Untervazer Burgenverein

Texte zur Dorfgeschichte

von Untervaz

1964

Die Gemeinde Mastrils

Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini. - 2 -

1964 Die Gemeinde Mastrils Joh. Ulrich Meng in: Neue Bündner Zeitung vom 28. August 1964. Seite 12-13.

Das Landschaftsbild Mastrils ist mit Ausnahme von Says die einzige Berggemeinde im Churer Rheintal. Seine Fläche deckt den steil ansteigenden Hang vom Rheinufer bis zur Gratlinie des auslaufenden . Das ganze Gemeindegebiet bildet, geographisch gesehen, eine geschlossene Einheit. Diese wird im Osten durch den Rhein, im Süden gegen Untervaz durch einen künstlichen Grenzverlauf gebildet. Er läuft senkrecht zur Fallinie des Hanges über die Lokalitäten Loch, Ragalla, an der Alpweide Maröli vorbei über den Hirzenboden zum Zweierspitz. Im Westen folgt die Grenze dem Berggrat über Bärafalla, Chemi zum Pizalun, um dann gegen Norden hin dem Spigeregg zu folgen und am Schnetzer vorbei im Ifang am Rheinwuhr zu enden.

Das Mastrilser Gemeindegebiet bedeckt eine Fläche von 8,0 km2 Es präsentiert sich aus dem Tal oder von den gegenüberliegenden Berghängen betrachtet als ein vollständig überwachsenes Gelände ohne grössere, eingeschnittene Runsen oder hervortretende Felspartien. Es ist deshalb verständlich, dass am Mastrilser Berg der unproduktive Boden im Vergleich zu den andern Kreisgemeinden sehr gering ist. Die nach Osten geneigte Hanglage mit langer Sonnen- bestrahlung begünstigt das Wachstum in hohem Masse.

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Photo-Heck, Landquart

Während im Wohnsiedlungsgebiet vom Rhein bis auf 700 m und höher Obstbäume der verschiedensten Sorten, so auch der Nussbaum, an geschützten Stellen sogar die Edelkastanie, gedeihen, war in frühern Jahrhunderten auch der Rebbau verbreitet.

So meldet Carl Ulysses v. Salis-Marschlins in seiner Topographie über das Gebiet der Fünf Dörfer um 1803 für Mastrils einen Ernteertrag von 72 hl Wein. Dieser entsprach einem Rebareal von 35 Aren. Um 1855 betrug das dortige mit Reben bepflanzte Gebiet noch 190 Aren, um dann Anno 1894 auf 35 Aren zu sinken. Zwanzig Jahre später hatte man den Rebbau jedenfalls zufolge der geringen Erträgnisse vollständig aufgegeben.

Während der Ackerbau stark in den Hintergrund tritt, dominiert der Wiesbau in allen Höhenlagen. Das Mastrilser Landschaftsbild ist vielgestaltig. Es zeichnet sich besonders im fortgeschrittenen Herbst, wenn die Wälder in ihrer bunten Farbenpracht leuchten, als liebliches, freundliches Bergland ab. Als geschlossener Mantel bedeckt der Hochwald die höhern Lagen, da -und dort unterbrochen von Lichtungen die als Weiden, Stallgüter und Maiensässe für die Viehhaltung unentbehrlich sind. - 4 -

Am Mastrilser Berg ist keine geschlossene Dorfsiedlung zu erkennen. Die Wohnstätten der Menschen liegen zerstreut auf dem ganzen untern und mittleren Berghang verteilt. Nicht weniger als 20 Einzelhofgruppen und 2 Einzelhöfe können heute noch fest gestellt werden, wenn einzelne davon den Charakter der Dauersiedlung mit demjenigen der Stallgüter und Maiensässe auch vertauscht haben. Nur in der Nähe der beiden Kirchen haben sich im Laufe der Zeit dorfsiedlungsartige Verhältnisse gebildet.

Sämtliche Gebäude aus älterer Zeit sind zur Hauptsache aus Holz, dem natürlichen und nächsten Baumaterial errichtet worden. Nur das Erdgeschoss der Wohnhäuser und der bergwärts liegende Küchentrakt bestehen aus Mauerwerk. Erst in neuerer Zeit und nach dem Bau der Verbindungsstrasse werden zeitgemässe Baumaterialien verwendet.

Orts- und Flurnamen Das Rätische Namenbuch der HH. Dr. Rob. von Planta und Dr. Andr. Schorta führt für Mastrils 250 Orts- und Flurnamen an. Davon verraten 34 deutlich romanischen Ursprung. Diese Benennungen mögen hier besonders hervorgehoben werden, da sie gewisse Rückschlüsse auf die älteste Besiedlung gestatten: Es sind dies: Balaböf, Calanda, Dalavo, Fära, Faglattia, Frättis, Frettis, Jerätsch, Isla, Lumen, Marola, Maröli, Munt, Pizilun, Plamiops, Planderleina, Platta, Plattaris, Prafieb, Pramadüra, Pramitun, Präschenal, Pravisaschga, Punt, Ragal, Prafadära, Quarten, Tarsieren, Trätsch, Valzauda aus Valzorda, Vajuoza. In diesem Zusammenhang verdienen einige der angeführten Namen besondere Berücksichtigung. Der heutige Dorfname Mastrils tritt in dieser Form erst um 1564 vereinzelt auf. Verschiedene Schreibformen wie Bastrils, Puntstriis. Punstrils werden schon um 1345/58 angeführt. In allen diesen verschiedenen Formen erkennt man als romanischen Stamm die Endung Streglia, was zu deutsch Striegel bedeutet. In der Mastrilser Flur gab es urkundlich eine Flur Muntstrils, woraus sich dann über die genannten Formen Mastrils entwickelt hat. Bei Obermastrils muss sich aus romanischer Zeit ein Bauerngut, eine Mayerei, die im Flurnamen Marola erkennbar ist, befunden haben. Bedeutende romanische Gutshöfe trugen auch den Namen Villa. Im Jahr 1394 wird der doppelte, burgähnliche Felsklotz, der den nordwärts verlaufenden Berggrat an seinem Ende krönt, noch Piz Vilon, - 5 - später Pizlaun (Mayerhofspitz), - frei über setzt Dorfberg - wie jener über Malans und Seewis genannt. Das gesamte romanische Flurnamengut von Mastrils verrät, wenn auch gar manche Benennungen heute nach ihrer ursprünglichen Form nicht gedeutet werden können, die Tatsache, dass der ganze Berghang einst von romanischer Bevölkerung besiedelt war. Die stark vertretenen Pra-Namen (pra = Wiese) weisen darauf hin, dass das Wiesland über den gesamten Berg verteilt lag. Umgekehrt beweisen die zahlreichen deutschen Flurnamen, dass gar manche Lokalitäten erst nach der Germanisierung entstanden sind.

Die Freien Walser am Mastrilser Berg Der angedeutete Sprachenwechsel erfolgte im Churer Rheintal im 14. und 15. Jahrhundert, und zwar nicht in allen Ortschaften zu gleicher Zeit. Die Dörfer längs der grossen Verkehrsader aus dem Süddeutschen Raum nach Chur und über die Alpen wurden von dem Wechsel in der Verkehrssprache früher erfasst als die abgelegenen Siedlungen. Am Mastrilser Berg hatte die Zuwanderung von «den herkommend Lüth, die fry oder Walser sind» entschieden ihren Anteil am Sprachenwechsel. Einige heute noch dort vorkommenden Familiennamen lassen unschwer ihre Herkunft aus bestehenden Walser- kolonien erkennen. Wir denken dabei besonders an die Danuser, ab Danusa am Furner Berg, Die Gadentz, Gadient aus Gadenz, die Winkler, die Flütsch, die Gantner, die Bandli und Bäder, welche alle Prättigauer in Walsergebieten auftreten. Alle diese Genannten werden in den Mastrilser Urkunden um 1500 bis 1550 angeführt. Sie treten als Genossenschafter an der Kuhalp am Calanda auf. Es ist unschwer zu erraten, dass sich die neu zugezogenen Kolonisten in ihrer neuen Heimat bald heimisch fühlten und dass sie ihr Kolonisationswerk nach Walserart mit Feuer, Axt und Reuthacke in den geschlossenen Bergwäldern aufnahmen und neue Heimstätten und Weideplätze für ihr Gross- und Kleinvieh schufen. So entstanden dann die 20 deutschen Flurnamen, die in ihrer Form und Gestaltung die walserische Namengebung deutlich zum Ausdruck bringen. Als Belege hiefür nennen wir einige wenige: Abatweid, Balma, Bärafalla, Birchatrögli, Chilchabühel, Fuksahalda, Hennaboda, Tütana, Schlüchli, Stockrüti, Tanzboda, Suregg, Tüchla, Wolfwinkel und viele andere mehr. - 6 -

Dass die Walser am «Strilser Berg» sich von den Lehenszinsen und Abgaben gegenüber ihren Grundherren, der Abtei Pfäfers, dem Bistum Chur, der Herrschaft im Schloss Marschlins loszukaufen bestrebt waren, berichten verschiedene Urkunden. Auch hier zeigte sich das Streben der Walser, sich von Zinsen und Auflagen frei zu machen, um auf ihren Höfen frei nach überkommender Art ihr Leben zu fristen.

Mastrils und Obwohl die Bewohner von Mastrils eigene Alpen, Weiden und Wälder hatten, mit ihren Lehnherren Verträge abschlossen, sich später auch von jenen ohne fremde Hilfe loskauften, waren sie doch keine selbständige Gemeinde mit eigenen Statuten und Rechtsame. Sie bildeten lediglich eine Fraktion, eine Nachbarschaft zu der grossen Gemeinde Zizers über dem Rhein. Dieses Zugehörigkeitsverhältnis dauerte mindestens 50 Jahre. Auch kirchlich gehörte der «Berg» zu seiner Muttergemeinde. Wollten seine Gläubigen zur Kirche, so hatten sie einen zwei- und mehrstündigen Weg von den Höfen herunter über Padnal, Halbmil, oder vom Hof zum Loch über Friewies quer durch das Vazer Feld zur Plätzlibrugg, die unterhalb des Dorfes Zizers in der Nähe des heutigen SBB-Bahnhofes über den Rhein führte, zu wandern. Manchmal kam es vor, dass dieser Übergang von einer «Wassergüssi» zerstört oder zum mindesten beschädigt worden war, dann mussten die Kirchenbesucher am linken Rheinufer hinauf bis oberhalb der Neuenburg einen Umweg machen, um schliesslich über die dortige Jochbrücke an das jenseitige Ufer und endlich nach Zizers zu gelangen. Aber auch den Stimmberechtigten, die an der Lands- gemeinde bei der Kleinen Rüfe unterhalb Trimmis oder beim «Bild» am Dorfende von Zizers teilnehmen mussten, blieb dieser Marsch nicht erspart. Nicht besser waren auch die Abgeordneten dran, die im Rat oder Gericht ihre Pflichten zu erfüllen hatten. Erst von 1529 an wurde es mit der Wegverbindung, wie wir noch hören werden, um vieles besser.

Die durch die natürliche Trennung benachteiligte Einheit der Gesamtgemeinde Zizers fiel bei beiden Teilen nicht allzusehr ins Gewicht. Dies kommt besonders in dem andauernden Streit zwischen Mastrils und Untervaz um die Teilung und den Besitz der Kuhalp am Calanda drastisch zum Ausdruck. - 7 -

Obwohl dieser Span von 1501 bis 1613 die Parteien vor sämtliche richterliche Instanzen des Hochgerichtes, vor das gewöhnliche Appellationsgericht, vor ein eingesetztes Schiedsgericht und schliesslich vor die Appellationsbehörde des Gotteshausbundes führte und obwohl der Rechtsstreit in 13 Urkunden seinen Niederschlag fand, hatte die Muttergemeinde in einem einzigen Fall, und dies in auffallender Kürze, zum Streit Stellung genommen. Nach Urkunde 25 des Mastrilser Archivs lautet die bezügliche Intervention: Gemeindemehren von Zizers betreffend den Anstand zwischen Mastrilserberg und Untervaz und betreffend Stellung zu den bestehenden Freiheiten und Gerechtigkeiten. ad. 1.) Es wurde beschlossen, unparteiische Appellaz-Herren vorzuschlagen, die dann endgültig urteilen, ob es den «Vatzern» beliebe oder nicht. ad. 2) Diejenigen, welche nicht bei den verschriebenen Freiheiten und Gerechtigkeiten verbleiben wollen, sollen abgestraft werden. (Dabei handelte es sich offenbar um einen Landesbeschluss der 1V Dörfer.)

Aus verschiedenen Hinweisen geht hervor, dass die vom «Berg» in ökonomischen Fragen von der Muttergemeinde recht unabhängig waren. So erfolgte der Loskauf Mastrils 1577 von den bischöflichen Rechten auf die Kuhalp am Calanda zusammen mit Untervaz für 3'000 rheinische Gulden ohne das geringste Zutun der Muttergemeinde. - 8 -

Beide Gemeindeteile, Zizers und Mastrils, führten eigene Rechnung. Beide Teile verpflichteten sich 1692 auf Grund eines Entscheides des Bundestages, alle zwei Jahre miteinander abzurechnen und die jeweiligen Saldi auszurichten. Nach einem Hochgerichtsurteil aus dem gleichen Jahre wurden auch die Taxen für die sogenannten Hausrechte zwischen Zizers-Dorf und -Berg festgelegt. Wollte ein Mastrilser in Zizers Gemeindsmann (Bürger) werden, hatte er eine Summe von 200 Gulden (1600 Franken) zu entrichten. Für den umgekehrten Fall hatte aber ein Zizerser Bürger für die Mastrilser Hausrechte bloss 100 Gulden zu zahlen. Die Einnahmen aus Jahrgeldern, Verkauf von Bundesämtern, kamen nach einem bestimmten Anteilschlüssel, wie erwähnt, alle zwei Jahre zur Abrechnung und Auszahlung. So hatte 1708 Zizers der Nachbarschaft Berg aus einem solchen Titel 264 Gulden zu entrichten. Nach einem Abkommen aus dem Jahr 1517 hatte Mastrils in Notzeiten an Zizers Holz abzugeben. Ein solcher Fall trat ein, als 1770 Zizers von einem Grossbrand betroffen wurde. Aus diesen und ähnlichen gegenseitigen Verpflichtungen entstanden zwischen den beiden Gemeindeteilen immer wieder Reibungsflächen und Anstände, so dass Mastrils die Gelegenheit bei der Umwandlung der Hochgerichte in Kreise benützte, sich endgültig von der Muttergemeinde zu trennen. Diese Lösung erfolgte dann auf politischem Gebiet im Jahr 1854.

Kirchlich hatten sich die Bewohner am «Berg» schon früher selbständig gemacht. Die junge reformierte Gemeinde hatte in den Jahren 1613-1614 unten am Berg über der Tardisbruck ein kleines Gotteshaus erbaut. In den darauf folgenden Bündner Wirren, als die Prädikanten vor den Österreichern unter Baldiron und Graf Sulz das Land verlassen mussten, ging das Kirchlein an die Katholiken über und wurde der Maria vom Siege geweiht. Zwanzig Jahre später, gegen Ende der kriegerischen Zeitläufe, kam das Gotteshaus an die Reformierten zurück. Diese lösten sich im Jahre 1840 von der Mutterkirche zu Zizers. Die Katholiken am «Berg» erbauten in den Jahren 1686/88 eine eigene Kirche und weihten das Gotteshaus dem hl. Antonius von Padua. Es steht am Rande einer Siedlungsgruppe auf sonnigem Berghügel und leuchtet in seinem hellen Gewand als das personifizierte Volkslied «Droben stehet die Kapelle, schauet in das Tal hinab». Die Mastrilser St. Antoniuskirche ist zum Wallfahrtsort geworden und wird dauernd von vielen Pilgern besucht. Die katholische Gemeinde löste sich schon 1727 von St. Peter zu Zizers. - 9 -

Die Tardisbruck Es wurde weiter oben schon darauf hingewiesen, wie gross der Umweg der Mastrilser von ihrem Berg aus hinüber in ihre Muttergemeinde war, während die Luftlinie kaum mehr als 2 km ausmacht. Es ist deshalb begreiflich, dass sie glücklich und froh wurden, als im Jahre 1529 ein neuer Rheinübergang gleich zu ihren Füssen geschaffen wurde. Wenn drei Bünde des Freistaates Alt fry Rätien im Jahre 1529 sich entschlossen, den Auftrag zu einem Brückenbau zu erteilen, so taten sie es nicht allein der «Pustrilser Bergleute» wegen. Sie wollten verhindern, dass ihnen inskünftig, wie das während dem ganzen 15. Jahrhundert immer wieder der Fall war, unzählige Transporte von Ragaz durch das Taminatal und über den Kunkelspass, den fiskalischen Einkünften und dem Zoll des Bistums Chur verloren gingen. Von diesen Erwägungen geleitet, erteilten sie dem Ragazer Bürger Metardus Heinzenberger die Bewilligung, auf seine Kosten, wenige hundert Klafter unterhalb der Landquartmündung eine Brücke über den Rhein zu schlagen. Als Gegenleistung wurde dem Erbauer das Recht eingeräumt, für sämtliche passierenden Waren, Personen und lebenden Tieren einen Brückenzoll zu erheben. Die Bünde zahlten dem Erbauer zusätzlich noch einen Beitrag von 100 rheinischen Gulden. , auf dessen Boden das rechtsufrige Brückenende zu stehen kam, erkaufte sich seine Zollfreiheit, indem es 300 Goldkronen (2400 Franken) Beitrag zahlte. Die Gemeinde «Bastrils» hatte zum Bau und später jährlich 20 Tagwen (Tagleistungen) und ein bestimmtes Mass an Bauholz zur Verfügung zu stellen. Damit erwarb es sich die freie Benützung des Überganges für alle Zeiten. Das war für die Gemeinde im Hinblick auf die bessere Verbindung zu «Kirche und Rath» von grosser Wichtigkeit.

Auf einem zeitgenössischen Bild, das das nach dem Begründer und Ersteller Tardis ausgeführte Bauwerk darstellt, erkennt man deutlich die gesamte Anlage. Sie ruht auf 7-8 Jöchern, war ungedeckt, aber mit einfachem Geländer versehen. Der linksseitige Brückenkopf bildete einen durch Wall, Graben und Palisadenwerk umgebenen Hof. Über eine Fall- oder Zugbrücke mit Schlagbaum erreichte man den Hofraum. Dieser war mit einem Zollhaus, Susten, hallenartigen Abstellräumen und Stallungen überhaut. - 10 -

Die ganze Anlage bildete nebst Zollstation eine einträgliche Raststätte. Dem Besitzer war das Recht eingeräumt worden, darin eine Wirtschaft zu führen.

Im Jahre 1552 hatte eine sogenannte «Wassergüsse». wie man ein Hochwasser nannte, das Bauwerk stark beschädigt, zum Teil weggerissen und unbrauchbar gemacht. Der Schwiegersohn des Erbauers, Samuel Gantner, gelangte im Hinblick auf das zerstörte Brückenwerk mit einem Gesuch an den Bundestag, dieser möchte sein Recht auf die Brücke schützen und Maienfeld sowie Mastrils veranlassen, ihre früher eingegangenen Verpflichtungen zum Bau und den Unterhalt derselben zu erfüllen. So wurde die Tardisbruck wieder in Stand gestellt. Sie ging auf dem Erbweg an den spätem Podestat Burgauer von Maienfeld und dessen Familie über. Im Jahr 1612 wurde das Bauwerk wieder durch Hochwasser zerstört. Burgauer verzichtete auf die Wiedererstellung. So kam es, dass die Drei Bünde sich im allgemeinen Interesse um einen neuen Bauherrn und Zoller umsehen mussten. Sie fanden in der Gemeinde Malans einen solchen. Diese erwarb daraufhin den ganzen frühern zur Tardisbruck gehörenden Grundbesitz mit sämtlichen Rechten. Malans scheint dann mit seiner Brücke mehr Glück gehabt zu haben. Auf alle Fälle blieb die untere Zollbruck genau 20 Jahre in ihrem Besitz. Sie liess das Unternehmen jeweils durch einen Zoller verwalten. Im Jahre 1858, den 29. Juni, ging die Tardisbruck mit allem Drum und Dran für 18'000 Franken an Nationalrat A. v. Planta Samaden über. Im Jahr 1891 hatte ein Hochwasser das damalige Werk erstört, worauf im folgenden Jahr die noch heute dem Verkehr dienende Eisenkonstruktion durch den Kanton erstellt wurde. Maienfeld und Mastrils kauften sich von ihren drei Jahrhunderte dauernden Verpflichtungen mit einer Summe von je 10'000 Franken los. Noch erkennt man bei niederem Wasserstand auf der linken Flussseite die Überreste der letzten Holzbrücke, die in Gestalt von abgebrochenen Jochstelzen im Flussbett stecken und als letzte Resten eines stattlichen und soliden Bauwerkes allen Wogen und Wellen des Rheines standgehalten haben als mahnendes Mal an jenen unternehmenden Mann, dessen Namen sie auch in anderem Gewand und Material beibehalten, so wird die Tardisbrücke immer bleiben. - 11 -

Wege und Wegverhältnisse Wer eine genaue Siegfriedkarte vor sich ausbreitet, erkennt auf dem Gebiet von Mastrils ein engmaschiges Netz haardünner schwarzer ausgezogener und gestrichelter Linien. Sie streben bald gradaus, bald in zahlreichen Kehren und Windungen bergwärts und verbinden vielfach auch die einsamen Höfe unter sich. Manche laufen waagrecht zum Hang, andere schräg, scheinbar ohne System, und doch führen alle an ein bestimmtes Ziel, das wohl nur dem Einheimischen vertraut ist. Eine für ganz Mastrils bedeutsame Route läuft über der Hangmitte in westlicher Richtung. Es ist der Alpweg, in den beim Tanzboden eine andere einmündet. Es ist zwar ein Weg nur in beschränktem Sinn. Der Vieh-Traija verläuft seit alters her über Brida, quer durch die Vazer Berggüter Bazigg, Scharina, durch den Bannwald und über die Spiniser Egg hinauf zur langumstrittenen Kuhalp. In früherer Zeit, als noch kein Fahrweg von Untervaz aus in die Calandaalp hinaufführte, mussten die Mastrilser Viehbesitzer auch ihr Mulchen auf dem beschwerlichen Weg heimwärts befördern, wozu ein verbrieftes Recht laut Urkunde Nr. 21 bestund.

Viel älter als alle diese Wege und Weglein dürfte aber jene Route gewesen sein, die, wie Prof. J. C. Muoth in seinem Buch über die bündnerischen Ortsnamen geltend macht, nach Überschreitung des Rheins im Raume Trimmis-Untervaz durch eine Furt über die Höfe Halbmil, Padnal (eine vorrömische Siedlung) an Jerätsch vorbei durch den Fürggli Sattel ins Sanct Margretentäli und von dort über Pfäfers zur «Porta romana» (römische Pforte) nach Ragaz führte. Der Strassen- und Wegbau, der Mastrils erst anfangs dieses Jahrhunderts einen mit Wagen fahrbaren Anschluss an die Aussenwelt ermöglichte, war für seine wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung von ausschlaggebender Bedeutung. Waren ehedem Räf, Heuseil, Schlitten und Schleipfe bei der steilen und mühsamen Wegsame die häufigsten und geeignetsten Transportmittel, traten nun an deren Stelle das Radfahrzeug. Und heute hat der Benzinmotor als Transport- und Arbeitsmaschine bis in die obern Berglagen hinauf das Feld erobert. Die verbesserten Zufahrts- und Güterwege sind mitbestimmend geworden für Landwirtschaft, Gewerbe und Berufsleute, die auswärts der Gemeinde Arbeit nehmen und Verdienst finden. - 12 -

Die zahlreichen und verschiedenartigen Gewerbe- und Industriebetriebe im benachbarten Landquart als Arbeitgeber sind dazu geeignet, auch für Mastrils besonders im landwirtschaftlichen Sektor neue Verhältnisse zu schaffen. Aus den angeschlossenen statistischen Zahlen werden gewisse angedeutete Veränderungen bereits ersichtlich.

Der Wald Wie die meisten Bündner Gemeinden, besitzt auch Mastrils ein, im Verhältnis zur Gesamtfläche, bedeutendes Waldareal. Wie oben schon erwähnt wurde, misst das Gemeindegebiet 8 km2 also 800 ha. Hievon sind mit Gemeindewald 376 ha bedeckt. Dazu kommen noch 68 ha Privatwald, also total 444 ha Waldbestand. Zufolge des grossen Windschadens vom Dezember 1954, der 16'700 m Windwurf ergab, musste der jährliche Hiebsatz von 1100 fm auf 90 fm herabgesetzt werden. Gegenwärtig ist die Wiederaufforstung auf einer Fläche von 47 ha mit einem Kostenaufwand von 30'000 Franken im Gange. Diese umfasst an Laub- und Nadelholz-Bäumen 187'710 Stück.

Das Gemeindewappen Beschreibung nach dem Bündner Wappenbuch: In Silber pfahlgestellt gestürzter schwarzer Schlüssel (siehe oben) Begründung: Nach einem Siegel mit Unterschrift: * SIEGEL * DER * GEMEINI * MASTRILSERBERG * 1600 * Das Siegelbild geht zurück auf die Mutterkirche, da Mastrils als «die Gemeinde am Berg» zu Zizers gehörte, dessen Patron ursprünglich St. Peter war. Farben des Gotteshauses. Gemeindefarben weiss-schwarz. J. U. Meng

Internet-Bearbeitung: K. J. Version 01/2016 ------