Sonderausgabe

WETTER Ihre eigene Vorhersage

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Schärfer beobachten Weiter denken Erfolgreich handeln Ihr Agrarmagazin!

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Fo Alle reden vom ...

... aber genau genommen ist es ein blinder Fleck in unserer durchtechnisier- ten und durchdigitalisierten »Agrarland- schaft«. Wettervorhersagen über mehr als zwei, drei Tage hinaus werden zuneh- mend unscharf. Und oft passt gerade die Niederschlagsprognose zuverlässig auf den Nachbarort, aber nicht für die eige- nen Flächen. Dabei nimmt die Bedeutung einer präzisen Wetterprognose ständig zu. Thomas Preuße DLG-Mitteilungen Die Terminfindung für Arbeiten auf dem INHALT Acker ist nicht nur für die Organisation 4 Ackerbau-Entscheidungen in großen Betrieben mit eher knapper Wetter ist, was man daraus macht Schlagkraft relevant. Sie wirkt, wie jeder weiß, auch ganz unmittelbar auf den 8 Wetterdienst Erfolg bei Saat, Düngung und Pflanzen- Wie entstehen Wettervorhersagen? schutz. 12 Genauigkeit Hinzu kommt, dass wir uns vorsorgli- Lohnt sich die eigene Wetterstation? che Anwendungen, die auch der Witte- 16 Wettervorhersage rungsunsicherheit geschuldet sind, immer Welche Prognose ist die beste? weniger leisten dürfen. Ein Pflanzen- 19 Interview schutzmittel etwa muss heute räumlich »Genauigkeit macht sich bezahlt« und zeitlich »auf den Punkt« ausgebracht werden. Dabei hilft nicht nur der Wind- 20 Workshop Alle reden vom Wetter ... messer, die Abtrift zu vermeiden. Progno- semodelle versprechen gleiche Wirkung bei geringerer Mittelmenge. Aber was hilft es, wenn die ihnen zugrunde liegen- den Wetterdaten ungenau sind? In diesem Sonderheft der DLG-Mittei- lungen diskutieren wir all diese Punkte und noch einige mehr. Nicht auf alle Fragen gibt es heute schon eine befriedi- gende Antwort. Lesen Sie also dieses Heft als Anregung, sich mehr als bisher mit »dem« Betriebsmittel schlechthin zu beschäftigen. Wir wünschen viel Freude und Nutzen! te Hagel einig er Impressum V »Wetter – Ihre eigene Vorhersage« erscheint im Februar 2020 als Sonderheft der DLG-Mitteilungen. telseite:

Ti Redaktion: Thomas Preuße (verantwortlich) © 2020 Max-Eyth-Verlag, to der Fo

DLG-Mitteilungen Sonderheft 3 ACKERBAU-ENTSCHEIDUNGEN Wetter ist, was man daraus macht

Über nichts wird so gern geredet wie über das Wetter. Aber geht es dabei um den langfristigen Klimawandel, die mittelfristige Prognose oder die kurzfristige Anpassung beim Düngen oder Spritzen? Stephan Deike zeigt auf, wie Sie auf die zunehmenden Schwankungen reagieren und ob eine eigene Wetterstation dabei hilft.

as Wetter ist seit jeher das beherr- Treffen derartige Konstellationen auf wird ebenso eine weitere Verlängerung Dschende Thema im Ackerbau. Sich widrige Wettereinflüsse, sind Beeinträch- der Vegetationsperiode vorhergesagt. Dar- damit auseinanderzusetzen, die richtigen tigungen die logische Folge. Vor allem bei über hinaus wird die Anzahl der Frosttage Schlussfolgerungen aus dem aktuellen Düngung und Pflanzenschutz können an- deutlich sinken. Mittelfristig wird es je- Wettergeschehen zu ziehen und nicht zu- stehende Maßnahmen oft nur erfolgreich doch in den meisten Regionen Deutsch- letzt das Anbausystem bzw. den ganzen sein, wenn sie termingerecht erfolgen. Die lands weiterhin Temperaturen deutlich un- Betrieb so auszugestalten, dass sie stabil immer weiterführenden Restriktionen in ter null Grad geben, sodass auf gegenüber Witterungsschwankungen sind, Form der Pflanzenschutzgesetzgebung, Winterfestigkeit bei Winterungen nicht muss die grundlegende Aufgabe eines der Entwicklung von Resistenzen oder komplett verzichtet werden kann. Ebenso ­jeden Landwirts sein. Aber vor allem die durch die Düngeverordnung lassen kaum können auch künftig Spät- und Wechsel- vergangenen drei Jahre haben uns die noch Möglichkeiten, Fehler – ob nun fröste Schäden an jungen Kulturen verur- Grenzen schmerzhaft vor Augen geführt. selbst verschuldet oder nicht – auszuglei- sachen und Frühfröste im Herbst empfind- chen. Auch in puncto Bodenbearbeitung liche Kulturen beeinträchtigen. Letzteres Schlechtes Wetter kommt immer zur und Aussaat ist es oft kaum mehr möglich, zeigte sich vermehrt in den letzten Jahren. Unzeit, denn man ist selten ausreichend suboptimale Bedingungen zu kompensie- Selbst wenn bis Weihnachten oder dar- darauf vorbereitet. Ein Grund ist sicher- ren. Zwar hilft hier teilweise die längere lich, dass Wettervorhersagen in den meis- Vegetationszeit. Fehlende Frostgare,

ten Fällen bisher nicht die Qualität auf- schlechte Niederschlagsverteilung und ei- el weisen, die für eine detaillierte Planung ne Vielzahl von heißen Tagen verzeihen

kurz- oder gar mittelfristig notwendig wä- aber meist keinerlei Unzulänglichkeiten. landpix to:

re. Dies wird in den meisten Betrieben da- Wenn man die genannten Faktoren be- Fo durch verstärkt, dass sowohl Arbeits- als rücksichtigt, wird schnell klar, dass Land- auch Maschinenkapazitäten knapp be- wirte, Forschung und Beratung auf verläss- messen sind. Betriebswirtschaftliche und liche Wetterprognosen angewiesen sind demografische Zwänge bedingen oft ei- – und dies auf kurz-, mittel- und langfristi- nen latenten Mangel an Fach- und Füh- ger Ebene. rungskräften, der sich in Extremsituatio- nen erheblich auswirken kann. Durch den Langfristige Anpassung häufig hohen Spezialisierungsgrad im Ackerbau werden ohnehin vorhandene Die bisher bekannten Klimaszenarien, Arbeitsspitzen weiter verstärkt. Darüber die neben einer grundsätzlichen Erhöhung hinaus nimmt in vielen Betrieben der Ar- der Durchschnittstemperatur heißere und rondierungsgrad der bewirtschafteten Flä- trockenere Sommer sowie niederschlags- chen ab. reichere und deutlich mildere Winter pro- Kleinräumige Wetterunterschiede be- gnostizieren, mögen mittel- und langfristig dingen unter anderem ein unterschiedli- zutreffen. Hier könnte man durch die Ver- ches Krankheits- und Schaderregerauftre- schiebung von Saatterminen, Aussaatstär- ten, beeinflussen das Ertragspotential und ken oder über die Auswahl von Sorten mit erschweren die innerbetriebliche Planung anderem Abreifeverhalten recht gut ge- bei der Arbeitserledigung. gensteuern. Neben höheren Temperaturen

4 DLG-Mitteilungen Sonderheft ist, dass sowohl Hoch- als auch Tiefdruck- gebiete häufig deutlich stabiler und damit Langfristige Trends und länger anhaltend sind. In diesem Zusam- menhang sind auch die Bodenbearbei- kurzfristiges Wetter passen tungsintensität, die Zusammensetzung der Fruchtfolge oder die Frage, ob eine Inves- immer weniger zusammen. tition in Bewässerung sinnvoll wäre, alle- samt Aspekte, die unter dem Eindruck der Dr. Stephan Deike, Landberatung GmbH Witterungsschwankungen der letzten Jah- re nur schwer zu beurteilen sind. Wir bzw. unsere Anbausysteme müssen auf alles vorbereitet sein!

über hinaus milde Temperaturen vor- ein vorhergesagt. Zum anderen sind sich Mittelfristige Prognosen herrschten, gab es vielerorts kurze, kräfti- die meisten Meteorologen sicher, dass ex- ge Frostperioden im Oktober bzw. Anfang treme Niederschlagsereignisse weiter zu- Ackerbauliche Entscheidungen weitge- November. nehmen werden. hend anhand des Kalenders festzuma- chen, birgt mehr und mehr Unsicherhei- Szenarien zum Niederschlagsgesche- Für die nahe Zukunft bleibt das Wetter ten. Zahlreiche Fragestellungen ließen hen variieren teils stärker von Region zu also weitgehend unberechenbar. Wie be- sich erheblich leichter entscheiden, wenn Region. In vielen Fällen wird aber keine reits das vielerorts extrem niederschlags- Wettermodelle verlässliche Tendenzen für dramatische Abnahme der Gesamtnieder- reiche Jahr 2017 schmerzhaft gezeigt hat, die nächsten sieben bis zehn oder gar schlagsmenge veranschlagt. Allerdings sagen Klimaexperten hierbei voraus, dass 14 Tage geben würden. Seriöse Meteoro- kann die Effizienz der vorhandenen Nie- es eben nicht immer nur trockener werden logen weisen jedoch auf eine hohe Unge- derschläge infolge der höheren Tempera- wird. Der globale Temperaturanstieg führt nauigkeit in der Regel bereits nach drei Ta- turen natürlich geringer sein, da die Ver- nämlich unter anderem dazu, dass die gen hin. Sollen längerfristige Aussagen dunstungsrate zumeist höher ist und die Temperaturunterschiede zwischen der getroffen werden, seien (neben einer Pflanzen mehr Wasser zur Erzeugung von Äquatorregion und den Polen abnehmen. kleinräumigen Untersetzung in Form von Transpirationskälte benötigen. Zudem ist Dadurch schwächt sich der unser Wetter dezentralen Wetterstationen) auch Infor- eine effiziente Wassernutzung bei einer stark beeinflussende Jetstream ab. Die Fol- mationen zur Geländegestaltung und die weniger gleichmäßigen Niederschlagsver- ge, die bereits in den letzten Jahren land- Einbeziehung unterschiedlicher Wetter- teilung deutlich anspruchsvoller. Zum ei- auf, landab beobachtet werden konnte, modelle notwendig. Trotz des Mehrauf- nen wird eine Verschiebung der Nieder- schläge von der Vegetationsperiode im Frühjahr und Sommer in den Winter hin- Das Wetter macht am Ende den Ertrag. Aber gerade weil es unberechenbar wird, brauchen Sie verlässlichere Vorhersagen für ackerbauliche Entscheidungen.

DLG-Mitteilungen Sonderheft 5 ACKERBAU-ENTSCHEIDUNGEN

Vor allem im Hinblick auf den Pflanzenschutz wäre eine kleinräumige, präzise Vorhersage foto plus Prognose agrar

to: nützlich. Fo

wands bliebe eine gewisse Unsicherheit, abschätzen und Behandlungsentschei- gung von Düngern werden insbesondere insbesondere bei längeren Betrachtungs- dungen zielgenauer treffen. Spielräume durch deren immer stärkere Reglementie- zeiträumen. Aber solche Verbesserungen im Hinblick auf Aufwandmengen würden rung nötig. Auch die augenscheinlich an sind in vielen Betrieben aufgrund der sich überdies vergrößern, wenn der Bedarf Bedeutung gewinnenden Pflegemaßnah- oben beschriebenen Knappheiten bei der an Kurativität bzw. Dauerwirkung besser men wie Walzen, Striegeln oder Hacken Arbeitserledigung unerlässlich. prognostiziert werden könnte. In Bezug sind in Bezug auf ihre Wirksamkeit und auf die Düngung können mittelfristige Verträglichkeit auf passende Wetterprog- Optimale Termine finden. Unter diesen Vorhersagen zum Niederschlagsgesche- nosen angewiesen. Zu hohe Bodenfeuch- Voraussetzungen verbunden mit den zu- hen, aber auch kleinräumige Aussagen zu te oder nachfolgender Bodenfrost können nehmenden Witterungsschwankungen Luft- und Bodenfeuchte, helfen, den ge- hier fatal sein. Gerade diese Parameter va- können Bauchgefühl und jahrelange Er- eigneten Zeitpunkt für den immer stärker riieren aber teilweise sehr kleinräumig fahrung genauso wie das sture Abarbeiten begrenzten Düngereinsatz zu finden. Ne- und werden von vielen Wettermodellen agronomischer Termine zu massiven Fehl- ben Löslichkeit und Aufnahmewirksam- nur unzureichend beschrieben. entscheidungen führen. Wenn kaum Bo- keit können mittelfristige Wetterprogno- denfeuchte vorhanden ist und Anfang Sep- sen auch die Abschätzung des Viel Zeit sparen. Vor allem die Reduzie- tember für die nächsten zwei Wochen Ertragspotentials verbessern. Nicht nur in rung von Verlusten durch Abdrift oder relativ sicher immer noch kein Regen vor- Trockenregionen könnte die Effizienz von Thermik sowie Wirkungsminderungen hergesagt wird, kann man trotzdem auf Spätdüngergaben erheblich sicherer beur- durch zu hohe oder zu niedrige Tempera- ein Gewitter hoffen und Raps drillen. teilt werden. turen bzw. Strahlung liegen im ureigens- Bleibt das Gewitter dann aus, sind schnell ten Interesse des Landwirts. Die arbeits- mehrere Tausend Euro weg. Zahlreiche Kurzfristige und wirtschaftlichen Zwänge, kleinräumige andere Entscheidungen wie die Aussaat Wetterunterschiede, teils von Schlag zu nach späträumenden Fruchtarten unter kleinräumige Vorhersagen Schlag, und ungenaue Wetterprognosen feuchten Bedingungen im Herbst, der Aus- Gefühlt zeigen sich in jüngster Zeit ver- machen hier aber mitunter einen Strich saattermin von empfindlichen Kulturen im mehrt äußerst kleinräumige Wetterunter- durch die Rechnung. Frühjahr oder die Intensität der Saatbett- schiede. Belastbare Vorhersagen hierzu Viele Betriebsleiter kennen ihre Schläge bereitung ließen sich deutlich leichter tref- sind vor allem wichtig, um Applikations- sehr genau. Je größer jedoch die Flächen- fen, wenn relativ belastbare Vorhersagen bedingungen im Hinblick auf Düngung ausdehnung ist, bei neuen bzw. fremden zum Wetter in den kommenden ein bis und Pflanzenschutz richtig einschätzen zu Schlägen oder bei neuen Mitarbeitern lie- zwei Wochen vorliegen würden. können. Damit kann die Gute fachliche ßen sich aber durch verlässliche kleinräu- Praxis hinsichtlich der Maßnahmenwir- mige Wetterinformationen simpler Boni- Präziser behandeln. Auch durch die zu- kung besser gewährleistet werden. Immer turaufwand und zahlreiche Kontrollfahrten nehmenden Restriktionen im Bereich wichtiger wird zudem die Einhaltung und sowie Telefonate sparen. So könnte wert- Düngung und Pflanzenschutz sind Verbes- Dokumentation gesetzlicher Vorgaben zu volle Zeit gewonnen werden, die sonst serungen in der mittelfristigen Vorhersage- den Applikationsbedingungen, die durch durch Abwarten oder im Auto verloren ge- genauigkeit nötig. Auf diese Weise ließen automatisierte Aufzeichnungen abgesi- gangen wäre. Nicht selten fährt man bei sich der Infektionsverlauf von Krankheiten chert werden könnten. Verteilgenauigkeit Sonnenschein und Windstille mit Mähdre- und das Auftreten von Schädlingen besser und auch Verträglichkeit bei der Ausbrin- scher oder Schlepper vom Hof, um dann

6 DLG-Mitteilungen Sonderheft unverrichteter Dinge zurückzukehren, den, können häufig nicht mit eigenen von Pflanzenschutz und Dünger erfor- weil sich das Wetter auf dem auserkore- hochaufgelösten Wetterdaten modifiziert dern, also beispielsweise bei Sonderkultu- nen Schlag gänzlich anders darstellt. werden. Kommerzielle Anbieter bieten im ren oder bei hoher Resistenzgefahr, kann Bereich Düngung und Pflanzenschutz dies notwendig sein. Allerdings muss dann Automatisierte auch hinsichtlich der teilflächenspezifi- auch die Wettervorhersage deutlich detail- schen Applikation digitale Komplettlösun- lierter erfolgen und diese vom Betriebslei- Anwendung gen an. Eigene detaillierte Wetterdaten ter intensiv verfolgt werden. Beides kann Die Wirkung einzelner Pflanzenschutz- können auch hier selten in die Entschei- viel Geld und auch Zeit kosten, wobei mittel kann durch die Einbeziehung ge- dungsfindung einfließen. Überdies sind sich der zeitliche Aufwand häufig vom Au- nauer Wetterdaten zweifellos optimiert hierbei die zugrunde liegenden Algorith- to ins Büro verschiebt. werden. Sollen aber Temperatur, Luft- und men oft wenig transparent und können Die gewonnenen Daten und Erkenntnis- Blattfeuchte, Wind, Niederschlagsgesche- vom Anwender entsprechend wenig fach- se gilt es zielgerecht anzuwenden. Einsei- hen, Strahlung und weitere Parameter, die lich an die jeweiligen Standort- und tig immer höher aufgelöste Wetterdaten sich außerdem noch im Verlauf des Tages Wachstumsbedingungen angepasst wer- zu generieren, um diese für bestehende ändern, von Schlag zu Schlag oder gar den. Prognosemodelle zu nutzen, erscheint teilflächenspezifisch angepasst werden, Die Handhabung ist mitunter auch für fraglich. Gleichzeitig müssten auch die geht dies nur automatisiert. Hier gibt es in technisch versierte Nutzer so einge- Modelle weiterentwickelt werden, wenn vielen Fällen Optimierungsbedarf bei den schränkt, dass Auswertungen oder Appli- man diesen nicht blind vertrauen will. technischen Anwendungen. Zum einen kationskarten teilweise nur vom Dienst- Im Hinblick auf längerfristige Anpassun- im Hinblick auf die zugrunde liegenden leister selbst erstellt werden können. Das gen des Anbausystems oder gar der Be- wissenschaftlichen Daten. Zum anderen schreckt viele Anwender ab. In diesem triebsausrichtung helfen Wetterprognosen hinsichtlich der Anwenderfreundlichkeit Zusammenhang muss teilweise erhebli- bisher kaum weiter: Klare langfristige Ten- und der technischen Umsetzung mithilfe che Überzeugungsarbeit geleistet werden, denzen stimmen nicht immer mit kurz- der im Betrieb vorhandenen Technik. warum gerade dieses Betätigungsfeld bei oder mittelfristigen Wettererscheinungen den zahlreichen anstehenden Aufgaben überein. Dies ist kein Widerspruch. Gegen Auf welcher Basis arbeiten Prognosen? und Problemen unbedingt Priorität haben die vorhergesagten stärkeren Witterungs- Viele Landwirte und Berater sind skep- muss. schwankungen erscheint aber ein alther- tisch, ob die Datenbasis zurzeit genutzter gebrachtes Risikomanagement in Form ei- Prognosemodelle und Entscheidungshil- Fazit. Um den logistischen Aufwand für ner ausreichend breiten Fruchtfolge fen ausreichend groß und repräsentativ ist. Bonituren zu verringern und die Planung unumgänglich. Dabei ist die Einhaltung Spezielle Systeme zur Planung und Ausge- von Verfahrensabläufen zu verbessern, bestimmter Anbauanteile wesentlich, um staltung der Bewässerung kommen bei- kann es sinnvoll sein, in eine eigene Wet- bei (fast) jedem Wetter agrotechnische Ter- spielsweise auf klassischen Trockenstand- terstation zu investieren. Gegebenenfalls mine einhalten zu können. orten in puncto Praxistauglichkeit an ihre gar in mehrere, wenn eine weiträumige Grenzen. Etablierte Prognosesysteme, die Flächenverteilung vorliegt. Auch bei Kul- Dr. Stephan Deike, Landberatung GmbH, auch vom amtlichen Dienst genutzt wer- turen, die einen sehr zielgenauen Einsatz Wefensleben

Eine Stimme aus der Praxis

Landwirt Dr. Dietmar Schmidt aus Buseck in Hessen eher unsicher. Die ist oft auf Achse: Seine 170 ha Ackerfläche liegen (in fünf Interpretation richtet Gemarkungen) 5 km um den Betriebsstandort verteilt. sich nach Erfahrung Lohnarbeiten erledigt er in einem Radius von sogar und Bauchgefühl. »Es 30 km. Da ist die punktuell-präzise Wettervorhersage wäre für Auswertungen schon relevant: »Ich will nicht rausfahren und feststellen sicherlich interessant, müssen, dass es ein paar Kilometer weiter bereits regnet.« Wetterdaten aufzu- Schmidt nutzt bisher eine eigene Wetterstation, das schreiben. Aber wann Regenradar von WetterOnline und die Agrarwetter-App soll ich das alles erledi- von Bayer. Neben der Niederschlagsvorhersage interes- gen?« Auf der Wunsch- sieren ihn Luftfeuchte und Temperatur für die optimale liste stehen deshalb Applikation von Pflanzenschutzmitteln. Künftig sollen tägliche Vorhersagen Daten zur Bodenfeuchte und -temperatur vor allem die mit kurzen, prägnanten Empfehlungen für den jeweiligen Aussaattermine von Raps und Mais sicherer machen. Standort, übermittelt per E-Mail oder direkt auf das Smartphone. Und wären die Daten dann noch in ver- Wie aktuell wohl die meisten Landwirte ermittelt schiedenen Radien um den Betrieb angeordnet, dann Schmidt die Wetterdaten eher unstrukturiert. Die (kurz- ließe sich ganz entspannt eine Wochen- und Tagespla- und langfristigen) Vorhersagen sind an seinem Standort nung aufstellen, wünscht sich der hessische Landwirt.

DLG-Mitteilungen Sonderheft 7 WETTERDIENST Wie entstehen Wettervorhersagen?

Das Wetter ist für Landwirte mindestens genau so ein wichtiger Produktionsfaktor wie Boden, Arbeit und Kapital. Der tägliche Blick auf die Wetterprognose ist somit obligatorisch. Doch wie entstehen eigentlich Wettervorhersagen? Und wie zuverlässig sind sie? Falk Böttcher, Christina Koppe und Udo Busch haben Antworten.

s gibt keinen zweiten volkswirt- nen vorhersagenden Meteorologie an ist beim Niederschlag als räumlich und Eschaftlichen Zweig, der so wetter- Fahrt auf. Schon die Altvorderen registrier- zeitlich sehr differenziertem Wetterele- abhängig ist wie die Land- und Forstwirt- ten sehr schnell, dass lokales Wetter im- ment ein dichteres Messnetz erforderlich schaft. Daher gibt es schon seit jeher mer auf großräumigen Prozessen basiert, als bei den anderen Größen. Die optimale Anstrengungen, das Wetter vorherzusa- die sich nicht an administrative Grenzen Messnetzdichte hängt ferner davon ab, ob gen. Die bekanntesten Ansätze sind in halten. So ist die Meteorologie seit jeher wir uns eher in gebirgigem oder eher fla- Bauernregeln, dem Hundertjährigen Ka- eine Wissenschaft, die über alle System- chem Gelände befinden. So betreibt allein lender und der Beobachtung des Wetters grenzen hinweg international kooperiert. der Deutsche Wetterdienst in Deutschland in den 12 Tagen von Heiligabend bis zum Dass Wetterphänomene physikalischen etwa 500 Stationen, die Daten aller ge- Dreikönigstag mit anschließender Über- Gesetzen folgen, eröffnete die Möglich- nannten Wetterelemente messen. Beim tragung auf das Folgejahr zu finden. Regi- keit der Entwicklung numerischer Model- Niederschlag kommen nochmals 1 500 onal gibt es noch viel mehr solcher Prog- le. Und mithilfe der Computertechnik Standorte hinzu. noseansätze, die sich aus der sehr genauen wurde die Berechnung der Modelle für die Es reicht aber nicht, nur die Erdoberflä- Naturbeobachtung speisen und schon Zukunft realistisch. che zu beobachten. Daher kommen noch deshalb sowohl meteorologisch als auch Messungen von Radiosonden hinzu kulturhistorisch wertvoll sind. All diesen Neben der Modell- und Computertech- (Wind, Lufttemperatur und Luftfeuchte). Verfahren ist aber gemein, dass sie – wenn nik ist die Bereitstellung meteorologi- Sie dokumentieren das Wettergeschehen überhaupt – nur ungefähre Zukunftsaus- scher Messwerte entscheidend für die in der freien Atmosphäre. Selbst wenn sichten beschreiben, präzise numerische Qualität von Wettervorhersagen. Das man überall Wetterstationen aufbauen Wettervorhersagen aber nur ergänzen. sind zunächst Messungen vor Ort an Wet- würde, gäbe es dennoch kein geschlosse- terstationen auf Landflächen, aber auch nes, flächendeckendes und das ganze Die Qualität der traditionellen Werk- auf den Meeresoberflächen (Wind, Luft- Volumen der Wetterschicht unserer zeuge reichte Landwirten nicht aus. Ne- druck, Niederschlagsmenge und -dauer, Atmos­phäre beschreibendes Bild des Aus- ben Seeleuten und internationalen Händ- Luft- und Boden- bzw. Meerestemperatur, gangszustandes für die Vorhersage. Diese lern zählten sie daher zu den Treibern Luftfeuchte, Bewölkung, Strahlung). Die Lücken können nur durch Messungen mit präziserer Wettervorhersagen. Im 19. Jahr- Dichte der Messnetze ist dabei abhängig Fernerkundungsmethoden (Satelliten, Ra- hundert nahm die Entwicklung der moder- von den einzelnen Wetterelementen. So dar) geschlossen werden. Heute stammen etwa drei Viertel aller in die Wettervorher- sage einfließenden Daten aus der Ferner- kundung. Und auch in dem Bereich ist ei- ne rasante technische Entwicklung zu Schon heute stammen etwa beobachten. Kontinuierlich werden Daten im Minutentakt und räumlich engmaschig drei Viertel aller Basisdaten (wenige Hundert Meter) bereitgestellt. aus der Fernerkundung. Bei dieser Datenflut kommt der Quali- tätssicherung der Messwerte eine beson- Falk Böttcher, Deutscher Wetterdienst dere Bedeutung zu. Das gilt für alle Da- tenquellen und ist insbesondere auch dann zu beachten, wenn Wetterstationen

8 DLG-Mitteilungen Sonderheft im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb weißen oder polierten Lamellen der Ther- auch für bessere Wettervorhersagen zu er- verwendet werden. Es fängt bei solch sim- mometerhütte, die Thermometer und Hy­ halten, reicht es nicht, sich eine Wettersta- plen Dingen an, dass der Durchfluss des grometer umgibt, ab und an vom Staub tion hinzustellen. Man muss neben der Niederschlagswassers im Messgerät ge- befreit werden. Zur Qualitätssicherung ge- richtigen und weitgehend freien Lage des währleistet und nicht durch Vogelkot oder hört auch eine regelmäßige Wartung und Standortes (wenn möglich nach den Richt- Insekten verstopft ist. Auch müssen die Prüfung der Messfühler. Um gute Werte linien der Weltorganisation für Meteorolo- ange tram L Ber WD; D tos: Fo Zur Erfassung des Zustands der Atmosphäre dienen Satelliten, Verkehrsflugzeuge, Schiffe, Wasserbojen, Wetterballons (Radiosonden), Radare, Warten und Landstationen. WETTERDIENST

gie) auch eine qualifizierte Betreuung der Messtechnik dauerhaft gewährleisten. Das bedeutet nicht, dass dies tagfüllend ist. Aber mindestens im Wochentakt sollte man für die Sauberkeit der Fühler sorgen. Und neben Reparaturen bei Bedarf sollten mindestens jährliche Wartungen der Sen- sorik durch Fachleute obligatorisch sein.

Wie erfolgt heute die Erarbeitung einer Wettervorhersage für die Landwirtschaft? Nach der Messung müssen die Daten zeit- nah den Wetterdiensten zufließen und dort nach gewissen Plausibilitätsprüfun- gen unmittelbar in die Beschreibung des flächendeckenden Ausgangszustandes für die Wettermodelle integriert werden. Man nennt das Datenassimilation. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird die Datenassi- milation geschlossen, und die Berechnung der Vorhersage auf Basis der Vorhersage- modelle beginnt. Das ist zunächst die Be- rechnung der notwendigen thermodyna- mischen und der Bewegungsgleichungen in Form komplexer nicht linearer Differen- zialgleichungen an den Gitterpunkten ei- der Höhe liegt bei über 50, teils bis 100. Vorhersagewerte der gängigen meteorolo- nes Netzes. Letzteres ist mit regelmäßigen In die globalen Gitternetze sind in beson- gischen Elemente wie Lufttemperatur, Abständen zwischen den Gitterpunkten ders interessierenden Regionen noch ver- Luftdruck, Luftfeuchte, Wind und Nieder- über die gesamte Erde »gespannt« und er- dichtete Bereiche »eingenestet«. Deren schlag. streckt sich in vielen Schichten bis in wei- Gitterpunktabstände gehen heute schon Diese Berechnungen werden heutzuta- te Höhen der Atmosphäre. Je nach Modell bis zu 1 km herunter. Je nach verfügbarer ge von vielen Vorhersagesystemen in ei- sind bei dieser globalen Auflösung heute Rechenleistung werden diese Modelle nem weiteren Schritt leicht modifiziert Gitterpunktabstände zwischen 5 und mehrmals täglich mit jeweils neu assimi- und mehrfach mit diesen leichten Modifi- 30 km üblich. Die Anzahl der Schichten in lierten Daten berechnet und liefern so kationen gestartet. So können beispiels- weise die Unsicherheiten bei der Bestim- mung des Anfangszustandes berücksichtigt werden, denn jedes Messinstrument hat seine Messgenauigkeit. Als Ergebnis erhält Eine komplexe Angelegenheit man ein Ensemble an Vorhersagedaten, das Rückschlüsse auf die Sicherheit/ Zu- Wo liegen heute die größten phäre als ein nicht lineares System verlässigkeit der Vorhersage und die Ablei- Herausforderungen für die Güte aus. Geringe Änderungen der tung von Wahrscheinlichkeiten zulässt. von Wettervorhersagen? Diese Ausgangsbedingungen können Denn es gibt Wetterlagen, bei denen die lassen sich im Prinzip in vier ganz verschiedene Endergebnisse Vorhersagen über zwei Wochen zuverläs- Punkten zusammenfassen: zur Folge haben. Dies nennt man sig sind. Aber es gibt auch Situationen, die • Die Beobachtungsdaten, welche auch das chaotische Verhalten der kaum einen Blick in den zweiten oder drit- die Ausgangswerte für die Modelle Atmosphäre. ten Folgetag zulassen. liefern, sind nicht flächen­deckend • Die Computer sowie die nume- Die so gewonnenen Modellprognosen vorhanden, stammen von unter- rischen Modelle für Wetter- und werden in einem weiteren Schritt statis- schiedlichen Messverfahren und Klimavorhersagen arbeiten mit tisch nachprozessiert. Mithilfe möglichst weisen selbst Fehler auf. Zudem Vereinfachungen der Gleichun- langer Zeitreihen, den sogenannten Trai- gibt es gerade aus Systemen, die gen. Damit muss man immer ningsdaten, kann ein statistischer Zusam- das Witterungsgeschehen länger- kleine Fehler in Kauf nehmen. menhang zwischen Modellvorhersage fristig beeinflussen (z. B. aus • Die physikalischen Prozesse in und Beobachtung hergestellt werden. So tieferen Schichten der Weltmeere) Atmosphäre, Land, Ozean und ist es etwa möglich, systematische Fehler nur wenige Informationen. Meereis können oft ebenso nur der Vorhersage zu identifizieren und in • Die Gleichungen, die die vereinfacht dargestellt werden zukünftigen Vorhersagen im Mittel zu eli- atmosphärischen Prozesse oder sind zum Teil noch nicht minieren. Weiter berechnet dieses Verfah- beschreiben, weisen die Atmos­ ausreichend erforscht. ren durch Interpolation der Gitterpunktin- formationen Vorhersagen für im Prinzip

10 DLG-Mitteilungen Sonderheft Rohdaten allein bringen niemanden weiter. wird. In ISABEL sind die Ergebnisse der Al- Erst die professionelle Aufbereitung machen gorithmen themenspezifisch und regional sie zu wertvollen Informationen. differenziert für einen Vorhersagezeitraum von bis zu einer Woche dargestellt. Das erfolgt einerseits über Karten und anderer- seits über Tabellen und Grafiken. Dabei dition und wird vom Zentrum für Agrarme- werden neben dem allgemeinen Agrar- teorologische Forschung in Braunschweig wetter auch die Wirkmodellergebnisse für koordiniert. Dabei sind die Algorithmen die gängigen Fruchtarten in der Pflanzen- teils Eigenentwicklungen, die auch auf den produktion (Grünland, Winterraps, Ge- eigenen Versuchsflächen und der eigenen treide, Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln), des Lysimeteranlage geprüft werden. Größten- Obstbaus, der Forstwirtschaft und der Tier- teils sind es aber Gemeinschaftsentwick- produktion dargestellt. Die Darstellung lungen mit Partnern aus anderen For- der Informationen soll von den Nutzern schungs- und Beratungsinstitutionen des intuitiv interpretiert und verstanden wer- Bundes und der Länder, aus dem universi- den. Für die intensivere Beschäftigung mit tären, aber auch dem Bereich der Industrie. den Hintergründen, Möglichkeiten und Grenzen der eingesetzten Algorithmen Wie sieht die konkrete Umsetzung in sind zudem zu jedem Punkt verständlich lesbare Dokumentationen unmittelbar werk_Bela die Praxis aus? Dazu dienen zeitgemäße Medien, die unter Beachtung der rechtli- verfügbar.

Bildkraft chen Rahmenbedingungen für die Prakti- ISABEL ist für Neuentwicklungen offen. to: ker zugänglich sind. Kernstück ist dabei Wenn es entweder neue oder bessere Fo die Informationsplattform ISABEL (Infor- Wirkmodelle oder veränderte rechtliche mationssystem zur agrarmeteorologischen Anforderungen gibt, kann dies in ISABEL jeden beliebigen Standort und jede belie- Beratung für die Länder), die der DWD mit kurzer Vorlaufzeit umgesetzt werden. bige Vorhersagegröße. den zuständigen Stellen in den Bundes- ländern bereitstellt, und die wiederum Falk Böttcher, Dr. Christina Koppe, Erst mit der statistischen Nachbearbei- von den Bundesländern für die Land- und Dr. Udo Busch, Deutscher Wetterdienst, tung sind die Grundlagen für die agrarme- Forstwirtschaft sowie den Obst- und Gar- Abteilung Agrarmeteorologie, teorologischen Vorhersagen gegeben. Die tenbau kostenfrei zugänglich gemacht Leipzig und Offenbach reinen Wettervorhersagen liefern lediglich die Ausgangsinformationen für die agrar- meteorologischen Wirk- oder Anschluss- modelle. Im Sprachgebrauch der Digitali- sierung kann man dazu Algorithmen Ausblick sagen. Die Abteilung Agrarmeteorologie des Deutschen Wetterdienstes betreibt ein Zukünftig wird sich in dem bisherigen Vorhersagezeitraum durch System dieser Algorithmen, das Ergebnisse immer bessere, insbesondere durch Fernerkundungsverfahren bereit­ für eine Vielzahl agrarmeteorologischer gestellte Ausgangsdaten die Vorhersagegenauigkeit erhöhen. Radar­ Größen liefert. Das sind zunächst Größen messungen liefern heute schon Messungen der Niederschlagsmenge des fruchtartspezifischen Bestandes- und in einem Raster von 250 x 250 m über Deutschland. Darüber hinaus Bodenklimas. So sind beispielsweise Luft- werden noch kleinräumigere Prognosen bis auf Schlagebene möglich temperatur und Luftfeuchte in Weizenbe- sein, die dann auch bessere Anknüpfungsmöglichkeiten an Precision- ständen völlig anders als zum selben Zeit- Farming-Werkzeuge bieten. punkt in Maisbeständen oder gar über Neben dieser Verbesserung der Vorhersageleistung wird es eine kurz gehaltener Wiese. Aus diesen Infor- Ausdehnung der Vorhersagezeit geben. Bei Prognosen über einen mationen lassen sich wiederum Aussagen gewissen Zeitpunkt hinaus können allerdings keine stundengenauen für die zielgerichtete Arbeitsplanung, die Aussagen mehr gemacht werden. Lediglich in Wochen-, Dekaden- Ertragsmenge und Ertragsqualität, für oder Monatsschritten lassen sich Abweichungen vom klimatologischen Pflanzenschutz-, Düngungs- und Boden- Normalwert diagnostizieren. Wenn dies dann wiederum mit agrarmete- schutzanforderungen sowie zur Aussaat, orologischen Wirkmodellen verknüpft wird, sind beispielsweise Vorher- Pflanzenentwicklung (Phänologie, Onto- sagen zur Entwicklung der Bodenfeuchte und -temperatur möglich. genese) sowie zu Ernteterminen ableiten. Aber auch dann wird es Fälle geben, in denen einzelne Extremereignis- Weiterhin werden Daten für die kulturspe- se (z. B. Hagelschauer, örtliche Überschwemmungen, kleinräumige zifische bedarfsgerechte Bewässerung so- Tornados) im schlimmsten Fall die Arbeit eines ganzen Jahres oder bei wie hinsichtlich der Brandgefahr in Wald Dauerkulturen sogar von Jahren und Jahrzehnten zunichtemachen. Das und Flur bereitgestellt. bleibt bei Produktion unter freiem Himmel das Risiko, das selbst durch Die Entwicklung dieser Wirkmodelle hat die beste Wettervorhersage nicht verhindert werden kann. im Deutschen Wetterdienst eine lange Tra-

DLG-Mitteilungen Sonderheft 11 Foto: landpixel GENAUIGKEIT Lohnt sich die eigene Wetterstation?

Wetterdaten erhalten Sie von öffentlichen Anbietern wie dem DWD oder den Bundesländern, aber mit preiswerteren mobilen Wetterstationen auch vom eigenen Betrieb. Herwig Köhler diskutiert die Möglichkeiten und Grenzen.

ktuelle Wetterdaten sowie Wetter- Geländelagen passen die Werte dann aber chen. Überliefert sind heute noch die Bau- Avorhersagen für die Planung und nicht mehr. ernregeln oder die Los- und Schwendtage. Durchführung von Pflanzenbau- und Gemeinsames Ziel aller Bemühungen Mit der Erfindung von Messgeräten ließen Pflanzenschutzmaßnahmen sind selbst- ist es, mit der eigenen Wetterstation Wind, sich dann die Wetterparameter genau be- verständlich. Im Zeitalter von Smart Far- Lufttemperatur, Niederschlag, Boden- stimmen – seit 1881 werden sie von offizi- ming und IoT (Internet of Things) erreicht feuchte, Luftfeuchte und abgeleitete Grö- eller Seite kontinuierlich festgehalten. Die aber die Wetterbeobachtung für den Land- ßen wie die Verdunstung direkt zur Verfü- mechanischen Trommelschreiber für z. B. wirt eine neue Dimension: Wetterdaten gung zu haben. Für die Kommunikation Temperatur und Luftdruck wurden im Lau- werden direkt in die EDV-Infrastruktur mit der Wetterstation stehen mittlerweile fe der Zeit durch elektronische Wettersta- oder die Agrarmanagementsysteme der neben GSM und GPRS weitere kostenneu- tionen abgelöst. Mussten zu Beginn die Betriebe eingebunden. trale Übertragungsverfahren wie LoRa zur Daten mit PC oder Speichermedium aus- Verfügung. gelesen werden, konnten die Daten be- Ein breites Angebot. Dazu können Da- reits Ende der 1980er Jahre über Telefon ten öffentlicher Anbieter wie DWD oder Ein wenig Geschichte. Wetterbeobach- und Modem abgerufen werden. Daten der in einigen Bundesländern vor- tungen lassen sich schon in der Geschich- Mit dem Gedanken der integrierten Pro- handenen Agrarmeteorologien verwendet te relativ früh im Zusammenhang mit dem duktion stieg die Bedeutung der Wettersta- werden. Das ist komfortabel, da keine Anbau von Nahrungspflanzen ausma- tionen für die Pflanzenschutzberatung. Wartung und Pflege der Wetterstation an- steht. Entschließt sich der Landwirt je- doch, Wetterdaten vom eigenen Betrieb zu verwenden, so benötigt er eine Wetter- Wie Landwirte Wetterdaten nutzen station. Mit ihr angeboten wird eine cloud- (Praxisbefragung) basierte Datenhaltung. Mittlerweile ver- markten auch z. B. Maschinenringe, Genossenschaften oder die Vereinigte Ha- Schaderregerprognose gelversicherung Wetterstationen und bau- 7 % Historische en für ihre Mitglieder eigene Webangebo- Wetterdaten te auf. In der Regel werden auch 9 % Wetterprognosen sowie Monitoring- und Prognosemodule für eine Reihe von Kul- turpflanzen und Krankheiten angeboten.

Auch die Anbieter cloudbasierter Ag- rarmanagementsoftware haben Wetter- stationen, die direkt in diese Systeme ein- gebunden sind. Eine weitere Variante sind sogenannte virtuelle Wetterstationen, die in Zusammenarbeit mit Meteoblue bereit- gestellt werden. Dabei wird quasi mit ei- Aktuelle Wetterdaten Wettervorhersage ner Wetterstation für den eigenen Standort 28 % 56 % gerechnet. Das kann mit leichten Abwei- chungen funktionieren, in besonderen

DLG-Mitteilungen Sonderheft 13 GENAUIGKEIT

Mit wissenschaftlich erarbeiteten Monito- treiben mit wissenschaftlichen Methoden Wo das Bundesland keine eigene ring- und Prognosemodulen, die von den entwickelte Prognosemodule an, die im Agrarmeteorologie vorhält, gewinnen eigene Stationen der Wetterdaten angetrieben werden, kann Versuchswesen getestet und in der Praxis Landwirte an Bedeutung. die Beratung Empfehlungen zum gezielten erprobt wurden. ISABEL (Informationssys- Pflanzenschutz erstellen. Die ersten kom- tem für die Agrarmeteorologische Bera- pakten Wetterstationen jedoch kamen bei tung der Länder), ISIP und die Agrarmete- Landwirten aufgrund der hohen Anschaf- orologien der Bundesländer stellen die fungskosten nur vereinzelt zum Einsatz. Systeme bereit. Regionale Kompaktwetter- stationen können besonders beim Nieder- Die öffentlichen Wetterstationen. Eine schlag die Daten ergänzen. Eigene Agrar- Betrachtung der Anzahl der Wetterstatio- meteorologien haben allerdings nur nen von DWD und der Agrarmeteorolo­ Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland- gien der Länder zeigt, dass die Stationen Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen. größere einheitliche Anbaugebiete abde- Das Saarland und der gesamte Norden ge- cken (Übersicht 1). Nicht alle DWD-Stati- hen leer aus. onen sind für die Landwirtschaft aufgrund ihres Standortes relevant, ca. 154 werden Technik und Datenmanagement vom von ISIP (Informationssystem für die integ- DWD ... Stationen vom DWD sowie den rierte Pflanzenproduktion) für die Modelle Agrarmeteorologien haben einen hohen el verwendet. Die Stationen der Agrarmeteo- technischen Standard in Bezug auf Aus-

rologien stehen ausschließlich in den fallsicherheit, Messgenauigkeit und War- landpix landwirtschaftlich genutzten Regionen. tungsfreundlichkeit. Sie entsprechen dem to: Fo Aufgrund der Erfahrungen lassen sich rein WMO-Standard (Weltorganisation für Me- ackerbaulich ­genutzte Flächen mit einem teorologie) bzw. der VDI-Richtlinie 3786 weiteren Stationsnetz abdecken als die für Agrarmeteorologische Stationen. Die Die Daten durchlaufen aufwendige Sonderkulturflächen (Weinbau, Obstbau Stationen werden elektronisch überwacht Prüfroutinen und werden gegebenenfalls und Gemüsebau), wo die Stationen enger und von eigenen Technikern regelmäßig korrigiert. Sie sind lückenlos, da in den gestellt werden. Diese offiziellen Messnet- gewartet. Die Sensorik wird in festgeleg- nachfolgenden Verarbeitungsprozessen ze liefern eine hohe Datenqualität und ten Wartungsintervallen getauscht. Datenlücken zum Abbruch führen. Für rückwirkende Auswertungen stehen die historischen Messergebnisse ab der Auf- Übersicht 1: Für die Landwirtschaft verfügbare nahme des Stationsbetriebes zur Verfü- Wetterstationen gung. Damit lassen sich langjährige Ver- gleichsreihen erstellen und bewerten. Die Bundesland DWDAgrarmeteologie Nicht öffentlich Messstationen haben Referenzcharakter. Die Datenübertragung erfolgt in der Re- Baden-Württemberg 62 144 (LTZ) gel über Mobilfunk, d. h. die Stationen lie- Bayern 106 137 (LfL) fern entweder die Daten zyklisch ab oder werden von der Zentrale abgerufen. Die Berlin 6 Aufzeichnungsintervalle reichen von einer Brandenburg 26 2 bis zu 10 Minuten. Ein Teil der agrarmete- Bremen 2 orologischen Stationen wird zur Anei- chung des Niederschlagradars des DWD Hamburg 4 stündlich verwendet. Das erfordert Nie- Hessen 37 22 (LLH) derschlagssensoren mit einer Auflösung von 0,01 mm. Mecklenburg-Vorpommern 25

Niedersachsen 50 27 ... und der Kleinwetterstationen. Tech- nik und Sensorik von Kleinwetterstatio- Nordrhein-Westfalen 44 18 nen, wie sie im Bereich Smart Farming Rheinland-Pfalz 29 128 (DLR) eingesetzt werden, sind aus Kostengrün- den einfacher ausgeführt. Zum Teil ist die Saarland 7 Sensorik in einem Gehäuse zusammenge- Sachsen 29 39 (LfULG) fasst (Kombisensor). Temperatursensoren Sachsen-Anhalt 23 sind nicht ventiliert, die Fehlertoleranzen sind größer. Falsche Daten werden unter Schleswig-Holstein 26 Umständen nicht erkannt. Die Stationen Thüringen 27 24 (TLLLR) stehen meistens im Bestand und messen das Kleinklima. DWD und agrarmeteoro- Summe 504 494 45 logische Stationen werden dagegen stan-

14 DLG-Mitteilungen Sonderheft dardisiert aufgestellt, sodass die gemesse- Übersicht 2: Akteure rund um die Wetterstation nen Daten vergleichbar sind. Angebote Wetter­stationen Angebote Wartung/ Agrarmeteorologische Modelle und Pflege Stations- Vorhersagen. Gemessene Wetterdaten eigentum sind für die Beurteilung der aktuellen Situ- ation von Infektionsgefahren ausreichend. DWDDWD ISABEL inkl. AMBER DWD Sie geben aber keine Planungssicherheit Agrarmeteologien DWD + ISIP/Agrar­meteo­ Agrar­ für Pflanzenschutz und Kulturmaßnah- diverse Bundesländer Agrar­meteologien logien/Schnittstellen meteologien men, die unter Umständen bei einer sich open data ändernden Witterung überflüssig oder mit ISIP DWD + ISIP/Agrar­ Nur höherem Wirkungsgrad durchgeführt wer- Agrar­meteologien meteologien ­Datennutzung den könnten. Daher liegt es nahe, auch Farmmanagement­ Wetterstationen im Systemintegration Landwirt die Wettervorhersage stationsbezogen an- software Bundle zubieten und in Prognosemodulen für Krankheiten und Schädlinge mit dem Ziel Verbände, für Mitglieder + Teilweise mit Landwirt ­Versicherungen DWD-Daten Vorhersage »Planungssicherheit« zu verrechnen. Ne- ben dem DWD haben sich die Vorhersa- Anbieter von speziellen Wetterstationen im Eigene hoch Landwirt gen von Meteoblue in der Landwirtschaft Prognosemodulen Bundle, Daten­ spezialisierte import anderer Modelle bewährt. Weitere reine Wetterangebote Stationen/Quellen aus dem Web spielen nur eine untergeord- nete Rolle. Hersteller von Keine eigenen Ja, unterschiedliche Landwirt Wetterstationen für Netze Modelle, Vorhersage Die Angebote von ISABEL, ISIP und die Landwirtschaft auch die Agrarmeteorologien sind teilwei- se auch auf mobilen Endgeräten verfügbar. Anbieter professioneller Keine eigenen Keine Käufer Wettermesstechnik Netze Mit der Einführung der GeoBox-Infrastruk- tur werden die Daten schlagbezogen zur Verfügung stehen. Je nach Spezialisierung des Anbieters kompakter Wetterstationen der Daten ist einfach zeitgemäß. Dabei anzutreffen, für die eine Investition in eine stehen für eine Vielzahl von Kulturen ent- darf die Datenqualität nicht auf der Stre- Wetterstation nicht wirtschaftlich ist. Für sprechende Prognosemodule bereit, die cke bleiben. Die Frage nach der Qualität größere Betriebe kann sich die Investition mit den Wetterstationsdaten angetrieben der Daten und damit der Messtechnik ist in eine eigene Wetterstation dagegen werden. Alarmierung per SMS oder Push derzeit nicht beantwortet. Da in der Land- rechnen. Notification bei Über- oder Unterschrei- wirtschaft immer ein »Grundrauschen« tung von selbst definierten Grenzwerten vorhanden ist, d. h. sehr viele Faktoren das Wie sieht die Zukunft aus? Es sollte ein sind in der Regel Standard. Ergebnis beeinflussen können, ist das eine gemeinsames Konzept gefunden werden, Herausforderung. bei dem sich die Messnetze von Bund und Wie gut sind die Prognosen? Der DWD Ländern mit den neuen Messnetzen in der setzt auf die AMBER-Produkte, die Länder Was können Sie also mitnehmen? Klein- Landwirtschaft ergänzen. Erstere können sind über ISIP organisiert bzw. haben teil- wetterstationen sind in erster Linie eine als primäre Messnetze bezeichnet wer- weise eigene Module in der Pflanzen- standortgebundene Informationsquelle für den, wohingegen die Messnetze der Klein- schutzberatung. Die Agrarmeteorologien den Landwirt. Der Anspruch an die Daten- wetterstationen als sekundäre Messnetze bündeln dann die einzelnen Modelle und qualität und die Trefferquote der Progno- einzustufen sind. Durch den Gedanken ergänzen sie (im Sonderkulturbereich) mit semodule ist individuell zu bewerten. von »open data« lassen sich die sekundär- eigenen bzw. liefern die Vorhersagen und Hier ist der Landwirt der Versuchsanstel- en Messnetze mit den Stationen der pri- archivieren die Daten. ler. Prognose- und Monitoringmodule des mären Messnetze als Referenzstationen Es gibt derzeit keinen direkten Vergleich DWD oder von ISIP sind erprobte und bzw. Stützstationen anreichern, diese kön- der Modelle in den Kompaktwetterstatio- über lange Jahre unter hiesigen Anbaube- nen zu Validierungszwecken herangezo- nen mit denen der öffentlichen Beratung. dingungen getestete Modelle. gen werden. Umgekehrt können kleinräu- Teilweise sind die Modelle der kompakten Berücksichtigen Sie die unterschiedli- mige Messungen als Zusatzinformationen Stationen durchaus wissenschaftlich fun- chen Situationen in den Bundesländern. bei den primären Verwendung finden. diert. Auf der anderen Seite wissen wir, Wo Agrarmeteorologien betrieben wer- Landwirte sehen das so: Bei der Nut- dass AMBER-Modelle teilweise zu alt sind den, ist eine hohe Stationsdichte vorhan- zung einer eigenen Station steht die Wet- oder nicht unter repräsentativen Bedin- den, die auch an die Anbaustrukturen an- terbeobachtung und Vorhersage im Vor- gungen erarbeitet wurden. Auch bei ISIP gepasst ist. Eigene Stationen sind dort in dergrund. Für die Monitoring- und ist schon eine Trefferquote von nur 50 : 50 der Regel überflüssig. Bestenfalls verdich- Prognosemodule nutzen sie aber lieber vorgekommen. ten sie das offizielle Angebot um regionale die Angebote von ISABEL, ISIP und der Ag- Der Komfort hinsichtlich der Einbin- Niederschlagsmessungen. In einigen Bun- rarmeteorologien. dung der Daten in Branchenlösungen, desländern sind vorwiegend kleinzellige bzw. die uneingeschränkte Verfügbarkeit Strukturen bzw. kleinere Betriebsgrößen Dr. Herwig Köhler, DLR Bad Kreuznach

DLG-Mitteilungen Sonderheft 15 WETTERVORHERSAGE Welche Prognose ist die beste?

Wetter-Apps sollen möglichst zuverlässig die Witterung vorhersagen – und das am besten kostenlos. Aber welche taugt auch für den landwirtschaftlichen Einsatz? Um das herauszufinden, haben wir neun Apps zum Test geladen.

enn man nur wüsste, ob es die- zember 2019 an einigen Tagen ausprobiert einzelner Landwirte. Die Standorte wa- Wse Woche noch regnet ...« Die- und die Temperatur- sowie Nieder- ren Gudow-Sophiental (bei Lauenburg, se Frage kann in allen landwirtschaftli- schlagsprognosen für drei bzw. fünf Tage SH), -Assenheim nördlich von chen Betrieben die Arbeitsplanung und von neun Anbietern für drei Standorte in Frankfurt und Jettingen-Sindlingen bei vor allem die pflanzenbaulichen Maß- Deutschland aufgeschrieben. Anschlie- Nagold (BW). Mit den drei Standorten nahmen völlig über den Haufen werfen. ßend haben wir die Prognosen mit den sollte nicht nur eine Nord-Süd-Achse Gut, wenn man eine zuverlässige Wetter- realen Wetterdaten vor Ort verglichen. durch Deutschland gezogen, sondern prognose hat – aber welches der vielen Die Daten stammen von Wetterstationen auch unterschiedliche Topografien abge- Angebote ist zuverlässig? Kann man sich auf die frei verfügbaren Dienste von ­Bayer, WetterOnline oder anderen ver- lassen? Immer dabei und aktuell – Unser Test: Drei Standorte, zwei Prog- aber auch immer zuverlässig? nosezeiträume, neun Anbieter. Wir ha- ben das im November und Anfang De-

16 DLG-Mitteilungen Sonderheft bildet werden. Gudow liegt im Flach- land, keine Hügelkette stört dort eine Wet- terfront. Assenheim liegt im Becken der auf 100 m Meereshöhe, leicht kupiert und – was das Wetter angeht – ab- geschirmt von Taunus und . Jet- tingen liegt auf rund 600 m Höhe am Ost- hang des Schwarzwaldes.

Welche Anbieter haben wir getestet? Entscheidend für die Genauigkeit Wir haben grundsätzlich nur (durch Wer- einer Wetterprognose ist die bebanner finanzierte) Gratis-Apps in Be- »Rasterung« des dahinter liegenden tracht gezogen, denn kaum ein Landwirt Rechenmodells. Exakt ist am Ende nur die eigene Wetterstation – aber ist heute bereit, für die Wetterprognose leider erst im Nachhinein. Geld in die Hand zu nehmen. Dabei ha- ben wir Anbieter berücksichtigt, die auf verschiedene Prognosemodelle zurück- greifen. Kein Wetterdienst im Internet hat eigene Wetterdaten und -modelle. Die kommen immer von staatlichen oder su­ pranationalen Wetterdiensten. • Am meisten verbreitet ist das US-ameri- kanische GFS-Modell, das auf ein 22 x 22 km großes Raster aufgebaut ist. Das be- deutet, dass innerhalb dieses Rasters an jedem Ort die gleiche Prognose getroffen wird, egal ob der Zielort sich auf einem Berg oder in einem Tal befindet. In den nordamerikanischen Ackerbauebenen ar- beitet das System sehr zuverlässig, auf Eu- ropa lassen sich die Daten jedoch nicht so einfach übertragen. Denn hierzulande herrschen größere topografische Unter- schiede, weshalb die Vorhersagen weni- ger zuverlässig sind. Dass die meisten Wetteranbieter auf dieses Modell zurück- greifen, hat einen einfachen Grund: Es ist kostenlos. Manche Anbieter kombinieren auch das GFS-Modell für längere Progno- sen (5 Tage) und verwenden für die kurz- fristigeren Vorhersagen ein globales 13 x el 13 km-Modell des Deutschen Wetter-

dienstes. landpix

• Das HD-Wettermodell des Deutschen to: Fo Wetterdienstes arbeitet noch genauer mit einer 2,8 x 2,8 km Auflösung. Damit kann es die regionalen Unterschiede aufgrund der Topografie berücksichtigen und auch • Das Schweizer HD-Modell gilt als das dell) sowie Bayer Agrar Wetter, wetter.net, präzisere Angaben für bestimmte Gebiete genaueste Wettermodell, denn es basiert WetterOnline, wetter.com, WeatherPro machen. auf einer Rasterung von nur 1 x 1 km. Aber Lite, AccuWeather und Weather Apple (al- • Das Modell des Europäischen Zentrums diese Genauigkeit hat auch ihren Preis: les GFS-Modelle). Bei der Vereinigten Ha- für mittelfristige Wettervorhersagen Vorhersagen über einen Zeitraum von gelversicherung, die mit Kachelmann­ (ECMWF) wird ebenfalls von vielen Wet- mehr als zweieinhalb Tagen gibt es nicht. wetter kooperiert, gibt es zwar auch das teranbietern herangezogen. Es hat eine fein gerasterte Schweizer Modell. Weil das Rasterung von 9 x 9 km und ist damit viel Folgende Anbieter haben wir in unserer aber nur Vorhersagen über zweieinhalb genauer als das GFS-Modell. Häufig set- Auswertung berücksichtigt: Kachelmann- Tage erlaubt, ist es für unsere Auswertung -stock.adobe.com zen Anbieter auf ein statistisches Misch- wetter/Vereinigte Hagelversicherung (hier ungeeignet. Bei Weather Apple und Wea- modell aus dem ECMWF und dem ameri- gibt es 16 Modelle zur Auswahl, wir ha- therPro Lite sind nur die Temperaturvor-

rcfotostock kanischen GFS als Grundlage ihrer ben uns für das DWD-HD-Modell ent- hersagen kostenfrei, sodass wir auch nur to: Prognosen. schieden), YR Norway (Norwegisches Mo- diese berücksichtigt haben. Fo

DLG-Mitteilungen Sonderheft 17 WETTERVORHERSAGE

16 Prognosen – welche passt auf Ihren Standort? eher störender Ballast. Im Vergleich der Anbieter wird klar, warum WetterOnline mm akkumulierter Niederschlag eine hohe Verbreitung hat. Auf einen Blick 100 kann man Minimum- und Maximum-Tem- peraturen sowie die vermutliche Regen- 80 menge erfassen – und das gleich für bis zu 14 Tage. Das gilt auch für Bayer Agrar Wet- 60 ter und andere Anbieter. Die Apps sind 40 übersichtlich, unkompliziert bedienbar und auch optisch sehr passabel. Ob die 20 Prognosen auch stimmen, das ist eine an- dere Frage. 0 Weniger komfortabel ist wetter.net, das 12. Feb 14. Feb 16. Feb 18. Feb 20. Feb auf den ersten Blick nur Regenwahr- scheinlichkeiten angibt und detaillierte Die farbigen Linien zeigen die Prognosen verschiedener Wettermodelle für Regenmengen erst nach dem Anwählen den Niederschlag. Schon nach zwei Tagen liegen die Regenerwartungen weit eines bestimmten Tages preisgibt. Mit ei- auseinander. Für welche Prognose entscheiden Sie sich da? nem großen Funktionsumfang wartet hin- gegen die App von wetter.com auf. Sie zeigt Vorhersagen für bis zu acht Tage, mit Temperaturen und Piktogrammen für Son- Was kam heraus? Kurz zusammenge- im Flachland (Gudow) viel genauer vor- nenstunden und Regenwahrscheinlichkeit fasst: Je kürzer der Vorhersagezeitraum, hergesagt werden als in Assenheim oder auf der Übersichtsseite. In der Detailan- desto besser die Prognose. Auf die Vorher- Jettingen, die gerade bei Nordwest-Strö- sicht bekommt man Satellitenbilder und sage zum Tageswetter ist in der Regel Ver- mungen etwas abgeschirmt sind. Einzelne Diagramme zu Tiefst- und Höchstwerten, lass. Anders sieht es aus, wenn die Apps Regenereignisse wie der bereits erwähnte Niederschlag, Sonne und Wind. Manch weiter in die Zukunft blicken sollen. Das größere Regen am 16. November in Gu- einer könnte dies aufgrund der vielen ist nicht gerade überraschend. Auch dass dow oder am 8. November in Jettingen Werte und Optionen aber auch als zu Temperatureinbrüche an einzelnen Tagen (19 l) lassen sich ohnehin nicht punktge- überfrachtet empfinden. (etwa am 10. November) falsch einge- nau vorherbestimmen. Gerade bei größe- Sehr genau erscheint schließlich die schätzt wurden, war keine Überraschung. ren Regenmengen ist dann vielleicht die Wetterprognose von Kachelmannwetter, Ebenso verhält es sich mit sehr hohen Nie- dem Kooperationspartner der derschlägen. Die 11 l, die am 16. Novem- Vereinigten Hagel. Allerdings ber in Gudow fielen, hatte kein Modell in muss sich der Nutzer entschei- diesem Ausmaß vorhergesehen. Einzelereignisse lassen den, welchem Modell er trauen Die Topografie spielt offenbar eine gro- will. Denn die 16 dargestellten ße Rolle für die Vorhersagegüte. Im von sich fünf Tage im Voraus Wettermodelle ergeben einen der Nordwest-Strömung beeinflussten Gu- ganzen Strauß an Möglichkeiten dow trafen alle Wetterprognosen zur schwer vorhersagen. (s. Grafik). Zu viele Daten geben Tiefsttemperatur die gemessenen Werte die Möglichkeit, sich für eine mit akzeptablen Abweichungen (+/– 2 °C). günstig erscheinende Vorhersage Zwischen Drei- und Fünftagesprognosen (Prinzip Hoffnung) zu entschei- war dort nur ein geringer Unterschied aus- Darstellung in Form von Regenwahr- den, aber das hilft am Ende auch nicht wei- zumachen. Bei den Tageshöchsttempera- scheinlichkeiten oder »von ... bis«-Anga- ter. Der Dienst zeigt gut, in welcher Band- turen war die Treffsicherheit in den Drei­ ben wie bei WetterOnline hilfreicher, um breite sich das Wetter entwickeln wird, tagesprognosen sehr gut, in den abzuschätzen, was da kommen kann. weil er den Trend der verschiedenen Mo- Fünftagesprognosen fiel sie aber deutlich Oder ein Niederschlagsradar, das die Wol- delle in einer Grafik abbildet. Aber eine ab. Für Assenheim schwankten die Prog- kenausbreitung im Zeitverlauf darstellt treffsichere Temperatur- oder Regenvorher- nosen sehr stark. Sowohl bei den Höchst- – aber diese Funktion bieten nicht alle un- sage ist damit zumindest für einen längeren wie auch den Tiefstwerten gab es große sere Testkandidaten. Nur wetter.com, Wet- Zeitraum auch nicht möglich. Differenzen zwischen den Anbietern, was terOnline, WeatherPro Lite, AccuWeather die Treffgenauigkeit angeht. Das zeigte und Kachelmannwetter können damit in Unsere Einschätzung: Ganz genau geht sich so auch in Jettingen, wobei dort die Echtzeit aufwarten. es nicht. Und alles, was über drei Tage hi- Streuung geringer als in Assenheim war. nausreicht, gibt allenfalls einen Trend Offenbar ist die Temperatur in Jettingen Wie war die Benutzerfreundlichkeit? (heiß & trocken oder kühl & feucht) wie- besser vorhersehbar als in Assenheim. Neben intuitiver Bedienung legen Land- der. Aus meteorologischer Sicht scheinen Was den Regen angeht, so war der be- wirte eher Wert auf Funktionalität, Zuver- Vorhersagen bei drei Tagen an ihre Gren- trachtete Zeitraum insgesamt recht nieder- lässigkeit und Präzision denn auf Design zen zu kommen. schlagsarm. Es zeichnet sich aber erwar- – eine üppige Ausstattung an Favoriten, tungsgemäß ab, dass die Niederschläge Widgets für den Schnellzugriff etc. sind Christian Bickert und Thomas Künzel

18 DLG-Mitteilungen Sonderheft INTERVIEW

Aussagen über die betroffenen größeren »Genauigkeit macht sich Regionen treffen kann. Je mehr gute Modelle man zur Verfügung hat, desto bezahlt« eher lässt sich ein Risiko abschätzen und sagen, ob ein Gewitter droht, das die Eine präzise Wettervorhersage ist bares Geld wert. Aber es geht Getreideernte beeinträchtigen kann. Aus den Erfahrungen unserer Praktiker wissen noch besser. Philipp Berres erläutert, wo die Vorteile einer wir, dass sie damit ihre Arbeitsabläufe Kombination aus eigenen Wetterdaten und guter Prognose liegen. schon oft erfolgreich planen konnten.

Sie haben mit dem Super Swiss HD-­ Modell ein Alleinstellungsmerkmal. Aber bringt das etwas, wenn die Vorhersage Herr Berres, die Vereinigte Hagel andere Modelle an­schauen, um so nur für 72 Stunden möglich ist? ­empfiehlt Landwirten eigene Wetter­ einen Eindruck von der Unsicherheit Je weiter die Prognose in die Zukunft stationen. Warum? der Vorhersage zu bekommen. Größere geht, desto schwieriger wird es natürlich. Für rückwirkende Betrachtungen und Modellunterschiede bedeuten in der Aus der Prognose wird dann ein Trend. Analysen ist es wichtig, dass gerade beim Regel größeren Spielraum für die Eine verlässliche, stundengenau Prognose Niederschlag oder Wind ein dichtes möglichen Varianten, die eintreten für die nächsten drei Tage ist schon Stationsmessnetz existiert. Damit kann könnten. Mit einer eigenen Station und etwas, was den Landwirten enorm hilft. man beispielsweise mithilfe eines Nie- damit einer lokal aufpolierten Prognose Etwa wenn es darum geht, ob morgen die derschlagsradars die »Lücken« zwischen kann man schon viele dieser Modellfeh- richtigen Bedingungen für den Spritz­ den Stationen sehr genau schließen. ler verhindern. Wenn ein Ort z. B. mitteleinsatz herrschen, oder bei der Etwa indem man die Rohwerte des windgeschützt liegt und dadurch im ­Planung von Ernteeinsätzen. Im Gemüse- Radars mit den Stationswerten kalibriert Mittel ein geringeres Sturmpotential hat, und Obstanbau können Frost­schutz­ und somit eng begrenzten Starkregen als die rohe Modellprognose es für dort maßnahmen rechtzeitig vorbereitet sicher beurteilen kann. Aber auch lokale vorhersagt, dann sind wir in der Lage, werden. Nicht zuletzt sind Entscheidun- Temperaturverhältnisse z. B. auf Hügeln das auch so darzustellen. Solche gen in der Heuernte stark von der kurz- oder in Senken können entscheidend Feinheiten sind unsere Stärke und fristigen Prognose abhängig: Kann ich sein, etwa bei stärkerem Nachtfrost. bringen den entscheidenden Unterschied den Schnitt noch einen Tag liegen lassen, Bestimmte lokale Besonderheiten wie zu anderen Anbietern, welche vor allem oder ist morgen schon Regen zu erwar- Windschatten hinter Waldstücken oder die Masse im Blick haben. ten. Das sind Entscheidungen, die den Neigung zu Kaltluftseen können selbst Landwirt, wenn sie falsch getroffen mit unserem 1 x 1-Modell noch nicht werden, bares Geld kosten können. ­ausreichend erfasst werden. Ein nachgeschaltetes statistisches In Lagen mit sehr unterschiedlichen Modell, das die Prognosen mit den Topografien ist ein Modell mit feinem Stationsmesswerten verknüpft, kann diese Raster sicherlich überlegen. Aber auch in Zusammenhänge besser abbilden. Und der Norddeutschen Tiefebene? nicht zuletzt werden die Wetterdaten Grundsätzlich profitiert stark geglieder- verlässlich protokolliert und archiviert. tes Gelände davon am meisten. Aller- Für mögliche Kontrollen können Sie dings sind auch in benachbarten Flach- damit nachweisen, dass aufgrund der landgebieten oft noch Einflüsse der Windgeschwindigkeiten bei Pflanzen- Gebirge spürbar, etwa bei Südföhnlagen schutzmaßnahmen keine Gefahr der Ab- im Harz oder Westerwald, die weit ins drift bestand und die Gute fachliche Philipp Berres, Vereinigte Flachland reichen können. Darüber Praxis eingehalten wurde. Aus diesen Hagel, Gießen hinaus lassen sich Prozesse in einem Gründen haben wir uns entschieden, Modell mit kleiner Auflösung besser zusammen mit den Landwirten ein charakterisieren als in groben Modellen. möglichst dichtes Netz an Wetterstatio- Dem entspricht ja dann auch die Vielfalt Dies betrifft z. B. die Wolkenbildung bis nen in Deutschland aufzubauen. der Informationen in Ihrem Wetter­ hin zu Gewitterzellen, die explizit durch portal. Einen einfachen Blick mit einer unser Modell mit realistischen Größen Aber ich bekomme das Wetter doch einfachen Prognose gibt es da ja nicht ... und Stärken berechnet werden können. auch online nicht zuletzt bei Ihnen? Genau, es gibt in den meisten Fällen In üblichen Modellen mit 7 bis 10 km Natürlich. Wir bieten eine Vielzahl von keine exakt eintreffende Prognose – der Gitter sind das nur größere Areale mit Prognosen an, mithilfe derer man sich Spielraum nimmt zu, je weiter man in leichtem bis mäßigem Niederschlag und selbst ein Bild vom kommenden Wetter die Zukunft blickt. Im Sommer ist eine mit in der Regel zu hoher Flächigkeit. machen kann. Je nach Zeit und Erfah- abendliche Gewitterepisode oft noch am Auch hier entscheidet die Auflösung also, rung kann man dem im Mittel besten Morgen nicht genau lokalisierbar, selbst ob ich richtig informiert bin oder ob mich Modell vertrauen, oder sich zusätzlich wenn man heutzutage schon recht gute ein Starkregen überrascht. – CB –

DLG-Mitteilungen Sonderheft 19 WORKSHOP

Alle reden vom Wetter ...

... aber genau genommen ist es eher ein »blinder Fleck«. Wie zuverlässig sind Vorhersagen? Wie lassen sich eigene Wetterdaten sinnvoll nutzen? Darüber haben wir uns mit Praktikern unterhalten – und mit Jörg Kachelmann.

Foto: agrarfoto

s ist seltsam: Da steht die Agritech- Blattfeuchte bei der Aufnahme von Herbi- Wunsch und Wirklichkeit bei Wetter- Enica voll mit sensorgesteuerten Ge- ziden und Fungiziden durch die Pflanze. vorhersagen. Natürlich steht eine ver- rätschaften. Technikhersteller, und in ihrem lässliche mittelfristige und kleinräumi- Schlepptau auch die um viele Antworten Natürlich kennen und nutzen wir al- ge Wettervorhersage seit Langem auf der verlegene Politik, berauschen sich an Di- le diese Zusammenhänge. Aber lässt die Wunschliste vieler Landwirte. Wobei die gitalisierung und Präzisionslandwirtschaft Qualität der Wettervorhersage immer die Vorhersagen von Temperatur und Wind als nicht nur auf Schlagebene, sondern bis richtigen Entscheidungen zu? Lässt sich weniger problematisch empfunden wer- hin­unter zur Einzelpflanze. Aber kaum die künftig in Aussicht gestellte und poli- den als die von Frost und besonders Nie- jemand weist auf einen großen blinden tisch womöglich geforderte Präzision mit derschlag. Viele Praktiker wissen, dass es Fleck dieses Hypes hin: die derzeit noch dem heute gängigen Instrumentarium um- selbst nach einer entsprechenden Prog- völlig unzureichende Einbeziehung des setzen? In größeren Betrieben kommt als nose vor allem in der Nachbargemarkung Wetters. Denn man kann so präzise sprit- weitere Anforderung an die Wettervor- regnet und nicht bei einem selbst. Das be- zen und düngen, wie man will: Entschei- hersage die Organisation hinzu: Ist ei- trifft die Mittelgebirge eher als das Flach- dend für die Wirkung eines Pflanzen- ne termingerechte Arbeitserledigung im land. Auch Windvorhersagen sind wegen schutz- oder Düngemittels ist nun mal das Hinblick auf notwendige Bodenfeuchte des »Tunneleffektes« von Höhenzügen ei- Wasser, sei es in Form von Niederschlag (Feldaufgang, Herbizide) oder Befahrbar- gentlich nur im Flachland aussagekräftig. nach der Düngung oder Boden- bzw. keit überhaupt möglich? Die DLG-Mitteilungen haben sich Ende

20 DLG-Mitteilungen Sonderheft 2019 zusammen mit Landwirten, Beratern el und Wetterexperten sowie der Vereinigten landpix

Hagelversicherung in Form eines Work- to: Fo shops damit beschäftigt.

Die Realität in vielen Betrieben ist bis heute das sehr weiträumige Messnetz des Deutschen Wetterdienstes zusammen mit Vorhersagen von Portalen wie »Wet- terOnline«. Zieht ein Landwirt vor dem Zur richtigen Zeit Kauf eines Schleppers die verfügbaren behandeln und die Testberichte zurate oder vergleicht er pe- Wetterdaten auch nibel die Wirkungen von Pflanzenschutz- dokumentieren – mitteln anhand der umfangreichen Tabel- das fällt mit einer len der Beratung, so verlässt er sich beim automatischen Aufzeichnung Wetter oft auf Informationen, die kaum je- leichter. mals überprüft oder auch nur hinterfragt werden. Das ist kein Vorwurf: Um alles kann man sich nicht kümmern, und man kommt – gefühlt – mit den vorhandenen GFS sei, so der Wetter-Unternehmer aus auf unserer Veranstaltung. Solche Mittel- Informationen gut zurecht. Auch über Pre- der Schweiz, das »schlechteste aller Mo- frist-Vorhersagen finden sich zwar auch cision farming wird ja mehr geredet, als es delle«. Oft und gern genutzt werde es nur, bei ihm. Aber immerhin stellt er auf seiner tatsächlich in der Praxis zu finden ist. weil es bis heute fast das einzige frei ver- Website die enorme Unsicherheit der Vor- fügbare (kostenlose) Modell sei. Und weil hersagen dar, die über drei, vier Tage hin- Die Frage des Messnetzes ... Den meis- es, lässt sich ergänzen, auf vielen Smart- ausgehen. Meteorologen ziehen an dieser ten Prognosen im Netz (aber auch z. B. der phones vorinstalliert ist. Ein weiteres die- Stelle eine Grenze zwischen »Prognose« von vielen Landwirten geschätzten Bayer- ser Globalmodelle ist das europäische und »Trend« und weisen darauf hin, dass App) liegt das GFS-Modell des US-Wet- ECMWF mit 9 x 9 km Auflösung. eine Wettervorhersage kein Versprechen terdienstes zugrunde. Das Messraster die- Der Deutsche Wetterdienst nutzt das Mo- sei. ses »Global Forecast System« beträgt 28 dell ICON. Das gibt es aber nicht um- x 28 km. »Damit weiß es noch nicht mal, sonst. Seine Auflösung von bis zu 2 x 2 ... und der Wettermodelle. Jörg Kachel- wo Berg und Tal ist«, sagt Jörg Kachel- km (in Deutschland) markiert schon den mann neigt gelegentlich zu Überschwang, mann, der »Stargast« unseres Workshops. Übergang zu den Lokalmodellen, wie und so bleiben seine Aussagen unter Ex- dem von Kachelmann unter anderem ge- perten nicht immer unwidersprochen. Re- nutzten »SwissHD«-Modell. Dieses bringt cherchiert man ein wenig weiter (ohne eine Auflösung von 1 x 1 km und dem- als Nicht-Meteorologe wirklich mitreden nächst für besondere Anwendungen (et- zu können), so ergeben sich ein paar Ein- wa Weinbau in Steillagen) 100 x 100 m, drücke: Kein Wettermodell ist die »Eier Eine zuverlässige berechnet aber nur drei Tage im Voraus. legende Wollmilchsau«. Auch eine hohe kleinräumige Scheinpräzise 15-Tage-Vorhersagen sei- Auflösung muss nicht die beste Vorhersa- Wettervorhersage ist der Wunsch vieler Landwirte. en besonderer Unsinn, sagte Kachelmann ge bedeuten. Das GFS-Modell scheint bei stärkeren Niederschlägen (Schauer/Ge- witter) nicht ganz schlecht zu sein, aber die Scheinpräzision, die viele Wetter-Apps vermitteln, ist tatsächlich einfach Unfug. Niederschlag ist sowieso die schwierigste Aufgabe. Wenn ein kleinräumiges Modell zwar die richtige Menge berechnet, aber für den falschen Ort, dann hat der Nutzer auch nichts davon. Ein »Globalmodell« würde vielleicht etwas weniger Nieder- schlag für beide Orte vorhersagen.

An zwei Punkten sind sich die Wetter- Fachleute einig: Gute Vorhersagen kosten Geld, und auf Tagesebene sind die Prog- nosen ganz brauchbar. Wenn Meteorolo- gen aber dann empfehlen, angesichts der insgesamt unbefriedigenden Situation die el »Lokalerfahrung« zu nutzen, reiben sich landpix to:

Fo DLG-Mitteilungen Sonderheft 21 WORKSHOP utt R to: Fo

Jörg Kachelmann in seinem Element: beim Workshop der DLG-Mitteilungen und der Vereinigten Hagel.

Landwirte die Augen und fragen sich, des Schlages hinunter hinzubekommen? Aber fragen Sie nach dem Modell, das die- was sie denn heute besser können als ih- Landwirte werden derzeit von mehreren ser zugrunde liegt! Einige Anbieter kaufen re Großväter. Seiten motiviert, an solchen Projekten teil- Prognosemodelle einfach zu. Wie bei den zunehmen. So will die Vereinigte Hagel Wetter-Apps gibt es auch hier »Lösun- Die eigene Wetterstation. Man kann langfristig in jeder politischen Gemein- gen«, die im Zweifelsfall eine Scheinsi- täglich den Regenmesser ausleeren und de Deutschlands und nach vorgegebenen cherheit vermitteln. Es ist nicht trivial, pas- die Daten in eine Kladde eintragen – aber Kriterien eine Station installiert haben, um sende Algorithmen zu schreiben, aber die es ist bequemer, diese von einer elektro- in Zusammenarbeit mit Jörg Kachelmann Versuchung für den Landwirt ist groß, die- nischen Wetterstation aufgezeichnet zu »verlässliche und verwertbare« Daten zu ser Blackbox unhinterfragt zu vertrauen. bekommen. Doch selbst wenn sich die- generieren. Dazu müssen die Stationen In allen Lebensbereichen ist »Komplexre- se teilweise recht günstigen Geräte wei- exakt nach vorgegebenen Kriterien aufge- duktion« gefragt – aber man sollte schon ter durchsetzen, bleibt die wissen, wie hoch der Preis dafür ist. Land- Gretchenfrage der Präzisions- wirte sollten den Anspruch haben, ihre in- landwirtschaft: Die Daten hab’ Vieles ist denkbar, aber dividuellen Wetterdaten so aufbereitet zu ich, aber was mache ich damit? bekommen, dass sie für individuelle Pro- Langsam, aber sicher entsteht etliche Fragen sind heute gnosen nutzbar sind – eventuell auch in dann auf vielen Betrieben ein Kooperation mit Nachbarn. Datenfriedhof, wie man ihn von noch offen. der Ertragskartierung des Mäh- Noch Zukunftsmusik: die zentrale dreschers schon kennt. Dabei Plattform. Am schönsten wäre natürlich lassen sich solche lokal erfassten Wetter- stellt und auch regelmäßig überprüft wer- eine Plattform, in die möglichst viele Da- daten auf zweierlei Weise nutzen: als Bei- den. Anfang Februar 2020 standen über ten aus Schlagkarteien und Wetterstatio- trag für eine bessere Wettervorhersage so- 350 Stationen auf Feldern. Der Hagelver- nen einfließen und anhand des aktuellen wie als Grundlage von Prognosemodellen sicherung geht es dabei sicherlich auch Zustandes der Kulturen zu Empfehlungen für Beregnung, Pflanzenschutz und vieles um eine präzisere Schadensregulierung. verarbeitet werden. Die rheinland-pfälzi- mehr. sche GeoBox als Prototyp einer digitalen Pflanzenbauliche Modelle. Das zwei- Datendrehscheibe ist vielleicht ein Mus- Prognosen bis zum Schlag herunter. te Versprechen der eigenen Wetterstati- ter dafür. Dort gibt es z. B. ein Projekt, das Es müsste doch möglich sein, mit einem on, pflanzenbauliche Modelle zu liefern, aus verschiedenen Quellen (Wetterdaten, dichten Netz kleinräumig erfasster Wet- steckt ebenfalls noch in den Kinderschu- Fern­erkundung) regional den Bodenfeuch- terdaten als Ergänzung großräumiger Pro- hen. Zwar versprechen Wetterstationen tezustand mit dem Ziel erfasst, Gülle bes- gnosen gute Vorhersagen bis auf die Ebene z. B. die Prognose von Pilzkrankheiten. ser überbetrieblich ausbringen zu können.

22 DLG-Mitteilungen Sonderheft Aber so groß die Chancen, so vielfältig Was Landwirte sagen. Um zum Schluss • Die Datenerhebung funktioniert, aber sind auch die offenen Fragen: wieder auf die Erde zu kommen: Manch- die Datennutzung muss besser werden. • Wie kommt so ein Portal an die Daten mal tun es auch kleinere Brötchen. Ein • Was habe ich eigentlich davon, wenn der Landwirte, wie steht es mit der Daten- paar Bemerkungen der Landwirte aus un- ich einem Unternehmen Wetterdaten zur sicherheit? serem Workshop zeigen, dass es hier kein Verfügung stelle? • Wie geht man mit Datenlöchern um, wie einheitliches Fazit gibt, dafür aber viel Stoff • Wie gelingt es am besten, die digitalen müssen die Schnittstellen aussehen? zum Weiterdiskutieren: Lösungen mit der eigenen Kompetenz op- • Wie zuverlässig sind von Landwirten • Wir brauchen eine zuverlässigere klein- timal zu verknüpfen? Sind sie eine echte erhobene Daten (Messstationen müssen räumige Wettervorhersage. Entscheidungshilfe oder eher eine Ergän- auch gepflegt werden)? • Wir realisieren manchmal gar nicht, un- zung oder Bestätigung des Bauchgefühls? • Wie schlägt man die Brücke zwischen ter welcher Unsicherheit wir eigentlich • Der Fokus muss auf der praktischen An- »offiziellen« und »privaten« Daten? Entscheidungen treffen. wendung liegen und nicht auf irgendwel- • Und welche juristische Sicherheit bieten • Als »Gegengift« zum Digital-Hype soll- chen staatlichen Zielen: Eigentlich wollen die Prognosen? te man öfter mal den Spaten in die Hand viele Landwirte vor dem Spritzen nur zu- Die vielen unterschiedlichen Angebote, nehmen. verlässig den Wind messen, um bei Cross die ja derzeit vielfach Marketing-gesteuert • Neben den pflanzenbaulichen Maßnah- Compliance oder Beschwerden auf der si- und deshalb eher als Insellösung angelegt men spielt in Bezug auf die Wettervorher- cheren Seite zu sein ... sind, sinnvoll zu integrieren, ist ebenfalls sage die Arbeitsorganisation eine wichti- keine ganz kleine Herausforderung. ge Rolle. Thomas Preuße

Ein deutschlandweites Messnetz

Das deutschlandweit dichtes- rer ­Stationen aus der sogenannten denfrost verlässlich messen kann. te Netz von Wetterstationen soll es ­»Wettercommunity« abrufen und Ist er dauernd mit Gras zugewach- werden. Was macht die Vereinigte eine spezielle Agrarwetterprognose sen, entstehen zu hohe Werte. Wich- Hagel anders? Fragen an deren Vor- nutzen. Künftig soll mittels bestehen- tig ist auch, den Regenmesser sauber stände Dr. Rainer Langner und Tho- der Prognosemodelle eine schlagge- zu halten. Da muss man wöchent- mas Gehrke sowie Jörg Kachelmann. naue präzise Wettervorhersage mög- lich mal mit einem Lappen dran, lich sein. Ergänzt wird sie durch für sonst bekommen Sie und wir keine Wie ist die Idee entstanden, ein flä- die Landwirtschaft relevante Detail- exakten Daten mehr. Dieser Auf- chendeckendes Netz von Wettersta- informationen. wand ist sicherlich nicht groß, man tionen zu etablieren? muss aber regelmäßig daran denken. Langner: Der Ausgangspunkt war Was muss ich dafür tun, und wie Die Preise sind in den letzten Jah- eigentlich die Beobachtung unserer teuer wird das? ren enorm gefallen. Je nach Modell Hagelschätzer, dass viele Schadens- Kachelmann: Der 5 cm-Bodenfüh- müssen Sie mit zwischen 600 und meldungen mit den üblichen Daten ler muss frei sein, damit er z. B. Bo- 2000 € rechnen. des Deutschen Wetterdienstes nicht übereinstimmen. Den großen Vorteil werden aber die Landwirte haben.

Wie wollen Sie das erreichen? te Hagel einig

Gehrke: Mit 300 Stationen haben er V

wir im vorigen Herbst die Pilotpha- to: Fo se abgeschlossen. Langfristiges Ziel ist, in jeder politischen Gemeinde Deutschlands mindestens eine Wet- terstation zu haben, die nach exakt vorgegebenen Kriterien aufgestellt wird und verlässliche sowie verwert- bare Daten liefert. Über den Start von »meteosol« freuen Und was bringt es dem Landwirt? sich (von links) Gehrke: Schon heute können Thomas Gehrke, die Betreiber der ersten Stationen Jörg Kachelmann via App die Daten nicht nur ih- und Dr. Rainer rer eigenen, sondern auch weite- Langner.

DLG-Mitteilungen Sonderheft 23 Schlaggenaue Wetterinformationen

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