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Deutschlandradio Kultur Länderreport 19.10.2012, 13.07 Uhr

Endlose Endlagersuche Die Suche nach einem letzten Ort für Atommüll kommt nicht voran

Autoren: Andreas Baum, Michael Orth, Axel Schröder Redaktion: Heidrun Wimmersberg ______

Endlagersuche auf Bundesebene / Andreas Baum

Seit das Amt des Bundesumweltministers bekleidet, ist ein neuer Stil in seiner Behörde eingezogen: Der sanfte Riese aus dem Saarland setzt auf den Ausgleich mit dem politischen Gegner – anders als seine Vorgänger, Röttgen, Gabriel und Trittin, die bisweilen provozieren mussten, auch das eigene Lager nicht schonten, und Maximalforderungen aufstellten, um dem Umwelt- und Naturschutz eine Bresche zu schlagen. Altmaier dagegen hat von Anfang an verstanden, dass Umweltschutz die Angelegenheit nicht nur einer Generation ist – Nachhaltigkeit bedeutet also auch, die Machtverhältnisse der Zukunft mitzudenken. Die Opposition von heute kann die Regierung von morgen sein. Deshalb macht es wenig Sinn, gegen ihren Willen zu handeln – das gilt umso mehr für die Suche nach einem Endlager für strahlenden Müll aus deutschen Atomkraftwerken – denn die Lösung, die hier gefunden werden muss, ist eine für die Ewigkeit.

1 mir liegt daran, dass wir die Opposition, die Bundesländer mit im Boot haben denn diese Suche wird Jahre und Jahrzehnte dauern und deshalb kommt es mir darauf an dass es nicht nach jeder Bundestagswahl revidiert wird. ich möchte dass ein Gesetz verabschiedet wird bevor der Bundestagswahlkampf beginnt.

Das Gesetz, das Peter Altmaier so schnell wie möglich durchs Parlament bringen will, ist ein neues Endlagersuchgesetz – die Bundesregierung ist dazu verpflichtet, ein eigenes Endlager für Atommüll entweder vorzuhalten, oder glaubhaft zu machen, dass sie nach einem solchen sucht. Täte sie das nicht, müssten die deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden – und zwar sofort. Peter Altmaier hat schon am ersten Tag seiner Zeit als Umweltminister versprochen, dass er den Riss, der wegen der Atompolitik und der bislang erfolglosen Endlagersuche durch die Gesellschaft geht, kitten will, durch ein Gesetz, dem alle zustimmen können. In dieser Woche hat der Minister einen Entwurf erarbeitet, der die Oppositionsparteien mit einschließt: Geht es nach Altmaier, dann soll das Gesetz fertig sein, bevor in Niedersachsen der Wahlkampf in die heiße Phase kommt. Gewählt wird dort am 20. Januar 2013

2 für mich ist entscheidend, dass wir alle Standorte in Deutschland gleich behandeln, egal wo sie liegen und wo sie sich befinden. Und auf dieser Grundlage kann man glaube ich einen Kompromiss erzielen.

Die Gleichbehandlung aller möglichen Standorte ist das eigentliche Politikum: Denn die schwarzgelbe Bundesregierung wird von der Opposition verdächtigt, nicht nur in der Vergangenheit, sondern bis heute ein mögliches Endlager zu favorisieren: Den Salzstock im niedersächsischen Gorleben – ganz unabhängig von der Frage, ob er überhaupt geeignet ist, den strahlenden Abfall für hunderttausende von Jahren sicher in sich einzuschließen. Das nämlich ist keinesfalls erwiesen – das Gegenteil allerdings auch nicht. Um SPD und Grüne auf seine Seite zu bekommen, hat Peter Altmaier sich einiges einfallen lassen: Die Suche soll ergebnisoffen beginnen – Gorleben wird als ein Standort unter anderen mit einbezogen. Zwar pocht Altmaier darauf – wie die Mehrheit der Politiker in Union und FDP – dass Gorleben eine Option bleibt. Aber er ist nach eigener Aussage bereit, dort nicht länger erforschen zu lassen, ob und wie die Fässer eingelagert werden können – sobald man sich handelseinig wird. Das aber reicht SPD und Grünen nicht. Insbesondere die Grünen trauen dem Minister nicht über den Weg. Denn Altmaier ist ein Neuling im Fach. Selbst wenn Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender der Grünen im , ihm persönlich keine Täuschungsabsicht unterstellt, so hält er es doch für möglich, dass er den Einflüsterungen seiner Beamten ausgesetzt sein könnte – die ihm raten, der Opposition nur scheinbar Zugeständnisse zu machen – bis das Endlagergesetz steht, um dann wieder auf Gorleben zurückzuschwenken. Deshalb hat Trittin Altmaiers Konsensvorschlag sofort zurückgewiesen.

3 trittin weil in den vier Dissenzpunkten: Frage Gorleben, der Frage Sicherheitskriterien im Gesetz, der Frage Anzahl der zu vergleichenden Standorte und der Behördenstruktur er die alten Positionen wiederholt und keine Lösung bietet.

Trittins Vermutung: In Wirklichkeit gibt es Kräfte im Ministerium, die am Ende doch wieder auf Gorleben umschwenken. Die Grünen haben sich jahrelang kompromisslos darauf eingeschossen, den Salzstock nicht mehr in Betracht zu ziehen. Ihre Spitzenkandidatin Renate Künast bringt es auf den Punkt: Das politische Selbstverständnis der Partei fußt auf den Überzeugungen der Anti- AKW-Bewegung.

4 künast wir haben den Ausstieg aus der Atomenergie immer als unserer Speerspitze begriffen. weil wir uns auch hinterhältig belogen fühlen, weltweit. aber auch hier. das sei sicher, sauber, und so. und jetzt sieht man doch schon im Normalbetrieb sondern Atomkraftwerke Radioaktivität ab. und sie sind selbst in führenden Industrieländern – siehe zuletzt Japan – gar nicht beherrschbar. auch in all ihren Folgen.

Vor wenigen Tagen nun hat Renate Künast eingelenkt: Wenn mit einem Gesetz nach einem Endlager gesucht wird, darf Gorleben nicht ausgeschlossen werden, sagt sie. Innerhalb ihrer Partei gilt das geradezu als Ketzerei – und es ist noch nicht ausgemacht, dass sie mit diesem Vorstoß bei den Grünen nicht auf Granit beißt. Dass die Grünen Altmaiers Vorschlag nun mit Empörung zurückweisen, auch weil andere Kriterien nicht erfüllt sind, ist daher für den grünen Parteifrieden ein Segen. Und auch die Sozialdemokraten winken ab – all das, was Altmaier jetzt vorschlage, sei Schnee von Gestern, SPD-Chef vermisst das entscheidend neue daran.

5 Gabriel Dieser Gesetzentwurf ist nicht einigungsfähig, weil bei den Kriterien, den Sicherheitskriterien für ein Endlager nichts geändert wurde. Das ist aber der Kernpunkt der Endlagerdebatte. Das zweite ist, dass es eine ziemlich absurde Struktur der Endlagersuche gibt, und darüber werden wir jetzt reden müssen.

Immerhin: Man will wieder reden. Vor kurzem haben SPD und Grüne noch Gespräche mit Altmaier abgesagt – jetzt scheint wieder alles offen – aber man will sich Zeit nehmen. Der Minister habe drei Monate lang nichts unternommen, und erkläre nun, in zwei Wochen wolle man fertig sein. Das geht Gabriel entschieden zu schnell. Dennoch ist Bewegung in die Debatte gekommen: Auch Ute Vogt, Obfrau der SPD im Gorleben Untersuchungsausschuss, räumt ein, dass die heutige Opposition Fehler gemacht hat: Es muss in Zukunft darum gehen, das beste Endlager zu finden – ohne Vorfestlegungen.

6 ute vogt Wenn wir eine neue Endlagersuche beginnen, dann muss es eine weiße Landkarte sein. Kein Standort darf bevorteilt werden oder gar als gesetzt gelten, sondern es muss eine Suche geben, bei der alle Kriterien gleichermaßen an alle Standorte angelegt werden, nur dann kann ich im Vergleich auch die bestmögliche Lösung finden.

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Das marode Salzbergwerk Asse / Michael Orth

TAKE 1: Und das, was wir hier in der Asse vorfinden, ist ein klaffende Wunde in der Natur, die Auswirkungen haben kann für viele Menschen und die viele Menschen bewegt. Und deshalb ist es auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der Politik, dass wir damit ernsthaft und offen umgehen.

Diese „klaffende Wunde in der Natur“, wie Bundesumweltminister Peter Altmaier es nennt, beunruhigt die Menschen in der Region Asse. Viele von ihnen zweifeln immer noch daran, ob das Atommülllager denn so saniert werden kann, dass davon auch in Zukunft keine Gefahr für Menschen und Umwelt ausgeht. Und diese Zweifel werden immer wieder auch von Experten genährt. Im Sommer hatte ein hochrangiger, früherer Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz erklärt, eine Bergung der 126 000 Fässer Atommüll sei aus technischen Gründen unrealistisch. Und kurz darauf hatte der Vorsitzende der Entsorgungskommission des Bundes, Michael Sailer, sich ähnlich geäußert. Und erst kürzlich hatte der Asse-Betreiber selbst, das Bundesamt für Strahlenschutz, für Irritationen gesorgt. Die Behörde lässt nämlich ein Gutachten darüber erstellen, was passiert, wenn der Müll in der Asse verbleibt. Politiker wie Bundesumweltminister Altmaier versuchen deshalb immer wieder, diese Zweifel zu entkräften. Bei seinem Besuch im Sommer gab Peter Altmaier den Anwohnern der Asse das Versprechen:

Take 2 Dass die radioaktiven Abfälle zurückgeholt werden sollen und das wir diese Zurückholung und die Sicherheit für alle Beteiligten gleichermaßen betreiben und voranbringen wollen. Ich fühle mich diesem Ziel verpflichtet.

Soweit die politische Absichtserklärung und der gute Wille- doch dem stehen große Probleme und viele offene Fragen in der Realität entgegen. Und wer denen- buchstäblich- auf den Grund gehen will, der muss nach unten, der muss in die Tiefen der Asse fahren. 750 Meter unter der Erde werden die Probleme deutlich sichtbar. Weil mehr als 60 Jahre lang Salz abgebaut wurde, ist die Asse durchlöchert wie der sprichwörtliche Schweizer Käse. Der Berg darüber arbeitet, und das mit großer Kraft, wie der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, erklärt:

Take 3 Sie sehen hier, was passiert, wenn dieser Berg sich zusammendrückt. Stahlträger, die als Stabilitätsmaßnahmen mal gedacht waren, werden hier wie Streichhölzer letztendlich zerdrückt. Das sind eben die sichtbaren Zeichen und genau diese Verformungen sind das Problem, mit dem wir zentral zu tun haben. Weil wir können nicht prognostizieren, ob durch die Verformungen eben die Wegsamkeiten für das Grundwasser entstehen.

Über diese von König benannten „Wegsamkeiten“ fließt Lauge in die Salzgrube, derzeit rund 12 000 Liter jeden Tag. Die Lauge wird aufgefangen und- weil nicht radioaktiv belastet- über Tage entsorgt. Allerdings weiß niemand, ob und wann diese Laugenzuflüsse stärker werden. Sollte das schlagartig und in großen Mengen passieren, könnte die Asse innerhalb weniger Wochen absaufen. Das Bundesamt für Strahlenschutz fährt deshalb zweigleisig: Zum einen bereiten die Bergleute sich technisch auf größere Laugenmengen vor, zum Beispiel mit stärkeren Pumpen. Zum anderen wird versucht, das Bergwerk zu stabilisieren: Hohlräume, in denen kein Atommüll lagert, werden mit Spezialbeton verfüllt, erklärt Anette Parlitz von der Asse- GmbH: Take 4 Jeder Hohlraum, den sie verfüllen, erhöht die Stabilität. Denn wir haben immer wieder dieses Zusammenkriechen des Berges und damit auch eine Destabilisierung des Tragsystems. Und eine Destabilisierung des Tragsystems bedeutet auch eine potentielle Rissbildung, und Rissbildung bedeutet die Möglichkeit, dass dort Fließpfade geschaffen werden für wässrige Lösungen von außerhalb, die ins Grubengebäude eindringen könnnen.

Damit könnte die Standfestigkeit der Grube über das Jahr 2020 hinaus sichergestellt werden, hofft das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Bergung des Atommülls wird unter diesen Umständen zum Kampf gegen . Dabei betreten die Bergleute, die Strahlenschutzexperten und all die anderen Techniker Neuland. Noch nirgendwo auf der Welt wurde bisher versucht, Atommüll aus mehreren hundert Meter Tiefe wieder herauszuholen. Deutlich wird das an den ersten Versuchen, die Einlagerungskammer 7 in 750 Meter Tiefe anzubohren. Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen arbeitet sich dort seit Anfang Juni ein Bohrer zentimeterweise durch das Salz. So will man mehr über den Zustand der Fässer erfahren, die dort unten seit mehr als 40 Jahren lagern, erläutert Werner Nording vom Bundesamt für Strahlenschutz:

Take 5 Wir haben jetzt die erste Bohrung in einen Hohlraum der Einlagerungskammer 7 getrieben und wollen mit dieser Bohrung herausfinden, wie ist die radiologische, chemische und physikalische Atmosphäre in dieser Kammer.

Viele dieser Fässer könnten durchgerostet sein und ihren strahlenden Inhalt auf die eine oder andere Art freigegeben haben. Weitere Bohrungen sollen noch mehr Informationen bringen. All das ist sehr aufwendig und so geht ein vorläufiges Szenario des Bundesamtes für Strahlenschutz davon aus, dass das erste Fass mit Atommüll erst im Jahr 2036 an die Oberfläche geholt werden könnte. Das ist viel zu spät und deswegen haben Experten im September auf einem Workshop nach Wegen gesucht, um das Verfahren zu beschleunigen: Take 6 Zwei wesentliche Punkte waren, dass wir dringend damit anfangen müssen, den Schacht fünf zu bauen und auch das Zwischenlager. Weil, nur wenn Schacht 5 und das Zwischenlager bereitstehen, können wir die Abfälle zurückholen, können wir wirklich mit der Rückholung beginnen. Vorher verbietet sich das physisch, weil wir irgendwo mit den Abfällen hinmüssen.

Die Vorschläge der Experten sollen jetzt noch im Detail weiter ausgewertet werden und dann will das Bundesamt für Strahlenschutz einen neuen Terminplan für eine schnellere Rückholung des Atommülls vorlegen. Das letzte Wort hat aber der Bundestag, der muss all diese Vorschläge in ein neues Gesetz gießen. Und diese „Lex Asse“ soll bis zum kommenden Frühjahr vorliegen, so hat es Bundesumweltminister Peter Altmaier versprochen. ______

Der Standort Gorleben / Axel Schröder

Bundesumweltminister Peter Altmaier hat Post bekommen. Anfang der Woche, aus dem Landkreis Lüchow-

Dannenberg. Von denen, die den Gorlebener Salzstock, über 800 Meter tief unter der Erde, wohl am besten kennen.

OT Peter Ward: „Sehr geehrter Bundesumweltminister Altmaier! Anlässlich der anhaltend unsicheren Zukunft der Arbeitsplätze im Erkundungsbergwerk Gorleben und der Probleme im Endlagersuchprozess erbittet der

DBE in Gorleben einen Gesprächstermin zur aktuellen Situation am Standort Gorleben!

Peter Ward legt die Kopie des Briefs auf den Tisch, schaut so, als würde er selbst nicht recht glauben, dass Peter

Altmaier ihn, den Betriebsrat der DBE, der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern, empfangen wird. Ward sitzt in einem der dunkelbraunroten Ziegelbauten auf dem weitläufigen Areal des umstrittensten Bergwerks der Republik. Ringsherum gesichert mit einer fünf Meter hohen Mauer. An diese

Mauer ließ schon immer genau ablesen, welche Regierungskonstellation gerade in Sachen Gorleben das Sagen hat: früher – die Regierung Kohl war am Ruder, wollte Gorleben als Endlager durchsetzen - waren Wasserwerfer auf die Zinnen der Mauer montiert, machten das Bergwerk zur Trutzburg. Die Jahrtausendwende: Rot-Grün verhängt ein zehnjähriges Moratorium, einen Baustopp für alle Arbeiten untertage: die Gegner des

Endlagerprojekts atmen auf, im Wendland kehrt relative Ruhe ein, die Wasserwerfer werden abmontiert. Unter

Schwarz-Gelb, angestoßen von Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen, werden die Stollen im Gorlebener Salz wieder erkundet: seitdem hält rasiermesserscharfer Stacheldraht oben auf der Mauer unliebsame Besucher vom

Gelände fern. Das Weiter-So unter Norbert Röttgen hat die Bergleute, hat Betriebsrat Peter Ward gefreut.

Endlich ging es weiter, endlich wurde wieder Personal eingestellt:

OT Ward: Wir sind auf eine Mannstärke von circa 240 gekommen. Das waren aber zum großen Teil

Zeitverträge oder Arbeitsnehmerüberlassung…

… und kaum war das neue Personal ausgebildet, explodierten die Atomreaktoren in Fukushima. Nach dem rot- grünen Atomausstieg folgte der schwarz-gelbe Abschied von der Hochrisikotechnologie Kernkraft, die

Entsorgung eines ewigen Streitthemas. Und auch über den einst in der Union sakrosankten Standort Gorleben wollte Norbert Röttgen plötzlich reden. Ihn nicht kippen, aber zumindest darüber reden. Eine

Atommülllagersuche auch an anderen Orten sollte auch das leidige Gorleben-Thema entsorgen. Peter Altmaier hat versucht, diesen Plan umzusetzen. Hat sich mit dem grünen Jürgen Trittin und dem roten Sigmar Gabriel getroffen und das Arbeitspensum für die Gorlebener Bergleute eingedampft, die Erkundung gebremst:

OT Ward: Wir dürfen Bohrungen stoßen. In diesen Bohrungen werden Messungen durchgeführt. Aber auch da geht das Programm, was wir haben so langsam dem Ende zu. Die Erkundungsmaßnahmen, die eigentlich aus der vorläufigen Sicherheitsanalyse herauskommen sollten – „Was braucht man wirklich für ein Endlager? – die werden nicht umgesetzt.

Am liebsten will der Geotechniker und Betriebsrat Ward möglichst schnell, möglichst viele Bereiche des

Salzstocks untersuchen. Schließlich ist – nach 26 Jahren Bauzeit – erst ein einziger von neun

Erkundungsbereichen untersucht. Ohne abschließendes Ergebnis. Es wurden Bereiche entdeckt, die vermutlich als Atommülllager taugen. Und es wurden geologische Störungen ausfindig gemacht, die die sichere Lagerung im Salz unmöglich machen könnten. Vor allem aber wurden, in Nachbarschaft zu den Ziegelbauten der DBE – einer Tochterfirma der deutschen Atomkonzerne – zigtausend schwere, hochgiftige Fakten geschaffen: über einhundert Castorbehälter wurden seit Mitte der Neunzigerjahre quer durch die Republik in eine oberirdischen

Halle verfrachtet. Gegen den erbitterten Widerstand der Bevölkerung, mit massiven Polizeiaufgeboten, mit hunderten Verletzten auf beiden Seiten. Misstrauen zwischen Gegnern und Befürwortern einer Gorlebener

Atommüllkippe wurde gesät, Gemeinden, Vereine, Familien entzweit. Telefone angezapft, erfolglos um Spitzel geworben, Recht gebrochen. Um einen einzigen Standort durchzudrücken.

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Rebecca Harms, Europaabgeordnete der Grünen und eine der profiliertesten Kritikerinnen des Gorleben-

Projekts, lebt seit 32 Jahren im Wendland. Große Hoffnungen hatte sie nicht in den von Röttgen und Altmaier, von Gabriel vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg proklamierten

Neustart bei der Endlagersuche:

OT Rebecca Harms: Ich bin von Anfang an fasziniert davon, dass ein Neubeginn behauptet wird, dass aber diejenigen, die den Neubeginn behaupten, gewährleisten zu wollen, dass diejenigen gar nicht darüber reden, warum es den geben muss! Was waren die Fehler bei der Entscheidung für Gorleben? Was waren die Fehler bei der Durchsetzung von Gorleben über immerhin 35 Jahre? Welches sind die bekannten geologischen Mängel von

Gorleben, die ja zentral ja auch den Neuanfang begründen müssen…?

… über die der Bundesumweltminister aber kein Wort verliert. Ihm ging es darum – beteuerte Altmaier immer wieder – bei der Endlagersuche endlich weiter zu kommen. Er wollte das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten, nach vorn, nicht zurück schauen. Schon gar nicht auf das Misstrauen der Menschen im Landkreis

Lüchow-Dannenberg, deren seismografisches Gespür für politische Halbwahrheiten wohl so ausgeprägt ist wie nirgendwo sonst in der Republik. Kein Wegschauen mehr, sondern eine breite gesellschaftliche Debatte über das

Thema verlangt stattdessen die Bündnisgrüne Rebecca Harms:

OT Harms: Man müsste sagen, dass man Fehler gemacht hat. Der Dialog müsste stattfinden zwischen Politik,

Bürgern, Wissenschaft und auch Industrie – was für ein Endlager in Deutschland eigentlich errichtet werden soll. Ich glaube, dass Kernfragen, wie die Frage: „Soll es rückholbar werden oder nicht?“ das die gerade auch wegen der Asse-Erfahrung für alle nachvollziehbar geklärt sein müssen.

Die Menschen vor Ort suchen das Gespräch, sind offen. Nicht nur die Bergleute im Gorlebener Salzstock, sondern auch Fried Graf von Bernstorff. Ohne die Salzrechte unter seinem Grundbesitz scheitert ein Endlagerbau in Gorleben schon allein aus rechtlichen Gründen:

OT Fried Graf von Bernstorff: Wir wollten uns auch mal mit ihm unterhalten. Und mit ihm sprechen wie er das sieht. Die letzten Umweltminister waren alle hier. Und bisher haben wir noch nichts gehört von ihm, auf unsere Einladung. Ich habe den Eindruck, dass wir wieder auf der Stelle treten. Eine Lösung sehe ich gerade nicht am Horizont!