er für das Unternehmen in Tokio, London und New York minder intensiv Chinesischunterricht. Das

Foto: Colin Beere gearbeitet. Paul Calello ist verheiratet und hat drei Söhne und eine Tochter. beantwortet die Fragen, oder? <

Credit Suisse Bulletin 2/06 32 Credit Suisse Business

Die Credit Suisse feiert ihr 150-jähriges Bestehen dezentral A tradition to innovate – weltweite Jubiläumsfeiern

Text: Andreas Schiendorfer

Die 1856 in Zürich als Schweizerische Kre- ditanstalt gegründete Credit Suisse hat sich im Lauf ihrer Geschichte zu einer weltweit tätigen, integrierten Bank weiterentwickelt. Ihr Erfolg gründet auf einer ausgeprägten Kundenorientierung und der Fähigkeit, früh- zeitig die richtigen Weichen zu stellen und zeitgemässe Produkte anzubieten: auf der Tradition, innovativ zu sein. Das Jubiläumsjahr trägt all diesen Aspek- ten Rechnung: Es wird dezentral und zu- sammen mit Kunden durchgeführt. Der Auf- takt wurde bereits im Januar in St. Gallen 12 gemacht (siehe Bulletin 1/2006), mittler- weile haben auch in Genf und Zürich sowie in Dubai, Luxemburg und Frankfurt Jubilä- umsanlässe stattgefunden. Dass die Mitar- beitenden nicht vergessen werden, versteht sich von selbst, und auch die breite Öffent- lichkeit profi tiert in verschiedener Weise, beispielsweise von der umfassenden Bio- grafi e des Firmengründers Alfred Escher, die bereits in zweiter Aufl age aufl iegt. Auch die zusammen mit Christo und Jeanne- Claude realisierte, weltweit erste Dokumen- tationsausstellung von «The Gates» stiess auf grosses Interesse. Im Rahmen des Jubi- 34 läumsjahres wird zudem der Swiss Venture 1 Beim Galaabend in Zürich war Bundespräsident Moritz Leuenberger zu Gast, in Genf durfte Club, das erfolgreiche Netzwerk der Schwei- Verwaltungsratspräsident Walter B. Kielholz die Schweizer Aussenministerin Micheline zer Unternehmen, besonders unterstützt Calmy-Rey begrüssen (im Bild mit Rémy Bersier, Leiter Credit Suisse Region Genf). 2 Blick (siehe dazu Seite 26). < in eine andere Architekturwelt: Jubiläumsfeier in Dubai. 3 Unabhängig von Ort und Zeit sollen die Jubiläumsveranstaltungen vor allem Begegnungen ermöglichen. 4 Christo und Jeanne- Claude faszinieren mit ihren farbenprächtigen Projekten, aber auch mit ihren persönlichen Umfassende Informationen über die bereits A u f t r i t t e n . I h r e R e t r o s p e k t i v e i m M u s e o d ’A r t e i n L u g a n o l ä u f t n o c h b i s z u m 18 . J u n i . durchgeführten und noch anstehenden Jubiläumsaktivitäten finden sich auf der

Jubiläumsseite www.credit-suisse.com/150. VogelsangSchmidHuber | Olivier | MichaelDaniel Fotos:

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Credit Suisse Asia Pacifi c Investorenkonferenz Neue Perspektiven für Asien

Text: Marcus Balogh

Mit hochkarätiger Besetzung hat die Credit Suisse in Hongkong ihre Asian Wechselkurs, die weit verbreitete Einstufung Investment Conference durchgeführt. Unter dem Motto «Thinking New von China als politische und ökonomische Perspectives on Asia» sorgte die Veranstaltung für überraschende Ausblicke auf Gefahr und schliesslich die Spannungen die asiatische Politik und Wirtschaft. zwischen China und Japan. Clyde Prestowitz widmete einen gros- sen Teil seiner Rede den wirtschaftlichen Zwischen dem 28. und 31. März 2006 fand Tham, stellvertretende Finanzministerin der Aussichten Indiens. Der ehemalige Berater in Hongkong die neunte Asian Investment Sozialistischen Republik Vietnam, sowie der der Reagan-Regierung gilt als scharfsich- Conference der Credit Suisse statt. Rund ehemalige US-Botschafter und ausgewie- tiger Ökonom mit untrüglicher Nase für an- 1200 der weltweit grössten institutionellen sene Asienexperte Stapleton Roy. stehende Trends. Sein Fazit nach zahlreichen Investoren und mehr als 250 Unternehmen Reisen durch ganz Indien: Etliche Probleme nahmen an der Veranstaltung teil. Was nach Offenes Vietnam und China harren der Lösung, aber das Potenzial des viel tönt, ist in Wirklichkeit bereits eine Aus- Die Konferenz bot Überraschendes: Mit Landes ist atemberaubend. «Teile Indiens wahl der wichtigsten Interessenvertreter. unerwarteter Offenheit sprach Le Thi Bang befi nden sich unter Umgehung der Gegen- Paul Calello, CEO Credit Suisse Asia Pa- Tham über die Liberalisierungspläne der wart auf einer Reise aus kolonialer Vergan- cifi c, dazu: «Bei der Selektion hat uns die vietnamesischen Regierung, die sich auf die genheit direkt in die Zukunft. Und es ist eine Frage der Qualität und nicht die der Quanti- Privatisierung staatlicher Betriebe und auf Zukunft, wie sie uns in der Science-Fiction- tät angetrieben.» die Erweiterung einer investmentfreundli- Serie von Raumschiff Enterprise begegnet.» Ohne Zweifel hätte sich die Konferenz chen Politik einlassen will. Wie in den Vorjahren war die Asian In- auch in einem weitaus grösseren Rahmen Der chinesische Finanz-Vize Zhu Zhi- vestment Conference ein grosser Erfolg. austragen lassen. Das Interesse der Inves- gang wiederum erklärte, dass China in sei- Die Seminare waren ausgebucht, die Red- toren an Asien ist enorm. Die Wachstums- nem elften Fünfjahresplan ein besonderes ner pointiert und zwischen Investoren und raten in der Region setzen Massstäbe, ein Augenmerk auf eine bessere – sprich: nach- Unternehmen kam es zu fruchtbaren Dialo- Ende der Entwicklung ist nicht absehbar. haltigere – Nutzung seiner Ressourcen und gen. Paul Calello: «An der Konferenz sollten Neben vielen kleinen, eher eng fokus- seiner Umwelt richte. in einem inspirierenden Umfeld die besten sierten Seminaren stellte die Credit Suisse Reichlich Gesprächsstoff boten auch Investoren mit den besten Unternehmen ein hochkarätiges Begleitprogramm auf die die Reden von Stapleton Roy und Clyde Asiens zusammengebracht werden. Ich Beine. Als Redner für einzelne, im grösse- Prestowitz. Vor dem Hintergrund seiner denke, wir haben unser Ziel erreicht.» < ren Rahmen stattfi ndende Programmpunkte 45 Jahre im US State Department blickte und als Leiter von Paneldiskussionen traten Roy nüchtern auf die amerikanisch-chinesi- international renommierte Wirtschafts- und schen Beziehungen. Drei Punkte, die laut Politgrössen an die Rednerpulte. Unter ihnen Roy in der nächsten Zeit dringend angegan- Nicholas Lardy, Senior Fellow am Institute gen werden müssen, strich der fl iessend Mehr zum asiatisch-pazifischen Wirtschafts- for Inter na tional Economics in Washington, chinesisch sprechende Ex-Botschafter da- raum fi ndet sich im Asien-Dossier des Zhu Zhigang, stellvertretender Finanzminis- bei besonders heraus: die US-chinesische emagazines der Credit Suisse: www.credit- ter der Volksrepublik China, Le Thi Bang Handelsbilanz und der US-Dollar-Renminbi- suisse.com/emagazine

Credit Suisse Bulletin 2/06 34 Credit Suisse Engagement

Fussball Nachwuchsförderung ist die Basis des Erfolgs Der Fussballnachwuchs von heute stellt den Weltmeister von 2010

Text: Andreas Schiendorfer

Denkt man im Spitzenfussball an Nachwuchsförderung, denkt man sofort an Kanu, Johnny Rep, Frank Arnesen, Zlatan Ajax Amsterdam und an den FC São Paulo. Aber auch der Schweizerische Ibrahimovic, Dani sowie Nigel de Jong und Fussballverband hat, mit Unterstützung der Credit Suisse, in den letzten zehn Rafael van der Vaart. Jahren grosse Anstrengungen unternommen und gilt mittlerweile anderen Nationalverbänden als Vorbild. Der entscheidende Tipp heisst TIPS Das Erfolgsrezept wird in der Formel TIPS zusammengefasst: Technik, Spielverständ- Der Weltfussballer der Jahre 1998, 2000 Moor» geschildert wird. In der wissen- nis/Intelligenz (holländisch «inzicht»), Per- und 2001, Zinedine Zidane, wird Zizou, schaftlichen Studie «Laozi fl ankt, Konfuzius sönlichkeit und Schnelligkeit. weisse Katze, gerufen. Als 14-Jähriger wurde dribbelt» über die Anfänge des Fussballs Die Amsterdamer führten ein engma- der Sohn einer aus Algerien nach Frank- in China weist Helmut Brinker darauf hin, schiges Scoutingsystem ein, durch das reich eingewanderten Berberfamilie von dass junge Fussballer schon während der kein sieben- bis zwölfjähriges Talent der der AS Cannes ins Fussballinternat geholt – Tang-Dynastie, im 7. und 8. Jahrhundert also, Region fallen kann. In die Ajax-Schule wird diese Internate sind seit Jahren das Erfolgs- auf den Baizitu, den «Bildern von hundert man jedoch erst nach einem sechswöchigen rezept der französischen Nachwuchsförde- Kindern», dargestellt wurden. Probetraining aufgenommen, und man muss rung. Zizou spielte bereits mit 16 Jahren in Von einer Nachwuchsförderung im sie sofort wieder verlassen, wenn man die der obersten französischen Spielklasse, modernen Sinn kann dabei allerdings nicht TIPS-Kriterien nicht erfüllt. Als Jugend- debütierte allerdings «erst» mit gut 22 Jah- die Rede sein. Für viele begann diese erst trainer können meist frühere Spitzenspieler ren in der Nationalmannschaft. Die Schwei- mit der Ajax-Schule in Amsterdam. Seit Jo- gewonnen werden. So zählten die ehemali- zer hoffen, dass er zwölf Jahre später nicht han Cruyff 1973 zum FC Barcelona wech- gen Bundesligaprofi s Bryan Roy und Sonny mehr die gleiche raubkatzenhafte Unwider- selte, hat Ajax Toptalente geradezu am Silooy sowie die Europameister von 1988, stehlichkeit auf den Rasen legen wird... Fliessband produziert. Weit über 100 Spit- John van’t Schip, Marco van Basten und zenfussballer haben seither den Weg aus Arnold Mühren, zum Trainerstab der von Auf dem Weg zum Fussballgott der niederländischen Eredivisie in die Top- Danny Blind geleiteten Ajax-Schule. Nach- Der Name Zizou oder genauer Cizhou führt ligen Europas gefunden. Ihre Namen lesen dem Blind im März 2005 zum Trainer der uns nach China, in den Süden der Provinz sich wie ein wunderbares Fussballgedicht ersten Mannschaft aufgestiegen ist, unter- Hebei, wo zur Zeit der Jin-Dynastie die vom Totaal Voetbal, der von Rinus Michels steht der Nachwuchstrainerstab jetzt John berühmte Cizhou-Keramik hergestellt wur- erfunden wurde und bei dem es keine klare van de Brom. Er kann neben Roy und Müh- de, so auch eine oktogonale Kopfstütze, auf Aufgabenteilung zwischen Defensiv- und ren auch auf Frank de Boer zählen. der ein Nachwuchsfussballer beim Training Offensivfussballern mehr gibt. Jeder be- Die knapp 200 Spieler der Ajax-Schule abgebildet ist. Das Kopfkissen aus dem herrscht alles, jeder macht (fast) alles. Marco werden auf allen Stufen konsequent mit 12./13. Jahrhundert sollte vielleicht helfen, van Basten, Johan Neeskens, Edgar Davids, dem gleichen Spielsystem ausgebildet, den Traum von der grossen Fussball karriere Frank und Ronald de Boer, Jari Litmanen, was den Einbau in die jeweils nächsthöhere zu erfüllen, den Traum vom Fussball- Gott – Gerrie Mühren, Finidi George, Sören Lerby, Mannschaft erleichtert. «Unser Haussys- Gao Qiu – etwa, wie er im 1330 entstande- Jan Wouters, Clarence Seedorf, Michael Rei- tem bleibt 4-3-3», erklärt Danny Blind. «So nen Roman «Die Räuber vom Liangshan- ziger, Patrick Kluivert, Wim Jonk, Nwanko lernt jeder am besten, wie die Laufwege

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sind, wie man den Gegner austrickst und welche Pässe man schlägt.» Ajax fördert den Angriffsfussball, baut auf technischen Fertigkeiten auf, strebt bei allen Spielern und auf allen Spielpositionen Kreativität an und setzt eine eigene Clubkultur durch. Das A und O von Ajax ist auf dem Spielfeld rechtzeitiges Antizipieren und schnelles Orientieren. Der Erfolg gab Ajax lange unein- geschränkt Recht. Insgesamt 29 Meistertitel und 15 Cupsiege holte man sich auf natio- naler Ebene, international gewannen die Holländer viermal die Champions League, vormals Cup der Meister; im Cup der Cup- sieger und im UEFA-Cup schwangen sie je einmal obenaus. Dass es seit rund zehn Jahren nie mehr zum ganz grossen Erfolg gereicht hat, hat zwei Gründe: Zum einen führte das so ge- nannte Bosman-Urteil von 1995 dazu, dass die Talente den Verein schon in jungen Jah- ren verlassen, während sie vorher noch einige Saisons im Fanionteam mitgespielt haben. Zum anderen ist der Fussball noch athletischer geworden – neben den schnel- len, nicht besonders grossen Technikern braucht es mehr und mehr auch robuste , geboren am 1. Februar 1986 in Santa Marta, Kolumbien, schrieb an der EURO 2004 mit seinem Tor gegen Frankreich Geschichte: Er ist der jüngste EM-Torschütze. «Kleiderschränke», an denen es buchstäb- Gegen Brasilien reichte es aber an der U20-WM 2005 nicht zum Erfolg. lich kein Vorbeikommen gibt. Darauf legt Amsterdam nach Meinung von Fachleuten nach wie vor zu wenig Wert. Auch Piet Hamberg, Ausbildungschef des Grasshopper-Clubs Zürich, war wäh- Mit Brasilien eine Rechnung offen rend Jahren bei Ajax tätig. Deshalb erstaunt Was dürfen wir uns von der A-Nationalmannschaft in Deutschland erhoffen? In der Gruppe es nicht, dass im GC-Campus in Nieder- hasli der Grundsatz vorherrscht: Zuerst den mit Frankreich, Südkorea und Togo ist ein Weiterkommen nicht unmöglich. Der Traum Ball beherrschen, dann den Gegner domi- wäre ein Spiel gegen Brasilien. Die Seleção ist, wie man spätestens im Zusammenhang mit nieren und erst zuletzt die spieltaktischen dem Trainingslager in Weggis realisierte, in der Schweiz aufgrund ihres attraktiven Spiels und athletischen Elemente verbessern. überaus beliebt. Gehen wir davon aus, dass Brasilien Gruppensieger wird, so kann die Im Übrigen gibt es in Holland natürlich nicht nur Ajax Amsterdam. Die Eredivisie ist Schweiz als Gruppenzweiter hinter Frankreich im Viertelfinal auf Brasilien treffen; wird die laut Spielerberater Angelo Semeraro für Schweiz ebenfalls Gruppensieger, kommt es erst im Final zum «Derby». Und wie sagte einen jungen Schweizer die ideale erste doch jüngst im emagazine-Live-Chat: «Nach der 0:1-Niederlage an der Auslandsetappe: «Nur dort werden junge U20-WM in Holland haben wir mit Brasilien noch eine Rechnung offen!» Unmöglich? Spieler in der obersten Spielklasse wirklich Die Bilanz jedenfalls ist praktisch ausgeglichen (1 Sieg/3 Remis/2 Niederlagen). An der noch weiter ausgebildet.» Während bei Jo- hann Vogel, dem Captain der National- Weltmeisterschaft 1950 reichte es in São Paulo zu einem 2:2 (zweifacher Torschütze Jacky mannschaft und Spieler der AC Milan, die Fatton), und beim letzten Aufeinandertreffen am 21. Juni 1989 in Basel siegte die Schweiz Rechnung beim PSV Eindhoven uneinge-

Foto: Andreas Meier mit 1:0, Torschütze Kubilai Türkyilmaz. Joga bonito, Suíça! schränkt aufgegangen ist, erfährt gegen- >

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wärtig Johan Vonlanthen, eines der gröss- ten Schweizer Talente, dass es auch in Holland nicht einfach ist, sich durchzuset- zen. Er muss sich momentan bei NAC Breda durchbeissen und gegen den Abstieg aus der Eredivisie kämpfen.

Weltweit grösster Fussballer-Exporteur Will man eine mit Ajax vergleichbare Na- menskette bilden, so gibt es weltweit nur eine Alternative. Diese klingt ebenso magisch und steht für Futebol bonito, für den schö- nen Fussball: Kaká, Cafu, Júlio Baptista, Edmilson, Edu, Fabio Aurélio, Denil son, Caio, Bordon, Kléber, Luis Fabiano – die Zuhörer der von Marcel Schmid organisier- ten International Football Arena auf dem Sonnenberg in Zürich kamen aus dem Stau- nen nicht heraus, als Präsident Marcelo P. Gouvêa aufzählte, welche der vom FC São Paulo ausgebildeten Spieler in den letzten elf Jahren den Weg in die europäi- schen Spitzenvereine gefunden haben. Und Gouvêa verzichtete zunächst auf die Erwäh- nung von Rai, Serginho, Belleti, Juninho und Leonardo, die zwar einige Zeit bei São Paulo gespielt haben, dort aber nur einen , geboren am 18. Januar 1987 in Abidjan, Elfenbeinküste, besuchte das SFV- Teil ihrer Ausbildung erfuhren. Ausbildungszentrum in Payerne. Unterdessen spielt er, mit , im Fanionteam Man kann es auch anders formulieren: von Arsenal London und hat auch in der A-Nationalmannschaft debütiert. «São Paulo is the greatest world exporter of soccer players», wie eine englische Fachzeitung kürzlich feststellte. «Wir inves- tieren jährlich zwei Millionen Dollar in die Nachwuchsausbildung und nehmen durch- schnittlich neun Millionen Dollar an Trans- fersummen ein», führte der Präsident mit Libertadores, und in Tokio mit dem Sieg TC AFC sichtlichem Stolz aus. Er ist mit dem fi nan- gegen Liverpool auch zum dritten Mal den competition development ziellen Erfolg hoch zufrieden, auch wenn die Weltcup beziehungsweise die Klub-Welt- individuality group Spieler in der Regel bei ihrem nächsten meisterschaft. Offensichtlich haben nun tactics fundamentals Wechsel innerhalb Europas jeder für sich Gouvêa und seine Trainer, allen voran Paolo professionalism amateurism allein die genannten neun Millionen kostet. Autuori, die richtige Mischung gefunden. high exposure low exposure Wie Ajax Amsterdam zollte aber auch In São Paulo leben die jungen Spieler less convivial more convivial São Paulo dem frühen Verkauf seiner bes- im Laudo Natel Athlete Formation Center medium discipline high discipline ten Spieler – Robinho und Cicinho an Real (AFC), wo sie von einem professionellen comfort soberness Madrid sind die jüngsten Beispiele – Tribut, Betreuerstab ausgebildet werden. Die U20- Bei den jüngeren Spielern wird also ein indem er während Jahren nicht mehr mit der Spieler werden ins Training Center Frede- Schwerpunkt gelegt auf das Entwickeln von Spitze des südamerikanischen Fussballs rico A. G. Menzen (Barra Funda; TC) aufge- Grundlagentechnik und Gemeinschaftsge- mithalten konnte. 2005 allerdings gewann nommen. fühl, dies möglichst ohne äusseren Erfolgs- São Paulo zum dritten Mal die amerikani- Die Unterschiede der Ausbildungsstät- druck, aber auch ohne fi nanzielle Entschä-

sche Champions League, also die Copa ten fasst Gouvêa wie folgt zusammen: digung und Komfort. Foto: Andreas Meier

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Die Auswahl an potenziellen Jugendlichen alle gehören zu den 20 Talenten, die im aber nicht absteigen können. Auf die Saison für das Fussballinternat ist im Fussballland März 2006 vom Schweizerischen Fussball- 2000/01 hin wurden die ältesten Junioren Brasilien natürlich noch grösser als in Hol- verband neu ins Projekt «Footuro 2008» in die Aktivmeisterschaft integriert: Die land, zumal der geliebte Sport für den Gross- aufgenommen wurden. Einzig der FC Zü- Teams von Basel, GC, Luzern, St. Gallen, teil der Bevölkerung die einzige Möglichkeit rich stellt mit Abdi und Gashi ebenfalls Young Boys und Zürich spielen seither als ist, gesellschaftlich aufzusteigen oder we- mehr als einen Spieler. Jonas Elmer (Chel- U21 in der 1. Liga mit, nicht selten mit noch nigstens ein Leben ausserhalb der Armut sea London), Angelo Dorsa (AS Brescia jüngeren Spielern. GC beispielsweise be- zu verbringen. Die Selektion beim FC São Calcio), Davide Redzepi (FC Modena) und gann Mitte März die Partie gegen Cham mit Paulo ist so streng, dass, wie es heisst, Jonathan Rossini (US Sampdoria Genova) neun Spielern des Jahrgangs 1987. selbst Pelé dort durchgefallen sei. Kein spielen bereits im Ausland. «Die interessan- Nun geht der Verband einen Schritt wei- Wunder, wird Pelé in Brasilien oft nur als testen Schweizer Nachwuchsspieler sollen ter und schafft die U19-Meisterschaft ab, zweitbester Fussballer aller Zeiten hinter gezielt, langfristig und individuell auf die damit die Leistungspyramide noch steiler Garrincha angesehen ... EURO 08, die WM 10 und die EM 12 vorbe- wird. Künftig wird beispielsweise ein Team Trotz dieser knallharten Auslese ist es reitet werden», betont der SFV auf seiner Aargau, bestückt mit Spielern von Aarau, aber gerade die Lust am Fussball, die Freude Homepage. Auch die übrigen Hoffnungs- Baden und Wohlen, an der U18-Meister- am schönen Fussball, was die Brasilianer träger seien hier aufgeführt: Arona (Lau- schaft teilnehmen. auszeichnet. Auch hier kommen taktische sanne), Ciarrocchi (Win terthur), Mutombo Darüber hinaus wurde 2000 vom dama- und athletische Ausbildung im Vergleich zu (Servette), Galli (Mün singen), Haas (GC) ligen Bundesrat Adolf Ogi die Berufssport- den meisten europäischen Ländern später und Tavares (Sion). lerlehre eingeführt, deren erste Absolven- zum Zuge. Den Spielern, die auf der Stras- ten, etwa Diego Würmli oder Michael Diet- se, in Hinterhöfen, am Strand oder in Fut- Auszeichnungen für Frei und Bruggmann helm, man letzten Sommer zum erfolgreichen sal-Hallen ihrer Leidenschaft nachgehen, Die Nachwuchsförderung in der Schweiz Abschluss beglückwünschen konnte. sollen möglichst wenig Fesseln angelegt trägt verschiedene Namen. So wurde im Der Verband selbst konzentriert sich auf werden. Kreative Technik wird gross ge- April dieses Jahres auf Schloss Lenzburg die Führung von Ausbildungszentren auf schrieben und durch Spiele «4 gegen 4» Bernhard Bruggmann, seit langem ein aner- der Stufe Préformation (Sekundarschule), oder «5 gegen 5» auf engstem Raum bezie- kannter Förderer des Kinderfussballs, von so in Payerne (seit 2000), Emmen und Tene- hungsweise «11 gegen 11» auf einem halben der Sporthilfe als einer der Nachwuchstrai- ro (seit 2005), sowie für Mädchen in Huttwil Spielfeld aktiv gefördert. ner des Jahres ausgezeichnet – eine Ehre, (2004). Hier leben die Talente in Gastfami- Da die neue Generation brasilianischer die im Vorjahr Markus Frei, Trainer der U17- lien, trainieren mindestens einmal pro Tag Spitzenfussballer, die nun fast ausnahmslos Europameister, zuteil geworden war. Die gemeinsam, gehen in die reguläre Schule im Ausland spielt, sich auch die disziplinier- Fäden in der Hand hält indes Hansruedi und spielen am Wochenende in ihren te Spielkultur Europas ein Stück weit verin- Hasler, seit 1995 Technischer Direktor des Stammklubs. Mit Johan Djourou (Arsenal) nerlicht hat, steht die Seleção von Carlos Fussball verbands, dessen Konzept der absolvierte eine der grössten Nachwuchs- Alberto Parreira seit Jahren in der FIFA- Talenterfassung und der Talentförderung hoffnungen diese Ausbildung. Weltrangliste zuoberst und gilt auch in seit zehn Jahren mit der Unterstützung der Wohin aber geht die Schweizer Fuss- Deutschland als «équipe à battre». Man Credit Suisse umgesetzt wird. Dies gelang ballreise mit der neuen, erfolgversprechen- kann sich auf ihren Fussball nur freuen. in erster Linie dank der Professionalisierung den Ausbildung? Der SFV, derzeit als 17. der Trainerausbildung und der Einsetzung Team Europas in der FIFA-Weltrangliste Die Jahrgänge 1987 bis 1989 drängen von vollamtlichen Trainern für die Nach- auf dem 35. Platz, hat sich ein ehrgeiziges Für ein «Namensgedicht» gibt es in der wuchsauswahlen, die sich dem 4-4-2 ver- Ziel gesetzt: den Europameistertitel 2008. Schweiz zwei Varianten: die jungen Spieler schrieben haben. Auch Jakob Kuhn, seit Und wir fragen uns: «Warum nicht? Joga im Ausland, die nun in aller Munde sind, wie 2001 Trainer der A-Nationalmannschaft, bonito, Suíça!» < Senderos, Barnetta, Vonlanthen und Co., diente sich zuvor als Nachwuchstrainer und jene der nächsten Generation mit Talen- nach oben und lernte dabei die meisten sei- ten wie Alic, Keller, Leutwyler, Morganella, ner heutigen Spieler von jung auf intensiv Gündüz, Halimi, Rakitic und Sommer. kennen. Diese acht Basler Nachwuchsspieler Aber auch Eingriffe in den Spielmodus Mehr über die Nachwuchsförderung der Jahrgänge 1987 bis 1989 sind der breiten erhöhen die Qualität: Es wurden die U-Ka- in Brasilien, Holland und Öffentlichkeit wohl noch wenig bekannt. Man te gorien geschaffen, bei denen die Vereine in der Schweiz findet sich unter sollte sich die Namen jedoch vormerken: Sie strenge Kriterien erfüllen müssen, dafür www.credit-suisse.com/fussball.

Credit Suisse Bulletin 2/06 38 Credit Suisse Engagement

Sportsponsoring Gründung der Young Kickers Foundation Das Giant Fan Picture führt die National- mannschaft zum Erfolg

Text: Andreas Schiendorfer

Auf der Fussballseite – www.credit-suisse. Die Credit Suisse ist auch im WM-Sommer immer am Ball – und setzt die Fans com/fussball – fi ndet man alle wichtigen ins Bild. Das Giant Fan Picture mit rund 50 000 Fanbildern bringt der National- Informationen über den Schweizer Fussball. mannschaft das entscheidende Plus. Ganz sicher!

Wie viele Tage geht es eigentlich noch bis Fussballer werden am 13. Juni in Stuttgart Caviezel, Leiterin Sportsponsoring. «Trotz- zum ersten Spiel unserer Nationalmann- gegen Frankreich, am 19. Juni in Dortmund dem sind die Kids mit grossem Einsatz schaft an der WM? Es sind, zum Glück, gegen Togo und am 23. Juni in Hannover dabei und erzielen hoffentlich viele Tore.» immer weniger. Wer es ganz genau wissen gegen Südkorea mit Leidenschaft sowie mit will, kann die Countdown-Uhr auf der neu grossem technischem und taktischem Kön- Young Kickers Foundation gestalteten Fussballseite der Credit Suisse nen aufspielen, damit mindestens der Ach- Hat die Credit Suisse bis jetzt vor allem die (www.credit-suisse.com/fussball) zu Rate telfi nal erreicht werden kann. Elite des Schweizer Fussballs gefördert, so ziehen – und fi ndet dort nebst Wettbewer- Am Mittwoch, 14. Juni – also mitten wäh- will sie nun als Ergänzung dazu den Brei- ben auch viele nützliche Informationen und rend der WM – fi ndet in Bern das Finaltur- tenfussball unterstützen. Deshalb ist die Bilder. Zum Beispiel von der grossen Unter- nier des traditionellen Credit Suisse Cup Young Kickers Foundation im Rahmen der stützungsaktion der Schweizer Fans für die statt, an dem Jahr für Jahr 150 000 Schüler rechtlich selbstständigen, gemeinnützigen Nationalmannschaft, dem «Giant Fan Pic- teilnehmen. Wer weiss, was später aus die- Stiftung Symphasis eingerichtet worden. ture», das zusammengesetzt wird aus Por- sen jungen Talenten wird. Früher spielten Dazu Sandra Caviezel: «Unsere ‹Initiative träts, die die Fans per E-Mail oder MMS jedenfalls auch Alain Sutter, Remo Meyer, Breitenfussball› bezweckt die Förderung eingeschickt haben. «Minimaler Aufwand, Ricardo Cabanas und Alex Frei mit. Und bei des nichtprofessionellen Fussballs in der maximale Wirkung», meint dazu Adrian der allerersten Durchführung zählte ein ge- Schweiz und leistet damit einen gesell- Schüpbach, Leiter Sponsoring der Credit wis ser Roberto Di Matteo aus Schaffhausen, schaftlichen wie sportpolitischen Beitrag.» Suisse. «Für uns soll Fussball vor allem nachmals Star bei Lazio Rom und Chelsea, Das Stiftungskapital wird durch Einlagen positive Emotionen wecken. Und gibt es gar zu den Siegern. und Spenden der Credit Suisse geäufnet; etwas Stimmungsvolleres, als wenn rund Zu diesem Zeitpunkt sind die «Mini es sind aber auch Zuwendungen Dritter 50 000 Fans die Schweizer Nati verabschie- Champs» bereits erkoren. Zwischen dem willkommen. Neben einer Starteinlage den, sobald diese sich auf den Weg nach 20. Mai und dem 11. Juni wurden bezie- überweist die Credit Suisse pro Tor, das Deutschland begibt? Die Giant-Fan-Pictu- hungs weise werden in den Regionen Ba- an den Credit Suisse Mini Champs erzielt re-Aktion, die kurz vor dem Abschluss steht, sel, Bern, Zürich und Genf jeweils zwei wird, 20 Franken sowie pro Giant-Fan-Pic- ist aus unserer Sicht ein voller Erfolg.» Turniere für Buben und Mädchen der Jahr- ture-Aufnahme einen Franken in die Young gänge 1997/98 und 1999/2000 durchge- Kickers Foundation. Am 8. Juni auf dem Flughafen führt. Länderteams mit fünf Spielern und Das Projekt wird vom Schweizerischen Tatsächlich wird das Giant Fan Picture auf drei Ersatzleuten suchen dabei ihren Cham- Fussballverband mitgetragen, weshalb die- dem Flughafen aufgestellt. Und es wird sei- pion. «Hier geht es wirklich um Spass, um ser im Ausschuss der Young Kickers Foun- ne Wirkung nicht verfehlen. Die Schweizer die Freude am Fussball», betont Sandra dation ebenfalls vertreten ist. <

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Sportsponsoring Nachwuchsförderung seit 25 Jahren Einst war auch Fabian Cancellara ein Nachwuchssportler

Text: Andreas Schiendorfer

Diese vier weiblichen Musketiere, die Die Degenfechterin Sophie Lamon und der Skifahrer Beat Feuz sind die 2005 den Junioren-WM-Titel im Degenfechten Nachwuchssportler des Jahres 2005. Der Prix Credit Suisse für spezielle gewannen, sorgen vielleicht 2008 an den Olympischen Spielen in Beijing für Furore. Verdienste in der Nachwuchsförderung geht an den Schweizerischen Turn verband. Der Ostschweizer Snowboardverband erhält einen Spezialpreis.

Nachwuchssportler zu unterstützen, ist für Dass die Mischrechnung für alle Beteiligten Preisträger für ihre 2005 erbrachten Leis- den Sponsor auf den ersten Blick wenig aufgeht, beweisen die Fussballer. Da die tungen geehrt. Die Degenfechterin Sophie attraktiv. Trotz ausgezeichneter Leistungen Credit Suisse seit 1993 den Nachwuchs mit Lamon gewann an der Junioren-WM in Linz sind die jungen Talente in der breiten Öffent- 50 Prozent des Sponsoringbeitrags an den die Einzelwertung und, zusammen mit Tif- lichkeit noch weitgehend unbekannt. Sophie Schweizerischen Fussballverband fördert, fany Géroudet, Lorraine Marty und Simone Lamon, die bereits als 15-Jährige an den kann sie sich heute über eine junge, viel Näf, die Teamwertung. Letzteres wurde mit Olympischen Spielen 2000 in Sydney mit versprechende Nationalmannschaft freuen. dem Titel «Nachwuchsteam 2005» belohnt. der Degenmannschaft die Silbermedaille Es erstaunt denn auch nicht, dass nicht nur Beat Feuz wiederum dürfte in absehbarer gewann, bildet da eher die Ausnahme. die U17- Europameister als Nachwuchsteam Zukunft ein starker Ski-Allrounder werden. Bruno Barth, Direktor Sporthilfe, erach- 2002 ausgezeichnet wurden, sondern spä- 2005 gewann er an der WM in Bardonec- tete es deshalb an der diesjährigen Sport- ter auch Markus Frei als Nachwuchstrainer chia die Bronzemedaille im Slalom, vor we- lerehrung auf Schloss Lenzburg keines- des Jahres. nigen Wochen wurde er in Québec Vierter wegs als selbstverständlich, dass sich in der Abfahrt und im Super-G. Sechs Trai- die Credit Suisse seit der Einführung der Selbst Seilziehen kommt zum Zug ner wurden als Nachwuchstrainer 2005 Sporthilfe-Nachwuchspreise 1981 in die- Überblickt man die Siegerlisten seit 1981, geehrt: Bettina Villars, Badminton, Bern- sem Bereich engagiert. Umgekehrt weiss so fi ndet man aber fast alle Sportarten auf- hard Bruggmann, Fussball, Marcel Burk- aber gerade die Credit Suisse, die bei ihrem geführt: Die Curler haben mit fünf Titelge- hard, Judo, Walter Fink, Leichtathletik, Sponso ring auf langjährige Partnerschaf- winnen fast schon ein Abonnement gelöst, Alfred Gut, Schiessen und Rolf Müller, ten setzt, wie wichtig die Nachwuchsförde- 1991 kam aber auch die Voltige-Gruppe RC Kunstturnen. rung von heute für die sportlichen Spitzen- St. Gallen zum Zug und 1988 sogar die Juni- Den erstmals in dieser Form vergebe- leistungen von morgen ist. oren-Nationalmannschaft im Tauziehen! nen Prix Credit Suisse 2005 erhielt der Sandra Caviezel, Leiterin Sportsponso- Zwar gehen nicht alle sportlichen Träume Schweizerische Turnverband, Abteilung ring, steht aus Überzeugung hinter diesem in Erfüllung, aber ein ansehnlicher Teil der Kunstturnen Männer. Für seine innovative Engagement: «Die Credit Suisse hat bereits Nachwuchssportler hat sich später in der Nachwuchsförderung bekam zudem der vor Jahren die Nachwuchsförderung als Elite durchgesetzt, so etwa der allererste Ostschweizer Snowboardverband (Boar- einen der Schwerpunkte ihrer Sponsoring- Preisträger, der Kunstturner Sepp Zellwe- ding Association Switzerland East) von der philosophie defi niert. Dies betrifft den Golf- ger (1981). Nicht zu vergessen der aktuelle Credit Suisse einen Sonderpreis. < verband genauso wie den Hochschulsport- Sieger des Radklassikers Paris – Roubaix, verband oder das Schweizerische Sport- Fabian Cancellara (1998 und 1999). Vor Mehr Informationen unter www.sporthilfe.ch

Foto: KurtFoto: Schorrer, Photopress Gymnasium in Davos.» wenigen Wochen nun wurden die neuen sowie www.credit-suisse.com/emagazine

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Rugby Hong Kong Sevens England erobert Hongkong im Sturm

Text: Markus Balogh

Die Cathay Pacifi c/Credit Suisse Hong Kong Sevens sind einer der wichtigsten loslegen, sich auf den Angreifer stürzen, als Sportanlässe im asiatischen Raum. 24 Nationen machen sich drei Tage lang gäbe es kein Morgen, oder taktisch ge- die Herrschaft um einen eiförmigen Ball streitig. Ein Event, der 40 000 Fans ins schickt den Ball am Gegner vorbei mani- Hong Kong Stadium und Millionen von Zuschauern vor den Fernseher lockt. pulieren können. Was anderswo nur eine Floskel ist, ist hier die Regel Nummer 1: Teamwork steht über allem anderen. 00:00. Die offi zielle Zeitanzeige war so- Ursprünglich wurde Rugby von je 15 Leuten In der Tat treten erfolgreiche Mann- eben stehen geblieben, als der letzte Touch- in einem 80 Minuten dauernden Spiel aus- schaften wie Australien, Neuseeland, die down erfolgte. England schlug Fidschi 26 getragen. Eine Rugby-Sevens-Mannschaft Fidschi-Inseln oder England wie gut geöl- zu 24 – und das Hong Kong Stadium explo- hingegen umfasst sieben Spieler, und eine te Maschinen auf. Dabei geht es hart zur dierte. Zwischen dem 31. März und dem Partie dauert zwei Mal sieben Minuten – die Sache – aber es wird kaum einmal wirklich 2. April 2006 hatte sich die Elite der Rugby- Finale werden auf zwei Mal zehn Minuten unfair. Erstaunlich: Vergreift sich ein Spie- Welt zum dreissigsten Mal in Hongkong ausgedehnt. ler einmal in der Hitze des Gefechts an ei- die Ehre gegeben und 40 000 Zuschauer Am 28. März 1976 nahmen Korea, Aus- nem Gegner, wird das von den Kameras nahmen feiernd daran teil. Zugereist aus tralien, Neuseeland, Tonga, Japan, Sri Lan- aufgenommen und auf riesengrosse Fern- allen vier Ecken der Welt, viele verkleidet in ka, Malaysia und die Fidschi-Inseln am sehwände projiziert. Das Publikum kennt exaltierten Kostümen, unzählige Zuschauer ersten Hong Kong Sevens Tournament teil. keine Gnade. Wer foult, wird ausgebuht. haben die Flaggen ihrer Lieblingsmann- Eine erstaunliche Leistung: Innerhalb von Natürlich, wie andernorts auch, gibt es schaft auf Gesicht und Körper gemalt. Hier weniger als zwölf Monaten hatten es die «ewige» Favoriten. Die Fidschi-Inseln ha- ist Rugby, was andernorts Fussball ist. Verantwortlichen fertig gebracht, einen ben elf Mal den Sevens Cup geholt, Neu- Die Idee zum Rugby Sevens Tourna- Sport anlass auf die Beine zu stellen, der die seeland acht Mal. Die Australier haben es ment soll an einem nebligen Frühlingstag Rugby-Welt bis heute in Atem hält – und an vier Mal geschafft und sind damit gleich im Jahr 1975 im ehrwürdigen Hong Kong Popularität nach wie vor zulegt. stark wie die Engländer. Die sind immerhin Club bei einem Apéro zum ersten Mal de- seit 2002 unbesiegt – wer jetzt nachgezählt battiert worden sein. Als Drahtzieher agier- Sie treibens bunt – auf und um den Rasen hat: Letztes Jahr fanden statt der Hong ten A.D.C. «Tokkie» Smith, der Vorsitzende So bunt und breit gestreut das Spektrum Kong Sevens die IRB Rugby World Cup der Hong Kong Rugby Football Union, und der heutigen Mannschaften, so gross die Sevens statt. Gewonnen wurden sie von der Promotion Manager eines Tabakkon- Palette der Zuschauer der Rugby Sevens den Fidschi-Inseln. Macht also vier Siege zerns, der ein grosses Rugby-Turnier mit in Hongkong. Alle sind willkommen, und in einer Reihe für England. den herausragendsten Teams der Welt statt- alle scheinen gleich viel Spass zu haben, Die diesjährigen Spiele endeten – wie finden lassen wollte. Nur wie? Eine ausrei- vom Rentner bis zum Kleinkind. Sogar der üblich – in Minne. Der ehemalige britische chende Anzahl Mannschaften, die jeweils Sport hat etwas grundsätzlich Demokra- Premierminister John Major, Gast der Cre- 80 Minuten spielen? Das wäre zu einer Ver- tisches an sich. Wohl haben die einzelnen dit Suisse in der Ehrenloge der Hong Kong anstaltung im Umfang einer Fussball-WM Spieler ihre Stärken, aber keiner kann nur Rugby Union, strahlte, als er seinen Jungs geworden. Also einigte man sich auf die Stürmer sein, keiner sich nur auf die Vertei- den Sevens Cup überreichen konnte. Und «Sevens-Formel». digung beschränken. Jeder muss spurtstark die Zuschauer fandens grossartig. Keine

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Randalierer, keine Hooligans trüben das Bild. Wer über die Stränge schlägt, über- springt die Absperrungen und versucht die Läufe der Stars nachzuahmen – die Rolle der verfolgenden Gegner übernimmt die Rugby: Legenden und Regeln Polizei, was die Zuschauer einem Foul Die Geschichte des Rugby ist historisch durchaus kurzweilig. Und sehr britisch. gleich mit Buhrufen quittieren. Höhepunkt Nach einer Legende soll Rugby im Jahr 1823 an der Rugby School in England erfunden des polizei- und sittenwidrigen Verhaltens: Ein Nackedei schaffte es, sich unter dem worden sein, von einem Studenten namens William Webb Ellis. Vom Fussballspiel Applaus der Menge in einem wilden Lauf gelangweilt, soll Webb Ellis während einer Partie unvermittelt den Ball gepackt und das dem Zugriff der Polizei zu entziehen, das gegnerische Tor erstürmt haben – Rugby war geboren. Seine «noble Respekt- ganze Spielfeld zu überqueren, um dann losigkeit vor den Regeln» (fine disregard of the rules) ist in Stein gehauen auf dem wieder in der Menge zu verschwinden. Angesichts der Friedfertigkeit stellt sich Schulgelände verewigt. die Frage, warum Rugby Sevens nicht an Der eiförmige Ball – Spitzname: the pill – wird mit Füssen, Händen, Köpfen, kurz: mit dem den Olympischen Spielen mit dabei sein ganzen Körper gespielt. Ziel ist der so genannte Touchdown: Der Ball muss hinter darf. Immerhin war das klassische Rugby die auf Höhe zweier Torpfosten gezogene Linie auf der gegnerischen Seite abgelegt werden. bis 1924 olympische Disziplin. Die Veranstal-

Weitere Informationen im Internet unter: ter bemühen sich, so hört man. Das nächs- te Mal klappt es noch nicht. Aber wer weiss, www.rugby-verband.de (Deutscher Rugby-Verband) in Asien lautet das Motto ja auch sonst: www.rugby.ch «Geht nicht gibts nicht.» Man darf gespannt

Fotos: Gareth Jones Gareth Fotos: www.rfu.com (offizielle Seite der Rugby Football Union) sein. <

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Salzburger Festspiele Mozartjahr Ein Haus für Mozart

Text: Ruth Hafen

2006 feiert die Musikwelt den 250. Geburtstag von Wolfgang Amadé Mozart. aufführen, haben wir eine Steigerung der Die Festspiele in seiner Geburtsstadt Salzburg (23. Juli bis 31. August) haben szenischen Opernproduktionen um 300 Grosses vor: Alle 22 Mozartopern werden aufgeführt und das neue «Haus für Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hinzu Mozart» wird eröffnet. Im Jubiläumsjahr ist auch die Credit Suisse zum ersten kommen fast 100 Schauspieler, 25 Orches- Mal als Hauptsponsor der Salzburger Festspiele dabei. ter, 10 Chöre sowie viele Kammermusik- ensembles und Instrumentalsolisten. Zählen wir alles zusammen, ergibt das in jedem Fall «Dieses Jahr feiern wir wieder ein so ge- men haben. Zum Beispiel das «Dossier eine vierstellige Zahl!» Das Festival habe nanntes Mozartjahr. Das weiss inzwischen Mozart 22»: Alle 22 Opern Mozarts sollen 242 000 Karten aufgelegt, führt die Präsi- selbst der Musikfeind ...», echauffi erte sich aufgeführt werden, von A wie «Apollo et Hya- dentin weiter aus, die Platzauslastung dürf- der spätere Mozartbiograf Wolfgang Hildes- cinthus» bis Z wie «Zauberfl öte» (siehe Box te erfahrungsgemäss bei 93 Prozent liegen. heimer 1956 in einem Rundfunkessay. Man Seite 44). Fragt man die Festspielpräsi- Im Mozartjahr würden noch mehr Gäste feierte Mozarts 200. Geburtstag. Mozart dentin Helga Rabl-Stadler nach dem gröss- kommen als in normalen Sommern, so dass beschäftigte Hildesheimer nachhaltig, aber ten organisatorischen Knackpunkt der dies- man mit gut 230 000 Zuschauern rechne. es sollten noch gute 21 Jahre vorbeigehen, jährigen Festspiele, verweist sie auf dieses Dazu kämen noch einmal gut 20 000 Perso- bis seine Mozartbiografi e auf dem Markt Projekt. «Ohne Frage ist das die Disposition nen als Besucher der öffentlichen General- einschlug wie eine Bombe. 2006 ist wieder der 22 Mozartopern. Stellen Sie sich nur vor, proben. ein Mozartjahr; Hildesheimer starb 1991, wie viele Probebühnen man allein benötigt, muss sich also nicht mehr ärgern. Geblie- um diese 22 szenischen Produktionen ein- Salzburg mozartsauber machen ben ist eins: Mozart ist ein Zugpferd für den zustudieren, eine jede davon mit sechswö- 230 000 Besucher während der Festspiel- Massenkonsum, nicht weniger als fünf Mil- chiger Probezeit! Es war ausserdem unser zeit zwischen dem 23. Juli und dem 31. Au- liarden Euro soll der Marktwert des Genies Anliegen, die Aufführungen terminlich so an- gust. Dieses Jahr wird Salzburg eine Touris- betragen. Mozartkugeln, Mozartbier, Mozart- zuordnen, dass die Besucher tatsächlich tenschwemme ungeahnten Ausmasses wein, Mozartkaffee, Mozartjoghurt, Mozart- die Möglichkeit erhalten, alle 22 Bühnen- zu gewärtigen haben. Dagegen waren die wurst – keine Viktualie, die man mit dem werke sehen zu können.» Das sei gelungen Feierlichkeiten von 1956, die Hildesheimer Zusatz «Mozart» nicht besser verkaufen und das Gesamtabonnement sehr beliebt, so am Nerv zerrten, vermutlich ein Klacks. könnte. Nicht zu vergessen die Biergläser, fügt sie an. Für diesen Mozartmarathon Tourismuskreise rechnen mit 250 000 bis Strampelhöschen, Aschenbecher. Was wohl muss der Besucher aber genug Zeit ein- 350 000 zusätzlichen Übernachtungen. Da Hildesheimer dazu sagen würde ? Würde er rechnen – und das nötige Kleingeld. dürfte ein Salzburger doch das eine oder in stummer Verzweifl ung mit Mozartdevotio- Auch sonst wird im Mozartjahr mit der andere Mal mit Mozart und dessen Omni- nalien um sich werfen? grossen Kelle angerichtet. Werden mehr präsenz hadern. Stellvertretend wettert der Werke aufgeführt, braucht es dazu mehr Musikpublizist Otto Brusatti: «Es wäre am Mozartmarathon Künstler und mehr Zuschauer. Die Festspiel- allerschönsten, im Jahr 2006 in der Stadt Vielleicht aber würde er nach Salzburg rei- präsidentin: «Im Mozartjahr haben wir etwa Salzburg keinen Ton Mozart zu spielen. Das sen und kritisch beäugen, was sich die Fest- doppelt so viele Sänger engagiert wie üblich: wärs! Meinetwegen irgendwo, was weiss spiele im Jubiläumsjahr Grosses vorgenom- Es sind rund 150. Da wir alle 22 Mozartopern ich wo, in der Kitzlochklamm oder sonst wo.

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1925 erbaut, erlebte das Kleine Festspielhaus diverse Umbauten. Im September 2004 be gannen die Renovationsarbeiten. Das neue «Haus für Mozart» (im Bild Computermodelle) fasst 1650 Zuschauer und ist akustisch und architektonisch auf dem neusten Stand.

Aber in Salzburg machen wir einmal Salz- burger Bemühungen um Mozart im Jubilä- spielhaus erneut umgestaltet; 1962/63 dann burg mozartsauber. Das wäre eine Ge- umsjahr komplettieren soll, ist das «Haus machten die ungünstigen Sicht- und Akus- schichte.» Die Organisatoren der Festspiele für Mozart». Nicht nur in Salzburg, sondern tikbedingungen (der Zuschauerraum war wissen wohl um die Zusatzbelastung, der in ganz Österreich war der Umbau des frü- 55 Meter lang) einen weiteren Umbau nötig. die Einheimischen während der Spielzeit heren Kleinen Festspielhauses ein populä- Immerhin hielt dieser bis Ende August 2004. ausgesetzt sind. Dementsprechend gibt es res Diskussions- und Streitthema. Die Um- In mehreren Bauphasen ist der Zuschauer- auch Sonderangebote, von denen die Salz- bauarbeiten begannen im September 2003 raum des Kleinen Festspielhauses verbrei- burger profi tieren können. «Wir öffnen Ge- und werden, so Rabl-Stadler, termingerecht tert, verkürzt und abgesenkt worden. Zwei neralproben, etwa für den ‹Jedermann›, und fertiggestellt sein. Das frühere Kleine Fest- neue Zuschauerränge sind hinzugekommen; bieten die Karten vorrangig der einheimi- spielhaus hat seit seiner Eröffnung 1925 sie reichen auf beiden Seiten des Saales bis schen Bevölkerung an. Dies ist ein wichti- schon mehrere Umbauten erlebt. 1937 zum zur Bühne. So werden die Zuschauer künf- ges Angebot, das sich grosser Beliebtheit Beispiel wurde der Zuschauerraum um 180 tig die Bühne von drei Seiten umrahmen. erfreut. Wir wünschen uns, dass jeder An- Grad gedreht, dadurch wurde ein Bühnen- Im «Haus für Mozart» haben neu 1650 teil nehmen kann an den Festspielen, die ausbau notwendig, der wiederum nur mög- Zuschauer Platz, das sind 270 mehr als bis doch auch ein grosses Fest für die Stadt lich war, wenn man den Toscaninihof abriss, anhin. Mit dem neuen Haus soll Mozarts Salzburg sind», sagt Helga Rabl-Stadler. das Geburtshaus des damals amtierenden Werken in jeder Hinsicht Rechnung ge tra-

Fotos: Architekten Holzbauer, Irresberger, Valentiny Irresberger, Architekten Holzbauer, Fotos: Ein wichtiger Mosaikstein, der die Salz- Landeshauptmanns. 1939 wurde das Fest- gen werden, mit einer optimalen Akus tik >

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und besten Sichtverhältnissen von allen Plätzen aus. Die grösste Herausforderung bei diesem Projekt war laut Helga Rabl- Stadler aber nicht architektonischer, son- dern finanzieller Natur. «Für diesen Bau müssen wir einen bisher nicht gekannten Prozentsatz von privaten Geldern aufbrin- gen. Niemals zuvor in der Geschichte Öster- reichs musste ein Kulturbau von so vielen privaten Sponsoren fi nanziert werden.» Der Bau darf 29 Millionen Euro kosten, davon müssen die Festspiele 8,3 Millionen selber aufbringen. Das werde möglich sein, aller- Nicht nur die Schokoladekugeln – ganz Salzburg heisst 2006 Mozart. dings fehle noch eine halbe Million, gibt die Festspielpräsidentin zu bedenken. Doch sie hoffe, im Laufe des Sommers noch Mäzene zu fi nden.

Ganz still und aufmerksam zuhören Das neue Haus für Mozart will viel errei- chen: Der Raum soll intim sein, zugleich aber genug Platz bieten für alle Mozart- freunde. Jedes und noch das leiseste Pia- Mozart 22 nissimo soll gehört und das Mienenspiel Die Salzburger Festspiele wagen 2006 ein in der Musikgeschichte bisher einmaliges der Darsteller gesehen werden. Der grosse Unterfangen: In sechs Wochen werden alle 22 Opern, Singspiele und szenischen Fragmente Dirigent und Mozartspezialist Nikolaus Har- von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) aufgeführt. So soll der Werdegang des noncourt wird das Haus mit einer Neuein- Komponisten ergründet, sein künstlerischer Reifeprozess, den er in seinem kurzen Leben studierung der «Hochzeit des Figaro» eröff- nen. Harnoncourt forderte in seiner Rede, durchlaufen hat, beleuchtet werden. Wirft man einen Blick auf die Aufführungs- die er an einem Festakt zum 250. Geburts- chronologie der Festspielgeschichte seit 1920, so zeigt sich, dass einige wenige Werke tag Mozarts am 27. Januar 2006 in der In- immer wieder gespielt werden: «Le nozze di Figaro» führen die Liste an mit 220 ternationalen Stiftung Mozarteum hielt, Auf führungen, die «Zauberflöte» folgt auf Rang 2 mit 198, dann «Così fan tutte» (184), mehr Demut vor Mozarts Werk und gab Fol- gendes zu bedenken: «Wie kann ich noch «Don Giovanni» (176) und «Die Entführung aus dem Serail» (173). etwas über Mozart sagen? Niemand kann So unterschiedliche Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, Riccardo Muti, Mark Minkowski es – aber alle tun es jetzt. Österreich heisst und Ivor Bolton werden ihre Sichtweise auf Mozart darlegen. Es werden drei in diesem Jahr Mozart. Aber das hat nichts Generationen am Pult stehen, denn zwischen dem Grandseigneur Nikolaus Harnoncourt mit ihm zu tun; ich fürchte, mehr mit Geld und Geschäft. – Eigentlich müssten wir uns und dem 22-jährigen Newcomer Robin Ticciati liegen 54 Jahre Altersunterschied. ja genieren. Denn was Mozart von uns ver- Ticciati ist somit der jüngste Dirigent der Festspielgeschichte. langt und seit mehr als zweihundert Jahren Die 22 Mozartopern werden an sieben Spielstätten aufgeführt: Neben dem neuen «Haus verlangt, wäre so einfach: Wir müssten für Mozart», wo am 23. Juli der Eröffnungsfestakt stattfindet, sind dies das Grosse ganz still und aufmerksam zuhören, und Fest spielhaus, die Felsenreitschule, der Residenzhof, die Universitätsaula, das Landes- wenn wir seine wortlosen Beschwörungen und Plädoyers verstünden, dann müssten theater und das Marionettentheater. wir uns, wie schon gesagt, eigentlich eher Umfassende Informationen zu den Salzburger Festspielen finden Sie auf: genieren, als uns stolz zu brüsten.» Viel- www.salzburgfestival.at leicht bietet ja gerade das neue Haus für Zusammen mit Österreich Werbung verlost Bulletin zwei Tickets für den 30. August Mozart den idealen Rahmen für Harnon- courts Forderung: ganz still und aufmerk- (Oper «Don Giovanni»). Ebenfalls im Gewinn enthalten ist die Anreise im Zug sowie zwei Über-

sam zuhören. < nachtungen im Doppelzimmer im Salzburger Hotel Neutor. Weitere Infos siehe Talon. Art Krafft, Bridgeman Barbara Library Foto:

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St. Galler Festspiele Openair auf dem Klosterhof Fortuna in St. Gallen

Text: Ruth Hafen

Das gigantische rote Schicksalsrad der Vom 23. Juni bis 2. Juli 2006 fi nden erstmals die St. Galler Festspiele statt. «Fortuna Imperatrix Mundi» im Hof Herzstück ist die grosse Openair-Produktion von Carl Orffs «Carmina Burana». der Benediktinerabtei dient als Kulisse für Carl Orffs «Carmina Burana». Die Credit Suisse unterstützt die Festspiele als Hauptsponsor.

St. Gallen ist immer einen Besuch wert. Im Uraufführung 1937 schrieb er seinem Ver- darunter vier verschiedene Chöre (Theater- Herbst die Olma mit dem legendären Säuli- leger Schott: «Alles, was ich bisher ge- chor und Opernchor St. Gallen, Theater- rennen, im Frühsommer das Openair St. schrieben habe und Sie leider gedruckt chor Winterthur, Prager Chor), die Tanz- Gallen – in Jahren mit schlechter Witterung haben, können Sie nun einstampfen.» Et- kompanie des Theaters St. Gallen sowie auch als «Schlammfest im Sittertobel» ab- was weniger hold waren Orff jedoch die das Sinfonieorchester St. Gallen. Orffs Mu- gehalten – und natürlich zu jeder Jahreszeit: Nazis: Entrüstet ob der «undeutschen» Mu- sik verbunden mit der klösterlichen Atmos- die St. Galler Bratwurst. Der Stiftsbezirk mit sik und den «pornografischen» Texten auf phäre – für Gänsehaut dürfte gesorgt sein. der Stiftsbibliothek darf nicht unerwähnt Latein, Altfranzösisch und Mittelhoch- Hoffentlich auch für Wetterglück. Aber da- bleiben. Diesen Frühsommer erst recht deutsch liess die Reichsmusikkammer ver- für ist For tuna zuständig. < nicht, denn dann wird der Klosterhof der lauten, dass diese «bayerische Nigger- Benediktinerabtei vom Glücksrad domi- musik» unerwünscht sei. niert. Eine schnöde Spielshow im Kloster? Fortuna hin oder her: Die «Carmina Bu- St. Galler Festspiele 2006 Ausverkauf des Weltkulturerbes? Entwar- rana» faszinieren durch ihre brachiale Ur- «Carmina Burana» von Carl Orff nung: Das Glücksrad ist das Rad der For- gewalt, die sich abwechselt mit fi ligraner Musikalische Leitung: Jiri Kout tuna, der «Fortuna Imperatrix Mundi». Zartheit. Drei Teile symbolisieren den ewigen Inszenierung: Josef E. Köpplinger Die Geschichte dieser Fortuna beginnt Kreislauf des Lebens: 1. «Primavera» (Früh- in einer anderen Benediktinerabtei, derjeni- ling) und «Uf dem anger» (dörfl icher Treff- Bühne: Rainer Sinell gen von Benediktbeuern in Oberbayern. punkt der Jugend), 2. «In taberna» (in der Kostüme: Marie Luise Walek 1803 schliesst das Kloster seine Pforten, Schänke) und 3. «Cour d’amour» (Liebes- Choreografie: Philipp Egli, Ricarda Ludigkeit in der Bibliothek werden bei Aufräumar- hof). Die Glücksgöttin Fortuna wird klang- Choreinstudierung: Michael Vogel beiten Vagantenlieder aus dem 12. Jahrhun- lich dargestellt als ein Glücks- oder Schick- dert gefunden. Diese Gesänge werden als salsrad, das sich ständig dreht. Fortuna Premiere: 23. Juni, 21.30 Uhr «Carmina Burana» weltberühmt. Als Carl beherrscht den Anfang und das Ende der Orff (1895 – 1982) die Handschrift 1934 ent- Geschichte. Weitere Aufführungsdaten: 24.6., 26.6., deckte, war er so fasziniert, dass ihn «Bild An den St. Galler Festspielen wirkt For- 28.6., 30.6., 1.7., 2.7. (jeweils 21.30 Uhr) und Worte überfi elen». Noch gleichentags tuna nicht nur thematisch, sondern auch

soll er den ersten Chorsatz «O Fortuna» räumlich prägend. Ein gigantisches rotes Bulletin verlost 8 Mal 2 Tickets für die skizziert haben. Er wählte aus den über 250 Glücksrad wird den Klosterhof in eine Ku- Vorstellung vom 26. Juni 2006. weltlichen Liedern einige aus und vertonte lisse verwandeln. Auch sonst wird nicht sie. Fortuna war ihm hold und er konnte mit gekleckert: An der gesamttheatralischen Mehr Infos zum Programm der Festspiele:

Raumkonzept von RainerGaller Sinell Festspiele © St. seinem Werk Triumphe feiern. Nach der Umsetzung wirken rund 200 Personen mit, www.stgaller-festspiele.ch

Credit Suisse Bulletin 2/06 46 Credit Suisse Engagement

Südafrika Projekte für Jugendliche Neue Hoffnung am Kap

Text: Olivia Schiffmann

Mit Projekten wie «Stellemploy» bekämpft Jugendarbeitslosigkeit ist eines der grössten sozialen Probleme Südafrikas. SSACI die hohe Jugendarbeitslosigkeit unter SSACI ist eine Stiftung, die vom EDA und von zehn Schweizer Unternehmen den Schwarzen Südafrikas. Bereits über 3400 Jugendliche wurden ausgebildet. fi nanziert wird. Sie ergreift Massnahmen, um diesem Missstand abzuhelfen.

«Sechs Jahre war ich arbeitslos und depri- so der südafrikanische Projektleiter von liegt der kleine Ort Stellenbosch. Die dor- miert. Heute habe ich eine verantwortungs- SSACI, Ken Duncan. Viele der angebotenen tige Jugendarbeitslosigkeit der Schwarzen volle Arbeit, ein Haus und ein Auto und bilde Arbeitsplätze verlangen eine höhere Quali- liegt, wie in den meisten ländlichen Ge- mich berufl ich weiter. Das Beste ist: Mein fi kation. Doch nicht einmal ein Drittel der genden, bei 70 Prozent. Während der letz- Leben hat ein Ziel und ich habe neue Hoff- jungen schwarzen Schulabgänger hat einen ten drei Jahre hat SSACI eine lokale NGO nung.» Das sind die Worte einer jungen Süd- Abschluss auf sekundärer Stufe, im Gegen- gegründet, die 140 junge Männer und Frau- afrikanerin, die dank SSACI ihr Leben um satz zu den über 70 Prozent der weissen. en in praktischen Fähigkeiten ausbildet. 180 Grad wenden konnte. Die Swiss South «Diese Situation ist eine soziale Zeitbombe Gelernte Schweisser, Tischler, Maurer, African Cooperation Initiative (SSACI) ist und gefährdet die friedliche Transformation Klempner und Elektriker strömen am Ende eine gemeinsame Stiftung der Direktion für Südafrikas grundlegend», so Duncan. Denn des Lehrgangs auf den Arbeitsmarkt. Fast Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) Armut treibt die Menschen in die Kriminali- alle können eine Anstellung fi nden, da ihre und von zehn Schweizer Firmen (Ciba, tät – Südafrikas Verbrechensstatistik wird neuerlangten Fähigkeiten den lokalen Be- Credit Suisse, Givaudan, Holcim, Novartis, weltweit nur von derjenigen Kolumbiens dürfnissen entsprechen. Und die Stadt Schind ler, Sika, Swiss Re, UBS, Xstrata). übertroffen. Dramatisch für das Land ist Stellenbosch kann gleich doppelt profi tie- Zum ersten Mal leisten der öffentliche und auch die hohe HIV-Betroffenheit: Über 20 ren, zum Beispiel, wenn ein Teil der Elektri- der private Sektor der Schweiz gemeinsam Prozent der Menschen sind positiv. kerausbildung darin besteht, sämtliche Entwicklungshilfe. Gewählt wurde Südafrika Kabel des Kindergartens zu verlegen. wegen der starken Präsenz von Schweizer Spirale von Armut und Gewalt 41 ähnliche Projekte hat SSACI seit Firmen in diesem Land. Das Land kann die Für die Zukunft zeichnet sich kein besseres 2001 ins Leben gerufen. Dadurch konnten Hilfe gut gebrauchen, denn die Nachwir- Bild ab: Die Kinder und Jugendlichen in den bereits 3448 Jugendliche ausgebildet wer- kungen der Apartheid sind auch nach elf Townships haben kaum die Möglichkeit, aus den. SSACI bleibt mit Absolventen sechs Jahren Demokratie noch täglich spürbar. diesem Teufelskreis auszubrechen. 800 000 Monate nach Beendigung des Programms Das lähmendste Erbe ist der Nachhol- junge Südafrikaner drängen jedes Jahr auf in Kontakt, mit neu aufgebauten Unterneh- bedarf in schulischer und berufl icher Aus- den Arbeitsmarkt; nur 300 000 von ihnen men zwei bis drei Jahre. Rund 70 Prozent bildung. «Über Nacht können den Menschen fi nden Arbeit. Das Land zählt mittlerweile der Absolventen sind auch nach drei Jahren lang verweigerte politische Rechte zuge- sieben Millionen arbeitsloser Jugendlicher. noch im gleichen Job tätig, 50 Prozent der standen werden. Die Wogen der Unterdrü- Die Spirale von Armut und Gewalt dreht Unternehmen überleben die ersten fünf Jah- ckung zu ebnen, dauert viel länger. Dunkel- sich weiter. An diesem Punkt setzt SSACI re. Ein voller Erfolg für die erste öffentlich- häutigen Menschen wurde jahrzehntelang mit konkreten Massnahmen an. Beispiels- private gemeinsame Entwicklungshilfe. < ausreichende Bildung verweigert. An die- weise mit dem Projekt «Stellemploy»: Im

sem Missstand müssen wir heute arbeiten», Herzen der Weinregion von Western Cape www.ssaci.org.za SSACIFoto:

Credit Suisse Bulletin 2/06 Credit Suisse Engagement 47

Credit Suisse Agenda 2/06 Openair Live at Sunset Behindertensport

Kunst

bis 18.6. Bern Sam Francis und Bern Kunstmuseum

2.6. – 8.10. Bern Meret Oppenheim – Retrospektive Kunstmuseum

bis 2.7. Basel Hans Holbein der Jüngere Die Jahre in Basel 1515–1532 Kunstmuseum

Musik Teufl isch gute Ein Fest für alle in 7.7.– 22.7. Avenches Opernfestival Trouvaillen Magglingen

Formel 1 Manchmal sucht man das Eine – und fi ndet Bald ist es wieder so weit: In Magglingen das Andere. Andreas Vollenweiders Manage- fi ndet der Schweizer Grossanlass des 11. 6. Silverstone ment zum Beispiel suchte vor Jahren einen Behindertensports statt. Am 9. Juli treffen GP von Grossbritannien neuen Konzertort und fand im Hof des Zür- sich 1500 Menschen mit Körperbehinde- 25. 6. Montreal cher Landesmuseums den Austragungsort rungen, Sinnesbehinderungen und/oder GP von Kanada für eines der attraktivsten Openairs Euro- geistigen Behinderungen zum Kräftemes- pas. 2005 fand bereits das zehnte «Live at sen in über 25 Disziplinen. Organisiert wird 2.7. Indianapolis Sunset» statt. Über die Jahre lockte diese der Anlass von Plusport, dem Dachverband GP von Amerika Trouvaille unter den Openair-Veranstaltun- von Behindertensport Schweiz. Es ist des- 16.7. Magny-Cours gen gegen 200 000 Zuschauer an. Die his- sen Ziel und Zweck, die Integration von GP von Frankreich torische Atmosphäre und der exklusive behinderten Menschen durch den Sport zu Rahmen – der Hof fasst 2600 Zuschauer – fördern. Bereits letztes Jahr zu Besuch war Fussball gefällt nicht nur dem Publikum, sondern Bundesrat Samuel Schmid, der von den auch den Stars, die hier auftreten. Das Pro- herausragenden Leistungen sehr beein- 14.6. Bern gramm 2006 ist bunt: Simply Red eröffnen druckt war und deshalb auch heuer nicht Credit Suisse Cup Finals das Festival, die Blues legende B. B. King fehlen will. Plusport setzt sich dafür ein, kommt auf Stippvisite und der junge Pianist dass behinderte Sportinteressierte unab- 9.6. – 9.7. Deutschland WM Jamie Cullum wird Jazz- und Popfans be- hängig von ihrem Behinderungsgrad die geistern. Für die Klassikliebhaber bestimmt Möglichkeit haben sollen, regelmässig Sport ist die «Nacht der 5 Tenöre». Und Ian An- auszuüben. Der Plusport-Tag ist aber bei Golf derson, kauziger Frontmann von Jethro Tull, weitem nicht nur ein sportliches Fest, son- 21. 6. – 25. 6. Solothurn wird beweisen, dass er auch im 60. Alters- dern er will auch ein Zeichen setzen für Credit Suisse Challenge jahr noch wacker über die Bühne hüpfen mehr Solidarität und Verständ nis zwischen und die Flöte blasen kann, dass es einem Behinderten und Nichtbehinderten. os die Sprache verschlägt. Den Schlusspunkt setzen die diabolisch guten Multi-Instru- Plusport-Tag 2006. 9.7., Magglingen. mentalisten von Patent Ochsner mit ihrem www.plusport.ch Programm «Liebi, Tod & Tüüfu». rh

Live at Sunset. 12. – 23.7., im Hof des Landesmuseums, Zürich. Das vollständige

Fotos: Axel Linge | Michael Ulber, Plusport Programm ist unter www.liveatsunset.ch.

Credit Suisse Bulletin 2/06 48 Wirtschaft Kosmetikindustrie Schöne Hülle auf Bestellung Foto: Steve Digital Taylor, Vision

Credit Suisse Bulletin 2/06 Wirtschaft Kosmetikindustrie 49

Die kosmetische Chirurgie liegt im Trend – vorbei die Zeiten, als man sich heimlich liften liess. Neue, minimal invasive Technologien wie Botox und Laserbehandlungen locken immer mehr Schönheitshungrige. Ein Blick auf einen heftig umworbenen Markt.

Text: Laurence Blazianu, Equity Sector Research

Kosmetische Chirurgie wird immer beliebter, fragmentiert. Betrachtet man nur die Anbie- sind Wachstumsbereiche, da die Krankheiten und sie ist nicht länger den Reichen vorbe- ter von Produkten wie Brustimplantaten, Ma- in diesem Zusammenhang zunehmen. Wieder- halten. Fast die Hälfte aller plastisch-chirur- genbandsystemen und injizierbaren Antifal- herstellungschirurgie kann auch Gesichts- gischen Eingriffe wird in Nord- und Süd- tenwirkstoffen, so beschränkt sich der Wett- implantate, sogar in einer sehr frühen Test- amerika durchgeführt. 2004 wurden alleine bewerb auf einige hoch spezialisierte phase, und weitere chirurgische Eingriffe nach in den USA 9,2 Millionen kosmetische Ein- Unternehmen wie Allergan, Mentor, Medicis schweren Verbrennungen umfassen. Die griffe vorgenommen, deren geschätzte Kos- oder Ipsen. Die Branche verzeichnete im alternde Bevölkerung verstärkt die Nachfrage ten von 8,4 Milliarden US-Dollar etwa dem Schnitt ein Wachstum von 8–10 Prozent bei nach kosmetischer Chirurgie, insbesondere gesamten Umsatz von pharmazeutischen der Bewertung und von 15 Prozent beim Volu- nach Liftings. Die Menschen wollen ihre kör- Produkten in Indien entsprechen. Die plas- men. Die Geschäftsmodelle sind in hohem perliche Leistungsfähigkeit auch im Alter tische Chirurgie wird in den USA, in Mexiko Masse von massiven Werbeanstrengungen erhalten, um eine gewisse Lebensqualität und in Brasilien immer gesellschaftsfähiger, zur Erhöhung der Bekanntheit der Produkte sicherzustellen und sich in ihrem Körper wohl obwohl bei solchen Operationen das Risiko abhängig. Allergan, ein Grossunternehmen fühlen zu können. Anderseits wächst der schwerwiegender Komplikationen besteht. im Bereich injizierbare Antifaltenwirkstoffe, Markt bei jüngeren Patienten, da plastische Plastische Chirurgie unterscheidet sich von gab 2005 40 Prozent seines Umsatzes für Chirurgie immer alltäglicher wird. Zum gröss- traditionellen Schönheitsbehandlungen, in- Verkauf und Werbung aus, darunter auch für ten Teil wählen die jüngeren Patienten mini- dem sie einen mehr oder weniger invasiven Direktwerbung an die Konsumenten in den mal invasive Eingriffe oder Nasenkorrekturen medizinischen oder chirurgischen Eingriff USA. Der prozentuale Anteil am Umsatz von (Rhinoplastik), was sie mit zunehmendem erfordert, der eine sofort sichtbare Wirkung Allergans Werbebudget liegt damit über dem Alter für weiteren «Konsum» empfänglich auf das Aussehen des Patienten hat. Etwa der Grossen der Pharmabranche (Sanofi- macht. Die American Society of Plastic > drei Viertel der Patienten der plastischen Aventis gab 2005 30 Prozent aus, Glaxo- Chirurgie wollen ihr Aussehen verbessern SmithKline 33,5 Prozent). Corporación Dermo- und aktiver und gesünder leben, wie eine estética, ein rein auf Kosmetik fokussiertes 2004/2005 in den USA durchgeführte Stu- Unternehmen in Europa, das Produkte und Kosmetische Eingriffe die der American Society of Plastic Sur- Dienstleistungen im Gesundheitswesen anbie- boomen in den USA geons ergeben hat. Etwa 70 Prozent berich- tet und eigene Kliniken betreibt, gab 2004 23 Allein 2004 wurden 9,2 Millionen teten von emotionalen und psychologischen Prozent seines Umsatzes für Werbung aus. kosmetische Eingriffe vorgenommen. Quelle: American Society of Plastic Surgeons Vorteilen wie gesteigertem Wohlbefinden, Plastische Chirurgie kann in zwei Kate- Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. gorien unterteilt werden: minimal invasive in Mio. Anwendungen mit Laser und injizierbaren Bis zu 40 Umsatzprozente für Werbung 10 Produkten, die mit etwa 81 Prozent aller 2003 Da die plastische Chirurgie dem Schönheits- durchgeführten plastisch- chirurgischen Ein- 8 und Wellnessmarkt zuzurechnen ist, dürfte griffe in den USA den grössten Teil der Be- sie sich erwartungsgemäss ähnlich wie handlungen ausmachen, und chirurgische 6 Kosmetikartikel weltweit ausbreiten. Auf- Eingriffe, grösstenteils Brustoperationen, grund der mannigfaltigen Strukturen der Liftings und Fettabsaugungen. 4 derzeitigen Anbieter (öffentliche oder private Nur die Hälfte der OPs ist notwendig Kliniken, privatwirtschaftliche Unternehmen 2 und sogar Reiseveranstalter) und der unter- Beinahe die Hälfte der kosmetischen Ope- schiedlichen Beteiligten (Ärzte und Pflege- rationen sind notwendige Eingriffe im Be- 0 personal im öffentlichen Dienst oder in reich der Wiederherstellungschirurgie – un- 2002 2003 2004 Privatpraxen, Hersteller und Anbieter von gefähr vier Millionen im US-Markt alleine. Produkten und Dienstleistungen), aber auch Brustrekonstruktionen nach Krebsoperati-  kosmetische chirurgische Eingriffe  kosmetische minimal invasive Eingriffe wegen der Bandbreite der betroffenen medi- onen etwa oder Straffungen nach einer ag-  kosmetische Eingriffe insgesamt zinischen Fachgebiete, ist die Branche stark gressiven Diät oder Fettsuchtbehandlung

Credit Suisse Bulletin 2/06 50 Wirtschaft Kosmetikindustrie

Surgeons berichtet, dass 2004 49 Prozent tisch-chirurgischen Eingriffen. Aber der An- auch, dass viele private Anbieter für kosme- der Patienten zwischen 40 und 59 Jahre alt teil der Männer nimmt zu, besonders bei den tische Chirurgie entstanden sind und den gewesen seien, 26 Prozent zwischen 20 und nicht invasiven und den weit verbreiteten Geldfluss in Regionen ausserhalb der USA 39 Jahre und 19 Prozent zwischen 60 und Eingriffen wie Oberlidkorrekturen (Blepha- und der EU nach Osteuropa und Asien um- 79 Jahre. Gegenwärtig stammen die Pati- roplastik). Im Schnitt kostet ein plastisch- leiteten. Das private Krankenhaus Bumrun- enten aus allen Altersklassen und allen Ge- chirurgischer Eingriff etwa 2800 US-Dollar. grad in Bangkok (Thailand) ist das grösste sellschaftsschichten, wobei Frauen den Nicht invasive Verfahren sind in den USA mit privatwirtschaftliche medizinische Zentrum Hauptharst bilden. Letztere hatten 2004 durchschnittlich 600 US-Dollar viel günsti- in Südostasien. Es wird von einem Ameri- einen Anteil von 85 Prozent an allen plas- ger zu haben, was wahrscheinlich die Zahl kaner geleitet, und ein Teil des medizini- der wiederholten Eingriffe pro Patient er- schen Personals wurde im Westen ausge- klärt. bildet. Mit einem Ertragswachstum 2004 Über 85 Prozent der Patienten gaben an, von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr pro- Hier regiert das Skalpell dass die Vorteile der plastischen Chirurgie fitierte dieses Krankenhaus wie andere 19 Prozent der plastisch-chirurgischen die Risiken bei weitem aufwögen. Bei einem grosse Zentren in Asien und Indien auch von Eingriffe in den USA sind kosmetischer plastisch-chirurgischen Eingriff müssen die der Nachfrage aus dem In- und Ausland. Art. Liftings und Fettabsaugen sind top. Quelle: American Society of Plastic Surgeons Risiken, aber auch der Ablauf der Operation 2004 plante das Krankenhaus eine Verdop- bekannt sein. Die Wahl von Klinik und Arzt pelung seiner Erträge bis 2009/2011. Nach ist entscheidend. Gesundheitskommissio- den Anschlägen vom 11. September blieben 35% 14% Sonstiges Brustplastik nen auf nationaler Ebene können hilfreich viele Patienten aus dem Nahen Osten den sein bei der Wahl des Krankenhauses oder amerikanischen und europäischen Kranken- 18% Liftings der Klinik, welche die Grundvoraussetzun- häusern fern. Aus dieser Region kamen (inkl. Blepharo- plastik) gen erfüllt und auch eine gewisse Qualität mehr als die Hälfte aller Patienten des thai- der Behandlung und Pflege, Sicherheit der ländischen Spitals. Räumlichkeiten, des Risikomanagements Des Weiteren bietet Indien interessante und der medizinischen Unterlagen sicher- medizinische Strukturen, auch wenn keine stellt. strenge Behörde die Patienten vor Fehlern schützt. Bei einer Behandlung im Ausland Nach Thailand ins Spital 17% ist auch die Kommunikation mit den Ärzten Fettabsaugung Patienten zögern nicht, für einen Eingriff ins vor und nach dem Eingriff erschwert. Dies 16% Rhinoplastik kostengünstigere Ausland auszuweichen. wäre aber gerade dann sehr wichtig, wenn Diese Verlagerung ins Ausland bedeutet nicht alles nach Plan verläuft. <

Botox & Co: minimal invasiv von Falten befreit Ursprünglich für die Behandlung von Funktionsstörungen der Augenmuskulatur entwickelt, hat das Botulinum- Toxin eine steile Karriere hinter sich. Heute lindert es als Botox unter anderm auch Mimikfalten.

Die zwischen 1997 und 1998 eingeführten Laser-basierten Metho- Zu den minimal invasiven Eingriffen gehört das Botulinum-Toxin, den und die 2002 erfolgte Zulassung für «Botox Cosmetic» zeigen, das die Basis für Allergans Antifaltenprodukt «Botox Cosmetic» dass sich die neuen Techniken auf die Zahl der Eingriffe auswirken. ist. Dieses Toxin ist ein von einem Bakterium erzeugtes Protein mit Die Branche wird stark von technologischen Veränderungen ange- lähmender Wirkung; die Einnahme von mit Botulinum kontaminier- trieben; technische Fortschritte haben eine grössere Wirksamkeit ten Lebensmitteln kann sogar tödlich sein. In kleinen Dosen injiziert, und geringere Risiken zum Ziel. Cynosure Inc. entwickelt Laser für blockiert es bei der medizinischen Anwendung die Muskelkontrak- medizinische und ästhetische Behandlungen wie die Entfernung tion. 2004 machten Botox-Behandlungen 40 Prozent der minimal von Narben, Venen an den Beinen, unerwünschten Haaren, Feuer- invasiven Eingriffe in den USA aus. Laut Allergan stammt der gröss- malen oder Äderchen im Gesicht und stellt diese her. Der Laser- te Anteil am Umsatz von Botox aus neuromuskulären Indikationen hersteller Coherent Inc. investiert mehr als zehn Prozent seiner und nicht aus kosmetischen. Botox wurde 1989 zur Behandlung jährlichen Erträge in Forschung und Entwicklung, um seine führen- von zwei Funktionsstörungen der Augenmuskulatur, dem Lidkrampf de Position zu behalten. Mit den jüngsten Entwicklungen neuer und dem Schielen, zugelassen. 2000 wurde Botox für die Behand- Techniken und Produkte betritt die plastische Chirurgie bisher lung der zervikalen Dystonie, einer neurologischen Bewegungsstö- traditionell anderen medi zinischen Spezialgebieten vorbehaltene rung, die schwere Hals- und Schulterkrämpfe verursacht, zugelas- Bereiche. Korrektive Augenchirurgie (Katarakte, refraktive Chirur- sen. 2002 genehmigte die amerikanische Food and Drug Adminis- gie), Kieferorthopädie und Implantate fallen immer mehr in den tration (FDA) die Anwendung von «Botox Cosmetic» zur Milderung Bereich der plastischen Chirurgie. von Zornesfalten für eine Wirkungsdauer von bis zu 120 Tagen. rh

Credit Suisse Bulletin 2/06 %IN(ERZ FàRS,EBEN

)STES)HNENWICHTIG DASSKàNFTIGWENIGER-ENSCHENVORZEITIGAN (ERZKRANKHEITENUND(IRNSCHLAGSTERBENODERDADURCHBEHINDERT BLEIBEN )HRE3PENDE

s EBNETDER&ORSCHUNGDEN7EGZUWEITEREN&ORTSCHRITTEN s HILFTUNS "ETROFFENEUMFASSENDZUBERATENUNDAUFZUKLËRENUND s DIE"EVÚLKERUNGZUEINEMGESàNDEREN,EBENSSTILZUMOTIVIEREN

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&àRWEITERE)NFORMATIONENWWWSWISSHEARTCH ODERINFO SWISSHEARTCHODER4ELEFON

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 Heutige EU-Mitgliedstaaten  Beitrittsländer Rumänien (RO) Bulgarien (BG)  Beitrittskandidaten Kroatien (HR) Mazedonien (MK) Türkei (TR)  Potenzielle Beitrittskandidaten Bosnien-Herzegowina (BA) Serbien-Montenegro (SCG) Albanien (AL)  Interessiert, aber (noch) keine Beitrittsperspektive Ukraine (UA) Moldawien (MD) Georgien (GE)

UA

RO HR MD

BA SCG BG GE

MK AL

TR

Credit Suisse Bulletin 2/06 Wirtschaft Grenzen der EU 53

Die EU steht vor einem Dilemma: Ihre Anziehungskraft auf potenzielle Neumitglieder ist ungebrochen, doch im Innern dominieren Selbstzweifel.

Text: Dennis Brandes, Economic Research

Erweiterungspolitik hat in der Vergangenheit höhten Erweiterungsmüdigkeit in der EU zögern. Eine Entscheidung darüber wird den Bewerberländern beim Übergang in die findet diese stärkere Beachtung. Die Auf- voraussichtlich noch im ersten Halbjahr Marktwirtschaft geholfen; sie bleibt dem- nahmefähigkeit ist gegenwärtig zu allgemein 2006 fallen. entsprechend beliebt. Auch die Union profi- gehalten, um zur Bewertung einer Kandida- Ohne Kurswechsel der EU steht mit Kro- tiert wirtschafts- wie sicherheitspolitisch tur herangezogen werden zu können. Unbe- atien schon das 28. Mitglied in den Start- von der Stabilisierung und Integration ihrer antwortet bleibt auch die Frage, wer denn löchern. Kroatien hofft auf einen Beitritt Nachbarstaaten. Trotzdem sinkt die Unter- grundsätzlich zum Kandidatenpool der Uni- noch vor 2010, ebenso wie Mazedonien. stützung für eine Fortsetzung der Erweite- on zählt und wo die endgültigen Grenzen der Dieses ist zwar offizielles Kandidatenland, rung innerhalb der Union. Denn bei einer EU liegen sollen. Der Vertrag über die Euro- aber im Gegensatz zu Kroatien haben hier ungebremsten Expansion droht eine Über- päische Union kann hier nur beschränkt die Beitrittsverhandlungen noch nicht be- dehnung und somit der Verlust der Hand- weiterhelfen; er besagt zwar, dass Staaten, gonnen; die Terminsetzung ist damit recht lungsfähigkeit. Aussenpolitisch sollte die welche die Grundwerte der Union achten, ambitioniert. Allen westlichen Balkanstaaten Erweiterung so lange fortgesetzt werden, beitreten können, doch die geografische (Ex-Jugoslawien und Albanien) wurde aber wie potenzielle Neumitglieder daran interes- Ostgrenze Europas ist nicht ausreichend wiederholt die Möglichkeit eines Beitritts in siert sind und sowohl sie als auch die EU definiert. Damit wird klar: Die Entscheidung Aussicht gestellt, sobald sie die Vorausset- davon profitieren können. Innenpolitisch über die Aufnahmefähigkeit und die Grenzen zungen hierfür erfüllen. Dieses Versprechen müsste sie allerdings viel früher gestoppt der EU kann nur im politischen Prozess ge- und die von der EU gewünschte Stabilisie- werden; das bedeutet konkret eine Rück- fällt werden. Genau das hat das Europäische rung der Balkanregion werden es der Union weisung von beitrittswilligen Ländern. Die Parlament Mitte März gefordert. Davon wird schwer machen, die Balkanstaaten zurück- Union wird sich entscheiden müssen, ob sie abhängen, wie vielen und vor allem welchen zuweisen, sobald diese tatsächlich alle aussen- oder innenpolitischen Überlegun- Ländern noch die Chance auf einen Beitritt Voraussetzungen erfüllen. Aussenpolitisch gen Vorrang geben will und welchen Staaten eingeräumt werden wird. bleibt der Union eigentlich gar keine andere sie eine Beitrittsperspektive offeriert. Bereits getroffene Entscheidungen stellen Wahl, als die Tür für alle Balkanstaaten offen sicher, dass der Erweiterungsprozess erst zu halten. Findet sie die innenpolitische Stär- Objektive Beitrittskriterien unerlässlich einmal weiterläuft. Die Union hat acht Län- ke hierfür, könnte bis 2020 der gesamte Um diese Entscheidung vor den beitritts- dern eine Beitrittsperspektive eingeräumt. Balkan beigetreten sein. willigen Staaten rechtfertigen zu können, Sie verteilen sich auf drei Stufen der forma- Sorgenkind Türkei braucht es möglichst objektive Kriterien. len Annäherung: Beitrittsländer (Bulgarien, Dazu gehört auf jeden Fall die Beitritts- Rumänien), Kandidatenländer (Kroa tien, Die Türkei ist ebenfalls offizielles Kandida- fähigkeit eines Landes. Hier stehen die von Mazedonien, Türkei) und potenzielle Kandida- tenland mit laufenden Beitrittsverhandlun- der EU 1993 festgelegten und seitdem ver- tenländer (Albanien, Bosnien-Herzegowina, gen seit letztem Oktober. Das Land bleibt wendeten Kopenhagener Kriterien als Be- Serbien-Montenegro). Interessiert, aber jedoch ein Sonderfall. Die Beitrittskriterien wertungsgrundlage zur Verfügung (siehe derzeit noch ohne Beitrittsperspektive, sind sind anspruchsvoll und es ist gut möglich, Box Seite 54). Es ist die Pflicht des Kandi- Georgien, Moldawien und die Ukraine. Die dass die Türkei sie nicht alle wird erfüllen datenlandes, diese Beitrittsfähigkeit herzu- Karte auf Seite 52 gibt einen geografischen können oder wollen. In diesem Fall bliebe stellen – dessen Fortschritte bestimmen den Überblick. es der EU erspart, über die schwierige Frage Erfolg der Kandidatur und die Dauer des eines Türkeibeitritts entscheiden zu müssen. Bulgarien und Rumänien sind am Start Beitrittsverfahrens. Ob man dann aber mit einem halbrefor mier- Obwohl die Beitrittsfähigkeit des Kandi- Der nächste Erweiterungsschritt ist abseh- ten, in seinem Annäherungskurs an Europa daten auf jeden Fall eine notwendige Be- bar: Bulgarien und Rumänien haben bereits gescheiterten Land als Nachbarn wirklich dingung für die Mitgliedschaft bleiben wird, verbindliche Beitrittsverträge unterzeichnet, besser gestellt wäre, ist fraglich. Erfüllt die wird sie in Zukunft nicht mehr immer hinrei- welche die Mitgliedschaft für 2007 vorse- Türkei dagegen alle Bedingungen, würde es chend sein. Bereits 1993 wurde die Aufnah- hen. Sollte die EU den Stand der Vorberei- wiederum äusserst schwer werden, ihr den mefähigkeit der Union als zusätzliche Be- tungen als ungenügend einstufen, hat sie Beitritt nach einem jahrelangen harten Re- dingung festgelegt, aber erst seit der er- das Recht, den Beitritt um ein Jahr zu ver- formkurs und jahrzehntelangem Warten >

Credit Suisse Bulletin 2/06 54 Wirtschaft Grenzen der EU

Die Kopenhagener Beitrittskriterien Politische Kriterien: Institutionelle Stabilität als Garan- Botschafter Urs Bucher tie für die demokratische und rechtsstaatliche Leiter des Schweizer Integrationsbüros Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie EDA/EVD in Bern die Achtung und den Schutz von Minderheiten. «Entscheide werden Wirtschaftliche Kriterien: Funktionsfähige Marktwirt- schwieriger» schaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbs- Soll die Europäische Union ihre geogra- druck und den Marktkräften innerhalb der Union fi schen Grenzen bereits heute festlegen? standzuhalten. Nein. Zuerst muss die Europäische Union sowohl vom Inhalt als auch von ihrer Organi- Rechtsbestand der Gemeinschaft: Übernahme der sationsform her den Zustand finden, der den Pfl ichten der Mitgliedschaft, einschliesslich das künftigen Herausforderungen gerecht wird. Denn die Vertiefung der Zusammenarbeit, Einverständnis mit den Zielen der politischen Union ihre Institutionen und Funktionsweisen beein- sowie der Wirtschafts- und Währungsunion. flussen die Fähigkeit, weitere Mitgliedsstaa- ten aufzunehmen. Erst wenn diese Fragen definiert sind, kann die EU auch die geogra- fische Ausdehnung bestimmen. Die Voraussetzungen für die EU-Mitglied- zu verwehren. Um trotzdem der kritischen stärker noch als die Türkei –, die primären schaft werden von den Kopenhagener öffentlichen Meinung entgegenzukommen, Opfer einer enger definierten Grenzziehung Kriterien defi niert. Genügen diese, um die ohne jedoch die Türkei zu brüskieren, bietet oder Aufnahmefähigkeit zu werden. Aufnahmekapazität der EU zu bestimmen? sich eventuell eine Vollmitgliedschaft mit Die Forderung des Europaparlaments Die Kopenhagener Kriterien werden jeweils umfangreichen Übergangsmassnahmen in nach einer eindeutigen Festlegung zukünf- ergänzt, und zwar mit dem so genannten Ver- einzelnen Teilbereichen, etwa beim Arbeits- tiger Grenzen scheint vernünftig. Es ist ein handlungsrahmen, den die EU für ein Bewer- markt, an. Ansinnen, nicht ohne Strategie blind in die berland kurz vor Aufnahme der Beitrittsver- Dabei handelte es sich aber auf jeden Zukunft zu stolpern. Doch der Erweiterungs- handlungen beschliesst. Ausserdem hat das Fall um eine Gratwanderung zwischen den prozess erstreckt sich über einen langen Europäische Parlament die Kommission kürz- Sorgen heutiger EU-Bürger und den Wün- Zeitraum. Der Beitritt von Ländern jenseits lich beauftragt, bis Ende 2006 die Aufnahme- schen der Türkei. Zu beachten ist auch, dass des heutigen Kandidatenkreises liegt noch kapazität der EU einschliesslich ihrer geogra- ein möglicher Türkeibeitritt aller Voraussicht weiter in der Zukunft als ein möglicher Türkei- fischen Grenzen zu erläutern. nach noch zehn Jahre oder mehr in der Zu- beitritt. Vieles kann sich bis dahin verändern Viele Mitgliedsstaaten stabilisieren die EU kunft liegt. Über einen so langen Zeithori- und eine Aufnahme weiterer Länder für die innenpolitisch, machen sie jedoch aussen- zont könnte sich nicht nur die Einschätzung Union tatsächlich wünschenswert machen – politisch eher träge. Wie beurteilen Sie europäischer Bürger im Allgemeinen ändern; so unwahrscheinlich dies aus heutiger Sicht dieses Dilemma? die bis dahin voll einsetzende demografische auch erscheinen mag. Die Union sollte sich Die Handlungsfähigkeit der EU sollte mit Alterung in Westeuropa könnte auch einen nicht voreilig der Handlungsoptionen be- einer Reform der Institutionen verbessert wer- ganz speziellen Anlass dafür liefern. Möglicher- rauben. Letzten Endes bleibt die Entschei- den. Solche neuen Instrumente hätte der weise wird sich verstärkt die Erkenntnis durch- dung über die Grenzen der EU eine politische, EU-Verfassungsvertrag vorgesehen; dessen setzen, dass türkische Gastarbeiter keine und niemand kann sie der EU abnehmen. Zukunft ist aber mehr als ungewiss. Es ist Bedrohung sind, sondern vielmehr durch ihre Erweiterung oder Vertiefung: die Optionen unbestritten, dass es für eine wachsende Arbeit in anderen Mitgliedstaaten einen wert- liegen auf dem Tisch. Nun kommt es darauf Union schwieriger wird, Entscheide zu fällen – vollen Beitrag zur Stabilisierung westeuropä- an, wie sich die EU entscheidet. < gerade im aussenpolitischen Bereich. Umso ischer Sozialversicherungssysteme leisten wichtiger ist es, dass sie sich mit den richtigen könnten. Entscheidungsmechanismen ausstattet. Die- Georgien, Moldawien und die Ukraine ser Prozess ist am Laufen. haben verschiedentlich Interesse an einer Wird dessen Ergebnis die politische Mitgliedschaft geäussert. Ein demokratisier- Meinung in der Schweiz beeinfl ussen? tes Weissrussland könnte irgendwann einmal Die Wahrnehmung der EU ist ambivalent. folgen. Diesen Ländern wurde – im Gegen- Ist sie stark, wird sie von einem Teil unserer Studie des Economic Research zum Thema: satz zu den oben genannten – bisher jedoch Landsleute als Bedrohung wahrgenommen. Wo liegen die Grenzen der EU? Ein Blick noch keine Beitrittsperspektive in Aussicht auf den Erweiterungsprozess, Februar 2006, Das ist meiner Ansicht nach falsch. os gestellt. Es wäre somit leichter, sie von einem www.credit-suisse.com/research Beitritt auszuschliessen. Sie laufen Gefahr – (Publi kationen  International Issues)

Credit Suisse Bulletin 2/06 Wirtschaft Bondmarkt 55

Leveraged Buyout (LBO) nennt man die Übernahme eines börsenkotierten oder privaten Unternehmens mittels Fremdkapital (Bankkredite und/oder -anleihen). Anschliessend wird der zukünftige Cashfl ow des über nommenen Unternehmens zur Tilgung der Schulden benutzt, meist unterstützt durch strikte Kostensenkungsmassnahmen. Daneben werden zur Sicherung des für den Kauf notwendigen Fremdkapitals in der Regel die Kernvermögens werte des akquirierten Unterneh- mens ein gesetzt. Gleichzeitig werden die restlichen Aktiven veräussert, um die bei der Übernahme entstandene Verschuldung zu reduzieren.  Foto: www.coproduktion.ch

Credit Suisse Bulletin 2/06 56 Wirtschaft Bondmarkt LBOs: ein Risiko für Bond- anleger

Angesichts des momentanen Tiefzinsniveaus setzen renditeorientierte Private-Equity- und Hedge-Fund-Gesellschaften vermehrt auf so genannte Leveraged Buyouts. Solche fremdfi nanzierten Firmenübernahmen bergen insbesondere für die Besitzer der «alten» Bonds grosse Risiken.

Text: Michael Gähler und Wolfgang Wiehe, Global Credit Research

Ein LBO ist für die bestehenden, «alten» In der Fol ge sinkt deren Bonität – mögli- hen günstig und können daher leichter aus Bonds ein Problem, weil es zu einer grös- cherweise so gar in den spekulativen Be- dem freien Cashfl ow des akquirierten Unter- seren Verschuldung des übernommenen reich –, wodurch der Preis der betroffenen nehmens finanziert werden. Darüber hinaus Unternehmens und dadurch üblicherweise Obli ga tionen beträchtlich sinkt. sind Anleger, die eine überdurchschnittliche zu Kurseinbussen führt. Es sei denn, rechts- Performance anstreben, aufgrund des ak- Tiefes Zinsumfeld begünstigt LBOs verbindliche Anleiheklauseln, so genannte tuellen Tiefzinsumfelds eher bereit, höhere Bond Covenants, bieten einen gewissen Zurzeit sind LBOs besonders bei Private- Risiken in Kauf zu nehmen. Schutz. Ausserdem werden diese Obliga- Equity-Gesellschaften und Hedge-Funds In den letzten zehn Jahren haben die tionen üblicherweise an eine Holding über- «en vogue», weil diese Investoren über be- LBO-Volumen von rund 10 auf 50 Milliarden tragen. Dagegen werden die zur Finanzie- trächtliche finanzielle Mittel verfügen, für die Euro deutlich zugenommen. Im Gegensatz rung der Akquisition ausgegebenen Neu- sie hohe Renditen erwirtschaften müssen. zu diesem starken Volumenwachstum stieg emissionen auf der Ebene des operativ LBOs sind für diese Anlegergruppe attraktiv, in Europa die Zahl der eigentlichen LBO- tätigen Unternehmens platziert. Dadurch weil sie interessante Ertragschancen bieten. Transaktionen im gleichen Zeitraum nur mo- ergibt sich eine strukturelle Benachteiligung Zudem sind aufgrund des gegenwärtig nied- derat, was auf eine zunehmende Grösse der (Nachrangigkeit) der bestehenden Bonds. rigen Zinsniveaus Kredite historisch gese- einzelnen Übernahmen hindeutet. Zwischen

Credit Suisse Bulletin 2/06 Wirtschaft Bondmarkt 57

2001 und 2004 fanden die meisten LBO- 2005 auf der Liste möglicher LBO-Kandi- schlag (Credit Spreads) die gleiche Auswir- Aktivitäten im Industriesektor statt, gefolgt daten. kung, wie wenn das Unternehmen selber zum von den Sektoren Kommunikation so wie Ende November 2005 gab TDC bekannt, Gegenstand einer fremdfinanzierten Akqui- Konsumgüter und Dienstleistungen. Im Ge- dass Nordic Telephone Co. ApS (ein Unter- sition geworden wäre. gensatz dazu waren die entsprechenden nehmen im Besitz von Private-Equity-Gesell- Ausblick: LBOs bleiben ein Thema Aktivitäten in den Branchen Finanz, Tech- schaften) ein Angebot zur Übernahme des nologie und Gesundheit eher verhalten. Typi- gesamten Aktienkapitals von TDC gemacht Die zurzeit tiefen Zinsen und die für europä- sche Kennzeichen eines potenziel len LBO- habe – eine Offerte, die der Verwaltungsrat ische Unternehmen meist robusten Funda- Kandidaten sind die Fähigkeit zur Generie- von TDC den Aktionären zur Annahme emp- mentaldaten erleichtern die Erhöhung des rung hoher Cashfl ows, die Verfügbarkeit von fahl. Ende Januar 2006 teilte TDC schliess- Fremdkapitalanteils in den Bilanzen. Wir Sachanlagen und die Absenz regulatorischer lich mit, dass 88,2 Prozent ihrer Aktionäre gehen deshalb für das laufende Jahr von Hürden. Dagegen meiden LBO-Investoren das Angebot akzeptiert hätten. Es wird da- weiteren LBO-Aktivitäten aus. Unseres Er- Unternehmen mit hohen Pensionskassen- mit gerechnet, dass die neuen TDC-Mehr- achtens werden insbesondere die Sektoren defiziten sowie Aktionariats strukturen, wel- heitsaktionäre eine stark fremdfinanzierte Telekom und Medien sowie Einzelhandel che die Stimmrechte der einzelnen Aktio- Finanzstruktur für die Gruppe implementie- betroffen sein. Die Liste möglicher LBO- näre beschränken. ren werden. Kandidaten ist lang. Untenstehende Tabel- Im Juli 2005 unterbreiteten Apax und le enthält jene Unternehmungen, bei denen Aktuelle Beispiele für LBO-Transaktionen Time Warner ein gemeinsames Angebot für wir ein LBO als am wahrscheinlichsten er- Mitte Januar 2006 unterbreitete ein Kon- ITV. Angesichts der Besorgnis erregenden achten. Angesichts des hohen Risikos, dass sortium aus Venture-Capital-Gesellschaften Deckungslücke in der Pensionskasse von einige dieser Emittenten durch LBO-Aktivi- (zu Deutsch Wagniskapital-Gesellschaften) ITV zogen sich die beiden Unternehmen täten eine drastische Verschlechterung ihres ein Angebot von 8,9 Milliarden US-Dollar für dann aber wieder zurück. Dennoch besteht Kreditprofils erleiden könnten, raten wir von die Übernahme des holländischen Kommu- eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ITV einem Engagement in den ausstehenden nikations- und Medienunternehmens VNU. abermals zum Ziel von Übernahmeangebo- Anleihen dieser Unternehmen ab. < Falls realisiert, soll die Transaktion gröss- ten wird. Laut Angaben von Credit Suisse tenteils mit Fremdkapital finanziert werden. Investment Banking haben zurzeit mindes- Weitere wahrscheinliche Schritte, die von tens zehn Private-Equity-Firmen das Unter- den Investoren in Betracht gezogen werden, nehmen im Visier. Am 22. März gab die sind eine Überführung des Konzerns in Unternehmung bekannt, dass sie ein Über- Privatbesitz, eine Aufspaltung der Unterneh- nahmeangebot einer Investorengruppe unter mung oder eine Erhöhung der Ausschüttun- der Leitung von Apax und Blackstone abge- gen an die Aktionäre. VNU wurde im No- lehnt habe. vember 2005 zur potenziellen Übernahme- Die deutsche Linde AG, die lange Zeit kandidatin, als sie die Akquisition von IMS selbst als LBO-Kandidatin gehandelt wurde, Health Inc. für 6,3 Milliarden US-Dollar ab- lancierte im Januar ein unfreundliches An- brach. VNU figurierte auch in einer LBO- gebot zur Übernahme der BOC Group plc. Analyse der Credit Suisse vom 8. Dezember Dies hatte auf den Kreditrisiko-Renditeauf-

Wichtigste Kennzahlen verschiedener europäischer LBO-Kandidaten Quelle: Bloomberg, Credit Suisse LBO-Kandidat Sektor Währung Markt- Minderheits- Netto- Enterprise Buch- Verschul - Freier EV/ EV/ Netto- kapitali- beteiligung schuld Value wert dungsgrad Cash- EBITDA1 Freier schuld/ sierung (Mio.) (Mio.) (Mio.) (Mio.) fl ow Cash- EBITDA (Mio.) (Mio.) fl ow

Dixions Einzelhandel GBP 3395 42.3 –551 2844 423 109% 230 6.4x 12.4x –1.2x DSM Chemie EUR 8011 67 803 8814 4339 39% 323 8.4x 27.3x 0.8x FKI Industrie GBP 715 0.2 351 1066 –219 –231% 1 9.9x 761.5x 3.3x Kingfisher Einzelhandel GBP 5727 9.4 1368 7096 1651 97% –161 10.8x –44x 2.1x Marks & Einzelhandel GBP 9349 0 2094 11442 399 595% 1078 12.3x 10.6x 2.2x Spencer Pearson Medien GBP 6388 169 1057 7445 –290 –676% 676 9.5x 11x 1.3x Royal KPN NV Telekom EUR 20137 28 8225 28362–4325 –214% 2647 6.1x 10.7x 1.8x Tele Austria Telekom EUR 9955 n. a. 2861 12816 1478 214% 756 8x 16.9x 1.8x

n. a. = nicht verfügbar; 1 ökonomischer Unternehmungswert / Bruttogewinn (vor Abschreibungen und Amortisation) Foto: www.coproduktion.ch

Credit Suisse Bulletin 2/06 58 Wirtschaft Exportwirtschaft Die Schweiz muss besser sein, weil sie teuer ist

Credit Suisse Bulletin 2/06 Wirtschaft Exportwirtschaft 59

Die Schweiz ist bekannt für ihre Qualitätsprodukte. Im Jahr 2005 wiesen 58 Prozent der Exportgüter Qualitätsvorteile auf. Um nicht an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, muss die Schweiz sich künftig aber noch stärker im Qualitätswettbewerb positionieren.

Text: Fiona Ballmer, Economic Research

Die Schweizer Exportindustrie konnte in den Wachstumsbeiträgen. Sie beschreiben, wie 36 Prozent über dem Durchschnitt der EU- Neunzigerjahren ihre Stellung im Wettbe- viel einzelne Komponenten des Brutto- Länder. Trotz überdurchschnittlicher Pro- werb verbessern. Heute besitzt ein grösse- inlandprodukts zum Wirtschaftswachstum duktivität ist das hohe Preisniveau eine rer Anteil der Schweizer Warenausfuhren beitragen. Den Warenexporten der Industrie grosse Herausforderung für die Schweizer einen Qualitätsvorteil gegenüber dem Aus- kommt dabei eine tragende Rolle zu. Das Exportindustrie. Mit der zunehmenden Glo- land als noch Ende der Achtzigerjahre. Doch durchschnittliche Wachstum der Schweizer balisierung, der Verlagerung von Produk- gleichzeitig zeigt sich auch, dass nach wie Wirtschaft betrug zwischen 1991 und 2005 tionsstandorten in Entwicklungs- und Schwel- vor viele Exportgüter der Schweizer Industrie gerade noch 1 Prozent. In dieser Zeitspan- lenländer und dem grenzüberschreitenden stark vom Preis bestimmt sind. Die Schweiz ne leiteten die Warenexporte 1,1 Prozent- Technologie- und Know-how-Transfer erhöht ist im Preiswettbewerb allerdings nicht kon- punkte ans Wachstum. Die Dienstleistungs- sich der internationale Wettbewerb kon- kurrenzfähig. Um sich vom Ausland nicht exporte trugen 0,3 Prozentpunkte bei, tinuierlich. Mit den aufholenden Entwick- den Rang als erfolgreiche Exportnation ab- während der Beitrag der inländischen Nach- lungs- und Schwellenländern erwachsen der laufen zu lassen, muss sich die Schweizer frage mit minus 0,4 Prozentpunkten sogar Schweiz neben den Industriestaaten mehr Exportindustrie noch stärker auf Qualitäts- negativ war. Ohne ausländische Nachfrage und mehr Konkurrenten, die zu einem tiefen güter spezialisieren. wäre die Schweizer Volkswirtschaft ge- Lohn- und Kostenniveau produzieren. schrumpft. Neben einer hohen Lieferbereitschaft Am Tropf des Auslands und Zuverlässigkeit liegen die Stärken der Globalisierung forciert Wettbewerb Die schweizerische Volkswirtschaft ist wirt- Schweiz vor allem in ihren qualifizierten Ar- schaftlich stark mit dem Ausland verfloch- Im Jahr 2003 lagen die Preise für die von beitskräften, der technologischen Leistungs- ten. Jeden zweiten Franken erwirtschaftet den privaten Haushalten konsumierten fähigkeit und der Innovationskraft. Die Qua- sie im Ausland. Die Schweiz war seit je eine Güter und Dienstleistungen in der Schweiz lität und das technologische Niveau der > Exportnation. In den letzten Jahrzehnten hat die wirtschaftliche Verflechtung mit dem Ausland allerdings laufend zugenommen. Exportpositionierung der Schweizer Industrie, 1988–2005 Dafür verantwortlich war in erster Linie die Seit 1988 hat sich der Anteil der exportierten Schweizer Produkte mit einem Qualitäts- Globalisierung. Neben der fortschreitenden vorteil kontinuierlich gesteigert. 2005 ging der Anteil allerdings leicht zurück, statt – wie erforderlich – weiter zu steigen. Quelle: Credit Suisse Economic Research weltweiten Liberalisierung der Wirtschafts- und Handelspolitik sowie der Kapitalmärkte % wurde die zunehmende Internationalisierung 70 der Märkte ebenso durch den technischen 60 Fortschritt angetrieben, insbesondere in den Informations- und Kommunikationstech- 50 nologien.

Relativ wenig Dienstleistungsexporte 40

Nach wie vor werden rund drei Viertel der 30 Exporteinnahmen durch Warenexporte und ein Viertel durch die Erbringung von Dienst- 20 leistungen erwirtschaftet. Trotz grosser Fortschritte in den Informations- und Kom- 10 munikationstechnologien sind Dienstleis-

tungen immer noch schwerer handelbar als 0 Exporte. 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005

Prägnant zeigt sich der hohe Stellenwert Qualitätsvorteile Keine Preisvorteile Keine Qualitätsvorteile Preisvorteile der Exportwirtschaft für die Schweiz in den

Credit Suisse Bulletin 2/06 60 Wirtschaft Exportwirtschaft

Unit-Value-Ansatz: Qualitative Eigenschaften wie das Design, die Technologie oder Markenstärke eines Gutes rechtfertigen einen höheren Preis. Die Inputfaktoren von Qualitätsprodukten (Humankapital, Technologie, Material) sind tendenziell hoch- wertiger und ihr Produktionsprozess aufwändiger als jene von Massenprodukten. Mit zunehmender Qualität eines Produktes keine Wettbewerbsfähigkeit verfügt. Immer- erhöht sich folglich das Verhältnis seines Werts zu seinem hin konnte sie den Anteil der Exporte ohne Gewicht. Der so genannte Unit Value (das Wert-Gewicht- Preisvorteile im Laufe der Zeit reduzieren. Verhältnis) eines Kilos Schweizer Luxusuhren beispielsweise ist Doch wird sie ihre Wettbewerbsposition viel höher als jener eines Kilos Billiguhren. Der höhere Unit kaum über dieses Segment verbessern kön- Value drückt die höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden aus, nen. Ihre Vorteile liegen dank einer guten welche in den qualitativen Eigenschaften, etwa in der Marken- Ausstattung mit Humankapital bei den qua- litäts- und technologiegetriebenen Gütern. stärke oder in der Fertigungspräzision, begründet liegt. Umso mehr erstaunt der hohe Anteil von Der Unit Value der Exporte ist ein approximativer Indikator für Exporten (38 Prozent), welche preissensitiv die Produktequalität eines Landes oder einer Branche. Er sind beziehungsweise im Preiswettbewerb bietet die Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer stehen. Zwar hat die Qualitätsorientierung der Schweizer Industrie zugenommen. Doch Ex portindustrie zu analysieren. Anhand der Unit Values der um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Exporte und der Importe sowie des mengenmässigen Handels- dem Ausland aufrechtzuerhalten oder zu bilanz saldos kann für einzelne Branchen bestimmt werden, stärken, muss sie sich noch ausgeprägter ob Preis- oder Qualitätswettbewerb herrscht oder ob sie a) einen im Qualitätswettbewerb positionieren. Nur Preisvorteil, b) keinen Preisvorteil, c) einen Qualitätsvorteil oder durch eine kontinuierliche Weiterentwick- d) keinen Qualitätsvorteil besitzen. Dabei wird angenommen: lung der Produkte und Servicedienstleis- Exportiert die Branche mengenmässig mehr, als sie importiert, tungen wird sich die Industrie auf den Welt- besitzt sie gegenüber dem Ausland einen Vorteil. Ob dies märkten behaupten können und der Schweiz ein Vorteil im Preis- oder Qualitätswett bewerb ist, wird über das langfristig ihre Rolle als wichtige Export- nation sichern können. Verhältnis zwischen Export-Unit-Value und Import-Unit-Value bestimmt. Wichtige Branchen setzen auf Qualität Von den wichtigsten Schweizer Exportbran- chen hat die Präzisionsinstrumen teindustrie schweizerischen Exportprodukte sind ent- qualitätsdominiert sind, bei denen also die (inklusive Uhrenindustrie) den grössten An- scheidend für deren wirtschaftlichen Erfolg, Qualität entscheidend ist. Die Güter in den teil an Exporten mit Qualitätsvorteil. Unter- da diese Attribute höhere Preise rechtferti- Segmenten «Preisvorteil» und «kein Preis- nehmen der Uhrenindustrie wie Swatch, gen. Bei Qualitätsgütern ist der Preis neben vorteil» sind hingegen preissensitiv. Montres Rolex, IWC International Watch den qualitativen Eigenschaften wie Design, Die Anteile der einzelnen Wettbewerbs- oder der Medizinaltechnik wie Straumann Präzision, Technologie oder Servicedienst- positionen erlauben eine Aussage über die und Synthes sind dank Qualität und Inno- leistungen deshalb lediglich ein Faktor, der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Export- vation auf den Weltmärkten erfolgreich. Auf über die Wettbewerbsfähigkeit entscheidet. industrie und deren Entwicklung über die die Präzisionsinstrumenteindustrie folgen Die Zahlungsbereitschaft der Abnehmer ist Zeit. Gemäss unserer Analyse wiesen 2005 die Elektrotechnik, der Maschinenbau und bei Qualitätsgütern höher als bei stark preis- rund 58 Prozent der Exporte gegenüber dem die chemisch-pharmazeutische Industrie. sensitiven Gütern. Die Schweiz muss sich Ausland Qualitätsvorteile auf (Grafik Seite Mindestens 70 Prozent der Exporte dieser daher auf die Produktion von Qualitätsgü- 59). Erfreulich ist, dass es der Industrie ge- Branchen verfügen über Qualitätsvorteile. tern spezialisieren. lang, diesen Anteil zwischen 1988 und 2005 Hinter diesen Erfolgen stehen Firmen wie zu steigern. 1988 betrug der Anteil der Ex- die Pharmaunternehmen Novartis und Verbesserte Wettbewerbsfähigkeit porte mit Qualitätsvorteil noch rund 47 Pro- Roche, Unternehmen der Maschinenindus- Der Schweizer Exportindustrie gelang es zent. Im gleichen Zeitraum gelang es der trie wie ABB, Sulzer, Georg Fischer und zwischen 1988 und 2005, ihre Position im Industrie, den Anteil der Exporte, in der sie Rieter oder der Elektrotechnik wie Alstom Wettbewerb mit dem Ausland zu verbessern. weder Preisvorteile noch Qualitätsvorteile oder Nexans Schweiz. < Mit Hilfe einer bestimmten Analysetechnik aufweist, zu reduzieren. (siehe Box oben) wurden die schweizeri- Im Preiskampf nicht konkurrenzfähig schen Industrieexporte in die vier Segmen- Studie des Economic Research zum te «Qualitätsvorteil», «kein Qualitätsvorteil», Die Schweiz wies 2005 lediglich bei rund Thema: Qualität – Einzige Chance der «Preisvorteil» und «kein Preisvorteil» einge- sechs Prozent aller Exporte Preisvorteile Exportindustrie? Swiss Issues Branchen, teilt. Die Segmente «Qualitätsvorteil» und gegenüber dem Ausland auf. Dies bestätigt, www.credit-suisse.com/research «kein Qualitätsvorteil» enthalten Güter, die dass sie bei preissensitiven Gütern über (Schweizer Wirtschaft  Branchen)

Credit Suisse Bulletin 2/06 Wirtschaft Nach-Lese 61

Freakonomics Rohstoffe Überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen Der attraktivste Markt der Welt

Von Steven Levitt & Stephen Dubner Von Jim Rogers gebundene Ausgabe kartonierte Ausgabe 300 Seiten 291 Seiten ISBN 3-570-50064-0 ISBN 3-898-79110-6

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wieso Drogenhändler bei Öl, Weizen, Sojabohnen, Aluminium, Kupfer, Schweinebäuche. ihren Müttern wohnen? Oder ob Swimmingpools gefährlicher Glaubt man Jim Rogers, dann sollte jeder vernünftige Anleger sind als Revolver? Zugegeben, beides sind Fragen, die sich schleunigst in Rohstoffe investieren. Der Mann weiss, wie es den meisten Leuten nicht einfach so aus dem Alltag heraus geht. Schliesslich hat er schon als Fünfjähriger erste Geschäfts- stellen. Steht eine solche Frage aber einmal im Raum, wird erfahrungen auf diesem Gebiet gemacht, als er in seiner Nach- man sie nicht so schnell wieder los. In ihrem Buch stellen der barschaft Erdnüsse verkaufte. Nach dem Studium in Yale und Ökonom Levitt und sein Sprachrohr, der Journalist Dubner, Oxford arbeitete er an der Wall Street, lernte George Soros lauter solche Fragen, die auf den ersten Blick eher wahnwitzig kennen und gründete mit ihm den legendären Quantum Fund. erscheinen. Manchmal auch auf den zweiten. Das zentrale Bereits 1980 hatte Rogers genug Geld verdient, zog sich aus Thema des Buches ist: «Wenn die Moral ausdrückt, wie die dem Fondsmanagement zurück und begann die Welt zu berei- Welt funktionieren sollte, dann zeigt uns die Ökonomie, wie sie sen und Bücher über seine Abenteuer zu schreiben. wirklich funktioniert.» Rohstoffe haben nicht den besten Ruf. Das möchte Rogers Die Ökonomie, so die Autoren, sei eine Wissenschaft, die mit seinem Buch ändern. «Im Vergleich zum Risikoprofi l der uns ausgezeichnete Werkzeuge zur Verfügung stelle, um Ant- meisten Technologie-Aktien sehen Rohstoffe so sicher aus, worten zu fi nden, aber sie leide unter einem ernsten Mangel dass jeder institutionelle Investor sie für seinen ‹Witwen-und- an interessanten Fragen. Der junge Starökonom Levitt ist auf Waisen-Fonds› kaufen könnte.» Doch wer mit Rohstoffen Geld dem besten Weg, den Mangel an interessanten Fragen zu verdienen will, sollte sich zuerst einiges Wissen aneignen, nicht beheben. Da war zum Beispiel die Frage zu klären, wieso in nur was Rohstoffe selber anbelangt: Der fl eissige Anleger sollte den USA im April 1987 auf einen Schlag sieben Millionen ame- sich am besten auch über historische und geopolitische Zu- rikanische Kinder verschwanden. Die Steuerbehörden hatten sammenhänge informieren. Rogers vermittelt in seinem Buch neu verlangt, dass für jedes zum Haushalt gehörende Kind einiges an Grundwissen und führt den Leser Schritt für Schritt eine Sozialversicherungsnummer angegeben werden muss; in die Welt des Rohstoffhandels ein. Er erklärt, woraus ein die plötzlich verschwundenen Kinder hatten nur als Phantome Kontrakt besteht und welches die wichtigsten Börsen und In- in den Steuererklärungen existiert. Levitt beschreibt in seinem dizes sind; er zeigt, wo der Anleger die nötigen Informationen Bestseller weiter, wie eine kriminelle Strassenbande in Chicago beschaffen kann, und plaudert auch sonst gerne aus seinem funktioniert: sehr hierarchisch, der Chef bekommt fast alles, gut sortierten Nähkästchen. Das Buch ist unterhaltsam und das Fussvolk fast nichts. Darum wohnen Drogenhändler bei mit viel Herzblut geschrieben. Das tröstet darüber hinweg, dass ihren Müttern – weil sie so schlecht verdienen, dass sie sich der Autor streckenweise doch allzu sehr von sich und seinen eine eigene Wohnung einfach nicht leisten können. rh Ansichten überzeugt ist. rh

Die besprochenen Bücher finden Sie bei www.buch.ch.

Impressum: Herausgeber Credit Suisse, Postfach 2, 8070 Zürich, Telefon 044 333 11 11, Fax 044 332 55 55 Redaktion Daniel Huber (dhu) (Leitung), Marcus Balogh (ba), Michèle Bodmer (mb), Ruth Hafen (rh), Andreas Schiendorfer (schi), Andreas Thomann (ath), Olivia Schiffmann (os), Rebecca Schraner (rs), Regula Gerber (Volontariat) E-Mail redaktion. [email protected] Mitarbeit an dieser Ausgabe Reto Schlatter Internet www.credit-suisse.com/emagazine Marketing Veronica Zimnic Korrektorat text control, Zürich Gestaltung www.arnolddesign.ch: Daniel Peterhans, Monika Häfliger, Urs Arnold, Maja Davé, Renata Hanselmann, Annegret Jucker, Alice Kälin, Iris Wolf, Monika Isler und Petra Feusi (Projektmanagement) Inserate Yvonne Philipp, Strasshus, 8820 Wädenswil, Telefon 044 683 15 90, Fax 044 683 15 91, E-Mail [email protected] Beglaubigte WEMF-Auflage 2005 123 771 Druck NZZ Fretz AG/Zollikofer AG Redaktionskommission René Buholzer (Head of Public Affairs Credit Suisse), Othmar Cueni (Head of Corporate & Retail Banking Northern Switzerland, Private Clients), Tanya Fritsche (Online Banking Services), Eva-Maria Jonen (Customer Relation Services, Marketing Winterthur Insurance), Charles Naylor (Chief Communications Officer Credit Suisse Group), Fritz Stahel (Credit Suisse Economic Research), Bernhard Tschanz (Head of Research Switzerland), Maria Lamas (Financial Products and Investment Advisory), Christian Vonesch (Leiter Marktgebiet Privatkunden Zürich) Erscheint im 112. Jahrgang (5 x pro Jahr in deutscher, französischer und italienischer Sprache). Nachdruck von Texten gestattet mit dem Hinweis «Aus dem Bulletin der Credit Suisse». Adressänderungen bitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustellcouverts an Ihre Credit Suisse Geschäftsstelle oder an: Credit Suisse, ULAZ 12, Postfach 100, 8070 Zürich.

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Credit Suisse Bulletin 2/06 62 Leader Bert Rürup

Credit Suisse Bulletin 2/06 Leader Bert Rürup 63

«Maggie Thatcher hätte in Deutschland keine Chance»

Interview: Andreas Thomann Bert Rürup, der Vorsitzende des deutschen Sachverständigen- rates, ist ein Realist. Im Interview erklärt er, warum Angela Merkels Politik der kleinen Schritte durchaus ans Ziel führen kann. Und warum in Deutschland eine Margaret Thatcher erst gar nicht an die Macht käme.

Bulletin: Wie beurteilen Sie die bisherige nicht im Koalitionsvertrag. Deswegen sehe Dessen Einfluss hängt natürlich auch von Arbeit der Grossen Koalition? ich in diesen weissen Flecken eine Chance. der medialen Unterstützung ab. Deshalb sind Bert Rürup: Besser als vermutet. Der aussen- Werden die grossen Würfe also noch die Adressaten unserer Gutachten nicht nur politische Start war sehr gut. Und der Koali- folgen? die Politiker, sondern selbstverständlich tionsvertrag bietet Chancen. Man muss be- Frau Merkel hat sich im Wahlkampf als eine auch die Presse und die Öffentlichkeit. Aber rücksichtigen, dass diese Koalition den Politi- Radikalreformerin dargestellt. Aber die Poli- wir hoffen natürlich schon, dass einiges um- kern von den Wählern aufgezwungen wurde. tik, die sie jetzt betreibt, bezeichnet sie selbst gesetzt wird. Im Vertrag sind eine Reihe von Punkten ent- als eine Politik der kleinen Schritte. Das Wie oft ist das der Fall? halten, die ich ohne weiteres unterschrieben muss kein Nachteil sein. Voraussetzung ist, Ich würde mal sagen, dass der Einfluss der hätte, etwa zur Rentenreform – inklusive dass die Schritte alle in die richtige Richtung wissenschaftlichen Politikberatung in den Rentenalter 67 – oder zur Familienpolitik. gehen. Eine Politik der kleinen Schritte, die letzten Jahren eher grösser geworden ist. Doch die zentralen Probleme Deutsch- umgesetzt wird, ist besser als eine Vision, Nehmen Sie die Neuordnung der Besteue- lands wie die Reform der Krankenver- die eine Vision bleibt. rung der Alterseinkommen: Da ist praktisch sicherung, der Pfl egeversicherung oder der Angenommen, Sie könnten frei von alles genau so umgesetzt worden, wie es die Unternehmenssteuer wurden ausge- politischen Sachzwängen eine Reform von mir geleitete Kommission empfohlen hat. klammert. Ist das nicht ein Zeichen von durchsetzen. Was hätte Priorität? Auch die Vorschläge der so genannten Rü- Schwäche? Die Finanzierungsreform des Gesundheits- rup-Kommission zur Rente sind mehr oder Ich sehe das nicht unbedingt als Nachteil. wesens und die Unternehmenssteuerreform. weniger alle umgesetzt worden. Oder die Hätte man diese Themen gleich nach dem Das sind für mich die zentralen Bausteine Agenda 2010, die bereits im Gutachten erbitterten Wahlkampf angepackt, so wäre in dieser Legislaturperiode. Alles andere ist des Sachverständigenrates «20 Punkte für nicht mehr herausgekommen als ein Kompro- meines Erachtens nicht so wichtig oder nicht Wachstum und Beschäftigung» aus dem miss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. durchsetzbar. Jahre 2002 vorgespurt wurde. Ich weiss mittlerweile, dass die Güte eines Wie gross ist die Macht des Vorsit- Also kein frustrierender Alltag? Regierungshandelns nicht davon abhängt, zenden des Sachverständigenrates im Nein. Und ausserdem bin ich mittlerweile 62. was in einem Koalitionsvertrag steht. Die real existierenden Politikgeschäft? Da weiss ich, dass Politik anders funktio- Arbeitsmarkt- und Sozialreformen der Re- Ich würde meine Person mal zurücknehmen niert als die Führung eines Unternehmens.

Foto: Oliver Lang gierung Schröder standen beispielsweise und nur vom Sachverständigenrat sprechen. Sie müssen als wissenschaftlicher Politik- >

Credit Suisse Bulletin 2/06 64 Leader Bert Rürup

berater eine relativ hohe Frustrationstoleranz gegeben: «Die Chancen nutzen, Reformen haben. Und Sie müssen auch auf den richti- mutig voranbringen». Schaut man zurück auf gen Zeitpunkt warten können. die letzte grosse Koalition, die zwischen Im heutigen Europa schreiben vor 1966 und 1969 in Deutschland regierte, so allem kleine Länder wie Finnland, Irland besteht durchaus Anlass zu Optimismus. oder Dänemark die wirtschaftlichen Aus der damaligen Sicht hat diese grosse Erfolgsstorys. Sind kleine Länder einfacher Koalition vieles richtig gemacht. Sie war innen- zu reformieren als grosse? politisch ausserordentlich erfolgreich – mit Bestimmt. Kleine Länder sind in der Regel einem Stabilitätsgesetz, einer Föderalismus- homogener als grössere – man hat beispiels- reform, einer Finanzverfassungsreform. weise nicht so ein grosses Wohlstandsge- Die Schweiz litt in den letzten Jahren fälle wie etwa zwischen dem Westen und dem unter einer ähnlichen Wachstums- Osten Deutschlands. Zudem sind die Willens- schwäche wie Deutschland. Was läuft bei bildungsprozesse einfacher. Und kleinere uns falsch? Länder haben zudem die Chance, Standards Auf den ersten Blick ist das ein Rätsel. Sie grösserer Länder zu unterlaufen. Die Grösse haben alles gemacht, was sich Ökonomen spielt also schon eine Rolle, um Entscheidun- immer wünschen – zumindest beim Kapital- Hans-Adalbert Rürup (* 7. November gen «speditiv» voranzubringen, wie Sie in der markt, beim Arbeitsmarkt und bei der Be- 1943 in Essen) ist Professor an der Schweiz so schön sagen (lacht). steuerung. Eine Schwachstelle sehe ich Technischen Universität Darmstadt im Sind die Deutschen überhaupt bereit allerdings in den relativ stark regulierten Fachgebiet Finanz- und Wirtschafts- politik. Im Jahr 2000 folgte er dem Ruf für Reformen, wie sie zum Beispiel Gütermärkten. Da herrscht defi nitiv zu wenig in den «Sachverständigenrat zur Be- die Briten unter Margaret Thatcher über Wettbewerb. Das zu ändern, ist aber erfah- gutachtung der gesamtwirtschaftlichen sich ergehen liessen? rungsgemäss ein mühsames Geschäft. Denn Entwicklung», dessen Vorsitz er seit Eine Maggie Thatcher könnte es in Deutsch- Wettbewerb fi nden alle immer gut – solange März 2005 innehat. Jeweils im November land nie geben. Das hängt auch mit unserer er bei den andern stattfindet (lacht). veröffentlicht dieser «Rat der Wirt- Verfassung zusammen. Deutschland hat ein Wie stark nimmt man in Deutschland schaftsweisen» ein Gutachten, welches Verhältniswahlrecht und kein Mehrheits- die Wirtschaftsordnungen von anderen einerseits einen Ausblick auf das wahlrecht. Das heisst, jede Regierung in Ländern unter die Lupe? kommende Wirtschaftsjahr enthält und Deutschland ist faktisch immer eine Koali- Man schaut regelmässig aufs Ausland, etwa anderseits die Tätigkeit der Regierung tionsregierung. Dann haben wir eine sehr bei der Alterssicherung. Es wäre aber falsch, aus ökonomischer Sicht kritisch starke Position des Bundesrates – für alle ein System komplett importieren zu wollen. analysiert und konkrete Verbesserungs- relevanten bundespolitischen Reformmass- Die einzelnen Sozialsysteme sind ja in den massnahmen vorschlägt. Darüber nahmen muss man die Mehrheit der Länder- Ländern über die letzten 100 Jahre gewach- hinaus präsidierte Rürup die «Sachver- kammer haben. Und die ist in sehr vielen sen und wurden verrechtlicht. In der Schweiz ständigenkommission zur Neuordnung Fällen andersfarbig dominiert als der Bun- haben Sie das Drei-Säulen-System, wobei der Besteuerung von Altersvorsorge- destag. All das verhindert einen so radikalen die AHV stark umverteilend wirkt. Dagegen aufwendungen und Alterseinkommen» Politikwechsel wie unter der Thatcher-Re- haben Sie eine relativ geringe Umverteilung und die «Kommission für die Nach- gierung – was Nachteile hat, aber mögli- im Steuersystem. Wir haben von der Schweiz haltigkeit in der Finanzierung der sozia- cherweise auch Vorteile. gelernt, dass ein mischfinanziertes System len Sicherungssysteme» (Rürup- Wünschen Sie sich denn nicht richtig ist, wählten jedoch einen eigenen Kommission). manchmal ein System, in dem eine Maggie Weg. Jetzt kann man einwenden, dieser sei Thatcher möglich wäre? überreguliert. Allerdings sind wir der Ansicht, Eine Maggie Thatcher nicht unbedingt. Aber dass die Umverteilung ins Steuersystem ge- ich würde auf alle Fälle eine stärkere Ent- hört und nicht in ein versicherungsmässig flechtung der politischen Entscheidungen organisiertes Pensionssystem. vorziehen. Wir brauchen eine grössere Auto- Sie selbst sind Mitglied der Sozial- nomie der Bundesebene und der Ländere- demokratischen Partei Deutschlands ... bene. Gleichzeitig dürfen Sie aber nie ver- ... seit fast 40 Jahren. gessen: Man kann auf Dauer keine Reform Wie fest schränkt Sie diese gegen die Mehrheit der Bevölkerung durch- Mitgliedschaft in Ihrer wissenschaftlichen setzen. Arbeit ein? Die Regierung Schröder hat relativ Gar nicht. Ich bin Ende der Sechzigerjahre einschneidende Reformen zustande aus Überzeugung in die SPD eingetreten, gebracht. Besteht jetzt die Gefahr, dass als Fan von Karl Schiller und Willy Brandt. die grosse Koalition weniger weit Da bin ich jetzt drin, und da bleibe ich auch, gehen wird? weil ich glaube, dass einige der Werte, die Das ist möglich. Wir haben unserem Gut- für mich wichtig sind, in der SPD gut aufge-

achten Ende 2005 nicht umsonst den Titel hoben sind. Ich habe mich nie als Parteisol- Foto: Oliver Lang

Credit Suisse Bulletin 2/06 Leader Bert Rürup 65

dat gefühlt oder so agiert. Und da ich schon etwas länger im Geschäft der wissenschaft- Die Laus im Pelz der deutschen lichen Politikberatung bin, wird das offen- Regierung sichtlich auch so gesehen. Ich habe mich Konrad Adenauer war skeptisch. Doch sein Wirtschaftsminister Ludwig eigentlich nie verbiegen müssen, habe immer Erhard setzte sich durch und gründete 1963 den «Rat der Weisen». meine Meinung gesagt. Im Übrigen: Als Be- rater kann man seine Meinung verkaufen, aber nur einmal. Im Jahr 1963 kam das deutsche Wirtschafts- Spüren Sie manchmal eine Kluft wunder allmählich ins Stottern. Die Lohn- zwischen sich und der Partei? verhandlungen zwischen den Tarifpartnern Die hat es schon gegeben, etwa als Oskar wurden dafür umso unerbittlicher geführt. In Lafontaine Parteiführer und in der Regie- dieser angespannten Lage regte der dama- rung war. Dennoch habe ich mich nie mit dem lige Wirtschaftsminister und Vater der sozi- Gedanken getragen, aus der Partei auszu- alen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, die treten. Nach 40 Jahren Ehe lässt man sich Gründung eines «Rats der Weisen» an, um auch nicht scheiden. die Tarifverhandlungen in moderatere Bah- Fühlen Sie manchmal den Puls der nen zu lenken. «Wollen Sie sich wirklich so Basis, Stichwort Rentenalter 67? eine Laus in den Pelz setzen?», war die erste Ob ich den Puls der Basis fühle, weiss ich Reaktion von Bundeskanzler Konrad Ade- nicht. Aber ich gehe regelmässig an die Basis, nauer auf den Vorschlag seines Wirtschafts- in Altersheime, an Volkshochschulen oder zu ministers. Doch Erhard setzte sich durch. Gruppenbild mit Dame: Im Juni 2004 hielt Gewerkschaftsveranstaltungen. Das Interes- Der Sachverständigenrat zur Begutachtung mit Beatrice Weder di Mauro erstmals eine sante ist: An der Basis finden Sie oft mehr der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war Frau Einzug in den Sachverständigenrat. Verständnis als in Funktionärskreisen. geboren. Ist die Politik, die Gerhard Schröder Jeweils Mitte November veröffentlichen senrates ablöste, gelang es schliesslich, mit- in seiner zweiten Amtszeit betrieben hat, die fünf Sachverständigen ihr Jahresgutach- tels intensiver interner Gespräche die Wogen überhaupt noch sozialdemokratisch? ten, das die Wirtschaftspolitik der Bundes- wieder zu glätten. Ich glaube schon. Gelegentlich werden eben regierung kritisch beleuchtet und Lösungs- Seit Juni 2004 sitzt im Sachverständi- die richtigen Reformen von Regierungen konzepte erarbeitet. Gewöhnlich fällt der genrat mit Beatrice Weder di Mauro erst- gemacht, die man eigentlich als die falschen Applaus der politischen Opposition lauter mals auch eine Frau. Die 40-jährige schwei- dafür ansehen würde. Was wäre in Deutsch- aus als derjenige der Regierung, was den zerisch-italienische Doppelbürgerin ist Wirt- land passiert, wenn Edmund Stoiber die unabhängigen Charakter des Gremiums un- schaftsprofessorin an der Johannes Guten- Hartz-Reform umgesetzt hätte? Ein sozial- terstreicht. Zwar werden die fünf Mitglieder berg-Universität Mainz und war zuvor unter demokratischer Politiker muss nicht bewei- vom Bundespräsidenten einberufen – auf anderem als Ökonomin bei der Weltbank sen, dass er sozial ist. Er kann vielleicht Vorschlag der Bundesregierung und für eine und beim Internationalen Währungsfonds sogar einiges besser vermitteln. Es war ein Amtszeit von jeweils fünf Jahren –, doch tätig. Mit der Berufung in den Sachverstän- sozialdemokratischer Sozialminister, der aus anders als etwa der Council of Economic digenrat ist Weder di Mauro zu einer der dem Umlageverfahren zu einem Mischsys- Advisors in den USA oder der Conseil wichtigsten Politikberaterinnen Deutsch- tem umgestiegen ist. Dieses Phänomen kön- d’Analyses Economiques in Frankreich muss lands aufgestiegen. Denn der Einsitz im er- nen Sie auch in andern Ländern beobachten. der Rat der Weisen nicht die Politik der je- lauchten Wissenschaftsrat bringt mehr als Die erste richtige und sinnvolle Unterneh- weiligen Regierung verkaufen. blosses Prestige. Gerade in den letzten Jah- menssteuerreform in Österreich ist in den ren ist das Fünfergremium zu einer wich- Der Streit zwischen den Ideen eskaliert Achtzigerjahren von Ferdinand Lacina ge- tigen Stimme im deutschen Politikalltag macht worden, einem sozialdemokratischen Traditionsgemäss steht eines der Mitglieder geworden. So waren von den 20 Punkten Finanzminister. im Rat der Weisen den Gewerkschaften und der berühmten «Agenda 2010», die Gerhard Aber der politische Lohn ist ausge- ein zweites der Arbeitgeberseite nahe. Diese Schröder im Jahr 2003 bekannt gab, deren blieben, sowohl in Deutschland als auch Konstellation führte Ende 2004 zu einem 13 im zuvor erschienenen Gutachten des in Österreich ... offenen Konflikt, als der damalige Vorsitzen- Sachverständigenrates vorgeschlagen wor- Das stimmt. Vielleicht sind halt doch nicht de Wolfgang Wiegard und das Ratsmitglied den. Auch bei der Rentenreform stammten alle Politiker Stimmenmaximierer, wie es die Wolfgang Franz den gewerkschaftsnahen die meisten Vorschläge von den Wirtschafts- ökonomische Theorie der Politik postuliert. Kollegen Peter Bofinger in Zeitungsinter- weisen. Und es spricht wenig dagegen, dass Es gibt, glaube ich, mehr Überzeugungstäter, views öffentlich angriffen. Hintergrund des auch die neue Kanzlerin Angela Merkel ein als wir denken. < Konflikts war ein Buch des Keynesianers offenes Ohr für die Ideen der Professorin Bofinger, das in zentralen Punkten im Wider- und ihrer vier Kollegen haben wird. ath spruch zur angebotsorienterten Sichtweise Das Interview mit Bert Rürup fand am Rande des Corporate Clients Forum der Credit des Gremiums stand. Dem neuen Vorsitzen- Suisse statt, wo Rürup einen Vortrag zum den Bert Rürup, der Anfang März 2005 Weitere Informationen unter

Foto: José Giribas, images.de Thema «Deutschland – wohin?» hielt. Wolfgang Wiegard an der Spitze des Wei- www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de

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@propos

Erleben auch Sie Ihr blaues Blut! [email protected]

Als Kind dachte ich, die de’ Medici wären gefühlt haben, wenn sie sich mit der eige- fast deren gesamte organisatorische Basis. unsere italienischen Verwandten. Katharina, nen Vergänglichkeit auseinander setzte. Wir verdanken es den Entwurzelten, dass Cosimo und Lorenzo – meine Grossmutter Trotzdem scheint der Mensch derzeit ver- die Ahnenforschung wiederbelebt wurde. wusste alles über ihr Leben und erzählte sessen auf seinen Ursprung zu sein. Wurde Amerikaner suchten nach ihren europäi- mir anstelle von Märchen lieber von den meine Grossmutter noch als Nostalgikerin schen Vorfahren und Kriegsfl üchtlinge, wie Intrigen dieser Florentiner Familie. Ich rea- gefoppt, wäre sie heute in Gesellschaft von meine Grossmutter, stellten Verbindungen lisierte erst, dass wir nicht verwandt sind, Millionen Gleichgesinnten – das Internet zu ihren Vorfahren her. Das Internet ermög- als meine Nonna mir ihre zweite Leiden- machte die Genealogie zur Freizeitbeschäf- lichte die Internationalisierung: Heute sind schaft offenbarte: die Ahnenforschung. Sie tigung der Massen. Milliarden von Ahnen in Datenbanken er- verfolgte die Linie so weit zurück, bis sie auf Anders war das zu den Zeiten der alten fasst. Wollen auch Sie Ihr blaues Blut, Ihr eine blaue Ader stiess – haben wir es doch Hochkulturen – wer nicht König oder Held Familienwappen oder ferne Verwandte fi n- gewusst! Meine adlige Sippschaft ist längst war, wurde dem Vergessen geopfert. Im den? Statten Sie der Seite www.wgff.de verstorben und das Blut ist so verdünnt, Mittelalter diente die Familienforschung gar einen Besuch ab. Ich werde unterdessen dass meine Wenigkeit kaum mehr blau- rein materialistischen Zielen, galt es doch, meine italienisch-brasilianischen Cou-Cou- stichig sein dürfte. «Es fl ieht unterdessen, die Besitzansprüche zu legitimieren. Wäh- Cousins aufspüren. Deren Vorfahren seien es fl ieht die unwiederbringliche Zeit», stell- rend des Zweiten Weltkrieges missbrauch- Draufgänger gewesen, wanderten ohne te Vergil bereits vor 2000 Jahren fest. Den ten die Nazis die Genealogie sträfl ich, sie Hab und Gut per Schiff nach São Paulo bittersüssen Schmerz, der in diesen Zeilen stel lten sie in den Dienst der Blut-und-Bo- aus, erzählte meine Nonna. Vielleicht werde mitschwingt, muss auch meine Grossmutter den-Ideologie. 1945 zerstörte man deshalb ich sie eines Tages sogar besuchen.

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