Der Harz, Landschaft Und Kulturraum (Id*
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DER HARZ, LANDSCHAFT UND KULTURRAUM (ID* Von FRIEDRICH GREIL* Aus Teil (1) sind noch folgende Pers6nlichkeiten aus Literatur und Kunst nachzutragen: Agricola (1494-1566)-Schnitter, Iatinisiert (eigtl. Schneider), Schuler Luthers, in dessen Heimatstadt Eisleben geboren. Agricola gab eine Sprichw6rter-Sammlung heraus, die noch heute von Sprachwissenschaftlern beachtet wird. Hans Witten, Bildhauer, Holzschnitzer, welcher wahrscheinlich aus Goslar stammt oder aus der Nahe (Daten unbekannt), war Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts in Niedersachsen und Obersachsen tatig. Bertihmt wurden seine um 1505 entstandene Marien- klage (Goslar, Jakobi-Kirche) und die etwas spater geschaffene Tulpenkanzel im Dom zu Freiberg. Leider ist der Name Hans Witten (Initialen HW) in den meisten heutigen Lexika nicht mehr zu finden. Es ist bemerkenswert, daB die beiden Bildhauer, deren Kunst einen letzten H6hepunkt der Spatgotik bedeutet, Riemenschneider und Witten, aus dem Harz stammen, einander aber nicht gekannt haben. Fern der Heimat schufen sie ihre unvergang- lichen Meisterwerke. Friedrich Wilhe!m Zacharid (1726-77), in Frankenhausen am Sudharz geboren, schrieb komische Epen uber rauf- und sauflustige Studenten. Bekannt wurde sein heiteres Helden- gedicht ,,Der Renommist." Eberhard Schmidt (1746-1824), geb. und gest. in Halberstadt,bildete mit seinem Freund Gleim den Mrttelpunkt des eme tandelnde ~~iokoko Lyrik pflegenden Halberstadter Dichterkreises. Caroline v. Sche!ling (1763-1809), geb. Michaelis, geb. in G6ttingen, verlebte dort ihre Kindheit und Jugend. Mit dem Shakespeare-Ubersetzer A.W. Schlegel verheiratet und mit dessen Bruder Friedrich Schlegel, dem geisti_~en Haupt der Fruhromantik, befreundet. wurde sie eine der bedeutendsten Frauen ihrer Zeit. (1803 Ehe mit dem Philosophen Fried- rich Wilhelm von Schelling). Wichtig ist ihre Korrespondenz: ,.Caroline. Briefe aus der Frtihromantilc." Johann Gottfried Schnabe/ (1792Hca. 1850), aus Stolberg am Sudharz, schrieb einen Bestseller seiner Zeit, die umfangreiche Robinsonade ,,Die Inse/ Fe!senburg." FORTSETZUNG der chronologischen Reihenfolge von Teil (1) : 29. Leopold von Ranke, (1795-1886), geb. in Wiehe, einem Stadtchen sudlich vom Harz an der sog. ,,ThtrmgrscherL * Lektor (Kydshi) fur deutsche Sprache und Literatur. * Fortsetzung der im HITOTSUBASHI JOURNAL OF ARTS AND SCIENCES Vol. 16 No I m September 1975 veroffentlichten Abhandlung. 42 HITOTSUBASHI JOURNAL OF ARTS AND SCIENCES [September Pforte" Hrstorrker sert 1825 an der Unrversrtat Berlin. Ranke ist durch seine Methode der Quellenkritik und Aufstellung des Objektivitatsprinzips der eigentliche Begrunder der modernen Geschichtsdarstellung. Uberdies hat er durch seinen klaren Stil die deutsche Geschichtsschreibung zur KUNST erhoben. Aus seiner Schule ging u.a. Jakob Burckhardt hervor. Besonders wichtig unter seinen zahlreichen Werken sind seine ,,Weltgeschichte" in neun B~nden, ferner ,,Die deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation", sechs Bande. Die Klarheit seiner Darstellung erhellt aus einigen Proben seiner Werke : Etwas zu 'nachen, dazu geh~rt dreierlei.' gesunder ILlenschenverstand, Mut und Red!ichkeit. Der erste, um eine Sache einzusehen, der zweite, um vor den Realitieten nicht zu erschrecken, die dritte, um sich se!ber nichts vorzumachen, so daP die einfachsten moralischen E.,~enschaften auch die Wissenschaft und Kunst beherrschen. ( Tagebilcher) Alles lld,1gt zusammen: kritisches Studiu,n der echten Quellen, unparteiische Auffassun*", objek- !ive Darstellung. Das Ziel ist die Vergegenwctrti*"ung der vollen Wahrheit. (Englfsclle Geschichte). Jch kann unter leitenden Ideen nichts anderes verstehen, als daP sie die /1errschenden Tendenzen in jedem Jahrhundert sind. Diese Tendenzen kbnnen indessen nur beschrieben, nicht aber in letzter Instanz in einem Begnff summiert werden. Der Historiker hat diese groPen Tendenzen der Jahrhunderte auseinanderzunehmen und die groPe Geschichte der Menschheit aufzurollen, welche eben der Komplex dieser verschiedenen Tendenzen ist. Vom Standpunkte der gdttlichen ldee kann ich mir die Sache nicht anders denken, als dap die Menschheit eine unendliche Man- nigfaltigkeit von Entwicklungen in sich birgt, welche nach und nach zum Vorschein kommen, und zwar nach Gesetzen, die uns unbekannt sind, geheimnisvoller und gr6Per als man denkt. ( Uber die Epochen neuerer Geschichte). Rankes Grundsatz lautete lapidar: ,,Der Historiker soll nicht richten und (be)lehren, sondern nur zeigen, wie es elgenthch gewesenr' 30. Heinrich Steinweg, (1797-1871), geb, in Wolfshagen, einem Dorf in einem idyllisch gelegenen Harztal nahe Goslar. Steinwegs Namen und Werk, heute selbst in Deutschland zufolge der Amerikani- sierung seines Namens in der Allgemeinheit fast unbekannt, historisch nachzuzeichnen ist ein- drucksvoll. Er lernte in Goslar den Orgelbau, war dort auch als Organist tatig, IieB sich dann in Braunschweig nieder und fertigte dort zunachst Gitarren und Zithern. Als 23- Jahriger zeigte er schlieBlich auch Interesse ftr Klavierbau. Unter dem EinfluB der Revo- lution von 1848 ging Steinweg 1850 nach Amerika, von seinen vier S6hnen (alle am Harz geboren) drei mitnehmend, wahrend er dem Altesten, Theodor, das Klavierbaugeschaft in Braunschweig tiberlieB. Die Umstellung in New York, darunter Sprachschwierigkeiten, dauerte mehrere Jahre, bis die Amerikaner auf sein in der Industrie-Ausstellung New York 1855 gezeigtes Klavier verbesserter Bauart aufmerksam wurden. Ein Jahr darauf, 1856, entstand Steinwegs erster amerikanischer Konzertflugel unter dem Namen ,,Steinway & Sons". Inzwischen verkaufte der erste Sohn, Theodor, in Braunschweig das Mutterge- schaft, das in Grotrian-Steinweg umbenannt wurde, und folgte dem Vater und den Brudern nach Amerika. Vater und S6hne nahmen fortwahrend Verbesserungen an den Konzert- flugeln vor, darunter die kreuzsaitige Doppelmensur, den vibrierenden Resonanzbodensteg mit akustischen Klangpfosten und das Tonhaltungspedal. Welche Resonanz, welch un- ~1976] DER HARZ, LANDSCHAFT UND KULTURRAUM (Il) 43 ~nachahmlichen Klang ein Pianist einem Steinway entlocken kann, das weiB heute, 120 Jahre spater, jeder Musikfreund. Welch unvergeBlicher Eindruck, als in Tokio eine japani- sche Pianistin (in Saarbrucken ausgebildet) in der Hibiya-Stadthalle auf einem STEINWAY (iie GroBe Phantasie in c-dur von Schumann spielte! Ubrigens stammt Friedrich Grotrian (1803-6b), welcher 1858 in Theodor Steinwegs Klavierbaufirma eintrat, ebenfalls auS Harznahe, namlich aus Sch6ningen am Elm. Vie]e beruhmte Musiker waren bei Grotrian-Steinweg zu Gast, darunter Clara Schumann, Wil- helm Backhaus. Artur Schnabel. Edwin Fischer, Walter Gieseking, Paderewski, B6la Bart6k. -Seit 1859 befindet sich die Firma Grotrian-Steinweg in Braunschweig. 1974 wurden die (lortigen Werkstatten, die im Zweiten Weltkriege zerst6rt worden waren, *'roBartig erweitert. 31. J.M. von Radowitz, (1797-1853), geb. in Blankenburg, preuBischer General und Politiker, Vertrauter des K6nigs Friedrich Wilhelm IV., _g:ehdrte zu dessen romantischem Freundeskreis. Radowitz nahm 1849 als ein Fuhrer der Rechten an der Frankfurter National-Versammlung teil und unterstutzte die sozialen Forderungen der Revolutionszeit. 1850 preuBischer AuBenmini- ster geworden suchte er mit Unterstutzung des K6nigs einen kleinen deutschen Bundesstaat unter preuBischer Fuhrung zu grlinden, was ihm jedoch zufolge seines frtihen Todes nicht gelang. 32. Werner Siemens, <1816-92), geb. weiter n6rdlich vom Harz, in Lenthe, jedoch stammt die Familie aus Goslar, wo man noch jetzt das Stammhaus Siemens, ein prachtiges altes Fachwerkhaus, besichtigen kann. Siemens ist als Erfinder und Begrunder der deutschen elektrotechnischen Industrie eine der bedeutendsten Pers6nlichkeiten Deutschlands. Unter seinen zahlreichen Erfindun- gen ist als wichtigste der Dynamo zu nennen, da dieser die Voraussetzung ftir den spateren Elektromotor bildete. Siemens erfand ferner den elektrischen Antrieb flir Lokomotiven, fur die StraBenbahn und fur den O Bus (Oberlertungs Bus). Mit seinen Brudern baute er das norddeutsche wie auch russische Telegrafennetz aus, ferner wurde von ihm das erste Untermeereskabel gelegt (im Mittelmeer). Der Name SIEMENS Iebt heute hauptsachlich in den von ihm ge*'rundeten Siemens- Werken fort, Deutschlands gr6Btem elektronischen Unternehmen mit We]tbedeutung. Siemens-Stadt (ein Stadtteil von Berlin), die Siemens-Werke in Munchen und andere zeugen heute davon. (Uber 300 OOO Beschaftigte). Im Jahre 1888, dem Dreikaiserjahre, verlieh Kaiser Friedrich 111. dem verdienten Erfinder und Organisator den Adelstitel. Unter der weltweiten Zusammenarbeit ist die mit Japan zu nennen: die FUJI (Furukawa-Siemens)- Elektronischen Werke in Tokio arbeiten mit der Firma Siemens in Kapitalsanlage und Lizenzvergaben eng zusammen. Siemens verbrachte seine letzten Lebensjahre in den heimatlichen Harzwaldern in Bad Harzburg in seiner Villa, wo er seine lesenswerten ,,Lebenserillnerungen" schrieb, die u,a. auch in Japan herausgegeben wurden. Er schreibt darin, daB er sich der elektrischen Technik schon zuwandte, als sie noch ganz unentwickelt war, daher einen fruchtbaren Boden fdr Erfindungen und Verbesserungen bi]dete , . , andererseits habe er aber im Leben vielfach mit ganz ungewohnlichem MiBgeschick zu kampfen gehabt. Bezuglich seiner Geschaftsgrilndungen schreibt Siemens : 44 HITOTSUBASHI JOURNAL OF ArtTS AND SCIENCES [Se ptember Wenn ich groPe Geschctftshctuser gegrilndet und mit ungew~hnlichem Erfolg geleitet habe' . so kann ich mir selber das Zeugnis ablegen, daP es nicht