Mollusken in Quell-Lebensräumen Südthüringens (Mollusca: Gastropoda & Bivalvia)
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Veröffentlichungen des Naturkundemuseums Erfurt (in Folge VERNATE) Jahr/Year: 2009 Band/Volume: 28 Autor(en)/Author(s): Bößneck [Bössneck] Ulrich, Reum Dirk Artikel/Article: Mollusken in Quell-Lebensräumen Südthüringens (Mollusca: Gastropoda & Bivalvia) 131-182 VERNATE 28/2009 S. 131-182 Mollusken in Quell-Lebensräumen Südthüringens (Mollusca: Gastropoda & Bivalvia) ULRICH BÖSSNECK, Erfurt & DIRK REUM, Bad Liebenstein Zusammenfassung 1. Einleitung In den südthüringischen Naturräumen Vorderrhön, Quell-Lebensräume zeichnen sich durch weitgehend Hohe Rhön, Lengsfeld-Zillbach-Bauerbacher Bunt- konstante Lebensbedingungen aus. So erreicht sowohl sandstein-Waldland, Grabfeld und Meininger Kalk- im Sommer als auch im Winter die Wassertemperatur in platten wurden insgesamt 707 Quellen und Quellbäche der Regel 8 bis 11 °C. Viele in Quellen lebende Pflan- hinsichtlich der dort lebenden Wassermollusken unter- zen und Tiere reagieren daher äußerst sensibel auf Ver- sucht. Hohe Abundanzen erreichten die Kleinmuscheln änderungen, die nicht mit der mitunter stark schwan- Pisidium personatum und Pisidium casertanum sowie kenden Schüttung zusammenhängen. So wirkt sich die Schnecke Galba truncatula. In Teilen der Hohen beispielsweise das Absinken des pH-Wertes gravierend Rhön sowie der Vorderrhön trat auch die endemische auf die gesamte hier lebende Lebensgemeinschaft aus. Rhön-Quellschnecke (Bythinella compressa) in Quell- Quellen und deren Abläufe sind in der mitteldeutschen habitaten lokal relativ regelmäßig auf. Daneben konn- Kulturlandschaft durch anthropogene Einflüsse oftmals ten insgesamt 6 weitere Wasserschnecken- sowie 4 stark beeinträchtigt und vielfach in ihrer Existenz als andere Kleinmuschelarten in den untersuchten Lebens- natürliche Lebensräume bedroht. Grundwasserabsen- räumen nachgewiesen werden, alle jedoch mit geringen kung, Versauerung, Nährstoffeintrag, Quellfassung zur Abundanzen. Nutzung des Quellwassers oder zu touristischen Zwek- ken sowie Überbauung gehören zu den wichtigsten Ursachen für eine Gefährdung dieser Habitate. Bioti- Summary sche und abiotische Untersuchungen an Quellen sind dennoch erst seit etwa 15 Jahren in den Blickpunkt des Mussels and fresh water snails in spring habitats of Interesses von Ökologen und Naturschützern gerückt. the southern part of Thuringia (Mollusca: Gastro- Bisher liegen aus der Bundesrepublik Deutschland poda & Bivalvia) vergleichsweise wenige zusammenfassende Arbeiten In the nature areas Vorderrhön, Hohe Rhön, Lengsfeld- auf lokaler oder regionaler Ebene vor, die sich aller- Zillbach-Bauerbacher Buntsandstein-Waldland, Grab- dings bislang kaum mit systematischen biologischen feld and Meininger Kalkplatten in the southern part of Erhebungen befassen (z. B. KRÜGER 1995, BOBBE et al. Thuringia altogether 707 different spring habitats were 1996, VOGT 1999, LISCHEWSKI 1999). investigated in quest of molluscs. High abundances could be observed from the pea clams Pisidium per- sonatum and Pisidium casertanum and the snail Galba 2. Untersuchungsgebiet truncatula. In parts of the nature areas Hohe Rhön and Vorderrhön also the endemic fresh water snail By- Das Untersuchungsgebiet umfaßt den gesamten thü- thinella compressa locally regularly occurred in spring ringischen Anteil der Rhön in den Naturräumen Hohe habitats. Furthermore altogether 6 another fresh water Rhön und Vorderrhön sowie einen Teil des unmittelbar snails and 4 other pea clams were found in this spring angrenzenden Lengsfeld-Zillbach-Bauerbacher Bunt- habitats but all of these with small abundances. sandstein-Waldlandes (HIEKEL et al. 2004). Die Vor- derrhön wird von einem kuppigen, von den Gesteinen der Trias geprägten Hügelland bestimmt, welches bis Key words: spring habitats, Thuringia, mussels, fresh über 700 m Meeresspiegelhöhe aufragt. Die Besonder- water snails, Pisidium, Bythinella compressa heit dieser Landschaft besteht in zahlreichen aus Basalt 131 bestehenden Hügeln und Bergen, die von vulkanischer in zwei anderen südthüringischen Naturräumen befin- Tätigkeit im Tertiär künden. Diese Erhebungen sind den. Dies betrifft das Umfeld des markanten, auf 740 m in der Regel bewaldet, die weiten Talmulden werden aufragenden Dolmars, des einzigen Basaltkuppenberges überwiegend ackerbaulich oder als Grünland genutzt. im Naturraum Meininger Kalkplatten östlich der Werra. Vor allem an von Schichten des Unteren Muschelkalks Desweiteren befinden sich im Grabfeld, einer intensiv bestimmten offenen Hängen wird traditionell Schaf- ackerbaulich genutzten Ebene unmittelbar nördlich der hutung betrieben. Das Landschaftsbild besitzt durch Grenze zu Bayern, einige markante Basaltberge. Die- sehr abwechslungsreiches Relief, vielgestaltige Land- se ragen aus der ansonsten von Gesteinen des Keupers schaftsstruktur, unterschiedlichen geologischen Unter- gebildeten flach gewellten Ebene des Naturraumes her- grund und die oft sehr ansprechend angelegten Rhön- aus. Bekannt, auch wegen ihrer kulturgeschichtlichen dörfer eine hohe Erlebnisqualität. Ganz im Süden des Bedeutung, sind insbesondere der Große und der Kleine Untersuchungsgebietes schließt sich der Vorderrhön Gleichberg (679 m und 641 m), der Straufhain (449 m) grenznah zu Hessen und Bayern der nur sehr klein- sowie der Burgberg der Veste Heldburg (405 m). flächig zu Thüringen gehörige Naturraum Hohe Rhön In der Rhön sowie im Lengsfeld-Zillbach-Bauerbacher an. Dieser ist zu großen Teilen bewaldet, vorhandenes Buntsandstein-Waldland wurden folgende kleinere und Offenland wird nahezu ausschließlich durch Rinder- mittlere Einzugsgebiete von Bächen, die alle zur Werra weiden bestimmt. Geologisch herrschen Basaltdecken entwässern, untersucht: Ulster, Oechse, Felda, Leim- vor, die Höhenlagen erreichen knapp über 800 m. Der bach, Polsambach, Neuhofer Bach, Knollbach, Rosa- zwischen dem Werratal und der Rhön liegende Natur- bach, Zillbach, Schambach, Schwarzbach, Grumbach, raum Lengsfeld-Zillbach-Bauerbacher Buntsandstein- Katzbach, Herpf sowie teilweise das Sulzbachsystem. Waldland liegt in Höhenlagen zwischen 300 und 500 Lediglich vier betrachtete Quellen im SW der thürin- m und wird im wesentlichen von den Gesteinen des gischen Rhön entwässern über die Nüst zur Fulda. Ein Unteren und Mittleren Buntsandsteins geprägt. Das sehr kleiner Teil der thüringischen Rhön gehört zum Relief ist von den tief eingeschnittenen Unterläufen der Einzugsgebiet des Mains. Die Quellhabitate im dazu meist in der thüringischen Rhön entspringenden Bä- gehörigen Bachsystem der Streu wurden ebenfalls in chen wie Felda, Rosabach, Schwarzbach und Katzbach das Untersuchungsprofil einbezogen. Als weiterer Tri- charakterisiert. Über zwei Drittel des Naturraumes butär des Flußsystems des Mains gilt die Milz, deren sind bewaldet, landwirtschaftliche Nutzflächen - ganz Einzugsgebiet u. a. die Gleichberge im Grabfeld umfaßt. überwiegend Grünland - finden sich vor allem in den Die Quellen am Dolmar entwässern hingegen zur Hasel, Talauen (HIEKEL et al. 2004). Alle drei Naturräume, einem rechtsseitigen Nebenbach der Werra (Tab. 1). insbesondere jedoch große Teile der Vorderrhön sowie Die Gleichberge sowie der Straufhain gehören zum der Hohen Rhön zeichnen sich durch eine erhebliche Landkreis Hildburghausen, das Gebiet um den Dolmar Zahl von Quellhabitaten aus. Ursache ist u. a. die beson- hingegen zum Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Der dere Wasseraufnahmefähigkeit der Basaltblocklagen. größere Anteil der thüringischen Rhön sowie des vorge- An den Unterhängen der Basaltkuppen treten demnach lagerten Buntsandstein-Waldlandes sind verwaltungs- verhältnismäßig viele Quellen aus, deren Schüttung ist mäßig ebenfalls dem Landkreis Schmalkalden-Meinin- jedoch starken Schwankungen unterworfen. Auch der gen zugeordnet, der kleinere Westteil der thüringischen Untere Muschelkalk ist stark klüftig und wasserauf- Rhön zählt zum Wartburgkreis. nahmefähig. Das abfließende Grundwasser wird auf den tonigen Rötgesteinen gestaut und führt ebenfalls 3. Material und Methodik vielfach zu Quellaustritten, die teilweise als Kalkquell- moore in Erscheinung treten. Die Kartierungsarbeiten erfolgten im wesentlichen in Auf Grund ähnlicher geologischer und ökologischer den Jahren 2003 bis 2007 durch die Verfasser, teilweise Gegebenheiten - im wesentlichen an das Vorhanden- unterstützt durch Kathrin Bößneck (Vieselbach). Eine sein von Basaltkuppen mit am Fuß austretenden Quel- Festlegung der zu untersuchenden Quellen bzw. Quell- len gebunden - wurden die Untersuchungen zur Quell- bäche wurde an Hand der topographischen Karte 1:10 000 fauna auf zwei weitere Teilgebiete ausgedehnt, die sich getroffen mit dem Ziel, möglichst alle im Untersu- 132 Tabelle 1: Untersuchungsgebiet mit Angaben zu Naturräumen, Flußsy- 4. Ergebnisse stemen und der Zahl der Probestellen Naturraum / Bach- Zahl der Lfd. Nr. Historische Angaben zur Besiedlung von Quellhabita- Flußsystem Einzugsgebiet Probestellen ten durch Mollusken in der Rhön, im Grabfeld sowie 1 Rhön* / Werra Ulster 111 2 Rhön / Werra Oechse 33 im Dolmar-Gebiet 3 Rhön / Werra Felda 225 4 Rhön / Werra Leimbach 3 Die Schnecken und Muscheln der Quellhabitate in der 5 Rhön / Werra Polsambach 13 thüringischen Rhön sowie im Grabfeld oder im Gebiet 6 Rhön / Werra Neuhofer Bach 4 des Dolmar wurden bisher nicht gezielt untersucht. Le- 7 Rhön / Werra Knollbach 4 diglich für einzelne Lokalitäten liegen Angaben vor, die 8 Rhön / Werra Rosabach 49 sich überwiegend auf die für