Schloss Freiberg in der Steiermark Baugeschichte und denkmalpflegerische Aspekte

Diplomarbeit

zur Erlangung des akdademischen Grades einer Magistra der Philosophie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Anna-Elisabeth Thaller am Institut für Kunstgeschichte

Begutachterin ao. Univ. Prof. in Dr. in Margit Stadlober

Graz, 2011

Inhaltsverzeichnis

1 VORWORT...... 5

2 EINLEITUNG ...... 7

3 LAGE DES SCHLOSSES...... 10

4 BESITZGESCHICHTE DER HERRSCHAFT FREIBERG...... 13

4.1 DIE FREIBERGER ...... 13 4.2 DIE RITTER UND FREIHERRN VON STADL ...... 14 4.2.1 DIE AUSWIRKUNGEN VON REFORMATION UND GEGENREFORMATION ...... 19 4.2.2 DAS TESTAMENT DES GOTTFRIED FREIHERR VON STADL ...... 20 4.2.3 DAS WAPPEN DER STADLER ...... 21 4.3 DIE FREIHERREN UND GRAFEN VON KOLLONITSCH ...... 22 4.3.1 KARDINAL SIGISMUND , GRAF VON KOLLONITSCH ...... 24 4.3.2 DAS WAPPEN DER KOLLONITSCH ...... 26 4.4 DIE NACHBESITZER DES SCHLOSSES ...... 26 4.4.1 VERKAUFSBESTREBUNGEN ...... 26

5 RELEVANTE BAUGESCHICHTLICHE ENTWICKLUNGEN IN DER STEIERMARK...... 28

5.1 ABRISS DER ENTWICKLUNG VOM WEHRBAU ZUM WOHNSCHLOSS ...... 28 5.2 BEMERKUNGEN ZUR SCHLOSSARCHITEKTUR DER RENAISSANCE IN DER STEIERMARK ...... 29 5.2.1 MARKANTE BAUELEMENTE DER RENAISSANCESCHLÖSSER IM KURZÜBERBLICK ...... 31 5.2.1.1 Die Fassaden...... 31 5.2.1.2 Die Innenausstattung ...... 32 5.2.1.3 Das Einsetzen von Stuckdekoration im 17. Jahrhundert...... 33 5.2.1.4 Der Arkaden-Innenhof...... 34

6 DIE BAUGESCHICHTE VON FREIBERG – VOM WEHRTURM ZUM RENAISSANCESCHLOSS...... 38

6.1 BERNHARD STADLER – AUSBAU DES RENAISSANCESCHLOSSES ...... 39 6.2 DIE GRAFEN KOLLONITSCH – AUSBAU DES SCHLOSSES UND BAROCKER UMBAU ...... 42 6.3 DER BAROCKE AUSBAU DES FREIBERGER SCHLOSSES IM DETAIL ...... 46 6.3.1 DIE SCHLOSSKAPELLE ...... 48 6.3.1.1 Die Baugeschichte der Freiberger Schlosskapelle ...... 49

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6.4 DIE MAßGEBLICHEN KÜNSTLERPERSÖNLICHKEITEN AUF SCHLOSS FREIBERG ...... 52 6.4.1 MATTHIAS FRANZ GERL ...... 52 6.4.2 JOSEPH HUEBER ...... 53 6.4.3 GAETANO DE ROSA ...... 56 6.5 EXKURS : WEITERE BAUTÄTIGKEITEN DER GRAFEN KOLLONITSCH ...... 57 6.6 DIE BESITZVERHÄLTNISSE DER HERRSCHAFT FREIBERG ...... 60

7 DIE ROLLE DES BUNDESDENKMALAMTES...... 62

7.1 CHRONOLOGIE DER RETTUNG DES SCHLOSSES ...... 62 7.1.1 FREIBERG ALS WARNENDES BEISPIEL ...... 64 7.1.2 RETTUNG DES BEINAHE PREISGEGEBENEN OBJEKTES IN LETZTER MINUTE ...... 64 7.1.3 GENERALSANIERUNG DES SCHLOSSES 2007 BIS 2009...... 70 7.1.4 EIN VERSUCH , HISTORISCHE KUNSTSCHÄTZE ZURÜCKZUHOLEN ...... 71

8 BAUBESCHREIBUNG – EINST UND JETZT...... 73

8.1 DIE CHARAKTERISTIK UND DIE ÄUßERE ERSCHEINUNGSFORM DES SCHLOSSES ...... 73 8.2 GRUNDRISS ...... 74 8.3 AUßENANSICHT ...... 76 8.3.1 AUßENFASSADE SÜDWESTTRAKT (EHEMALIGE HAUPTZUFAHRT ) ...... 79 8.3.1.1 Das West-Portal – das ehemalige Hauptportal...... 80 8.3.1.2 Spuren historischer Fassadenstrukturen ...... 81 8.3.2 AUßENFASSADE NORDWESTTRAKT ...... 82 8.3.3 AUßENFASSADE NORDOSTTRAKT – KAPELLENTRAKT ...... 83 8.3.4 AUßENFASSADE SÜDOSTTRAKT – EINGANGSTRAKT ...... 85 8.4 INNENANSICHT ...... 88 8.4.1 DIE BESCHREIBUNG DES INNENHOFES ...... 88 8.4.1.1 Untersuchungen der Baustruktur durch das BDA...... 89 8.4.1.2 Bautechnische Gliederung ...... 92 8.4.2 NORDWEST -FASSADE ...... 94 NORDOST -FASSADE ...... 95 8.4.3 SÜDWEST -FASSADE ...... 95 8.4.4 SONDIERUNGEN – VERMAUERTE SÄULEN UND BALUSTER DES RENAISSANCEHOFES ...... 96 8.4.5 SÜDOST -FASSADE – EINGANGSTRAKT ...... 97 8.5 DAS SCHLOSS INNEN : DIE EINZELNEN GESCHOSSE UND DIE RAUMAUFTEILUNG ...... 98 8.5.1 KELLERGESCHOSS ...... 98

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8.5.2 ERDGESCHOSS ...... 103 8.5.2.1 Die Schlosskapelle...... 107 8.5.2.2 Die Haupttreppe...... 111 8.5.3 ERSTES OBERGESCHOSS ...... 115 8.5.4 ZWEITES OBERGESCHOSS ...... 116 8.5.4.1 Der Festsaal...... 118 8.5.4.2 Die spätbarocke Stuckdecke...... 119 8.5.5 DER DACHSTUHL ...... 121

9 SCHLUSSWORT...... 123

10 LITERATURVERZEICHNIS...... 127

11 ABBILDUNGSVERZEICHNIS UND ABBILDUNGSNACHWEIS...... 136

12 ABBILDUNGEN ...... 141

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1 Vorwort

Schloss Freiberg, das laut einer Beschreibung des Landeskonservatorats Steiermark aus dem Jahr 1960 zum Abbruch verurteilt war, wurde 2010 am Tag des Denkmals mit einem Preis für die gelungene Restaurierung ausgezeichnet. Ein Jahr davor konnte das Schloss nach einer umfassenden Sanierung seinen Besitzern übergeben werden. Der vormals morbide Charme des Renaissanceschlosses Freiberg sowie dessen Historie faszinierten mich bereits vor Beginn meines Kunstgeschichtestudiums, durch das ich erst die nötigen Kenntnisse erlangte, die architektonische Konzeption und Baugeschichte des Schlosses im Rahmen einer Diplomarbeit eingehender erforschen zu können. Viele unterschiedliche, spannende Recherchewege führten mich zu meinem Ziel: den alten Status des Schlosses aufzuzeichnen, sozusagen schriftlich zu konservieren, und den neuen Status renoviert in Bezug zu setzen. Durch umfangreiche Recherchen in Archiven, Analysen anhand von Bauplänen, Befragungen von Expertinnen und Experten , zahlreiche Gespräche mit der Besitzerin und dem Besitzer sowie ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern versuchte ich, die einzelnen Recherchebausteine zu einem informativen Gesamtbild zusammen zu fügen. Zur Entstehung dieses Gesamtbildes trugen folgende Personen bei, denen ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte : Meine Diplombetreuerin Frau Prof. Dr. Margit Stadlober, die mir motivierend mit Rat und Anregungen zur Seite stand, Herr Dr. Christian Brugger, Landeskonservator für Steiermark, der mir Akteneinsicht und Unterstützung gewährt hat. Weiters Herr DI Wolfgang Absenger, der mit mir eine Begehung des Schlossgeländes durchführte und in weiteren Gesprächen bezüglich der Typologie der historischen Bausubstanz und Ausstattung des Gebäudes wertvolle Hinweise geben konnte. Ebenso Frau DI. in Eva Mohringer-Milowiz, die ehemalige Mitarbeiterin des Bundesdenkmalamtes in Graz und einstige Bewohnerin des Schlosses. Von ihr erhielt ich wichtige Informationen und sehr aufschlussreiche Fotos, die den Bauzustand des Schlosses in den 70er Jahren dokumentieren und einen genauen Blick in die Baugeschichte zulassen. Ganz besonders danke ich den Besitzern des Schlosses, der Familie Johann und Alexandra Kober. Sie haben sich immer für die Beantwortung von Fragen Zeit genommen und mir, soweit es möglich war, den Zutritt zu den Räumen gewährt. Weiters danke ich den vielen Personen, die

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direkt oder indirekt mit dem Schloss in Verbindung stehen, für wertvolle Informationen, die ich von ihnen erhalten habe. Bei meiner Kollegin Mag. a Sylvia Sproger und meinem Kollegen Mag. Alois Doppan bedanke ich mich für die motivierende und fachbezogene Unterstützung. Mein Dank gilt abschließend meiner Familie und allen Freundinnen/Freunden, die mit Interesse, Lob und in letzter Zeit schon mit Ungeduld den Werdegang dieses Werkes verfolgt haben.

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2 Einleitung

Nordwestlich von Gleisdorf, auf einer Hügelkette zwischen Raab und Rabnitz, befindet sich, eingebettet in einen Wald, das Schloss Freiberg. Es war in früherer Zeit aus verteidigungstechnischen Gründen weithin sichtbar und hatte in Schlossnähe keinerlei höheren, die Sicht einschränkenden Baumbewuchs. Die frühe Besiedlung des heutigen Schlossareals belegen prähistorische und römerzeitliche Funde. Im Hochmittelalter entstand eine erste Burganlage. Schon vor 1200 dürfte auf dem Höhenrücken ein Wehrbau gestanden haben, der in den Kriegswirren der Walseer Fehde vermutlich zerstört und südlich des ehemaligen Standortes als Schloss wiedererrichtet wurde. Die nachfolgenden Familien und adeligen Schlossbesitzer vergrößerten die Anlage nach ihren Bedürfnissen und passten sie den bautechnischen Anforderungen einer Schutzburg an. Das Schloss präsentiert sich als regelmäßig angelegte Vierflügelanlage mit drei Geschossen und vier vorspringenden Wehrtürmen. Zwei hohe, schlanke Türme mit oktononalem Aufbau, die übers Eck gestellt und mit Zwiebelhauben bekrönt sind, erheben sich aus der Mitte der Längsseiten, wodurch eine sechstürmige Anlage entsteht. 1 Das heutige Erscheinungsbild eines typischen Renaissancebaus erhielt das Schloss durch Umbauten unter den Grafen Kollonitsch im 17. Jahrhundert. Seinen architektonischen Höhepunkt erlebte Freiberg, als es von Mitgliedern des Geschlechtes der Kollonitsch zu einem Barockschloss ausgebaut wurde. Eine umfangreiche, besonders die Innenräume betreffende barocke Umgestaltung erfolgte unter Kardinal Sigismund von Kollonitsch. Nach dem Aussterben der Familie Kollonitsch, Ende des 19. Jahrhunderts, wurde das Gebäude von den nachfolgenden Besitzern zunehmend vernachlässigt. Nach oftmaligem Besitzwechsel, Kriegsplünderungen und halbherzigen Restaurierungsansätzen schien das Objekt, das laut einem Bericht des Landeskonservatorats aus dem Jahr 1960 ‚erstaunlich langsam, aber sicher stirbt’2, zum Abbruch verurteilt. Ohne die Initiative des Bundesdenkmalamtes und die aktive Zusammenarbeit mit den Besitzern wäre die

1 Vgl. Kramer-Drauberg, Barbara, Heribert Szakmary, Schlösser, Burgen und Ruinen der Steiermark, Bd. 1, Gnas 2007, S. 62. 2 BDA, GZ Freiberg 747/65. 7

langfristige Rettung des historisch wertvollen Renaissanceschlosses wohl nicht möglich gewesen. Heute steht das renovierte Schloss als gelungenes Zeugnis einer beispielhaften Kooperation zwischen Besitzerinnen/Besitzern und dem Bundesdenkmalamt vor uns. Trotz umfangreicher Restaurierungsarbeiten gelang es, sowohl den Renaissance-, als auch den Barockcharakter des Schlosses beizubehalten, aber auch spätere bauliche Veränderungen sichtbar zu machen. Das für den Weiterbestand des Bauwerkes unumgängliche Ziel, die Schlossräumlichkeiten nutzbar zu machen, ist gelungen. Es beherbergt nach vollendeter Restaurierung nun eine in alter Tradition geführte Buchbinderei, einen wiedereröffneten Gastbetrieb, eine Werbefirma, ein Photoatelier und die Wohnräume der Besitzerinnen/Besitzer und Bewohnerinnen/Bewohner. Zur Baugeschichte selbst findet sich in den Archiven und der facheinschlägigen Literatur sehr wenig Quellenmaterial. Die Dissertation des Historikers Prof. Dr. Robert Hausmann 3 war mir daher eine wertvolle Hilfe. Robert Hausmann fokussiert in seiner Arbeit die Genealogie und wirtschaftliche Entwicklung der Herrschaft Freiberg. Anhand von Bauplänen, die im Bundesdenkmalamt Graz verwahrt werden und mir zur Verfügung standen, war es mir möglich, eine Analyse des Objekts durchzuführen. Sehr aufschlussreich waren die Akten des Bundesdenkmalamtes und des Diözesanarchivs in Graz. Weniger erfolgreich war die Suche im Steiermärkischen Landesarchiv Graz. Die hier archivierten Pläne und Dokumente beziehen sich ausschließlich auf Verträge und Grundrisse der landwirtschaftlichen Flächen. Weitere qualitative Erkenntnisse ergaben sich aus Befragungen von Experten und einem Bauforscher sowie Recherchen vor Ort. Wichtige Hinweise über die jüngere Vergangenheit erhielt ich aus zahlreichen Gesprächen mit der Besitzerin und dem Besitzer des Schlosses und ehemaligen Bewohnern. Zudem ermöglichten die vom Bundesdenkmalamt im Zuge der Renovierungsarbeiten durchgeführten, aktuellen Sondierungsmaßnahmen und Untersuchungen in Teilbereichen der Bausubstanz den Versuch, die in der Fachliteratur oft unterschiedlichen Datierungen der einzelnen Bauphasen zeitlich einzugrenzen. Wie meist bei frühen Burgen sind auch die Baumeister von Freiberg unbekannt. Für die barocke Umbauphase werden, erstmalig in der wissenschaftlichen

3 Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Herrschaft Freiberg bis zur Errichtung der Fideikommissherrschaft im Jahre 1664. Mit besonderer Berücksichtigung des Marktes Gleisdorf,1981. 8

Literatur, Namen der ausführenden Meister genannt. Diese zum Teil umstrittenen Zuweisungen an die benannten Architekten werden in dieser Arbeit auch näher beleuchtet. Da ich vom Bauforscher auf die außergewöhnliche Gewölbestruktur eines Raumes im Erdgeschoss des Osttraktes aufmerksam gemacht wurde, gehe ich der Frage nach, ob man hier auf eine sakrale Nutzung schließen kann. In dieser Arbeit wird die Einrichtung des Schlosses gezwungenermaßen weitgehend vernachlässigt, da sich nahezu keine Originalausstattung der Schlossräume, mit Ausnahme jener der Kapelle, bis heute erhalten hat. Die derzeit vorhandenen Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände sind erst in den vergangenen Jahrzehnten durch Leihgaben oder Zukauf ins Schloss gelangt. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit bezieht sich auf die Tätigkeit des Landeskonservatorats für Steiermark, Bundesdenkmalamt 4, das die Schlossbesitzer bei den Sanierungsmaßnahmen fachgemäß unterstützt und damit zur Rettung des Kulturerbes beigetragen hat.

4 In den folgenden Ausführungen mit BDA bezeichnet. 9

3 Lage des Schlosses

Schloss Freiberg steht auf dem so genannten Altenberg, einem auf der rechten Seite der Raab liegenden Höhenrücken. Der Altenberg gehört zum Gemeindegebiet Ludersdorf-Wilfersdorf im Bezirk Weiz. Zahlreiche Keramikfunde beweisen eine frühe keltische Besiedlung. Bei Bauarbeiten im Umfeld des Schlosses wurde im Jahre 1658 ein römischer Grabstein aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert aufgefunden, der im Arkadengang des Schlosshofes eingemauert wurde. Einige Ortsnamen slawischen Ursprungs, wie z.B. Kötschmanngraben in der Katastralgemeinde Ludersdorf, beweisen die Besiedlung des Gebietes um Freiberg durch Slawen. 5 Auch zur Karolingerzeit war das Gebiet besiedelt. Das belegt eine Urkunde aus dem Jahr 860, in der St. Ruprecht a. d. Raab als Kern des Gutes „ad Rapam“ genannt wird, welches u.a. die Siedlungen von Kötschmanngraben und Freiberg umfasste.6 Die karolingische Besiedlung, die teilweise aus bayrischen Siedlern, aber sicher auch aus einer slawischen Restbevölkerung bestand, wurde durch den schon im Jahre 881 beginnenden Ungarneinfall jäh zunichte gemacht. Der Überlieferung nach hat nur die Kirche in St. Ruprecht a. d. Raab die Magyarenstürme unbeschadet überstanden. Erst der siegreiche Feldzug Heinrichs III. (1042–1044) entriss den Ungarn endgültig das Gebiet östlich der Mur. Die 20 Jahre später begonnene Rodungswelle und Siedlungstätigkeit wurde durch die Auswirkungen des Investiturstreites nach 1070 unterbrochen. 1122 wurde der Rechtsfriede durch das Wormser Konkordat wiederhergestellt und die Besiedlung danach zügig weiter fortgesetzt. Das Salzburger Erzbistum und der Markgraf förderten diese Kolonisationsphase. In den folgenden Jahren wurde, vermutlich ein Wehrturm auf dem Areal des heutigen Schlosses errichtet. 7 Die geringe Entfernung vom nächstgelegenen Ort Gleisdorf und ein bedeutender Handelsweg waren für die Errichtung einer wehrhaften Anlage an dieser Stelle ideale Voraussetzungen.

5 Vgl. Robert Friedrich Hausmann, Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Herrschaft Freiberg bis zur Errichtung der Fideikommissherrschaft im Jahre 1664. Mit besonderer Berücksichtigung des Marktes Gleisdorf, phil. Diss., Graz 1981, S. 5. 6 Vgl. R. Hausmann, Über die Entstehung von Schloss und Herrschaft Freiberg, in: Zeitschrift Gleisdorf 5, Gleisdorf, 1983, S.183. 7 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 6. 10

Gleisdorf, eine gewachsene Siedlung und seit 1920 eine Stadt, ist ein wichtiger Straßenknotenpunkt der Oststeiermark am Zusammenfluss von Raab, Rabnitz und Laßnitz. Auf eine frühe keltische Besiedlung weisen zahlreiche Keramikfunde hin,8 zur Zeit der Römer entwickelte sich der Ort durch seine verkehrsgünstige Lage zum bedeutendsten oststeirischen Siedlungszentrum. Einen wichtigen Stellenwert hatte die Gleisdorfer Keramikerzeugung. Die zahlreichen Münzfunde weisen zudem auf die wirtschaftliche Bedeutung des Gleisdorfer Raumes hin.9 In den Wirren der Völkerwanderungszeit wurde die ansässige Bevölkerung fast völlig ausgerottet. Mit der planmäßigen Rodung des Raabtals und Missionierung im 12. Jahrhundert begann im Wesentlichen die Entwicklung von Gleisdorf. Im 12./13. Jahrhundert war die von Graz über Gleisdorf führende Ungarn-Straße sowohl Teil einer wichtigen Fernhandelsstraße als auch ein wichtiger Verkehrsweg, der vorrangig dem Lokalverkehr diente. Salz und Eisen wurde nach Osten transportiert, Getreide, Vieh und Häute in die Gegenrichtung. 10 Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass schon seit dem Jahr 1506 eine Postlinie von Graz über Gleisdorf nach Wien bestand. 11 Als Kirchenort zählt Gleisdorf zu den ältesten Pfarren der Steiermark, wie ein Dokument, datiert vom 17. September 1229, belegt. 12 1284 wurde der Markt erstmalig in einer Urkunde als ein solcher genannt und mit Marktprivilegien ausgestattet. 1532 war der Ort, als Sitz des Rittergeschlechts der Gleisdorfer, von den Türken unter Sultan Suleiman „ schwerlich verderbt worden “13 . 1588 stand der schwergeprüfte Ort in Flammen und wurde 1683 abermals von den bei Wien versprengten Kriegshorden des Kara Mustapha niedergebrannt. 14 Bis 1570 gehörte der Markt Gleisdorf zur Herrschaft Riegersburg, kam dann unter die Herrschaft Freiberg, die von den Herren von Stadl im 17. Jahrhundert auf die Grafen

8 Vgl. Peter Krenn, Die Oststeiermark, 1981, S. 140. 9 Vgl. R. Hausmann, Freiberg 1981, S. 3. 10 Vgl. Fritz Posch, Die deutsche Besiedlung der Steiermark, in: Die Steiermark. Brücke und Bollwerk. Katalog der Landesaustellung 1986 , Graz 1986, S. 65. 11 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 3. 12 Vgl. Josef Andreas Janisch, Topographisches Lexikon von Steiermark, mit historischen Notizen und Anmerkungen, Bd. 1, Graz 1878, S. 331. Es wird berichtet, dass der Bischof Carl von Seckau, der 1. eingesetzte Bischof, einen Streit schlichtete. 13 Franz Arnfelser, Gleisdorf in alter und neuer Zeit, Graz 1928, S. 46. 14 Vgl. J. Janisch, Topographisches Lexikon, 1878, S. 332. 11

von Kollonitsch überging. Die Herren von Freiberg übten auch die Vogtherrschaf t über Gleisdorf aus.

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4 Besitzgeschichte der Herrschaft Freiberg

4.1 Die Freiberger

Die historischen Quellen über die Herkunft der Freiberger sind sehr gering. In einer Urkunde vom 6. Juli 1218 erscheinen u.a. „Dominus Vlricus et frater suus dominus Reinereus de Vriberch“ als Zeugen auf. Arnfelser nimmt an, dass Freiberg (Vreinberg) schon damals Eigentum einer Familie Vreinberger war. Ob es sich allerdings bei diesen angeführten Personen um Gleisdorfer Freiberger handelt oder diese aus Freienberg bei Stubenberg stammen, ist urkundlich nicht nachweisbar. 15 Hausmann vermutet, dass die Familie der Freiberger möglicherweise aus Bayern stammt und durch besondere Verdienste den späteren Freiberg als freies Eigen erhalten und sich danach benannt haben.16 Im herzoglichen Urbar wird Freiberg schon im Jahr 1265 erwähnt, jedoch nicht als Burg bezeichnet. 17 Als erster nachweisbarer Gleisdorf-Freiberger scheint Chunradis de Vreinperg (Vreinberger) auf. 1268 wird er als Siegler in einem Lehensbrief der Äbtissin von Göß genannt. In einer Kaufurkunde aus dem Jahre 1286 und in einer Verkaufsurkunde des Jahres 1287 scheint er als Zeuge auf.18 Als Gleisdorf-Freiberger scheint noch Lentlein oder Lentel ob dem Vreinperch auf, der nachweisbar zwischen 1343 und 1369 einige Besitzungen rund um Freiberg besaß. Hans von den Freyperg und Nicla der Freyberger sind 1376, 1383 und 1384 urkundlich erfasst. 19 Nicla der Freyberger wird den Gleisdorf-Freibergern zugeschrieben, da sein Siegel die schon bei Chunradis aufscheinenden Hörner aufweist. 20 Über die Besitzverhältnisse der Freiberger geben uns einige noch vorhandene Urkunden Aufschluss. Früh nachweisbar ist die Mühle bei Freiberg (molendinum unam Vreyburch), die 1318 die Stubenberger vom Bistum Seckau als Lehen erhalten haben.

15 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 143. 16 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 7. 17 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 147. 18 Vgl. J. Zahn, Urkundenbuch Herzogthum Steiermark, Freiberg bei. Gleisdorf 1246–1260, Graz 1903, S. 420. 19 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 20 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 8. 13

1376 wird diese Mühle wieder erwähnt, als Hans an der Freyperg dem Eckhart unter dem Freiberg eine Wiese, „ gesezzen an der muehl “21 , versetzte. In weiterer Folge scheint in verschiedenen Verkaufsurkunden und Verträgen eine Vielzahl an Namen dieses Freiberger Geschlechts auf. 22 In der Walseer Fehde standen die Freiberger an der Seite der Herren von Stubenberg, also auf Seite des Landesfürsten Herzog Ernst, und kamen daher mit den Walseern in kriegerische Verwicklungen. Baravalle vermutet, dass ihr Turm während der Walseer Fehde 1410 zerstört wurde und die Freiberger in den Kämpfen gefallen seien. 23 Hausmann geht davon aus, dass diese Fehde wohl den Freibergern den wirtschaftlichen Ruin brachte, ihr Turm aber nicht zu Schaden kam, da er ja nachweislich 1475 noch stand. 24 Im Stadlerischen Teilungsvertrag aus dem Jahre 1475 werden schließlich zwei Mühlen genannt, wobei eine davon als jene „ bey dem Thurm 25 “ bezeichnet wurde. Mit diesem erwähnten Turm wird wohl der Wehrbau der Freiberger gemeint sein. 26 Wie sich die Besitzabfolge im 15. Jahrhundert nach den Freibergern entwickelte, ist nicht belegbar. Arnfelser nimmt an, dass zuerst die Walseer und dann die Familie der Wildenstein den Sitz auf Freiberg innehatten. 27

4.2 Die Ritter und Freiherrn von Stadl

Nach Baravalle wurde der Besitz, nach dem vermutlichen Aussterben der Freiberger, von den Stubenbergern an ein anderes Dienstmannengeschlecht, an die Stadler, verliehen. Die unruhigen Zeiten des 15. Jahrhunderts verhinderten möglicherweise den Ausbau der Burg und so wurden vermutlich nur ein Beobachtungsposten und eine Kreidfeuerstelle errichtet. Es wäre möglich, dass erst nach dem Ungarnkrieg 1532 mit der Errichtung der Burg begonnen wurde. 28

21 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 22 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 23 Vgl. Robert Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 580. 24 Vgl. R. Hausmann, Freiberg 1981, S. 12. 25 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, S. 1983, S. 184. 26 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 27 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 147. 28 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 580 f. 14

Auch über die Herkunft der Stadler ist wenig bekannt. Als Stammsitz der Stadler ist ein seit 1265 bestehender Wehrbau bei Mitterdorf an der Raab dokumentiert, aus dem dann im 16. Jahrhundert das Schloss Stadl entstand.29 Mitglieder der Familie scheinen schon Anfang des 14. Jahrhunderts in verschiedenen Urkunden auf. Nachweislich besaß Ulrich Stadler 1318, zusammen mit seinem Bruder Leo, Besitzungen in St. Ruprecht a. d. Raab 30 und ist „gesezzen pey der Rab“31 . Die Stadlerische Familienchronik berichtet von einem Lewbleyn (Leibl) Stadler als Lehensträger der Stubenberger, der im Umfeld von Freiberg Besitzungen innehatte. Er wird 1385 als Vetter des Ott der Freynperger bezeichnet. Möglich ist daher auch, dass die Stadler infolge ihrer Verwandtschaft mit den Freibergern als Erben in Frage kamen. 32 Über Herrschafts- und Familiengeschichte des Geschlechts gibt uns die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Franz Leopold Wenzel, Freiherr v. Stadl, verfasste, vierbändige Familienchronik genaueren Aufschluss. 33 Ritter Wolfgang Stadler verfügte bereits im Jahr 1457 in Ludersdorf über einen Hof, sechs Huben und acht Hofstätten. Dieser Besitz, der sich später zum ersten Amt der Herrschaft Freiberg entwickelte, wurde die Grundlage der sich ständig vergrößernden Herrschaft. Zu diesem umfangreichen Besitz gehörte auch ein ‚Turm zu Freiberg’ nebst Besitzungen in der Ost- und Obersteiermark. Im Jahr 1475 verstarb Wolfgang Stadl und sein Besitz wurde unter seinen Söhnen Andre, Wilhelm und Bernhard zu je einem Drittel aufgeteilt. 34 Sein Haus in Graz, Stempfergasse Nr. 7 wurde 1478 im gleichen Verhältnis vererbt und verblieb bis ins 16. Jahrhundert im Besitz der Stadler. 35 1476 belehnte Kaiser Friedrich III. den Senior der Familie, Andre Stadler, mit weiteren Huben und Hofstätten im Umfeld von Freiberg. 36

29 Vgl. Angelika Halbedl, Schloss und Herrschaft Kornberg. Unter besonderer Berücksichtigung der „Acta familia derer Freyherrn von Stadl“, Dipl., Graz 2001, S. 26. 30 Fünfing, Prebuch, Preding 31 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 32 Vgl. Robert Friedrich Hausmann, Die Stadler und die Anfänge der Herrschaft Freiberg in: Mitteilungsblatt der der historischen Landeskommission für Steiermark 3, Graz 1990, S. 63. 33 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 193. 34 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 35 Vgl. Wiltraud Resch, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz. Die Profanbauten des 1. Bezirkes. Altstadt, Österreichische Kunsttopographie Bd. 53, Wien 1997, S. 646. 36 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 18 f. 15

Nach dem frühen Tod seiner Brüder Andre und Wilhelm erbte Bernhard Stadler nun auch deren Besitzungen. Er ging nun daran, den Turm zu Freiberg zu einer Wohnstätte auszubauen, obwohl er selbst, wie Hausmann annimmt, wohl eher auf seinem väterlichen Besitz in Stadl wohnte. Seinen ‚Siz am Freyperg’ baute Bernhard im Stil der Renaissance zu einem Herrschaftssitz aus. Der umfangreiche Stadlerische Besitz konnte von Stadl aus nicht mehr verwaltet werden, weshalb Bernhard Schloss Freiberg als neues Verwaltungszentrum einrichtete.37 Durch das Heraustrennen von nahen Gütern aus dem übrigen Besitz der Stadler schuf er die Herrschaft Freiberg, die im 17. und 18. Jahrhundert unter der Familie der Kollonitsch zu einer der größten in der Oststeiermark wurde. 38 Die von Bernhard geschaffene Herrschaft umfasste einige Dominikalbesitzungen, einen Meierhof, ein Fischwasser und die Untertanen des Dorfes Ludersdorf, welches die Stadler als landesfürstliches Lehen innehatten. Bernhard Stadler wurde 1490 von Kaiser Friedrich III. zum Ritter geschlagen und durfte sich als erster seines Geschlechtgs „von Stadl“ schreiben. Er wurde nach seinem Tod im Jahr 1524 in der Familiengruft der Pfarrkirche St. Ruprecht a. d. Raab beigesetzt. Seinen beträchtlicher Besitz, er umfasste Gülten im Ausmaß von 444 Pfund, teilten seine Erben untereinander auf. Sein Sohn Georg, (Abb. 2) aus zweiter Ehe mit Anna Graf von Schernberg, nahm den Freiberger Anteil in Besitz. 39 Georg Stadlers Besitz umfasste nun das „ ‚haus an freyperg’, das Dorf Ludersdorf mit 18 Untertanen, Weingärten am Hohenberg, am Sattlegg und am Freiberg mitsamt Obstgärten, den Meierhof, eine Mühle, die Fischrechte in der Raab und im Kötschmannbach (die schon 1517 durch Kaiser Maximilian an die Stadler gekommen waren), Wälder, Äcker und Wiesen und das nicht mehr feststellbare ‚Amt im Boden’ “.40 Als Georg am 2. April 1557 starb, übernahm sein Frau Maria den gesamten Besitz und

37 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 38 Vgl. Reinhard Gütl, 50 Jahre Gemeinde Ludersdorf-Wilfersdorf 1955–2005, Festschrift, Ludersdorf 2005, S. 12. 39 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S.184 f. 40 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 185 f.

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hatte laut Testament das Wohn- und Besitzrecht so lange inne, „ als sie Witwe bliebe “41 . Sie vererbte den gesamten Besitz an Erasmus Stadler, einen Halbbruder Georgs.42 Erasmus Stadler verfügte aus dem Erbe seines Vaters Bernhard über Besitzungen um Gleisdorf und Güter in der Ober- und Untersteiermark. Nach dem Tod seiner Halbbrüder Christoph und Georg übernahm er auch deren Besitzungen. Erasmus konnte seinen Besitz in den darauf folgenden Jahren noch vergrößern und mit dem Erwerb der Herrschaft Riegersburg im Jahre 1570 um 39.000 Gulden von Hans Reinprecht von Reichenburg fast verdoppeln. Erasmus ging nach der Übernahme der Herrschaft Freiberg daran, den Besitz durch Tausch von Besitzungen zu zentralisieren. Weiters gliederte er aus dem Riegersburger Herrschaftsbereich den Markt Gleisdorf aus und teilte ihn der eher armen Herrschaft Freiberg zu, der dadurch einige besondere Rechte und Mittel zukamen. 43 Weiters erwarb er in Graz das ‚Freyhauß’ in der Herrengasse. 1559 erhielt Erasmus zusammen mit den Söhnen des Georg und Andre Stadler das Recht, rot zu siegeln 44 und wurde als erster in seiner Familie Abgeordneter der steirischen Landstände und Geheimer Rat. Erasmus Stadler, der sich in seinem Testament zur evangelischen Religion bekannte, starb am 30. Mai 1578 in Graz. 45 Er wurde in der Pfarrkirche in Riegersburg beigesetzt, wo ein prächtiges Epitaph an ihn erinnert (Abb. 3). Als Erbe von Freiberg war sein noch unmündiger Sohn Gottfried vorgesehen, dessen Mutter Eva bis zu seiner Volljährigkeit den Besitz verwalten sollte.46 Gottfried Stadler übernahm noch vor 1588 die Verwaltung der Herrschaft Freiberg. 1597 wurden er und seine Halbbrüder Hans, Christoph und sein Vetter Hans Andre von Kaiser Ferdinand I. in den Freiherrenstand erhoben. Sie durften von nun an das Attribut ‚auf Riegersburg, Lichtenegg und Freiberg’ verwenden. 47 Nachdem sich Gottfried Stadler zu Stadl als Kriegsmann in der Türkenabwehr erfolgreich bewiesen hatte, wurde er im Jahr 1605 von der steirischen Landschaft zum

41 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 185. 42 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 185 f. 43 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 186. 44 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 29. 45 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 31 f. 46 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 186. 47 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 33. 17

Rittmeister über die im Viertel Vorau aufgebrachten 133 Gültpferde ernannt. Weiters war er als Kommissar für die Errichtung von Befestigungen und Fliehburgen gegen die in verstärktem Maße einfallenden Türken und Haiducken verantwortlich.48 Diese brandschatzten bei ihren Streifzügen auch Gleisdorf und verwüsteten die umliegenden Felder, verschonten aber Schloss Freiberg. 49 Gottfried, der durch seine politischen Ämter und seinen ständig größer werdenden Besitz die wirtschaftlichen Maßnahmen nicht selbst tätigen konnte, hatte Verwalter angestellt, die ihm einen jährlichen Bericht vorzulegen hatten. Mit der Intensivierung von Weinbau bemühte man sich, einen gutswirtschaft lichen Erfolg zu erreichen. Der gekelterte Wein wurde dann im Stadlerischen Freihaus in Graz veräußert. Unter Gottfried wurde auch der Schlossbau erweitert, behielt jedoch weiterhin seinen Wehrcharakter. Der Umkreis der Besitzungen der Herrschaft Freiberg dehnte sich von ehemals sechs km auf mehr als 25 km aus, mit den Besitzungen bei Luttenberg in der Untersteiermark erstreckte er sich über eine Entfernung von 60 km 50 . Um 1610 unterstanden der Herrschaft Freiberg der Markt Gleisdorf und zehn Ämter. Gottfrieds Besitz umfasste neben Freiberg noch die Herrschaften Stadl, Kornberg, Krottendorf, Massenberg, Oberradkersburg, Hollenegg und Freienstein . In seinem Testament aus dem Jahre 1625 setzte er seine zweite Frau, Johanna von Hollenegg, als Erbin der Herrschaften Freiberg und Stadl „mit allen Rechten und Gerechtigkeiten, Freiheiten und Gülten“51 ein . Gleichzeitig verfügte er, dass beide Herrschaften und das Freihaus zu Graz als ein ordentlicher Fideikommiss auf den Namen der Freiherren zu Stadl, „solange einer im Mannesstamme vorhanden“52 , zu führen seien. 53 Auf diese Weise sollte der Besitz vor Pfändungen und Verkäufen abgesichert werden, denn in den Jahren bis 1627 waren Schulden in der Höhe von 126.492 Gulden angelaufen. Gottfried konnte man dafür nicht verantwortlich machen, denn die Inflation dieser Zeit, die so genannte Kipper- und Wipperzeit,54 sorgte für

48 Haiducken waren ungarische Söldner in osmanischen Diensten. 49 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 186. 50 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 194. 51 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 186. 52 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 186. 53 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 186 f. 54 Größte Geldentwertung Mitteleuropas zu Beginn des 30jährigen Krieges. 18

enorme Preissteigerungen.55 Gottfried rechtfertigte sich auch mit der Erklärung, dass er durch sein Darlehen an den Kaiser mit 60.000 Gulden „zuschaden khomben sei“56 .

4.2.1 Die Auswirkungen von Reformation und Gegenreformation

Die Ausbreitung des Protestantismus (Augsburger Richtung) nahm auch in der Steiermark unter der Bevölkerung, besonders bei einem Großteil des Adels, ein erhebliches Ausmaß an. Die Prädikanten, die neuen evangelischen Prediger, waren weitgehend nur dem Adel verpflichtet, und so entzog man sich der Bevormundung der Kirche. Zusätzliche finanzielle Vorteile ergaben sich aus den Abgaben, die von der Bevölkerung an die Kirche entrichtet werden mussten und die nun der Adel für sich beanspruchte. Zudem wurden zu dieser Zeit die Missstände in der römischen Kirche erkannt und führten bei einem großen Teil der Bevölkerung zur Überzeugung, dass nur der Protestantismus der richtige Weg für das Seelenheil sei. Auch eine große Anzahl von Gleisdorfer Bewohnern, an der Spitze die Freiherren von Stadl, bekannten sich zur neuen Lehre. 57 Erasmus und seine Söhne Hans, Christoph und Gottfried hatten sich spätestens in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts den Gedanken Luthers angeschlossen. Die Familie in Gleisdorf unterhielt seit 1576 einen evangelischen Prädikanten und 1601 weilte bei Gottfried auf Schloss Freiberg nachweislich ein Prediger. 58 Durch die rigoros durchgeführte Gegenreformation ergaben sich jedoch erhebliche Schwierigkeiten und in der Folge wurden Untersuchungskommissionen in die größeren Orte, so auch nach Gleisdorf, geschickt, die in Glaubenssachen Untersuchungen anzustellen hatten. 59 Die Religions- und Kultusfreiheit, die Erzherzog Karl anfangs noch zugestanden hatte, wurde von seinem Sohn Ferdinand aufgehoben. 1600 wurden alle protestantischen Bürger aus der Steiermark ausgewiesen. Dem Adel wurde zwar weiterhin Gewissensfreiheit zugestanden, er durfte aber keine Prädikanten halten. Diese Sonderstellung änderte sich mit dem Sieg von Ferdinand II. im Dreißigjährigen

55 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 193. 56 R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 36. 57 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 37. Damals entstand folgender Sager: „Dem Luthertume zugewandt war mancher hohe Adel. In Gleisdorfs schönem Hügelland war es der Herr von Stadl.“ 58 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 35. 59 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 37 f. 19

Krieg. Am 1. August 1628 erging vom Kaiser per Generalmandat der Befehl, dass alle evangelisch gesinnten Adeligen das Land zu verlassen hätten. Ihr Besitz konnte innerhalb eines Jahres veräußert werden. Diejenigen, die sich nicht des Katholizismus ‚anzubequemen’ gedachten, emigrierten in Richtung süd- und mitteldeutsche Reichsstädte oder Westungarn. Auch die Freiherrn von Stadl waren unmittelbar von den landesfürstlichen Maßnahmen betroffen. Allen Widrigkeiten zum Trotz blieben die Schlossherren und Bewohner der Umgebung aber weiterhin Protestanten. 60 Hans und Christoph von Stadl hatten das Vogteirecht über die Pfarre Gleisdorf, an der schon seit sieben Jahren ein evangelischer Pfarrer zur allgemeinen Zufriedenheit sein Amt ausübte. Sie mussten, trotz mehrfacher Eingaben, auf Befehl Erzherzog Karls die Pfarrei mit einem vorgeschriebenen katholischen Pfarrer besetzen. 61 Außerdem wurden sie von der Kommission verdächtigt, ausgewiesene Prädikanten bei sich auf Freiberg versteckt zu haben. 1628 wurde Stefan Wampl, der Pfleger auf Gottfrieds Herrschaft Freiberg, ausgewiesen. 62 Um den Familienbesitz zu halten, teilte sich schließlich die Familie Stadl, wie viele andere adelige Familien, in eine katholische und protestantische Linie und Gottfried konvertierte zum katholischen Glauben.

4.2.2 Das Testament des Gottfried Freiherr von Stadl

Aus dieser schwierigen Situation heraus ist auch Gottfrieds Testament zu verstehen. Kurz vor seinem Tod verfasste Gottfried im Jahr 1627 noch einen Nachtrag zum Haupttestament. Er änderte die Bedingungen für die Erbfolge dahin, dass, sollte kein katholischer Stadler gefunden werden, die Herrschaften an das Geschlecht derer von Kollonitsch, „ so von meiner Schwester herkommen “63 , übergehen sollen. Er bestimmte weiters, dass der älteste des Namens erbberechtigt sein sollte und verpflichtete die Kollonitsch, für das Seelenheil Gottfrieds ein Kapuzinerkloster zu errichten, wofür mindestens 12.000 Gulden aufgewendet werden sollten. Gottfried Freiherr von Stadl

60 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 42. 61 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, S. 39. 62 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 36 f. 63 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 187. 20

starb am 29. Mai 1627 und wurde im Grazer Dom beigesetzt, 64 wo eine Grabplatte vor dem von ihm gestifteten Ignatius-Altar an ihn und seine zweite Frau erinnert. 65 Im Grazer Freihaus fand man nach seinem Tod eine Barschaft von 520 Dukaten und verschiedenen anderen Münzen, weiters auch 518 silberne ‚Raitpfennige’66 aus dem Jahr 1608 mit dem stadlerischen und steirischen Wappen (Abb. 4). Die Aversseite dieser Rechenpfennige zeigt die Umschrift GOTFRIT.FREI.H.V.STADL., die Reversseite VERORDENTER.IN.STEYR. 67

4.2.3 Das Wappen der Stadler

Das älteste Wappen der Stadler zeigte ein schwarzes Tor mit Tupfen und Zinken, ein weiteres um 1400 zeigt zwei Arme. Das spätere Stadlerische Wappen mit den drei Armen geht auf eine Erzählung aus den Türkenkämpfen vor Wien hervor (Abb. 5). Ein Stadler soll mit einer kleinen Gruppe so tapfer gekämpft haben, dass er zwar von den Türken gefangen genommen wurde, aber, mit Geschenken und einem Schreiben an den Kaiser versehen, wieder freigelassen wurde. Die Botschaft des Schreibens soll gelautet haben, 68 „als wann ein jeder nicht zwey aber fünf Armb gehabt hätt “69 . Die testamentarischen Bestimmungen wurden nach Gottfrieds Tod der Auslöser für Erbstreitigkeiten, die über zehn Jahre andauern sollten. Da jedoch kein katholischer Stadler mehr in der Steiermark lebte, kamen die Söhne von Gottfrieds Schwester Johanna, Ott Gottfried und Erasmus Ferdinand von Kollonitsch, 1638 durch „ guettliche Hanndlung und Vergleich “ 70 in den Genuss der Stadl’schen Erbschaft. Die beiden Brüder waren 1637 von Kaiser Ferdinand III. in den Grafenstand erhoben worden. 71

64 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 187. 65 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 39. 66 Raitpfennige (Rechenpfennige) sind Metallmarken, welche zum Rechnen mit dem Rechenbrett verwendet wurden, aber keine Kaufkraft besaßen. Im 18. Jh. setzte sich das schriftliche Rechnen durch. 67 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 39. 68 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 39 f. 69 R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 39. 70 R. Hausmann in: Gleisdorf,1983, S. 188. 71 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 148. 21

4.3 Die Freiherren und Grafen von Kollonitsch

Nach Hausmann stammte das Geschlecht Kollonitsch aus Kroatien und benannte sich ursprünglich nach dem Stammgut Kollograd. Demnach wanderten die Kollonitsch infolge der Türkenbedrohungen im 16. Jahrhundert in die Steiermark und teilweise auch nach Ungarn aus. 72 Eine Quelle aus Gleisdorf belegt, dass es Ott Gottfried von Kollonitsch trotz anfänglicher Verschuldung gelang, in knapp 20 Jahren die Besitzgröße der Herrschaft Freiberg zu verdoppeln. 73 Dafür waren vor allem die Einnahmen aus dem Weinbau verantwortlich. Andere Versuche, das Gut zu bewirtschaften, waren weniger erfolgreich. Im Jahre 1641 kaufte Ott Gottfried von Kollonitsch das sogenannte Judelhaus in der Grazer Schmiedgasse Nr. 21 – allerdings, um es weitergehend als Stadtpalais umgestalten zu lassen. Unter Einbeziehung von Bausubstanz aus dem 15. und 16. Jahrhundert ließ er dort das heutige Palais errichten. 74 Ebenso nahm Ott Gottfried von Kollonitsch am Schloss Freiberg und den dazugehörenden Gebäuden bauliche Veränderungen vor, die mit hohem finanziellem Aufwand verbunden waren. Ott Gottfried starb am 28. Mai 1664 und wurde in dem von ihm 1639 gestifteten Kapuzinerkloster in Leibnitz beigesetzt,75 seine Gemahlin folgte ihm am 6. Juni 1669. Sie hinterließen die gemeinsamen Kinder Johanna, Ott Seifried, Georg Gottfried, Maria Constantia, Sophie Renata und Anna Rosina. In seinem Testament aus dem Jahr 1660 erklärte Ott Gottfried von Kollonitsch seinen Besitz, die Herrschaft Freiberg, das Freihaus in der Schmiedgasse in Graz, einen Wald bei St. Leonhard und kleinere Besitzungen in und um Graz „zu erhaltung meineß Mannßsnamen und Geschlecht “76 zu einem ‚videicommiß 77 .’ Das bedeutete eine Erbberechtigung für seinen ältesten Sohn und zugleich ein Veräußerungs- und Belastungsverbot. Allerdings konnte der vorgesehene Universalerbe Ott Seifried von Kollonitsch aufgrund geistiger Verwirrung

72 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 42. 73 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf, 1983, S. 188. 74 Vgl. Wiltraud Resch, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, 1997, S. 572. 75 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf 1928, S. 148. 76 R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 190. 77 Wird später als ‚Fideikommiss’ bezeichnet. 22

sein Erbe nicht antreten, sodass sein Bruder Georg Gottfried von Kollonitsch 1664 das Erbe übernahm. Dieser kümmerte sich wenig um den herrschaftlichen Betrieb und wurde im Jahr 1671 von seinem eigenen Schwager, Carl Graf Saurau, erdolcht. Nach dem Tod von Georg Gottfried von Kollonitsch wurde ein Inventarverzeichnis angelegt, das hohe Schulden ausweist, jedoch gleichzeitig eine Truhe unbekannter Herkunft erwähnt, die Münzen im Wert von einer geschätzten Million Dukaten enthalten haben soll. Eine Sage über Freiburg wird deshalb mit Georg Gottfried von Kollonitsch in Verbindung gebracht. In dieser Erzählung wird von einem Gutsherrn berichtet, dem der Teufel beim Wühlen im Geld das Leben genommen hätte. Da Georg Gottfried keinen männlichen Nachfolger hatte, wurde der Besitz im Jahr 1671 nach den Fideikommissbestimmungen vom Ältesten des Geschlechts, Ferdinand Ernreich Graf von Kollonitsch, übernommen. Ferdinand Ernreich hatte ab 1673 im kaiserlichen Heer den Rang eines Obersten inne, war in Polen stationiert und 1683 am Entsatz Wiens beteiligt. Kaiser Leopold I. übergab ihm auf Grund seiner militärischen Verdienste mehrere Lehen. Ferdinand Ernreich bemühte sich, seinen Besitz zu vergrößern und erwarb größere Besitzungen im oststeirischen Raum. Anna Magdalena, Gräfin von Herberstein, verkaufte ihm die Herrschaft Mühlhausen mitsamt dem gleichnamigen Schloss im Markt Gleisdorf. Vier zusätzliche Ämter, nämlich Nestelbach, Wünschendorf, Hofstätten und St. Margarethen a d. Raab, standen nun unter der Verwaltung Freibergs. Robert Hausmann ist überzeugt, dass unter Ferdinand Ernreich der planmäßige Ausbau des Schlosses Freiberg in seiner heutigen Form fortgeführt und beendet wurde, denn er verfügte aus dem Erbe Georg Gottfrieds über die nötigen finanziellen Mittel. Die vom Kupfersteher Georg Mathias Vischer 1681 gefertigten Bilder vermitteln uns das imposante Aussehen des Schlossbaues. Nach dem Tod Ferdinand Ernreichs im Jahre 1695 folgte sein Bruder Georg Wilhelm, Graf von Kollonitsch, als Universalerbe. Er leitete bis 1707 mit viel Erfolg den Herrschaftsbetrieb, hinterließ jedoch keinen Sohn. Man fand einen Nachfolger in einem entfernten Verwandten, dem kaiserlichen Generalfeldmarschall in Ungarn, Adam von Kollonitsch, der ebenfalls ohne männlichen Nachfolger blieb. 1726 folgte ihm sein Neffe, Erzbischof Sigismund, Graf von Kollonitsch.78

78 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 190 f. 23

4.3.1 Kardinal Sigismund, Graf von Kollonitsch

Sigismund wurde am 30. Mai 1676 geboren und 1699, nach seinem Studium in Rom, in Wien zum Priester geweiht. Er stammte aus einer sehr angesehenen Familie und war der Neffe von Kardinal Leopold Karl Graf Kollonitsch, eine der populärsten Persönlichkeiten der zweiten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683. 1708 wurde Sigismund zum Bischof von Waitzen ernannt, wo er ein Piaristenkloster stiftete. Kaiser Karl berief ihn schließlich 1716 nach Wien und 1722 wurde er zum ersten Erzbischof von Wien ernannt Seine klerikale Karriere krönte Papst Benedikt XIII. mit der Verleihung der Kardinalswürde im Jahr 1727.79 Dass der Kardinal ein eifriger Förderer von Kirchen- und Klosterbauten war, bewies er auch in Gleisdorf mit dem Bau der Wallfahrtskirche Mariä Reinigung und des angeschlossenen Piaristenklosters. 80 Nach der Übernahme der Herrschaft Freiberg im Jahr 1726 bemühte sich der Kardinal (Abb. 6), neue Besitzungen zu erwerben und führte sowohl im Schloss als auch im Grazer Stadtpalais umfangreiche Renovierungsarbeiten durch. 81 Wieder ergab sich jedoch das Problem der Erbfolge. „Damit dieses Geschlecht nicht in der Person des Kardinals ausgehen möchte’“82 , erteilte ihm der Kaiser auf Grund seiner Verdienste die Erlaubnis, den Sohn der Halbschwester seines Vaters, Ladislaus, Baron von Zajesda, zu adoptieren. 83 Dieser musste sich von nun an ‚Graf von Kollonitsch’ nennen und wurde als Universalerbe aller Herrschaften und Besitzungen Sigismunds eingesetzt . Der Kardinal, der am 12. April 1751 in Wien verstarb, wurde in der Bischofsgruft des Wiener Stefansdoms beigesetzt. 1745 übernahm Ladislaus die Herrschaften Freiberg und Mühlhausen. Im darauf folgenden Jahr erwarb er um 45000 Gulden von Ferdinand Joseph, Graf von Pranck, die Herrschaft und Schloss Dornhofen bei Eggersdorf samt Hubämtern und einigen Bergämtern. 84 Nach dem Erwerb von Dornhofen zählten nun im Umkreis von 25 Kilometern 26 Ämter und ein Markt zum Verwaltungs- und Herrschaftszentrum. 85

79 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 61 f. 80 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 78. 81 Vgl. R. Gütl, Gemeinde Ludersdorf-Wilfersdorf, 2005, S. 13. 82 F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 149. 83 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 149 f. 84 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 63. 85 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1982, S. 96. 24

Nach Ladislaus´ Tod im Jahr 1780 folgten im Besitz seine Söhne Sigmund, 1790 Ladislaus und 1809 Rittmeister Maximilian. Letzterer wurde auf Grund seiner Tapferkeit im Kampf gegen die Türken 1790 mit dem Ritterkreuz des Maria-Theresia- Ordens ausgezeichnet und in weiterer Folge zum Major, Oberst und schließlich zum Feldmarschall-Leutnant in Ungarn ernannt. Maximilians Sohn gleichen Namens hat das Erbe 1831 angetreten, starb 1874 und wurde in Schützen in beerdigt. Er war der letzte männliche Spross des Kollonitschen Geschlechts.86 Um eine Vorstellung von der Größe des Besitzes zu geben, die sich bis zum Tod des letzten Kollonitsch nicht verändert hat, soll hier die folgende Aufstellung festgehalten werden. Aus der Zeit um 1827 ist eine Darstellung des ehemaligen Bezirks Freiberg erhalten, welche die Produktions- und Besiedlungsverhältnisse festhält. Ein kurzer Auszug daraus: Die Fläche des Bezirks betrug 30.641 Joch 321 Klafter 87 – auf heutige Maße umgelegt ca. 17.650 ha Grund. Der Bezirk umfasste 41 Steuergemeinden mit einer Bevölkerungszahl von 6160 männlichen und 6567 weiblichen Personen. Im Bezirk befand sich die Verwaltung der vereinigten Herrschaften Freiberg, Mühlhausen und Dornhofen, einschließlich des politischen Bezirkskommissariats. 88 Zu den Hoheiten zählten die Jagd in verschiedensten Gemeinden, die Fischerei und das Vogteirecht über die Pfarrkirchen Gleisdorf und Puch und die Piaristenkirche in Gleisdorf. Die Untertanen bestanden aus 1563 behausten und 805 unbehausten Bauern. 89 Weiters waren auch die Befugnis zur Ausübung der Rechtspflege, der so genannten Patrimonialgerichtsbarkeit, und ein Burgfried mit der Herrschaft verbunden. 90 1878 berichtet Janisch, dass der Besitz nach dem Ableben des letzten Sprosses der Kollonitsch nach dem Willen des Kardinals dem Bistum Seckau zufallen solle. Die gräflichen Erben der weiblichen Linie fochten das Testament an, worauf das Gut bis zur Entscheidung des Gerichts von einer Fideikomm iss behörde administriert wurde. 91

86 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 66. 87 1 Joch – 1600 Quadratklafter = 0,575464 ha. Einführung metrischer Maße 1872. 88 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 160 f. 89 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 151 f. 90 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 156. 91 Vgl. J. Janisch, Topographisch-statistisches Lexikon von Steiermark, 1878, S. 227. Dieser Prozess war im Erscheinungsjahr des Buches noch in Schwebe. 25

4.3.2 Das Wappen der Kollonitsch

„Das Kollonitschwappen besteht aus einem dreimal gespaltenen und einmal geteilten Schild mit einem viergeteilten Herzschild. Dieser zeigt auf rotem Grund einen aufspringenden, natürlichen Wolf nach rechts (1,4) und ein Rad (2,3). Der Hauptschild zeigt einen mit je drei Lindenblättern versehenen Schrägrechtsbalken (1,6), einen silbernen Dreikantkristall auf Gold (2), den aufspringenden, natürlichen Panther nach rechts (3,4) und eine silberne Fischgräte auf Gold (5) (Abb. 7). Das Wappen Kardinals Sigismund von Kollonitsch (Abb. 8) wurde noch mit einem schwarzen Kardinalshut und den Kardinalabzeichen versehen.“ 92

4.4 Die Nachbesitzer des Schlosses

Nach dem Tod des letzten Kollonitsch kam es zur Zersplitterung der Herrschaft, in rascher Abfolge wechselten die Besitzer. So kann es auch nicht verwundern, dass das Schloss immer mehr verwahrloste und beinahe dem Verfall preisgegeben war. Lückenlose Eigentümerfolgen lassen sich nicht mit Sicherheit nachweisen.93 Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert waren auf Freiberg Besitzer: Franz Lambrecht, dann J. Koch, danach Erwin Müller (k. k. österreichischer Konsul in Siam), um 1919 Rainer Hückl (Schlossverwalter und Fabriksbesitzer in Wien), weiters Dr. Wondrasch und um 1933 Oberst Knapp 94 sowie Valerie von Knapp.

4.4.1 Verkaufsbestrebungen

Am 10. 9. 1933 verfasste der Rechtsanwalt Dr. Alfons Minarik (Gleisdorf) ein Schreiben im Auftrag von Frau Valerie von Knapp (Herrschaftsbesitzerin von Schloss Freiberg) an den Hochwürden wohlgeborenen Herrn Dr. Steiner (Kanzler der Diözese Seckau – Graz), worin er mitteilte, dass die Besitzerin beabsichtige, das Gut an eine klösterliche Niederlassung zu veräußern. Die Marienhilfe Missionskongregation, eine aus Würzburg stammende Mission, zeige sich sehr interessiert. Doch nach einem regen Briefwechsel wurde das Ansuchen von der Diözese mit der Begründung abgelehnt,

92 R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 66. 93 Laut telefonischer Auskunft liegen im zuständigen Gemeindeamt Ludersdorf keine Aufzeichnungen über die damaligen Bewohner des Schlosses vor. 94 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 157. 26

dass die Bewirtschaftung des Gutes nicht rentabel und für die neuen Besitzer nicht kostendeckend wäre. Der geforderte Preis von S 360.000,-- sei darüber hinaus zu hoch. Die Größe des Besitzes wurde hier mit 336 Joch (davon ein Drittel Wald), dem Schloss mit ca. 60 Räumen und weiteren Nebengebäuden mit ebenfalls 20–30 Wohnungen angegeben. Im Schreiben vom 18. 7. 1934 wurde somit die Bewilligung verweigert, die Mission zog daraufhin ihr Ansuchen zurück.95 Nach Valerie von Knapp war um 1939 Frau Alexandra Honsig–Erlenburg neue Besitzerin. Während des zweiten Weltkrieges wollte die NSDAP das Schloss für sich beanspruchen und nach dem Krieg wurde darin ein Kinderheim untergebracht. Um 1952 scheint Luise Erler als Besitzerin auf 96 , 1956 wurden im Schloss Ungarnflüchtlinge untergebracht. Den gesamten Gutsbetrieb hat Frau Dr. Hedwig Erler Helmut Hein auf Leibrente übergeben. Nur das Schloss verblieb in ihrem Besitz. 1966 erwarben Univ. Prof. Herbert Fischer und, als Miteigentümerin, Frau Helga Fischer das Schloss und planten, ein Kultur- u. Forschungszentrum samt Museum darin einzurichten. Mit Unterstützung des BDA wurden wesentliche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. 97 Der plötzliche Tod des Ehepaares am 19. Dezember 1971 überantwortete Freiberg erneut einem ungewissen Schicksal. Ab 1973 waren Erich Mohringer, Eva Mohringer und Walter Haibel die neuen Besitzer und begannen, das Gebäude in kleinen Schritten zu sanieren. 2007 verkaufte Walter Haibl seinen Anteil an Dr. Wolfgang Winter und Susanne Hofmann. Die Haupterbin des im Jahr 2001 verstorbenen Erich Mohringer, Alexandra Kober, geb. Mohringer, betrieb im Schloss, gemeinsam mit ihrem Mann, die von den Eltern übernommene Buchbinderei. Die neue Besitzergemeinschaft ließ in den letzten Jahren das teilweise schon einsturzgefährdete Schlossgebäude mit Unterstützung des BDA generalsanieren. 98

95 Vgl. Diözesanarchiv, Akt: Freiberg, 1933/34. 96 Vgl. BDA, AE 1124/1-42 u. Vgl. BDA, GZ 1385 – 60/498/57 97 Vgl. BDA, Zl. 1676/1966. 98 Mitteilungen v. der heutigen Besitzerin Frau Kober. 27

5 Relevante baugeschichtliche Entwicklungen in der Steiermark

5.1 Abriss der Entwicklung vom Wehrbau zum Wohnschloss

Von den ersten Wehrbauten des 12. Jahrhunderts bis zum Ende des 16. Jahrhunderts waren Burgen reine Zweckbauten, die sowohl Lebensraum als auch Schutz bieten mussten. Mit dem Aufkommen der Pulverwaffen gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurden allerorts notwendige Erneuerungs- und Erweiterungsbauten durchgeführt. 99 Die dicken Mauern boten aber gegen die im 16. Jahrhundert eingesetzte Artillerie der Türken kaum mehr Sicherheit, sodass die Burgen ihre Schutzfunktion weitgehend verloren. Es wurde notwendig, die Festungen zu modernisieren und kampftechnisch anzupassen. Ingenieure und Theoretiker, wie auch Albrecht Dürer, ersannen neue ‚Manieren’, Systeme zur besseren Verteidigung von Städten, Burgen und Schlössern. Die Erfindung der Bastion, ein Novum der Architektur, 100 war ein wesentlicher Schritt in Richtung moderne Befestigungsanlage. Das ‚neue italienische Bastionärsystem’ entstand in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Oberitalien und prägte über drei Jahrhunderte den Festungsbau. Die Merkmale dieses fortifikatorischen Prinzips sind fünfeckige, pfeilspitzenartige Auskragungen der Mauern, die Bastionen, die mit dazwischenliegenden Kurtinen verbunden sind und eine optimale Längsbestreichung der Festung ermöglichen (Abb. 9). Die Schrägstellung der Mauern verminderte außerdem die Wirksamkeit der feindlichen Geschosse.101 Italienische Baumeister, Maurermeister, Poliere und Steinmetze, die hauptsächlich aus der Umgebung von Como und Lugano stammten, wurden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Österreich geholt. Sie wurden allgemein als Comasken, ‚maestri comacini’, bezeichnet und setzten ihre Kenntnisse und Erfahrungen im modernen Festungsbau um. Die Landesverteidigung wurde nun den befestigten Städten übertragen. Unter Ferdinand I. wurde ab 1544 die Neubefestigung von Graz nach der

99 Vgl. Otto Piper, Burgenkunde. Bauwesen und Geschichte der Burgen, vielfach verb. u. erw. Nachdruck d. 3. Aufl. 1912, München 1993, S. 134. 100 Vgl. Ludwig Neumann, Festungsbau-Kunst und –Technik, Bonn 2004, S. 136 f. 101 Die Bauformen der italienischen Renaissance, wie Säulen, Pilaster, Tonnengewölbe basieren auf Vorbildern der griechischen und römischen Antike, die neue Wehrbautechnik mit Bastionen hingegen hatte keine antiken Vorbilder. 28

‚Neuitalienischen Manier’ in Angriff genommen, er selbst wurde zum obersten Leiter Domenico dell`Aglio ernannt. 102 Da sich die Steiermark bis zur siegreichen Schlacht von Mogersdorf im Jahr 1664 unmittelbar von den Türken bedroht sah, musste auch die Bewehrung der Burgen und Schlösser den Erfordernissen der Kriegsführung mit Artillerien angepasst werden. Nach Möglichkeit versuchte man, auch beim Um- oder Neubau der mittelalterlichen Höhenburgen das neue italienische Prinzip der Stadtbefestigungen umzusetzen, wollte aber auch nicht auf verbesserten Wohnkomfort verzichten. Es dominierte der vierflügelige, nach außen wehrhaft kubisch geschlossene Kastelltypus mit Arkadenhof, der meist mit Ecktürmen und einem Wassergraben sowie Wehranlagen ausgestattet war.103

5.2 Bemerkungen zur Schlossarchitektur der Renaissance in der Steiermark

Der Einfluss des italienischen Renaissancepalastes verbreitete sich seit 1500 in ganz Europa. In Süddeutschland und in Österreich herrschte lange Zeit Zurückhaltung gegenüber der italienischen Renaissance-Architektur. Obwohl schon Kaiser Maximilian den Kunsttransfer vom Süden in den Norden förderte, wurde das neue Formengut erst Ende des 16. Jahrhunderts übernommen und war oft schon mit barocken Ausformungen versetzt. 104 Die regelmäßige Form des Grundrisses, gesetzmäßige kubische Proportionen und schöne Säulenhöfe kennzeichneten die neue Form des Schlossbaues. Oberitalienische Bauleute, als ‚maestri comacini’ bekannt, verbreiteten diesen Baustil, der allerdings, den örtlichen Traditionen entsprechend, Abänderungen erfuhr. Im steirischen Schlossbau ist das lange Festhalten an den italienischen Frührenaissanceformen zu bemerken, sowie der verhältnismäßig späte Beginn des Hochbarocks. Der vorherrschende Schlosstypus war die kubische Vierflügelanlage mit

102 Vgl. W. Resch, Altstadt Graz, 1997, S. LXXIX. 103 Vgl. Geschichte der bildenden Kunst. Spätmittelalter und Renaissance, Bd. 3, hrsg. von Artur Rosenauer, München, Berlin, London, New York 2003, S. 266. 104 Vgl. Herta Haselberger, Die Steirischen Schlösser der Renaissance und des frühen Barock, Habil., TH Wien, 1970/1987. S. 320. 29

einem Arkadenhof, deren Architektur das äußere Erscheinungsbild des steirischen Schlosses prägte. 105 Renaissance- und Frühbarockschlösser, sofern sie nicht mehr als Wehrbau zur Verfügung stehen mussten, wurden nur mehr eingeschränkt wehrhaft ausgestattet oder der Wehrcharakter des Schlosses nur im Äußeren bewahrt. Das Hauptaugenmerk legte man vor allem auf die repräsentative Wohnkultur. 106 Einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung und Qualität des steirischen Bauwesens hatte der landsässige Adel, der seit Mitte des 16. Jahrhunderts einen starken wirtschaftlichen Aufschwung und eine wichtige politische Position erreichte. Das daraus resultierende, gesteigerte Repräsentationsbedürfnis des Landadels äußerte sich in einer umfangreichen Schlossbautätigkeit. 107 Eheschließungen mit Ausländerinnen, verwandtschaftliche Beziehungen, Studien der adeligen Jugend in Italien und Deutschland, Bildungsreisen nach Italien, Frankreich, Spanien und Niederlande sowie nicht zuletzt militärische Einsätze trugen dazu bei, internationale Stile in die heimische Baukunst einfließen zu lassen. 108 Dazu durften in keiner adeligen Bibliothek die überwiegend von italienischen Autoren verfassten Architektur-Traktate fehlen, deren Abhandlungen über Kriegsbaukunst, die Säulenordnungen und über den hohen Profanbau das Verständnis für die Architektur der Neuzeit nachhaltig förderten.109 An der Verbreitung der neuen Ausdrucksformen waren die italienischen Festungsbauleute und Architekten, die Erzherzog Karl II. in die Residenzstadt Graz holte, maßgeblich beteiligt. Die Mehrheit der Bau- und Künstlerfamilien war Comasken, wie der Baumeister des Grazer Landhauses, Domenico del’ Aglio. Aglio war ein oberitalienischer Baumeister, der als „ Sr. Röm. Maj. oberster Baumeister der innerösterreichischen Lande“ 110 für den Bau zahlreicher fortifikatorischer Anlagen in Österreich verantwortlich zeichnete. 1555 beauftragten ihn die Landstände mit dem

105 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1987, S. 323. 106 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1987, S. 43 f. 107 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 98. 108 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1987, S. 23 f. 109 Vgl. Geschichte der bildenden Kunst, III. S.266. 110 Vgl. W. Resch, Die Kunstdenkmäler, 1997, S. 219. 30

Neubau der ‚Kanzlei’. Dieses Landhaus in Graz war der erste reine Renaissancebau in der Steiermark und beeinflusste nachhaltig den steirischen Profanbau.

5.2.1 Markante Bauelemente der Renaissanceschlösser im Kurzüberblick

5.2.1.1 Die Fassaden

Die meist mit Kalkmörtel in mehreren Schichten verputzten Außenmauern waren überwiegend schlicht gestaltet und teilweise bemalt. Hier setzt sich der Einfluss der kostengünstigen, oberitalienischen Fassadendekoration durch. Besonders beliebt waren die Sgraffito-, Chiaroscuro-111 und Freskotechniken. Der plastische Schmuck der steirischen Schlossfassaden im 16. Jahrhundert war auf die Portal- und Fensterrahmungen sowie auf die Wappen- und Schrifttafeln beschränkt. 112 Für die Hofarkaden, Portale, Gesimse und Fenster verwendete man steirischen Kalksandstein und Tuffe. Die Fensteröffnungen des Erdgeschosses in den steirischen Schlössern waren, wie im Zeitalter der Gotik, verschieden groß und unregelmäßig angeordnet. In den Obergeschossen achtete man jedoch schon früh auf die regelmäßige Anordnung der Fenster. Als Fenstertypen kamen das rechteckige Fenster, das Rundbogenfenster und das gekuppelte bzw. mehrachsige Bogenfenster zur Anwendung. 113 Ab dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts legte man vermehrt Wert auf die Gestaltung der Fassaden und begann, die Fensteröffnungen zu vergrößern, was die Wehrhaftigkeit der Schlösser verminderte. Es zeichnet sich bereits die Wende zum Barock ab. 114 Ab etwa 1550 wurden die Portale besonders hervorgehoben und vielfach nach italienischer Manier mit einer Rustikaumrahmung umgeben. Sebastian Serlios Werk über Rustikaportale, ‚Porte di rustica mista’, 1551 in Italien erschienen, gewann großen Einfluss auf die Gestaltung der Schlosstore. 115 Beispiele dafür sind das Tor des Schubertkinos in Graz, Mehlplatz 2, und das Einfahrtstor der Grazer Burg.

111 Zweitonmalerei entstand durch Beimengen von Ruß u. Holzkohle. 112 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 216. 113 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 220f. 114 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 103. 115 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 102. 31

5.2.1.2 Die Innenausstattung

Die vorzugsweise einheitlich wirkenden Räume der Schlösser dieser Epoche waren in einer Flucht angelegt, konnten aber auch einzeln von den Bogengängen aus erreicht werden. 116 Im Erdgeschoss befanden sich vor allem die Wirtschaftsräume. Die Obergeschosse wurden meist über zwei schlichte, geradläufige Podesttreppen innerhalb eines festen Baukörpers erschlossen. 117 Die Räumlichkeiten der Herrschaftswohnungen sowie die Repräsentationsräume waren vorzugsweise mit flachen Kassetten-Decken ausgeführt, denn diese klaren und ausgewogenen Proportionen entsprachen dem Raumgefühl der Renaissance besonders gut. 118 Im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts errichtete man auch zweischiffige kreuzgewölbte Räume mit gedrungenen Mittelstützen und tief herabgezogenen Gewölbekappen. Solche gewölbten Räume, die auf spätgotische Raumformen zurückgreifen, befanden sich meist nur im Erdgeschoss. Eine in diesem Stil ausgeführte Halle entstand im Erdgeschoss des Rittersaalflügels des Grazer Landhauses, im Polygon von Schloss Herberstein 119 sowie im Erdgeschoss des Nordwest-Traktes von Freiberg, der als ‚Gotischer Trakt’ bezeichnet wird. Die in der italienischen Frührenaissance beliebten Raumformen der Stichkappentonnen findet man in der Steiermark um die Mitte des 16. Jahrhunderts in ausgedehnten, tonnengewölbten Kelleranlagen, wie beispielsweise im Schloss Herberstein, Schloss Freiberg. Oberirdische Tonnenräume wurden in der Steiermark erst im 17. Jahrhundert gebaut. 120 Die Tonnenwölbung wurde in der Steiermark mit eingeschnittenen Stichkappen versehen, die aber im Gegensatz zur italienischen Ausführung meist unregelmäßig angeordnet waren. 121 Die Stichkappen gewährten eine bessere Belichtung und lenkten den Gewölbeschub auf bestimmte Punkte ab.

116 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 101. 117 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 49. 118 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 286. 119 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 53. 120 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 284 f. 121 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 54. 32

5.2.1.3 Das Einsetzen von Stuckdekoration im 17. Jahrhundert

Der Stuck ist eine Dekorationsform, die schon in der Antike in Ägypten, Griechenland und bei den Römern sowie in der islamischen Kunst zur Anwendung kam. Seit der italienischen Renaissance, Mitte des 15. Jahrhunderts, kam es zu einer Wiederbelebung der Stuckdekoration. Sie fand überwiegend bei Gewölbedekorationen Verwendung. In der Steiermark wurden Stuckdecken mit dem Einfließen von Renaissancearchitektur im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts übernommen und fanden weite Verbreitung.122 . In dieser Epoche lag die Ausführung der Arbeiten fast ausschließlich in den Händen von größtenteils schon seit mehreren Generationen ansässigen, italienischen Stukkateurfamilien. 123 Namhafte Stukkateure des 17. Jahrhunderts kamen aus dem Misoxertal in Graubünden.124 Die Stuckmasse setzte sich aus Gips, Kalk, Sand und Wasser zusammen, wobei jeder Stukkateur seine eigene, geheime Stuckmischung verwendete. Durch Beimengen von Marmorstaub oder pulverisiertem Kies erzielte man eine bessere Haltbarkeit. Die fertig aufgetragene Stuckdekoration wurde abschließend mit Kalkmilch überzogen. 125 Die leichte Modellierbarkeit der Gipsmasse ermöglichte viele Ausdrucksarten, wie architektonische und ornamentale Formen, aber auch plastische Bildwerke. Anfangs rahmten einfache ornamentierte Stege die glatt verputzten Felder. Nach 1640 wurden zusätzliche Verzierungen aus Rosetten, Blattranken und Früchten aus Stuck angebracht. Die Frührenaissance verwendet die Akantusblattranke als Zierform, in der Spätrenaissance kam Kartusche mit Rollwerk hinzu. 126 Im Barock und Rokoko wurde Stuck zu einer charakteristischen künstlerischen Ausdrucksform. Diese Vorliebe für Stuck zeigt sich in groß angelegten Deckenstuckierungen mit freskierten Feldern, oft in Verbindung mit Wand- und Deckenmalerei. Der Darstellungsinhalt stellt meist einen Bezug zum Bauherren her. Ein typisches Beispiel finden wir in den Sälen des Palais Kollonitsch in Graz. 127

122 Vgl. W. Resch in: Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. LXIX f. 123 Vgl.: Franz Wagner, Kunsthandwerk in: Geschichte der bildenden Kunst in Österreich. Barock, Bd. 4, 1999, S. 555. 124 Vgl.: W. Resch in: Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. LXIX f. 125 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, S. 57 f. 126 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 298. 127 Im Kapitel über das Palais Kollonitsch wird darauf eingegangen. 33

Bandlwerk 128 , Muscheln, symmetrisches Flechtwerk und die Rocaille, in Frankreich um 1720 erfunden, 129 sind für die barocke Ornamentik kennzeichnend. Auch Stuckmarmor 130 erfreute sich großer Beliebtheit. Unsymmetrische Rocaille und das Gitterwerk werden die Leitform für Rokoko und ein bevorzugtes Gestaltungsobjekt. Im Rokoko wurden die Ornamente feiner, die Stuckatur leichter und malerischer, „... bis nur mehr ein filigranes Linienspiel, das keinen plastischen Wert mehr besitzt ...“ 131 die Wandfläche ziert. Dieser Kunststil wurde von Frankreich aus durch Ornamentstiche und Musterbücher in ganz Europa verbreitet. 132

5.2.1.4 Der Arkaden-Innenhof

Das Hauptaugenmerk der künstlerischen Gestaltung der Schlossanlage lag in der Renaissance auf dem repräsentativen Innenhof, der zugleich das Zentrum bildete. Im Gegensatz zur eher nüchternen Außen-Fassade versuchte man, im Innenhof eine architektonische Beschwingtheit und südländische Leichtigkeit zu entfalten. Als Hauptmotiv der Gliederung erscheinen die sehr regelmäßig übereinander gestellten Rundbögen mit den Balustraden. Im Erdgeschoss stellte man die niedrigen Säulen auf eine hohe Sockelzone und hob das Portal besonders hervor.133 Das erste Gebäude, das mit Renaissancearkaden ausgeführt wurde, ist Filippo Brunnelleschis Florentiner Findelhaus aus dem Jahr 1418 mit seinen regelmäßigen Arkaden an der Außenfassade. 134 Die Anordnung der rechteckigen Fenster im Obergeschoss der Fassade entspricht dem Rhythmus des Erdgeschosses. In den Bogenzwickeln der Loggia sind Terrakotta Medaillons angebracht. Das Erdgeschoss wird vom oberen Stockwerk durch einen Architrav getrennt.135 Vorbilder für Innenhöfe mit Arkaden findet man in Rom und Florenz. Hier entwickelte sich bis Mitte des 15. Jahrhunderts die italienische Palastarchitektur um einen

128 Edgar Lein, Das große Lexikon der Ornamente. Herkunft, Entwicklung und Bedeutung, Leipzig 2004, S. 23: „ Symmetrisch angeordnete, geschwungen flache Bänder mit figürlichen Motiven bereichert“. 129 Vgl. N. Pevsner, Europäische Architektur, 1994, S. 252. 130 Nachahmung von Marmor, eine Methode die teurer als der Marmor selbst war und aus verschiedenfärbiger Stuckmasse hergestellt wurde. 131 Josefine Maria Wienerreuther, Steirische Innendekorationen von den ersten Deckengestaltungen italienischer Stukkateure im 16. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert, Graz, 1952, S. 96. 132 Vgl. E. Lein, Lexikon der Ornamente, 2004, S.22 f. 133 Mündliches Zitat, M. Stadlober, Spätgotik und Renaissance in Österreich, VO SS 05. 134 Mündliches Zitat, M. Stadlober, Spätgotik und Renaissance in Österreich, VO SS 05. 135 Vgl. N. Pevsner, Europäische Architektur, München, 1997, S. 143. 34

Innenhof. 136 Ein typisches Beispiel ist der Palazzo Medici Riccardi in Florenz, der vom Architekten Michelozzo von 1446 bis um 1460 geschaffen wurde. Die Rustikafassade im Erdgeschoss und die regelmäßigen Fensterbahnen sind in der für die italienische Palastarchitektur der Renaissance charakteristischen Form gestaltet. Die gekuppelten, schlanken Doppelfenster im ersten Obergeschoss sind mit einem Rundbogen überfangen. Einen Kontrast zu dieser eher strengen Fassadenarchitektur bildet der repräsentative Innenhof. Die Rundbogen-Arkaden auf schlanken Säulen sind besonders regelmäßig angeordnet und mit Gebälkabschluss versehen, wobei die Medaillons den horizontalen und vertikalen Ausgleich bewirken. 137 In der Steiermark entwickelten sich die Arkadenhöfe vorerst aus der lokalen Bautradition, die noch von Bauvorstellungen der Spätgotik beeinflusst wurde, wie z.B. bei den gotischen Lauben an Stadtplätzen in Graz und dem Kornmesserhaus (1495– 1500) in Bruck a. d. Mur mit seiner offenen Arkadenfassade Der Einfluss der Renaissancearchitektur wurde bekanntermaßen durch die italienischen Baumeister verbreitet. Vom Beginn der Renaissance im 16. Jahrhundert bis zum Ende des Barock im 18. Jahrhundert beobachtet man eine stilistische Entwicklung. Anfangs zeigte sich der Arkadenhof noch in einer unregelmäßigen Form, erhielt dann eine meist regelmäßige Reihung mit Bögen, um die oftmals ein Architrav als zusätzliche Ordnungseinheit verlief. Als Bogenträger gelangten Pfeiler und Säulen in verschiedener Ausformung zur Anwendung. Häufig wurden auch Mischformen aus Säulen und Pfeilern für die einzelnen Geschosse vorgezogen, wie z.B. im Palais Kollonitsch in Graz. Mitte des 16. Jahrhunderts änderten sich die Säulenformen. Die schweren, rundpfeilerartigen Säulen des frühen 16. Jahrhunderts im Erdgeschoss wurden, ebenso wie die schlanken Säulen in den oberen Geschossen, von einer neuen Säulenform mit ausgewogenen Proportionen, der toskanischen Säulenordnung, abgelöst. Im Schlossbau war diese dann bis zum Ende des 17. Jahrhunderts vorherrschend. 138

136 H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 244 f., „... eine Renaissance der peristylen Hofanlage, die in der Hellenistischen Kunstperiode den Kern aller Wohn- und Palastarchitektur gebildet hat.“ 137 Mündliches Zitat, M. Stadlober, Spätgotik und Renaissance in Österreich, VO SS 05. 36 f. 138 Vgl. Antonia Maria Rose Boswell, Die Arkadenhöfe der Renaissance und des Barock in der Steiermark, Diss., Graz 1988, S. 135 f. 35

Die lang gestreckten Laubengänge waren hofseitig durch die Arkaden und die Mauern des Baukörpers begrenzt. Sie wurden durch ein Kreuzgewölbe überspannt). Jedes Joch des Laubenganges entsprach jeweils der Spannweite einer Arkade. Als Horizontalgliederung der Arkadengänge waren die Gesimse anfangs einfach konstruiert, nämlich in Form von Leiste und Ablauf gegliederten Steingesimsen oder verputzten Ziegelbändern. Später wurden mehrfach gegliederte Gurt- und Solbankgesimse und gebälkartig gegliederte Kranzgesimse zur Anwendung gebracht. 139 Diese horizontalen Zäsuren betonten den additativen Aufbau in der Gestaltung der Wandflächen. In der Steiermark bevorzugte man ein einfaches Schema der Säulenarkaden über zwei bis drei Geschosse und eine ungegliederte Mauerfläche. Für den größten Teil der Arkadenhöfe sind einfache Brüstungsmauern und toskanische Säulen kennzeichnend. Die Säulen waren vielfach auf hohen Sockeln platziert. Die ohne Abakus gestalteten Säulenkapitelle „ gehen ohne Zäsur direkt in die Wandfläche über .“ 140 Als Beispiel seien hier das Schloss Stubenberg und Schloss Freiberg herausgegriffen. Die Brüstungen der Arkadenhöfe wurden entweder mit verputzem Mauerwerk oder als Balustrade ausgeführt. Die Balustrade bestand aus steinernen Docken, die in der Mitte abgeschnürt und geschweift waren und einen kreisrunden Grundriss aufwiesen. 141 Balustraden aus der Renaissance sind nur in Strechau 142 , im Hof des Landhauses und in Hollenegg erhalten. Beliebt war auch die in Sgraffitotechnik vorgetäuschte Balustrade, wie sie zum Beispiel in Riegersburg zu sehen ist. „In Italien hat zum ersten Mal Bramante diese Art von Docken am Tempietto in S. Pietro in Montorio und im Corile di S. Damaso (Vatikan) zur Anwendung gebracht. In Kärnten kamen sie schon im Hof des Schlosses Salamanca-Porgia in Spittal (seit 1530) vor, in der Steiermark erstmalig 1538/39 im Krebsenkeller in Graz.“ 143

139 Vgl. A. Boswell, Arkadenhöfe, 1988, S. 20. 140 Boswell, Arkadenhöfe, 1988, S. 37 f. 141 Vgl. E. Lein, Lexikon der Ornamente, 2004, S. 18. 142 Vgl. Günter Brucher, Architektur von 1430 bis um 1530, in: Geschichte der bildenden Kunst in Österreich., Bd 3, S. 279: Umbau der mittelalterlichen Burg zu Wohnschloss 1564 – 1589. Die Burg hat einen besonderen Stellenwert innerhalb der österr. Renaissancearchitektur. „Die an der Ost- und Nordseite angebrachte, die ganze Fläche einnehmende illusionistische Werksteinarchitektur mit kräftigen Rustikabossen und Fensterumrahmungen hat ihr direktes Vorbild wohl im Umkreis Giulio Romanos.“ 143 H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 156. 36

Zusammenfassend ist zu bemerken, dass sich das steirische Renaissanceschloss im Vergleich zur Schlossarchitektur im europäischen Raum eher schlicht und bescheiden darstellt. Eine Ursache dafür liegt in der ständigen Gefahr durch die Türkeneinfälle, die wehrhafte Bauten notwendig macht. Zudem war der lutherisch gesinnte steirische Adel durch die Auseinandersetzung mit den katholischen Landesfürsten mit großen Problemen, auch finanzieller Art, belastet. 144 Besonders im oststeirischen Gebiet waren die Schlösser nicht nur Wohn- und Repräsentationsbauten, sondern zugleich, oder vor allem, Wehrbauten. 145

144 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1987, S. 324. 145 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 219. 37

6 Die Baugeschichte von Freiberg – vom Wehrturm zum Renaissanceschloss

Zahlreiche Bodenfunde beweisen, dass, wie erwähnt, schon in prähistorischer Zeit und der Antike das Schlossgebiet von Freiberg besiedelt war. Ein weiterer Hinweis auf die kontinuierliche Besiedlung ist ein im Jahr 1685 ausgegrabener Römerstein, der vermuten lässt, dass sich an dieser Stelle schon zur Römerzeit ein Edelsitz befunden hat (Abb. 41). Die Stelle wurde im Arkadengang des Schlosshofes eingemauert und zeigt folgende Inschrift: TOTVLO /MVFONIS / F V F SIB ET / GIAMILLAEE / NECORNI F / CON AN LX: (= Totula, Sohn des Mufo, setzt für sich und seine Gemahlin Giamilla, Tochter des Necornus, die im Alter von 60 Jahren gestorben ist, diesen Grabstein.) 146 Über den Ursprung des in der Literatur genannten Turmes der Freiberger gibt es wenig historische Belege. Aus diesem Grund wird die zeitliche Einordnung und die Rekonstruktion der Anlage immer einen hypothetischen Charakter haben. Weder Baupläne, noch Urkunden, die die Baugeschichte des Schlosses betreffen, sind erhalten geblieben. Anhaltspunkte ergeben sich nur aus den Dokumenten, die über die Besitzverhältnisse der Familienmitglieder Auskunft geben, aber auch durch fachgerechte Untersuchungen der Bausubstanz, die das BDA in den letzten Jahren durchgeführt hat. Diesen Turm bewohnten seit dem 12. Jahrhundert die Freiberger als Dienstmannen der Stubenberg, was vielfach urkundlich bezeugt ist. Vermutlich hatten sie durch besondere Verdienste den Wehrturm auf dem als Freiberg bezeichneten Höhenzug als freies Eigen erhalten und sich danach benannt. Nach Baravalle und Hausmann wurde der Wehrbau Ende des 12. Jahrhunderts errichtet. Es handelte sich sicher um den im 12. Jahrhundert am weitesten verbreiteten Typus einer Turmburg.147 1265 wird Freiberg schon im herzöglichen Urbar als Wehranlage genannt, wird allerdings nicht ausdrücklich als Burg bezeichnet.148 1379 wird in einem Dokument ein ‚Purchstal’, auf dem der Turm stand, genannt. Ob dieser Wehrbau bewohnt war, ist nicht nachweisbar. Wie schon an anderer Stelle berichtet, brachte die Walseer Fehde (1410) den Freibergern vermutlich den Untergang und die Familie der Stadler, über

146 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 4 f. Fehlerhafte Nachbehandlung durch den Steinmetz 1658. 147 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 580. 148 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 147. 38

deren Herkunft auch wenig bekannt ist, übernahm den Besitz. 149 Der tatsächliche Ablauf des Gründungsvorganges in dieser Zeit wird wohl ungewiss bleiben.

6.1 Bernhard Stadler – Ausbau des Renaissanceschlosses

1414 war, wie bereits erwähnt, Ritter Wolfgang Stadler zu Stadl Besitzer der Wehranlage Freiberg, was urkundlich hinlänglich belegt ist. Sein umfangreicher Besitz umfasst weitere Grundstücke in der Ost- und Obersteiermark und wurde, wie schon dargelegt, nach seinem Tod im Jahr 1475 unter seinen Söhnen Andre, Wilhelm und Bernhard zu je einem Drittel aufgeteilt. 150 Nach dem frühen Tod seiner Brüder Andre und Wilhelm erbte Bernhard Stadler nun auch deren Besitzungen und ließ den Turm als ‚Siz am Freyperg’ ausbauen, obwohl er selbst, wie Hausmann annimmt, wohl eher auf seinem väterlichen Besitz in Stadl gewohnt hat. 151 Es ist aber auch gut möglich, dass die unruhigen Zeiten des 15. Jahrhunderts den Ausbau der Burg vorerst verzögerten und nur ein Beobachtungsposten und eine Kreidfeuerstelle errichtet wurden.152 Es ist anzunehmen, dass Bernhard in der Zeit zwischen 1475 und 1524 Freiberg im Stil der Renaissance zu einem Herrschaftssitz ausgebaut hat. 153 Der größer angelegte Neubau wurde allerdings etwa 150 Schritte weiter südöstlich, an der heutigen Stelle des Schlosses vorgenommen. Dies erfahren wir aus dem Testament vom 1. Juli 1549, das Bernhards Sohn Georg Stadler verfasst hatte. Darin betont Georg, dass der alte Wehrbau der Freiberger nicht an der Stelle des heutigen Schlosses lag, sondern etwa 150 Schritte nördlich am ‚Purckhstall bey dem Freyperg’, wo er einen Weinberg habe anlegen lassen. 154 Er hielt auch fest, dass schon sein Vater den Besitz innegehabt habe. Aber, so merkt er an, er habe das Schloss und ‚sytz am Freiperg’ zum Teil ‚gesetzt und gepaut’,155 also Erweiterungsbauten an dem Schloss vornehmen lassen. Man kann davon ausgehen, dass auch das Türkenjahr 1532 eine Rolle spielte und

149 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, S. 184. 150 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 17 f. 151 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 184. 152 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 1229 – 1929, 1979, S. 277. Die Kreidfeuerstelle befand sich auf einem im Frühjahr 1977 abgebaggerten Hügel südöstlich des Schlosses. Nach dem Ersten Weltkrieg befand sich hier ein Aussichtsturm. 153 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 23. 154 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 581. 155 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 579 f. 39

Neubefestigungen vorgenommen werden mussten. Damals wurde nicht nur Gleisdorf zerstört, sondern es wurden auch vermutlich auch ganze Landstriche verwüstet. Laut Robert Hausmann und Franz Arnfelser war der zunächst einfache, viereckige Bau vermutlich mit einem später abgetragenen Rundturm, dem Bergfried, ausgestattet. Der Rekonstrukt ionsplan (Abb. 10) von Franz Arnfelser, den auch Robert Hausmann etwas abgeändert verwendet (Abb. 11), zeigt den Grundriss einer wehrtechnisch angelegten Anlage mit den über Eck gestellten Türmen an den Längsseiten des Schlosses. Diese wuchtigen Türme standen ursprünglich frei und waren, wie auch die freistehende und geostete Kapelle, nur durch eine Mauer mit dem Wehrbau verbunden. Eine ähnliche Situation findet man in der Burg Herberstein, wie auf dem Vischer Stich von 1681 festgehalten ist. Aus dieser Bauphase stammt der nordwestliche Teil des Schlosses Freiberg, der ‚Gotische Trakt’, dessen kreuzgratgewölbte Räumlichkeiten mit roh behauenen, wuchtigen Stützpfeilern heute als Gaststätte genutzt werden. Ob die vor 40 Jahren in diesen Räumen freigelegten Freskomalereinen 156 aus der Bauzeit oder aus einer späteren Epoche stammen, ist noch ungeklärt. Der Wehrbau war vermutlich nicht unterkellert, da die damals noch geringen Erträge aus dem Wein- und Ackerbau in den Kellern des Meierhofes untergebracht werden konnten. 157 . Josef Janisch berichtet, dass das Schloss 1570 ursprünglich nur aus einem Stock und einem Trakt bestanden haben soll und der zweite Stock später nachgebaut worden sei. 158 Der bedeutende Ausbau Freibergs zu einem Renaissanceschloss erfolgte wohl ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter Gottfried von Stadl und wurde bis zum dritten Viertel des 17. Jahrhunderts in mehreren Bauphasen fortgeführt. Das Ausmaß der umfangreichen baulichen Erweiterungen unter Gottfried ist nicht belegt. Leider ist das Schloss Freiberg nicht in den von Johannes Clobucciarich in den Jahren 1601–1605 angefertigten Skizzen festgehalten scheint das Schloss nicht auf .159

156 Über diese Fresken wird im Kapitel über den NW-Trakt auf S 106 berichtet. 157 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 71 f. 158 Vgl. J. Janisch, Topographisch-statistisches Lexikon v. Stmk., 1878, S. 226. 159 Vgl. Rudolf Flotzinger, Der Grazer Hof in: Brücke und Bollwerk S. 276: Der Augustinermönch Johannes Clobucc aus Kroatien wurde von Erzhz. Karl II. beauftragt, Innerösterreich in Hinblick auf die Landesverteidigung kartographisch aufzunehmen. 40

Um Genaueres zu erfahren und die hypothetischen Aussagen zu bestätigten, wären umfangreiche bautechnische Untersuchungen der alten Strukturen unumgänglich. Das Schloss behielt weiterhin seinen Wehrcharakter und wurde als Verwaltungszentrum, als Jagdschloss und Rüstkammer eingerichtet. Gottfried selbst hatte seinen Wohnsitz vornehmlich in Graz. Das Verlassenschaftsinventar nach Gottfried von Stadl aus dem Jahre 1627 gibt uns einen interessanten Überblick über die Räumlichkeiten des Schlosses und das darin befindliche Mobiliar. 160 „Danach bestand das Schloss aus 24 Räumlichkeiten, nämlich aus der Kammer , dem Zimmer und dem Stübl Gottfrieds, dem Zimmer der Frau Gottfrieds, dem Apothekerstübl nebst einer Kammer, der Eckstube, und der Eckstubenkammer, dem neuen Saal mit einem ausziehbaren, eingelegten Tisch, 12 eingelegten Stühlen und 6 Truhen, der Silberstube mit einer Kammer, dem Gangstüberl, der Gangstüblkammer, der Gaststube und Kammer, dem Turmstübel, dem Saal bei der Tafelkammer, der Stube und der Kammer des Pflegers, der Gesindestube, dem Küchengewölbe, der Kapelle, dem Schlosskeller, dem „Schloß untern Tach“ und dem „Schloß unter dem Thor“. In den beiden Rüstkammern befanden sich verschiedene Rüstungen, Sättel, Pferdedecken (Tschapra), Jagdgewehre (Pürst), Pistolen, darunter viele verbeint, einige auch vergoldet, Karabiner, Hieb- und Stichwaffen (Bauerndegen, Reiterdegen, Spieße, Säbel, „Doppelhaggen“ und Hellebarden), einige Fahnen, darunter eine mit dem steirischen Wappen, Armbrüste, Zelte, Trommeln und zwei eisernen „Orgeln“ auf Rädern, jede mit fünf Rohren. Aufgenommen wurden in das Inventar auch türkische Beutestücke, wie vier Sättel, ein Köcher mit Pfeilen und dazugehörenden Bogen und vier Teppiche. In der Bibliothek standen 80, meist lateinische Bücher über Geschichte, Religion, Philosophie und Naturwissenschaften. In Graz hatte Gottfried insgesamt 130 Bücher stehen. Die herrschaftliche Küche war mit dem für diese Zeit üblichen Mobiliar und Interieur ausgestattet. Die Pflegerin hatte auf verschiedenes Zinn-, Messing-, Kupfer- und Eisengeschirr zu achten. So auch auf 20 große Zinn- und Anrichteschüsseln und 57 Zinnteller, die den Namen Gottfrieds und seiner Frau trugen. Im westlichen Gebäude, dem späteren Jägerhaus wurden die Werkzeuge für die Jäger, den Gärtner, den Ziegelmacher, den Binder, den Schmied, den Müller und den Meier aufbewahrt. Hier lagen auch jene Gerätschaften, die für die robotpflichtigen Untertanen zur Arbeit auf den Hofgründen zur Verfügung gestellt wurden. Hier war auch eine volleingerichtete Schmiede vorhanden. Als Transportmittel standen für die Herrschaftseigentümer vier Pferdewagen, drei Fuhrwagen und zwei Sänften bereit.“ 161

160 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 73. 161 Hausmann, Freiberg, 1981, S. 73 f. 41

6.2 Die Grafen Kollonitsch – Ausbau des Schlosses und barocker Umbau

Wie schon in der Familiengeschichte erwähnt, kam es nach dem Tod des Gottfried von Stadl zu langjährigen Erbstreitigkeiten. Schließlich gelangte das Schloss 1636 in den Besitz der Brüder Ott Gottfried und Erasmus Ferdinand von Kollonitsch. Ott Gottfried von Kollonitsch nahm am Schloss Freiberg und den dazugehörenden Gebäuden große bauliche Veränderungen vor, die mit hohem finanziellem Aufwand verbunden waren. Zu den großen Bauvorhaben dieser Zeit gehörte auch die Renovierung des Jägerhauses im Jahr 1650. Diese Vorburg (Abb. 13), die dementsprechend mit dem Wappen Ott Gottfrieds und seiner Gemahlin Johanna Sophia von Thurn ausgestattet ist, sicherte die Zufahrt zum Schloss von Südwesten her (Abb. 12). Nach Robert Hausmann wurde im südöstlichen Teil des Schlosses das dritte Geschoss gebaut und 1657 kam ein zweiter Fassadenturmaufbau, den man mit Blech deckte, hinzu. Auf diese Bautätigkeit bezieht sich ein heute im Gleisdorfer Heimatmuseum aufbewahrter Inschriftstein: DEO FAVENTE HANC TURRIM ALTIVS REAEDIFICARI CURAVIT OTTO GODOFREDVS COMES A COLONITSCH AO SALVTIS 1657. Der Turm war mit einer 60 Kilogramm schweren Bronzeglocke aus dem Jahre 1663 mit dem Bildnis des Hl. Andreas und einer Kreuzigungsgruppe ausgestattet. Die Inschrift dieser Glocke lautet: LAVDATE DEVM IN CYMALLIS: ANNO SAVTIS MDCLXVI. IN TE DOMINE SPERAVI NON CONFUNDAR: A FVLGVRE ET TEMPESTATE LIBEERA NOS DOMINE Dieser Wortlaut soll sicher an das schreckliche Gewitter des Jahres 1641 erinnern, durch das der Meierhof gänzlich niederbrannte und in den folgenden Jahren neu aufgebaut werden musste.162 Eine zweite, größere Glocke musste im ersten Weltkrieg abgeliefert werden. 163

162 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf, 1983, S.189 f. 163 Nach Auskunft von Frau Mag. Meister, Leiterin des Gleisdorfer Stadtarchivs, befindet sich die Westturmglocke noch heute im Forum Kloster, das Uhrwerk in einem Außendepot des Heimatmuseums Gleisdorf. 42

Im Nordwesttrakt wurden Teile des Vorgängerbaues integriert und im Erdgeschoss ein zweischiffiger Saal mit Kreuzgratgewölben auf vier gedrungenen Steinsäulen, mit Basis und Kämpfer, abgeteilt – der ‚Gotische Trakt’.164 Obwohl in dieser Zeit Burgen als Verteidigungsanlagen und Zufluchtsstätten schon überholt waren, ließ Ott Gottfried von Kollonitsch angesichts der ständigen Türkengefahr das Schloss weiter wehrhaft ausstatten. In dieser Bauperiode wurde um das Schloss eine Ringmauer errichtet, von der bis vor einigen Jahren noch westlich des Schlosses Teile erhalten waren. Als zusätzliches Hindernis baute man auf der Angriffsseite vor der Burg im Südwesten und Nordosten einen tiefen Graben. Über diesen Halsgraben legte man eine Zugbrücke. Heute sind noch beidseitig des damaligen westlichen Einfahrtsportals drei ovale Öffnungen für die Zugketten zu sehen. In den Jahren 1661 und 1662 wurde auch unterhalb des Schlosses ein ‚Stallstock’ neu erbaut. Dieser Bau war mit einem Getreidekasten, Obstpressen und einem tiefen Keller, der Platz für die Lagerung von 100 Sartin Wein bot (525 Hektoliter), ausgestattet. 165 Hans Pirchegger berichtet, dass auf Burgen ein Tageskonsum von 1 ½ Liter Wein pro Person durchaus nicht ungewöhnlich war.166 Gleichzeitig wurde der Bau als ‚Gesindehaus’ genutzt. Franz Arnfelser und auch Herfried Marek vertreten die Meinung, dass bis zur Gründung des ersten Fideikommiss 1660 unter Ott Gottfried das Schloss aus einem Trakt bestanden habe und nur einstöckig gewesen sei.167 Im Gegensatz dazu vertritt Baravalle die Auffassung, dass der heutige Bau auf die 1632 bis 1650 von Ott Gottfried Graf Kollonitsch und seiner Frau Sophia durchgeführten Bautätigkeiten zurückgehe. 168 . Dies ist gut möglich, denn es ist anzunehmen, dass Ott Gottfrieds Bautätigkeit bis zu seinem Tod im Jahr 1664 fortgesetzt wurde. Nach Robert Hausmann ist der weitere Ausbau der Schlossanlage zu einem symmetrischen Grundriss Ferdinand Ernreich zuzuschreiben, zumal er als Erbe des 1671 verstorbenen Georg Gottfried über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte.

164 Vgl. Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Steiermark, (ohne Graz), bearbeitet von Kurt Woisetschläger und Peter Krenn, Wien 1982, S. 113. 165 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 580. 166 Vgl. Hans Pirchegger, Geschichte der Steiermark, Graz 1996, S. 103. 167 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 163. 168 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark, 1961, S. 580. 43

Zudem kann angenommen werden, dass das gerade erst fertig gestellte Schloss einen besonderen Eindruck auf den Tiroler Künstler Georg Matthäus Vischer machte, sodass er es 1681 von allen vier Seiten für sein magistrales Werk abbildete 169 Die von mehreren Autoren 170 vertretene Annahme, dass der zweite Stock erst 1774 aufgebaut worden sei, 171 wird durch diese Stiche aus dem Jahr 1681 somit hinlänglich widerlegt. Sie zeigen die vermutlich gerade fertig gestellte, dreigeschossige Schlossanlage, die mit sechs Türmen versehen ist und ihren Zutritt auf westlicher Seite hat (Abb.14, 15, 16). Die zwei Flankentürme sind bereits mit den typisch barocken Zwiebeltürmen bekrönt. Die stark befestigten Mauern, die Wehrtürme sowie die heute nicht mehr bestehende Ringmauer vermitteln die Wehrhaftigkeit des Baues. 172 Der Schloss-Berg blieb, um freie Sicht zu ermöglichen, ohne Waldbewuchs. Der Innenhof, in den die Stiche leider keinen Einblick gewähren, war in der Manier eines dreigeschossigen Renaissance-Arkadenhofes gestaltet. 173 Auch der Restaurator Hubert Schwarz aus Graz, der vom BDA im Jahr 2007 beauftragt war, Putz und Fassungsuntersuchungen durchzuführen, datiert die Errichtung des dreigeschossigen Baukörpers mit umlaufenden Balustraden im Hof, konform der Literatur, zwischen 1638 und 1675.174 Wegen der permanenten Türkenbedrohung hatte auch Freiberg, wie die meisten Schlösser in der Oststeiermark, vorrangig wehrtechnische Aufgaben zu erfüllen und war erst in zweiter Linie ein repräsentatives Wohnschloss. 175 Deshalb wurde es noch im 17. Jahrhundert wehrhaft mit bastionären Verteidigungsanlagen ausgestattet. Die Anlage zeigt das in der Steiermark häufig angewandte Schema der vorspringenden Ecktürme. Die Türme sind über einen rautenförmigen Grundriss vorgezogen, um die Flankenbestreichung zu ermöglichen. Dieser keilförmig vorgezogene Turmtypus wurde in der italienischen Stadtbefestigungsarchitektur verwendet und durch die Welschen

169 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 78 f. 170 Vgl. Dehio Steiermark, bearb. von Eberhard Hempel und Eduard Andorfer, 2. verb. Aufl., Wien, Berlin, 1938, S. 209,und Dehio Steiermark, bearb. von Eberhard Hempel und Eduard Andorfer, Wien 1956, S. 50. 171 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 163. 172 Die Stiche entsprechen im Großen und Ganzen der Realität, lediglich die Zahl der Fensterachsen sind im NO- und SW-Trakt teilweise unrichtig eingezeichnet. 173 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf, 1983, S. 191. 174 Vgl. BDA, Zl 5.211/2/2007, 2007-06-18. 175 Vgl. A. Halbedl, Kornberg, 2001, S. 105. 44

Baumeister und Maurer in die Steiermark eingeführt. Für die Verteidigung erwies sich die Geschlossenheit der Vierflügelanlage am effektivsten, darüber hinaus traf diese auch den Zeitgeschmack. 176 Die Umbauten im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts sollten den Erfordernissen der modernen Kriegsführung entsprechen, aber auch den gesteigerten Ansprüchen an den Wohnkomfort genügen.177 Formale Übereinstimmungen mit Freiberg finden sich in den Schlossbauten von Neuberg, Münichhofen und Herberstein, um einige Beispiele im Folgenden kurz anzuführen. Schloss Neuberg (Abb. 17) Diese im 12. Jahrhundert angelegte Burg, westlich von Hartberg, wurde im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts wegen der drohenden Türken- und Ungarngefahr großzügig ausgebaut und fortifikatorisch modernisiert. Baumeister war ein nicht näher bekannter Italiener, der vermutlich auch die Umbauten im Schloss Herberstein durchgeführt hat. 178 Es entstand eine Befestigungsanlage mit drei an den Hauptbau angefügten Basteitürmen. Die Festung Neuberg „ zeigt in einzig dastehender Weise den Versuch, das Bastionärsystem der italienischen Stadtbefestigungskunst für die Befestigung eines freistehenden Bergschlosses zu verwenden.“ 179 Schloss Münichhofen Das Schloss, östlich von Weiz gelegen, wurde urkundlich erstmals 1265 als Gutshof erwähnt. Der Schlossausbau erfolgte vom Ende des 16. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert, unter den Stubenbergern. Der zweigeschossige Bau mit einem rechteckigen Innenhof ist an den Ecken durch Türme verstärkt. Drei davon sind über einem verzogenen Viereckgrundriss positioniert, der südöstliche hingegen ist als polygonaler Turmerker ausgebaut. Das Schloss mit den vorgezogenen Ecktürmen wurde in dem seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Steiermark gebräuchlichen, wehrhaften Schlossbautypus erbaut. 180

176 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 195. 177 Vgl. H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 197. 178 Vgl. P. Krenn, Die Oststeieermark,1981, S. 205. 179 H. Haselberger, Steirische Schlösser, 1970, S. 102. 180 Vgl. Dehio, Steiermark, 1982, S. 296. 45

Schloss Herberstein (Abb. 18) Der älteste Bestand der Burg geht auf das 13. Jahrhundert zurück und wurde kontinuierlich erweitert. Im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts beauftragte man einen italienischen Festungsbaumeister, der gleichzeitig im Schloss Neuberg tätig war, die Burg wehrhaft auszustatten. Es entstand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine Vorburg mit über Eck gestellten Türmen. 181

6.3 Der barocke Ausbau des Freiberger Schlosses im Detail

Ab 1726 lenkte Kardinal Sigismund, Graf von Kollonitsch, die Geschicke der Herrschaft Freiberg und nahm eine umfassende Barockisierung des Schlosses vor. Über die ausführenden Baumeister bestehen zwei Theorien. Nach Robert Hausmann wurden unter der Bauaufsicht des kaiserlichen und erzbischöflichen Maurermeisters Mathias Gerl ab 1743 auf Freiberg umfangreiche Renovierungsarbeiten in Angriff genommen. Das von zwei Löwen 182 flankierte Westtor, das Hauptportal des Schlosshofes, wurde neu gestaltet und mit dem Kardinalswappen versehen. Die darunter angebrachte Jahreszahl, 1747, zeigt vermutlich die Fertigstellung der Umbauten an. 183 Im Dehio Steiermark von 1956 184 wird der Aufbau des zweiten Stockwerks im Südost- Trakt dem Kardinal zugeordnet. Wie schon früher erwähnt, zeigt der Vischer Stich von 1681, dass dies nicht stimmen kann. Ein großer Festsaal aus dem Jahre 1747 mit Stuckdecke im zweiten Geschoss, die Korridore der Längsseiten und das Stiegenhaus im Nordostflügel stammen ebenfalls aus dieser Umbauphase, die im Wesentlichen dekorativer Natur war. Eine neue, zweigeschossige Kapelle wurde im Nordost-Trakt in das Gebäude integriert. 185 Auch Rochus Kohlbach vermutet auf Grund von Stilvergleichen, dass die Arbeiten unter der Aufsicht von Mathias Gerl durchgeführt wurden. 186

181 Vgl. P. Krenn, Die Oststeiermark, 1981, S. 170. 182 Die Löwen wurden nach 1966 entfernt. 183 Vgl. Rochus Kohlbach, Steirische Baumeister. Tausendundein Werkmann, Graz 1961, S. 304. 184 Vgl. Dehio, Steiermark,1956,S. 49 f. 185 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 192. 186 Vgl. R. Hausmann , Freiberg, 1981, S 79 f. 46

Anderseits werden das Stiegenhaus und die Korridore der Langseiten, das zweite Obergeschoss und die Kapelle im Dehio Steiermark Joseph Hueber, dem berühmten Hofbaumeister in Graz, zugeschrieben.187 Ein weiterer Vertreter dieser These ist Walter Koschatzky, der in seiner Dissertation ebenfalls durch stilanalytische Untersuchungen zu beweisen versucht, dass Hueber der Baumeister der Gleisdorfer Marienkirche und des angeschlossenen Piaristenklosters, vor allem aber des Gesamtumbaus des Schlosses Freiberg sei.188 Nach Koschatzky habe Hueber dem Schloss den zweiten Stock aufgesetzt,189 die Räume und das Treppenhaus gestaltet, weiters die Kapelle ausgebaut und diverse Details zugefügt, wie die Nischen im Hof und den Stuckrahmen des Portals.190 Robert Hausmann schreibt hingegen die Bauleitung dem Baumeister Gerl zu, eine Meinung, die auch im Dehio aus den Jahren 1938 191 und 1982 vertreten wird. Ob Gerl oder Hueber als Baumeister in Frage kommen, wird vorläufig ungeklärt bleiben. Die Vermutung liegt nahe, dass sie für unterschiedliche Aufgaben tätig waren. Daher werden beide Baumeister in einem späteren Abschnitt näher vorgestellt. Mathias Gerl war, wie Franz Arnfelser 192 feststellt, auch mit großer Sicherheit auch der Schöpfer der Gleisdorfer Wallfahrtskirche ‚Mariä Reinigung’ und des angeschlossenen Piaristenklosters, das vermutlich aus dem Abbruchmaterial des Schlosses Mühlhausen, an dessen Stelle sich heute die ‚Felber Mühle’ befindet, gebaut wurde.193 Eine Inschrifttafel an der Außenfassade bestätigt, dass beide Bauten von Kardinal Sigismund Kollonitsch in Auftrag gegeben und im Jahr 1747 eingeweiht wurden.194 Der spätbarocke Sakralbau wurde anstelle der älteren Spitalskirche errichtet und gegen Westen ausgerichtet, da es die Lage an der Strasse so erforderte. Die Ostfassade ist durch breite Riesenpilaster gegliedert, ein großes Steinwappen des Bauherren S. Kollonitsch mit der Jahreszahl 1744 ziert das in großer Höhe gestaltete

187 Vgl. Dehio Steiermark, 1956, S. 49 f. 188 Vgl. Walter Koschatzky, Leben, Werk und Stil des Barockbaumeisters Josef Hueber, Diss. Graz 1951, S. 168. 189 nach dem Vischer Stich offensichtlich nicht korrekt. 190 Vgl. W. Koschatzky, Joseph Hueber, 1951, S. 171. 191 Vgl. Dehio, Steiermark, 1938,S. 209, und vgl. Dehio, Steiermark, 1982, S. 113. 192 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 80. 193 Vgl. J. Janisch, Topografisches Lexikon, 1878, S. 331. Schloss Mühlhausen gehörte zum Besitz Freiberg. 194 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 80. 47

Abschlussgebälk. Darüber erhebt sich der mit einem ausladenden Volutengiebel und flankierenden Steinvasen versehene, quadratische Turm.195 Der Kardinal förderte auch den Neubau des Spitals, das von der Herrschaft Freiberg für zehn verarmte Untertanen bestimmt war. 196 Um der Bevölkerung eine bessere Bildung zu ermöglichen, richtete er im Kloster ein lateinisches Gymnasium ein, in dem bis 1777 unterrichtet wurde. 197 Die Piaristenpatres betreuten bis zur Auflassung des Klosters im Jahre 1824 auch eine Volks- und eine Hauptschule. 198 Die Bautätigkeit des Kardinals erstreckte sich auch auf sein Grazer Stadtpalais in der Schmiedgasse, wo er umfangreiche Renovierungsarbeiten durchführen ließ. 199 Unter Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch wurden die Bautätigkeiten im Schloss Freiberg im Wesentlichen abgeschlossen. In der folgenden Zeitspanne wurden außer Renovierungsarbeiten im 19. und im 20. Jahrhundert keine erwähnenswerten Um- oder Neubauten mehr getätigt.

6.3.1 Die Schlosskapelle

Einleitend soll hier kurz auf die Bedeutung der Schlosskapellen hingewiesen werden. Burgkapellen waren beinahe immer Bestandteil des Raumprogramms einer mittelalterlichen Burg, aber auch eines Schlosses der neueren Zeit. 200 Otto Piper begründet und bestätigt diese Tatsache in seiner ‚Burgenkunde’: „Zu den alten Ritterpflichten gehörte auch ein fleißiges Bezeigen der Frömmigkeit durch Messehören und dergleichen“ .201 Fast jede Burg hatte daher nachweislich schon im zehnten Jahrhundert eine Kapelle. Diese Sakralräume waren verschiedenen Heiligen geweiht und dienten als Orte der Andacht. Sofern die Kapelle eine Messlizenz verliehen erhielt, durften auch Gottesdienste abgehalten werden, wobei größere Burgen meist über einen eigenen Geistlichen verfügten. 202 Sie standen auch in enger Beziehung zur jeweiligen Pfarre, welche im Falle von Schloss Freiberg Gleisdorf war.

195 Vgl. P. Krenn, Die Oststeiermark, 1981, S. 141. 196 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 74 f. 197 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 80. 198 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 5, 1983, S. 191 f. 199 Vgl. R. Hausmann, S. Rosenberger in: Gleisdorf 1229-1979, 1979, S. 272. 200 Vgl. M. Legen, Hauskapellen, 2001, S. 6. 201 Otto Piper, Burgenkunde, 1993,S. 531. 202 Vgl. M. Legen, Hauskapellen, 2001, S. 7. 48

Die meist in den profanen Baukomplex eingebundene Burgkapelle war im Allgemeinen eher klein und im Inneren oft einfach ausgestattet.203 Das Patrozinium bestimmte grundsätzlich der Stifter, wobei der Zeitgeschmack oft eine Rolle spielte, wie beispielsweise das Sakralgefühl des Barocks dem Marienkult besonders huldigte. 204 Zur Zeit der Reformation wurde die Heiligenverehrung meist abgelehnt. Eine große Anzahl von Burgkapellen wurden zu Bethäusern umgewandelt 205 und vom protestantischen Adel als „Bollwerk des politisch aktiven Protestantismus“ 206 genutzt.

6.3.1.1 Die Baugeschichte der Freiberger Schlosskapelle

Die ursprüngliche Lage der Kapelle ist aus dem hypothetischen Grundriss der von Bernhard Stadler errichteten Wehranlage ersichtlich. Die Kapelle war freistehend und befand sich im Bereich der nordöstlichen Burgmauer (Abb. 11). Auf dem Vischer Stich von 1681, der den von den Grafen Kollonitsch von 1638 bis 1675 neu errichteten Renaissancebau zeigt, sieht man noch deutlich den Kapellenbau an der Ostflanke der Außenfassade neben dem Fassadenturm hervortreten (Abb.14). Schriftliche Überlieferungen berichten von längeren Zeiträumen, in denen die Schlossherren von Freiberg der reformierten Kirche angehörten. Es ist daher anzunehmen, dass die Kapelle in dieser Zeitspanne den Schlossbesitzern als protestantischer Betraum diente und durch einen Prädikanten betreut wurde. 207 Im Grazer Diözesanarchiv liegen Urkunden auf, aus denen zu entnehmen ist, 208 dass schon 1617 bei durchgeführten Kontrollen im Zuge der Gegenreformation ein Visitationsprotokoll angefertigt wurde, was darauf schließen lässt, dass auch schon diese Kapelle bereits konsekriert war. Unter Kardinal Sigismund von Kollonitsch wurde diese Vorgängerkapelle entfernt und in den Jahren um 1743 im Nordtrakt des Schlosses eine neue Kapelle errichtet. Diese

203 Vgl. M. Legen, Hauskapellen, 2001, S. 9. 204 Vgl. M. Legen, Hauskapellen, 2001, S. 11. 205 Vgl. M. Legen, Hauskapellen, 2001, S. 7. 206 Herwig Ebner in: Burgen u. Schlösser in der Steiermark, Wörschach 2004, S. 5. 207 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1982, S. 80. 208 Diözesanarchiv, Visitationsprotokolle, Freiberg, 1617. 49

war nun vollständig in das Gebäude eingebunden und sorgfältig ausgestattet (Abb. 19, Abb. 20). Auch hier bleibt ungeklärt, welcher der beiden Baumeister, Gerl oder Hueber, die Gestaltung der Kapelle übernommen hat. Auch Peter Krenn nimmt an, dass die Arbeiten unter der Aufsicht des erzbischöflichen Baumeisters Matthias Gerl aus Wien ausgeführt wurden.209 Die Schlosskapelle ‚Maria Himmelfahrt’ wurde 1743 vom Bischof Leopold III. Ernest Grafen von Firmian, Bischof von Seckau, geweiht 210 und erhielt auch die Messlizenz. Ein Geistlicher aus dem Gleisdorfer Piaristenkloster wohnte im Schloss und hatte als Hofkaplan die Aufgabe, wöchentlich vier Messen zu lesen sowie „ cathechetische Reden “ zu halten. Gleichzeitig war er verpflichtet, den Kindern der näheren Umgebung das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. 211 In dieser 150 Personen fassenden Kapelle las der 1884 verstorbene Pfarrer i. R. Josef Rath zu Lebzeiten des letzten Grafen Kollonitsch, gestorben 1874, noch regelmäßig die Hl. Messe. Nach dem Tod des letzten Grafen wurden Schloss und Besitz vom damaligen Landeshauptmann von Kaiserfeld an protestantische Besitzer übergeben und ein Pastor wirkte zuweilen als Religionslehrer im Schloss. 212 Das weitere Schicksal der Kapelle findet man fragmentarisch im Diözesanarchiv dokumentiert . Wie aus den Akten zu entnehmen ist, sind von 1743 bis 1909 einige Male Ansuchen an das ‚Hochwürdigste fürstbischöfliche Consistorium in Graz’ gestellt worden, die wiederholt die Bemühung zum Inhalt hatten, eine Messlizenz zu erwirken. 213 Messlizenzen mussten erneuert werden, wenn die Kapelle entweiht wurde, z.B. durch protestantische Priester oder durch zweckentfremdete Verwendung des Sakralraumes. 1910 stellt die Schlossverwaltung der A. R. Hückel`schen Herrschaft Freiberg und Mühlhausen ein Ansuchen um Messlizenzgewährung und führt als Begründung die große Entfernung der Kirchen sowohl nach St. Ruprecht als auch nach Gleisdorf an.

209 Vgl. P. Krenn, Die Oststeiermark, 1981, S. 127 f. 210 Vgl. F. Arnfelser , Gleidorf, 1928, S. 166. 211 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1981, S. 80. 212 Vgl. R. Baravalle, Burgen und Schlösser, 1961, S. 39. 213 Diözesanarchiv: Mappe/Akte: 84–b–IV b-19 Gleisdorf, Schlosskapelle Freiberg. 10/1/1743, 1744, 1758, 1761,1804, 1809 (Pater Servinus Schuster, Schlosskaplan) 50

Es wurden daraufhin vom Consistorium eine Aufstellung des Inventars und ein Bericht über den Zustand der Kapelle gefordert. Die Antwort beinhaltete folgendes : „Diese ist vom Fürstbischof Leopold Graf von Firmian konsekriert und befindet sich in gutem Zustand.[...]. Die Meßgewänder sind gut erhalten, auch Leinenwäsche und Sporgoralien 214 sind vorhanden.“ 215 Im Dekret vom 9. März 1910 wurde, nach einer mündlichen und schriftlichen Zusage, dass auch die Herrschaft dem Gottesdienst beiwohnen würde, die Erlaubnis erteilt, Messen zu lesen. Ein Zusatz fordert, dass auch für äußere Gläubige der Zutritt offen stehen soll, jedoch nicht für Fremde. 216 Es folgten nun Jahre des wirtschaftlichen Niederganges, da die verschiedenen nachfolgenden Besitzer für den Erhalt des Schlosses nur beschränkte finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung hatten. Das noch vorhandene historische Inventar wurde durch die Russenbesetzung beinahe vollständig zerstört oder verschleppt. Die Kapelle wurde als Abstell- und Lagerraum verwendet. Einige wertvolle Gegenstände auf dem Dachboden blieben trotz Plünderungen unentdeckt. „Einem glücklichen Zufall verdankte man den Fund der zierlichen, zeitlich genau der Anlegung der Schlosskapelle (1740) entsprechende Balustrade mit schöner Marmorierung. Diese passte fugenlos in die für die Altarschranken bestimmte Stelle, damit hat der gesamte Raum eine dem Konzept der seinerzeitigen Anlage entsprechende Gliederung erhalten [...].“ 217 Es ist der Initiative der derzeitigen Schlossbesitzer, mit der Unterstützung des BDA, zu verdanken, dass nach der jahrzehntelangen Vernachlässigung der Kapelle ein Kleinod wiederauferstanden ist. Die geglückte Restaurierung von 2007 bis 2009 bringt uns das unter Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch geschaffene Aussehen der Kapelle wieder zurück. Bemerkenswert ist, dass die gesamte barocke Ausstattung des sakralen Raumes erhalten geblieben ist. In den übrigen Räumen des Schlosses findet man nur vereinzelt Ausstattungsstücke aus der Zeit des Kardinals.

214 Der Ausdruck ‚Sporgoralien’ konnte nicht geklärt werden. 215 Diözesanarchiv: 2.Mappe/Akt 73 Freiberg Schlosskapelle. 216 Vgl. Diözesanarchiv: 2. Mappe/Akt 73 Freiberg Schlosskapelle. 217 BDA. Situationsbericht 4, 15.01.1969, S. 2. 51

Die Kapelle steht nun wieder der Öffentlichkeit für verschiedenste Festlichkeiten, wie Hochzeiten und andere religiöse Feiern, zur Verfügung.

6.4 Die maßgeblichen Künstlerpersönlichkeiten auf Schloss Freiberg

6.4.1 Matthias Franz Gerl

Matthias Gerl der Jüngere, wurde am 1. April 1712 in Klosterneuburg, Niederösterreich, geboren und starb am 13. März 1765 in Wien. Er gehörte zu einer weit verzweigten Wiener Baumeisterfamilie des 18. und 19. Jahrhunderts. 1741 erfolgte nach dem Meisterstück die Aufnahme in die Wiener Baumeisterinnung. Er arbeitete über einen längeren Zeitraum für den Stiftsbaumeister Donato Felice d`Allio und im Wiener Baubetrieb für Johann Gottfried Pock. 1740 heiratete er die Witwe von Pock und übernahm mit dem Baubetrieb auch die Bauherren seines Vorgängers. Durch Kardinal Kollonitsch 218 entwickelte sich ein persönliches Verhältnis zu den Piaristen, für die er zeitlebens tätig und daher auch bei fast allen Piaristen- Niederlassungen der österreichischen Ordensprovinz vertreten war. Gerl avancierte vom einfachen, bürgerlichen Maurermeister zum erzbischöflichen Baumeister. Der Umbau der böhmischen Hofkanzlei im Auftrag des Wiener Hofes brachte ihm sogar den Titel ‚k. k. Directorial Baumeister’ ein. Die herausragenden Werke Gerls ab 1743 sind die Piaristenkirche Maria Treu in Wien mit Abschlussarbeiten nach Hildebrandt und einer Freskierung von Anton Maulbertsch, die Pfarrkirche Oberlaa, der Klosterneuburger-Hof in Wien, die Leitung des Umbaues der Altsimmeringer Pfarrkirche, der Umbau der Wiener Neustädter Burg zur Militärakademie, die Erweiterung der Böhmischen Hofkanzlei in Wien, der Pfarrhof in Melk, St. Thekla in Wien, St. Margareta in Traiskirchen. 219 Im Auftrag des Vogtherrn Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch soll Matthias Gerl in den Jahren 1743 bis 1747 die Piaristenkirche ‚Mariä Reinigung’ und das angeschlossene Piaristenkloster in Gleisdorf gebaut haben. Der nunmehr gewestete Bau ersetzte die ältere Spitalskirche. Für diese Zuschreibung spricht, dass auch bei diesem spätbarocken Kirchenbau Gerls der für Sakralbauten bevorzugte Raumtypus,

218 Auch ‚Kollonitz’. 219 Vgl. Saur, Lexikon der Kunst, Bd. 52, 2006, S 155 f. 52

eine Verschmelzung von Lang- und Zentralraum, zur Ausführung kam. Auffällig ist auch die Übereinstimmung der Gleisdorfer Kirche mit Gerls typischer Einturmfassade. Gerls Kirchenfassaden werden durch eine dreiachsige Einturmfront, durch einen mit einem Dreiecksgiebel bekrönten Mittelrisalit und einen zweigeschossigen Turm mit seitlichen Giebelvoluten charakterisiert. 220 Dieser Fassadentypus wurde in Ostösterreich bis in das 19. Jahrhundert bei zahlreichen Turmerneuerungen verwendet. Betrachtet man die Fassade der Gleisdorfer Kirche Mariä Reinigung, so kann man die auffällige Übereinstimmung mit Gerls charakteristischer architektonischer Gestaltung feststellen. Rochus Kohlbach schreibt neben diesem Kirchenbau auch den gesamten barocken Umbau im Schloss Freiberg Gerl mit der Begründung zu, dass dieser nachweisbar 1740 aus Wien gekommen und in der betreffenden Zeit in Gleisdorf mit Bauprojekten beschäftigt war. Als bezeichnend für seine Bauten werden sparsam angewendeter Motivvorat und flachen Fassadenreliefs genannt. Gerl verwendet mehrfach aufgeschichtete Putzfelder und eine Wanddekoration von nur geringer Profiltiefe und wird daher zum Vorreiter des „Plattenstils“ der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.221

6.4.2 Joseph Hueber

Der Sohn eines Tiroler Maurerpoliers wurde 1715 in Wien geboren und starb 1787 in Graz. In einem eigenhändigen Brief an den Landeshauptmann der Steiermark gibt Hueber Auskunft über seine Laufbahn: Er habe das „ Zaichnen und Reissen unter der „treuherzigsten Assistenz seines annoch in Wien als ältester Polier stehenden Lieben Vaters geüb t und vier Jahre in Sachsen und Böhaimb 222 weitergelernt“.223 Dann sei er in Wien Polier geworden, die Prüfung habe er mündlich beim Kaiserlichen Festungsbaumeister Joseph Kraus abgelegt (1739), und in Wien seien ihm ‚verschiedene Haubtgebäu’ anvertraut worden. 224

220 Vgl. Saur, Allgemeines Künstlerlexikon: Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 52, Leipzig 2006, S. 155 f. 221 Vgl. Saur, Lexikon der Kunst, Bd. 52, 2006, S 155 f. 222 Böhmen. 223 R. Kohlbach, Steirische Baumeister, 1961, S. 231 f. 224 Vgl. R. Kohlbach, Steirische Baumeister, 1961, S. 231 f. 53

1739 tritt er in Graz in die Dienste Joseph Carlones. Nach dem Tod Carlones im Jahr 1740 bewirbt Hueber sich um die Baumeisterschaft, heiratete die Witwe Carlones und erwirbt damit auch die ‚Profession’. Seinen beruflichen Aufstieg krönt 1752 das Amt des Hofbaumeisters, 1764 wird er Admonter Stiftsbaumeister (Stiftsbibliothek)225 und 1782 wird er Vorstand der Grazer Baumeisterzunft. Hueber übernahm in seiner Zeit fast alle großen Bauvorhaben in der Steiermark und wurde in jener Periode als der bedeutendste Baumeister des Landes beschrieben. Seine Werke bildeten den Höhepunkt der steirischen Architektur des Spätbarocks 226 . „Huebers Tätigkeit in Graz fällt weitgehend mit der Regierungszeit Maria Theresias zusammen. Die Zentrierung auf Wien dokumentiert sich auch in einer an Wien orientierten Formensprache .“ 227 Als eine seiner Stileigentümlichkeiten werden die sphärisch abgeplatteten ‚Platzlgewölbe’ bezeichnet.228 Hueber’s Anliegen war, den Innenraum gleichmäßig durchzugestalten und eine harmonische Verbindung von Longitudinal- und Zentralraum herzustellen. Die Platzlgewölbe tragen zu dieser Raumvereinheitlichung wesentlich bei. 229 Der Großteil der Fassaden, die in diesen Jahren in der Grazer Innenstadt, wie zum Beispiel in der Sporgasse und Herrengasse, entstanden sind, kann als ‚im Stil Huebers’ bezeichnet werden. Die geschwungenen Fensterverdachungen und die dekorativen Fensterumrahmungen im spätbarocken Stil sind in vielen Details dem Formengut Lukas von Hildebrandt ähnlich. In seiner späteren Schaffenszeit wendet Hueber an den vertikal verbundenen Fensterachsen zunehmend den ‚Plattenstil’ an. Die Gliederung der Wand erfolgt bei dieser Methode mittels unterschiedlicher Mauerschichten und aufgelegter Putzplatten. 230 . Hueber gilt nicht nur als Baumeister der „hübschen Stiegenhäuser’“231 , sondern wirkte auch an zahlreichen Innengestaltungen mit. Auch die typischen querrechteckigen

225 Vgl. R. Kohlbach, Steirische Baumeister, 1961, S. 231 f. 226 Vgl. R. Kohlbach, Steirische Baumeister, 1961, S 228. 227 W. Resch in: Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. LXXII. 228 Vgl. R. Kohlbach, Steirische Baumeister, 1961, S. 230. 229 Vgl. Kurt Woisetschläger, Peter Krenn, Alte Steirische Herrlichkeiten, 800 Jahr Kunst in der Steiermark, 2. Aufl., Graz, Wien, Köln 1973, S. 10. 230 Vgl. W. Resch in: Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. LXXII. 231 Laurin Luchner, Schlösser in Österreich, 1983, S. 147. 54

Platzlgewölbe im Stiegenhaus des Schlosses Freiberg könnten Indizien für das Wirken des Meisters sein, wie im Dehio 232 und in einer Schloss-Beschreibung des BDA 233 vermutet wird. Einen weiteren Verfechter dieser Überlegung finden wir in Walter Koschatzky. Dieser schreibt in seiner Dissertation über Hueber, dass für den Baumeister ein besonderer Stil seiner Treppenführung und flache Platzlgewölbe charakteristisch seien.234 Deshalb haben, nach Meinung Koschatzkys, stilanalytische Untersuchungen ergeben, dass Hueber im Auftrag von Kardinal Kollonitsch für die barocke Neugestaltung des Treppenhauses, der Korridore und der Kapelle des Schlosses Freiberg verantwortlich gewesen sei. Als charakteristisch bezeichnet Walter Koschatzky die Gestaltung der Kapelle mit der Pilasterform, dem Gewölbe, dem flachelliptischen Schluss und den Fenster- bzw. Türrahmungen, aber auch die Gestaltung der Nischen im Hof und die Formen des Ofens im Festsaal. Ebenfalls wird der 1744 durchgeführte Bau der Piaristenkirche mit dem angeschlossenen Spital in Gleisdorf von Walter Koschatzky auf großer stilkritischer Basis Hueber zugewiesen. 235 Ein weiteres Indiz für diese Zuschreibung könnten die vom Kardinal in Auftrag gegebenen Bauarbeiten am Palais Kollonitsch in Graz liefern. Es ist schließlich nachgewiesen, dass der Stukkateur Heinrich Formentini im Palais Kollonitsch in Graz die Deckenstukkierung durchgeführt und wiederholt, z.B. im Palais Herberstein in Graz, mit dem Baumeister Joseph Hueber zusammengearbeitet hat.236 Huebers wichtigste Werke sind die Um- und Erweiterungsbauten an Grazer Kirchen und an einer Reihe von Stadtpalais, die Schlosskirche Eggenberg mit drei Altären, ein Stiegenhaus im Palais Herberstein 237 , die Neugestaltung des Rittersaals im Landhaus, die Pfarrkirche St. Veit im Vogau, das ‚landschaftliche’ Schauspielhaus, der zweischiffige Bibliothekssaal der Alten Universität. Als sein Hauptwerk gilt jedoch die

232 Vgl. Dehio Steiermark, 1956, S. 49 f. 233 Vgl. BDA, l. 1676/1966. 234 Vgl. Walter Koschatzky, Leben, Werk und Stil des Barockbaumeisters Josef Hueber, Diss., Graz 1951, S. 145. 235 Vgl. W. Koschatzky, Leben, Josef Hueber, 1951, S. 172: typische platzlgewölbte Rechteckjoche, Innengliederung durch Pilasterpaare und umlaufende Gebälkzone – stilistisch vergleichbar mit der Schlosskapelle Freiberg. 236 Vgl. M. Legen, Grazer Hauskapellen, 2001, S. 118. 237 Vgl. Laurin Luchner, Residenzen und Landsitze in Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Salzburg, Tirol und in: Schlösser in Österreich, Bd. 2, München 1983, S. 84 f. Im Palais Herberstein hat Hueber wohl auch die neuen Türen und Öfen entworfen. 55

Wallfahrtskirche auf dem Weizberg. 238 Als Vergleichsbauten der Mariä Reinigungskirche in Gleisdorf (Abb. 21) mit Einturmfassaden kann man die von Joseph Hueber errichtete Pfarrkirche Mautern (Abb. 22) und die Augustinerkirche in Fürstenfeld heranziehen. Von Mathias Gerl wurden die Pfarrkirchen Oberlaa, St. Thekla in Wien und Ober-St. Veit 239 mit dem charakteristischen Einturmsystem geschaffen (Abb.23). Auffallende stilistische Gemeinsamkeiten weisen bei diesen Kirchenfassaden allerdings auf Gerl als ausführenden Baumeister für die Gleisdorfer Kirche hin.

6.4.3 Gaetano de Rosa

Über die Biographie dieses Künstlers, der auch unter dem Namen Cajetan Roosin in der Literatur aufscheint, ist sehr wenig bekannt. Er wurde in Rom 1690 oder 1686 geboren. Gesichert ist, dass er am 16.7.1770 in Wien verstorben ist. Seine Berufsbezeichnung wird als Tier- und Landschaftsmaler angegeben. Er ist der Sohn und Schüler des Phillip Peter Roos, Bruder des Jacobo und Vater der beiden Söhne Joseph und August Roos. Letzterer war Landschaftsmaler und Radierer, wurde 1732 in Wien geboren und verstarb dort am 25.8.1805. Die Werke Gaetano de Rosas sind: Die Seitenaltarbilder in der Pfarrkirche von Lainz, mit Kreuzabnahme und Taufe Christi. Die Kreuzabnahme ist mit „Gajetano De Ro ...“ und die Taufe Christi mit „Gajetanus De Rosa fec. 1744“ signiert. Laut Gedenkbuch wurden beide Bilder 1744 gemalt und 1842 restauriert. Ferner stammen von Gaetano de Rosa drei Seitenaltarbilder in der Pfarrkirche von Ober-St. Veit, eine Madonna, auf Wolken schwebend, von großen und kleinen Engeln getragen. Das Werk ist mit Signatur und Datierung „Gaetano de Rosa F. 1744“ versehen und wurde 1845 restauriert. Weiters zählt ein Hl. Josef, auf Wolken schwebend, mit großen Engeln zu seinen Werken. Laut Vermerk im Gedenkbuche und Stilvergleich wird letzteres Werk ebenso Gaetano de Rosa zugeschrieben.

238 Vgl. R. Kohlbach, Steirische Baumeister, 1961, S. 229-234. 239 Patronatsherr war Kardinal Kollonitsch. 56

1743 ein Wandaltar mit Stuckfiguren und einem Bild der Himmelfahrt Marias 240 der Schosskapelle in Freiberg bei Gleisdorf, 1745 die Fresken am Spiegelgewölbe des Prunksaales auf Schloss Fertórakos in Ungarn.241 Bilder im Brukenthaler Museum in Hermannstadt, im Nationalmuseum in Stockholm und auf Schloss Grafenegg bei Krems. 242

6.5 Exkurs: Weitere Bautätigkeiten der Grafen Kollonitsch

Das Palais Kollonitsch

Der landsässige steirische Adel und auch rittermäßige Geschlechter verzeichneten schon ab dem 13. Jahrhundert einen Aufschwung und kamen im Zeitalter der Renaissance zu Macht und Ansehen, was auch im 16. und im frühen 17. Jahrhundert eine rege Schlossbautätigkeit zur Folge hatte. Schon ab dem 14. Jahrhundert und besonders im 15. Jahrhundert, als Graz Regierungssitz wurde, verlagerte der Landadel seine Wohnsitze oftmals in die Stadt. Im 16. Jahrhundert und vor allem im 17. Jahrhundert entwickelte sich der Trend zu ständig bewohnten Adelspalästen. Ein charakteristisches und noch heute gut erhaltenes Beispiel für ein solches Bauwerk ist das Palais Kollonitsch in der Schmiedgasse 21. 243 Otto Gottfried Graf von Kollonitsch, Freiherr zu Burgschleinz, Haindorf und Idungspeugen, Herr auf Freiberg und Kollnitz, k.k. Regimentsrat und Kämmerer von Erzherzog Leopold Wilhelm, erwarb 1641 einen alten und baufälligen Hausbestand in der Schmiedgasse. Aus seinem Testament erfahren wir, dass er nach Abbruch des Gebäudes sein Palais „ fast von neuem“ 244 erbaut hatte. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass er auch gleichzeitig sein Schloss in Freiberg großzügig erweiterte und zum Teil neu erbaute. Die Baumeister sind uns leider nicht überliefert.

240 Signiert und datiert „Gaetano D. Rosa F. 1743“ 241 Signiert 242 Vgl. Thieme Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 28, Leipzig 1934, S. 577 f. 243 Vgl. M. Legen, Hauskapellen, 2001, S. 16. 244 W. Resch, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Bd 53, 1997, S. 572. 57

Das Palais wurde anstelle der zwei oder drei kleinen, in den Bau einbezogenen Hofstätten errichtet und wird stilistisch noch der Spätrenaissance zugeordnet. 245 Der dreigeschossige, vierflügelige Bau umschließt einen weitgehend intakt erhaltenen Spät-Renaissance-Innenhof, dessen kreuzgratgewölbte, segmentbogige Arkaden im Erdgeschoss von Pfeilern und in den oberen Geschossen von toskanischen Säulen gestützt werden 246 . Aus der Umbauphase unter Kardinal Kollonitsch stammt die frühbarocke, sechsachsige Fassade, die durch polygonale Obergeschoss-Eckerker auf Kragsteinen und toskanische Säulen begrenzt wird. Eckerker waren ein wesentliches Merkmal des Renaissance Hauses in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und haben sich trotz späterer Fassadenüberarbeitung in großer Zahl erhalten.247 Beispiele dafür sind in Graz das ehemalige Deutschordenshaus in der Sporgasse Nr. 22 oder das Spätrenaissance-Eckhaus am Bischofsplatz Nr. 5. 248 Über dem asymmetrisch angeordneten, rustizierten Rundbogenportal und den Fenstern des ersten Stockwerkes zeigt sich ein aufwendig gestaltetes, aus zwei Platten bestehendes Stein-Relief mit einem Allianzwappen. Die Inschrift weist die Jahreszahl 1642 auf, sowie die Namen der Erbauer, Otto Gottfried von Kollonitsch und seine Gemahlin Johanna Sophia, geb. Gräfin Thurn. 249 Dieses Wappen findet sich am Torgebäude von Schloss Freiberg wieder (Abb. 12). In einem Inventarverzeichnis des Nachfolgers Georg Gottfried von 1671 findet eine aufwendig ausgestattete Hauskapelle im ersten Stock des Südflügels Erwähnung. Dieser zweijochige Raum mit Stichkappentonnen verfügt über Stuckzier aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. 250 Im zweiten Stock des Haupttraktes befindet sich ein als Speisesaal genutzter Raum, dessen Spiegelgewölbe mit bemerkenswerten figuralen und ornamentalen Deckenstukkaturen ausgestattet ist. Die Stukkaturarbeit wird Josef Antonio Serenio,

245 Vgl. W. Resch, Die Kunstdenkmäler Graz, Bd. 53, 1997, S. LXVI f. 246 Vgl. Dehio–Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Graz, hrsg. vom Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes, bearbeitet von Horst Schweigert, Wien 1979, S. 102. 247 Vgl. W. Resch, Die Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. LXIV. 248 Vgl. L. Luchner, Schlösser in Österreich, Bd. 2, 1983, S. 88. 249 Vgl. H. Ebner, Burgen und Schlösser, S. 85. 250 Vgl. H. Ebner, Burgen und Schlösser, S. 85. 58

die Secco Malerei in Kartuschen Antonio Maderni um 1690 zugeschrieben. 251 Ein interessantes Detail zeigt sich darin in der Form eines Medaillons mit zwei Engeln, eine Allegorie der Malerei und der Architektur, die einen Bauplan in den Händen halten, auf dem die Abbildung des im Besitz des Grafen von Kollonitsch befindlichen Schlosses Freiberg zu sehen ist 252 (Abb. 24, 25). Es zeigt das Schloss, wie es auf dem Vischer Stich abgebildet ist, und zusätzlich ein turmartiges Gartenhaus.253 Um 1750 wurde das Palais unter Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch renoviert. Im ersten und zweiten Obergeschoss des Haupttraktes befinden sich je vier Rocaille- Stuckplafonds, die Heinrich Formentini um 1760/65 zugeschrieben werden. 254 Im Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, steht folgendes über den Künstler: „Formentinis Arbeiten markieren den Höhepunkt des steirischen Rokoko Stucks. Er gab die Symmetrie als Grundlage der Komposition auf und verwendete neben Rokoko Elementen, wie Rocaille, auch Blattranken (Rosenzweigdekor), Blüten, Früchte, Bänder u. Gitter.“ 255 Weitere Instandhaltungsarbeiten erfolgten in den Jahren 1780 und 1814/15, wobei auch von einem ‚gewesenen Theaterzimmer’ berichtet wird. 256 Das Palais blieb bis zum Aussterben der Kollonitsch 1874 als Familienfideikommiss und Freihaus in deren Besitz 257 und wurde danach für Geschäftslokale und Ämter genutzt.

Schloss Dornhofen Das von Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch 1746 um 45.000 fl. erworbene Schloss befindet sich in der Gemeinde Purgstall bei Eggersdorf im Umfeld von Graz. Es stammt aus dem 17. Jahrhundert und umschließt mit drei Flügeln hufeisenförmig einen großen Laubenhof. Die vierte Seite wird durch eine Mauer abgeschlossen. Ende des 17. Jahrhunderts war dem Schloss noch eine Wehrmauer mit einem Nebengebäude

251 Vgl. Dehio, Graz, 1979, S. 102. 252 Vgl. W. Resch, Die Kunstdenkmäler Graz, Bd. 53, 1997, S. 577. 253 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 172. 254 Vgl. W. Resch, Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. 572 f. 255 Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 42, 2004, S. 349. 256 Vgl. W. Resch, Kunstdenkmäler Graz, 1997, S. 572 f. 257 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1982, S. 50. 59

vorgelagert. Unterhalb des Schlosses, an der südwestlichen Seite, befand sich ein großer, durch Vierecktürme verstärkter Meierhof. Die Zugänge erfolgten durch ein Tor beim Meierhof, durch ein weiteres Tor in der Schlossmauer und ein drittes Tor im Schloss selbst, welches in den Hof führte. Von der großen Bastei im Nordwesten sind heute keinerlei Spuren mehr zu erkennen. Unmittelbar neben dem Schloss waren zwei Fischteiche angelegt, die zum Teil noch heute bewirtschaftet werden. 258 Dornhofen war noch bis 1870 im Besitz der Kollonitsch, danach folgten eine Reihe wechselnder Besitzer. Zurzeit wird das Schloss für die Gastronomie und für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

6.6 Die Besitzverhältnisse der Herrschaft Freiberg

Nach dem Tod Kardinal Sigismunds von Kollonitsch 1751 übernahm sein Adoptivsohn Ladislaus die Herrschaft Freiberg. Dieser starb 1780, ohne ein Testament zu hinterlassen. Die danach einsetzenden ‚Sperr- und Inventurs-Commissionarien’ geben uns eine aufschlussreiche Beschreibung des Inventars im Schloss Freiberg. „ Im Erdgeschoss befanden sich die herrschaftlichen Kanzleien, ein Amtszimmer, das Archiv, drei Bedienstetenzimmer, das Torwärterzimmer, die Küche, eine Selche, die Pfisterei, Gärtnerei und eine Tischlerei. Im ersten Stockwerk waren vorwiegend Zimmer. Dort finden wir das Inspektoren-, Sekretärs-, Geistlichen-, Kapuziner-, Verwalter-, und Offiziers-Tafelzimmer. Der zweite Stock war der gräflichen Familie vorbehalten. Im großen Sommersaal hingen 30 Familienporträts. An der langen Speisetafel standen 24 rotlederne Sessel.“ 259 Von dieser überlieferten Ausstattung blieb nichts erhalten, auch nicht die Ahnengalerie der Familie Kollonitsch. Außer dem Spitalsgebäude in Gleisdorf gehörten damals zu den Realitäten der Herrschaft Freiberg noch die sich im Umfeld des Schlosses befindlichen Gebäude, wie

258 Vgl. Georg Clam Martinitc, Österreichisches Burgenlexikon, Linz 1992, S 304. 259 R. Hausmann in: Gleisdorf 1229-1979, 1979, S. 273. 60

im Südosten das Kellerhaus, eine Taverne 260 im Westen, das schon erwähnte Vorwerk 261 und im Norden der ehemalige Meierhof 262 . Die Schlossgärtnerei mit zwei Glashäusern befand sich im südlichen Bereich und war teilweise stufenförmig in den Hang unter der Bastionsmauer hineinversetzt (Abb. 26). Diese Objekte mit angrenzendem Wirtschaftgebäude wurden in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts leider abgetragen. 263 Eine Darstellung der Orangerie findet man, wie oben schon beschrieben, in einer Kartusche im Stuckplafond des Speisesaales im Palais Kollonitsch in Graz. Erzählungen berichten von einem später eingeebneten „Glorettehügel“ mit einem Aussichtsturm südlich des Schlosses. An dieser Stelle soll sich der Kreidfeuerplatz befunden haben. Zur Herrschaft des Schlosses gehörte auch eine nicht weit entfernte Ziegelei, die der Erzeugung des eigenen Bedarfs an Baumaterial diente.264 . Mit dem Aussterben der Grafen Kollonitsch 1874 kam es zu einer Besitzzersplitterung, und nur ein sehr kleiner Teil des gutswirtschaftlich verwalteten Besitzes verblieb beim Schloss. 265 Heute gehört nur mehr das Schloss selbst und das Plateau, auf dem sich das Schloss befindet, zum Besitz.

260 Das heutige Gasthaus Saulauf. 261 Heute als Jägerhaus oder Torhaus bezeichnet. 262 Gehört heute zum anschließenden Golfplatz. 263 Gesprächsnotiz mit ehemaligem Bewohner des Schlosses, Bgm Klinkan am 16. 10. 2009 (telefonisch). Auf einem Foto aus dem Jahr 1952 sind die Glashäuser noch zu sehen. 264 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 152. 265 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 1229 – 1929, 1979, S. 273. 61

7 Die Rolle des Bundesdenkmalamtes

7.1 Chronologie der Rettung des Schlosses

Nach dem Aussterben der Grafen von Kollonitsch erfuhr das Schloss Freiberg eine sehr wechselvolle und von Niedergang geprägte Geschichte. In der Literatur wird von Renovierungsarbeiten im 19. Jahrhundert berichtet. Auch im Jahr 1928 sollte das Schloss einer gründlichen Erneuerung unterzogen worden sein. Diese Erneuerungsarbeiten wurden aber nicht dokumentiert und könnten nur durch aufwendige restauratorische Putz- und Fassungsuntersuchungen der Fassaden nachvollzogen werden. Erstmals wurde das Bundesdenkmalamt Graz in die Geschichte Freibergs durch ein Schreiben vom 12. 12. 1942 einbezogen. Hier wird dem BDA mitgeteilt, dass die NSDAP im Schloss eine ‚hohe Schule’ unterzubringen beabsichtigt, wozu es allerdings nie kam. Im zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit wurde das Schloss so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass die zuständige Baupolizei wegen Gefährdung der Bewohner die Schließung beabsichtigte.266 Ein Akt vom 27. 06. 1952 betrifft eine Anfrage eines Herrn Seiner 267 an das BDA. Er schlägt die Abtragung des Schlosses vor. Als Begründung führt er die schlechte wirtschaftliche Lage der Besitzerin, Freifrau Luise Erler, an und meint weiters, dass an dem Schloss ohnedies „ nicht viel dran sei “ 268 . Seiner Meinung nach könnte man daraus Material für Neubauten gewinnen. Am 09. 07. 1952 erfolgte die Mitteilung an das Landesbauamt Graz mit folgendem Inhalt: Nach Besichtigung des Schlosses durch den Landeskonservator stellte sich heraus, dass der bauliche Zustand durchaus einwandfrei sei. Auch das Dach und der Dachstuhl wären in Ordnung. Ein Abtragen wäre nicht notwendig, da es sich um eine „sehr bemerkenswerte Renaissanceanlage“ 269 handelt. Die Innenräume haben aber durch die Russenbesetzung sehr gelitten, Tapeten, Möbel u.s.w. wurden verschleppt. Die Besitzerin erklärte, dass ihr eine Weiterverwendung auch angenehmer wäre. Dass

266 Vgl. BDA, AE: 1124/1–42. 267 Name im Akt als ‚Seiner?’ angegeben. 268 BDA, Vorzahl 1124-1942, Geschäftszahl 1190-52. 269 BDA, Zl.1190/52. 62

Schloss wäre als Waisenhaus oder als Altersheim sicherlich gut geeignet, da auch sämtliche notwendigen Installationen intakt sind. Weitere Schritte erfolgten durch den Landeskonservator. Er beantragte die Übernahme des Schlossobjektes durch den Steirischen Burgenverein und stellte fest, dass sich das Schloss gegenwärtig im Eigenturm von Frau Erler befindet, die das Objekt zum Verkauf angeboten haben solle. Das Objekt zeichne sich nicht nur durch seine baugeschichtliche Qualität, seine brauchbaren und adaptierfähigen Innenräume, sondern auch durch seine besondere landschaftliche Lage und seine günstige Zufahrtsmöglichkeit aus. Der Bauzustand sei einigermaßen zufrieden stellend. Die auftretenden Bauschäden könnten mit den zu erwartenden Subventionsmittel behoben werden, was die Rettung des Schlosses bedeuten würde. 270 Leider erfolgten aber in den nächsten Jahren keinerlei diesbezügliche Aktivitäten zu Erhaltung des Schlosses und so lautete, nicht sehr überraschend, schon der nächste Situationsbericht des BDA aus dem Jahr 1960 folgendermaßen: Nach Berichten, dass das Schloss derzeit dem Verfall preisgegeben sei, erfolgte eine Besichtigung durch das BDA. Der Befund bestätigt Wassereinbrüche unter den Ecktürmen, die einen Einsturz von Tramdecken zur Folge hatten. Da dadurch aber kein wesentlicher Bestand zerstört wurde, wird angeregt, dieses baukünstlerisch und landschaftlich wirklich bedeutende Objekt zu sichern. Die Besitzerin, Frau Hedwig Erler, verfügt, obwohl positiv eingestellt, über keinerlei Mittel zur Erhaltung des Objektes. Außerdem sei angeblich schon die baupolizeiliche Ausweisung der sich im ersten Geschoss befindenden Mieter erfolgt. Das Landeskonservatorat rät, eine Summe für die Instandhaltung des Daches aus Subventionsmitteln beizutragen und eine Unterschutzstellung durchzuführen, damit es nicht zu einem Abverkauf der Schlosskapelle und sonstiger künstlerisch wertvoller Objekte kommen kann. Ein Baugutachten des Landesbauamtes solle eingeholt werden. Angemerkt wird noch, dass der Dachboden mit Ziegelplatten im Quader- und Bienenwabenmuster ausgelegt sei, die sich ausgezeichnet als Bodenbelag für denkmalpflegerisch bedeutsame, andere Objekte eignen würden 271 . Zwischenzeitlich beherberge das Schloss ein Mädcheninternat und im Jahr 1956 Ungarnflüchtlinge.

270 Vgl. BDA, Zl.1190/52. 271 Vgl. BDA, 13.09.1960. 63

7.1.1 Freiberg als warnendes Beispiel

Am 04. 05. 1965 erfolgte eine neuerliche Besichtigung des noch im Erdgeschoss bewohnten Schlosses durch das BDA. Es wurde festgestellt, dass dieser mächtige Bau, wie in vorliegender Arbeit schon einmal erwähnt, „ erstaunlich langsam, aber sicher “272 stirbt. Die Situation wurde als hoffnungslos eingestuft, wenn sich nicht ein amerikanischer oder deutscher Geldgeber finden ließe. Es wurden Gedanken über die Ausschlachtung des Schlosses angestellt. Das betraf vorrangig Türen aus dem Hochbarock mit guten Beschlägen, das Hauptwappen der Kollonitsch am Portal, die Baluster des Stiegenhauses, die Steinplattenbeläge in den Gängen, den in Wabenform gestalteten Ziegelplattenbelag im Dachboden und anderes mehr. Fotografische Dokumentationsaufnahmen sollten die Ausführungen belegen.273 Freiberg sollte allenfalls als warnendes Beispiel in den dritten Jahresbericht des BDA aufgenommen werden. Auch die Gleisdorfer Gemeindeväter distanzierten sich von dem Problem, da das Schloss nicht in ihrem Gemeindegebiet lag.274

7.1.2 Rettung des beinahe preisgegebenen Objektes in letzter Minute

Mit dem Kauf des Objektes im Jahre 1966 durch Univ. Prof. Dr. Herbert Fischer, Vorstand des ‚Instituts für Deutsche Rechtsgeschichte’ der Grazer Karl-Franzens- Universität und seine tatkräftig in Angriff genommene bauliche Instandsetzung, schien sich die Situation schlagartig zu ändern. Er plante die Einrichtung eines österreichischen Museums für Sozialkultur und die eines zweiten Museums als ständige Ausstellung zur Stilgeschichte des österreichischen Möbels. Weiters beabsichtigte er, ein spezielles Schlossmuseum sowie eine Reihe von Sonderausstellungen zu organisieren. Im Schreiben an das BDA Wien regt das Landeskonservatorat Graz an, die Instandsetzung und Wiederherstellung des Schlosses Freiberg nach Möglichkeit aus Bundes- und Landesmitteln zu fördern, womit das Ansuchen Prof. Fischers befürwortet werden kann. 275 Prof. Fischer unterstreicht in seinem Ansuchen die Bedeutung des Schlosses, seien doch „in seinen glanzvollen

272 BDA, GZ747 – 65,Vorzahl 829/1962, Grundzahl 1124 – 42. 273 Diese Fotos sind nicht mehr vorhanden. 274 Vgl. BDA, GZ 747 – 65, Vorzahl 829/1962, Grundzahl 1124 – 42. 275 Vgl. BDA, Zl. 1676/1966. 64

Zeiten hohe und höchste Persönlichkeiten zu Gast gewesen, darunter auch zahlreiche Kaiser, beginnend mit Leopold I. und in einer Variationsbreite von Wallenstein bis Mozart .“ 276 Ein Amtsvermerk vom 20. 03. 1967 berichtet über eine durchgeführte Besichtigung des Schlosses Freiberg. Da sehr hohe Beträge für die Gesamtarbeiten erforderlich schienen, mussten mehrere Finanzierungsmöglichkeiten ausgedacht werden. Unter anderem sollte das Museum für angewandte Kunst in Wien am Stubenring um Überlassung von Depotbeständen, in erster Linie alte Möbel, als Exponate für das beabsichtigte Museum gebeten werden. 277 Die 1968 erfolgte Unterschutzstellung des Schlosses durch das BDA war eine wesentliche Grundlage, um das Renovierungsprojekt abzusichern: „Es steht somit fest, dass das geschilderte Objekt geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung besitzt und somit als Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes zu betrachten ist. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Denkmals ist begründet.“ 278 Folgende Situationsberichte des BDA belegen Zustand und Bauphasen des Objekts. Im ersten Situationsbericht berichtet Dr. Fischer im Detail über schon erfolgte Erhaltungsarbeiten. Im zweiten und dritten Bericht wird nach einer Besichtigung über weitere Sanierungsmaßnahmen und eine eventuelle Freilegung von Rundbögen im Hof, die bedauerlicherweise im 18. Jahrhundert zugemauert worden waren, berichtet. 279 Der vierte Situationsbericht vom 15. 01. 1969 bestätigt, dass das einsturzgefährdete Schloss trotz bescheidener zur Verfügung stehender Mittel als gerettet bezeichnet werden kann. 280 Darüber hinaus gelang es, in einigen wesentlichen Partien bereits feinere Restaurierungsarbeiten vorzunehmen, z.B. im großen Festsaal, den so genannten Rittersaal, und in der Schlosskapelle. Es wurden Einrichtungsobjekte in stilentsprechender Art zur Verfügung gestellt, Vitrinen und Schaukästen von der Universität Graz angeschafft sowie Leihgaben vom Landesmuseum Joanneum beziehungsweise Stadtmuseum zur Verfügung gestellt.

276 BDA, Eingabe Dr. Fischer, 12.05.67. 277 Vgl. BDA, 20.03.1967. 278 Bescheid BDA, 16.8.1968, Zi.:5393/68: 279 Vgl. BDA, Zl.: 46/67. 280 Bauabschnitt II/1968 65

Der bisherige Gesamtaufwand betrug S 590.000,00, wovon vom Eigentümer selbst S 295.000,00 aufgewendet wurden.281 Die folgenden Berichte des BDA dokumentieren die Bauphasen der Renovierungsarbeiten. 282 In der Phase I wurden Ausbesserungen von Mauerschäden im nördlichen und südlichen Arkadengang des Erdgeschosses sowie in den als ‚Richtersitze’ tradierten Steinkonsolen neben dem inneren Hofeingang vorgenommen. Im Stiegenhaus und in den Gängen wurden schadhafte Putzstellen ergänzt und die Reste des zerstörten Ofens im Rittersaal abgetragen. Der südwärts des Rittersaales gelegene, große Raum, dessen Decke eingestürzt und dessen Boden einsturzgefährdet war, wurde mittels Eisenträger und Betonmauer saniert. Als nächstes, in der Bauphase II, konzentrierte man sich auf den im zweiten Obergeschoss gelegenen Festsaal, der auch als Rittersaal bezeichnet wird. Es wurde ein Deckenluster im Louis-XVI-Stil organisiert und elektrische Neuanschlüsse für die acht holzgeschnitzten Wandappliken wurden hergestellt. An die alte Ofenstelle wurde ein zweifarbiger Empire-Ofen aus St. Johann bei Herberstein gesetzt. Teile der Festsaaltüren und des Parkettbodens mussten wegen Zersetzung und Verseuchung durch Hausschwamm erneuert werden. Die geometrische Wandbemalung wurde freigelegt und restauriert. Auch die durch Hausschwamm befallene und von Wasserschäden gezeichnete Stuckdecke wurde restauriert. Die Bemalungen der Wand- und Deckenflächen des mit Stukkaturbögen ausgestatteten Flurs beim kleinen Portal und die Gänge, die zum Rittersaal führen, sowie der zum Rittersaal führende Gang im zweiten Obergeschoss wurden erneuert. Dazu kamen Ausbesserungsarbeiten im Stiegenhaus, in der Schlosskapelle und an der Innenhoffassade im Erdgeschoss. Beide Flügel der im klassizistischen Stil gehaltenen Eichentür des kleinen Portals im Hof wurden ebenfalls restauriert und neu gefasst. Im nordwestlichen Arkadengang wurde eine steinerne Floriani-Statue der Spätrenaissance in einer neu geschaffenen Wandnische angebracht. Der Heilige findet sich auch als Schlosspatron auf dem Bild über dem Hochaltar wieder.

281 Vgl. BDA, 15.01.1969, S.1–4. 282 Vgl. BDA, 15.01.1969, S.1–4. 66

In einem weiteren Schritt wurden Wände und Spitzbogendecken des Arkadenganges sowie Nebenräume ausgemalt. Der Balkon des südwestlich vor dem Rittersaal gelegenen Raumes wurde durch eine fachgerechte Konstruktion verstärkt. Von einem noch nach alter Art arbeitenden Landschmied aus Egelsdorf erhielt er ein nach Renaissancevorlagen gefertigtes Eisengitter. Weiters wurden die zerstörten Decken desselben Raumes und eines kleinen Zimmers des Eckturms wieder geschlossen und verputzt. Die darüber liegenden und anschließenden Dachbodenteile wurden mit einer feuersicheren Decke versehen. „Einen bedeutungsvollen Effekt bildete der Durchbruch der im Rokoko zugemauerten Stiege von der Schatzkammer zum Erdgeschoss, wobei die Fortsetzung in den Keller und zum verschütteten unterirdischen Gang, 283 der nach Gleisdorf führt; freigelegt wurde. Dadurch erhielt auch das Schlossgefängnis wieder seinen ursprünglichen Zugang vom 1. Stock aus.“ 284 Im südwestlichen Eckturm kam es während der Bauarbeiten zu Einbrüchen von Zwischenwänden infolge der viele Jahre zuvor eingestürzten Zwischendecken des ersten und zweiten Geschosses. Hier wurden eine Eisenbetondecke und Eisenträger eingezogen, um dem Turm wieder Festigkeit zu geben. Nach Abschluss der Hauptarbeiten wurden eine Reihe von wichtigen Nebenarbeiten durchgeführt: Die Wasser- und Elektroinstallationen wurden erneuert, Böden und Parkette ausgebessert und der Innenhof mit Kieswegen und bepflanzten Rasenflächen adaptiert. Die beiden Hoftüröffnungen der Räume rechts und links der so genannten Richtersitze wurden unter Verwendung alter Renaissancetüren und ‚alter’ Putzenscheiben wieder geschlossen. Auch auf die Inneneinrichtung wurde großer Wert gelegt. Im Bericht des BDA ist eine Inventarliste enthalten, die wertvolle Gemälde und Gegenstände, mit denen vor allem

283 O. Piper, Bauwesen und Geschichte der Burgen, 1993, S. 59: Piper bezweifelt im Allgemeinen das Vorhandensein von unterirdischen Gängen und schreibt die Erzählungen darüber der Burgenromantik zu. Meist handle es sich um kurze Gänge oder Verstecke. 284 BDA, Zl.: 46/67. 67

die Ausstellungsräume ausgestattet wurden, beschreibt. Allerdings ist in der Zwischenzeit keines der aufgelisteten Objekte mehr vorhanden. Nach erfolgter Restaurierung wurde ein Antrag des Besitzers des Schlosses um Unterschutzstellung eines bestimmten Umlandsbereiches des Schlosses Freiberg gestellt. Mit dem Schreiben vom 30. 08. 1971 ergeht vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Landesbaudirektion an die Rechtsabteilung 6, Graz – Burg die Mitteilung, dass dem Ansuchen zugestimmt wird.285 Als Begründung wird folgendes angeführt: „Das Schlossgebäude wird seit etwa fünf Jahren einer gründlichen baulichen Sanierung unterzogen, sodass es nach Behebung der gröbsten Schäden wieder bewohnbar ist, bereits wertvolle historische Gegenstände, Dokumente, Bilder und dgl. als Sammlung, die einmal öffentlich zugänglich sein wird, beherbergt und als Tagungsort mit bedeutenden kulturellen Veranstaltungen seit einigen Jahren dient. Das fast unberührte, vorwiegend waldige Umland bedarf sicherlich einer pfleglichen Bearbeitung und die landwirtschaftlichen Gebäude des nördlich benachbarten Gutshofes müssten einer baulichen Sanierung unterzogen werden. Die bildliche Wirkung des Schlosses Freiberg, vorwiegend aus West – Nord und Nordost mit dem unberührt erscheinenden Umland ist auch für die Steiermark als ein mit Burgen und Schlössern reich gesegnetes Land von ganz besonderer Art, das Ensemble erscheint jedenfalls schutzwürdig .“ 286 Im Schreiben an die Landesregierung vom 9. 02. 1972 reagiert das BDA und befürwortet die Unterschutzstellung eines bestimmten Landschaftsbereiches um das Schloss, „denn gerade die Verbindung und das Zusammenwirken von Architektur und Landschaft kommt beim Schloss Freiberg im besonderen Maße zum Ausdruck. Eine Bebauung in der Nähe des Schlossareals würde zweifelsohne diese Einheit von Landschaft und Bauwerk und die dominierende Wirkung des Schlosses auf das Ärgste beeinträchtigen .“287 Bedauerlicherweise wurde durch den Tod Prof. Fischers am 19. Dezember 1971 der so erfolgreich begonnene Weg der Revitalisierung des Schlosses jäh beendet.

285 Vgl. BDA, LBD Ia 454/I Ge 6/1-1971, Bezug: 6-375/II Fe 12/1-1971. 286 GZ.: LBD Ia 454/I Ge 6/1-1971, Bezug: 6-375/II Fe 12/1-1971. 287 GZ.: 6-375/II Fe 5/2-1972. 68

Dadurch besteht die Gefahr, dass durch die Vernachlässigung des Schlosses die bisherigen Instandsetzungsarbeiten zunichte gemacht werden. Mittlerweile wurde der Antrag auf Schutz der Umgebung, obwohl die Schutzwürdigkeit der Parkanlage betont wird, abgelehnt. Als Begründung wurde angegeben, dass keine Landschaftselemente vorhanden seien, die in Betracht kämen und somit keine ausreichende rechtliche Grundlage vorhanden sei. 288 Nach einigen Jahren der Unsicherheit erwarben Herr Erich Mohringer und seine Schwester Julia Haibel gemeinsam mit ihrem Mann, dem Gastwirt Walter Haibel, im Jahr 1973 vom Land Steiermark das bereits wieder verwahrloste Juwel und begannen mit weiteren Instandsetzungsmaßnahmen. Sie restaurierten unter erheblichen finanziellen Aufwändungen und Eigenleistungen 30 der 70 Räume des Schlosses und statteten diese mit Licht und Heizung aus, sodass das Schloss nicht nur bewohnbar wurde, sondern auch für kulturelle Veranstaltungen geöffnet werden konnte. Außerdem wurden von 1976 bis 1979 Teile der Außenfassade, das Westtor mit dem Wappen aus Stuckmörtel und der Flankenturm der Nordost-Fassade renoviert. Bis Ende 2006 war im Nordwest-Trakt in den gewölbten Räumen des Erdgeschosses ein Restaurant untergebracht. 1976 wurde abermals ein Antrag gestellt, die Landschaft unter Schutz zu stellen um das Ensemble von Landschaft und Bauwerken zu erhalten. Da in dieser Sache kein weiterer Schriftverkehr mehr aufliegt, ist anzunehmen, dass dem Antrag nicht stattgegeben wurde. Möglicherweise waren die beabsichtigte Errichtung eines Golfplatzes, unmittelbar angrenzend an den ehemaligen Meierhof, und die veränderten Besitzverhältnisse dafür ausschlaggebend.289 Der Aktenvermerk vom 12. 02. 1979 betrifft weitere Instandhaltungsarbeiten. Untersuchungen haben an mehreren Stellen das Vorhandensein von Steinsockeln gezeigt, die auf den ursprünglichen, ringsum laufenden Arkadenhof aus dem 16./17. Jahrhundert hinweisen. Die Arkadengänge wurden bereits im 18. Jahrhundert zugemauert und im Inneren mit einer anderen Gewölbefolge aus Platzln und Gurten versehen, so dass die vorhandenen Reste der Sockel und Säulen nicht mehr mit den inneren Gewölbeformationen übereinstimmen. Auch aus diesen Gründen ist an ein Freilegen nicht zu denken, wie ein Statiker feststellte. Das BDA schlägt für die

288 Vgl. BDA, 6–375/II Fe 5/3–1972/1.10.03.72 u. 13.03.72. 289 Vgl. BDA, 25.03.79. 69

beabsichtigte Färbelung einen hellen, weiß in Umbra gebrochen Farbton vor. Die einfachen Gesimsbänder sollen in dunklerer Farbe, einem Ockerbraun, erfolgen. Ebenso soll das an der Südwest-Front befindliche, rundbogige Eingangsportal restauriert und die Stuckornamentik, die aus Gitterwerk besteht, ergänzt werden. 290 Als nächsten Schritt leitete das BDA am 25.01.1988 die Unterschutzstellung des Kellerhauses ein. 291 Obwohl von den Besitzern in den folgenden Jahren, aus Eigenmitteln finanzierte, dringend anstehende Instandhaltungsmaßnamen durchgeführt wurden, erforderte der bauliche Zustand des Schlosses eine Beratung durch das BDA. Am 27. 09. 1999 wurde vom Landeskonservatorat ein Protokoll der Bestandsaufnahme der Schäden angefertigt. Er wurden Putzschäden am gesamten Schloss festgestellt, weiters ein Absenken des Innenhofes, allerorts Wassereinbrüche, Risse in den Wänden und in den Türmen, und vieles mehr. 292 Weitreichende Sanierungsmaßnahmen waren erneut erforderlich.

7.1.3 Generalsanierung des Schlosses 2007 bis 2009

2007 verkaufte Walter Haibl seinen Anteil an Dr. Wolfgang Winter und Susanne Hofmann. Zusammen mit der Haupterbin des im Jahr 2001 verstorbenen Erich Mohringer, Alexandra Kober, und ihrem Mann Joseph Kober nahm die neue Schlossbesitzgemeinschaft 293 eine Generalsanierung des Schlosses in Angriff. Die umfassende Restaurierung des Gebäudes wurde unter Aufsicht und fachgerechter Begleitung des BDA von 2007 bis 2009 durchgeführt. Unterstützt wurde das Projekt durch Zuschüsse aus dem Revitalisierungsfond des Landes Steiermark. Nach einer restauratorischen Befundung der noch vorhandenen Putz- und Fassungsreste wurde im Jahr 2007 ein Sanierungskonzept für eine nachhaltige Konservierung und Restaurierung der gesamten Fassade erarbeitet. Der Zustandbericht stellte massive Abwitterung des rezenten Putzes sowie massiven Grünbewuchs, mikrobiogenen Befall und weitere Schäden fest. Die Fassaden

290 Vgl. BDA, Zl. 5.211/2/2007. 291 Vgl. BDA, 25.01.1988.Zl. 128/79. 292 Vgl. BDA, 27.09.1999. 293 Alexandra Kober, Joseph Kober, Susanne Hofmann, Dr. Wolfgang Winter. 70

erscheinen insgesamt in einem stark verwitterten Zustand (Abb. 29).Um den Erhalt des Schlosses für die Zukunft zu sichern, war eine durchgreifende Sanierung unumgänglich. 294 Nach einem eingehenden Schadensbefund wurde eine umfassende Fassadensanierung durchgeführt. Die Denkmalpflege war in diesem Fall besonders gefordert, da es galt, die alte Bausubstanz zu schützen und die von Wassereinbrüchen und Pflanzenbewuchs geschädigten Mauern zu sanieren. Um die historische Identität nicht zu beeinträchtigen, mussten eine Reihe von Auflagen des BDA beachtet werden, wie z.B. die Erneuerung der Fenster in historisch determinierter Form und der größtmögliche Erhalt des historischen Putzbestandes. Auf Wunsch des BDA wurde eine begleitende Betreuung der Baumeister- und Malerarbeiten durch einen Restaurator angeordnet. 295 2009 war das Sanierungsprojekt abgeschlossen und sämtliche Fassaden, Bogengänge, Stiegenhäuser und die Festsäle wurden möglichst originalgetreu wiederhergestellt.

7.1.4 Ein Versuch, historische Kunstschätze zurückzuholen

Am 14. 02. 1975 teilt Frau Alexandra Honzig-Erlenburg dem Landeskonservatorat Graz mit, dass ihre Familie als Vorbesitzer des Schlosses Freiberg nach 1939 eine Anzahl von Bildern und auch zwei Öfen nach Iglau in der CSSR auf einen Familienbesitz mitgenommen hat. Die Bilder und die zwei Kachelöfen kamen vermutlich nach dem Krieg in das Museum von Iglau. Frau Honzig wollte ihr Besitzrecht dem Land Steiermark oder dem Landesmuseum Joanneum abtreten, da sie meinte, auf diese Weise eine Rückgabe der Bilder leichter zu erreichen. Die 12 Bilder aus dem 17. Jahrhundert und die beiden Öfen sollten wiederum als Leihgabe im Schloss untergebracht werden.296 Das Landeskonservatorat begrüßt diese Absicht und bedauert in einem Antwortschreiben dass „... zu Zeiten der Freifrau von Erler leider schon sehr viel

294 BDA, Zl. 5.211/2/2007. 295 Vgl. BDA, Zwischenbericht, 2008-09-17. 296 Vgl. BDA, Zl. 12.570/3/33/76, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung u. BDA, Zl. 240/II/76. 71

veräußert war, bzw. sich verschiedene Kunsthändler und auch andere Kunstliebhaber die Türe reichten, um möglichst viel aus dem Schloss zu „retten“. 297 Am 10. Februar 1978 erfolgte eine Aufstellung der an das Land Steiermark voraussichtlich abzutretenden Gegenstände: I. 12 Bilder 298 , alle in dunkler profilierter Holzrahmung, mit vergoldeter Innenleiste: 1) Landschaft mit Schloss (Freiberg?), 17. Jh. 2) Landschaft-Pendant zu 1) 3) Bildnis des Johann Ottele, mit Beschreibung in Versform und Prosa, dat. 1657 4) Genrebild, Familienszene mit Kindern, 17. Jh. 5) Darstellung der Marienkirche in Hoheneich (NÖ), mit Madonna in Glorie und Bekehrung der Grafen von Kollonitsch, mit Beschreibung, 1621 6) Porträt eines Habsburgers in spanischer Hoftracht mit Hund (Rudolf II., V.?), 17. Jh. 7) Porträt des Grafen Thurn (Kniestück), 17. Jh. 8) Bildnis Kaiser Leopold des I. (?), 17. Jh. 9) Porträt der Kaiserin Eleonora Magdalena, 17.Jh. 10) Bildnis eines Adeligen in Brokatkostüm, 17. Jh. II. Zwei Kachelöfen, weiß, auf Messingfüßen, mit Vasenbekrönung von 1780. 299 Es wurde juridische Auskunft eingeholt, ob eine Besitzrechtsübertragung möglich sei und ob mit der CSSR eine Vereinbarung bestehe, die eine Restitution realisierbar erscheinen lasse. Diese Bemühungen scheinen aber teilweise von Erfolg gekrönt worden zu sein, obwohl kein weiterer Schriftverkehr mehr im BDA in dieser Angelegenheit vorliegt. Kürzlich wurden vom Stadtmuseum Gleisdorf 18 Bilder, die aus dem Schloss stammen, öffentlich zugänglich gemacht. Frau Erler hat sie seinerzeit dem Museum überlassen und einige der Gemälde scheinen tatsächlich in obiger Beschreibung auf. 300

297 BDA, Zl.240/II/76. 298 In der Aufstellung fehlen zwei Bilder. 299 BDA, Zl.2159/77. 300 Gesprächsnotiz v. 12.11.2010 mit Frau Meister im Rathaus Gleisdorf. Es handelt sich um Porträt- und Tierbilder unbekannter Künstler, datiert von 1642 bis Ende 17. Jh. 72

8 Baubeschreibung – einst und jetzt

8.1 Die Charakteristik und die äußere Erscheinungsform des Schlosses

Das Schloss Freiberg, auf mittelalterlichen Bauresten errichtet, erhielt im 16. und 17. Jahrhundert seine heutige Gestalt und behielt auch nach den umfangreichen Aus- und Umbauten im 18. Jahrhundert seinen wehrhaften Charakter. Das Schloss war als Wehrbau, repräsentativer Adelssitz und als Verwaltungszentrum für die weit verstreuten Besitzungen der Herrschaft der Stadler und später der Grafen von Kollonitsch genutzt. Freiberg zählt zu den markantesten Schlossanlagen der Steiermark. In den insgesamt 64 größeren und kleineren Zimmern, die hauptsächlich zu den Zeiten der Jagden bewohnt waren, befanden sich im ersten Obergeschoss auch die Wohnungen der Beamten. Im Erdgeschoss befanden sich die Kanzleien des Bezirkskommissariats und die Herrschaftsverwaltung. Das zweite Obergeschoss war den Wohnungen und den Repräsentationsräumen der Herrschaft vorbehalten. Die Bedeutung dieser Schlossanlage wird allein schon dadurch hervorgehoben, dass alle vier Ansichten des Bauwerks in Vischers Schlösserbuch aus dem Jahr 1681 vertreten sind. Ein Bericht des BDA von 1968 bekräftigt, dass das Aussehen von Schloss Freiberg nur unwesentlich von den 1681 gefertigten, in dieser Arbeit schon mehrfach erwähnten Stichen Vischers abweicht. 301 Die Außenansicht des Schlosses nach der Renovierung entspricht nach wie vor diesen historischen Darstellungen. 302 Nach dem Tod des letzten Kollonitsch 1874 erlebte der Herrschaftssitz eine sehr wechselhafte Geschichte und war mehrmals vom Abbruch bedroht. Eine im Jahr 2009 beendete Generalsanierung lässt das Schloss jedoch in altem Glanz erstrahlen.

Das Schloss ist ein dreigeschossiger Vierflügelbau mit längsrechteckigem, schmalem Innenhof. Vom ehemaligen Vorwerk blieb im Westen unterhalb des Schlosses ein heute freistehender Torbau mit einem Wappen von 1650 bestehen (Abb. 13). An diesen schloss sich einst die Wehrmauer an, die das ganze Schloss umgab. Von dieser Ringmauer waren vor einigen Jahren noch Teile der Westmauer zu erkennen. Außerdem war das Schloss nach Nordosten und Südwesten durch einen Halsgraben

301 Beschreibung S. 44. 302 Vgl. BDA, 02.07.1968 u. Vgl. BDA, 16.08.1968, ZI.:5393/68. 73

gesichert. An der ehemaligen Schlosszufahrt im Nordwesten des Schlosses ist noch heute eine Steinfigur des Hl. Nepomuk 303 aus der Mitte des 18. Jahrhunderts aufgestellt Die vier mächtigen Ecktürme tragen Zeltdächer, während die überragenden Flankentürme durch mehrfach abgesetzte, blechgedeckte Zwiebelhauben bekrönt sind. Der Vierflügelbau, mit Arkadengängen im Innenhof, deutet auf den Einfluss der italienischen Renaissance hin und entspricht dem in der Steiermark beliebten wehrhaften Schlossbautypus.

Die folgenden Beschreibungen stützen sich auf die Pläne des BDA.

8.2 Grundriss

Es gibt von den Bauphasen des Schlosses kaum schriftliche Unterlagen und Pläne. Weder die besonders bei Bauaufträgen üblichen Spannzettel 304 noch die Regeste 305 sind überliefert. Franz Arnfelser und Robert Hausmann stellten Rekonstruktionspläne der Situation des 15. und 16. Jahrhunderts auf, die dem damaligen Status entsprechen könnten (Abb. 10). Der erste und einzige Vermessungsplan des rezenten Bauobjekts wurde von DI Abel aus Graz im Jahr 1966 im Zuge von Renovierungsarbeiten gefertigt und zeigt sowohl den Aufriss als auch die Grundrisspläne der einzelnen Stockwerke. Diese Pläne liegen im BDA Graz auf und sind für diese Arbeit verwendet worden. 306 Im Zuge der letzten Renovierung wurden diese Pläne als Grundlage für die neuen, ausführlicheren Baupläne verwendet. Der Grundriss des Schlosses (Abb. 27). zeigt eine Vierflügelanlage mit einem Ausmaß von 54 x 36 m, die einen schmalen rechteckigen Schlosshof umschließt und in Südost- Nordwest-Richtung angelegt ist. Der ehemalige Nebeneingang und jetzige Zugang zum Schloss erfolgt vom Südosten her. Die ursprüngliche Hauptzufahrt im Südwest-

303 Hl: Johannes v. Nepomuk (1350 – 1393), Beichtvater der Königin, wegen seines energischen Auftretens für die Rechte der Kirche gegenüber dem König Wenzel berühmt, wird u. a. wegen Wahrung des Beichtgeheimnisses von der Moldaubrücke in den Fluss gestoßen. Er wird als Brückenheiliger verehrt und als 2. Patron des Jesuitenordens in der Gegenreformation besonders hervorgehoben. 304 Spannzettel sind Auftragszettel, Dokumente die Bedingungen enthalten. 305 Regeste sind mittelalterliche Urkunden, die „getane Dinge“ bestätigen. 306 BDA, GZ 1385-60/Vorzahl 498/57: 12.09.1960 architkt. Aufnahme des Objektes durch Architekt Abel, Voitsberg, Jäger, Graz, Vermessung 1965. 74

Flügel verbindet im Erdgeschoss den Bereich der Schlosstaverne mit dem heute angelegten Gastgarten. 307 Die gesamte Anlage ist regelmäßig angelegt und weist an den Ecken vier vorspringende, aus dem Winkel gestaltete wuchtige Türme auf. An den Längsseiten erheben sich in der Mitte übers Eck gestellte, quadratische Türme. Der schmale, rechteckige, regelmäßige Hof im Stil der Renaissance wird auf drei Seiten von Rundbogenarkaden geöffnet. Die zwei noch heute an der Schmalseite des Hofes sichtbaren, niedrigen Säulen vor dem gotischen Trakt im Norden erinnern an die ursprünglichen Säulenarkaden. 308 Der älteste Trakt des Schlosses ist der Nordwestflügel mit den beiden Ecktürmen, deren Basen vermutlich auf mittelalterlichen Grundmauern stehen. 309 Typologisch leitet sich der Grundriss von der Festungsgeometrie der Renaissance ab. Als wehrtechnische Maßnahme sind die Ecktürme mit bastionsartig vorspringenden Grundrissen anzusehen, welche mit Bastionsspitz und Bastionsflanken den Schutz von den Seiten gewährleisteten. Nach diesem in der Steiermark beliebten Schema wurden, wie schon beschrieben, z.B. auch Schloss Neuberg, Herberstein und Münichkirchen umgebaut. 310 „Im Gegensatz zu den in Grund- und Aufriss meist unregelmäßigen mittelalterlichen Burgen bemühte man sich bei der Schlossarchitektur der Renaissance um einen möglichst klaren geometrischen Grundriss.“311 Auf Grund des eingeebneten Hügelrückens musste bei diesem Bau kaum auf das Terrain Rücksicht genommen werden. Freiberg konnte daher ohne größere Probleme nach italienischen Vorbildern als Vierflügelanlage angelegt werden, welche durch ihre Geschlossenheit am besten zur Verteidigung geeignet war. Ihre Regelmäßigkeit entsprach außerdem dem Zeitgeschmack der Renaissance.

307 Vgl. J. Janisch, Topographisch-statistisches Lexikon, 1886, S. 226: „Längenseite a`29 Klft., die Breitseiten zu 18 ½ Klft, mit je einem auf jeder Ecke um 1 ½ Klft. vorspringenden Eckthurme von 25 Fuß Breite und 25 Fuß Länge.“ 308 Die torseitige Säule wurde in letzter Zeit vermauert. 309 Vgl. L. Luchner, Residenzen und Landsitze, Bd. 2. 1983, S. 140. 310 Vgl. Ferdinand Kraus, Die Oststeiermark, 2. Aufl., vollst. neu bearb. von Robert Meeraus, Graz 1930, S. 41 f. 311 H. Haselberger , Steirische Schlösser, 1987, S. 195. 75

Die ehemalige Bastion im Umfeld des Schlosses wurde in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts teilweise eingeebnet oder in einen Gastgarten verwandelt. 312 In der letzten Renovierungsphase wurden die brüchigen Reste der noch im südwestlichen Areal rudimentär vorhandenen Wehrmauern durch eine neue, für die Sicherheit notwendige Brüstungsmauer ersetzt. Die historischen Ziegel konnten dafür weitgehend wieder verwendet werden. Die wuchtigen, schrägen Bastionsstützmauern aus Steinblöcken erhielten einen groben Putzüberzug. Dem Schloss ist im Norden auf etwas niedrigerem Niveau ein mächtiger Torbau vorgelagert. Von ihm ausgehend führten einst die heute nicht mehr vorhandenen Wehrmauern um das Gebäude herum. Ein Halsgraben sicherte das Schloss nach Norden und Süden hin. Zum Schloss gehörten einstmals noch die sich am Fuß des Schlosshügels befindlichen Gebäude: Im Südosten das Kellerhaus, im Westen das schon erwähnte Vorwerk, heute Jägerhaus oder Torhaus genannt, die Stallungen für 20 Pferde, die Wagenremisen 313 und im Norden der ehemalige Meierhof (Münzenbergerhof). Die Orangerie, mit den an der Südseite des Schlosses etagenförmig in den Hang hineingebauten Glashäusern, wurde, wie schon erwähnt, bedauerlicherweise in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts abgetragen. 314 (Abb.26) Das heutige Schlossareal besteht aus dem Schloss selbst und dem ringsum befindlichen Plateau.

8.3 Außenansicht

Das Schloss ist dreigeschossig und gliedert sich in eine Kellerzone im Nordostflügel; kleine Kellerräume im Bereich des Südturms und Westturms, in ein Erdgeschoss und zwei Obergeschosse (Abb. 27 a). Das steile Satteldach weist eine einheitliche Firsthöhe auf. Die vier Ecktürme, die mit einer ganzen Fensterachse vorspringen, tragen Zeltdächer und überragen den übrigen Baukomplex nur wenig. Zwei übers Eck

312 Vgl. R. Baravalle, 1961, S. 579 f. 313 Vgl. J. Janisch, Topografisch statistisches Lexikon, 1878, S. 227. 314 Gesprächsnotiz vom 19.10.2009 (telefonisch): Bgm. Klinkan wohnte von 1952–1962 auf Freiberg. In dieser Zeit standen die zwei Glashäuser noch. 76

gestellte Flankentürme tragen einen oktogonalen Aufsatz und sind durch mehrfach abgesetzte Zwiebelhelme aus Zinnblech bekrönt. 315 Der Fassadenaufbau des Schlosses zeigt nach außen hin ein einheitliches Erscheinungsbild und eine schlichte Regelmäßigkeit. Akzentuiert werden die Fassaden durch die vorspringenden, massiven Ecktürme und die in der Mitte der Längstrakte eingebundenen, übers Eck gestellten, hohen Türme, die mit ihren Ecken aus den Mauerfluchten hervorragen. Die Ecktürme zeigen die typischen Bastionsformen, die sich für wehrhafte Renaissancebauten vom 16. bis ins frühe 17. Jahrhundert in unseren Regionen durchgesetzt haben. 316 Die Türme sind im Bereich des Dachstuhls durch querovale Oculi 317 belüftet. Die zwei übers Eck gestellten Flankentürme in der Mitte der Längsseiten, die dem Besucher die wehrhafte Kante zuweisen, sind durch den oktogonalen Aufbau in der Dachfirstzone um ein Geschoss erhöht und mit zweifach abgesetzten Zwiebelhelmen bekrönt. Der Südwest-Turm ist mit einem Uhrwerk ausgestattet. Die Gliederung aller Fassaden ist schlicht mit profilierten Gesimsbändern 318 und einfachen Fensterumrahmungen ausgeführt. Die glatt verputzten Fassaden sind in einem hellen Ockerton gefärbelt, sodass die etwas dunkler gehaltenen Fenster- und Türumrahmungen die ansonsten schmucklose Fassade akzentuieren. Bei der in den Jahren 2007 bis 2010 durchgeführten Fassadensanierung griff man auf den biedermeierlichen Befund aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Das Erdgeschoss ist im Allgemeinen durch steingerahmte Rechteckfenster, die mit eingemauerten Steckgittern 319 gesichert sind, besetzt. Sie weisen aber im Gegensatz zu den Obergeschossen weder eine Fensterverdachung noch ein Solbankgesims auf und sind außerdem etwas kleiner ausgeführt. Das erste und zweite Obergeschoss zeigen, bis auf wenige Ausnahmen, gleich große Rechteckfenster, die mit ockerfarbigem Tuffstein oder Putzrahmung versehen und überwiegend mit profilierten Verdachungen aus Putz und gemauertem

315 Vgl. J. Janisch, Topografisch statistisches Lexikon, 1878, S. 226. 316 Diese vorgeschobenen, verzogenen Rechtecke werden oft fälschlich als Vaubantürme bezeichnet. 317 Oeil-de-boeuf oder Ochsenauge. 318 Gesimse werden seit der Renaissance zur Belebung von Fassaden durch Schattenwirkung verwendet.

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Sohlbankgesims ausgestattet sind. Die Fensterausformungen sind unterschiedlich ausgeführt, einige sind mit und ohne Sprossenteilung, andere auch mit Balken versehen. Fotos von Frau Eva Mohringer-Milowiz aus der Zeit vor der letzten Renovierungsphase zeigen uns die vorherige Fassadengestaltung (Abb. 29). Die ehemaligen barocken Kreuzstockfenster waren größtenteils schon im 19. Jahrhundert durch Kastendoppelfenster mit Oberlichte ersetzt und teilweise mit Fensterbalken versehen worden. 320 Im Zuge der Bauforschung des BDA stellte man fest, dass sich unter den Reparaturputzen des 19. und 20. Jahrhunderts noch historische Putze befanden. Die für die Renaissance typischen Schein-Eckquaderungen kamen deutlich zutage, an der gesamten Fassade konnten Bereiche mit Nagelrissen bzw. Ritzungen ausgemacht werden. Die dekorative farbliche Gestaltung zeigte in der Nullfläche ein historisches Kalkweiß. Als Erstfassung wurde an allen Gliederungselementen ein heller Rotton befundet.321 Zum Dach hin wird die Fassade durch ein gekehltes Traufgesims abgeschlossen. Das Schloss ist mit einem steilen Satteldach versehen, dessen Dachflächen, mit Ausnahme des Nordost-Traktes, durch vereinzelte Schleppgaupenfenster und Schornsteine unterbrochen werden. Die Ecktürme, mit bastionsartig vorspringenden Grundrissen, sind als wehrtechnische Maßnahme anzusehen, welche, mit Bastionsspitz und Bastionsflanken, den Schutz von den Seiten gewährleisten. Als weitere wehrtechnische Baumaßnahmen aus der Zeit der Renaissance oder des Frühbarocks sind Schießschartenöffnungen für kleine Geschütze im Erdgeschoss des Nord- und Südturms (jetzt zugemauert) und die Vergitterung der Fenster in der Erdgeschosszone und an den Türmen erhalten. 322 Der gesamte Baukomplex vermittelt den Eindruck von Symmetrie und Wehrhaftigkeit einer typischen Renaissanceanlage.

320 Die Fensterbalken stammen aus dem 19. Jahrhundert. 321 Vgl. BDA, Zl. 5.211/2/2007, 2007-06-18. 322 Auskünfte im Rahmen von Begehungen des Schlosses mit DI Wolfgang Absenger am 17. 11. 2009 u. Gesprächsnotiz v. 30. 11. 2009. 78

8.3.1 Außenfassade Südwesttrakt (ehemalige Hauptzufahrt)

Die Fassade Die Fassade wird durch vorgezogene Ecktürme begrenzt und ist durch einen übers Eck gestellten Mittelturm in zwei Abschnitte geteilt. Auf der westlichen Seite des Mittelturms erscheinen vier Fensterachsen und auf der südlichen Seite sechs Achsen. Das Kellergeschoss Mit Ausnahme des Süd-Turms, der eine kleine Fensteröffnung aufweist, ist dieser Flügel nicht unterkellert und verfügt daher über keine Belüftungsöffnungen. Das Erdgeschoss Im Erdgeschoss sind links des Mittelturms die Fenster einheitlich, jedoch etwas kleiner als diejenigen in den Obergeschossen und mit Steinumrahmungen eingefasst. Die Öffnungen sind durch massive, geschmiedete, größtenteils historische Steckgitter gesichert, wodurch diesem Flügel des Schlosses ein wehrhafter Charakter verliehen wird. Die rechte, südliche Fassadenseite weist uneinheitliche Fenstergrößen auf. In der fünften Achse wurde im Jahr 1979 ein breites, rundbogiges Fenster, dem Bogen des inneren Gewölbes folgend, mit Holzrahmung und dichter Sprossenverteilung eingesetzt. In der sechsten Achse führt eine rechteckige, mit einem Sturz aus Sandstein versehene Holztüre ins Innere des Gebäudes Erstes und zweites Obergeschoss Die Rechteckfenster sind im ersten Obergeschoss einheitlich gestaltet, von gleicher Größe und gleichem Typus und mit Fensterverdachungen und Fenstergesimsen aus Putz. Das zweite Obergeschoss der südlichen Fassade wirkt eher uneinheitlich. Die dritte Achse weist ein in der Breite über das normale Maß hinausgehendes Blindfenster auf, das 1983, wie ein Foto beweist, noch geöffnet war. Im Bereich der fünften und sechsten Achse ist ein Balkon vorgelagert, der 1966/68 mit einem Schmiedeeisengitter in Renaissanceformen errichtet wurde.

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Das Dach Links vom Mittelturm durchbrechen zwei und rechts davon drei Schleppgaupen die Dachfläche. Die Ecktürme Der Sockel des Süd-Turmes besteht aus großen Gesteinsbrocken 323 und einem Mauerwerk aus unregelmäßigen Bruchsteinblöcken mit einzelnen Ziegelverzwickelungen. Darüber wurde der Turm, wie das ganze Schlossgebäude, mit Ziegeln im Läuferverband errichtet. Der Westturm verfügt an jeder Schauseite über eine Fensterachse. Im Erdgeschoss befindet sich ein kleineres, vergittertes Fenster, in den Obergeschossen fügen sich die Fenster in der Anordnung und Größe harmonisch in das gesamte Fassadenbild ein. Die Südwest-Fassade des Südturms weist eine Fensterachse mit erst kürzlich zugemauerten Blindfenstern auf und an der vorgezogenen Wand befindet sich in jedem Geschoss ein kleines Fenster. Beide Türme sind im obersten Geschoss an der Frontseite und an der vorspringenden Wand durch querovale gerahmte Oculi (Ochsenaugen) belüftet. Der Mittelturm In der Höhe der Dachgaupen befinden sich zwei Rechteckfenster, darüber im oktogonalen Aufbau über der Linie der Firstkante eine weithin sichtbare Uhr mit einem Ziffernblatt in einem quadratisch umrahmten Feld. Den Turm bekrönt ein zweifach geschnürter Zwiebelturm, der mit Zinnblech bedeckt ist.

8.3.1.1 Das West-Portal – das ehemalige Hauptportal

Die vierte Achse der westlichen Fassade nimmt ein im 16. Jahrhundert errichtetes rundbogiges Einfahrtsportal ein (Abb. 28), das mit kräftigen Rustikabossen als Rahmung ausgestattet ist. 324 Es wird von spätbarocken Putzvoluten eingefasst und mit dem Wappen des Kardinals Sigismund Graf Kollonitsch bekrönt. Die Jahreszahl 1747 zeigt die Neugestaltung des Tores und gleichzeitig die Fertigstellung der

323 Auf Fotos knapp vor der Renovierung noch sichtbar. 324 Serlios Architekturtraktat von 1537 beeinflusste in der Renaissance die Portalrahmungen. 80

Renovierungs- und Umbauarbeiten durch den Kardinal an. Der Volutenbogen reicht bis zum Solbankgesims des darüber befindlichen Fensters. Die beiden Flügel des Tores sind mit rautenförmig angeordneten Eisenblechplatten überzogen und mit kleinen, nicht einheitlichen Rosetten versehen. Die Schlagleiste und die aufwendig schräg nach oben angebrachten Langbänder scheinen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu stammen. Die mit Gold überhöhten Elemente, wie Schlüsselschild, Drückerschild und Löwenkopf mit Ring sind mit Sicherheit historistische Überarbeitungen. Ob die Türe selbst aus dem Barock stammt, müsste genauer untersucht werden. Die Innenseite des massiven Holztores weist keinen Blechbeschlag auf und ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Drücker, Schild, Schubriegel und die Bändern mit Vierkantmuttern ausgestattet worden. 325 An beiden Seiten des Torbogens erinnern kleine ovale Öffnungen, die für die Rollen der Zugketten 326 bestimmt waren, an den ehemaligen Halsgraben mit der Zugbrücke. Am Portal sind beidseitig wuchtige Prellsteine angebracht. Längliche Steinsockel weisen darauf hin, dass vormals zwei Löwen das Tor flankierten. 327

8.3.1.2 Spuren historischer Fassadenstrukturen

An einigen Stellen dieser Südwestfassade kann man mit Hilfe der fotografischen Dokumentation deutliche Spuren von baulichen Eingriffen erkennen. Eine Zäsur im Mauerwerk lässt auf eine Aufstockung schließen. Die vorgetäuschten Steinquader und Perlstäbe in Sgraffitotechnik sind ein klarer Hinweis auf die Spätrenaissance. Auch an dieser Fassade kann man anhand von alten Fotos, die den Bauzustand von 1975 dokumentieren, die verschiedenen Phasen der Um- und Aufbauten des Schlosses nachvollziehen (Abb.29). Zwischen erstem und zweitem Obergeschoss zeigen sich Maueranker und Spuren der Fensterpositionen des 17. Jahrhunderts. Die

325 Telefonische Auskunft an Hand von Fotos v. W. Absenger am 17. 12. 2010. 326 Bis 1928 waren die Rollen noch zu sehen. 327 Mitteilung v. Frau Kober: Die Löwen wurden Ende der 60er Jahren ins Ausland verkauft. Bgm Klinkan, Bewohner des Schlosses v. 1952–1962 bestätigt, dass 1962 die Löwen noch vor Ort waren. Außerdem findet man im Aufriss aus dem Jahr 1966, der im BDA Graz aufliegt, die beiden Löwen vor dem Portal eingezeichnet. 81

Aufmauerung des Mittelturms wurde als Mischmauerwerk ausgeführt, wobei die Ziegel eine deutlich andere Form aufweisen. Die älteren Fenster sind steinumrandet und zeigen rechts und links überwiegend Baumaterial aus flachen Steinen. Es zeigen sich die vorherigen kleineren Fenster, die ausgebrochen und vergrößert wurden, wobei darüber mehrere Schichten aus flachen Steinen eingezogen wurden. 328 Das ins 17./18. Jahrhundert zu datierende Gesims ist im Zusammenhang mit der Fassade zu sehen und lässt Weiß als Farbe der ältesten Putzschicht erkennen.

8.3.2 Außenfassade Nordwesttrakt

Der älteste Trakt des Schlosses ist der Nordwestflügel mit den beiden vorgezogenen Ecktürmen. Unter seiner Putzschicht verbirgt sich die gesamte Baugeschichte des Schlosses. Die Basen der Ecktürme und des südwestlichen Mittelturmes sollen, wie vielfach aus historischen Quellen zu erfahren ist, auf mittelalterlichen Grundmauern stehen. Diese hypothetische Annahme könnte nur durch eine fachgemäße Untersuchung der historischen Bausubstanz bestätigt oder widerlegt werden. Die Fassade weist sechs Fensterachsen, die beiden Ecktürme je eine Achse auf. Obwohl die Abstände zwischen der ersten und zweiten Achse sowie von der fünften zur sechsten Achse deutlich breiter ausgeführt sind, wirkt die Fassade sehr einheitlich. Das Kellergeschoss Dieser Trakt besitzt keinen Keller. Nur der nördliche Eckturm ist an seiner Basis unterkellert und wird durch zwei kleine, rechteckige Öffnungen an der Westseite und an der Nordseite belichtet. Das Erdgeschoss Die mit massiven Steckgittern 329 gesicherten, rechteckigen Erdgeschossfenster stammen aus der Stilepoche der Renaissance und sind einfach umrahmt. Erstes und zweites Obergeschoss Während alle Rechteckfenster des ersten Obergeschosses die gleiche Größe und den gleichen Typus aufweisen, sind die mittleren vier Rechteckfenster im zweiten

328 Hinweis von Frau DI Eva Mohringer-Miloviz am 26. 1. 2010. 329 Steckgitter wurden während des Baues wie in einer Flechtstruktur durch Ösen durchgezogen und in die Maueröffnung eingesetzt, dann die letzte Strebe durch die Ösen geschoben. Somit sind diese Gitter nicht mehr herausnehmbar. 82

Obergeschoss sichtbar größer ausgeführt. Alle Fenster weisen eine gerade, profilierte, vorkragende Verdachung und ein Traufgesims auf. Die Türme Knapp unter dem Dach befinden sich an jeder Seite der Türme querovale, ungerahmte Belüftungsöffnungen, die ehemals durch Putz oder Stein umrahmt waren.

8.3.3 Außenfassade Nordosttrakt – Kapellentrakt

Die Fassade wirkt sehr in sich geschlossen und wird sowohl durch die beiden vorkragenden Ecktürme als auch durch den etwas rechts von der Mitte übers Eck gestellten Turm unterteilt. Auf der linken Seite des Mittelturmes befinden sich sechs, rechts davon vier Fensterachsen. Das Kellergeschoss Der Nordosttrakt ist in seiner gesamten Länge, einschließlich der drei Türme unterkellert. Zwei kleine, vergitterte Kellerfenster im nördlichen Teil der Fassade gehören zu K 3. Der Nordturmkeller K 2 sowie der Keller im östlichen Teil des Traktes K 7 besitzen jeweils eine nach Nordosten gerichtete, vergitterte Fensteröffnung. Das Erdgeschoss Die Fenster mit Putzrahmung sind, wie auch an den anderen Fassaden des Schlosses, kleiner als im ersten und zweiten Obergeschoss und links des Mittelturms durch massive historische Schmiedeeisengitter gesichert. In der ersten Achse, an den Ostturm anschließend, ist ein Fenster aus der Achse etwas weiter in die Ecke gerückt. Rechts des Mittelturms befinden sich in den ersten zwei Achsen keine Fenster und in der dritten Achse ein vermutlich später eingesetztes, kleineres Fenster ohne Putzumrandung und ohne Gitter. In der vierten Achse wurde offensichtlich in neuerer Zeit ein Türausbruch mit einer einfachen Holztüre geschaffen, der über einige Stufen erreichbar ist. Auf dem Vischer-Stich ist an dieser Fassadenseite, über die 1. und 2. Achse reichend, der geostete Kapellenausbau aus dem 16. Jahrhundert dokumentiert.

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Erstes und zweites Obergeschoss Links des Mittelturms weisen die Obergeschosse einheitliche und gleich große, sechsteilige Sprossenfenster auf, die sich nach außen öffnen lassen. Wie an anderen Fassaden wurden einige der historischen, biedermeierlichen Grazerstockfenster durch moderne ersetzt. Die erste Achse ist in den beiden Obergeschossen durch Blendfenster besetzt, die wie die übrigen Fenster mit einer vorkragenden Fensterverdachung, Traufgesims und Umrahmung, jedoch ohne Nische ausgestattet sind. Dieser bautechnische Aufwand der letzten Renovierungsphase war vermutlich notwendig, um die Symmetrie des Baues nicht zu stören. Rechts des Mittelturms, im ersten Obergeschoss, wird das regelmäßige Fensterachsenschema in der ersten und zweiten Achse durch zwei hohe, mit Außengittern gesicherte Kapellenfenster mit abgesetzten Rundbögen unterbrochen. Diese sind doppelt so hoch wie die übrigen Fenster und verbinden sich im Bereich der Fenstersolbank mit dem unteren Geschossgesims der Fassade. Die Eckürme Sowohl der Ostturm als auch der Nordturm verfügen im Kellerbereich und im Erdgeschoss an der Breitseite über kleine, vergitterte Fensteröffnungen und in den Obergeschossen über eine Achse mit Rechteckfenstern. Die vorspringenden Schmalseiten der Türme besitzen ebenfalls jeweils eine mit einheitlichen Fensterformen ausgestattete Fensterachse. Beide Ecktürme sind an den Schauseiten im Dachbereich durch kleine, querovale Oculi mit Putzumrandung belichtet. Der Mittelturm Der übers Eck gestellte, um ein Geschoss erhöhte Mittelturm besitzt im Erdgeschoss nur an der nördlichen Seite ein Fenster, jedoch in den Obergeschossen an jeder Seite eine Fensterachse mit den üblichen Rechteckfenstern. In der Höhe der Dachgeschosszone zeigt sich zusätzlich an jeder Flanke ein Rechteckfenster. Der oktogonale Aufbau weist, an der dem Dach zugeneigten Wandfläche, zwei kleine übereinander platzierte Fensteröffnungen und, knapp unter der Zwiebelturmbekrönung, einen querovalen Oculus auf. (127) Auf einem Foto (Abb. 30) ist die Mauerkonstruktion des Mittelturms zu erkennen. Der Mauerfuß besteht aus mehreren Schichten unregelmäßigen Natursteinmauerwerks. Darüber erhebt sich die vollständig aus

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Ziegeln errichtete Mauer. Frau Eva Mohringer-Miloviz zieht daraus den Schluss, dass dieser Gebäudeteil nicht zu den ältesten gehört. 330 In der Mittel- und Oststeiermark verwendete man für die Fundamente meist natürliche Steine, aber vielfach auch handgeschlagene, gebrannte Ziegel in Quaderform. Das klassische Mischmauerwerk, das sich im 16. Jahrhundert entwickelt, wird ab dem 17. Jahrhundert vom reinen Ziegelmauerwerk abgelöst. 331 Dass die Region um Freiberg reich an Vorkommen von gut geeignetem Ton für die Ziegelherstellung ist, kam der Herrschaft Freiberg zugute, denn sie verfügte über eine eigene Ziegelbrennerei. 332 Das Dach Die Dachhaut weist keine Unterbrechungen auf. Ein Teil des Daches wurde in den 80iger Jahren des vorigen Jahrhunderts neu gedeckt. Dabei bemühte man sich nach Möglichkeit, altes Ziegelmaterial wieder zu verwenden. Fotos (Abb. 30) die vor der Renovierung entstanden sind, zeigen die Mauerstruktur, die unter den Putzabplatzungen zutage tritt. Man kann sehen, dass der gesamte Kapellentrakt, bis auf die großen Steinblöcke im Sockelbereich, ausschließlich aus Ziegeln errichtet wurde. Zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoss ist eine Zäsur im Ziegelmauerwerk zu erkennen. In Verbindung mit den Zugankerschließen (Abb. 31) deutet dies auf eine vermutlich im 17. Jahrhundert durchgeführte Aufstockung hin. Eine schmale Schicht aus flachen Steinen im Mittelturm erhärtet diese Annahme.

8.3.4 Außenfassade Südosttrakt – Eingangstrakt

Der heutige Zugang zum Schloss erfolgt annähernd in der Mitte des Südost-Traktes. Die Fassade lässt sich in sechs Fensterachsen gliedern und wird von den zwei vorgezogenen Ecktürmen begrenzt (Abb. 32).

330 Mündliche Mitteilung v. DI Eva Mohringer-Milowiz v. 26. 1. 2010. 331 Vgl. Patrik Schicht, Ziegel in der Bauforschung in: Lehm und Ziegel, St. Pölten 2008, S 19. 332 Die Ziegelbrennereien verwendeten meist Ziegelstempel, die die Herkunft belegen. Ab 1825 wurde lt. kaiserlicher Verfügung der Ziegelstempel zur Pflicht. Das Alter und die Herkunft historischer Ziegel kann man auf Grund seiner Maße bestimmen (Maßgrundlagenforschung). 85

Das Kellergeschoss Beide Türme sind unterkellert, jedoch nur der Ostturm besitzt knapp über dem Bodenniveau an der Schmalseite und an der Frontseite eine kleine, vergitterte Belichtungsöffnung. Das Erdgeschoss Die Rechteckfenster mit Putzfaschen sind ebenfalls mit massiven Steckgittern versehen, sodass die Wehrhaftigkeit des Gebäudes auch noch dem heutigen Besucher deutlich vor Augen geführt wird. Das Fenster der ersten Achse wurde zugemauert und ein neues, etwas aus der Achse nach links gerücktes, ausgebrochen. Das Fenster der vierten Achse, rechts vom Eingang, war bis vor einigen Jahren zugemauert und wurde in jüngster Zeit wieder geöffnet. Anderseits wurde das Fenster der fünften Achse wieder zugemauert. Die sechste Achse verfügt über ein vergittertes Fenster. In der dritten Achse befindet sich das einflügelige rundbogige Eingangstor, das einstige Seitentor, das über vier Steinstufen vom Vorplatz aus zu erreichen ist. Es ist von Stuck-Lisenen umrahmt, die in einen kranzförmigen Abschluss münden. Der Zugang wird durch eine moderne, schmiedeeiserne Gittertüre gesichert. Erstes und zweites Obergeschoss: Die Rechteckfenster sind größer als jene im Erdgeschoss und wie an allen Fassaden des Schlosses mit einer Putzfaschen, vorkragender profilierter Fensterverdachung und einem einfachen Sohlbankgesims ausgestattet. Um ein einheitliches Fassadenbild zu erlangen, wurden die erst in letzter Zeit zugemauerten Fenster der ersten und fünten Achse als Blindfenster ausgestattet. Die noch vor der Renovierung vorhandenen historistischen Galgenfenster wurden größtenteils im ersten Obergeschoss durch moderne, sechsteilige Sprossenfenster ersetzt. Das zweite Obergeschoss zeigt mit Oberlichte ausgestattete Fenster. Das Dach: Die Dachfläche der Eingangseite des Schlosses wird durch zwei Schleppgaupen durchbrochen.

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Die Ecktürme: Die beiden Ecktürme kragen, wie schon berichtet, im Ausmaß einer Fensterachsenbreite vor. Der Süd-Turm besitzt im Erdgeschoss an der Frontseite ein steingerahmtes, vergittertes Fenster und an der Schmalseite ein sehr kleines, rechteckiges Fenster, das in eine tiefe, rundbogige Nische weit ins Mauerwerk zurückgesetzt eingefügt ist. Im Ostturm befindet sich im Erdgeschoss an der Frontseite ein kleines, vergittertes Fenster. Beide Türme sind an der schmalen Flankenseite und an der Frontseite im ersten und zweiten Obergeschoss mit dem gleichen Fenstertypus wie die Fassade ausgestattet. Unter dem etwas erhöhten Turmdach befinden sich, jeweils an den Schauseiten, ovale Oculi. Am Dach des Ostturms, knapp bis an die Dachrinne reichend, erblickt man an der Frontseite eine kleine Schleppgaupe. Die in einer Fotodokumentation (Abb. 33) festgehaltene Verwitterung der Mauern vermittelt uns einen Blick zurück in die Baugeschichte. An der gesamten Fassade des Südturms kamen Bereiche mit Nagelrissen bzw. Ritzungen, 333 Schein- Eckquaderungen in roter Farbe mit verschiedenen Längen 334 sowie Hacklöcher zutage (Abb. 34, 35). Es scheint sich um Primärputz zu handeln und weist auf die Spätrenaissance und den Frühbarock (16./17. Jh.) hin. Auch die für kleine Geschütze geeigneten, wehrhaften Schießschartenöffnungen im Erdgeschoss der beiden Türme stammen aus dieser Bauperiode. 335 In dieser Zeit werden zudem die Wandmalereien an der vermutlich neu aufgestockten Südost-Fassade entstanden sein. Durch die in den letzten Jahren durchgeführte, restauratorische Putz- und Fassungsuntersuchung und den so genannten ‚Befundfenstern’ erhielt man Auskunft über Zahl und Beschaffenheit von Farbe und Putzschichten. Reste von Wandmalereien mit einem gemalten Wappen wurden unterhalb des Gesimsprofils und im zweiten Obergeschoss in den mittleren zwei Fensterachsen, im Bereich der Parapetzone, freigelegt. Diese

333 Vgl. BDA, 17.09.2008. 334 Diese Eckquaderungen wurden erst mit Hilfe eines Lineals vorgekratzt, dann mit dem Pinsel die Quader mit Zwischenraum aufgemalt. Sie sollten optisch große Quader vortäuschen, standen aber in keinem Bezug zum eigentlichen Mauerwerk. 335 Mündliche Auskunft von W. Absenger am 30. 11. 2009 auf Grund der Fotos. 87

Gestaltung deutet wiederum auf die Renaissance-Bauphase hin. Versuche von Rekonstruktionszeichnungen lassen das Wappen der Kollonitsch erkennen (Abb. 36). Unter dem Neuverputz der Wände sind alle historischen Malereien zwar wieder verschwunden, aber durch Fotodokumentationen festgehalten.

8.4 Innenansicht

8.4.1 Die Beschreibung des Innenhofes

Der einzige Zugang, durch den man von außen in den Schlosshof gelangt befindet sich an der Südost-Seite des Gebäudes in Form eines schmalen, platzlgewölbten Durchganges. Der rechteckige, regelmäßige Hof im Stil der Renaissance wird im Erdgeschoss auf drei Seiten, im Südwesten, Nordwesten und Nordosten, von Arkadengängen umschlossen und ist heute durch Arkadenbögen hofseitig geöffnet. Die Südost-Seite hingegen zeigt eine bis zum Bodenniveau geschlossene Mauer (Abb. 37). Im Erdgeschoss sind die Türöffnungen und Durchgänge heute teilweise durch abgesetzte Rundbögen oder rechteckig, in unterschiedlichen Breiten, gestaltet. Dieses singuläre Bogenmotiv wurde konsequent im gesamten Schlossareal ausgeführt. Der Hof wirkt sehr harmonisch und architektonisch ausgewogen, ist vollflächig glatt verputzt und wie auch die Außenfassaden, in einem hellen Ockerton gehalten. Die Geschosse werden horizontal durch schlichte, gerade und in etwas dunklerem Ockerton gehaltene Geschossbänder gegliedert. Die Fensteröffnungen im Erdgeschoss sind teilweise in vermauerte Arkadenbögen eingesetzt. In der letzten Renovierungsphase wurden die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Grazerstockfenster mit Oberlichte in den Obergeschossen beibehalten. 336 Die ockerfarbigen Fensterrahmungen in den Obergeschossen bestehen zum Teil aus Sandstein, die Fenstersohlbänke aus Sandstein oder Basaltstein. Sie weisen keine Verdachungen auf. Den Abschluss der Fassaden zum Dach hin bildet ein ebenfalls in dunklerem Ockerton gehaltenes Traufengesims mit profilierter Hohlkehle. Das

336 Grazerstockfenster sind nach außen zu öffnen. 88

Gesamtbild sowie der Farbton entsprechen, wie auch die Außenfassade des Schlosses, der Letztfassung des 19. Jahrhunderts. Der Boden des Hofes wurde im Zug der letzten Restaurierung mit einer Steinpflasterung versehen, 337 der vorherige Bodenbelag aus rundgeschliffenen Steinen (Murnockerln) wurde entfernt. Im südlichen Eck des Hofes überdecken große, massive Steinplatten im Boden den früher als Ziehbrunnen verwendeten, 80 Meter tiefen Brunnenschacht. Arnfelser berichtet von einem Brunnenhaus und einem Stein daneben, der als Aufstiegshilfe für die Reiter gedient habe. 338 In der rechten Ecke der Eingangsseite war erwiesenermaßen das Gericht tätig, rechts vor der Kellerstiege soll das ‚ghoame Gericht’ getagt haben. 339 Zwischen zwei Bögen der Nordostfassade ist auf einem Podest eine Marmorskulptur mit der Signierung A Z 1911 aufgestellt. Sie zeigt den Kopf eines alten Mannes und die Büste einer jungen Frau, die mit der rechten Hand die Wange des Mannes berührt. Es ist noch nicht geklärt, wann diese Skulptur ins Schloss gebracht wurde und was ihre Bedeutung ist (Abb. 38).

8.4.1.1 Untersuchungen der Baustruktur durch das BDA

Wie schon erwähnt, haben die im Jahr 1979 vom BDA veranlassten Untersuchungen an mehreren Stellen das Vorhandensein von Steinsockeln gezeigt, die auf die ursprünglichen Säulen der ringsum laufenden Hofarkaden aus dem 16./17. Jahrhundert hinweisen. Die Arkadengänge wurden in allen drei Geschossen bereits im 18./19. Jahrhundert zugemauert und im Erdgeschoss durch Rundbögen geöffnet. Infolge der geänderten Druckverteilung wurde statt des ehemaligen, umlaufenden Kreuzgratgewölbes eine andere Gewölbefolge, und zwar Platzlgewölbe und Gurten, verwendet. Daher stimmen die vorhandenen Reste der Sockel und Säulen nicht mehr mit der inneren Gewölbestruktur überein. Das ist einer der Gründe, warum man die Absicht, die Arkaden wieder freizulegen, aufgeben musste. 340 Eine interessante Ausnahme bildet der Gang im Erdgeschoss vor dem ‚gotischen Trakt’ im Nordwesten. Hier wurde das Kreuzgratgewölbe in seiner ursprünglichen Form belassen.

337 Pflastersteine der Grazer Herrengasse. 338 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 166. 339 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 166. 340 Vgl. BDA, Zl.128/79 89

Im Bericht des Restaurators Hubert Schwarz aus Graz wird der Zustand der Fassaden als stark verwittert beschrieben. Das Erscheinungsbild weist Grünbewuchs, stellenweise mikrobiogenen Befall und massive Abwitterung des rezenten Putzes, die bis zur Ziegelsichtigkeit reicht, auf. 341 Vor der Generalsanierung wurden vom BDA im Jahr 2007 umfangreichere restauratorische Putz- und Fassungsuntersuchungen an der Nordost- und Südwestfassade des Hofes veranlasst. Diese lassen erkennen, dass die Hoffassaden einst zur Gänze, von italienischer Renaissancebauweise inspiriert, mit steinernen Rundsäulenarkaden im toskanischen Stil aufgelöst waren. Die nun mehrfach unter Putz liegenden, oder bereits früher freigelegten Teile der einst offenen Arkaden mit Steinsäulen und Steinbalustraden waren dreigeschossig den Fassaden vorgesetzt. Als Entstehungszeit wurde vom BDA die Zeit zwischen 1638 und 1675 angenommen. 342 Weiters wurde festgestellt, dass die Erdgeschosszone durch mehrfache bauliche Veränderungen geprägt ist. Die Bausubstanz besteht aus Ziegelmauerwerk, auf dem zwei bis drei Putzschichten aufgebracht wurden. In den Obergeschossen wurde ausschließlich mit Kalkputzsystem gearbeitet. Im ersten und zweiten Obergeschoss erkennt man teilweise profilierte Reste von Basaltsohlbänken sowie von Sandsteinquadern. Mit Hilfe der Sondierungsöffnungen lassen sich an den Fassaden mehrere historische Bauphasen ablesen. Die erste Phase betrifft die Errichtung des Baukörpers zwischen 1638 und 1675. Das Schloss war nach Renaissancemanier mit umlaufenden Balustraden in den Obergeschossen und mit Säulen über alle drei Geschosse ausgestattet. Die Erstfassung weist an sämtlichen Gliederungselementen einen hellen Rotton auf und in den Nullflächen ein historisches Kalkweiß. In der zweiten Phase erfolgte die Vermauerung der Balustraden in den Obergeschossen. Vorspringende Steinteile wurden teilweise abgeschlagen und Balustradenteile entfernt. Die aufgemalten, roten Bögen an der Nordostwand, die sich um die Fensteröffnungen ziehen, und die im gleichen Rotton wie die Bögen gefassten

341 Vgl. BDA, Zl. 2/2007. 342 Vgl. BDA, Zl. 2/2007, S. 6. 90

Geschossbänder, stammen vermutlich aus dieser Bauphase. In dieser Zeit waren auch die Säulenarkaden schon vermauert und zu Rundbogenöffnungen umgearbeitet. Die profilierten Bögen setzten an der Brüstung an. Man verzichtete auf Steinteile und gestaltete alles mit Ziegel und Putz. 343 Um die Mitte des 18. Jahrhunderts, in der Ära Kardinal Sigismunds von Kollonitsch, ist eine dritte Phase der Umgestaltung ersichtlich. Es erfolgte der Einbau der noch heute das Fassadenbild prägenden Rechteckfenster mit Sandsteinrahmungen. Sie wurden auf die ehemaligen Balustradenbrüstungsflächen aus Basalt aufgesetzt, die dadurch die Funktion von Fenstersohlbänken übernahmen. Die zwischen den Fenstern liegenden Teile der Balustrade wurden abgeschlagen und flächig verputzt. Auch die ursprünglich offenen Arkaden der Erdgeschosszone wurden später vermauert. „ Die Säulen befinden sich noch in situ in den Achsen der darüber liegenden Säulen des 1. und 2. Obergeschosses und sind ebenso überputzt.“ 344 Auf Fotodokumenten (Abb. 40) sind die durch die Verwitterung zu Tage getretenen Reste von Sgraffiti mit verschiedener Musterung, wie Würfel, Quader, Doppelstriche, Bögen oder Profilstreifen, zu sehen. Sie sind im Bogenverlauf der einstigen Säulenarkaden angebracht und stammen aus der Erbauungszeit Mitte des 17. Jahrhunderts. In der Folge sind noch mehrere Reparaturphasen feststellbar, wobei die die Rotfassung für die Gliederungselemente zweimal übernommen wurde. Die Letztfassung vor der Generalsanierung negierte dieses historische Farbprogramm und war in einem sandigen, gelblichen Ockerton mit einer um eine Spur stärker betonten Gliederung gehalten. Für die Neufassung wurden aufgrund des Befundes vom Restaurator drei Möglichkeiten vorgeschlagen. Eine Variante entsprach der Phase zwei mit Bögen und Gliederung mittels Nagelrissen. Die zweite Variante legte entsprechend der Bauphase drei die Betonung auf die Geschossbänder, Fensterumrahmungen und Sohlbänke in Rot. Die Variante drei, für die man sich schließlich entschied, entsprach der rezenten Gestaltung bzw. den in Resten auf Stein befundbaren Zwischenphasen: „ Die Nullfläche

343 Vgl. BDA, Zl. 5.211/2/2007, S. 2. 344 BDA, Zl. 5.211/2/2007, Bericht H.Schwarz, Restaurator, S. 6. 91

besteht in einem leicht ockrigen, ins sandsteintonige gehenden Farbton (z. T. in Zwischenphase auch ins grünlich gehende) und die Gliederungselemente etwas stärker abgesetzt, d. h. dunkler.“ 345

8.4.1.2 Bautechnische Gliederung

Der Rundbogengang Der Hof wird an drei Seiten von einem Rundbogengang umschlossen, an der Südostseite hingegen begrenzt, wie erwähnt, eine geschlossene Mauer mit dem Eingangsportal den Hof. Vom Bogengang aus gelangt man, geschützt vor jeder Witterung, in alle Räume des Erdgeschosses. Die Gänge hinter den Bogenstellungen sind in einer Abfolge von längsrechteckigen Platzlgewölben und gedrückten Gurten überwölbt. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet der Bogengang vor der heutigen Gaststätte im Nordwest-Flügel des ältesten Traktes. Der Boden des umlaufenden Laubenganges weist schachbrettartig verlegte, hell- und dunkelgraue Kalksteinplatten auf. Im Gang des Südwestflügels befinden sich die Zugangstüren zu den vermieteten Wohnungen. Annähernd in der Mitte der Innenwand ist ein etwa mannshoher römischer Inschriftenstein eingemauert, 346 über den schon an anderer Stelle berichtet wurde. 347 Die Inschrift besagt, dass der Stein im Jahr 1658 in der Nähe des Schlosses gefunden wurde (Abb. 41). Damals hatte der Steinmetz auch die stark verwitterte römische Grabinschrift fehlerhaft nachgemeißelt und eingeschwärzt. 348 Wie im vorigen Kapitel schon erwähnt, besitzt der Gang des Nordwest-Traktes, des ‚Gotischen Traktes’, noch die ursprüngliche Kreuzgratwölbung mit Quergurten, die durch eiserne Zugankerschließen untereinander und mit dem Gebäude verspannt sind. 349 (Abb. 42). Zwei gegenüberliegende, halbvermauerte, niedrige Säulen in der Eckposition zwischen dem Nordwest- und dem Südwest-Trakt (Abb 43) geben uns eine Vorstellung vom ehemaligen Arkadenhof. Die beiden toskanischen Säulen stehen auf einem ausladenden, abgestuften Sockelbereich aus Sandsteinquadern. Beide

345 BDA, Zl 5.211/2/2007, 2007-06-18, Bericht H. Schwarz, S. 7. 346 Vgl. BDA, 16.08.1968, Zl.:5393/68. 347 Lage des Schlosses, S. 18. 348 Vgl. Dehio, Steiermark, 1956, S. 49. 349 Seit dem 16. Jh. verwendete man Eisenanker- und Klammern, um den Seitenschub zu reduzieren. 92

Säulen sind gleich ausgebildet und weisen einen Wulst auf, der zum unkannelierten Säulenschaft überleitet. Der schmucklose Halsring scheidet unter dem Kapitell den Säulenschaft vom Säulenhals. 350 Vom Rundbogengang führt eine Türe mit Steinumrandung in die Gaststätte EG 14 im Nordwest-Trakt (Abb. 44). Die mit hochrechteckigem, schwarzem Eisenblech beschlagene Türe 351 ist zum Teil mit kunstvollen ornamentierten Beschlägen, z.B. Schlüsselschild und Türklopfer aus Eisen mit Messing umfangen, ausgestattet. Die Türe samt den original vorhandenen Beschlägen kann mit Sicherheit vor 1740 datiert werden. 352 Einen Hinweis auf die ehemalige Nutzung dieser Räume gibt uns die über dieser Türe angebrachte, barock ornamentierte, auf weißem Hintergrund gemalte Tafel mit der Aufschrift ‚Kanzley’. Links von der Eingangstüre, im Eck positioniert, befindet sich eine kleine, steinumrandete Holztüre mit einfachem Bandbeschag, die vermutlich zum Heizmateriallager führte. An der rechten Seite des Eingangs, exakt in der Innenmauer platziert, sieht man eine ebenfalls kleine, eisenblechbeschlagene Beheizungstüre für den mitgebauten Kamin, der aus flachen, lang gezogenen Ziegeln 353 und Bruchstein errichtet wurde. Darüber befindet sich ein rechteckiges Holzfenster, dessen Zweck noch unbekannt ist. Oberhalb davon ist, wie schon vorhin genannt, in einer 1966/68 neu geschaffenen, rundbogigen Wandnische eine aus der Spätrenaissance stammende Steinfigur des Hl. Florian untergebracht. Das Bild (Abb. 45) dieses Schlosspatrons ist seit Kardinal Sigismund über dem Hochaltar der Kapelle zu sehen. Weiter nördlich war an dieser Wand ein ungefähr 25 cm großes, ovales Relief des Hl. Georg in Ritterrüstung angebracht, auf einem Drachen stehend und mit einer Fahnenstange in der Hand (Abb. 46). Es wurde in jüngster Zeit in den nordöstlichen Flügel vor dem Stiegenaufgang in die linke Wand eingefügt. Vom Gang des nordöstlichen Flügels führt die nördlichste Türe in die Kapelle, dann folgt der Treppenaufgang. Eine zweite zweiflügelige, steingerahmte Türe, die aus der Barockepoche stammen könnte, weist die für diese Zeit typischen Kreuzbänder auf

350 Im Zuge der letzten Renovierungsphase wurde die Säule an der Innenmauer, rechts des Einfahrtstores vermauert. 351 Das Eisenblech wurde erhitzt, vorgelocht, und mit Nägeln auf die Holztüre fixiert. 352 Begehung mit Wolfgang Absenger am 4. 11. 2009. 353 Die Form der handgeschlagenen Ziegel ist niedrig und lang gezogen, ein Produkt der Renaissance. 93

und führt in den Keller. Die aus Bronzeguss oder Schmiedeisen gefertigten Beschläge sind mit einem Türklopfer in Form eines Löwenkopfes ausgestattet, dessen Ring vom Löwenrachen gehalten wird. Durch die dritte, vermutlich aus dem Barock stammende Türe mit Steinumrahmung, die auch zum Teil mit Beschlägen des 17. Jahrhunderts ausgestattet ist, gelangt man in den jetzt als Buchbinderei genutzten Raum EG .

8.4.2 Nordwest-Fassade

Die Fassade ist dreiachsig und besteht wie die übrigen Fassaden aus dem Erdgeschoss und dem ersten und zweiten Obergeschoss und dem abschließenden Dach. Das Erdgeschoss Drei Rundbögen öffnen den Zugang zum ältesten Teil der Schlossanlage, der heutigen Gaststätte. Genau über dem Scheitelpunkt der Rundbögen des Erdgeschosses liegen auf einer Achse die Fenster der einzelnen Stockwerke. Erstes und zweites Obergeschoss: Je drei Rechteckfenster gleicher Größe, ohne Verdachung und mit einfacher Putzumrandung und Solbankgesims, vermitteln der Fassade Symmetrie. Die nach außen zu öffnenden Doppelflügelfenster sind durch Sprossen in jeweils drei Felder geteilt. Ein einfaches, ockerfarbiges Gesims unterteilt die Geschosse. Das Dach Zwei Gaupenfenster, die annähernd zwischen den Fensterachsen positioniert sind, öffnen die Dachfläche.

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Nordost-Fassade

Diese Fassade weist im Wesentlichen, bis auf einige Unterschiede im Erdgeschossbereich, die gleiche Fassadenstruktur wie die Fassade des Südwestflügels mit sieben Fensterachsen auf. Das Erdgeschoss Das Erdgeschoss ist unregelmäßig gestaltet, korrespondiert aber mit der Südwestfassade. Die erste, dritte, fünfte und sechste Achse nehmen Bogenöffnungen ein, die den Zugang zum Korridor ermöglichen, wobei die Öffnung der sechsten Achse schmäler als alle anderen ausgeführt ist. In der zweiten Achse sieht man ein kleines, vergittertes Fenster mit Steingewänden, die vierte Achse nimmt ein Ochsenauge mit Steinumrandung ein. In der siebten Achse ist das steingerahmte, vergitterte Fenster in den sichtig vermauerten ehemaligen Arkadenbogen eingesetzt. Vom Bogengang aus gelangt man nördlich in die Kapelle, in der Mitte zum Stiegenhaus und der östliche Teil führt in den Keller und in die Räume der Buchbinderei EG 21). Erstes und zweites Obergeschoss Die Rechteck-Fenster sind ohne Verdachung, mit Solbankgesims und einfacher Putzfaschenumrahmung. Die biedermeierlichen Grazerstockfenster mit Oberlichte wurden übernommen und restauriert. Das Dach Das Dach weist keine Besonderheiten auf.

8.4.3 Südwest-Fassade

Sie ist quasi identisch mit der siebenachsigen Nordost-Fassade und war ebenfalls über alle drei Geschosse durch offene Arkaden mit Steinsäulen und Steinbalustraden zum Hof geöffnet. Das Erdgeschoss:

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Die Bogenöffnungen, das vergitterte Fenster und das Ochsenauge sind in Symmetrie zur Nordost-Fassade angeordnet. Eine Ausnahme bildet die wesentlich breitere, ehemalige Tordurchfahrt im westlichen Teil des Hofes. Die Sockelzone ist durch Prellsteine geschützt. Im Mittelteil der Innenmauer befindet sich der schon erwähnte Römerstein. 354 Erstes und zweites Obergeschoss: Die Fenster sind sind ähnlich denen an der Nordost-Fassade ausgebildet und angeordnet. Das Dach Der oktogonale Turm mit Zwiebelhaube und dem Ziffernblatt der Turmuhr ragt hoch über die Dachfläche hinaus.

8.4.4 Sondierungen – vermauerte Säulen und Baluster des Renaissancehofes

Die vor der letzten Renovierung durchgeführten Sondierungen an der Südwest- und der Nordostfassade des Innenhofes vermitteln eine Vorstellung von dem ursprünglichen Renaissance-Arkadenhof. Die Untersuchungen zeigen zwei bis drei Kalkputzschichten auf einem Ziegelmauerwerk. Teilweise wurden profilierte Reste von Basaltsohlbänken sowie von Sandsteinquadern entdeckt. Über alle drei Geschosse sind die früheren, offenen Arkaden mit Steinsäulen und Steinbalustraden unter mehrfachen Putzschichten verborgen. Die in die später vermauerten Arkadenbögen eingesetzten Fensteröffnungen sind mit roten Bögen überfangen. Auch die Geschossbänder weisen diesen Rotton auf. Während der Restaurierungsarbeiten der letzten Jahre wurde im Erdgeschoss eine der vermauerten Säulen freigelegt. Diese auf einer hohen Basis postierte, toskanische Säule zeigt die gleiche Ausführung wie diejenigen vor dem ‚Gotischen Trakt’. Möglicherweise wurde die Säule in den letzten Jahren wieder vermauert, um das einheitliche Erscheinungsbild des Hofes nicht zu stören.

354 Siehe S. 40. 96

Die Untersuchung (Abb. 47 – siehe Pfeil) ergab im zweiten Obergeschoss der Südwest-Fassade, zwischen zweiter, dritter und vierter Fensterachse als Nullfläche oberhalb des Fensters außerhalb der Vermauerung Ziegelmauerwerk, darauf einlagiger Kalkputz, weiße Grundierung mit Nagelriss und schließlich Rot. Im Gangbereich des zweiten. Obergeschosses wurde schon früher ein Teil der Balustrade mit einer Sandsteinsäule freigelegt (Abb. 48, Abb. 49), deren Position sich in der gleichen vertikalen Linie wie die Säulen im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss befindet.355

8.4.5 Südost-Fassade – Eingangstrakt

Diese Fassade weist, wie der gegenüberliegende Nordwest-Flügel, drei Achsen auf, ist aber im Erdgeschoss nicht durch einen Bogengang geöffnet. Stattdessen reicht die Fassadenwand bis zum Bodenniveau. Das Erdgeschoss Die Gliederung erfolgt durch den in der Mitte befindlichen Durchgangsbogen mit einem aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert stammenden, zweiflügeligen Eingangsportal aus Eichenholz (Abb. 50), das mit den für den Historismus typischen Lorbeerfestons und Diamantierung ausgestattet ist. 356 Zu beiden Seiten des Eingangs zeigen sich konkave Rundbogennischen mit Stuckumrahmung und einer konvexen Steinplatte als ‚Sitz’. Schon die ältere Literatur bezeichnet diese Nischen als Richtersitze. 357 In der ersten und dritten Achse befindet sich jeweils eine, in einem steinernen Renaissancerahmen eingesetzte, Rechtecktüre mit vergitterter Oberlichte. Diese Renaissancetüren wurden in der Renovierungsphase 1966/68 neu adaptiert, während die im Baubericht erwähnten Butzenscheiben 358 in den Oberlichten nicht mehr

355 Vgl. BDA, Zl. 5.211/2/2007. Bericht Schwarz, v. 18.06.2007, S. 2. 356 Auskunft von W. Absenger v. 30. 11. 2009. 357 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 171. Dies wird vom Bauforscher angezweifelt, er vermutet, dass dies eher als Platz für Skulpturen oder Blumenarrangements verwendet worden sei. In diesem Bereich sei auch nach Erzählung einer alten Dienstmagd der Kollonitsch, rechts von der Kellerstiege das so genannte „ghoame Gricht“ gestanden. Nachzuweisen ist, dass in diesem Bereich der Zugang zum ehemaligen Schlossgefängnis war. 358 Vgl. BDA, Bericht v. 15.01.1969, S. 3. 97

vorhanden sind. Die Beschläge der Seitentüren 359 weisen typische Spiralbänder aus der Spätrenaissance auf. 360 (Abb. 51) Erstes und zweites Obergeschoss: Die Aufteilung und Ausstattung der Fenster ist identisch mit der gegenüberliegenden Nordwest-Fassade. Die Sondierungen ergaben zwischen zwei Fenstern ebenfalls Steinreste mit abgeschlagenen Profilierungen. 361 Das Dach Die Dachfläche weist keinerlei Besonderheiten auf.

8.5 Das Schloss innen: Die einzelnen Geschosse und die Raumaufteilung

Die Raumaufteilung der Vierflügelanlage erfolgte nach praktischen Gesichtspunkten. Die Keller dienten üblicherweise als Aufbewahrungsorte für Lebensmittel und Getränke, hier in Freiberg vermutlich auch für den aus den eigenen Gütern stammenden Wein. Im Keller war meist auch noch das Gefängnis untergebracht. Im Erdgeschoss befanden sich die Wirtschaftsräume und Gesindekammern. Da Freiberg auch als Verwaltungszentrum der Herrschaft diente, befanden sich die dafür benötigten Räume ebenfalls im Erdgeschoss. Das erste und zweite Obergeschoss waren der Herrschaft für Wohn- und Repräsentationsräume vorbehalten. Die für die zahlreichen Besucher, vorwiegend Jagdgäste, benötigten Räume waren im ersten Obergeschoss untergebracht, im zweiten Obergeschoss befand sich der repräsentative Festsaal mit Stuckdecke. Die Räumlichkeiten des Schlosses sind in der für das 16./17. Jahrhundert typischen Raumflucht miteinander verbunden, können aber auch vom Gang aus betreten werden.

8.5.1 Kellergeschoss

Plan Nr. L3/F120 des Kellergeschosses (Abb. 53)

359 Wohnungstüre Kober. 360 Auskunft W. Absenger v. 4. 11. 2009. 361 BDA, Zl. 5211/2/2007. H. Schwarz, S. 4. 98

Wie schon angeführt, liegt hier keine Analyse einer Bauforschung vor. Deshalb stützt sich der Versuch einer Datierung der Bauphasen auf Hinweise in historischen und in zeitgenössischen Dokumenten, wie Testamente oder Verträge. Aus diesen Ausführungen erfahren wir, dass altes Mauerwerk der gotischen Burg, zumindest im Nordwest-Trakt, im nördlichen Turmkeller und südwestlichen Mittelturm, miteinbezogen wurde. Eine Besichtigung des Mauerwerks durch den Bauforscher lässt nur eine grobe zeitliche Eingrenzung der einzelnen Bauabschnitte des Schlosses zu, ein genaues Errichtungsdatum der frühen Bauten kann daher nicht bestimmt werden. Das Schloss ist an der Nordostseite, einschließlich der Ecktürme, vollständig unterkellert. Im Südwest-Trakt besteht nur unter dem Bereich der damaligen Küchen- und Wirtschaftsräume ein kleiner Kellerraum. Alle Kellerräume sind mit einem Ziegelgewölbe ausgestattet. Im Plan (Abb. 53) sind folgende Kellerbereiche ersichtlich: K 1: Bereich unter den ehemaligen Wirtschaftsräumen K 2: Nordturmkeller K 3: Bereich unter der Kapelle K 4: Bereich unter der Haupttreppe K 5 und K 6: Bereich unter der Buchbinderei K 7: Ostturmkeller

Südwest-Trakt Der Zugang zu K 1 erfolgt über eine schmale Steintreppe, die vom Bogengang im südlichen Teil des Hofes in den Keller führt. Der Raum ist mit einem Tonnengewölbe aus Ziegel, breiten Gurtbögen und zwei Stichkappen überwölbt. Die teilweise unverputzten Fundamente bestehen aus Bruchstein- und Mischmauerwerk. Der fast quadratisch angelegte Keller verfügt über eine in großer Höhe angebrachte, schmale, schlitzartige Belichtungsöffnung nach Südwesten hin. Die tief in die mächtige Fundamentmauer eingeschnittene Stichkappe wurde hier gekappt. Die Öffnung scheint

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hier nachträglich angebracht und danach wieder verkleinert worden zu sein. Der Keller wird heute als Abstellraum verwendet.

Nordost-Trakt Der gesamte Nordost-Trakt ist, einschließlich der zwei im Grundriss quadratischen und nach außen bastionsartig vorkragenden Ecktürme, unterkellert. Die einzelnen Kellerabteile K 2 bis K 7 sind miteinander verbunden. Einer der beiden bestehenden Zugänge ist der Hauptzugang im Hof, der im nordöstlichen Bogengang liegt und durch eine zweiflügelige, steinumrahmte Türe geschlossen ist. Ein zusätzlicher Zugang von innen ist über die abgeschrägte Ecke des Ostturmkellers K 7 möglich. Die breite Haupt-Kellerstiege aus Steinplatten ist mit einer hochkantgestellten Ziegeldecke mit einer leichten Bogenkrümmung überwölbt. Alle Kellerabteile sind mit Tonnengewölben aus weiß übertünchten Ziegeln und den für die Renaissance typischen Unterzügen ausgestattet. Der Keller diente einst der Lagerung von Lebensmitteln, heute werden die einzelnen Kellerabteile von den Schlossbesitzern als Abstellräume verwendet. K 2: In diesem Abschnitt befinden sich die Fundamente des Nordturms. Der quadratisch angelegte Raum mit Tonnengewölbe und Stichkappen öffnet sich im südlichen Eck zum nächsten Kellerabschnitt durch einen breiten, tief herabgezogenen Gurtbogen. Zur Belichtung dienen eine kleine, in die massiven Mauern eingeschnittene Öffnung nach Nordwesten und eine nach Nordosten (Abb. 52). Nicht im Plan verzeichnet wurde eine kleine Fensteröffnung in der Nordwest-Wand, die rechts neben einer, in der Folge beschriebenen, der Wand vorgelagerten Mauer besteht. Verschiedene dokumentarische Hinweise lassen vermuten, dass in diesem Untergeschoss des Schlosses zumindest Reste älterer Bausubstanz erhalten geblieben sind. Ein Indiz für diese Annahme ist ein Testament, in dem ein Neubau des Schlosses im 16. Jahrhundert auf teilweise alten Mauern beschrieben wird, also Teile des Vorgängerbaues in den Neubau des 16. Jahrhunderts übernommen worden sind. Diese These wird in fast allen seriösen Beschreibungen über das Schloss Freiberg vertreten. Luchner schreibt z.B: „ Eine Inschrift besagt, dass um 1640 Ott Gottfried das

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Schloss auf alten Vorbauten neu errichtet hat.“ „ Vom mittelalterlichen Wehrbau stammen sicherlich im Kern die beiden hohen Türme, wie wohl auch jener, der in der Südwestfassade über der Einfahrt ragt. “362 Die Nordwestwand zeigt eine auffallende Form und Struktur, die der Sockelbereich eines Rundturmes sein könnte (Abb. 54). Die in den Raum hereinreichende runde Mauer lässt auf die erste Bauphase schließen. Die Basis ist aus groben, unbehauenen Steinen gebildet. Die teilweise grob verputzten Mauern sind aus Lagen mit größeren Bruchsteinen, Zwischenlagen aus kleineren Bruchsteinen, teilweise durchgehenden Ziegelpartien und vereinzelt auch mit unregelmäßig angeordneten Ziegeln errichtet. 363 Die Form dieses Mauerabschnittes lässt an einen ummantelter Stützpfeiler eines früheren Turmes denken. In einem an das Bundesministerium für Unterricht in Wien gerichteten Schreiben des damaligen Schlossbesitzers und Historikers Dr. Herbert Fischer findet man folgende Textpassage: “....bereitet die Walseer Fehde um 1411 dem bisherigen Bau ein Ende. Erst ein halbes Jahrhundert später wurde 150 Schritt weiter südöstlich, an der heutigen Stelle, der größer angelegte Neubau vorgenommen. Der zunächst einfache, mit einem später verschwundenen Rundturm (Bergfried) versehene viereckige Bau wurde durch die Grafen Kollonitsch erweitert...“ 364 Der Bauforscher Wolfgang Absenger kann sich ohne genaue Mauerwerksbefundung dieser Spekulation nicht anschließen, da die Baumethode mit Steinmauerwerk, darüber Ziegel und oft auch Bruchstein noch bis ins 17. Jahrhundert üblich war. 365 K 3: Dieser Kellerabschnitt hat die größte Ausdehnung und ist mit einem Tonnengewölbe und vier sich gegenüberliegenden Stichkappen überwölbt. In der Nordost-Wand belichten zwei kleine Öffnungen das Kellerabteil. Gegen Südosten hin wurde statt des Gurtbogens eine Wand eingezogen und ein schmaler Durchgang führt über drei Stufen in den nächsten Raum zu K 4. Die Ecke in der Nordost-Wand vor dem

362 L. Luchner, Residenzen und Landsitze, Bd. 2, 1983, S. 140. 363 Begehung mit W. Absenger am 4.11.2009: Ausschließlich Ziegel wurden ab dem 16. Jh. verwendet. Die handgeschlagenen, gebrannten, quaderförmigen Ziegel wurden in der eigenen Ziegelei der Herrschaft hergestellt. Wie schon einmal erwähnt gibt es in diesem Gebiet zahlreiche Vorkommen von gut geeignetem Ton. 364 BDA, Freiberg, 12. 5.1967, S. 1. 365 Auskunft W. Absenger, Begehung am 4. 11. 2009. 101

Durchgang ist abgeschrägt, da sich hier das Fundament des über Eck gestellten, nordöstlichen Mittelturms befindet. K 4: In diesem tonnengewölbten Kellerabteil befindet sich die weit in den Raum hineinreichende, steile Stiege. An der hofseitigen Mauer neben der Stiege wurden zwei Nischen angebaut, deren Zweck unbekannt ist. Es gibt für dieses Kellerabteil keine natürliche Belichtung. Möglicherweise reichte die offene Kellertüre als Lichtquelle aus. 366 In einer der erwähnten Nischen befinden sich barocke, hölzerne Wandtäfelungen, die in den 80er Jahren im kleinen Stiegenhaus standen und nun hier gelagert werden. K 5: Dieser Kellerteil schließt mit einer breiten Öffnung an die Kellerstufen an und ist mit einem Tonnengewölbe, vier gegenüberliegenden Stichkappen sowie Gurtbögen ausgestattet, besitzt aber ebenfalls keine Fensteröffnungen. K 6: Über eine breite Öffnung erreicht man dieses Kellerabteil, das eine Belichtungsöffnung nach Osten hin aufweist. In der östlichen abgeschrägten Ecke führt, wie im Norden des Traktes, eine Öffnung zum Fundament des östlichen Eckturms K 7. K 7 weist zum Teil überlagerte und verschnittene Gewölbeformen auf. Ein kleines Fenster ist nach Südosten und eines nach Nordosten gerichtet. Dieser Turmkeller wird heute als Heizungsraum verwendet. Von diesem Bereich des Kellers soll nach Überlieferungen ein geheimer Verbindungsgang nach Gleisdorf und zum Schloss Mühlhausen bestanden haben. 367 Ein Zeitzeuge berichtet, dass er im Kindesalter einen gewölbten Schacht im Keller der Gleisdorfer Mariä-Reinigungs– Kirche kannte und teilweise erkundet hatte. Dieser unterirdische Gang sollte einst zum Schloss Freiberg geführt haben. 368 Ein in dieser Arbeit eingebundener Bericht über die Sanierungsarbeiten in den Jahren 1966–1969 untermauert diese Vermutung. 369 Eine Innentreppe an der Südost-Seite verbindet die Räume der Buchbinderei im Erdgeschoss mit dem Keller. Der Turmkeller wird mittels einer kleinen Fensteröffnung

366 Heute verfügt der Keller natürlich über elektrisches Licht. 367 Vgl. F. Arnfelser, 1928, S. 166. 368 Gesprächsnotiz vom 16.10.2009 (telefonisch): Herrn Klinkan, Bürgermeister v. Ludersdorf, hat als Jugendlicher auf dem Schloss gewohnt. 369 Vgl. BDA, Akte 15.01. 1969, Situationsbericht 4, S. 3. 102

nach Südosten und einer nach Nordosten hin belichtet. Hier ist die Heizanlage untergebracht. Der Heizkeller mit Tonnengewölbe und breiten Gurten ist mit einem schräg nach oben laufenden Einschnitt für die Belichtung ausgestattet. Im Zentrum der Decke verschließt ein rechteckiges kleines Holzstück eine Öffnung im Ziegelgewölbe. 370 Die steile Kellerstiege besteht aus Ziegel-Stufen mit Holzauflagen und an der inneren Seitenwand sind vermauerte, rundbogige Öffnungen erkennbar.

8.5.2 Erdgeschoss

Alle Nummerierungen der Räume sind auf dem Plan Abb. 55 ersichtlich.

Im Südosttrakt befindet sich etwa in der Mitte des Erdgeschosses der Zugang zum Schloss. Über drei Stufen führt ein durch eine Abfolge von vier quadratischen Platzlgewölben und Gurtbögen überwölbter Gang in den Innenhof. Die Zugänge zu den Räumen erfolgen zum Teil vom Gang aus, sind aber auch durch Türen miteinander verbunden. Die Räume EG 01 bis EG 07 sind privat genutzt und daher nicht zugänglich. Die Beschreibung stützt sich deshalb nur auf den vorhandenen Plan aus dem Jahr 1966 und auf Angaben der Schlossbesitzerin und des Schlossbesitzers. Mögliche Veränderungen der Bausubstanz dieser Räume nach 1966 sind daher nicht berücksichtigt. EG 01: Unmittelbar hinter dem Schlosseingang führt auf der linken Seite des Ganges eine einfache, neue Holztüre in einen mit Kreuzgratgewölbe ausgestatteten Raum, der durch ein Fenster im Südosten belichtet wird. Nicht im Plan ersichtlich sind die später durchgeführten Verbindungen zu den Räumen EG 02 und EG 04. EG 02: Der kleine, rechteckige Raum ist vom Hof aus und von Raum 01 aus zugänglich. Er ist deutlich als Teil des im 18. Jahrhundert vermauerten Arkadenganges zu erkennen. EG 03: Das Turmzimmer besitzt an der Südost- und der Südwestseite ein Fenster. EG 04: Wird durch ein Fenster nach Südosten hin und zwei Fenstern nach Südwesten hin belichtet.

370 Könnte als „Angstloch“ eines Kerkers gelten. 103

EG 05: Besitzt ein Fenster. Laut Auskunft des Schlossbesitzers war in dieser Raumabfolge die Schlossküche mit den Wirtschafträumen untergebracht. Spuren einer ehemaligen Küche sind nicht mehr vorhanden. EG 06 und EG 07 beziehen ihr Tageslicht durch jeweils ein Fenster. Im Raum EG 07 ist die linke Ecke an der Südwest-Wand durch den übers Eck gebauten Mittelturm abgeschrägt und besitzt eine Öffnung als Zugang zum Turmraum EG 08. Im Anschluss an EG 09 führt eine einfache Holztreppe mit Mittelpodest in das erste und weiter in das zweite Obergeschoss. Rechts und links der anschließenden Tordurchfahrt EG 11 wurden Sanitäranlagen EG 10 und EG 12 eingerichtet. EG 11 wird durch ein breit angelegtes Tonnengewölbe mit Stichkappen überwölbt und führt durch das West-Portal in den heutigen Gastgarten. Hier befand sich bis ins 19. Jahrhundert die Hauptzufahrt, die vom tiefer gelegenen Torgebäude heraufführte und durch eine Wehrmauer geschützt war.

Der Nordwest-Trakt Wie schon bekannt ist dieser so genannte ‚Gotische Trakt’ nachweislich der älteste Teil der Schlossanlage. Die Türme stehen vermutlich auf mittelalterlichen Grundmauern. 371 Dieser Flügel wird zur Gänze für die Gastronomie genützt. Die abgeteilten Räume des ‚Gotischen Saales’ EG 14 sind im Plan von 1966 noch nicht eingetragen (Abb. 56), wohl aber im neusten Plan. 372 EG 13 befindet sich im Westturm und besitzt nach Südwesten und Nordwesten hin je ein vergittertes Fenster. Das Tonnengewölbe ist durch drei Stichkappen unterteilt. Eine Holztüre führt in den großen Gastraum. Dieser Turmraum weist eine Besonderheit auf. Bei Restaurierungsarbeiten in den Jahren 1967/68 sind an den Wänden Freskenreste zutage getreten, die von einer Reihe von Autoren, wie Kramer Drauberg 373 , Laurin Luchner 374 und anderen in das 16. bzw. 17. Jahrhundert datiert werden. Wolfgang

371 Vgl. L. Luchner, Schlösser in Österreich, Bd. 2, 1983, S. 140. Diese Vermutung wird in sämtlicher facheinschlägigen Literatur angeführt 372 Ende 2010 stand mir der neue Plan, der die Bau-Maße von 1966 aufweist, zur Verfügung. 373 Vgl. Kramer-Drauberg, S. 139 f. 374 Vgl. L. Luchner, Schlösser in Österreich, Bd. 2, 1983, S. 140 f. 104

Absenger bezweifelt dies allerdings. Er ist der Ansicht, dass diese Freskenreste mit Blumenvasen und vegetabilen Formen im Motiv und in der Ausführung doch unterschiedlich und zumindest teilweise erst im 18./19. Jahrhundert entstanden seien. 375 In Teilbereichen besteht zweifellos im Stil und Kolorit auch eine gewisse Ähnlichkeit mit der barocken Illusionsmalerei des Wenzel Bergl.376 Eine genaue zeitliche Einordnung dieser Freskenreste ist schließlich nur durch eine kunstwissenschaftliche Analysenmethode möglich (Abb. 57, 58, 59). Die vergitterten Fenster mit den Beschlägen und die Holztüre stammen noch aus dem 16. bzw. 17. Jahrhundert. 377 EG 14 ist durch eine Türe mit EG 13 verbunden und beherbergt den heutigen Gastraum, den größten Raum des Nordwest-Traktes. Der zweischiffige Saal, der fast zwei Drittel der Gesamtlänge des Traktes einnimmt, wird von tief herabgezogenen, konturierten Kreuzgratgewölben überspannt, die durch vier gedrungene Steinsäulen mit quadratischer Basis und Kämpfer gestützt werden. 378 Die wuchtigen Säulen (Abb. 59) sind in der Mitte des Saales in Südwest-/Nordwest- Richtung ausgerichtet. Die Deckplatten der mittleren Säulen weisen rechteckige Fortsetzungen mit abgeschlagenen Ecken auf, was auf eine ursprüngliche Abteilungssituation hindeuten kann. Der Gratbereich ist durch Putzleisten verstärkt. Es ist nicht dokumentiert, wann der Saal mehrfach mit teilweiser Einbindung der Säulen unterteilt wurde. Im Plan von 1966 (Abb. 56) ist diese Neueinteilung nicht übernommen. 379

375 Gespräch am mit W. Absenger 1. 7. 2010: Er verwies auf das Schloss Obermeyerhofen, in dem 1790 in einem „exotischen Saal“ Fresken mit Blumen- und Vasenmotiven in klassizistisch- biedermeierlichem Stil entstanden sind. Ein Stilvergleich zeigt in der Farbgestaltung und in den Motiven eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Fresken in Freiberg. 376 Johann Baptist Wenzel Bergl, 1718–1789, Lieblingsmaler Maria Theresias. 377 Begehung am mit W. Absenger am 4. 11. 2009. 378 Begehung mit W. Absenger am 4. 11. 2009: Er vermutet auf Grund der rohen, klobigen Art der Säulen und niedrigen Gewölben eine ursprüngliche Nutzung als Pferdestall. Die Lage des Raumes ergibt augenscheinlich eine günstige Verbindung zum Außentor und zu der ehemaligen Zufahrt. Auch auf dem Rekonstruktionsplan von Arnfelser ist ein „Stall“ vermerkt. In diesem Fall müssten die Wohnräume im ersten Obergeschoss untergebracht worden sein. 379 Der neueste Plan des Schlosses wurde mir erst im Dezember 2010 zugänglich. Hier sind die Zwischenwände festgehalten. 105

Die Fenster sind in tiefe Fensternischen mit Stichkappen eingesetzt. Der noch ursprüngliche Boden besteht zum Teil aus breiten Holzdielen, überwiegend jedoch aus Ziegelplatten in Wabenform. 380 Das Bodenniveau ist unregelmäßig und der Mittelteil des Saales ist um eine Stufe niedriger. Der nördliche Teil des Raumes wird durch ein erhöhtes Podest mit einer Holz-Balustrade vom übrigen Raum abgesondert. Die Docken weisen die charakteristischen Formen des Barocks mit quadratischem Grundriss auf (Abb. 60). Da die Räume dieses Traktes in der Vergangenheit für administrative Zwecke genutzt wurden, könnte dieser abgesonderte Bereich der Rechtsprechung vorbehalten gewesen sein. Die über diesem Raumteil befindliche Wölbung wird mit Putzauflagen an den Graten verstärkt. Die Stichkappen mit herausgeputzten Sporen im Gewölbebogen und Sporen im Gewölbeansatz sind ein Baumerkmal des 16. Jahrhunderts und für die Renaissance-Bauweise typisch. Zwei vergitterte Fenster nach Südwesten und vier nach Nordwesten belichten den Raum. Beinahe alle Fenster des Saales sind noch mit den originalen Beschlägen wie Doppelreibern, Sturmhaken und Winkelbändern (Abb. 61) ausgestattet 381 und stammen zum großen Teil aus dem Frühbarock um die Mitte des 17. Jahrhunderts.382 . Die Verbindung von EG 14 zum nächsten Raum EG 15 erfolgt durch einen schmalen Gang. Die vorher erwähnte schmale Mauer innerhalb des Raumes EG 14 schirmt diesen Eingang ab. EG 15: Ist tonnengewölbt mit vier unregelmäßig angeordneten Stichkappen und Sporen. Der Ziegelplattenbelag des Bodens in Bienenwabenmusterform stammt aus der Renaissance. Ein Fenster gegen Nordwesten und zwei gegen Nordosten belichten den als Lagerraum genutzten Raum. Die nördliche abgeschrägte Ecke ist als Zugang zum nördlichen Eckturmabteil EG 16 geöffnet. EG 16: Befindet sich im Nordturm, ist tonnengewölbt mit zwei Stichkappen und besitzt eine Fensteröffnung nach Nordwesten und eine nach Nordosten hin. Dieser Raum ist als Gastronomieküche eingerichtet.

380 Der Dachboden ist mit den gleichen Ziegelplatten ausgelegt. 381 Eine Verglasung mit Butzenscheiben wurde allgemein erst im 16. Jh. üblich. 382 Gesprächsnotiz: W. Absenger, v. 4. 11. 2009 u. 30. 11. 2009. 106

8.5.2.1 Die Schlosskapelle

Die Schlosskapelle EG 17 ist der einzige Raum im Schloss, dessen gesamte Ausstattung noch aus der barocken Bauzeit stammt. Daher ist es sinnvoll, im folgenden Kapitel näher darauf einzugehen. Wie die ursprüngliche Kapelle ausgesehen hat, ist uns nicht bekannt. Wir wissen nur, dass sie geostet war, daher quer zum Baukörper in den Hof ragte und auch an der Nordost-Außenwand vorkragte. 383 Der Auftraggeber für die in den Jahren um 1740 neu errichtete Kapelle ist Kardinal Sigismund Graf Kollonitsch. Es ist umstritten, welcher Baumeister die Ausführung innehatte, doch wird Baumeister Mathias Gerl, der schon in Wien für den Kardinal Arbeiten ausgeführt hat, als gesichert angesehen. Für diese Zuschreibung würde auch die in diesen Jahren nachgewiesene Anwesenheit des Baumeisters in Gleisdorf sprechen. Dem widerspricht der Historiker Herbert Fischer in seinen Ausführungen. Nach seinen Recherchen werden sämtliche unter dem Kardinal durchgeführten Umbauten dem Hofbaumeister Joseph Hueber zugeschrieben. 384 Die Kapelle tritt an der Nordost-Fassade nach außen nur durch die zwei hohen rundbogigen Fenster in Erscheinung, vom Innenhof aus gibt es keinen Hinweis darauf. Wie aus dem Plan ersichtlich ist, befindet sich die im Schlosskomplex vollständig integrierte Kapelle im Nordtrakt des Schlosses. Der Kapellenraum wird vom Korridor aus durch eine zweiflügelige Holztüre mit Steinumrahmung und abgesetztem Rundbogen betreten. Die breite, steinerne Türschwelle weist deutliche Trittspuren auf. Die beiden Türflügel sind mit den für den Spätbarock typischen, breiten Rahmenfüllungen ausgeführt. Auch die teilweise noch erhaltenen ornamental verzierten Türbeschläge, wie Schild, Knauf und der Schlosskasten an der Innenseite, stammen aus der spätbarocken Bauzeit des 18. Jahrhunderts. Die Türdrücker scheinen erneuert worden zu sein. 385 Vor der Kapelle im nördlichen Bereich der Gangmauer befindet sich eine rundbogige, leere Steinnische

383 Siehe Vischer Stich v. 1681 (Abb. 14). 384 Vgl. BDA, Zl. 1676/1966. 385 Auskunft v. W. Absenger, Begehung 4.11.2009. 107

mit Spuren von Bearbeitung und Malspuren, deren Zweck unbekannt ist. Vermutlich diente sie als Standort einer Heiligenfigur. Links davon zeigt sich noch eine kleine Türe zur Beheizungsnische aus der Bauzeit. Vor dem Kapelleneingang ist an der linken Wand ein circa 70 cm hohes, romanisches Flachrelief eingemauert (Abb. 62), das den segnenden Christus in der Mandorla und die vier Evangelistensymbole darstellt. 386 Es ist aus dichtem, hellbraunem Sandstein gearbeitet und stammt wahrscheinlich von einer der frühen Burganlagen des 13. Jahrhunderts. 387 Auch im Dehio wird das Relief, mit Vorbehalt, in das 12. Jahrhundert datiert. Diese Datierungen sind jedoch nicht unumstritten. Die neben der Türe an der Außen- und Innenseite des Raumes angebrachten, muschelförmigen Weihwasserbecken aus schwarzem Granit lassen auf Grund der Form und der Altersspuren den Schluss zu, dass sie auch noch aus der barocken Originalausstattung stammen. Die zweigeschossige Kapelle besteht aus einem rechteckigen Raum, an den nach Osten hin die halbkreisförmige Altarnische anschließt. Der Raum ist zweijochig und von Platzlgewölben überspannt. Wie im Stiegenhaus wird die Gliederung durch gekuppelte Pilaster, von denen die Gewölbegurten aufsteigen, angelegt. 388 ) Ein profiliertes, verkröpftes Gesims betont die vertikale Linie und verbindet die einzelnen Architekturelemente. Diese architektonische Ausführung finden wir im Stiegenhaus wieder, was auf denselben Baumeister hinweisen könnte. Die Wände sind glatt und in gebrochenem Weiß gefasst. Die Pilaster, Gurtbögen und vertieften Putzfelder sind durch feine, ockerfarbige Linien betont. Der Boden besteht aus Kalksandstein- und Grünschieferplatten, die in Schachbrettmusterform verlegt sind. Die gleiche Ausführung des Bodenbelages findet sich in allen Korridoren und Bogengängen des Schlosses wieder. In der nördlichen Außenwand sind zwei, über zwei Geschosse reichende, sechsteilige Fenster platziert und sorgen für reichlich natürliche Belichtung. Der spätbarocke Wandaltar aus Stuckmarmor (Abb. 63) beherrscht mit flankierenden Stuckfiguren und dem Altarbild den Raum. Das bemerkenswerte Bild stellt die biblische

386 Vgl. P. Krenn, Oststeiermark, 1981, S. 127 f. 387 Vgl. R. Hausmann in: Gleisdorf 1229–1959, 1979, S. 267. 388 Vgl. P. Krenn, Oststeiermark, 1981, S. 127 f. 108

Szene der Himmelfahrt Mariens dar. Es ist signiert und datiert mit „Gaetano D. Rosa F. 1743“ und stammt aus dem Stift Pöllau. 389 Der profilierte, rundbogige, schwarze Rahmen des Bildes wird von vergoldeten, vegetabilen Girlanden nach oben abgeschlossen. Oberhalb dieses Bildes befindet sich ein kleineres, oval gerahmtes Bild des hl. Florian. Es wird ebenfalls von vergoldeten Girlanden umgeben und von Putti bekrönt Das Altarretabel besteht aus einer Sockelzone und einem marmorierten, mit Voluten dekorierten Holzaufbau, der das rundbogige Altarbild umschließt. Rechts und links des Altars sind auf den unteren, abschließenden, ausladenden Voluten jeweils eine vollplastische, fast lebensgroße Heiligenfigur aus Stuck oder mit Stuck überfasstem Stein postiert. Da die beiden Heiligenfiguren kaum besondere Attribute aufweisen, ist ihre Identifikation schwierig. Es könnte sich um die Eltern Marias handeln. Zu Anna würde passen, dass sie das Buch hält (Bildtypus „Anna lehrt die kleine Maria das Lesen“). Um die Mitte des 18. Jahrhunderts rechnet man noch mit einer Altarikonographie, einem inhaltlichen Bezug zwischen Altarbild und Assistenzfiguren. 390 Im Allgemeinen Künstlerlexikon 391 wird die gesamte Ausführung des Altars, einschließlich der Stuckfiguren, dem Künstler Geatano de Rosa zugeschrieben. Im Inneren des Unterbaues der Mensa birgt, wie in der Literatur festgehalten wird, ein Hohlraum das Heiligtum des Altars, die Reliquien des Hl. Felix. 392 Auf der rechten Seite des Altars führt eine Türe in eine Sakristei EG 13. Dieser schmale, rechteckige Raum ist ein abgeteilter Teil des ehemaligen Arkadenganges und mit einem hofseitigen Fenster versehen. Hier wurde auch das ursprüngliche Kreuzgratgewölbe beibehalten. Das Inventarverzeichnis der Vorgängerkapelle nach Gottfried von Stadl aus dem Jahre 1627 nennt nur die wichtigsten, für den Messgebrauch bestimmten Gewänder und Sakralgefäße, war also eher dürftig bestückt. Unter Kardinal Sigismund von Kollonitsch wurde die neue Kapelle reichlicher

389 Das Künstlerprofil wird auf S. 53 f. dargelegt. 390 Schriftliche Auskunft v. W. Resch v. 7. 12. 2010. 391 Vgl. Thieme Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 28, Leipzig 1934, S. 577 f. 392 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 164. 109

ausgestattet 393 und enthielt u. a. „ zwei Messkännchen und eine Tasse aus Zinn vom Jahr 1743 mit einem Engel im Siegel“. 394 Jene im Plan auf der linken Seite des Altars eingezeichnete Öffnung, die zum Mittelturm führen sollte, wurde vermutlich nach 1966 vermauert. In der Höhe des ersten Obergeschosses befinden sich zu beiden Seiten des Altars und im Mittelfeld der Rückwand der Kapelle die Emporen, die sich mit einem breiten, absetzten Rundbogenfenster in den Kapellenraum öffnen. Die verglasten Oratorien dienten der herrschaftlichen Familie, das Kirchenschiff hingegen war für die Bediensteten vorgesehen. Die Empore der Rückwand könnte auch als Orgelempore verwendet worden sein. Die Zugänge zu den Oratorien befinden sich im ersten Obergeschoss. Die Emporen sind mit Stuck umrahmt und mit einer Steinbrüstung und einem Parapetfeld mit einem zentralen, vergoldeten Muschelornament versehen. Über den im Altarraum befindlichen Oratorien sind Stichkappen angebracht. Zwischen der Eingangstüre und der Sakristei befindet sich eine hohe, rundbogige Nische mit einer Stuckumrahmung und einem vergoldeten Muschelornament als Bekrönung. Den unteren Abschluss bilden Girlanden mit vergoldeten Schmuckmotiven. Das Sanktuarium wird durch ein Altargitter 395 , das sich in der Mitte öffnen lässt, vom übrigen Raum abgegrenzt. Diese hüfthohe Balustrade aus marmorierten Holz stammt vermutlich ebenfalls noch aus der barocken Ausstattungsphase. 396 . Auffallend für diesen erst um 1740 neu errichteten Kapellenraum ist jedoch eine, besonders für die Renaissance typische, Ausführung der einzelnen Docken, die sich mit einem kreisrunden Grundriss geschweift und in der Mitte abgeschnürt darstellen. 397 Im Barock waren die Docken hingegen über einem quadratischen Grundriss und oft vielgliedrig ausgebildet. 398 Es wäre möglich, dass sie von der Vorgängerkapelle übernommen wurden (Abb. 64). Die noch original erhaltenen Kirchenbänke sind zu beiden Seiten des Raumes in zwei Blöcken mit je fünf Reihen auf einem etwas erhöhten Holzpodest aufgestellt. Sie sind

393 Vgl. R. Hausmann, Freiberg, 1982, S. 80. 394 F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 166. 395 Die Kommunion wurde vom Priester den vor dem Altargitter knienden Gläubigen gespendet. 396 Vgl. Heimo Kaindl, Kirchenkunst zum Staunen. Ein Handbuch kirchlicher Kunstschätze, Diözesanmuseum Graz, 2008, S. 96. 397 Könnte von der vorherigen Kapelle übernommen worden sein. 398 Vgl. A. Boswell, Die Arkadenhöfe der Renaissance und des Barock in der Steiermark, 1988, S. 136. 110

mit barocker Ornamentik der Seitenwangen und der Brüstungen ausgeführt. Der Kapellenraum bietet, einschließlich der Plätze in den Oratorien, Platz für 150 Personen. An der Rückwand sind drei Bilder angebracht. Ein Kreuzigungsbild, ein Marienbild und ein Bild einer Frau in Ordenstracht, die, eine Lilie in der Hand, in einem romanischen Gotteshaus kniet. Das bemerkenswerteste Gemälde war jedoch das bis 1939 vorhandene, große Bekehrungsbild an der rückwärtigen Wand der Kapelle. 399 Dieses Bild stellt jenes Ereignis dar, durch welches sich die Familie Kollonitsch dem Katholizismus zugewandt hatte. Es zeigt eine Inschrift, beginnend mit dem Text: „Mirakulose Bekehrung vom Luttherthumb zu den alein Selligmachenden glauben Herrn Ernest Graffen von Kollonitsch wie auch der Herrschaft Kürchberg am Walt so dazumal alles lutterisch wahr. Als anno 1621 allhier.“ 400 Vermutlich hat aber auch die Bedingung, dass nur ein Katholik das Erbe in Freiberg antreten darf, den Konfessionswechsel erleichtert. Die beschriebenen Wunder werden als Rechtfertigung gedient haben. Das Harmonium, eine portable Orgel, wurde in späterer Zeit im Kapellenraum aufgestellt. Von der einstmals bemerkenswerten spätbarocken Kanzel, die der Eintretende direkt an der gegenüberliegenden Nordwand erblickt, sind nur mehr der gemauerte Kanzelkorb und die fünfstufige Kanzeltreppe vorhanden. 401 Sowohl die Wangen des Geländers wie auch die Brüstung und der Innenraum des Kanzelkorbes sind mit sehr reduzierter barocker Ornamentik aus Holz ausgestattet. Ob ursprünglich ein Schalldeckel vorhanden war, ist nicht mehr festzustellen.

8.5.2.2 Die Haupttreppe

Es folgt der Bereich der zweiten Treppenanlage, der eigentlichen Prunkstiege EG 18, die vom Bogengang aus durch eine verglaste, zweiflügelige Türe aus dem 19.

399 Im Kapitel über das BDA auf S. 72 f. wurde über die Bemühungen einer Restitution des Bildes berichtet. 400 F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 164. 401 Vgl. Johannes Koren, Franz Attems, Schlösser und Burgen der Steiermark, Innsbruck 1986, S. 38f. 111

Jahrhundert in das erste und zweite Obergeschoss mit den Festsälen führt. Das Treppenhaus nimmt exakt zwei Drittel der Breite des Nordost-Flügels ein. Seine heutige Gestalt erhielt es in der barocken Umbauphase um 1740 und wirkt durch seine breit angelegten Steinstufen und den seitlichen Balustradenabschluss sehr repräsentativ. 402 Als Bauherr tritt uns Kardinal Sigismund Graf von Kollonitsch entgegen. „Die Treppenanlage über einem rechteckigen Grundriss besteht aus einer dreiarmigen geradläufigen Stiege mit Zwischenpodesten und ist durch Platzlgewölbe gedeckt.“ 403 Es handelt sich um gerade, dreigeschossige Podesttreppen. Die Stiegenläufe sind entlang der Hofseite von Steinbalustraden mit barocken Docken 404 begleitet. 405 An der Innenseite des Stiegenhauses führen die Balustraden mit reliefartig vorgeblendeten Docken in die oberen Geschosse (Abb. 65). In der mauerseitigen Ecke des zweiten Stiegenaufgangpodestes ist ein, aus weißem Marmor bestehender, Eckkamin mit Beheizungstüren aus ornamentiertem Messinggitter eingestellt. Dieser repräsentative Ofen im barocken Stil hat keinerlei Funktion und wurde vermutlich wie viele andere Schaustücke in den Jahren 1966/68 hierher gebracht (Abb. 67). Es ist hingegen nicht gesichert, wer die Bauarbeiten der Treppenanlage durchgeführt hat. Hier bestehen zwei unterschiedliche Theorien: Es werden entweder der K.K. Hofbaumeister Mathias Gerl aus Wien, der mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kapelle des Schlosses gestaltet hat, oder der Grazer Hofbaumeister Joseph Hueber genannt. Wie schon einmal berichtet, wird letzterer von Luchner auch als Schöpfer „hübscher Stiegenhäuser“ bezeichnet. 406 Joseph Hueber hat die Stiegenanlage nachweislich im ehemaligen Palais Eggenberg- Herberstein in der Grazer Sackstrasse 16 gestaltet, welche formale Ähnlichkeit mit dem Stiegenhaus in Freiberg (Abb. 66) aufweist. 407 Stilistische Vergleiche mit Freiberg lassen sich auch im Treppenhaus Paulustorgasse 1 und 3 herstellen. „ Das

402 Im Barock erlangten repräsentative Treppenanlagen zunehmend an Bedeutung. 403 W. Resch, Kunstdenkmäler Graz, Bd. 53, 1997, S. 493. 404 Auf rechteckiger Grundfläche. 405 Der ursprüngliche Kalküberzug auf den Balustern war mit Schlämmschichten überzogen, die im Zuge der Renovierung abgenommen wurden. 406 Vgl. Laurin Luchner, Schlösser in Österreich, 1983, S. 147. 407 Vgl. W. Resch, Kunstdenkmäler Graz, Bd. 53, 1997, S.493. 112

repräsentativ gestaltete Stiegenhaus zeigt von Putzbändern eingefasste Platzlgewölbe, Pfeiler, Wandpilaster, Gurten, vertiefte Putzfelder und Nischen an den Zwischenpodestwänden. Das für seine Form für diese Zeit ungewöhnliche Stiegenhaus veranlasste Koschatzky zu einer stilistischen Zuschreibung an Joseph Hueber. (Koschatzky, Joseph Hueber, 1951, S. 185.)“ 408 Die rundbogogen Nischen weisen eine starke formale Ähnlichkeit mit den „Richtersitzen“ im Südosttrakt des Schlosshofes Freiberg auf. Über Freiberg berichtet Walter Koschatzky: „ Die Stiege ist um 2 Stützen geführt, steigt dreiarmig und ist von Platzlgewölben mit steigenden Gurten auf Pilastervorlagen wechselnd überdeckt. Seitlich geknickte Gesimsbänder begleiten sie.“ 409 Auch für den Historiker Herbert Fischer besteht kein Zweifel, dass Joseph Hueber die gesamte barocke Umgestaltung des Schlosses durchgeführt hat. 410 Ein Feld des Platzlgewölbes mit einem Palmettenrapport über dem ersten Podest ist auf einem Foto festgehalten. Es zeigt die farbliche Ausgestaltung der Letztfassung aus dem 19. Jahrhundert (Abb. 68). Zwischen der Stiegenhaus-Innenwand und Nordost-Außenmauer befindet sich ein schmaler Gang. EG 19 ist vom Raum EG 18 und EG 21 aus erreichbar und führt in einem Knick zu dem übers Eck gestellten Nordost-Mittelturm EG 20. Die im Plan eingezeichnete Verbindungsöffnung zwischen dem über Eck gestellten Fassadenturmraum und EG 17 (Kapelle) wurde vermauert. Der Gang wird durch drei Fenster, einschließlich des Turmfensters, vom Nordosten her belichtet. EG 21 ist ein fast quadratischer Raum mit Tonnengewölbe und vier Stichkappen. Der Zugang erfolgt vom Bogengang aus, der Raum wird durch ein dem Hof zugewandtes Fenster und zwei Fenster in der Nordost-Außenmauer belichtet. In den Räumen EG 21 bis EG 24, die durch Türen miteinander verbunden sind, ist die Buchbinderei untergebracht.

408 W. Resch, Kunstdenkmäler Graz, Bd. 53, 1997, S. 414. 409 Vgl. W. Koschatzky, Hueber, 1951, S. 171. 410 Vgl. BDA, Z. 1676/1966. 113

EG 22 ist mit einem Tonnengewölbe und gegenüberliegenden Stichkappen ausgestattet. Im östlichen abgeschrägten Eck wird dieser Raum durch eine sehr niedrige Holztür mit einem wuchtigen hölzernen Türsturz mit dem Turmzimmer EG 18 verbunden. Die besagte Tür mit Schlagrahmen und Türkegel scheint aus dem 17. Jahrhundert zu stammen. 411 Zwei Fenster im Nordosten belichten den Raum. Von EG 18 führen entlang der nordöstlichen Außenwand steile, schmale Stufen aus Stein und Ziegel mit Holzauflagen in das schon beschriebene Kellergeschoss K 7. Nach oben hin setzen sich die Stufen in das erste und zweite Obergeschoss des Turmes fort. EG 24 wird durch eine barocke Holztüre im Schlosseingang auf der rechten Seite betreten. Ein Fenster mit Steckgitter ist dem Schlossvorplatz im Südosten zugewandt. Auf dem Plan ist die entfernte Mauer auszumachen, die vormals die Innenmauer des Arkadenganges bildete. Auch die Gewölbeverschneidung im westlichen Eckbereich deutet auf den ehemaligen Arkadengang hin. Eine Verbindungstüre zu EG 22 wurde vermutlich erst nach 1966 hergestellt, da sie im Plan noch nicht eingezeichnet ist. Anlässlich der Begehung des Schlosses wurde der Bauforscher Wolfgang Absenger auf die auffallende Gewölbeformation des dreijochigen Raumes aufmerksam, die in dieser Ausführung in keinem anderen Raum des Schlosses zu finden ist. Auf eine sakrale Nutzung könnten die Überschneidungen des Kreuzgratgewölbes mit Putzrippen, die für die Gotik charakteristischen, durch Rippen stark betonten Grate, der Gewölbeanlauf und die Gewölbekonsolen in Lilienform, hinweisen (Abb. 69, Abb. 70). Um 1608 erscheint auch im Wappen der protestantischen Familie Stadler eine heraldische Lilie. 412 In der Renaissance bis zum Manierismus, d. h. ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, pflegte man auch in protestantischen Bereichen sakrale Räume mit gotisierenden architektonischen Elementen und Gewölben auszustatten. Auch bestand bei protestantischen Kapellen, Kirchen und Beträumen kein Interesse, diese nach Osten auszurichten. Alle diese Überlegungen führen zu dem Schluss, dass dieser Raum noch näher untersucht werden sollte. 413 Dokumentarische Quellen waren bis

411 Mündliche Auskunft W. Absenger v. 30. 11. 2009. 412 Vgl. Josef Kraßler, Steirischer Wappenschlüssel: Festausgabe des Steiermärkischen Landesarchivs der 100-Jahrfeier seiner Neugründung für die Teilnehmer des 8. Österreichischen Archiv- und 10. Österreichischen Historikertages in Graz im Mai 1968, Graz 1968, S. 192. 413 Begehung vor Ort mit W. Absenger am 4. 11. 2009. 114

jetzt nicht aufzufinden, diese könnten aber im Zuge der Rekatholisierung der Adelsfamilien vernichtet worden sein. Die einzig erhaltene protestantische Kapelle der Steiermark befindet sich in der Burg Strechau (1570–1580). Ein reformatorischer Freskenzyklus aus dem Jahr 1570 hat sich an der Außenwand der Pfarrkirche von Ranten in der Steiermark erhalten. 414 In Graz in der Stempfergasse 5 war nachweislich eine evangelische Kapelle in einem spätgotischen Kapellenraum (1543) mit Netzrippengewölbe und Stuckastrippen untergebracht. 415 Formale Ähnlichkeiten mit Freiberg lassen sich aber in keiner der angeführten Kapellen nachweisen. Frau Dr. in Wiltraud Resch, eine Expertin sowohl für die formale Gestaltung von Sakralräumen als auch deren religiöse Bedeutung, ist der Auffassung, dass es sich ohne weiteres um einen evangelischen Betraum handeln könnte, zumal im 16. und noch im beginnenden 17. Jahrhundert gotische architektonische Anklänge in katholischen und auch protestantischen Kirchenbauten vorkommen. Ein Beispiel ist die protestantische Kirche in Horn, NÖ (1594–1597), die mit einem gotisch überwölbten Chor errichtet wurde und später als Kirche Hl. Georg ‚rekatholisiert’ wurde. Denn, so berichtet Wiltraud Resch, die Protestanten in dieser Zeit wollten wohl als reformiert gelten, nicht aber mit der Tradition brechen. 416 Einem interessanten Hinweis der Schlossbesitzer wäre noch nachzugehen. Man vermutet unter dem Raum EG 19 einen verschütteten Keller, der bis jetzt noch nicht untersucht wurde. 417

8.5.3 Erstes Obergeschoss

Alle Räume dieses Geschosses (Abb. 71) sind von einem hofseitigen, umlaufenden Gang erreichbar. Der Boden besteht wie im Bogengang des Hofes aus schachtbrettartig verlegten Steinplatten, die Decke des Ganges weist Platzlgewölbe und Gurte auf. Sämtliche Räume dieses Geschosses sind heute Mietwohnungen und somit für Außenstehende nicht zugänglich. Eine Ausnahme bildet im Nordost-Flügel der Bereich

414 Freskenzyklus mit dem Thema „Gesetz und Gnade“ 415 Heute als Computerraum eingerichtet. 416 Schriftliche Antwort auf eine Anfrage von meinem Kollegen Mag. Alois Doppan. 417 Gesprächsnotiz mit Frau Kober am 15. 06. 2010. 115

der sich im Erdgeschoss befindlichen Kapelle, die zwei Geschosse beansprucht und auf der Höhe des ersten Obergeschosses durch ein mächtiges Tonnengewölbe überwölbt wird. Wie im Plan ersichtlich, erreicht man das hofseitige Oratorium vom Gang aus, das nordöstliche über einen Gang vom Mittelturm aus. Die Empore der Rückwand der Kapelle ist über das Eckzimmer im nördlichen Teil zu betreten. Eine weitere Ausnahme bildet das östliche Eckzimmer (Lager I), dessen Decke mit einem geschweiften, profilierten Deckenspiegel aus Stuck gegliedert ist. Der Raum dient dem Schlossbesitzer als Lagerraum und ist somit beschränkt zugänglich. Laut Auskunft des Besitzers sind die Zimmerdecken sämtlicher Wohnräume dieser Etage mit einfachem, geometrischem Rahmenstuck ausgestattet.

8.5.4 Zweites Obergeschoss

Dieses Geschoss (Abb. 72) hatte sich die Schlossherrschaft für Wohn- und Repräsentationsräume vorbehalten und dementsprechend ausgestattet. Heute sind die Räume mit Ausnahme der Festräume nicht zugänglich, da sie wie im ersten Obergeschoss von Mietern privat bewohnt sind. Deshalb beschränkt sich die Nummerierung der Räume nur auf die für die Öffentlichkeit zugänglichen Säle. Wenn man den Plan von 1966 zugrundelegt (Abb.56), so zeigt sich die Raumeinteilung im Südwest-Trakt und Nordwest-Trakt mit der des unteren Geschosses nahezu ident. Seit den Baumaßnahmen in der Barockzeit wurden, was die Raumaufteilungen betrifft, kaum nennenswerte Änderungen vorgenommen. Alle Räume, mit Ausnahme des Südost-Traktes, sind über den hofseitigen, durch Rechteckfenster belichteten Gang zu erreichen. Die vom Restaurator im Korridor der Südwestfassade zwischen zweiter und dritter Fensterachse teilweise freigelegte Sandsteinsäule erinnert mit Resten der Balustrade an den ehemaligen, umlaufenden, offenen Arkadengang. Die toskanische Säule besteht aus einer quadratischen hohen Basis, Wulst und Hohlkehle. Der Säulenschaft ist unkanneliert. Das Kapitell setzt sich aus Ring, glattem Hals, einer Leiste, Wulst und einem Abakus mit Abdeckplatte zusammen.

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Die Säulenarkaden und Balustraden wurden, wie schon berichtet, im 18. Jahrhundert durch Mauern, in welche Rechteckfenster eingesetzt waren, geschlossen.

Der Gang, der zu den Räumen des Nordostflügels führt, ist vom Stiegenaufgang durch eine verglaste, in die Gewölbeöffnung eingepasste Türe, die man dem Jugendstil zuordnen könnte, zu betreten (Abb. 73). Der Boden des geschlossenen Ganges besteht aus breiten Dielenbrettern und ist, wie im ganzen Schloss, von Platzlgewölben und breiten Gurtbögen überwölbt. Er führte ehemals, wie im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss, um alle vier Seiten des Bauwerks, umschließt jedoch heute nur drei Seiten. Im Südost-Trakt wurde zugunsten des größeren Festsaales auf einen Gang verzichtet. Die Innenmauern der Gänge sind mit kleinen Beheizungstüren für die Kachelöfen ausgestattet. Die hofseitigen Fenster sind, wie im gegenüberliegenden Südwesttrakt, in der oberen Hälfte mit rundbögigen, kleinteiligen Buntglasfenstern verglast. Jedes dieser Fenster ist unterschiedlich ausgeführt. Die Scheiben bestehen aus buntem Ornamentglas und Glasmosaiken, die in kleinteiligen Rauten-, Sechseck- und Kreisformen aufgelöst sind und auf eine Renovierungsphase des 19. Jahrhunderts hindeuten (Abb. 74). Sie sollten wahrscheinlich die barocken Bleiglasfenster in sechseckiger oder rechteckiger Form ersetzen beziehungsweise imitieren. Fragmente von Bleiglasfenstern aus kleinen, sechseckigen, bunten Scheiben mit Bleistegen und Windeisen sind noch aus der Barockzeit erhalten. Im Gang befinden sich auch kleine Beheizungstüren, die samt den Beschlägen vermutlich noch aus der barocken Umbauphase stammen oder möglicherweise auch aus älterer Zeit. Vom Korridor aus führt eine hohe barocke Türe in den Raum II/1, der mit einer einfach stuckierten Spiegeldecke ausgestattet ist. In der hohen rundbogigen Ofennische ersetzt heute ein zylindrischer dunkelgrüner Kachelofen mit Vasenaufsatz und figuraler Empire-Dekoration den vormaligen barocken Kachelofen. Ursprünglich befanden sich in diesem Raum und in Raum II/2 zwei weiße Kachelöfen auf Messingfüßen mit

117

Vasenbekrönung, die um 1780 datiert wurden. 418 Die ehemalige Besitzerin des Schlosses wollte vor Kriegsbeginn im Jahr 1939 verschiedene wertvolle Gegenstände, wie auch die barocken Kachelöfen, in Sicherheit bringen und ließ sie abtragen. 419 Der nächste Raum II/2 weist außer der leeren Ofennische keine Besonderheit auf. Ein annähernd ein Meter hoher siebenarmiger Kerzenständer aus Holz zeigt noch die originale barocke Fassung und wird in der Adaptierungsphase unter Dr. Fischer in den sechziger Jahren erworben worden sein. In neuerer Zeit wurde, vom Eingang aus gesehen, in der linken vorderen Wand der Zugang zu modernen Sanitärräumen geschaffen.

8.5.4.1 Der Festsaal

Der Festsaal II/3, der sich über dem Eingangstrakt befindet, nimmt zweifelsfrei eine zentrale Stellung ein. Man erreicht ihn, indem man die Räume II/1 und II/2 durchschreitet oder den Saal durch eine Türe, die gleichzeitig den Gang abschließt, betritt (Abb. 75). Die Verbindungstüre zum Raum II/4 ist unzugänglich und durch einen Samtvorhang verschlossen. Einige Zugangstüren samt Beschlägen stammen noch aus dem Hochbarock, andere sind als historistisch-barockisierend einzuordnen und stammen vermutlich aus einer Renovierungsphase des 19. Jahrhunderts. Den Boden dieses Musiksaales, wie auch den der anschließenden Räume (Raum II/1 und Raum II/2), bedeckt ein qualitativer Kassettenboden aus dem Jahre 1740, der Quadrate aus Fichte oder Lärche mit Diagonalen aus Buchenholz aufweist. Vor der Restaurierung im Jahr 2002 war der Boden sehr stark beschädigt. Belichtet wird der Saal durch drei Fenster der Südost-Außenfassade und die drei gegenüberliegenden Fenster, die einen Blick in den Hof ermöglichen. Eine hohe, konkave Rundnische beherbergt einen zweifarbigen Kachelofen im Empire Stil (Abb. 76). Dieser stammt aus St. Johann in Herberstein 420 (Joanneum) und wurde im Zuge der Adaptierung des Schlosses durch Dr. Fischer ab 1966 anstelle der vor

418 Vgl. Dehio, Steiermark, 1982, S. 209. 419 Vgl. BDA, 10.02.1978. Über die Rückführungsversuche der historischen Einrichtung liegen Dokumente im BDA auf. Der Sachverhalt wird auf S. 72 f. behandelt. 420 Vgl. BDA, 15.01.1969. 118

dem Krieg abgetragenen „ großen massigen Ofenkomposition “421 aus der Zeit um 1730 aufgestellt. Der Ofen füllt nur 2/3 der Nischenhöhe aus und ist mit braunen Kacheln mit sandfarbigen Ornamenten, Kranz und Blattmotiven sowie einem Vasenaufsatz ausgestattet. Der Raumeindruck wird durch die von einem unbekannten Meister im spätbarocken Stil gestaltete Stuckdecke dominiert. Der im Zentrum der Decke angebrachte Kristall-Luster im Louis-XVI.-Stil wurde in den Jahren 1966/69 422 erworben und ersetzt den Originalluster. Das Interieur des Festsaales vor dem zweiten Weltkrieg ist in einem alten Fotodokument aus dem Jahr 1928 (Abb. 77) festgehalten. 423 Anlässlich der Renovierung in den Jahren 1966 bis 1970 wurden auch die ursprünglichen geometrischen Wandbemalungen freigelegt und erneuert. Es wurden damals noch acht holzgeschnitzte Wandappliken erwähnt 424 , die aber heute nicht mehr vorhanden sind. Die stark beschädigte Stuckdecke wurde von den Schlossbesitzern aus eigenen Mitteln restauriert.

8.5.4.2 Die spätbarocke Stuckdecke

Die symmetrisch aufgebaute Stuckdekoration ist teilweise flächig, in den figuralen Motiven aber sehr plastisch ausgeführt und stellt eine Zwischenstufe in der Entwicklung vom Barock zum Rokoko dar (Abb. 78, 79, 80). Das Zentrum der Decke wird von einer aus kräftig stuckierten Akanthusblättern geformten Rosette, die den Aufhängepunkt des Kristalllusters umrahmt, sowie von Blüten-, Ranken-, Bandlwerk-, Rocaille- und Gitterwerkmotiven gestaltet. Eine unterschiedlich breite, unstrukturierte Fläche trennt das Mittelmotiv von dem profilierten Rahmen des Deckenspiegels, der von Stuckornamentik an einigen Stellen durchbrochen wird. Eine sehr breite, konkave Deckenhohlkehle umschließt bordürenartig die Saaldecke und setzt sich durch ein kräftig profiliertes, vorkragendes Gesims von der Wandfläche

421 Vgl. W. Koschatzky, Hueber, 1951, S. 171. J. Hueber war auch der Schöpfer einiger Kachelöfen im Schloss Eggenberg, was für ihn als verantwortlichen Baumeister in Freiberg hinweisen könnte. 422 Vgl. BDA, 15.01.1969. 423 Vgl. F. Arnfelser, Gleisdorf, 1928, S. 167. 424 Vgl. BDA, 15.01.1969. 119

ab. Diese Zone wird von den Stuckmotiven eingenommen und durch figuralen Stuck bereichert. Die Hauptthemen der Stuckdekoration, Musik und Jagd, 425 dürften auf den damaligen Verwendungszweck verweisen. Die jeweils gegenüberliegenden Stukkaturen sind nur vom Motiv her identisch ausgebildet. Bei genauerer Betrachtung weisen sie jedoch unterschiedliche Ausformungen auf. Die konkav abgerundeten Ecken des Saales werden halbkreisförmig durch Laub-, Bandl- und Gitterwerk sowie Voluten- und Rocaillenstukkaturen betont und ziehen sich über die Randzone des Deckenspiegels bis zur flachen Decke hinauf. Über den gegenüberliegenden Türen befinden sich baldachinartige, kartuschenähnlich geformte Felder mit ornamentaler Stuckdekoration. Bandlwerk, sowie Rokokomotive in Form von C- und S-Schwüngen, mit gefiederten und hahnenkammartigen Rändern, umrahmen die flachrelifierten Musikinstrumente, wie Geigen, Gitarren, Lauten, Harfen, Flöten, Panflöten und Trommeln. Über vollplastische Stuck-Verbindungsstege reicht die Dekoration über die Stuckrahmung in den Deckenspiegel hinein. Die Zonen über den gegenüberliegenden, mittleren Fenstern sind ebenfalls sowohl der Musik als auch der Jagd gewidmet. Ein fast vollplastischer Putto hält oberhalb der von Stuckdekoration umrankten Instrumente schwebend mit der linken Hand eine Trompete hoch, zu seinen Füssen sind Jagdtrophäen und Jagdwaffen zu sehen. Das gegenüberliegende Pendant zeigt den Putto mit einem Falken in der Hand und einem erlegten Hasen. Über den vier anderen Fenstern scheinen die stukkierten Jagdtrophäen mit flatternden Bändern an der Rahmung des Deckenspiegels angeknotet zu sein. Auftraggeber für die künstlerische Ausstattung des Saales war in den Jahren um 1740 Kardinal Sigismund Graf von Kollonitsch, der, wie wir wissen, das ganze Schlossgebäude einer gründlichen Erneuerung unterzog und dem Geschmack des Barocks anpasste. Der ausführende Künstler dieses Stuck-Programms bleibt unbekannt. Wenn man aber bedenkt, dass der Kardinal in diesen Jahren den bekannten Stuckateur Heinrich Formentini für das Palais Kollonitsch in Graz

425 Ein Motiv für die vermehrte Bautätigkeit auf ländlichen Besitzungen war die Jagd, die nur den Adeligen vorbehalten war. 120

verpflichtet hatte, wäre es durchaus möglich, dass dieser Künstler auch in Freiberg um 1740 gearbeitet haben könnte. Formale Ähnlichkeiten in den Arbeiten lassen sich jedoch nicht feststellen. Die Präsentationsräume waren mit einer ansehnlichen Galerie von Familienporträts der Kollonitsch und anderer berühmter Steiermärker ausgestattet. 426 Diese Bilder sind vermutlich auch vor Kriegsbeginn weggebracht worden. Im Festsaal und in den Nebenräumen finden heute wie in den vergangenen Jahrhunderten verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte, Empfänge, Feiern und Hochzeiten statt. Aus diesem Grund muss die Einrichtung sehr flexibel gestaltet sein. Der an den Festsaal anschließende Raum II/4 im Südwest-Flügel des Schlosses diente von 1966 bis 1972 als Wohnraum für die damaligen Besitzer, das Ehepaar Dr. Fischer. Für die gelähmte Ehefrau wurde in diesem Bereich an der Südwest-Fassade ein Balkon adaptiert, über den in der Restaurierungsgeschichte berichtet wurde.

8.5.5 Der Dachstuhl

Das Dachgeschoss (Abb. 81) ist über eine Stiege im Ostturm oder über die Fortsetzung der Haupttreppe im Nordost-Trakt erreichbar. Die armierten, massiven Dachbodentüren sind mit Nieten, überkreuzten Verstrebungen und noch original erhaltenen Beschlägen ausgestattet. Die Dachkonstruktion im Schloss Freiberg besteht aus einem liegenden Kehlbalkendachstuhl mit Sparren und Kopfholz, 427 „ Liegendes Gespärre - üblicher Art “428 . Über dem Festsaal ist die Decke mehrfach auf Balken aufgehängt und im Bereich der Gaupe unterstützt. Über den ehemaligen Arkadengängen wurden pultdachartige Erweiterungen des Dachstuhls zur besseren Druckverteilung und Entlastung der Arkaden angezimmert. Im Nordwest-Trakt sind innenseitig alle Decken mittig über den Bundträmen aufgehängt (gesichert). „ Die vier Ecktürme haben eine

426 Vgl. J. Janisch, Topographisch statistisches Lexikon von Steiermark, Bd. 1, 1878, S. 227. 427 Im 17. Jahrhundert wurde der in der gotischen Tradition übliche, stehende Dachstuhl, vom liegenden verdrängt. 428 BDA, Zl. 2/1/99. 121

eigene erhöhte Dachstuhlkonstruktion, die Mitteltürme eine sauber gezimmerte Turmspitzkonstruktion, von der Glockenstube aus gesehen.“ 429 In der Uhrenstube des Südwest-Mittelturms sind die Fensteröffnungen in elliptischer Form als so genannte ‚Barockaugen’ ausgeführt. Der Boden ist größtenteils mit Ziegelplatten in Quader- und Bienenwabenmuster bedeckt. Im Verputz des Kamins ist eine Zäsur in Form eines Dachabdruckes auffallend, was auf eine ursprünglich niedrigere Dachkonstruktion schließen lässt. Gegenwärtig wird der Dachboden als zusätzlicher Aufbewahrungsraum verwendet. Es finden sich hier auch Kacheln von abgetragenen Öfen und andere, nicht mehr benötigte Gegenstände. Bei der Dachform handelt es sich um ein sehr steiles Satteldach. Die Dachhaut besteht zum Teil noch aus handgeschlagenen Rechteckziegeln, so genannten ‚Wiener Taschen’. 1999 wurde eine weitgehende Dachsanierung durchgeführt, nach der Abtragung des Deckungsmaterials wurden die unbeschädigten historischen Dachziegel wieder verwendet. 430

429 BDA, Zl. 2/1/99. 430 Vgl. BDA, Zl 2/1/99. 27.09.1999. 122

9 Schlusswort

Die von 2007 bis 2009 durchgeführten, umfangreichen Sanierungs- und Renovierungsarbeiten konnten den drohenden Verfall von Schloss Freiberg, das 1968 unter Denkmalschutz gestellt wurde, verhindern. Ziel dieser Arbeit war es, eine bis dato fehlende, chronologische Bau- und Ausstattungsanalyse durchzuführen. Als eine Schwierigkeit bei der Umsetzung erwies sich der Mangel an Fachliteratur. Die Recherchen stützen sich daher überwiegend auf die Vischer-Stiche von 1681, auf den vom Bundesdenkmalamt 1966 erstellten Vermessungsplan und auf die Dissertation des Historikers Robert Hausmann. Wichtige Zeugnisse für das Erscheinungsbild des Schlosses in der jüngeren Vergangenheit waren auch fotografische Dokumentationen aus Privatbesitz. Unterstützt wurden die Nachforschungen durch Heranziehung von Vergleichsbauten, welche ebenso wie Freiberg den besonders in der Oststeiermark verbreiteten Typus einer Vierflügelanlage mit fortifikatorischer Ausstattung repräsentierten. Anhand dieser Grundlagen konnte die kontinuierliche Bauentwicklung des Schlosses nachvollzogen werden. Das Stiegenhaus, der Festsaal und die Schlosskapelle von Freiberg zeugen von der baulichen Umgestaltung im Barock. Die architektonische Gestaltung und Einrichtung hat sich bis heute erhalten und konnte somit in einer detaillierten Beschreibung festgehalten werden. Des Weiteren wurde versucht, die ausführenden Baumeister und Künstler dieser Zeit zu erfassen, sowie deren Anteil am Baugeschehen herauszufinden. Das Ergebnis dieser Diplomarbeit deckt sich nicht vollständig mit den unterschiedlichen Zuschreibungen der facheinschlägigen Literatur. Wie im Kapitel über die architektonischen Ausführungen der Schlosskapelle, des Stiegenhauses und die Gestaltung des Festsaales 431 berichtet wird, weisen charakteristische stilistische Bauteile auf den Hofbaumeister Joseph Hueber hin. Was aber den Baumeister der Schlosskapelle betrifft, tendiere ich zu der Annahme, dass diese zur Gänze dem fürstbischöflichen Baumeister Matthias Gerl zuzuschreiben wäre. Dieser hat nicht nur beinahe alle vom Kardinal in Auftrag gegebenen sakralen Bauten durchgeführt, auch die architektonische Ausführung der Kapelle entspricht Gerls Baustil. Es war jedoch in dieser Arbeit nicht möglich, alle Fragen auf wissenschaftlicher Basis zu klären, da

431 Kapitel 7.5.2.1 und 7.5.2.2, S. 110 – 116. 123

deren Beantwortung über den Rahmen einer Diplomarbeit hinausgegangen wäre. Beispielsweise blieb die Frage der zeitlichen Einordnung der Entstehung der Fresken im ‚Gotischen Saal’ des Schlosses offen, da dies weitere kunsthistorische Untersuchungen erfordert hätte. Auch der vermutlich in der reformatorischen Zeit für sakrale Zwecke ausgestaltete Raum im Erdgeschoss des Osttraktes wäre für die Bauforschung sicherlich von Interesse. Weiters wurde in vorliegender Arbeit untersucht, welchen Einfluss das Bundesdenkmalamt bei der Renovierung des Schlosses nahm. Als sehr aufschlussreich erwiesen sich die Berichte des Bundesdenkmalamtes, die im Landeskonservatorat aufliegen. Es zeigte sich, dass auch schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und früher von den Besitzern substanzerhaltende Sanierungsmaßnahmen vorgenommen worden waren, wobei aber das Bundesdenkmalamt noch nicht beratend agierte. Es stellte sich daher die Frage, weshalb es über diese Aktivitäten und auch über andere, ähnlich gelagerte Fälle kaum Berichte oder Dokumente gibt. Um diese Frage allgemein zu beantworten, muss man die jeweilige Situation betrachten. Bei den Objekten handelte es sich, wie in Freiberg, meist um Privatbesitz, daher war eine notwendige Restaurierung von der Eigeninitiative und wohl auch von den finanziellen Mitteln der Eigentümerinnen und Eigentümer abhängig. Auch lag das an der von heute sehr abweichenden Sichtweise von Restaurierung, welche nach eigenen, persönlichen Vorstellungen durchgeführt wurde. Dies änderte sich grundlegend durch die Charta von Venedig von 1964. Nunmehr war die vorrangige Zielsetzung, Denkmäler und Kunstwerke nach Möglichkeit zu konservieren und deren Authentizität zu erhalten. Dank dem Historiker Herbert Fischer, der 1966 das Schloss erwarb, konnte eine kooperative Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt aufgenommen werden. Der inzwischen wieder vernachlässigte Bau wurde im Sinne der neuen Richtlinien in einigen Teilbereichen restauriert und als ‚gerettet’ bezeichnet. Die Unterschutzstellung durch das Bundesdenkmalamt 1968 war ein entscheidender Impuls für das weitere Interesse an der Erhaltung des Bauwerkes, denn auf dieser Grundlage konnten Bund- und Landesförderungen lukriert werden.

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Es erfolgte im Jahr 1973 ein neuerlicher Besitzwechsel. Eigeninitiative, hohe finanzielle Eigenmittel und Unterstützung durch das Bundesdenkmalamt ermöglichten weitere Restaurierungsaktivitäten. Für diese Arbeit entscheidend erwiesen sich die Fotos von den freigelegten und bald wieder vermauerten Arkadensäulen im Erdgeschoss des Hofes. Diese fotografische Dokumentation ermöglichte erstmalig eine Beschreibung von der architektonischen und dekorativen Gestaltung des Renaissancehofes. Im Vergleich mit weiteren Arkadenhöfen zeigt sich, dass Freiberg der Tradition der steirischen Schlossbauten mit Arkadenhof und toskanischen Säulen folgt. Von 2007 bis 2009 erfolgte die umfassendste Renovierung des gesamten Schlosses. Die von der aktuellen Bauforschung durchgeführten Sondierungen am Bauwerk erwiesen sich als weitere überaus wichtige Informationsquelle, besonders durch zwei freigelegte Säulen mit abgeschlagenen Dockenresten. So konnte bewiesen werden, dass in den Obergeschossen Säulenarkaden mit Balustraden den Hof umschlossen. Der Großteil der historischen Bauelemente ist leider hinter neuem Verputz verschwunden. Deshalb war es mir ein großes Anliegen, den Bauzustand vor und während der Renovierung anhand von Fotos festzuhalten und zu dokumentieren. So war es mir möglich, den im Vorwort erwähnten ‚morbiden’ Charme bildtechnisch einzufangen. Dass Schloss Freiberg hatte von jeher in vielerlei Hinsicht, besonders aber als ‚Ort der Kunst’ eine große regionale Bedeutung und soll auch in Zukunft diesem Anspruch gerecht werden. Als Abschluss für die vorbildliche Wiederherstellung des Schlosses wurde dem Schloss vom Steirerischen Revitalisierungsfond die Auszeichnung ‚Steirisches Wahrzeichen 2010’ verliehen.

Abschließend sei noch in Zusammenhang mit Schloss Freiberg auf das ‚Schicksal’ von zwei Kunstobjekten verwiesen. Die Öffentlichkeit wurde auf das Schloss durch einen im Jahr 2001 erschienenen Zeitungsartikel aufmerksam. Ein vermeintlicher Dieb hatte ein 300 Jahre altes, wertvolles Gemälde aus dem Schloss entwendet. Es stellte sich aber heraus, dass im Schloss wohnende Mieterinnen und Mieter aus unerklärlichen Gründen das Bild im

125

nahe gelegenen Teich versenkt hatten. Obwohl angeblich wasserfest verpackt, war das Bild, nachdem es gefunden wurde, gänzlich ruiniert. 432 In einem späteren, im Jahr 2009 herausgegebenen, umfangreichen Zeitungsartikel berichtet der Antiquitätenhändler Johann Käfer aus Pischelsdorf in der Steiermark vom Erwerb eines barocken ‚Himmelstores’ aus dem Schloss Freiberg (Abb. 82, Abb. 83). Es handelt sich um fünf, wie Tore hintereinander aufgestellte, mit religiösen Motiven bemalte Kulissen. Das erste Tor zeigt beidseitig bewaffnete Wächter und über den rundbogigen Eingängen aufgemalte Sprüche und Paradiesszenen. Im Barock wurden mit Vorliebe religiöse Theatervorführungen inszeniert und solche Kulissen dazu verwendet. 433 Nach einem Gespräch mit Frau Kober stellte sich aber heraus, dass dieses ‚Himmelstor’ oder ‚Heilige Grab’ erst in den 80iger Jahren von einer Verwandten der Schlossbesitzerin angekauft worden ist und im Jahr 2000 wieder verkauft wurde. 434 Nachdem dieses Objekt im Herbst 2010 im Dorotheum in Graz angeboten wurde, befasste sich das BDA mit dieser Causa und stellte es Ende 2010 unter Denkmalschutz. Über die Provenienz des Heiligen Grabes konnte trotz Nachforschungen bis dato nichts Näheres in Erfahrung gebracht werden.

432 Mündliche Mitteilung von Herrn und Frau Kober. 433 Vgl. BDA, Heiliges Grab: Zl.: 2/2000: Aktenvermerk :Ansuchen um fachkundige Beurteilung des hölzernen, bemalten „hl. Grabes“ hinsichtlich des Künstlers, der Datierung und ob es vom Schloss stammt. 434 Frau Kober kann aber über die Herkunft nichts Näheres berichten. 126

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11 Abbildungsverzeichnis und Abbildungsnachweis

Abb. 1: Schloss Freiberg, Öl auf Leinwand, 60,5 x 83,5 cm, Mag. art. Hubert Tuttner, um 1995, (Privatbesitz).

Abb. 2: Georg Stadler, Gruftstein in der Kirche zu Krieglach, Zeichnung (R. Hausmann, Freiberg, S. 25)

Abb. 3: Epitaph des Erasmus v. Stadl, gest. 1578, Hauptpfarrkirche Riegersburg, (P. Krenn, Die Oststeiermark, S. 233).

Abb. 4: Rechenpfennig, 1608, Gottfried von Stadl, Zeichnung aus der Familienchronik (R. Hausmann, Gleisdorf 5, S.187)

Abb. 5: Wappen der Stadler, (R. Hausmann, Gleisdorf 5, S. 185)

Abb. 6: Kardinal Erzbischof Graf Sigismund Kollonitsch (F. Arnfelser, Gleisdorf, S. 149)

Abb. 7: Das Kollonitsch Wappen (R. Hausmann, S. Rosenberger, Gleisdorf 1229-1979, S. 258)

Abb. 8: Wappen des Kardinals Graf Sigismund Kollonitsch (F. Arnfelser, Gleisdorf, S. 130)

Abb. 9: Bastionierte Front aus der Mitte des 16. Jhs. in neuitalienischer Manier als Teil eines bastionierten Hexagons (R. Neumann, Festungsbaukunst, S. 139)

Abb. 10: Grundriss des einstmaligen Schlosses Freiberg mit hohem Turm (Rekonstruktion) (Arnfelser, Gleisdorf, Anhang o. S.)

Abb. 11: Grundriss des von Bernhard Stadler errichteten Wehrbaues (Rekonstuktion) und des heutigen Schlosses (Arnfelser, Gleisdorf, Anhang o. S.) (R. Hausmann, Gleisdorf 5, S. 187)

Abb. 12: Wappen des Grafenpaares Otto Gottfried von Kollonitsch und Johanna Sophia von Thurn über dem Einfahrtstor (Jägerhaus) aus dem Jahre 1650 (R. Hausmann, S. Rosenberger, Gleisdorf 1229-1979, S. 269)

Abb. 13: Ehemaliges Vorwerk, heute Jägerhaus, mit Kollonitsch Doppelwappen (Foto A. Thaller)

Abb. 14: Schloss Freiberg, „Wie es von der Sonnenaufgang gesehen wird“, mit Kapellenvorbau (G.M. Vischer, Topographia Ducatus Stiriae 1681, S. 83)

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Abb. 15: Freiberg “Wie Von Nidergang zu Sehen“ mit umgebender Mauer, Torhaus, Meierhof und drei Fischteichen (G.M. Vischer, Topographia Ducatus Stiriae 1681, S. 84)

Abb. 16: Schloss Freiberg von Norden mit dem Meierhof im Vordergrund. Auf der linken Bildseite ist der Markt Gleisdorf zu erkennen (G.M. Vischer, Topographia Ducatus Stiriae 1681, S. 85)

Abb. 17: Burg Neuberg bei Hartberg (G.M. Vischer, Topographia Ducatus Stiriae 1681, S. 272)

Abb. 18: Schloss Herberstein (G.M. Vischer, Topographia Ducatus Stiriae 1681, S. 175)

Abb. 19: Ornat mit Wappen Kardinal Kollonitsch (F. Arnfelser, Gleisdorf, S. 131)

Abb. 20: Altargerät. Der Untersatz für das Wasser- und Weinkännchen zeigt vier Miniatur-Emailarbeiten (R. Hausmann, Gleisdorf 1229 - 1979, S. 257)

Abb. 21: Kirche Mariä Reinigung, Gleisdorf (Foto-Archiv Gleisdorf)

Abb.22: Pfarrkirche Mautern v. Joseph Hueber, Stilvergleich mit Fensterbekrönung ‚Richtersitze’ Schloss Freiberg

Abb. 23: Pfarrkirche Thekla in Wien, Matthias Gerl, typische Fassadengestaltung

Abb. 24: Palais Kollonitsch, Graz, Schmiedgasse 21, Stuckdecke Antonio Serenio um 1690 (Foto A. Thaller)

Abb. 25: Palais Kollonitsch, Graz, Schmiedgasse 21, Detail, Engel mit Plan v. Schloss Freiberg, Kartuschenmaler Antonio Maderni um 1690 (Foto A. Thaller)

Abb. 26: Schloss Freiberg mit Glashäusern, um 1960 (Foto: Besitz Bgm Klinkan, Ludersdorf)

Abb. 27: Grundriss Schloss Freiberg (BDA Erdgeschoss L3/F 121, 1966)

Abb. 27 a: Schloss Freiberg, Schnitt (BDA L 3/F 124, 1966)

Abb. 28: Schloss Freiberg, SW Tor mit Kollonitsch Wappen (Foto A. Thaller)

Abb. 29: Schloss Freiberg, SW Fassade, Bauzustand um 1975, (Foto E. Mohringer- Miloviz)

Abb. 30: Schloss Freiberg, Kapellentrakt, Bauzustand um 1975 (Foto E. Mohringer- Miloviz)

Abb. 31: Schloss Freiberg, Kapellentrakt, Zuganker (Foto E. Mohringer- Miloviz)

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Abb. 32: Schloss Freiberg, SO Fassade, Eingangstrakt (Foto A. Thaller)

Abb.33: Schloss Freiberg, SO-Fassade, um 1975 (BDA Akt Freiberg)

Abb. 34: Schloss Freiberg, Südturm, rote Scheinbossen, Detail (Foto E. Mohringer- Miloviz

Abb. 35: Schloss Freiberg, Südturm mit Bossenmalerei u. Schießscharten, Detail (Foto E. Mohringer- Miloviz)

Abb. 36: Schloss Freiberg, Eingangstrakt mit Malereiresten, vermutlich Kollonitsch- Wappen (Foto E. Mohringer- Miloviz)

Abb. 37: Schloss Freiberg, Innenhof (Foto R. Breitler 28.11. 2010)

Abb. 38: Schlosshof Freiberg, Marmorskulptur, Sign.: AZ 1911 (Foto A. Thaller, 2010)

Abb. 39: Schlosshof Freiberg, Toskanische Säule des ehemaligen Arkadenhofes (Foto E. Mohringer- Miloviz, um 1975)

Abb. 40: Schlosshof Freiberg, SW Fassade, freigelegte Sgraffiti über den Arkadenbögen (Foto E. Mohringer- Miloviz)

Abb. 41: Schloss Freiberg, SW Arkadengang, Römerstein (Foto A. Thaller)

Abb. 42: Schloss Freiberg, Bogengang vor NW Trakt, ‚Gotischer Trakt’ (Foto A. Thaller)

Abb. 43: Schloss Freiberg, Sandsteinsäule, Rest der ehemaligen Säulen-Arkaden vor dem „Gotischem Trakt (Foto A. Thaller)

Abb. 44: Schloss Freiberg, Eingangstüre zu Gastraum im „Gotischen Trakt“ (Foto A. Thaller)

Abb. 45: Schloss Freiberg, Skulptur Hl. Florian, NW Trakt Bogengang (Foto A. Thaller)

Abb. 46: Schloss Freiberg, Relief Hl. Georg, Stiegenaufgang NO Trakt (Foto A. Thaller)

Abb. 47: Freiberg, Innenhof, Ansicht SW-Fassade, Sondierungsüberblick im 1. u. 2. OG (BDA, Zl. 5.211/2/2007, H. Schwarz, Abb.1)

Abb. 47 a: Freiberg, Innenhof, Ansicht SW-Fassade, 2. OG, zw. 3. und 4. Fensterachse, Sondierungen (BDA, Zl. 5.211/2/2007, H. Schwarz, Abb. 2)

Abb. 47 b: Freiberg, Innenhof, Primärputz mit Ritzungen (BDA, H. Schwarz, 2007)

Abb. 48: Schloss Freiberg, SW-Flügel, 2. OG, zw. 2. u. 3. Fensterachse freigelegte Sandsteinsäule im Gangbereich (BDA, Zl. 5.211/2/2007, H. Schwarz, Abb. 5)

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Abb. 49: Schloss Freiberg, Innenseite d. Westfassade, 2. OG, zw. 2. und 3 Fensterachse Balustradensteher mit Resten der Balustrade (BDA, Zl. 5.211/2/2007, H. Schwarz, Abb. 6)

Abb. 50: Freiberg, Schlosshof, Eingangstor mit ‚Richtersitzen’ während der Renovierung (Foto A. Thaller)

Abb.51: Schloss Freiberg, SO Trakt, Seiten-Eingangstüre, Beschlag, Detail Spiralband (Foto A. Thaller)

Abb. 52: Schloss Freiberg, Kellerräume Steckgitter (Foto A. Thaller)

Abb. 53: Schloss Freiberg, Kellergeschoss (BDA L 3/F 120)

Abb. 54: Schloss Freiberg, Nordturm-Keller (Foto A. Thaller)

Abb. 55: Schloss Freiberg, Erdgeschoss (BDA L 3/F 121)

Abb. 56: Freiberg, Plan EG von 1966, ohne Raumteilung (BDA L 3/F 121)

Abb. 57: Freiberg, N-Turmzimmer Freskenreste (Foto A. Thaller)

Abb. 58: Freiberg, N-Turmzimmer, Freskenreste (Foto A. Thaller)

Abb. 59: Freiberg, SW Trakt, Gotischer Saal, Gastraum (Foto A. Thaller)

Abb. 60: Freiberg, barocke Balustrade im Gastraum (Foto A. Thaller)

Abb. 61: Freiberg, ‚Gotischer Saal’, Fensterbeschläge, Doppelreiber, außen Steckgitter (Foto A. Thaller)

Abb. 62: Freiberg, Eingang Kapelle, Relief Christus in der Mandorla mit Evangelistensymbolen(Foto A. Thaller)

Abb. 63: Freiberg, Schlosskapelle, Altar mit Altarbild ‚Himmelfahrt Mariens’, sign. Gaetano D. Rosa, F. 1743 (Foto A. Thaller)

Abb. 64: Freiberg, Schlosskapelle, Altarschranken (Foto A. Thaller)

Abb. 65: Freiberg, Kapellen-Rückwand (Foto A. Thaller)

Abb. 65: Freiberg, Stiegenaufgang, Balustraden (Foto A. Thaller)

Abb. 66, Freiberg, Stiegenhaus, Aufgang mit Platzlgewölbe (Foto A. Thaller)

Abb. 67: Freiberg, Stiegenaufgang, Eckkamin (Foto A. Thaller)

Abb. 68: Freiberg, Stiegenhaus, ehemalige Deckendekoration (Foto A. Thaller) 139

Abb. 69: Freiberg, Buchbinderei, Kreuzgratgewölbe (Foto A. Thaller)

Abb. 70: Freiberg, Buchbinderei, Konsolen (Foto A. Thaller)

Abb. 71: Freiberg, 1. OG (BDA L 3/F 122)

Abb. 72: Freiberg, 2. OG (BDA L 3/F 123)

Abb. 73: Freiberg, 2. OG, Gang (Foto A. Thaller)

Abb. 74: Freiberg, 2. OG, Fenster hofseitig (Foto A. Thaller)

Abb. 75: Freiberg, 2. OG, Festsaal (Foto A. Thaller)

Abb. 76: Freiberg, Festsaal, Kachelofen (Foto A. Thaller)

Abb. 77: Freiberg, Festsaal um 1928 (F. Arnfelser, Gleisdorf, S. 167)

Abb. 78: Freiberg, Festsaal, Stuckdecke Detail (Foto A. Thaller)

Abb. 79: Freiberg, Festsaal, Stuckdecke, Detail (Foto A. Thaller)

Abb. 80: Freiberg, Festsaal, Stuckdecke, Detail (Foto A. Thaller)

Abb. 81: Freiberg, Dachgeschoss (BDA L 3/F 124)

Abb. 82: ‚Himmelstor’ od. ‚Hl. Grab’(Foto A. Thaller)

Abb. 83: ‚Himmelstor’ od. ‚Hl. Grab’ Detail (Foto A. Thaller)

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