Gewässer- Und Landschaftswandel Im Oberaargau

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Gewässer- Und Landschaftswandel Im Oberaargau Weiterbildungskurse des Vereins Schweizerischer Geographielehrer im Jahre 1969 Erich Bugmann Die Studienwoche vom 7. bis 11. Juli 1969 wurde organisierten Besichtigungsfahrt Einblick in die bei einer Beteiligung von rund 40 Geographen in vollendeten und noch laufenden Korrektionsarbeiten Solothurn durchgeführt. Montag und Freitag stan¬ genommen werden. den für das Studium der Siedlungsentwicklung in Dank guter Vorbereitung und reicher Dokumenta¬ Solothurn und Ölten zur Verfügung. Am Dienstag tion seitens der Exkursionsleiter profitierten die führte eine Exkursion in den Oberaargau und zeigte Teilnehmer sehr für ihren Schulunterricht. Die Kol¬ den Kulturlandschaftswandel im Ubergangsgebiet legen Aerni, Binggeli und Wiesli haben den Stoff des vom tieferen zum höheren Mittelland. Die Exkur¬ von ihnen betreuten Arbeitstages in den nachste¬ sion vom Donnerstag legte einen ausgezeichneten henden wiedergegebenen Aufsätzen aufgearbeitet. Schnitt vom Fraubrunnenamt bis ins Emmental Ein ausgezeichneter Artikel von Prof. Müller über und in die Gratlagen des Napfgebietes. Damit wurde die technischen Grundlagen und die Arbeiten der den Teilnehmern ein reiches Bild des zentralen Zweiten Juragewässerkorrektion ist in «Plan», Mittellandes in seinen Strukturen und Funktionen Schweizerische Zeitschrift für Landes-, Regional- und in seinem raschen aktuellen Wandel geboten. und Ortsplanung Nr. 2, 1963, erschienen. Die von Am Donnerstag war der Kurs zu Gast bei Professor Heinz Rudolf von Rohr dargelegten Aspekte zur R. Müller, dem Direktor der Zweiten Juragewässer¬ Siedlungsentwicklung von Stadt und Region Solo¬ korrektion. Nach zwei instruktiven Referaten am thurn sind in erweiterter und vertiefter Form im Vorabend (Prof. Müller über die technischen Band 24 der Mitteilungen der Naturforschenden Grundlagen und Frl. Dr. Schwab über die archäo¬ Gesellschaft des Kantons Solothurn in Druck ge¬ logischen Forschungsarbeiten) konnte auf einer gut gangen. Gewässer- und Landschaftswandel im Oberaargau Valentin Binggeli Ausgangspunkt des zweiten Exkursionstages war an Roth und Murg, ist vorwiegend das Endmoränen¬ Langenthai, wo in der geographischen Abteilung der gebiet (Wangener Stadium) des würmzeitlichen neuen Mittelschulen (Seminar, Gymnasium, anhand Rhonegletschers mit Moränenhügeln, Seebecken, von Dias und graphischen Darstellungen ein Über¬ ausgedehnten Schotterebenen und -terrassen. Vor blick über Programm und Problemkreis der Veran¬ allem in diesem siedlungs-, Verkehrs- und industrie¬ staltung gegeben wurde. Der bernische Landesteil reichen Raum häufen sich zwangsläufig die Pro¬ Oberaargau ist in einen höhern und tiefern Teil zu bleme des Menschen in der Landschaft. gliedern. Den höheren Teil bildet die Vorplatte des Von der Dachterrasse des Schulgebäudes aus konn¬ Napfgebietes zwischen Huttwil und Herzogenbuch- ten einige aktuelle Fragen anhand von lokalen Bei¬ see/Langenthal, ein Plateau-Hügelland in den ma¬ spielen vor Augen geführt werden (Zonenplan, Tan¬ rinen Molassesandsteinen, zerschnitten von Kasten¬ gentenstraße, Grundwasserschutzgebiet). Dann tälern, die, als fluvioglaziale Rinnen angelegt, heute warf man einen Blick in die hydrologisch-meteoro¬ teils Trockentäler darstellen (z. B. Burgdorf-Wyni- logische Station der Forschungsstiftung Langen- genLangenthai). Im obersten Grenzsaum findet thal; zu einem Teil stammen von ihr die Werte her, der Übergang zur Fluviallandschaft des Napfs statt. die gewässerkundlichen Arbeiten dienen, denen auch die Exkursion Grundlagen verdankte. Der tiefere Oberaargau, beidseits entlang der Aare Eine kurze Fahrt führte zur Kaltenherberge, von von der westlichen Kantonsgrenze im Schwemmge¬ wo aus zu Fuß der Mumenthaler Weiher erreicht biet der untern Emme zur östlichen Kantonsgrenze wurde. In diesem idyllischen Naturschutzgebiet 11 l/mi 3000- 2000- ladiswi Erguss Grundwasseraufstösse V 1000- m/M. /"i A 452- i ¦J x-y\ I 451- 1 /*- \ Langenthai PW Hard Grundwasserspiegel 450-I I m/M. ""*-*. 449- 448 - ---. Mumenthaler Weiher Spiegelstand \ / 1 yy 447 - cm rJl 100 - Ihn \hni 50- Langetegebie Niederschläge o-i 1920 1930 1940 1950 1960 1968 Fig. 1 12 zeigt sich am Oberflächengewässer die allgemeine Spiegelsenkung in dem bedeutenden Grundwasser¬ Langenthal becken (Fig. 1). Der teils mit dem Grundwasser 1860/1960 kommunizierende Weiher leidet an katastrophalem Wassermangel. Dessen Ausmaß ist an der «Strand¬ platte» zu belegen; der näheren Untersuchung dient ein Pegel des Eidgenössischen Amtes für Wasser¬ wirtschaft. ^ Wad In der Umgebung des Weihers beobachtet man eine große Reihe von schönen Grundwasseraufstößen Ä (Brunnmatt!), die seit Jahren hydrologisch studiert werden. Die westliche, obere Zone ist fast vollstän¬ dig versiegt, und Gießenläufe liegen wasserleer. Die Gründe dieses hydrogenen Landschaftswandels sind zahlreich: Wassernutzung in Pumpwerken, Auflas¬ sen von Wässermatten, weite Überbauung von Grundwasserarealen (Fig. 2), deren Dach- und Platzwasser in die Kanalisation geführt wird, Wald¬ rodung im Wahlen-Plan des Zweiten Weltkrieges. Die schädigenden Folgen werden einerseits land- schaftsschützerisch offenbar, anderseits in den er¬ Gde. Grenze wähnten Wasserversorgungsanlagen. Eine mögliche Sanierung, beispielsweise durch Erhaltung von Wäs¬ sermatten (die im Zuge landwirtschaftlichen Struk¬ Fig. 2. Räumlicher Ausdehnungsvergleich Langen¬ turwandels weithin aufgegeben und umgebrochen thals werden zu Ackerland) und durch weitere künstliche Anreicherung des Grundwassers, erheischt großen finanziellen Aufwand. Die Wanderung nach St. Urban ging unter im un¬ zeitgemäßen «April-Wetter», das den ganzen Tag begleitete. Vom schützenden Auto aus warf man gen geschnitzten Chorgestühl aus dem Anfang des einen Blick in die Wässermatten unterhalb von Lan- 18. Jahrhunderts zu, dem «reichsten und künstle¬ genthal. Diese «ewigen Matten» (Futtergras) des risch vollendetsten Werk dieser Art aus der Zeit des Langentais wurden im Mittelalter durch die Zister¬ Barocks in der Schweiz» (H. Meyer-Rahn). ziensermönche von St. Urban angelegt, die im 13. Nach dem Mittagessen in Melchnau ergriff Herr Jahrhundert eine Langeteableitung vornahmen. Das Alt-Großrat Johann Flückiger, Landwirt, das Wort. jahrhundertalte Meliorationswerk hat zu einer Be¬ Als Präsident der Flurgenossenschaft war er in den wässerungslandschaft von ganz besonderer Eigen¬ Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Triebfeder art und Schönheit geführt. Die vom Talflüßchen der Melchnauer Güterzusammenlegung. Die Bevöl¬ abzweigenden Wassergräben sind von Bäumen und kerung von Melchnau war damals zu 30% in der Buschwerk begleitet, die einer reichen Vogelwelt Landwirtschaft beschäftigt. Die Zusammenlegung Unterschlupf gewähren. Als Ganzes haben wir eine verminderte die Parzellenzahl von 4,7 auf 1,7 je harmonische, parkähnliche Kulturlandschaft mit Betrieb, deren es 169 gab (Fig. 3/4). Der erfaßte manchen Zügen der ursprünglichen Naturlandschaft Perimeter betrug 1200 ha für die Entwässerung und vor Augen. 800 ha für die Zusammenlegung. Die Gesamtkosten In hervorragender Weise werden von hier aus die beliefen sich auf fast 2 Millionen Franken, woran Wasserführung der Langete und das Grundwasser von Bund und Kanton 75% geleistet wurden. An reguliert, auch stellen die Matten ein prächtiges die lehrreichen Ausführungen des Praktikers und Erholungsgebiet der Industriegegend dar. Ihrer star¬ begeisterten Befürworters schlössen sich Besichti¬ ken Gefährdung muß von verschiedenen Blickwin¬ gung von Fluren und eines Hofes an, wo die Theorie keln her alle Aufmerksamkeit geschenkt werden. in der Ausführung erörtert werden konnte. Auch Als Entgelt für die im Regen untergegangene Wan¬ hier konnten die Bauersleute nur positive Resultate derung durfte ein Besuch der Klosterkirche St. Ur¬ der Melioration anführen. Die Folgen von Bach¬ ban zählen. Das für die korrektur und der Wässermatten stan¬ Kulturlandschaftsgeschichte Aufhebung der ganzen Gegend hochbedeutsame Kloster wurde den hier nicht zur Diskussion. 1194 gegründet. Die heutige Kirche wurde 1711 bis Von Melchnau führte die Carfahrt durch den 1730 im Vorarlberger Barock erbaut. Besondere höheren Oberaargau nach Madiswil und Leimiswil kunsthistorische Bedeutung kommt dem einzigarti- und in die Buchsiberge. Diese siedlungs- und wirt- 13 Landwirtschaft!. Siedlung k s # w «ff ^ ;# Flückiger J. Hess-Leuenberger F Müller J. rr^l Duppenthaler H. A Fig. 3 Alter Zustand Fig. 4 Neuer Zustand schaftsgeographische Ubergangslandschaft zum Flückiger J.: Die Güterzusammenlegung von Emmental ist die Heimat Maria Wasers, die sie im Melchnau. Jahrbuch des Oberaargaus, Langenthai Roman «Land unter Sternen» in meisterhafter dich¬ 1959. terischer Schau charakterisiert hat. Sie war auch die Bericht über die Gesamtmelioration Ersigen-Oesch. Wahlheimat von Cuno Amiet, der sie farbenreich Ersigen 1949. durch sechs Jahrzehnte hindurch festzuhalten ver¬ Grosjean, G.: Planungsgrundlagen Region Burg¬ stand. Kulturgeographischen Höhepunkt bildete der dorf. Stadtverwaltung Burgdorf und Institut für Besuch in seinem Atelier, das heute noch Amiet angewandte Geographie der Universität Bern 1968. starb 1961 wie zu Lebzeiten des Künstlers be¬ Meyer, J. R.: Langenthai. Berner Heimatbuch. steht. Bern 1958. Als weiterer Höhepunkt und gleichsam Abschluß Schmalz, K. L.: Das Findlingsreservat Steinhof- des Tages darf die Fahrt in die solothurnische En¬ Steinenberg in heimatkundlicher Darstellung. Jahr¬ klave Steinhof bezeichnet werden, jene glaziolo- buch des Oberaargaus. Langenthai 1966. gisch einzigartige Stätte: hier liegen Hunderte von Zimmermann, H. W.: Die
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