U N T E R W E
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Unterwegs IM UNTERENGADIN Beim Aufstieg zur Chamanna dal Linard eröffnet sich den Wanderern ein bezaubernder Ausblick auf die markanten Zacken der „Engadiner Dolomiten“ auf der anderen Seite des tief eingeschnittenen Inntals. Unten links: Rasch wälzen sich die türkisgrünen Fluten des Inn an Susch vorbei. Unten Mitte: Sent mit Piz Lischana und Piz Pisoc. Rechte Seite oben: Schloss Tarasp ist eine der eindrucksvollsten Burganlagen Graubündens. Mitte: Ein idyllischer Winkel in Sent. Unten: Guarda gilt als eines der attraktivsten Dörfer im Unterengadin. 26 DAV Panorama Wer vom Engadin spricht denkt im allgemeinen an St. Moritz und seine Seen, träumt von Pontresina und den Gipfelriesen der Bernina. Das Unterengadin hingegen ist ayer (S. 26 Mitte, S. 27 Mitte) ayer (S. 26 Mitte, S. 27 weit weniger bekannt und viel unspektakulärer als das berühmte, mondäne Oberengadin. Genau diese Weltver- gessenheit aber macht die Talschaft zwischen Brail/Zernez und Martina so attraktiv und liebenswert. Wo man sich mit „Allegra“ („Freue dich“) begrüßt kann man sich nur wohl fühlen. Von GEORG HOHENESTER Fotos: Herbert Blank (groß), Peter Donatsch (ganz oben, rechts klein), Rudi Lindner (2, unten und ganz links), Friedrich Stettm klein), Rudi Lindner (2, unten und ganz links), Friedrich (ganz oben, rechts Donatsch Herbert Blank (groß), Peter Fotos: Allegra UNTERENGADIN ie Topografie des Unterengadin Kulturerlebnis Unterengadin ist schnell skizziert: Den größten Bereits die Römer fühlten sich im Unter- Teil zwischen Susch und Martina- engadin wohl.Ab 15 v.Chr.kolonisierten sie Vinadi an der Grenze zu Tirol bil- den Landstrich und nannten die hier leben- Ddet ein schmales Tal ohne nennenswerte den Stämme „Räter“.Daher rührt der Begriff Talsohle, in das sich der Inn teilweise „Rätoromanen“ und darauf geht letztlich schluchtartig eingeschnitten hat. Südlich auch die rätoromanische Sprache zurück, des „En“ stürzen zumeist stark bewaldete deren Dialekt „Vallader“ die Unterengadiner Bergflanken steil zum Fluss ab,während die sprechen.Er ist eines von fünf Idiomen des sonnseitigen, meist waldfreien und land- „Rumantsch Grischun“, der Schriftsprache wirtschaftlich genutzten Talhänge nördlich des Bündner Romanisch,und wird jeden ro- des Inn weniger steil und stärker abgestuft manophilen Besucher mit seiner Klangfülle sind.Die Berge darüber gehören zur Silvret- bezaubern. Als vierte Nationalsprache der ta und bestehen vorwiegend aus Urgestein, Schweiz ist Rätoromanisch obligatorisches während die Gipfelgruppen jenseits des Schulfach und hat sich im Unterengadin gut Talbodens hauptsächlich aus Dolomitge- behauptet. Trotzdem spricht jeder Einhei- stein aufgebaut sind – deshalb die Bezeich- mische heute auch deutsch, die für den nung „Engadiner Dolomiten“. Brot-erwerb wichtigere Sprache, sei es im DAV Panorama 27 Unterwegs IM UNTERENGADIN Über dem charakteristischen Engadiner Dorf Ardez thront die Ruine Steinsberg. Von Lavin aus startet die erste Etappe Gegenüber strahlen die Gipfel der Engadiner Dolomiten. des Panorama-Höhenwegs. Touris-mus vor Ort oder „draußen“, so man „Panorama Engiadina Bassa“ Unterengadin auf dem „Unterengadiner in Chur oder Zürich arbeitet. – ein Paradies für Wanderer Panorama-Höhenweg“,die drei bis vier Tage Das Unterengadin unterscheidet sich von Von der Sonne und dem angenehmen Klima in Anspruch nimmt und von Lavin nach vielen anderen Alpentälern durch die großar- verwöhnt ist das Unterengadin ein paradie- Vinadi bzw.in die Gegenrichtung führt.500 tige Verbindung von Natur und bäuerlicher sisches Wanderrevier mit einem nahezu un- Meter oder höher über dem Inn nutzt die Kultur.Auf den weiten Hangterrassen der„Son- erschöpflichen Angebot von Wanderwegen Panoramaroute gute und markierte Wege, nenseite“ liegen ansehnliche Dörfer, deren unterschiedlicher Schwierigkeit und Länge teilweise auch Fahrwege und wenig befah- Architektur zu den eindrucksvollsten Denk- - und dies fast das ganze Jahr über.Im Inntal rene Straßen. Wechselnde Panoramen, im- mälern ländlicher Baukunst zählt.Von Guarda kann man über 40 Kilometer unter die posante Tiefblicke, lichte Bergwälder,weite über Ftan bis Ramosch und Tschlin kann Sohlen nehmen, etwa entlang des Unteren- Matten, farbenfrohe Alpenblumen, ein- man durch enge Straßen und Gässchen fla- gadiner Talweges.Hinzu kommen die in ver- drucksvolle Gesteinsformationen und im- nieren und immer wieder von den imposan- schiedene Gebirgsgruppen ziehenden Sei- mer wieder die sgraffitiverzierten Dörfer fü- Georg Hohenester (3), Rudi Lindner (oben Fotos: ten, massiv gemauerten Häusern mit ihren tentäler sowie – vom Haupttal abgeschie- gen sich zum Gesamterlebnis „Panorama Sgrafitti begeistert sein.Doch auch in den grö- den – Samnaun und das Münstertal. Eine Engiadina Bassa“. Jeweils am Ende einer ßeren Siedlungen im Tal, Zernez und Scuol, weitere Besonderheit bietet der Schweizer Etappe angelangt kann man dank der vor- sind nach wie vor viele Winkel zu entdecken, Nationalpark (siehe Seite 36).Von außerge- bildhaften verkehrstechnischen Infrastruk- die moderner Entwicklung getrotzt haben. wöhnlichem Reiz ist die Durchquerung des tur mit Postbus und Rhätischer Bahn pro- Die alte Poststation zwischen Guarda und Ardez zeugt von der Zeit, als die Hauptverbindungsstraße des Unterengadin auf der Höhe des heutigen Wanderwegs lief (o.). Über Schloss Tarasp erheben sich Piz Zuort und Piz Pisoc, beides Ziele für gestandene Bergsteiger (r.). blemlos zu seinem Standquartier zurück- Durchgangsverkehr abgeschnitten und wirt- kultische Bedeutung hatten,eignen sich her- kehren – oder man übernachtet vor Ort,um schaftlich in die Krise geraten. Inzwischen vorragend für eine Rast, während der man sich die Unterengadiner Dörfer etwas ge- sind die Häuser dank bedeutender öffentli- den Blick weit über die Bergzacken der nauer anzuschauen. cher Mittel saniert und stehen unter Denk- Engadiner Dolomiten jenseits des Tales malschutz. schweifen lassen kann. Wer mit dem Aus- Lavin-Ardez Über den ruhigen Weiler Bos-cha geht es blick von hier „unten“ nicht zufrieden ist, Im Talboden von Lavin startet man zur ers- durch Blumenwiesen Richtung Ardez, das dem sei der Aufstieg auf den Piz Cotschen ten Etappe, die zunächst nach Guarda hin- auf einer Talterrasse oberhalb der Inn- empfohlen, der sich von Guarda oder Bos- aufführt. Für „das schönste Dorf des Enga- schlucht liegt und Guarda an Schönheit cha über die kleine Privathütte Chamanna din“ sollte man sich genügend Zeit nehmen kaum nachsteht. Auch hier hat die Denk- Cler des Ardezer Skiclubs unschwierig ma- – vielleicht im Rahmen einer geführten malpflege erstklassige Arbeit geleistet. chen lässt. Von den 3030 Metern dieses Besichtigung durch den Ort, der wie ein le- Weithin sichtbar grüßt die Burgruine Steins- Aussichtsgipfels liegt einem wirklich ein pa- bendiges Freiluftmuseum wirkt. Mit gutem berg erhöht auf einem Felsen, doch bevor radiesisches Panorama vor Augen – und fast Grund. Die ursprünglich 200 Meter höher man sich ihr nähert, sollte man die am das ganze Unterengadin zu Füßen. verlaufene Verbindungsstraße des Unteren- Wegesrand liegenden Hexenplatten „Plattas gadin wurde im 19. Jahrhundert in den da las strias“ auf sich wirken lassen. Diese Ardez-Scuol Talboden verlegt.Dadurch war Guarda vom Felsplatten, die als „Ort der Kraft“ früher Gemächlich beginnt die zweite Etappe, die Unterwegs IM UNTERENGADIN Die mit wunderbaren Sgraffiti-Kunstwerken verzierten Engadiner Häuser lassen fast in jedem Dorf den Fotoapparat zücken (li.). Genuss pur bietet das Thermalbad „Bogn Engiadenia“ in Scuol (u.). Bei Ftan ist die Hälfte der Panoramastrecke geschafft (r.); im Zentrum von Tschlin lohnen bemerkenswerte gotische Wandmalereien in der Blasiuskirche den Besuch (u.). Foto: Friedrich Stettmayer Friedrich Foto: entweder entlang der alten Fahrstraße oder, hinab,dem Hauptort des Unterengadin.Ob- quellen genutzt werden.Aus vielen Scuoler ungleich länger, das Val Tasna weit ausge- wohl größte Gemeinde und Verwaltungs- Brunnen sprudelt Mineralwasser, alkalische hend über die Alp Laret und den Aussichts- zentrale mit vielen Neubauten, finden sich Glauber- bzw. Bittersalzquellen und Eisen- punkt Muot dal l’Hom nach Ftan führt. Der im Unterdorf „Scuol sot“ schöne alte Häuser säuerlinge,deren verdauungsfördernde Wir- ruhige Ort wurde mehrmals durch Lawinen und ein malerischer Dorfplatz mit einem kung schon die alten Römer getestet haben. und Feuersbrünste zerstört, weist aber im großen Brunnen. Hier steht man inmitten Man sollte es ihnen nachtun und jeweils Dorfteil „Ftan Pitgen“ = „Klein Ftan“ immer des „Unterengadiner Fensters“,einer geolo- mindestens einen Fingerhut voll probieren! Georg Hohenester (2) Fotos: noch schöne Engadiner Häuser auf – sowie gisch bedeutenden Erosionslücke in der Auf halbem Weg entlang der Scuoler eine alte,restaurierte Mühle,die den Besuch sonst gasundurchlässigen Gneis- und Granit- Hauptstraße wartet eine weitere Unterenga- lohnt.Im Winter führt der Sessellift von Ftan schicht. Im Bereich des „Fensters“ können diner Attraktion auf wellnessliebende Ge- als Seiteneinstieg in das Skigebiet von Gase aus dem Erdinneren durch Risse und nießer: Hoch über den Dächern des alten Scuol/Motta Naluns,im Sommer verkürzt er weichen Schiefer nach oben dringen, sich Dorfteils führt eine architektonische Woge so manchem Wanderer den Ab- bzw. Auf- mit dem Grundwasser vermengen und so als Eingang zum Römisch-Irischen Bewe- stieg. über 20 Mineralquellen bilden, die im Um- gungsbad „Bogn Engiadina“.Außer diversen In gut einer Stunde geht es nach Scuol kreis von Scuol-Vulpera-Tarasp als Heil- Innenbecken, Heißsprudel-