a Magazin der Evangelischen Stiftung a Nr. 26, Dezember 2013

150 Jahre Evangelische Stiftung Alsterdorf Teil 3: Die Jahre 1963–2013 in Alsterdorf Inhalt Nr. 26, Dezember 2013 inhalt thema 2_3 4–31 150 Jahre Evangelische Stiftung Alsterdorf 27 Seiten über die dritten 50 Jahre in Alsterdorf Auto Wichert immer Norderstedt 4–5 Einleitung – 1963 bis 2013 Bewegte Nachkriegszeiten, die Auflösung der Anstalt und auf dem Weg zur inklusiven Gesellschaft in Ihrer Nähe 6–7 Das Buch Mitten in – LaNgeNhorN Zwei Autorinnen erforschen den Alsterdorfer Alltag 8–11 1963 – 1979: Personalmangel und Raumnot Augen auf ! 12 Zeitzeugen: 16 x in Hamburg & Norderstedt Als Kind im Schlafsaal – mit 83 im eigenen Appartement 13 Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf:

Foto: Axel Nordmeier Foto: Bauen und erneuern – Hans-Georg Schmidt Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas, Direktor und Vorstands­ 14–15 Zeitzeugen: Fortschritte trotz verkrusteter Strukturen vorsitzender der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und schwieriger Arbeitsbedingungen 16 Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf: aLtoNa editorial Blick zurück und Blick nach vorn – Rudi Mondry 17–18 1980 – 1993: Liebe Leserinnen und liebe Leser, Regionalisierung: »Lebenswerte Bedingungen schaffen« 150 Jahre Evangelische Stiftung Alsterdorf – ein guter Grund für 19 Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf: viele Jubiläumsaktivitäten, von denen unser Mitarbeiterfest und der Rolf Baumbach – der Visionär Vorstandsempfang mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz 20–22 Richtungsweisende Entscheidungen – Stockflethweg 30 | Hamburg | Tel. 040 . 52 72 27-0 nur einige Beispiele sind. Wendenstr. 150-160 | Hamburg | Tel. 040 . 25 15 16-0 Sanierungsprozess und Zukunftssicherung Bornkampsweg 2-4 | Hamburg | Tel. 040 . 89 69 1-0 Auf dem Kirchentag haben wir gemeinsam mit anderen 23 Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf: Das Auto. Nutzfahrzeuge Blankeneser Landstr. 43 | Hamburg | Tel. 040 . 86 66 60-0 Institutionen das »Forum Inklusion« erstmalig als Themenplattform Hilke Osterwald – die Gestalterin Hoheluftchaussee 153 | Hamburg | Tel. 040 . 42 30 05-0 für vieles rund um das Thema Inklusion installiert und am gemein- 24–26 2006 – 2013 Dynamische Entwicklung in allen Bereichen – Holsteiner Chaussee 190 | Hamburg | Tel. 040 . 55 03 162 samen Messestand »Pause inklusiv« ein Stück erlebbar gemacht, Selbstbestimmtes Leben für jeden Service mit Oldesloer Straße 90 | Hamburg | Tel. 040 . 55 08 169 Segeberger Ch. 181 & 188a | Norderstedt | Tel. 040 . 52 99 07-0 wie inklusives Miteinander aussehen kann. 27 Zeitzeugen: Vom Carl-Koops-Haus in die Stadtteile Leidenschaft. Ulzburger Straße 167 | Norderstedt | Tel. 040 . 52 17 07-0 Mit der Buchveröffentlichung »Mitten in Hamburg« haben wir 28 Zeitzeugen: Aktiv für Alsterdorf: Die »Omi vom Dienst« Auto Wichert GmbH | www.auto-wichert.de | [email protected] Ohechaussee 194 | Norderstedt | Tel. 040 . 30 98 544-70 von verschiedenen Seiten unsere Geschichte in den 1950er-Jahren 29–30 Interview: und bis Ende der 70er-Jahre kritisch beleuchtet. Ein Senatsempfang Alte Strukturen, Schulden und ein neuer Vorstand zur Ausstellung in der Rathausdiele mit dem Titel »Von der Anstalt 31 Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf: ins Quartier! – eine Zeitreise durch die Evangelische Stiftung Professor Dr. Hanns-Stephan Haas – Direktor seit 2008 • Sanitätshaus Alsterdorf«, das erste inklusive Kurzfilmfestival der Stiftung »Klappe spots auf!« im Hamburger Metropolis-Kino und die interaktive Ausstel- 32–33 Ein freundlicher Empfang. Der integrationsservice arbeit • Rehabilitationstechnik lung »Geht doch!« im Hamburg Museum – wir haben in diesem (isa) ermöglicht es Menschen mit Handicap, auf dem • Orthopädietechnik Jubiläumsjahr das Thema Inklusion in vielen Aktivitäten gelebt. Arbeitsmarkt Fuß zu fassen Denn Menschen mit und ohne sichtbare Behinderung haben aktiv 34 Lebendiges Wohnprojekt in • Sonderanfertigungen mitgewirkt und gestaltet. Wir haben uns bewusst gegen eine 35 Selbstbestimmung trotz Demenz – auch in der Klinik • Wellness- und Nabelschau mit dem üblichen Festakt und einer Hochglanzbro- 36 Warum ein eigenes Bad kein Luxus ist – schüre entschieden. Leben im Psychosozialen Wohnheim ToHus Gesundheitsartikel Gut, dass wir im Jubiläumsjahr auch das gemeinsame Feiern in Bargfeld-Stegen Alsterdorfer Markt 2 • nicht vergessen haben – ganz im Sinne unseres Gründers Heinrich 37 Gemeinschaft in den Riegeln. Bei dem neuen 22297 Hamburg Matthias Sengelmann. Denn ihm war das gegenseitige Aufeinan- Quartiersprojekt in der Rungestraße setzt man fon: 040 5935216 - 0 derzugehen von Menschen mit und ohne Behinderung ein auf eine lebendige Nachbarschaft fax: 040 5935216 - 16 zentrales Anliegen. Menschen mit Behinderung leben mitten in 38–39 Erfolgreiche Premiere für KLAPPE AUF! unserer Gesellschaft! Dies ist unsere Botschaft. 40–41 Geht doch! – lebendig und interaktiv. Eine Erlebnisausstellung der Ev. Stiftung Alsterdorf Ich wünsche Ihnen eine schöne, gesegnete und lebendige zum Thema Inklusion im Hamburg Museum Adventszeit – mit Zeit für Begegnungen. 42–43 Hier wird Nachbarschaft groß geschrieben. In Halstenbek, der grünen Gemeinde vor den Toren Ihr von Hamburg, setzt das Wohnprojekt Arche Noah Hanns-Stephan Haas auf gelebte Gemeinschaft news 44–45 Meldungen aus der Evangelischen Stiftung Alsterdorf U. a.: Quartiersentwicklungsprojekt Q8 Altona erhält Senator-Neumann-Preis, CareFlex unterstützt Pilotprojekt zur Gewinnung chinesischer Pflegefachkräfte, Festlicher Senatsempfang für die Evangelische Stiftung Alsterdorf im Hamburger Rathaus porträt 46–47 »Ich kann mir gar nichts anderes vorstellen« Seit fast 25 Jahren erneuert Jan Soltwedel schon das Geflecht von lieb gewonnenen Sitzmöbeln thema 4_5

150 Jahre Evangelische Stiftung Alsterdorf – die Jahre 1963 bis 2013 Der dritte Abschnitt der Stiftungsgeschichte befasst sich im Schwerpunktthema dieser Ausgabe mit den Jahren 1963 bis 2013. Es sind wechselvolle und bewegte Jahre. Und sie zeigen eine enorme Entwicklung und Veränderung auf: von der Anstaltsverwahrung von Menschen mit Handicap in großen Schlafsälen mit dem dazugehörigen Skandalartikel im »Zeitmagazin« im Mai 1979, dem Auszug aus den Anstalten in die Stadtteile im Rahmen der Regio- nalisierung, neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen für Menschen mit Handicap, der Umbenennung in Evangelische Stiftung Alsterdorf, der wirtschaftlichen Rettung und Sanierung der Stiftung, einer neuen Organisationsstruktur und einem neuen Verständnis für Unterstützung – der persönlichen Assistenz, bis hin zur Quartiersentwicklung im Projekt Q8. All das beinhaltet der dritte Abschnitt der Stiftungsgeschichte. Und auch dieses Mal berichten Zeitzeugen sehr persönlich von ihren Erlebnissen in diesen turbulenten Jahren.

Ich habe mich in dieser Zeit 788.400.000 » Sekunden für die Stiftung eingesetzt. Habe mitgewirkt bei den Themen wie Budgetierung, Sanierung, Investitionsfonds, MIS, SAP und unterschiedliche Organisations-

Foto: Axel Nordmeier Axel Foto: formen dabei erlebt. Während dieser Zeit habe ich tolle Menschen kennengelernt, die mir auch privat sehr viel bedeuten.« Martina Halbeck, Alsterdorf Finanz- und Personalkontor GmbH Jahre

Evangelische Stiftung Alsterdorf thema 6_7 Buch »Mitten in Hamburg« Zwei Autorinnen erforschen den Alsterdorfer Alltag

itten in Hamburg« lautet der Hygieneverrichtungen, Aufhebung jeg- grundlegende Neuerungen nicht zu.« Titel des Buches, das Gerda licher Intimsphäre, ständiger Aufenthalt Es gab wenig Geld, kein ausgebildetes MEngelbracht und Dr. Andrea in der Gruppe, zwangsweiser Tagesablauf Personal, keine therapeutischen Ansätze. Hauser über die Alsterdorfer Anstalten mit abnormen Zeiten, wie Nachtruhe ab »Verwahren und schützen war die Devise 1945 bis 1979 geschrieben haben. 17 Uhr, Strukturierung des Tages nur durch – für die evangelische Einrichtung stand der Erstmals arbeiteten sie eine Zeit auf, über die Mahlzeiten. Dazu ein streng reguliertes Schutzgedanke im Vordergrund. Schutz vor die lange nur wenig bekannt war. Über ein System von Bestrafung und Belohnung der bösen Gesellschaft«, erklärt Dr. Hauser. Jahr haben sie recherchiert, Archive ausge- sowie abgeschlossene Türen oder, wenn Die intensive Beschäftigung mit der wertet und mit Zeitzeugen gesprochen. diese nicht abgeschlossen waren, eine Stiftung bereitete den Autorinnen auch Was sie entdeckten, war oft schwer bewachte Pforte, die man nur mit Sonder- viel Freude: »Die Treffen mit den Menschen, zu verdauen: »Dass so schockierende erlaubnis durchschreiten durfte. die die einzelnen Zeitabschnitte aus ganz Zustände noch in den 70er-Jahren Andererseits waren sie überrascht über verschiedenen Perspektiven erlebt haben, herrschten, hat uns schon sehr berührt«, frühe Ansätze von Reformen: »Schon seit und die Interviews dazu waren spannend sagt Dr. Andrea Hauser. den 50er-Jahren haben die Stiftungsleitun- und sehr persönlich. Alle haben gerne Während der Gespräche mit den gen immer wieder versucht, Verbesserun- berichtet. Es wurde deutlich, dass ein verschiedenen Zeitzeugen wird deutlich, gen durchzuführen. Es war nicht nur großer Bedarf besteht – auch in der was in den 70er-Jahren den Anstaltsalltag Abgrund. Die Bedingungen in der Politik Mitarbeiterschaft –, darüber zu reden«, prägte: Massenquartiere, kollektive und in der Wohnsituation ließen aber erzählt Gerda Engelbracht. Dr. Andrea Hauser machte ganz neue Erfahrungen: »Die Interviews mit Menschen mit Behinde- rung waren Neuland, damit hatte ich mich vorher noch nicht befasst. Ich fand es sehr bewegend, wie sie aus ihrer Lebensge- schichte berichteten.« Bilder aus den Das Buch schildert lebendig und Alsterdorfer anschaulich das Leben in Alsterdorf – alles Anstalten in den andere als eine trockene Abhandlung. 70er-Jahren Damit erfüllt es das Ziel der beiden Frauen, wissenschaftliche Kenntnisse so zu vermit- teln, dass alle es verstehen. »Wir sind ja Kulturwissenschaftlerinnen und nicht (v. l.) Dr. Andrea Hauser Historikerinnen«, erklärt Gerda Engelbracht. und Gerda Engelbracht, »Hier ist das Allerwichtigste, dass ich auch VISUM / die beiden Autorinnen für Menschen schreibe, die nicht im des Buches »Mitten wissenschaftlichen Bereich tätig sind.« in Hamburg«, bei Seit 2007 arbeiten Gerda Engelbracht der Buchvorstellung und Dr. Andrea Hauser zusammen. Sie im September. In führen Forschungsprojekte durch, gestalten dem Buch wird der Ausstellungen, veröffentlichen Aufsätze und bedrückende Alltag Bücher. Ihr Anspruch ist es, den Menschen in der Verwahranstalt in den Mittelpunkt zu stellen. In Alsterdorf deutlich, der durch hatten sie eine reiche Fundgrube. Und sie Personalmangel, fanden viel Unterstützung: »Man hat Überbelegung und deutlich gemerkt, dass Alsterdorf diese Unterfinanzierung Aufarbeitung wirklich will!« | geprägt war. Liisa Viitanen Fotos: Archiv der Evangelischen Stiftung Alsterdorf; oben rechts. Rudi Meisel oben rechts. Alsterdorf; der Evangelischen Stiftung Archiv Fotos: Arndt Streckwall Foto:

»Zeitstrahl« 1963 1964 1965 Oben: Ereignisse um die Einweihung des Heinrich–Sengelmann- Evangelische Stiftung Alsterdorf... Krankenhauses – Fachkrankenhaus für Psychiatrie / Bargfeld-Stegen

1963–2013 John F. Kennedy besucht Berlin. 1960–1964: Bau des Deutschen Hamburg erreicht mit 1,9 Mio. Einwohnern Der 13. Mai gilt als Ende der Spiegel- Chefredakteur sowie Herausgeber Rudolf ... und Ereignisse aus Politik, Sein Ausspruch »Ich bin ein Berliner« Elektronen-Synchrotrons DESY in Hamburg // seine bisher höchste Bevölkerungszahl Affäre. An diesem Tag entschied der Augstein zu eröffnen // Kultur und Wissenschaft bewegt die Nation Aktion Sorgenkind gegründet dritte Strafsenat, kein Hauptverfahren Grundstein des Hamburger Verkehrs- (unten) gegen Redakteur Conrad Ahlers und verbundes wird gelegt thema 8_9 1963 –1979 Personalmangel und Raumnot

1963 wurde in Alsterdorf gefeiert: Anstalten in den 60er- und 70er-Jahren. der Pflegebefohlenen ernst zu nehmen, und über die Stationen gegangen, um »wieder Bargfeld-Stegen ein neuer Abschnitt der uns und den Kindern und allen Beteiligten »100 Jahre Dienst an Geistesschwachen Im Umfeld fiel das damals kaum auf. war stolz darauf, dass ein Minimum gute Gedanken« zu bekommen. Stiftungsgeschichte. Anfang Oktober zogen zugeben, dass wir geistig Behinderte zu in Alsterdorf«, heißt es in »Briefe und Bilder«, Denn während Dänemark bereits persönlichen Eigentums, wie Kleidung und Überaus wichtig war ihm die »Arbeits- die ersten 50 Patientinnen ein, kurz vor vollgültigen und vollwertigen Menschen dem Informationsblatt der damaligen 1959 ein Normalisierungsgesetz erlassen Möbel, eingeführt wurde. therapie«: »Das Wort bezeichnet das Ganze Weihnachten waren es schon 200. Geplant zu bilden versuchen.« Alsterdorfer Anstalten. Zum Jubiläum gab hatte, nach dem auch Menschen mit Um die ständige Raumnot zu lindern der Bemühungen, jeden Pflegling, der in war damals ein Ausbau für bis zu zweitau- Im Jubiläumsjahr, in dem sich die Schule es einen bunten Festzug der »Alsterdorfer Behinderung zu einem Leben, so normal (1963 lebten mehr als 1200 Menschen in irgendeiner Weise zu einer geordneten send Patienten. Gegliedert war das Kran- erstmals auch für Kinder, die im Elternhaus Pflegebefohlenen«. Dazu gehörten: »23 wie möglich, befähigt werden sollten, war Alsterdorf), leitete Jensen ein immenses Tätigkeit fähig ist, planmäßig und wohlüber- kenhaus in drei Häuser: »Kiel«, »Lübeck« lebten, öffnete, wurden 170 schulpflichtige fröhliche Gruppen mit Fahnen und Luftbal- Deutschland von einer solchen Sichtweise Bau- und Modernisierungsprogramm ein. legt mitarbeiten zu lassen«, schrieb Jensen und »Hamburg«. Aufgenommen wurden in Kinder in 15 Klassen in einer Klassenstärke lons, 15 Trachten- und Märchengruppen noch weit entfernt. Sein Ziel war es, »die Massenschlafsäle der in »Briefe und Bilder«. Er nannte in diesem erster Linie Patientinnen und Patienten mit von höchstens 12 Kindern unterrichtet, die und 22 reich geschmückte Wagen«. Über Der Contergan-Skandal rückte Kinder Vorkriegszeit aufzulösen und ein freundli- Zusammenhang die Handwerksbetriebe, u. lang andauernden Psychosen. Auch hier sich in drei verschiedene Schulzüge (Lern-, 400 Besucher waren gekommen. Alsterdorf mit schweren Behinderungen in den cheres Wohnambiente zu schaffen. Die a. Tischlerei, Klempnerei, Malerei, Schmie- gab es Beschäftigungstherapie. Weil keine Werk- und Beschäftigungsklassen) aufteilten. galt in Hamburg als »Musteranstalt«, wie Blickpunkt der Gesellschaft. In einer Raumnot blieb jedoch bestehen« (Zitat aus de, Schlosserei, Elektrowerkstatt und Werkstätten vorhanden waren, geschah sie Im Buch »Mitten in Hamburg« erinnert sich der Präses der Sozialbehörde, Senator Ernst öffentlichen Debatte wurde diskutiert, »Mitten in Hamburg«). Zum Programm Buchbinderei. Außerdem waren »Pflegebe- in der Form einfacher Handarbeiten für die Bewohnerin Margret Brütt: »Erst war ich Weiß, anlässlich der Einweihung zweier ob solche Kinder mit einer Euthanasie von gehörten auch die Anpassung der Gehälter fohlene« an der Pforte, als Boten, in der Firmen: »In letzter Zeit bringt das Zusam- in der Webklasse, dann hat man gemerkt, neuer Häuser 1962 ausgeführt hatte: ihren Leiden erlöst werden könnten. Pfarrer und Arbeitszeiten der Mitarbeiterschaft an Küche, in der Gärtnerei und auf drei mensetzen von Plastikspielzeug viel Freude«, dass ich ein bisschen lesen und schreiben »Hier mitten in der lauten Großstadt, in Julius Jensen, der seit 1955 die Alsterdorfer die tarifliche Besoldung, Professionalisie- landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt. schrieb Oberarzt Dr. Georg Kaps. konnte, dann kam ich in die richtige Schule.« der jeder gesunde Mensch so sehr seiner Anstalten leitete, setzte sich mit großem rung der Krankenpflegeschule, Einführung »Hilfsmädchen« und »Hilfsjungen« taten Vier Jahre nach dem Stiftungsjubiläum Und der Bewohner Rolf Zismer: »Ich bin in eigenen Neigung und dem Geldverdienen Engagement für das Lebensrecht ein. Er neuer Therapieformen. Zugleich lag Jensen sogar Dienst auf Stationen. war wieder ein großes Fest fällig: 1967 der Werkklasse gewesen. Der Hauslehrer ergeben ist, und wohl auch ergeben sein initiierte den Fernsehfilm »Die geringsten das christliche Anstaltsmilieu am Herzen: Selbst für diejenigen, die »zu geregelter wurde das hundertjährige Bestehen der war Herr Höllenriegel, der war sehr streng, muss, lebt in der Stille eine große brüderli- Brüder«, der sich mit eindrücklichen Bildern Er begründete St. Nicolaus als eine selbst- Tätigkeit nicht fähig zu sein scheinen«, gab Alsterdorfer Anstaltsschule, einer »der aber er hat mir vieles beigebracht.« Das Ziel che Familie auf der christlichen Grundlage aus Alsterdorf deutlich gegen den Euthana- ständige Anstaltskirchengemeinde und es nun ein Angebot: Eine ausgebildete ältesten heilpädagogischen Sonderschulen der »Schule ohne rote Tinte« war vornehm- des menschlichen Verstehens und Verzei- siegedanken aussprach. festigte die Alsterdorfer Schwesternschaft. Beschäftigungstherapeutin »sucht sie, oft Deutschlands«, gefeiert. Kinder der Schule lich auf das behinderte Kind ausgerichtet, hens für uns alle.« Innerhalb seines Bereiches sah er eine Julius Jensen soll nach den Erinnerungen in Einzelstunden, auf dem Wege vielseitiger hatten wochenlang mit ihren Lehrern für dem man Zutrauen »zu seinen geringen Doch der Alltag war weniger idyllisch: Zielperspektive in der »Erweiterung des einer ehemaligen Mitarbeiterin ein enges Betätigungsmöglichkeiten für die Umwelt den großen Tag geübt. Bürgermeister Dr. Möglichkeiten« schaffen wollte. Personalmangel, Überbelegung und Lebensraums der Pflegebefohlenen«. Er Verhältnis zu den »Pfleglingen« gehabt aufzuschließen und zu geregelter Tätigkeit Drexelius, der Präses der Hamburger Unterfinanzierung prägten die Alsterdorfer forderte das Personal auf, die Persönlichkeit haben. Wenn er sich nicht gut fühlte, sei er fähig zu machen« (aus: »Briefe und Bilder«) Schulbehörde, sagte in seiner Ansprache: »Vision 2000« – und die Realität »Wie vor 100 Jahren die Gründer dieser 1968 übernahm Hans-Georg Schmidt die Plan für Riesen-Krankenhaus – Schule den Mut hatten, sie eine ›Idioten- Leitung der Alsterdorfer Anstalten. In sei- renommierte Schule schule‹ zu nennen – wahrscheinlich war ner »Vision 2000« stellte er die Sanierung 1964 begann mit der Einweihung des der Name damals nicht mit dem Sentiment und Erneuerung der desolaten Gebäude Heinrich Sengelmann Krankenhauses in wie heute belastet –, so sollten wir auch ganz obenan.

Zu den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Stiftungsjubiläum 1963 gehörte auch ein Umzug mit der Präsentation der verschiedenen Die Arbeit der Alsterdorfer Anstaltsschule Gewerke in in den 60er-Jahren. Auf den Bildern den damaligen legen Kinder mithilfe von Großbuchstaben Alsterdorfer den Namen der damaligen Stiftungs-

Anstalten Alsterdorf der Evangelischen Stiftung Archiv Alle Fotos: publikation »Briefe und Bilder«

1966 1967 1968 1969 Soziale Kürzungen verursachen Pastor Schmidt wird Direktor der Anstalten eine Finanzkrise in den Alsterdorfer Anstalten

9. November: Zwei Studenten enthüllen Einweihung des »Tele-Michels« Die heutige U-Bahn-Haltestelle Die ersten Menschen bei einem Festakt in der Uni ein Transparent (Heinrich-Hertz-Turm) Schlump wurde am 26. Mai landen auf dem Mond mit der Aufschrift »Unter den Talaren Muff in Betrieb genommen von 1000 Jahren« thema 10_11

Bild rechts: Der damalige Direktor Hans- Georg Schmidt und der Sozialsenator Jan Ehlers (r.) bei der Grundsteinlegung für das Wilfried-Borck-Haus 1979 Bilder aus dem »Zeitmagazin« Nr. 17 / 1979 Bild links: Klaus Matzke in seinen zeigen schonungslos die Verhältnisse in den eigenen vier Wänden damaligen Alsterdorfer Anstalten VISUM / Fotos: Archiv der Evangelischen Stiftung Alsterdorf Alsterdorf der Evangelischen Stiftung Archiv Fotos: Rudi Meisel Fotos:

»Immer schärfer trat der Kontrast zwischen arzt Dr. Joachim Siebert, der vorher in den Insbesondere Menschen mit einer schweren erinnert sich: »Wir konnten ja viel nur im den Lebensbedingungen der bundesrepub- USA in Kinderrehabilitationszentren Behinderung erhielten keinerlei Förderung: Kleinen machen, und das habe ich dann likanischen Wohlstandsgesellschaft und der arbeitete, hatte ihn von der Notwendigkeit »Ich hatte zwölf Kinder im versucht. Z. B. Anfang der 1970er-Jahre erschreckenden Dürftigkeit in der gettoarti- einer solchen Einrichtung überzeugen Haus Bethlehem. Das waren sogenannte schlug eine Mitarbeiterin vor, dass die gen Anstalt hervor«, heißt können. Das WOI entwickelte sich rasch Liegekinder. Tagsüber wurden sie im Bewohner abends alle noch mal das Gesicht es im Buch »Mitten in Hamburg«. Schmidt zu einem der größten sozialpädiatrischen Aufenthaltsraum in einen Spezialstuhl, eingecremt haben sollten. Nicht unbedingt plante drei Hochhäuser für jeweils 300 Zentren Deutschlands mit überregionaler ein sogenanntes Schaukelpferd, gesetzt. wegen der Pflege, sondern um einmal einen Menschen mit Behinderung. Bis 1984 Bedeutung. Im Sommer kamen sie in den Garten. (…) Menschen an dem Tag bewusst anzugu- wurden alle realisiert: das Karl-Witte-Haus »Leben im Spannungsfeld von Gebor- Die mussten ja alle gefüttert werden, alle cken oder sich mit ihm zu befassen. Das (1973), das Wilfried-Borck-Haus (1979) genheit und Zwang«: So heißt im Buch gebadet werden, alle angezogen werden fand ich damals irgendwie ganz toll vom und das Carl-Koops-Haus (1984). »Mitten in Hamburg« das Kapitel, in dem morgens, es war schon ganz schön hart. Gedanken her und entschied mich, das Die Eröffnung des Werner Otto Instituts heute unbegreifliche Lebensumstände der Aber bei den anderen beiden Gruppen im machen wir jetzt.« (WOI) 1974 war für Pastor Schmidt die Bewohner geschildert werden, die noch bis Haus, da konnte man schon fördern.« Zunehmend prangerten Mitarbeiter die Erfüllung eines Herzenswunsches: »Damit in die 70er-Jahre andauerten. Schmidt Auch von vielfältigen Strafen wird Missstände an. 1979 kam es zur Bildung des wird in gewisser Weise ein Traum wahr, beschreibt seinen ersten Rundgang: »Als ich berichtet: »Wir haben alle viel Strafe Kollegenkreises Alsterdorf, der die unhaltba- den wir in den vergangenen Jahren schon dann in diese Baracken … reinkam, das gekriegt da. Wehe, wir haben was nicht ren Zustände aufdeckte. Mit einem Artikel oft geträumt haben und unter keinen werde ich nie vergessen, war ich restlos richtig gemacht, da haben wir Strafe im »Zeitmagazin« über die »Schlangengrube Umständen für so schnell zu realisieren erschüttert. Da hockten die Schwerstmehr- gekriegt. Noch und noch, das war sehr der Gesellschaft« wurde eine Flut von hielten«, schrieb er in »Briefe und Bilder«. fachbehinderten, die überhaupt nicht schlimm«, beklagt Rolf Zismer, ein lang- Publikationen ausgelöst. Im Fokus standen Die erste Spezialeinrichtung Norddeutsch- ansprechbar waren, in einer Ecke, eingeko- Warten vor dem Schlafsaal jähriger Bewohner. Formen der direkten nun die Gewalt gegen Behinderte, das lands zur Früherkennung und Behandlung tet, und machten den ganzen Tag nichts Gewalt reichten von Schlägen, Strafstehen Anketten in den Wachsälen, die Vorenthal- mehrfach behinderter Kinder verdankte ihre anderes, als sich selbst einigermaßen stille befragt, um authentisch über den Alltag und Strafliegen über Fixierungen und tung von Förderung, die Verhinderung Entstehung einer glücklichen Fügung: Der zu halten.« Schmidt selbst wies häufig damals berichten zu können. Zwangskleidung bis hin zu Isolierungen persönlicher Entwicklungen der Behinderten Versandhauschef Werner Otto übernahm intern, aber auch öffentlich auf diese Im Anschluss einige Auszüge: »Neben der und Einsperren. und ihre Arbeit zu Taschengeldbedingun- mit einer großzügigen Spende von 3,5 Missstände hin. Grundversorgung war eine darüber hinaus- Es hing stark von der Schwester bzw. gen. Der Skandal war da – und legte die Millionen Mark den größten Teil der Die Autorinnen des Buches »Mitten gehende Beschäftigung mit den Bewohne- dem Pfleger ab, wie sich der Alltag Basis für eine grundlegende Reform. | Baukosten für das Zentrum. Sein Kinder- in Hamburg« haben viele Zeitzeugen rinnen und Bewohnern kaum möglich. gestaltete. Schwester Gudrun Vesper Inge Averdunk

1970 1971 1972 1973 Erster gemeinsamer Tanzabend von Männern und Frauen

Mit seinem Kniefall ehrte Bundeskanzler Einweihung der Alsterschwimmhalle, Willy Brandt die Aufständischen des der Hamburger Schwimmoper Warschauer Gettos und setzte ein Zeichen in der Ostpolitik thema 12_13

// Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf // absolvierten, haben auf uns einen fast unauslöschlichen Eindruck gemacht, nicht in erster Linie wegen des für uns ja völlig neuen Hochschulbetriebes, sondern wegen Bauen und erneuern – der unmittelbaren Nähe zu den Pflegebe- fohlenen der Anstalten.« Fotos: Archiv der Evangelischen Stiftung Alsterdorf Alsterdorf der Evangelischen Stiftung Archiv Fotos: Er setzte sein Studium dann in Heidel- Karin Schmüser kennt die berg fort, kehrte aber für die letzten wechselvolle Stiftungsgeschichte Hans-Georg Schmidt Semester wieder nach Hamburg zurück, wo aus eigenem Erleben. er 1954 sein Examen ablegte und nach Heute lebt sie in einem Apartment zweijährigem Vikariat in der St. Petri-Kirche am Alsterdorfer Markt. ans-Georg Schmidt (geboren Herrnhuter Brüdergemeinde nach Niesky in und in der Stadtmission dann die zweite am 19.12.1930 in Teltow bei der Oberlausitz. Das erwies sich als guter theologische Prüfung. Anschließend wirkte Berlin) wurde am 19. Oktober Schritt, denn er bezeichnet die Zeit dort als er als Pfarrer in der Paul-Gerhardt-Gemein- 1967 vom Vorstand zum Direk- »wunderbar«. de in . 1964 wurde Schmidt in tor und somit Nachfolger von Aus Angst vor den Russen kam es im die Synode der Hamburgischen Landeskir- HPastor Jensen gewählt. Als er zwei Jahre alt Februar 1945 zur Flucht der Familie nach che und 1965 in den Kirchenrat gewählt. // Zeitzeugen // war, zog seine Familie in die Lausitz, da sein Hamburg. Hans-Georg Schmidt legte an Im Januar 1967 wurde Schmidt Mitglied Vater dort eine Pfarrstelle antrat. Die Lehrer der Oberrealschule in St. Georg sein Abitur des Vorstandes der Alsterdorfer Anstalten am dortigen Gymnasium waren sehr nati- ab und nahm im Mai 1949 sein Theologie- und am 19. Oktober 1967 wählte ihn der onalsozialistisch eingestellt und machten studium an der Kirchlichen Hochschule auf Vorstand zum Direktor. Was die bauliche Als Kind im Schlafsaal – aus ihrer Verachtung für die Kirche keinen dem Gelände der Alsterdorfer Anstalten Erneuerung der Anstalten angeht, trat Hehl. Sie duldeten den Pastorensohn auf, die gerade erst eröffnet worden war. Schmidt in Jensens Fußstapfen. lediglich. Seine Eltern schickten ihn deshalb Diese Zeit prägte ihn sehr: »Die ersten Aber auch der vom Kollegenkreis mit 83 im eigenen Apartement 1943 ins Zinzendorf-Pädagogium der Semester, die wir Studenten damals Alsterdorf und vom Artikel im »Zeitmaga- zin« ausgelöste Skandal ereignete sich in Schmidts Amtszeit. Dazu äußert er sich rückblickend im Buch »Mitten in Hamburg« elle Räume im dritten Im Haus »Goldener Apfel« wurde ihr Frau, die als Hilfsmädchen arbeitete, bis Hans-Georg folgendermaßen: »Das war eine Zeit Stock des Apartement- ein Eisenbett im 8-Betten-Schlafsaal sie mit 65 in Rente ging, ein ruhiger Schmidt als damals, die war einmalig, da musste man hauses am Paul-Stritter- zugewiesen. Von da an hat sie bis zum Rückzugsort. Direktor der eine ganze Menge durchstehen. Ich wusste Weg: ein gemütliches Einzelapartement alle Wohnformen Jetzt genießt sie das Apartement, damaligen doch selber, wie es in manchen Häusern bei Wohnzimmer mit Kü- durchlebt, die in Alsterdorf angeboten vor allem: »das Gemütliche, Ruhige, die Alsterdorfer uns aussah. Einige waren zwar renoviert, chenecke, dahinter ein wurden. Und sie kann noch alle Schwes- Sauberkeit«. Donnerstags kommt eine Anstalten aber Baracken waren es trotzdem und Schlafzimmer, das von tern aufzählen, die ihren Alltag bestimm- Putzhilfe, aber Karin Schmüser ist auch niemand möchte auf Dauer eine Baracke als Stofftieren bevölkert wird, und von allen ten. Die erste war Tante Anni – eine mit 83 noch gewohnt, sich selbst um die Wohnung haben. Unser ganz klares Ziel HFenstern aus der Blick hinunter auf das strenge Frau: »Wenn wir zu spät zum Wohnung zu kümmern, wischt Staub war es, bis spätestens 1985 gibt es das gar bunte Leben in Alsterdorf. Hier wohnt Essen kamen, bekamen wir nichts mehr. und sorgt für Ordnung. nicht mehr. Aber es ging nicht von heute Karin Schmüser seit fast 12 Jahren: »Ich Tante Anni konnte hauen. Die konnte Fühlt sie sich manchmal einsam, auf morgen, wo sollten die alle hin? habe mich gleich gemeldet, als das Haus hauen!« Dann kam Schwester Hanna (»Die nachdem sie jahrzehntelang mit vielen Darüber hat sich keiner Gedanken ge- gebaut wurde.« hat immer geschimpft«), dann Schwester anderen Menschen zusammenlebte? Jetzt macht. Niemand war bereit, Schwerstbe- Die kleine Frau mit den grauen Haaren Betti und dann Schwester Lotti. An klingt ihre Stimme zum ersten Mal ganz hinderte aufzunehmen, das überließ man sitzt ruhig am Tisch. Sie ist 83 Jahre alt. Schwester Lotti im Haus »Hoher Wimpel« energisch: »Nein, ich bin nicht einsam!« uns und wir waren dann Schlangengru- Fast ihr ganzes Leben hat sie in Alsterdorf denkt sie gerne zurück: »Die war lieb. Am Dienstags besucht sie den Mittagstisch in ben.« Als Hans-Georg Schmidt 1982 als verbracht. Als sie sieben war, brachte ihre Wochenende hat sie immer Aufschnitt St. Nicolaus und alle 14 Tage geht sie zum Antwort auf die Restriktionszwänge der Mutter sie in die Alsterdorfer Anstalten. gekauft und Knäckebrot.« Im Haus »Hoher Seniorenkreis: »Da trifft man Leute, die öffentlichen Hand sein Amt als Vorstands- Karin Schmüser erzählt davon, als ob es Wimpel« lebte Karin Schmüser im Vierbett- man schon jahrelang kennt.« Und den vorsitzender niederlegte, wurde der spätere selbstverständlich ist: »Meine Mutter zimmer. Später bekam sie ein eigenes vielen Bekannten begegnet sie auch, wenn Lübecker Bischof Karl-Ludwig Kohlwage hatte ja keine Zeit für mich, sie musste kleines Zimmer auf dem Dachboden – sie über den Alsterdorfer Markt spaziert. | Interimsdirektor. |

ja arbeiten.« gewiss kein Luxus, aber für die fleißige Inge Averdunk Alsterdorf der Evangelischen Stiftung Archiv Foto: Liisa Viitanen

1974 1975 1976 1977 Werner Otto Institut (WOI) und die Der erste integrative Kindergarten in Logopädenschule werden eingeweiht Hamburg am WOI wird eröffnet

Der Hamburger Politiker Helmut Der Stasi-Spion Günter Guillaume Eröffnung des neuen Elbtunnels // Atomkraft? Nein danke! Der Beginn der Containerterminal Tollerort Die erste Ausgabe des feministischen Schmidt (SPD) wurde am 16. Mai macht Karriere im Kanzleramt // Mehr als 5 Millionen Menschen Antiatomkraft-Bewegung wird im Hafen eröffnet. Magazins EMMA wird veröffentlicht // fünfter Bundeskanzler der Die Köhlbrandbrücke wird eröffnet insgesamt sterben im Vietnamkrieg »Night fever, night fever« – Bundesrepublik Deutschland. die Discozeit ist auf ihrem Höhepunkt thema 14_15

// Zeitzeugen //

Fortschritte trotz verkrusteter Impressionen aus dem Alltag von Mitarbeitern und Bewohnern: das Schlüsselbrett im Strukturen und schwieriger Dienstzimmer, erste Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und Arbeitsbedingungen sanitäre Anlagen auf dem Stand der damaligen Zeit

in Gespräch mit Auf- und Ausbau der Therapien, noch nicht. Schließlich hatte ich Ebenso habe ich aufgrund Das Schlagen war verboten. Georg Schade, der der Bau und Betrieb der freie Hand bei der Einrichtung der ständigen Personalnot Trotzdem gab es Situationen, von 1969 bis 1997 in Fachschule für Heilerzieher, der eines Freizeitzentrums, bei der einen Hilferuf an alle Kirchenge- in denen ein Mitarbeiter in verschiedenen Funk- Bau des 3. Früherkennungszent- Raumbeschaffung für eine meinden erstellt, mit der Bitte, einer Stresssituation geschlagen tionen und Bereichen rums (Werner Otto Institut) in Therapie für mehrfachbehinder- das im Gottesdienst anzukündi- hat. Darauf erfolgte eine Ein den damaligen Alsterdor- Deutschland, eine neue te Bewohnerinnen und gen. Das Ergebnis waren, wenn Abmahnung bzw. eine fristlose fer Anstalten arbeitete. Er Werkstatt für Behinderte und Bewohner, bei Integrations- ich mich recht erinnere, drei Kündigung. Allerdings mussten schildert seine Erinnerungen die Planung einer neuen Schule, zielen (Sportplatz mit Flutlicht- Bewerbungen. Damals wollten wir solch einen Tatbestand über Arbeitsbedingungen, ein neues Wohnheim in anlage), Entwicklung einer nur wenige Menschen im natürlich auch nachweisen, Strukturen und Fortschritte Bargfeld-Stegen in Schleswig- Reittherapie und den ersten sozialen Bereich arbeiten, schon um arbeitsrechtliche Schritte während seiner Arbeit in den Holstein, der Bau des Karl- stadtintegrierten Wohngruppen. gar nicht mit behinderten einzuleiten. Alsterdorfer Anstalten, die ab Witte-Hauses für Wohngrup- Welche Hindernisse gab es Menschen. Erschwerend war Welche pädagogischen 1987 in Evangelische Stiftung pen, der Bau des Wilfried-Borck- aber auch? auch die interne Personalstruk- Ziele verfolgte man dann in Alsterdorf umbenannt wurde. Hauses für jüngere Menschen Zum Beispiel die mangelnde tur. Es gab den Oberpfleger den 80er- und 90er-Jahren mit Behinderung und der Abriss Akzeptanz der Gesellschaft. Das Natürlich war die Unterbrin- auch die damals noch beste- bzw. die Oberschwester, für die Menschen mit Behin- Alsterdorf Magazin: Welche der Kriegsbaracken. Das alles wurde besonders deutlich, als gung in großen Schlafsälen und hende Schwesternschaft und darunter die Angestellten im derung? Fortschritte und Reformen fiel in seine Amtszeit. Er vollzog Außenwohngruppen neu ganz allgemein die Raumnot so die Ausbildung zur Diakonin Pflegedienst. Erst durch den Da nenne ich zunächst gab es von Ende der 60er- die Umwandlung von der reinen eingerichtet wurden. Ich hatte rückständig, wie der »Kollegen- oder zum Diakon in Zusammen- Bau des Karl-Witte-Hauses mit einmal die allgemeine Förde- Georg Schade arbeitete bis Anfang der 80er-Jahre? Pflegeanstalt zu einer heilpäda- vorher mit den zukünftigen kreis« (Kreis kritischer Mitarbei- arbeit mit dem Rauhen Haus. jeweils drei Gruppen konnten rung, das heißt die Entwicklung von 1969 bis 1997 in den Georg Schade: Mir ist gogischen Einrichtung. Mit Nachbarn gesprochen und sie ter) es damals immer wieder Ob es auch immer gelebt wir Gruppenleiter etablieren der Therapien, auch für Alsterdorfer Anstalten, seit wichtig, vorab zu sagen, dass Sicherheit war das auch der umfassend informiert. Trotzdem publiziert hat. Übrigens war das wurde, ist wieder eine andere und dadurch zusätzlich Anreize Schwerst- und Mehrfachbehin- 1987 in der Ev. Stiftung jede Zeitperiode in den Grund dafür, dass er zweimal gab es Widerstände. Die leider nicht nur in Alsterdorf so, Frage. Bemühte Christen sind ja schaffen. derte. Die Förderung zur Selbst- Alsterdorf. Er ist Diakon/ damaligen Alsterdorfer zum Vorsitzenden des Verban- konnten wir dann allerdings sondern auch in anderen eben auch Menschen mit Wie gingen die Mitarbei- ständigkeit, zum Leben in Dipl.-Sozialpädagoge im Anstalten auch ein Spiegelbild des aller ev. Behinderteneinrich- nach weiteren persönlichen Institutionen. Durch unsere Be- Fehlern. Da möchte ich mich tenden damals mit dieser kleinen und in stadtintegrierten Ruhestand und war als der Gesellschaft war und nicht tungen gewählt wurde. Besuchen oder speziellen ratungen in anderen Einrichtun- auch nicht ausnehmen. schlechten personellen und Wohngruppen oder auch die Pflegevorsteher, Pflegeins- gegen eine andere Zeit Durch seinen Führungsstil in Einladungen in aller Regel gen bot sich fast überall das Wie sah die personelle Beset- räumlichen Ausstattung um? Einführung einer Erwachsenen- pektor, dann Leiter des ausgespielt werden darf. Früher den Alsterdorfer Anstalten abbauen. gleiche Bild. Während meiner zung in den Gruppen aus? Die Mitarbeiter der damali- bildung für Behinderte. Einen männlichen Pflegegebie- war nicht alles schlecht und entwickelte sich damals eine Weil die Gesellschaft Ausbildung im Rauhen Haus Die Gruppen waren gen Zeit haben ihren Dienst großen Schwerpunkt bildete die tes, dann Pflegedienstlei- auch heute ist nicht alles Dienstgemeinschaft mit viel Vorurteile gegenüber behinder- lebte und wohnte ich mit etwa personell so schlecht besetzt, trotz dieser schwierigsten Integration: Öffnung der ter und später Wohnstät- schlecht oder gut. Spielraum für neue Ideen, ten Menschen hatte, sah die 15 Jugendlichen in einer dass es ein ständiges Problem Bedingungen mit viel Liebe und Anstalt durch Sportveranstal- tenleiter tätig. Ebenso war Zunächst zu der Zeitperiode Visionen und Kreativität. Persön- Politik offensichtlich seinerzeit Baracke. blieb. So habe ich mit einer Herzblut geleistet. Sie waren tungen, Integrationslauf, er eine Legislaturperiode unter Pastor Hans-Georg lich wurde ich unterstützt, wenn keinen Grund, einen angemes- Welches Menschenbild lag Psychologin einen Flyer trotz vieler Missstände kreativ Tanzkurse in einer externen Mitglied im Stiftungsrat, Schmidt, der ja von 1968 bis die damalige Verwaltung senen Pflegesatz zu zahlen. So der Arbeit in den Alsterdorfer erarbeitet, der an den U-Bah- und in der Regel engagiert. Tanzschule, ein bis zwei dem Aufsichtsgremium 1983 Direktor der Alsterdorfer bauliche Maßnahmen oder haben wir u. a. immer wieder Anstalten damals zugrunde nen verteilt wurde. Dort konnte Manche aber waren den Freizeiten pro Jahr, Patenschaf- der Stiftung. Anstalten war: Pastor Schmidt Materialanforderungen für die Wohltätigkeitsveranstaltungen und wurde mit den Mitarbei- man einige Fragen ausfüllen Herausforderungen nicht ten mit Schulklassen oder dem war für mich ein Vorgesetzter, Wohngruppen ablehnte, immer durchgeführt, um erste Mittel tenden darüber gesprochen und dann zum Schluss das gewachsen und kündigten. CVJM und auch mit Sportverei- der die Alsterdorfer Anstalten nach dem Grundsatz: »So viel für ein Freizeitzentrum, eine – war es bekannt? Ergebnis lesen. Das Ergebnis Gab es Bestrafungen und nen, Reisen nach Österreich, unter schwierigsten äußeren wie nötig, so wenig wie Minigolfbahn oder einen Es lag das christliche war dann in der Regel: »Sie sind wurde auch geschlagen? Bayern oder Griechenland. | Bedingungen entscheidend möglich«. Abteilungs- und Verkehrs- und Übungsgarten Menschenbild der Nächstenlie- geeignet für die Arbeit mit Ja, es gab Bestrafungen, Das Gespräch führte vorangebracht hat: Der Gruppenbudgets gab es leider einzuwerben. be zugrunde. Deshalb gab es ja Behinderten …«. zum Beispiel Ausgangsverbot. Hans Georg Krings

1978 1979 1980 1981 Titelstory im Hamburger »Zeitmagazin«: Bezug des Stadthauses »Schlump« – Paradigmenwechsel: Regionalisierung »Schlangengruben in unserem Land« erste Außenwohngruppe der Anstalten und Dezentralisierung – als Grundlage das Normalisierungsprinzip aus Dänemark

Am 3. Juni stirbt der Hamburger Am 12. Dezember verabschieden Der deutsche Komiker Heinz Erhardt Am 30. Mai 1980 zerstörte ein Großbrand Gründung der Partei »Die Grünen« Umstellung der letzten Hamburger Schriftsteller Arno Schmidt // die Außen- und Verteidigungsminister stirbt am 5. Juni 1979 in Hamburg einen wesentlichen Teil des Bestands im Straßenbahnlinie auf Busbetrieb Johannes Paul II. wird Papst des Nordatlantikpaktes in Brüssel Altonaer Museum den Nato-Doppelbeschluss thema 16_17

1980 –1993 Regionalisierung: »Lebenswerte // Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf// Bedingungen schaffen«

Nach dem Schock über die Veröffentlichun- »Vorzeigemodell«. Im April 1990 hieß es in Blick zurück und Blick nach vorn – gen begann in den Alsterdorfer Anstalten der stiftungsinternen Zeitschrift »Umbruch«: das Umdenken. Auch die Aufsicht führende Das Carl-Koops-Haus steht sicher noch 100 Behörde stand unter Druck und musste Jahre – aber nicht unbedingt als Wohnhaus Rudi Mondry handeln. Der Pflegesatz der Stiftung, der bis für behinderte Menschen.« Im April 2008 dahin der niedrigste aller Einrichtungen der zogen die letzten Bewohner aus, und im Behindertenhilfe in Hamburg war, wurde November 2011 wurde das Haus abgeris- von der Sozialbehörde erhöht. sen. Außerdem erhielt die Stiftung einen 1981 hieß es in »Briefe und Bilder«: udi Mondry (geboren am studieren. Nach seinem Studium in Bethel, dem Gelände der Anstalten ein Mahnmal Kredit für den Bau eines großen, neuen »Noch lange nicht sind die Lebensumstän- 29.11.1934 in Ortelsburg / Heidelberg und Kiel war er als Pastor in aufstellen, das an die mehr als 600 Opfer Hauses, das den Mangel an Wohnplätzen de für alle Bewohner so, wie wir das Ostpreußen, gestorben am Hamburger und Schleswig-Holsteiner der Deportations- und Euthanasieaktio- beheben sollte. Dieses sternförmige wünschen und fordern. In unserem 7.11.2008 in Hamburg) wurde Kirchengemeinden tätig. Im Oktober 1976 nen zwischen 1938 und 1945 erinnert. Gebäude – es erhielt den Namen »Carl- Bemühen, allen Bewohnern Alsterdorfs am 1.1.1984 Vorstandsvorsitzen- wurde er Propst des Kirchenkreises Nien- Außerdem ließ er in der St. Nicolaus-Kirche Koops-Haus« nach dem ersten Jungen, der lebenswerte Bedingungen im Therapie- und Rder der damaligen Alsterdorfer Anstalten. dorf. Rudi Mondry war zudem Vertreter des ein Gedenkbuch auslegen, in dem alle von Pastor Sengelmann aufgenommen Wohnbereich zu schaffen, lassen wir uns Mondry war der Sohn eines Polizeibeam- Hamburger Bischofs und Mitglied im Vor- bekannten Opfer der Deportationen aus worden war – wurde 1984 offiziell seiner jedoch nicht beirren.« ten und wuchs mit drei Schwestern auf. stand der Hamburger Kirchenkreiskonfe- Alsterdorf mit Namen aufgeführt waren, Bestimmung übergeben: sechs Stockwerke Dieser Weg in die Normalisierung ging Nach dem Abitur in Eckernförde begann er renz und in den Gremien der Nordelbischen was Symbolcharakter hat, wie Rudi Mondry hoch, mit Zimmern für mehr als 200 einher mit der Regionalisierung. Systema- zunächst eine Lehre als Wirtschaftsprüfer, Kirche. Seine Motivation für den Wechsel in seiner Predigt am 29. April 1984 in der Menschen mit Behinderung und großem tisch wurden Außenwohngruppen gebildet. die er jedoch abbrach, um Theologie zu von der Tätigkeit als Propst zur Leitung der St. Nicolaus-Kirche betonte: »»Und das Wi- Therapiebereich. Kritik wurde bereits in der Das größte und erste Projekt war das Alsterdorfer Anstalten beschrieb Mondry dergöttliche des Verbrechens in der Zeit des Eröffnungsrede laut: »Darf man überhaupt Stadthaus Schlump (ehemaliges DRK-Kran- in »Briefe und Bilder« so: »Die diakonische Nationalsozialismus an den Behinderten, an ein so großes Gebäude für Menschen mit kenhaus) im Stadtteil Eimsbüttel. Der Name Richtfest für das Karl-Witte-Haus Arbeit im Kirchenkreis Niendorf, zu der den Juden, an allen Opfern des Nationalso- Behinderung errichten?«, fragte Dr. Wilhelm wurde später weit über Hamburg hinaus auch Behindertenarbeit gehört, war ein zialismus, das namenlose Grauen war das Imhoff, der damalige Vorsitzende des bekannt: Im Keller des Hauses lag das Die frei werdenden Räumlichkeiten auf wichtiger Anstoß, die Herausforderung Nummerieren, das Auslöschen des Namens Stiftungsrates. Doch die Notwendigkeit, Atelier der »Schlumper«, einer Gruppe von dem Stiftungsgelände ermöglichten eine anzunehmen und selber den Schritt in die und des Lebens, bzw. der verhöhnende »die schlechte Wohnsituation und unzu- Malern mit Behinderungen, deren Bilder Auflockerung der Belegung. Um die Diakonie zu tun. Dazu kam das Gespräch in Umgang mit dem Namen und Geschick mutbare Enge auf dem Gelände schnell zu und Ausstellungen viel Anerkennung bis Verhältnisse zu stabilisieren, bestand der Familie, das den Weg zu den Menschen des Todesopfers durch verlogene Benach- beenden«, war ein drängender Grund. heute erfahren. Immer mehr Wohngruppen jahrelang ein Aufnahmestopp. unterstützte, die Gott liebt, ohne sie an der richtigungen.« Schließlich gab er das Buch Während öffentlich die Ablehnung des zogen vom Alsterdorfer Zentralgelände in Auf der Leitungsebene vollzog sich Leistungsfähigkeit zu messen. Zuletzt, – es »Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Carl-Koops-Hauses immer wieder laut andere Stadtteile. Auch im Hamburger in den 80er-Jahren ein Leitungswechsel: ist auch ein wenig ein Geheimnis, in dem Halten mehr« in Auftrag, das 1987 erschien wurde, galt es unter Fachkräften als Umland siedelten sich Gruppen an. Pastor Schmidt kündigte 1982 die Dienst- ich den Raum sehe für einen Wink Gottes.« und in dem die Alsterdorfer Anstalten als vereinbarung und trat vom Amt als In seiner Amtszeit trieb Mondry die Regio- erste kirchliche Einrichtung Rechenschaft Vorstandsvorsitzender zurück. Er begründe- nalisierung weiter voran. »Der behinderte über die Ereignisse der Zeit zwischen 1933 te diesen Schritt mit dem Restriktionszwang Heimbewohner soll in überschaubaren und 1945 ablegen. In Rudi Mondrys Zeit der öffentlichen Hand: Er sehe sich nicht Wohngemeinschaften innerhalb und als Direktor der Alsterdorfer Anstalten fällt mehr in der Lage, seinen diakonischen außerhalb des Geländes wohnen. Sie er- auch die Umbenennung in Evangelische Auftrag weiterzuentwickeln, schrieb er in möglichen bestmöglich ein privates Leben Stiftung Alsterdorf aus Anlass des 125-jäh- »Briefe und Bilder«. Nach einer Zwischen- Rudi Mondry setzte wichtige Impulse und eine persönliche Lebensentfaltung. rigen Jubiläums, das 1988 gefeiert wurde. lösung, in der Propst Karl Ludwig Kohlwage in Richtung Dezentralisierung und Ausbildung, Arbeit und Beschäftigung, 1992 ereilte die Stiftung ein neuer Skandal, aus dem Kreis Stormarn die Leitung Normalisierung der Lebensverhältnisse Förderung und Freizeit sollen normalen und zwar war es diesmal die Höhe der Vor- innehatte, übernahm Pastor Rudi Mondry von Menschen mit Behinderung Verhältnissen möglichst nahekommen«, so standsgehälter, die eine Medienkampagne den Vorstandsvorsitz. Er war zuversichtlich: Mondry in »Briefe und Bilder«. Er hatte aber auslöste. Als Reaktion auf diese Kampagne nicht nur die Gegenwart der Alsterdorfer trat Rudi Mondry von seinem Posten als Anstalten, sondern auch deren Vergangen- Direktor zurück. | Das Modell des Karl-Witte-Hauses heit im Blick: Am 29. April 1984 ließ er auf Liisa Viitanen auf dem Stiftungsgelände

1982 1983 1984 1985 Aufarbeitung der NS-Vergangenheit – Errichtung eines Mahnmals und Gedenkbuch

Der Commodore 64 erscheint als Der Hamburger SV wird Angebliche Hitler-Tagebücher Heimcomputer auf dem Markt Europapokalsieger der Landesmeister tauchen in den Medien auf thema 18_19 »Der Weg aus der Krise ist sichtbar. Die Danke! Sanierung der bedrohlich angewachsenen » Du hast mich aufgefangen Verschuldung kann gelingen. Somit können Mit all meinen Problemen auch die Planungen für eine gute Behinder- Ich bin dir immer dankbar Du hast mich gesehen tenarbeit weitergeführt werden.« 1986 // Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf // wohnten von insgesamt 1200 geistig und Grüße dir ganz herzlich mehrfach behinderten Menschen 400 in Von mir dem Klient Außenwohngruppen. Weitere 200 Plätze Für die große Güte außerhalb von Alsterdorf waren geplant. mach ich dir dies Geschenk. Geradezu mustergültigen Charakter hatte Die Inklusion schreitet voran Rolf Baumbach – der Visionär Bravo, das wird Zeit das Projekt, eine Gruppe von 32 Menschen Jetzt wird alles besser mit Behinderung in Schnelsen anzusiedeln. Endlich ist’s so weit Auf diesen Einzug wurde der Stadtteil Wir werden bald wie alle sein olf Baumbach (geboren am 5. sorgsam vorbereitet: Es gab Gespräche mit Mit Schwäche mit im Boot April 1946 in Hamburg, gestorben vielen Bewohnern des Stadtteils, auch z. B. Ode dir mein Alsterdorf am 10. April 2006 in Hamburg) mit den Kassiererinnen im Supermarkt, um Du bist mein täglich Brot. trat Mitte März 1993 sein neues sie für die Bedürfnisse und eventuell auch Ode dir mein Stifter Amt als Direktor und Vorstands- Eigenheiten der Frauen und Männer aus Du bist mein Rettungsring Rvorsitzender der Evangelischen Stiftung Alsterdorf zu sensibilisieren. Denn du kennst dich aus Alsterdorf an. Rolf Baumbach wuchs in Auch in anderen Bereichen der Stiftung In finanziellen Dingen Hamburg auf und studierte Theologie in der ging es in den 80er- und frühen 90er-Jahren Du hast mich abgesichert Hansestadt und in Tübingen. Nach seinem voran. 1981 endete ein jahrzehntelanges Die Sorge ist vorbei Vikariat in der Winterhuder Paul-Gerhardt- Provisorium: Die Sonderschule zog aus den Endlich kann ich schlafen Gemeinde ging er 1973 an die Osterkirche Endlich bin ich frei!« Nachkriegsbaracken in einen großräumigen nach . Dort war er zunächst als Jan Thibout, Schulneubau. Zehn Jahre später endete Gemeindepastor und in den letzten sechs Storyteller alsterarbeit ihre Ära als Heim-Sonderschule, denn in Jahren als Vorsitzender des Kirchengemein- der Stiftung lebten kaum noch Kinder im deverbandes, einem Zusammenschluss von schulpflichtigen Alter. Die Verantwortlichen 1992 wurde die Tagesklinik Ahrensburg Mitarbeitende in ihrer Zeitschrift »Um- vier Bramfelder Kirchengemeinden, tätig. gründeten 1989 Hamburgs erste Grund- eröffnet, eine der ersten solcher Einrichtun- bruch«. Wochenlang ging es in den Medien Als Vorsitzender war er für die verschiede- schule mit Integrationsklassen, die Bugen- gen im Kreis Stormarn. um die Gehälter der Vorstände. Seit Jahren nen Einrichtungen des Verbandes, zu denen Stiftungsdirektor hagen-Schule. 1988, zum 125-jährigen Jubiläum, waren die Ausgaben der Stiftung höher als unter anderem zwei Sozialstationen, drei Rolf Baumbach machte Im Evangelischen Krankenhaus - änderten die Alsterdorfer Anstalten ihren die Einnahmen. Es fehlte ein klares Budget- Kindertagesheime, eine psychosoziale Be- die endgültige Öffnung dorf, wo sich ab 1985 die Grünen Damen Namen: Seitdem heißen sie »Evangelische management für die einzelnen Bereiche. ratungsstelle gehörten, verantwortlich. Am des Stiftungsgeländes ehrenamtlich betätigten, wurden der Stiftung Alsterdorf«. Es fällt den Hambur- Auf dem Höhepunkt der Kampagne trat 1. November 1991 wurde er dann Pastor durch die Eröffnung des Pflegebereich und Funktionstrakt umgebaut, gern nicht leicht, sich daran zu gewöhnen. Rudi Mondry zurück. 1993 übernahm ein an der St. Nicolaus-Kirche. Hatte von den Alsterdorfer Marktes für einen neuen Operationssaal bewilligte Noch heute sprechen viele von den vierköpfiger Vorstand die Geschäftsführung. zwei Pastoren an St. Nicolaus immer einer im Jahr 2003 zu die Gesundheitsbehörde 15 Millionen Mark. »Alsterdorfer Anstalten« – und meinen es Nach den Unruhen begann jetzt die Zeit, die Gemeindemitglieder mit Behinderung seinem Projekt Das Heinrich Sengelmann Krankenhaus gar nicht böse. mit modernen Konzepten die Lebensbedin- und einer die Gemeindemitglieder ohne wandelte sich mit einem neuen Konzept von 1992 geriet Alsterdorf noch einmal in gungen für Menschen mit Behinderung zu Behinderung betreut, sollte es eine solche zu einem modernen diakonischen Unter- 2006 einem schweren Krebsleiden, dem der Spezialeinrichtung für Langzeitpatienten die Schlagzeilen. »Bei aller Skandal-Erfah- verbessern. Etwa 1700 Menschen wurden Aufgabentrennung unter Baumbach nicht nehmensverbund trägt die Handschrift von er sich lange Zeit mit viel Kraft und Energie zum Haus, das auch die Akutversorgung von rung: Das hatte die Evangelische Stiftung damals von der Stiftung betreut. | mehr geben. Rolf Baumbach sprach der Rolf Baumbach. Zusammen mit seinem entgegengestellt hatte. Erst im Februar psychisch kranken Menschen übernimmt. Alsterdorf noch nicht erlebt«, schrieben Inge Averdunk St. Nicolaus-Kirche aufgrund ihrer Struktur Vorstandskollegen Wolfgang Kraft sanierte hatte Baumbach mit zahlreichen geladenen großes Potenzial zu, »eine Vorreiterrolle im er die Stiftung – und das in Zeiten wirt- Gästen seinen 60. Geburtstag gefeiert. Zusammenleben behinderter und nicht- schaftlicher Regression und Stellenabbaus. Propst Johann Hinrich Claussen, der Rolf behinderter Menschen zu spielen«. Er sah Er stellte sie auf ein solides ökonomisches Baumbach als »erfrischend direkt und zupa- in bewusst gemeinsam gefeierten Gottes- Fundament und schuf sogar noch zusätz- ckend« kennengelernt hat, schreibt in sei- diensten einen Weg, um Integration erfahr- liche Arbeitsplätze. Entsprechend seinen nem Nachruf im »Umbruch«, dem früheren bar zu machen: »Behinderte Gottesdienst- Leitprinzipien, den freiheitlichen Gedanken Mitarbeitermagazin, über ihn: »Im Rückblick besucher sind für mich in ihrer Spontanität des Luthertums und Community Care, also sehe ich, wie viel ich in einer vergleichswei- und Lebendigkeit eine große Bereicherung. Selbstbestimmung für Menschen mit Han- se kurzen Zeit von ihm empfangen habe. Ich erlebe in St. Nicolaus nicht zuletzt durch dicap, bewirkte er, dass die Stiftung wieder Ein kleiner Trost ist für mich die Erinnerung die behinderten Menschen eine Herzlichkeit auf einen progressiven Kurs kam. Dieser an seinen 60. Geburtstag. Zu sehen, wie und Offenheit, die sich sehr positiv von der Kurs umfasste die Öffnung der ehemaligen er gewürdigt und gefeiert wurde und wie Ein Mittel, um Menschen auf das Stiftungsgelände einzuladen, manchmal etwas drögen Atmosphäre ›nor- Anstalt und die Etablierung des Alsterdor- er selbst dabei gestrahlt hat, das ist ein waren die sogenannten Sternmärsche von Spielmannszügen aus maler‹ Gemeinden abhebt.« Die Wandlung fer Marktes als Zentrum im Hamburger bleibend schöner Eindruck.« | Hamburg auf das Stiftungsgelände der Stiftung von der ehemaligen Anstalt Norden. Rolf Baumbach erlag am 10. April Liisa Viitanen

1986 1987 1988 1989 Veröffentlichung des Buches: »Auf dieser Umbenennung Alsterdorfer Anstalten in schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr« Evangelische Stiftung Alsterdorf

Am 8. Juni sammelt sich auf dem der Polizei über 13 Stunden im Der Appell Ronald Reagans ging um 7. Mai : Hamburg feiert seinen Am 10. Mai wurde Léon Heiligengeistfeld eine Demonstration mit »Hamburger Kessel« festgehalten werden die Welt: »Mr Gorbachev, open this gate. 800. Hafengeburtstag (Nicaragua) offizielle Partnerstadt über 800 Demonstranten, die von Mr Gorbachev, tear down this wall!« (Freibrief Barbarossas vom 7. Mai 1189) der Hansestadt Hamburg

thema 20_21 Das Ärzte- und Geschäftshaus wortlichen dabei die Schaffung neuer rung gleichermaßen genutzt wurde und am Alsterdorfer Markt im Bau. Perspektiven auf dem ersten Arbeitsmarkt und bis heute entsprechende Begegnungs- Im Hintergrund die Alte Küche für die Klienten. Die Reformbemühun- punkte bietet. Für den mutigen Schritt und die gerade fertiggestellten gen unterstrich auch der internationale erhielt die Stiftung 2006 den Sonderpreis Apartmenthäuser. Community-Care-Kongress auf dem des DIFA-Awards als ein europaweit Stiftungsgelände im Jahre 2000. Schon seit führendes Beispiel für die Neuentwicklung Längerem stand die Führungsebene der eines Quartiers. Fast wöchentlich besuch- Stiftung in einem engen Austausch mit Pro- ten in dieser Zeit Vertreter von Behinder- jekten in den USA und Europa. Die neuen teneinrichtungen aus ganz Europa die Impulse wurden in dem Öffnungsprozess Stiftung und besichtigten den Alsterdorfer des Stiftungsgeländes auch nach außen hin Markt. Aus der maroden Einrichtung war sichtbar gemacht. Die Anstaltsstrukturen ein Vorreiter für die Teilhabe von Menschen lösten sich langsam auf und gleichzeitig mit Behinderung geworden. Währenddes- intensivierten sich die Planungen für den neuen Alsterdorfer Markt. Erste Konzepte für die Dienstleistungsangebote wurden bereits 2001 präsentiert, genau wie der Abschluss eines Mietvertrages mit der 1996–2006 Discounterkette ALDI Nord. Viele Klienten Plötzlich standen die Menschen mit Behin- verließen gleichzeitig das Karl-Witte-Haus derung und ihr Recht auf Eigenverantwort- auf dem Anstaltsgelände. An die Stelle lichkeit stärker im Fokus. An die Stelle der der veralteten Wohnanlage traten neue, Richtungsweisende Rundumbetreuung trat der Gedanke der bedarfsgerechte Angebote in den einzel- Selbstständigkeit im Leben mit einer pro- nen Stadtteilen Hamburgs und Schlewig- fessionellen Unterstützung. Auf konzeptio- Holstein wie zum Beispiel in Henstedt und Entscheidungen – Der Alsterdorfer Markt kurz vor der neller und wissenschaftlicher Ebene wurde Bargteheide. Fertigstellung im Jahr 2003 dieser Prozess in einem europäischen 2003 gab es für die Stiftung gleich Sanierungsprozess und Gemeinschaftsprojekt zum Thema drei große Ereignisse zu feiern: das 140- »Community Care« begleitet. Neben Einrich- Kostenträgern, außerdem gab es ab sofort jährige Jubiläum, die Einweihung des neu Zukunftssicherung tungen aus Belgien und den Niederlanden Vereinbarungen über Qualitätsstandards gestalteten Alsterdorfer Marktes und am beteiligte sich daran auch die Evangelische und -kontrollen. Die Anbieter mussten nun Ende des Jahres lief das »Bündnis für Stiftung Alsterdorf. Als Vorbild dienten ihre Dienstleistungen in Form von genauen Investition und Beschäftigung« aus. Damit Anfang 1996 war die finanzielle Situation allem um wichtige Investitionen tätigen zu vor allem die skandinavischen Länder. In Beschreibungen transparent machen. Diese galt die endgültige Überwindung der der Evangelischen Stiftung Alsterdorf immer können. Mitte der 90er-Jahre befanden sich Schweden, Norwegen und Dänemark stand neue Vergleichbarkeit sorgte auch für faire wirtschaftlichen Schieflage als vollbracht noch prekär. Obwohl das neue Führungs- beispielsweise viele der Gebäude auf dem bereits seit den 80er-Jahren der Klient als Markt- und Wettbewerbsbedingungen. und der Kirchliche Tarif Diakonie (KTD) trat duo aus dem Vorstandsvorsitzenden Rolf Stiftungsgelände in einem sehr schlechten Auftraggeber für Dienstleistungen im Mittel- Neben freien, gemeinnützigen Trägern wieder für alle Beschäftigten in Kraft. Baumbach und seinem Stellvertreter Wolf- baulichen Zustand. Allein 50 Millionen punkt. Dieser Grundgedanke rüttelte auch konnten nun auch kommerzielle Anbieter Besonders ausgiebig feierte man in diesem gang Kraft mit einer breiten Unterstützung D-Mark stellte das Bündnis deshalb für Neu- an der eingespielten Struktur der deutschen mit gleichen Ausgangspositionen agieren. Jahr am 19. Oktober. Damals vor genau der Banken, Kirchen und des Hamburger bauprojekte zur Verfügung. Im Gegenzug Sozialträger. Aus ihnen sollten neue, flexible 140 Jahren wurde das Haus Schönbrunn Senats den Sanierungsprozess eingeleitet bekamen die Beschäftigten eine Jobgaran- und nachfrageorientierte Assistenzdienstleis- Wenn Mauern fallen – gegründet. Das Heim für anfangs vier hatte, war die wirtschaftliche Schieflage tie, die Stiftungsleitung sicherte außerdem ter werden, so die Idee der Konzepte. der Alsterdorfer Markt Kinder mit geistiger Behinderung entstand immer noch allgegenwärtig. Besonders für zu, auf die Ausgliederung von Betriebsteilen Neuen Schub bekam dieser Verände- Die Vielzahl von neuen Ansätzen und auf dem heutigen Stiftungsgelände als die Mitarbeitenden blieb lange unklar, wie zu verzichten, und räumte den Mitarbeiten- rungsprozess durch die Reform des Vorgaben führte um die Jahrtausendwen- Grundstein für die Alsterdorfer Anstalten. es mit der Stiftung weitergehen sollte und den ein Mitbestimmungsrecht bei Investiti- Paragrafen 93 des Bundessozialhilfegesetzes de zu einem Ende des über fast 140 Jahre Am gleichen Tag, 140 Jahre später, weihte welche Reichweite die gerade noch abge- onen ein. Das Bündnis endete fristgerecht 1999. Mit dem Gesetz wurde der Mensch währenden Anstaltskonzeptes. Nicht nur man nun feierlich den Alsterdorfer Markt wendete Insolvenz eigentlich haben würde. 2003, in der wirtschaftlich gesundeten mit Handicap endgültig zum sogenannten ideologisch tat sich in dieser Zeit einiges. als neues Herzstück der Stiftung ein. Die Die beiden ersten sehr harten Jahre danach Stiftung wurden seither wieder die Tarifer- »Leistungsnehmer«. Statt einer ungefragten Die neuen Investitionen waren langsam Zäune und der Schlagbaum des alten Oben: Die damalige Präsidentin dienten nämlich erst als Grundstein für die höhungen ausgezahlt. Rundumversorgung stand nun die Frage sichtbar, viele Gebäude wurden rundum Anstaltsgeländes waren in den letzten der Hamburgischen Bürgerschaft Sanierung. Die wirkliche Zukunftssicherung »Was wollen die Menschen eigentlich?« saniert und der Neubau der Bugenhagen- Jahren verschwunden und das Stiftungs- Dorothee Stapelfeldt während der begann erst 1998. Damals einigten sich die Neue gesetzliche Vorgaben bringen im Raum. Für die deutsche Versorgungs- Schule eröffnet. Außerdem fasste man die gelände hatte sich für die Bürger des Eröffnungszeremonie auf dem Alsterdorfer Gewerkschaften, der Vorstand und die Mit- frischen Wind landschaft gab es durch die Einführung bisherigen Tätigkeitsfelder der Alsterdorfer Stadtteils geöffnet. Aus dem Anstaltsgelän- Markt am 19. Oktober 2003 arbeitervertretung auf einen gemeinsamen, Auf die tägliche Arbeit mit den Klienten von auf den Bedarf der einzelnen Menschen Werkstätten, Tagesförderstätten, Kultur- de war nicht nur ein attraktiver Mittelpunkt Unten: Die Special Olympics Deutschland ganz besonderen Schritt in Richtung Zu- hatte ein ganz anderer Prozess deutlich zugeschnittene Angebote noch weitere werkstätten und Dienstleistungsbetriebe in Alsterdorf geworden, mit Einkaufsmög- sind 2004 in Hamburg zu Gast. Auf dem kunft. Bei dem »Bündnis für Investition und größere Auswirkungen: Das im Januar 1992 Einschnitte. An die Stelle der bisher pau- in dem Bereich alsterarbeit neu zusammen lichkeiten, Restaurants und kulturellen Stiftungsgelände ist das Olympische Beschäftigung« verzichteten alle Beschäftig- neu beschlossene Betreuungsgesetz sorgte schalisierten Pflegesätze traten nun Preis- und strukturierte ihn konzeptionell um. Zu Angeboten, sondern auch ein Treffpunkt, Dorf, der Alsterdorfer Markt wird zum ten auf die tariflichen Lohnerhöhungen, vor auch in der Stiftung für frischen Wind. und Leistungsvereinbarungen mit den einem großen Ziel erklärten die Verant- der von Menschen mit und ohne Behinde- olympischen Marktplatz.

1990 1991 1992 1993 Ab 1991 Neustrukturierungen in Finanzielle Notlage der Stiftung – Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der Behindertenhilfe – Ausbau der Haushalt nicht ausgeglichen Pastor Mondry – ein vierköpfiger Vorstand Prämissen wie Selbstbestimmung, übernimmt die Geschäftsführung Eigenverantwortlichkeit Wiedervereinigung BRD und DDR Maria Jepsen wird die erste Bischöfin Der in Maastricht geschlossene Das Internet ist geboren in Hamburg und die weltweit erste Vertrag über die Europäische Union evangelische Bischöfin tritt am 1. November in Kraft thema 22_23

sen setzte sich der interne Modernisie- Flexiblere Strukturen damit wollte man die Kernkompetenzen // Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf // rungsprozess fort. Die stationären Plätze Für die heutigen Strukturen der Evangeli- und Verantwortlichkeiten neu organisieren. wurden dank der Ambulantisierung immer schen Stiftung Alsterdorf wurde 2005 zu Seither gab es in der Evangelischen Stiftung weniger, an ihre Stelle traten neue einem Schlüsseljahr. Schon seit Jahren be- Alsterdorf zehn jeweils eigenständige und Wohnprojekte im Stadtgebiet. Außerdem riet man hinter verschlossenen Türen über gemeinnützige Gesellschaften (gGmbH). Hilke Osterwald – die Gestalterin baute man die Angebote für Senioren, eine mögliche Veränderung der Struktur Nur die Bereiche Schule, Kinder- und Kinder mit Behinderungen und im Bereich und Organisation. 2005 präsentierten der Jugendhilfe sowie das Beratungszentrum Drogenhilfe und chronische psychische Vorstand und der Stiftungsrat nach intensi- Hamburg und das Betreute Wohnen ver- Erkrankungen aus. Die neu geschaffene ven Beratungen einen Umbauplan, der die blieben innerhalb der Stiftung. Die flexib- ilke Osterwald (geboren am St. Nicolaus-Kirchengemeinde gekommen, alsterarbeit verstärkte die Kooperationen Gründung eines Unternehmensverbundes leren Strukturen ermöglichten ein besseres 30.12.1955 in Aurich) über- war aber schon 1996 vom Stiftungsrat mit der Industrie und schuf gleich mehrere vorsah. Dafür wurden alle Leistungsberei- Agieren am Markt und sicherten die Kon- nahm 2006 übergangsweise zusätzlich zur stellvertretenden Direktorin neue, ausgelagerte Arbeitsbereiche, wie che der Stiftung in gemeinnützige Betriebs- kurrenzfähigkeit gegenüber den zahlreichen die Leitung der Evangelischen für seelsorgerliche und theologische zum Beispiel bei der Lufthansa Technik. führungsgesellschaften umgewandelt, Mitbewerbern in Hamburg. Stiftung Alsterdorf. Gemeinsam Angelegenheiten berufen worden, Innerhalb von zehn Jahren war damit Hmit dem amtierenden Vorstandsmitglied allerdings ohne Sitz im Vorstand. der größte Teil des Modernisierungsprozes- Wolfgang Kraft und Dieter Fenker sollte sie Nun arbeitete sie im Vorstand mit und ses der Stiftung geschafft. Vielleicht haben bis zur Wiederbesetzung der Position des erhielt dort Vetorecht. Ihre Aufgabe war es gerade die drohende Insolvenz, die große Direktors und Vorstandsvorsitzenden die vor allem, die von Rolf Baumbach angesto- Kritik an der Misswirtschaft und die Stiftung führen. ßenen theologisch-inhaltlich ausgerichteten Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen Hilke Osterwald wurde in Aurich Projekte wie die Leitbildentwicklung für die kann, diesen zukunftsweisenden Prozess geboren und verlebte auch ihre Kindheit im Gesamtstiftung weiterzuführen. Sie blieb angeschoben. Die Offenheit für Neues ist hohen Norden. Doch als sie neun Jahre alt aber auch weiterhin Leiterin des diakoni- seitdem groß, auch für Ansätze, die in einer war, zog sie mit ihrer Familie nach Kap- schen Begegnungszentrums, zu dem sich finanziell gesegneten und etwas satt stadt, wo ihr Vater eine Pfarrstelle über- die St. Nicolaus-Gemeinde 2005 gewandelt gewordenen Struktur vielleicht keinen Platz nahm. Die neun Jahre, die sie dann in hatte. »Ich habe gerne zugesagt, als man gehabt hätten. Viele Mitarbeiterinnen und Kapstadt verbrachte, haben sie sehr mich fragte. Als stellvertretende Direktorin Mitarbeiter, sowohl aus dem Tagesgeschäft geprägt, indem sie sie für Diskriminierung und Pastorin an St. Nicolaus kenne ich die als auch aus der Führungsebene, haben sensibilisierten. Nachdem Hilke Osterwald Stiftung und die Menschen, die hier leben, diese Modernisierung getragen und in Kapstadt die Schule beendet hatte, wohnen und arbeiten gut. Ich kann mit der gleichzeitig als Chance begriffen, etwas studierte sie in Hamburg und Berlin neuen Aufgabe Bewährtes und Neues selbst auf die Beine zu stellen. Deutlich wird Theologie. Ihr Vikariat absolvierte sie in der verbinden. Dabei sind mir die vielen Pastorin Hilke Osterwald übernahm von dieser neue Ton noch heute in der täglichen Simon-Petrus-Gemeinde in Poppenbüttel, Gespräche mit Rolf Baumbach eine Stütze. 2006 bis 2008 die Stiftungsleitung und Arbeit der einzelnen Gesellschaften, die und zwar – ein Wink des Schicksals – bei Mein Ziel ist es, an seine Arbeit anzuknüp- gestaltete so den Übergang nach dem eigenverantwortlich, selbstständig und mit dem Anleiter Pastor Dr. Hartmut Clasen, fen, aber auch eigene Akzente zu setzen. Tode Rolf Baumbachs einer starken eigenen Identität agieren und der in den 1960er-Jahren auch Pastor in Und es ist mir wichtig, als Frau in der selbstbewusst für ihre Interessen in der der St. Nicolaus-Kirche in Alsterdorf Führungsriege mitzugestalten«, so Hilke »Lebens- und Trauercafé für Menschen mit Stiftung eintreten. Abgeschlossen ist der gewesen war. Osterwald. und ohne Behinderung« in Winterhude Veränderungsprozess der Evangelischen Doch bevor Hilke Osterwald in die Inzwischen ist Hilke Osterwald Pastorin initiiert. Zu ihrem langjährigen Engage- Stiftung Alsterdorf natürlich längst noch Fußstapfen ihres Anleiters treten konnte, der alsterdorf assistenz west. Sie hält ment in der Evangelischen Stiftung meint nicht, auch wenn die einstige Anstalt nicht arbeitete sie noch als Pastorin der St. weiterhin Gottesdienste in der St. Nicolaus- sie: »Entweder geht man nach kurzer Zeit mehr existiert und sich eine junge Generati- Matthäus-Gemeinde in Winterhude. Doch Kirche, bietet seelsorgerliche Beratung und wieder – oder es packt einen. Mich hat es on von Mitarbeitenden auch nicht mehr an seit 1994 ist sie nun in Alsterdorf tätig. Sie Begleitung für Klienten, Mitarbeitende, gepackt!« | diese Zeit erinnert. Die Weiterentwicklung war zunächst als Pastorin an die Alsterdorfer An- und Zugehörige an und hat zudem ein Liisa Viitanen der Arbeit mit dem Menschen und seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt bleibt die Grundlage der Arbeit für alle Beteiligten. Quellen Text 2 (1980–1993) Text 3 (2006–2013) Briefe und Bilder 1980, Rolf Baumbach Text: Haas Die Grundlage für diesen kontinuierlichen Text 1 (1963–1979) Umbruch, Mitarbeiterzeit- Jahresberichte der Evangeli- »Liebe Freunde« von Hans- Briefe und Bilder 1994, alsterdorf. Magazin Georg Schmidt Prozess, aber auch für die heutige Stellung Engelbracht, Gerda/Hauser, schrift der Evangelischen schen Stiftung Alsterdorf »Liebe Leser« der Evangelischen Stiftung Andrea (2013): Mitten in Stiftung Alsterdorf Monika Sachau: So war Briefe und Bilder 1983, (von Rolf Baumbach) Alsterdorf. der Stiftung als ein Vorbild in Sachen Hamburg. Die Alsterdorfer Briefe und Bilder aus das hier. Geschichten »Der Stiftungsrat dankt. Umbruch Nr. 3, Nr. 4, Dezember 2007 Anstalten 1945 bis 1979. Alsterdorf aus dem Leben in den Wachwechsel« von Dr. Wil- März 1992, Umbruch 2 / 06 alsterdorf. Magazin der Inklusion, Community Care und der Kohlhammer: Stuttgart »Alsterdorfer Anstalten«. helm Imhoff, Vorsitzender Text Osterwald Evangelischen Stiftung Dr. Michael Wunder: des Stiftungsrates Alsterdorf. Nr. 5, März 2008 Briefe und Bilder aus Paradigmenwechsel in Diakonisches Begegnungs- Umbruch 2 / 06 Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon- zentrum Feuerherz Engelbracht, Gerda / Hauser, www.alsterdorf.de Alsterdorf Alsterdorf Kurzporträt H.-G. Schmidt Andrea (2013): Mitten in vention wurde ganz sicher in den Jahren Dr. Michael Wunder: Hamburg. Die Alsterdorfer Paradigmenwechsel in Briefe und Bilder aus Anstalten 1945–1979. von 1996 bis 2006 gelegt. | Alsterdorf Alsterdorf 1967 / 68, »Mein Kohlhammer: Stuttgart Der Alsterdorfer Markt wird eröffnet und der Stadtteil feiert mit Birk Grüling Weg nach Alsterdorf« von Hans-Georg Schmidt

1994 1995 1996 1997 Pastor Rolf Baumbach, Wolfgang Kraft leiten mit Unterstützung von Banken, Kirche und Senat die Sanierung ein

Nach 1159 Jahren wird Hamburg wieder Massaker von Srebrenica Internationaler Seegerichtshof in Hamburg Dolly – das erste Säugetier durch Sitz eines Erzbischofs. Das Erzbistum nimmt seine Arbeit auf Klonierungsverfahren – wird gezeugt umfasst auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg thema 24_25

2006 –2013 Im August 2013 Mit einem besonderen Leuchtturmpro- wird das 10-jährige jekt leistet Alsterdorf einen Beitrag für die Dynamische Entwicklung Jubiläum des ganze Stadt: Zusammen mit den Bugen- Alsterdorfer Marktes hagen-Schulen baut die Stiftung die erste gefeiert konsequent behindertengerechte Sporthalle in allen Bereichen – in Hamburg. Bislang gibt es für Kinder und Erwachsene mit Behinderung kaum selbstbestimmtes Leben Möglichkeiten, gleichberechtigt Sport zu treiben. Die »Halle für alle« auf dem Stiftungsgelände wird so konzipiert sein, für jeden dass sie jeden Sportler willkommen heißt. Ende Oktober 2013 war Richtfest, im 2006 bis 2013 – in den vergangenen acht Dieses Ziel behielten die Verantwortli- Frühjahr 2014 soll dort geturnt und getobt Jahren machte die Stiftung Alsterdorf chen im Auge. 2006 betonte die Stiftung werden können. einen gewaltigen Sprung nach vorne. Auf mit einem neuen Leitbild ihren diakoni- Die rasante Entwicklung dieser letzten allen Arbeitsfeldern wurden die Angebote schen Auftrag. Sie stellte fünf grundlegen- Jahre wurde begleitet von Wechseln in weiterentwickelt, Regionalisierung und de Orientierungen in den Vordergrund: Struktur und Leitung. Am Anfang stand ein Dezentralisierung wurden fortgesetzt. Freiheit, Verantwortung, Autonomie, Ereignis, das vielen Menschen in der Wegweisendes Konzept war die Individualität und Respekt. Stiftung naheging: Pastor Rolf Baumbach, sozialräumliche Orientierung nach dem 2009 wurde nach langer Zeit wieder ein Vorstandsvorsitzender seit 1993, starb 2006 Prinzip »Community living«. Heim- und Mitarbeiterfest stiftungsübergreifend nach einer schweren Krankheit. »Sein Tod Anstaltsstrukturen wurden weiter aufge- organisiert. Auf dem Alsterdorfer Markt hat das Wirken der Stiftung in diesem löst. 2009 hatte die Stiftung schon 160 feierten Menschen aus den verschiedenen Geschäftsjahr tief berührt. Er hatte die Standorte. 2013 sind es mehr als 190 Bereichen ausgelassen und fröhlich. Eine Institution als Direktor und Vorsitzender des in Hamburg, Schleswig-Holstein und neue Tradition war angeschoben, die in Vorstands aus schwierigsten wirtschaftli- Niedersachsen. den folgenden Jahren immer mehr chen Verhältnissen herausgeführt und (…) Zwar liegt nach wie vor der Mittelpunkt Teilnehmer anzog. An externe Partner und nach Auflösung der Anstalt mit unterneh- in Hamburg, doch die Tätigkeitsfelder sind Vertreter der Hamburger Politik, Wirtschaft merischem Weitblick und im Geiste eines weit gestreut. Aus der Fülle einige Beispie- und Gesellschaft wandte sich der erste liberalen Protestantismus zu der großen und le: In Kiel kümmert sich die Evangelische Vorstandsempfang im Mai 2010. Sozialse- 2008 folgte die Spezialambulanz des Grundsteinlegung für ein weiteres Stations- keiten zur Beschäftigung von Menschen mit erfolgreichen diakonischen Einrichtung Stadtmission u. a. um Senioren, Suchtge- nator Dietrich Wersich unterstrich in seiner Epilepsiezentrums Hamburg, 2010 die gebäude im Rahmen der Neustrukturierung Behinderung ist geradezu riesig. Ob Musik, entwickelt, die sie heute darstellt«, schrieb fährdete, Wohnungslose und Straffällige; Rede die Bedeutung der Stiftung als Station DAVID für akut erkrankte Demenz- des Klinikgeländes. Theater, Film oder bildende Kunst: Alster- Hans Rudolf Schüler, Vorsitzender des im Kreis Stormarn hat die tohus gGmbH Impulsgeber in der sozialen Landschaft. patienten, 2013 schließlich die Einweihung Auch die alsterarbeit hat ihre Leistungen dorfer sind überall mit dabei, und die Stiftungsrates, im Jahresbericht 2006 (siehe zahlreiche Einsatzorte von Wohnangebo- Dieser Empfang hat seitdem seinen festen des großen Neu- und Umbaus, den die und Angebote weiter ausgebaut. Nun gibt Öffentlichkeit verfolgt Auftritte von Musik- auch Interview mit Hans Rudolf Schüler). ten für Klienten nach Drogenentzug Platz im Terminkalender vieler Hamburger. Gesundheitsbehörde mit mehr als 30 es u. a. Gastronomie in Haus 5 oder barner und Theatergruppen mit großer Aufmerk- Nach einer Übergangszeit mit den bis hin zu Streetwork-Projekten, in Die Bugenhagen-Schulen begingen Millionen Euro förderte. Im Werner Otto 16. Die Bandbreite der kulturellen Möglich- samkeit. Vorständen Dieter Fenker, Wolfgang Kraft Schleswig werden Menschen mit Behinde- 2007 ihr 140-jähriges Bestehen. Der Institut, dem Zentrum für Frühförderung rung in den Einrichtungen von Hesterberg damalige Schulleiter Maik Becker: »Wir und Diagnostik, bot die Mutter-und-Kind- & Stadtfeldt betreut. wollen einen Lebensort schaffen, in dem Klinik die erste Möglichkeit, dass psychisch Einer, der diese Entwicklung maßgeb- sich Kinder und Lehrer wohlfühlen.« Das kranke Mütter mit ihren Kindern gemein- lich begleitet hat, ist Theodorus Maas. Seit gelingt offenbar außerordentlich gut, denn sam aufgenommen werden können. über 20 Jahren kennt er die Stiftung aus immer mehr Eltern begeistern sich für den Nicht weniger dynamisch ging es im seiner Tätigkeit in unterschiedlichen reformpädagogischen Unterricht auf der Heinrich Sengelmann Krankenhaus zu: Funktionen, zuletzt als Geschäftsführer der Grundlage christlicher Werte. Rund tausend 2011 wurde das ehrgeizige Projekt eines alsterdorf assistenz ost. Er hat miterlebt, Mädchen und Jungen mit und ohne Gartens für die Sinne an der Station für wie der Auszug von Wohngruppen in Handicap wurden bereits von mehr als 100 Gerontopsychiatrie in die Wege geleitet, der die Stadtteile den einzelnen Menschen Pädagogen unterrichtet. sich 2013 im Rahmen des »Tages des neue Freiräume bot, aber er sah immer Die medizinischen Gesellschaften Offenen Gartens« bunt und üppig blühend auch die Gefahr von Zersplitterung: erweiterten Jahr für Jahr ihr Angebot. Am der Öffentlichkeit präsentierte. 2012 wurde »Dezentralisierung ist gut, aber trotzdem Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf das neue Haus der Station M, für Men- ist ein einheitliches Bild der Stiftung nötig. wurde 2007 das Medizinische Versorgungs- schen, die sich sowohl mit einer seelischen Zusammenhalt der Mitarbeiterschaft zentrum eröffnet, um die ambulante und Erkrankung als auch mit einer Abhängig- und Identifikation mit dem Gesamt- stationäre Versorgung von Patienten besser keitsproblematik auseinandersetzen Der Stiftungsvorstand von 2006 bis 2008: (v. l.) Ulrich Scheibel, Birgit Schulz, Hanns-Stephan Haas und unternehmen.« zu verknüpfen. müssen, eingeweiht. 2013 erfolgte die (v. l.) Dieter Fenker, Hilke Osterwald und Wolfgang Kraft Thomas Eisenreich bilden den aktuellen Stiftungsvorstand

1998 1999 2000 2001 Bündnis für Investition und Beschäftigung: Investitionsfonds fließen. Sie erhalten Fortsetzung des Öffnungsprozesses für Intensivierung der Planungen für den Mitarbeiter verzichten fünf Jahre auf Mitbestimmungsrechte bei den Investitionen das Stiftungsgelände und die Auflösung Alsterdorfer Markt // Umzugsprojekt Karl- Tariferhöhungen, die in einen und Kündigungsschutz der Anstaltsstrukturen // Termingerechte Witte-Haus // Service Wohnen Alstertal Fertigstellung der Apartmenthäuser Joschka Fischer wird Außenminister Seit dem 6. Mai können die Hamburger Spatenstich für das erste Gebäude Bei den Anschlägen am 11. September der rot-grünen Bundesregierung offiziell die gleichgeschlechtliche Ehe der in den USA werden mehr als 3.000 eingehen Menschen getötet thema 26_27

und Hilke Osterwald (stellvertretende Trägerschaft stehen, werden in der rung in die Gesellschaft einzugliedern, // Zeitzeugen // Direktorin) entstand 2008 eine neue Tochtergesellschaft prosocial gGmbH sondern um das Ziel, allen Menschen die Leitungsstruktur. Die Zuständigkeiten weitergeführt. Auch dies ein Beitrag, um Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wurden in einem vierköpfigen Vorstand ein einheitlicheres Bild der Stiftung in der gleichberechtigt zu ermöglichen. Als aufgeteilt. Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas Öffentlichkeit zu erreichen. konkrete Maßnahme zur Verwirklichung (Vorsitzender), Thomas Eisenreich, Ulrich Mehr Präsenz in der Gesellschaft will dieser Idee hat die Stiftung das Quartiers- Vom Carl-Koops-Haus Scheibel und Birgit Schulz lenken seitdem Alsterdorf auch 2011 mit der Entwicklung entwicklungsprojekt Q8 angestoßen. das Unternehmen. Im selben Jahr erhielt eines neuen Leitsatzes schaffen: »Menschen Q8 möchte die Entwicklung der Quartiere in die Stadtteile auch der Stiftungsrat eine neue Führung: sind unser Leben.« Dieser Satz verdeutlicht, so unterstützen, dass die Menschen dort Uwe Kruschinski übernahm den Vorsitz, wie die Stiftung mit all ihren Tochtergesell- selbstbestimmt leben können. Alle Men- sein Stellvertreter wurde Bernd Seguin, schaften von Menschen innerhalb und schen, ob jung oder alt, mit oder ohne ie Geschäftsführerin der alsterdorf der wöchentlichen Bewohnerbesprechung, der lange Jahre als Hörfunkjournalist die außerhalb der Stiftung wahrgenommen Handicap, gesund oder krank. assistenz west ist Andrea Stonis. Ihr WG-Einkauf selbstverständlich zusammen Geschehnisse in Alsterdorf verfolgt hatte. werden möchte: als Unternehmen für Für Theodorus Maas ist die Stiftung eine DBüro liegt im 4. Stock an der Max- mit den Klienten, gemeinsames Kochen von 2008 änderte sich der Zuschnitt der Menschen. Auch das äußere Erscheinungs- Bereiterin neuer Wege in der Versorgungs- Brauer-Allee, modern und sachlich einge- Bewohnern und Assistenten. Die Klienten Assistenzgesellschaften. In Hamburg bild der Stiftung wurde weiterentwickelt landschaft. »Ich glaube nicht, dass es eine richtet, mit Blick auf das Bahnhofsviertel. sollten Verantwortung übernehmen: »Das Andrea Stonis begann 1991 als werden seitdem die Angebote von alster- und das Farbspektrum um neue, leuchtende andere Einrichtung in Deutschland gibt, Von hier aus leitet sie die Firma, mit ihren war für viele ein Lernprozess. Mitsprache und Gruppenleiterin im damaligen dorf assistenz ost gGmbH und alsterdorf Farben erweitert. die so konsequent den Weg der Inklusion unterschiedlichen Einrichtungen und Ange- Beteiligung waren ungewohnt, vor allem für Carl-Koops-Haus und arbeitet heute assistenz west gGmbH koordiniert, die Das zentrale Stichwort der Stiftungsar- geht – von der ehemaligen Anstalt hinaus boten. Nicht nur mit administrativem Ge- diejenigen mit langer Anstaltserfahrung.« als Geschäftsführerin der alsterdorf Aufgabenkreise der Eingliederungshilfe, beit heißt »Inklusion«. Es geht jetzt nicht mitten in die Stadtteile.« | schick, sondern auch mit viel Praxiskenntnis: Während es im Carl-Koops-Haus schon assistenz west die vorrangig in Schleswig-Holsteiner mehr nur darum, Menschen mit Behinde- Inge Averdunk Andrea Stonis arbeitet seit 22 Jahren in der Einzelzimmer und Selbstbestimmung gab, Stiftung. Sie wurde 1991 als Gruppenleiterin herrschten in anderen Wohnhäusern immer Andrea Stonis gestaltete die gesamte eingestellt und begann ihren Berufsweg im noch die althergebrachten Bedingungen. Entwicklung mit. Nach einer Zwischen- Carl-Koops-Haus (CKH). »Als ich zum ersten Mal im Karl-Witte-Haus phase, in der sie ein Jahr im Rahmen des »Ausgerechnet im Carl-Koops-Haus!« ist war, standen die Mitarbeiter in weißen Rumänienprojektes der Stiftung Alsterdorf eine häufige Reaktion. Denn dieses Gebäude Kitteln in der Küche und schmierten Brote für in Rumänien arbeitete, übernahm sie die mit langen Fluren wurde allein wegen seiner die Bewohner.« Und im Wilfried-Borck-Haus Leitung einer Hausgemeinschaft im Stadtteil Größe und Struktur vielfach kritisiert. Für gab es 2008 noch Doppelzimmer. »Ich habe Fuhlsbüttel, wurde ab 1999 Bereichsleiterin, die Sozialpädagogin aber war die Einrich- gestaunt, wie sich die Welten so parallel etablierte neue Hausgemeinschaften und tung damals vergleichsweise modern. »Wir gehalten haben.« begleitete Um- und Auszugsprozesse von Klientinnen und Klienten vom Stiftungsge- lände in die Stadtteile. Viele Dinge, die früher als Ziel for- muliert wurden, sind heute für Klienten selbstverständlich: »Aus ›Betreuten‹ sind Assistenznehmer geworden, mit eigener Wohnung, eigenen Mietverträgen und selbst ausgewählten Assistenten.« Trotzdem Blick auf das sieht Andrea Stonis die Notwendigkeit, sich Carl-Koops-Haus – das Erreichte immer wieder vor Augen zu ein typisches führen: »Wir müssen das Konzept der per- Anstaltsgebäude sönlichen Assistenz fortlaufend in der Praxis überprüfen und weiterentwickeln.« trugen hier keine Dienstkleidung. Es gab Obwohl sie zwei Jahre im Carl-Koops- Für die Zukunft sieht Andrea Stonis die ganz klare Richtung, zusammen mit Haus gearbeitet hatte, machte der Abriss sie für die Stiftung neue Herausforderungen: Bild links: Das Bild am Eingang des Alsterdorfer den Klientinnen und Klienten und für sie zu nicht wehmütig: »Letztendlich zeigte es sich, »Die Stiftung war in den letzten 20 Jahren Marktes besteht aus Figuren von Bildern der arbeiten.« Das war nicht immer bequem. In dass die räumlichen und strukturellen Be- Vorreiterin der Entwicklung in der Behinder- Hamburger Ateliergemeinschaft der Schlumper Maler ihrer Wohngruppe mit zehn Klienten hieß dingungen im CKH Entwicklungen zu mehr tenhilfe. Mit der konsequenten Ausrichtung Bild rechts: Der Umgestaltungsprozess der St. Nicolaus- es beispielsweise: Wir kochen selber! Die Eigen- und Selbstständigkeit verhinderten.« auf eine inklusive Gesellschaft und der Quar- Kirche zeigt im Jubiläumsjahr erste Ergebnisse. Das Verabschiedung aus der zentralen Speisever- Die Auflösung der großen Wohneinheiten tiersentwicklung Q8 treiben wir die gesell- aus der NS-Zeit stammende Altarbild hat eine neue sorgung gegen viele Widerstände bedeutete: und der Aufbau neuer Strukturen in den schaftliche Entwicklung weiter voran.« | Kommentierung durch farbige Bilder bekommen. Diskussion und Erstellung des Speiseplans in Stadtteilen waren ihr daher immer wichtig. Inge Averdunk

2002 2003 2004 2005 Community Care, u. a. Beteiligung am Einzug u. Erweiterung der Apartmenthäuser Eröffnung des Alsterdorfer Marktes Neue Struktur des Unternehmensverbundes Projekt STEPS – diverse interne Projekte (stationäre Bezüge mit ambulanten Evangelische Stiftung Alsterdorf zu diesem Thema Hilfsstrukturen)

Einführung des Euro als Bargeld; NDR-Maskottchen »Antje« stirbt George W. Bush kündigt die Invasion Ein Tsunami fordert 300.000 Angela Merkel wird Bundeskanzlerin Wir sind Papst – Joseph Aloisius Ratzinger, Beginn der »Euro = Teuro«-Diskussion in Hagenbecks Tierpark der sogenannten »Koalition der Menschenleben in Asien Erzbischof von München und Freising Willigen« im Irak an. Beginn der (Bayern), wird zum Papst Benedikt XVI. Operation »Desert Storm« gewählt thema 28_29 // Zeitzeugen // später in einer kleineren Gruppe. Er arbeitete in Hans Rudolf Schüler waren fortzuentwickeln. Alle und Vorsitzenden, sowie aus der Werkstatt für Behinderte. Thomas zog dann im Gespräch mit Sachinvestitionen waren auf die den Herren Dr. Hermann Scheile, in die Außenwohngruppe am Schlump, in ein Hanns-Stephan Haas Notwendigkeiten des Kern- Peter Buschmann und Wolfgang Aktiv für Alsterdorf: Zweierzimmer. Als der Schlump aufgelöst wurde, geschäfts der Stiftung neu zu Kraft. Wegen fehlender Über- kam er nach . Zwischendurch wurde er auf also gern zu – ohne genau zu orientieren. Pastor Reimers hatte einstimmung in konzeptionellen die »Omi vom Dienst« der psychiatrischen Station des Evangelischen wissen, worauf ich mich schon wesentliche Vorausset- Fragen der Behindertenhilfe Krankenhauses Alsterdorf aufgenommen. Seit eingelassen hatte. Was fand ich zungen in die Wege geleitet. mussten wir uns von Dr. Scheile 1990 lebt er in der Bornheide: »Hier geht es ihm also vor, als ich 1993 den Vorsitz Es gab eine neue Satzung, die trennen. Herr Buschmann verließ lle Benkmann: groß und schlank, gepflegt – gut«, spürt Ille Benkmann. In der Tagesförderstät- im Stiftungsrat übernahm? die Rechtsnatur einer Stiftung die Stiftung für eine anderweiti- so stellt man sich eine Hanseatin vor. Wenn te arbeitet er zweimal wöchentlich in der Die Stiftung war die größte privaten Rechts korrekt abbil- ge Tätigkeit. man eine Stunde mit ihr am Kaffeetisch geses- Gartengruppe. Die hält zum Beispiel das Jugend- diakonische Einrichtung in dete. Dies war bis dahin unklar. Was blieb, war ein Zweier-Vor- sen hat, wundert man sich nicht mehr, dass leistungszentrum des FC St. Pauli in Ordnung. Norddeutschland. Ein großer Doch auch unter dieser neuen stand: Herrn Kraft wurden die Isie auch im Großmutteralter von den meisten Dann schiebt Thomas die Karre mit Grünzeug Arbeitgeber der Stadt und eine Satzung wurden alte Traditionen Ressorts Finanzen und Personal Bekannten noch »Ille« genannt wird. Lebhaft über das Gelände und ist zufrieden. der bedeutenden Institutionen fortgeführt. Einige Mitglieder zugeordnet, Pastor Baumbach erzählt sie von ihrer eigenen Geschichte, die eng Er hat sich oft umgewöhnen müssen, mit der Behindertenhilfe in der des Stiftungsrates wurden nicht übernahm neben seinen Pflich- mit der Stiftung Alsterdorf verbunden ist – seit Hoch- und Tiefphasen reagiert. Einmal stellte er Bundesrepublik. Sie war durch aus diesem Gremium heraus ten als Direktor und Vorsitzender mehr als 35 Jahren. Umtriebig ist sie wohl immer, aus Protest das Essen ein. 1996 wurde er des Vorstandes alle anderen aber gerade jetzt steht ihr eine besonders span- plötzlich schwer psychisch krank. Konnte sich nur in Interview von Prof. // Interview // operativen und Stabsfunktionen. nende Phase bevor: Sie wird umziehen! Aus ihrer noch im Rollstuhl fortbewegen, die Körperfunkti- Hanns-Stephan Haas, Dies Schritte haben sich in der Wohnung in in einen Wohnungs- onen nicht mehr beherrschen. »Es dauerte Vorstandsvorsitzender Folge durchaus bewährt. Die neubau der Stiftung an der Sengelmannstraße. zweieinhalb Jahre, bis er wieder einigermaßen der Stiftung, mit Hans Kompetenzen der Bereichsleiter Andere orientieren sich mit 80 Jahren nur noch okay war.« ERudolf Schüler, dem ehemaligen Alte Strukturen, Schulden auf der nächsten Management- gezwungenermaßen um, weil sie sich vielleicht Ille Benkmann hat alle Wohnbereiche, alle Stiftungsratsvorsitzenden der ebene wurden gestärkt. nicht mehr alleine versorgen können. Nicht so Lebensbedingungen kennengelernt. Sie ist Stiftung, über die Sanierung der Worauf es nun ankam war, alle Ille Benkmann: Sie ist fit, rudert regelmäßig im keineswegs unkritisch, sagt offen ihre Meinung, Stiftung in den 1990er-Jahren. und ein neuer Vorstand Investivstrukturen der Stiftung Hamburger Ruderinnen-Club von 1925 e. V., geht auf die Barrikaden, wenn es sein muss (»Ich auf ihre Wirtschaftlichkeit hin bewegt sich in Hamburg am liebsten mit dem habe auch gegen das Carl-Koops-Haus demonst- Haas: Herr Schüler, erst Evangelische Stiftung Alster- konzeptionelle und strukturelle gewählt, sondern von außen – zu überprüfen, neue Quellen Fahrrad vorwärts. Und zum Umzug hat sie sich riert«) – aber im Grunde steht sie voll und ganz einmal vielen Dank für die dorf. Ich habe den Eindruck, Fehlentwicklungen sowie durch Stadt, Kirche und Hausbanken der Finanzierung zu erschließen ganz freiwillig entschlossen. hinter Alsterdorf: »Die Stiftung war für mich eine Möglichkeit, heute mit Ihnen die schwierigste ökonomische mangelnde Transparenz der – delegiert. Dies barg die Gefahr und die Behindertenarbeit an Nach Alsterdorf ziehen, das ist für sie »wie Beruhigung in schwerer Zeit. Die Mitarbeiter als ehemaligem Stiftungsrats- Krise, die fast auch zum Ende betrieblichen Abläufe tief in von Interessenkonflikten der die Bedürfnisse der modernen nach Hause kommen«. 1976 war sie zum ersten haben gesagt: Egal, was ist: Thomas bleibt hier! vorsitzendem zu sprechen. der Stiftung geführt hätte, die roten Zahlen gerutscht. beteiligten Institutionen. Gesellschaft anzupassen. Mal in der Stiftung. Damals wurde ihr geistig Das ist sein Zuhause.« Darf ich einmal ganz indiskret haben Sie bewältigen müs- Sie stand vor dem wirtschaftli- Wie überhaupt die Nordelbi- Neben der drohenden Insolvenz behinderter Sohn in Alsterdorf aufgenommen. Deshalb unterstützt sie die Stiftung auf für unsere Leser fragen, wie sen. Wer war Ihr Ansprech- chen Aus. sche Kirche die Stiftung als ihre war augenfällig für diese Zwän- Thomas, 1959 geboren, war zunächst unauffällig unterschiedliche Art und Weise. Sie hat aus dem alt Sie jetzt sind, so frisch, partner 1993? Ein alter Vorstand war nach eigene Institution mit unmittel- ge etwa das Carl-Koops-Haus: herangewachsen. Erst mit acht Jahren stellte man Geld einer Erbschaft eine Zustiftung gegründet, wie Sie mir gegenübersitzen? Die Verbindung kam eher gerichtlich ausgetragenen barem Weisungsrecht ansah. die Hauptinvestition aus 1982. die geistige Behinderung fest, wahrscheinlich mit der sie gezielt Projekte fördert, und sie Schüler: Ich bin 84 Jahre alt. zufällig zustande. Ich war zuvor Auseinandersetzungen ausge- Dies vertrug sich nicht mit dem Mit seinen ca. 220 Plätzen war begründet durch Sauerstoffmangel bei der engagiert sich ehrenamtlich. Aktiv arbeitete sie Die »Alsterdorfer Anstalten« nach 40 Jahren aus dem schieden, der neue in sich und Sengelmannschen Stifterwillen – es ein Musterbeispiel für die Geburt. im Elternbeirat mit – seit seiner Gründung. Einmal waren mir – wie den meisten Management eines internationa- mit den Mitarbeitern zerstritten. er hatte ja selbst ein besonderes Verwahrideologie einer ver- Zusammen mit Thomas lernte Ille Benkmann im Monat fährt sie in die Wohngruppe, in der ihr Hamburgern – seit meiner len Großunternehmens aus- Die Medizin, die Schulen und Verhältnis zur Amtskirche. Diese gangenen Zeit und hochgradig die Entwicklung von Alsterdorf seit den 70er- Sohn lebt, um dort ganz praktische Hilfe zu Jugend ein Begriff. Ich bin in geschieden. Auf einer Rundreise die Randaktivitäten der Behin- grundsätzlichen rechtlichen Fra- unwirtschaftlich durch seine Jahren bis heute kennen. Thomas lebte in Haus leisten: »Ich mache Gartenarbeit, schrubbe Barmbek an der Alten Wöhr durch Israel erzählte mir Pastor dertenhilfe – Werkstatt und gen konnten aber in der Folge riesigen Verkehrsflächen. Heinrichshöh, zuerst im Saal mit zehn Kindern, Stühle, wasche Gardinen, sortiere Strümpfe – ich aufgewachsen. Für uns Jungs Dr. Stephan Reimers – er war Landwirtschaft – pflegten ihr schnell geklärt werden. Offensichtlich war auch, dass bin die Omi vom Dienst.« war es eine geheimnisvolle Welt: damals hamburgischer Landes- Eigenleben. Die Gläubiger – al- Es gab weiter einen mit Vertre- der Aufwand für das schöne Wenn sie im kommenden Jahr nach Alster- das Gelände drohend zaunver- pastor und Leiter des Diakoni- len voran die Sozialbehörde der tern der Mitarbeiter paritätisch Zentralgelände in Alsterdorf aus dorf zieht, will sie sich auch dort ehrenamtlich sperrt, Schlagbaum, Pförtner- sches Werkes – von seinen Stadt und die Hausbanken – wa- besetzten Stiftungsrat. Vor- den Pflegesätzen allein nicht zu betätigen. Sie macht schon konkrete Pläne: haus uns abweisend anblickende Sorgenkindern. Er fragte, ob ich ren beunruhigt, die Kirche tief sitzender war Oberkirchenrat finanzieren war. »Wenn Thomas mich dann besuchen kommt, Wärter. ihm bei seinen Problemen in besorgt und Ruf und Vertrauen Dr. Ziebold. Neben Pastor Dr. Standen Sie mit dieser kann er ganz alleine zum Alsterdorfer Markt Meine Arbeit für die Stiftung Alsterdorf helfen könnte. der Institution in der Öffentlich- Reimers, der die entscheiden- Wahrnehmung relativ alleine? gehen. Und vielleicht erinnert er sich an früher, begann 1993, und ihr aktiver Zu diesem Zeitpunkt kann- keit am Boden. den Maßnahmen initiiert hatte, Nein. Stiftungsrat und als er noch in Alsterdorf lebte.« Teil endete nach 15 Jahren. ten Sie Alsterdorf gar nicht Was zu tun war, lag auf der haben auch Dr. Ziebold und der Vorstand stimmten in der Ana- Ille Benkmann So schließt sich der Kreis, für Ille Benkmann Genau das ist die Zeit, oder kaum? Hand: Die Stiftung musste nach langjährige Vorsitzende der Mit- lyse überein und waren zu den begleitet die und ihren Sohn. Sie setzt sich für Alsterdorf ein, über die wir heute reden wol- Das ist richtig. Die aktuellen innen befriedet werden. Dazu arbeitervertretung Jens Stramp- notwendigen Veränderungen Entwicklung der trotz schwieriger Zeiten: »Für mich ist Alsterdorf len. Ich kenne keine diakoni- Schwierigkeiten der Stiftung bedurfte es einer Prüfung der fer sehr wesentlich zur Gesun- bereit. Wir verordneten der Stif- Stiftung sehr eine Institution, die immer alle aufgenommen sche Einrichtung, die so viele waren mir entgangen, weil ich rechtlichen Strukturen und klarer dung der Stiftung beigetragen. tung ein neues Finanzkonzept engagiert seit und niemanden abgelehnt hat.« | Krisen in ihrer Geschichte vorher überwiegend im Ausland Führungsimpulse. Die Konzep- Der Vorstand bestand aus Pastor mit Bilanzierung wie eine große vielen Jahren Inge Averdunk bewältigen musste, wie die tätig gewesen war. Ich sagte tionen der Behindertenhilfe Baumbach, als dem Direktor Aktiengesellschaft, Wirtschafts-

2006 2007 2008 2009 Neubesetzung des Vorstandsvorsitzes Der vierköpfige Vorstand der Stiftung mit Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas nimmt 2009 seine Arbeit auf

Die Hamburgische Bürgerschaft stimmt CDU und GAL einigen sich auf einen Yes we can: Barack Obama wird einstimmig für den Bau der Elbphilharmonie Koalitionsvertrag in Hamburg 44. Präsident der Vereinigten Staaten thema 30_31 prüfung und Publikation der unseren Mitarbeitern mit einem und war frei von vorgefassten (lacht) Die latente Sorge nicht durchsetzen können. Die // Die Direktoren der Ev. Stiftung Alsterdorf // Ergebnisse. Ohne diese Maß- Effekt von 50 Mio. DM. Meinungen. Die Stiftung einiger Anwohner konnte durch Bereiche, die im Übrigen von nahmen hätten die folgenden Das Bündnis sah einen Verzicht verdankt ihm viel. entsprechende Öffentlichkeitsar- dieser Gesamtkonstruktion Sanierungsverhandlungen nicht der Mitarbeiter auf tarifliche Die spätere Phase des Wachs- beit zerstreut werden. Unsere begeistert waren, legten Wert erfolgreich geführt und der Leistungen vor, die die Stiftung tums der Stiftung mit ihren Botschaft war: die volle auf eine weitere Differenzierung. Professor Dr. gute Ruf der Stiftung in der zwar aufbringen musste, aber zahlreichen Bauvorhaben war Transparenz unserer Arbeit, Damit sind wir dann offenbar Öffentlichkeit wiederhergestellt nur für einvernehmlich aner- sein Feld. Er entdeckte seine Entfernung des trennenden zu weit gegangen. Die seither werden können. kannte Zukunftsinvestitionen Affinität zur Architektur – und Zauns, Öffnung des Geländes durchgeführten Korrekturen Hanns-Stephan Haas Sie sagten, die Strukturen verwenden konnte. Es war das Gerücht, dass er immer für jedermann und Aufklärung halte ich für richtig. hatten sich überlebt. Dann einmalig in der Bundesrepublik. einen Zollstock in der Tasche darüber, dass sich die Arbeit der Wir sagen heute, wir sind gehörte dazu sicher auch, Dass die Mitarbeiter einer Stif- hatte, ist eine liebevolle Facette Stiftung nicht mehr in Alsterdorf ein modernes Dienstleistungs- – Direktor seit 2008 dass der Stiftungsrat in der tung damit selbst den größten dieser Leidenschaft. konzentriert, sondern weitge- unternehmen. Das trägt sehr Geschichte gesehen ja keine Teil der Mittel für die langfristige Er war aber vor allem der hend dezentral in der Stadt stark Ihre Handschrift und aufsichtsrechtliche Funktion Sanierung auf sich genommen Architekt der Öffnung der aufgebaut wird. die Handschrift der dama- Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas, geboren 1958, Motivation aufwiesen, wie eine große Studie aus hatte, sondern auch sehr haben, war dem Vorstand und Stiftung nach außen. Ich sagte Und schließlich: Dem Stadtteil ligen Vorstände Baumbach wurde 2008 Direktor und Vorstandsvorsitzender St. Gallen zeige. »Mitarbeitende haben sicher stark operativ tätig war. der Mitarbeitervertretung zu schon, dass die Stiftung den fehlt ein Marktplatz, und die und Kraft. Wir führen dieses der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Er studier- das berechtigte Gefühl: Hier steckt nicht am Waren neben dem Lenker verdanken. Aufwand für das Zentralgelän- Stiftung muss zum Überleben Interview heute im Rahmen te Theologie in Wuppertal, Tübingen, Ende ein Aktionär oder ein Shareholder irgend- Baumbach Sie das finanziel- Der Plan wurde von allen Betei- de aus den Pflegeträgern nicht neue Ertragsquellen ansiedeln. des 150-jährigen Jubiläums Erlangen und Lund. Nach seinem Vikariat in welche Gewinne ein. Im Vordergrund steht, ein le Gewissen und der Lenker ligten angenommen und war mehr erwirtschaften konnte. Wenn diese den Mangel des der Stiftung und der Grün- einem Vorort von Mülheim an der Ruhr war Ziel zu verfolgen, von dessen Sinnhaftigkeit wir im Hintergrund oder waren die Grundlage für die Sanierung Weitere Erwerbsquellen mussten Stadtteils ausglichen, hätten wir dungsinitiative. Wie wichtig er als Pfarrer an der Kreuzkirche in Bonn tätig. in unserer Arbeit überzeugt sind. Ich glaube, das es eher die Mitarbeitenden und das Wachstum der Stiftung. dringend geschaffen werden. einen echten Gewinn für alle. war eigentlich dieser Rückgriff Während seiner Zeit als Studieninspektor am ist ein ungeheurer Vorteil von gemeinnützigen der zweiten Ebene, die dort Viele der damaligen Wei- Dazu wurde zunächst das War das auch der wesent- auch auf Sengelmann und die Adolf-Clarenbach-Haus, einem evangelisch- Unternehmen, wobei durch die Diakonie da Verantwortung übernommen chenstellungen haben sich als Stiftungsgelände durch einen liche Treiber für die Holding- Besonderheit einer Stiftung in theologischen Studienhaus in Bonn, promovierte noch ein spezifisches Verständnis von Sinnhaftig- haben, oder war es ein Mix? richtig erwiesen und wirken Geländetausch mit der Stadt und die GmbH-Bildung? dieser Zeit oder war es eher er an der dortigen Universität. Im Jahr 1990 ging keit hineinkommt«, so Haas weiter. Ich denke wohl, dass ich in auch heute noch unglaublich auf der Ostseite der Sengel- Nein. Die Stiftung war in eine Aufbruchszeit, wo man er als Pfarrer an die Gnadenkirche in Rheinbach. Dieses Gefühl der Sinnhaftigkeit wird zusätz- dieser Phase eine besondere nach. Die Investitionsmittel, mannstraße konzentriert und ihren operativen Aktivitäten sich emanzipieren musste von Mitte der 1990er-Jahre erhielt er eine Professur lich dadurch verstärkt, dass die Evangelische Rolle gespielt habe. Die die damals hineingeflossen ein Nutzungsgutachten der ECE stark diversifiziert. Zusammen einer falschen Auslegungstra- an der Evangelischen Fachhochschule Hannover. Stiftung Alsterdorf ihre Geschichte nicht unter Aktionen der Durchführung sind – vor allen Dingen durch – einer Tochtergesellschaft der mit den funktionalen Bereichen dition von Stiftungen? 1999 übernahm Hanns-Stephan Haas die Lei- den Teppich kehrt, sondern Prof. Haas sogar überließ ich zumeist dem die wesentlichen Verzichts- mit Werner Otto, dem Stifter wie Finanzen, Rechnungswesen Wir mussten uns natürlich tung der Bundesakademie für Kirche und Diako- im 150. Jubiläumsjahr das Buch »Mitten in Vorstand, um dessen Autorität leistungen auch von Mitarbei- des gleichnamigen Instituts der und Personal gab es also nur ein von den Vorstellungen des 19. nie in Berlin. Gleichzeitig war er auch Begründer Hamburg. Die Alsterdorfer Anstalten 1945 bis nicht zu beeinträchtigen – wie tenden – sind ja im Grunde Stiftung, verbundenen Grup- einziges großes Haftungsgebil- Jahrhunderts über die Hilfe und und Vorstandsvorsitzender der Führungsaka- 1979« in Auftrag geben ließ, aus gutem Grund, ich auch später immer sorgfältig genommen die Grundlage pe – eingeholt. Sie empfahl de. Die Konsequenz war: Wann Begleitung behinderter Men- demie für Kirche und Diakonie, die ebenfalls in wie er darlegt: »Wir sind uns bewusst, wie viele darauf geachtet habe, den gewesen, um überhaupt den die Öffnung des Geländes und immer in einem Bereich beson- schen befreien. Das geboten uns Berlin angesiedelt ist. Parallel absolvierte Haas Fortschritte in unserer Stiftungsgeschichte von Stiftungsrat nicht nach außen, Alsterdorfer Markt zu planen, die Schaffung des Alsterdorfer dere Haftungsrisiken auftraten, das Grundgesetz mit seiner ein MBA-Studium an der Universität St. Gallen, einem Lernen aus der Geschichte abhängen. sondern nur im Dialog mit dem der ja heute das Kennzeichen Marktes in seiner heutigen belasteten sie zwangsläufig Verpflichtung zur Wahrung der in dem er sich auf General Management und Viele der herausgearbeiteten Ergebnisse dieser Vorstand agieren zu lassen. der Stiftung ist. Wie beurtei- Erscheinungsform. Das ent- auch alle übrigen Bereiche. Wir Menschenwürde wie auch die Betriebswirtschaftslehre spezialisierte. Als im Dokumentation erschüttern uns. Sie machen uns Da der kurz- und mittelfristige len Sie die drei Rollen von Rolf sprach Baumbachs Visionen: waren uns einig, dass dies durch tief greifenden Veränderungen Jahr 2005 die Fachhochschule der Diakonie zugleich nachdenklich, wie wir aus dieser Zeit für Finanzbedarf zur Vermeidung Baumbach in dieser Entwick- Auflösung der Verwahranstalt, eine Anpassung der korporati- der gesellschaftlichen, medizini- in Bielefeld ins Leben gerufen wurde, war er die Gegenwart und die Zukunft lernen können. der Insolvenz auf bis zu 100 lung, für die er offensichtlich Abriss des Zauns und viele neue ven Gesamtstruktur verhindert schen und ökonomischen Gründungsdirektor. Ein Jahr darauf habilitierte er In der beschriebenen Zeit haben Menschen Millionen DM geschätzt wurde, eine Begabung hatte: Pastor, ertragreiche Aktivitäten auf dem werden muss. Wir gründeten Bedingungen unserer Zeit. sich an der Kirchlichen Hochschule Bethel und ist in Alsterdorf Gewalt erfahren, psychisch und war die Erarbeitung eines Manager, Architekt? Gelände. daher die Holding mit einem Die Stiftung war bis zum Ende seitdem dort als Privatdozent für Systematische physisch, durch unmittelbare Anwendung von Sanierungsplanes von höchster (lacht) Rolf Baumbach war Gab es damals eigentlich kleinen Vorstand und wenigen des vorigen Jahrhunderts immer Theologie und Diakoniewissenschaft tätig. körperlicher Gewalt, durch Medikalisierung, Dringlichkeit. Er sah vor: Ein für mich ein außerordentlich auch große Widerstände Stabsfunktionen sowie rechtlich noch stark mit dem historischen Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit als Direktor durch Strafmaßnahmen. Ich möchte im Namen Verzicht unserer Hausbanken fähiger Mann. Er war vorher gegen das Konzept? selbstständigen operativen Gedankengut unseres Stifters und Vorstandsvorsitzender wurde Prof. Haas unserer Stiftung daher alle Menschen, die in den auf aufgelaufene Zinsen in Höhe Gemeindepastor und ein guter In der Öffentlichkeit gab es Tochtergesellschaften. durchsetzt. Erst im Zuge der Sa- im alsterdorf Magazin vorgestellt, und zwar mit damaligen Alsterdorfer Anstalten Opfer von Ge- von 15 Mio. DM. Hinzu kam ein Seelsorger mit tiefem christli- Vorbehalte, die sich vordergrün- Manches von dem, was nierung und Weiterentwicklung einem Gespräch zum Thema Diakonie und Öko- walt wurden, für diese Geschehnisse um Verzei- zinsloses Darlehen der Nor- chem Verständnis. Er besaß die dig gegen das wirtschaftliche Sie erwähnt haben, ist in wurden diese alten Vorstellun- nomie. Darin machte er deutlich: »Wir heißen hung bitten.« Zum Jubiläum gehört der Blick in delbischen Kirche in Höhe von Fähigkeit, andere zu befrieden, Konzept, im Kern aber gegen der Zwischenzeit teilweise gen so modifiziert, dass das nicht Evangelisches Unternehmen Alsterdorf, die Vergangenheit, aber auch in Gegenwart und 15 Mio. DM, das später zum strahlte Gradlinigkeit und Autori- eine größere Freiheit behinderter korrigiert. Wir haben z. B. wesentlichste Anliegen Sengel- sondern Evangelische Stiftung Alsterdorf. Das Zukunft: Daher hat Direktor Haas zu diesem An- Barwert zurückzuzahlen war. tät aus und war aufgeschlossen Menschen richteten. erheblich weniger Gesell- manns, diesen Menschen die hat ja seine guten Gründe. Dem Unternehmens- lass auch die Ausstellung »Geht doch!« initiiert, Darüber hinaus erfolgte eine gegenüber neuen Herausforde- Ich kenne den Ausspruch schaften heute. richtige Hilfe und Begleitung zu begriff hängt per se an, dass der Hauptzweck die von Aktion Mensch gefördert wird und im Neuberechnung und Poolung rungen – selbst so trockenen aus meiner Tätigkeit in der Meine Vorstellung war, nur geben, deutlich und zeitgemäß dieser Organisationsform darin besteht, Profit Hamburg Museum gezeigt wird. Die Ausstellung von Pflegesätzen der Sozialbe- wie dem Management von Bundeszentrale der Diakonie, vier Tochtergesellschaften zu verwirklicht worden ist. zu erzeugen. Gewinnerzielung ist aber für uns macht Inklusion erlebbar und will laut Haas dazu hörde mit einem bedeutenden Unternehmen. Er konnte ein in der die Stiftung Alsterdorf gründen: Behindertenbereich, Vielen Dank, ich denke, nicht die oberste Maxime.« Dies wirke sich auch einladen, darüber nachzudenken, was alles in Ertragseffekt und ein Bündnis großes Arbeitspensum bewälti- bezeichnet wurde als Medizin, Schulen und sonstige das war ein schönes auf die Mitarbeitenden aus, die in gemeinwohl- Hamburg noch besser laufen könnte. | für Investition und Arbeit mit gen, besaß plausible Visionen Evangelische Stiftung Aldi. Aktivitäten. Damit habe ich mich Schlusswort. | orientierten Unternehmen generell eine höhere Liisa Viitanen

2010 2011 2012 2013 Deutscher Ethikrat besucht die Stiftung: Das neue Quartiersentwicklungsprojekt Leitende Sozialarbeiter aus Birmingham Die Stiftung feiert ihr 150-jähriges Jubiläum Das Inklusionskonzept der Stiftung steht »Q8« der Stiftung nimmt seine Arbeit auf und Chicago besuchen die Stiftung: mit vielen Aktivitäten im Mittelpunkt »Alsterdorf is a very impressing place.«

Beginn der griechischen 2010 stirbt Heidi Kabel. Sie spielte 66 Jahre Beginn des Arabischen Frühlings; und in Nordafrika gegen die dort autoritär Aufdeckung der NSU-Anschlagsserie in Hamburgs Grün Alternative Liste (GAL) heißt Mai: Evangelischer Kirchentag in Hamburg Staatsschuldenkrise // im Hamburger Ohnsorg-Theater. Sie stirbt ausgehend von der Revolution in Tunesien herrschenden Regime und die politischen Deutschland, Eurokrise // jetzt wie alle anderen Landesverbände der FC St. Pauli wird 100 Jahre alt mit 95 Jahren richteten sich Proteste in der arabischen und sozialen Strukturen dieser Länder // 100. Geburtstag von Axel Springer, Republik auch: Bündnis 90/Die Grünen Welt in mehreren Staaten im Nahen Osten Der Flughafen Hamburg wird 100 Jahre alt Verleger aus Hamburg.Altona spots 32_33 Ein freundlicher Empfang schon länger für einen Job auf isa-Teams. Die Idee, Menschen plätze an, in Kooperationen mit isa-Büro, und auch bei Hambur- Der integrationsservice arbeit (isa) ermöglicht es dem normalen Arbeitsmarkt mit Behinderung auch außer- anderen Einrichtungen sind es ger Unternehmen hat sich die interessiert, hier habe ich das halb von Werkstätten eine sogar über 175. »Das Angebot erfolgreiche Arbeit herumge- Menschen mit Handicap, auf dem Arbeitsmarkt Fuß passende Umfeld dafür gefun- berufliche Perspektive zu bieten, ist vielfältig. Unsere Klientinnen sprochen. den«, sagt er. ist gar nicht so neu. Bereits seit und Klienten arbeiten in Hotels, Auch bei dem Arbeitsplatz von Vermittelt hat den Job der Ende der 90er-Jahre gibt es bei Werbeagenturen, IT-Firmen Christoph Petersen ging die Ini- zu fassen. Wie gut das funktionieren kann, zeigt ein integrationsservice arbeit der der alsterarbeit entsprechende und sogar im Theater«, erklärt tiative von Veolia Umweltservice alsterarbeit. »Wir unterstützen Arbeitsplätze, allerdings lange er. Das gestiegene Interesse aus. »Für uns sind Inklusion und Besuch bei der Veolia Umweltservice GmbH Menschen mit Handicap bei nur sehr vereinzelt. Zum großen spüren Weyhing und sein Team Diversität am Arbeitsplatz schon der Suche nach einem ausge- Trend wurde dieser inklusi- fast täglich. So kommen immer länger wichtige Themen«, lagerten Arbeitsplatz auf dem ve Ansatz erst in den letzten mehr Beschäftigte mit dem erklärt Christine Großmann, als ersten Arbeitsmarkt«, erklärt Jahren, inzwischen bietet die Wunsch nach einem ausge- Personalreferentin verantwort- Sebastian Weyhing, Leiter des isa über 50 solcher Arbeits- lagerten Arbeitsplatz in das lich für die Zusammenarbeit. In der Hamburger Zentrale arbeitet hristoph Petersen neben Petersen noch eine geht gerne zur von der isa vermittelte Dame Arbeit. Selbst am im Büromanagement. »Bei Montagmorgen beiden hat es menschlich von schiebt er lä- Anfang an gepasst und in dem Cchelnd den Servierwagen mit vierwöchigen Vorpraktikum hat randvoll Kaffee und Keksen Bild unten rechts: (v. l.) sich dieser positive Eindruck nur in Richtung Konferenzraum. Christine Großmann bestätigt«, sagt sie. Damit die In wenigen Stunden werden (Personalreferentin Veolia Zusammenarbeit auch lang- hier wichtige Entscheidungen Umweltservice) und fristig funktioniert, gibt es ein getroffen, eine Geschäftsdele- Christoph Petersen hatten paar kleinere Anpassungen. Im gation aus Frankreich hat sich von Beginn an einen guten Betrieb haben die Klienten feste angekündigt. »Ich lege Papier Draht zueinander Ansprechpartner für anstehen- bereit, fülle die Kaffeemaschi- Christoph Petersen de Aufgaben, außerdem be- ne auf und sorge dafür, dass plant gewissenhaft gleiten die isa-Mitarbeiter auch der Raum sauber ist«, erklärt seine Aufgaben über die Vermittlung hinaus den er. Seit knapp zwei Jahren Berufsalltag. »Wir telefonieren arbeitet der 29-Jährige bereits jede Woche mit den Klienten, als Assistent des Empfangs außerdem besuchen wir sie bei Veolia Umweltservice. Das einmal pro Monat am Arbeits- Unternehmen mit Hauptsitz platz. Dabei sprechen wir auch in Hamburg ist einer der mit dem Arbeitgeber«, erklärt führenden Anbieter von Ent- Marta Redondo, Sozialpädago- sorgungsdienstleistungen und gin bei der isa. Mit Christoph beschäftigt deutschlandweit Petersen gibt es meistens wenig mehr als 10.000 Mitarbeite- Klärungsbedarf, die Arbeit geht rinnen und Mitarbeiter. Vor ihm gut von der Hand und bei seiner heutigen Stelle hat den Kollegen ist er beliebt. Bei Petersen in einer Werkstatt für Veolia Umweltservice kann man Menschen mit Behinderung sich deshalb durchaus vorstel- gearbeitet. »Ich hatte mich len, weitere Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap zu schaffen. »Wir sind hundert- kontakt prozentig überzeugt von dem Konzept. Ich kann nur jedem integrationsservice arbeit Unternehmen empfehlen, ein- Sebastian Weyhing mal selbst nach Möglichkeiten Seewartenstraße 10, Haus 2 für einen inklusiven Arbeitsplatz 20459 Hamburg Christoph Petersen an seinem zu schauen«, sagt Großmann. |

[email protected] Axel Nordmeier Fotos: Arbeitsplatz im Servicebereich Birk Grüling spots 34_35 Lebendiges Wohnprojekt in Eidelstedt Das Bild hat Michael Hagedorn gemacht. Es zeigt eine Patientin mit Demenz auf Station DAVID, bei der as erste Mal mit am Eidelstedter Platz, erinnert »Eine weitere Gruppe waren bekannte Verhaltensweisen eine Ultraschalluntersuchung dem Schlüssel sich an die Zeit, als die Evange- Menschen, die vorher in einer können Begleiterscheinungen gemacht wird – das Gerät die Wohnungstür lische Stiftung Alsterdorf mit in Wohngruppe gelebt hatten. sein. So auch in der Feldmark. kommt ans Bett, die Patientin öffnen und die das Projekt einstieg: »STATTBAU Sie zogen in ein Angebot, das Dies führte dazu, dass der Kon- muss keine langen und eigene Wohnung hatte erfolgreich Kontakt zu der ihnen mehr Autonomie und takt zu den Nachbarn gesucht verwirrenden Wege durch Dbetreten – das Gefühl der Wohngenossenschaft Langen- Verantwortung erlaubte. Das und viel erklärt wurde, um auf das Krankenhaus zum Freiheit, gemischt mit der felde e. G. aufgenommen, mit wollte gelernt werden, denn Vorbehalte und auch Unsi- Untersuchungsraum gehen. Aufregung, wie die nächste Zeit der der Bau realisiert werden die Versorgung in der Wohn- cherheiten zu reagieren. Wie Ein Beispiel dafür, dass das werden mag, diesen Zauber des konnte. Die Stiftung ist dann gruppe war ganz anders orga- kann ich Grenzen setzen und Haus bereits auf dem Weg zur Anfangs kennt wohl jeder. Für als Kooperationspartner in das nisiert. Die Vorstellung eines sagen, dass mich etwas stört? demenzsensiblen Klinik ist. einen Teil der Menschen, die Projekt eingestiegen.« eigenen Zuhauses hat Welche baulichen Lösungen in das Wohnprojekt Feldmark Zu den Treffen im Bürgerhaus die Menschen aber auch sehr kann es geben? Wie kann ich in Eidelstedt gezogen sind, be- kamen auch Menschen mit motiviert und Energie freige- mit nicht sprechenden Men- deutete dies das erste Mal neue Assistenzbedarf, die, von der setzt. So hat ein Klient alle schen in Kontakt kommen? Wie Nachbarn kennenlernen, den Stiftung betreut, schon recht seine Sachen selbst ein- und werden die Gemeinschaftsauf- Selbstbestimmung trotz Stadtteil erkunden, die Einkäufe selbstständig in der Nähe leb- ausgepackt und dafür auch die gaben verteilt? Um den guten selber erledigen und es sich im ten. Sie hatten Interesse, in Ein- ganze Nacht geräumt.« nachbarschaftlichen Umgang neuen Zuhause richtig gemüt- oder Zweipersonenwohnungen Wer Wohnprojekte kennt, im Haus weiter zu stärken, gab Demenz – auch in der Klinik lich machen. zu leben. Von den 45 Wohnun- weiß, dass das Zusammenleben es Informationsveranstaltungen, Die Schlüsselübergabe hatte gen in dem Wohnprojekt bezo- in einer Gemeinschaft nicht Einzelgespräche, eine Mediation Robert Bosch Stiftung fördert das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf einen langen Vorlauf. Ende gen Klientinnen und Klienten immer einfach ist. Themen und die Gruppe »Prima Klima«, der 1990er-Jahre zeigte sich der alsterdorf assistenz west wie Lärm, unterschiedliche die sich mit den Anforderungen in ersten Planungstreffen im insgesamt 12 Wohnungen. Da- Lebensrhythmen oder un- eines Niedrigenergiehauses ast jeder zweite Deut- in den kommenden drei Jahren besondere Bedürfnisse«, weiß Kommunikation mit Menschen beschäftigte. Und nicht zuletzt sche hat Angst vor finanziell gefördert werden, um der Chefarzt des Fachbereichs mit Demenz geschult werden. war der Vorstand des Vereins einem Krankenhaus- sich als demenzsensible Klinik Innere Medizin am EKA und Lei- »Es kommt darauf an, eine Eidelstedter Feldhaus e. V. aufenthalt: Die fremde weiterzuentwickeln und als ter der Station DAVID, Dr. Georg Atmosphäre des Vertrauens zu bereit umzudenken und gab Umgebung und die Modell für andere zu dienen. Poppele. »Ein zentrales Thema schaffen und die Menschen in nicht auf, um gute Lösungen Abläufe verunsichern, Das Evangelische Krankenhaus im Umgang mit Patienten mit ihrer wahrgenommenen Realität zu finden. Fdazu kommt die Ungewissheit, Alsterdorf (EKA) ist eines davon. Demenz ist, wie das Grundrecht zu akzeptieren«, erklärt Dr. Inzwischen gibt es nachbar- ob die Behandlung erfolgreich Mit der Station DAVID hat das auf Selbstbestimmung gewahrt Poppele. »Das ist nicht ein- schaftliche Freundschaften sein wird oder Schmerzen EKA bereits seit 2011 ein beson- werden kann.« Im Alltag führt fach, aber Berichtigungen oder zwischen Klienten und Nach- verursacht. Bei Menschen mit deres Angebot für diese Patien- die Frage nach dem Willen Zurechtweisungen sind völlig barn. Man passt im Urlaub auf Demenz ist vermutlich jeder tengruppe, allerdings profitieren des Patienten nicht selten zu kontraproduktiv und verunsi- Haustiere auf, und man geht durch einen Klinikaufenthalt ver- von den speziell gestalteten Konflikten zwischen Ärzten, chern noch zusätzlich.« gemeinsam ins Theater oder ängstigt. Je nachdem, wie stark Räumen vor allem Menschen Pflegekräften und Angehörigen: Für die Entwicklung des EKA Kino. Klienten laden einander das Kurzzeitgedächtnis bereits mit einer schweren Demenz, Wie ist der (mutmaßliche) Wille zum demenzsensiblen Kranken- ein, besuchen sich gegenseitig von der Demenz betroffen ist, die sich nicht mehr orientieren des Patienten zu ermitteln? haus hat die Bosch Stiftung in in ihren Wohnungen, bereiten verstehen die Patientinnen und können. Das hat die wissen- Was tun, wenn der Eindruck den kommenden drei Jahren Kaffee und Kuchen vor, machen Patienten nicht, warum sie schaftliche Begleitforschung entsteht, der Patient könne die 100.000 Euro zur Verfügung es für die Gäste gemütlich. Und im Krankenhaus sind, wehren durch das Universitätsklinikum Folgen einer Erkrankung oder gestellt. »Wir freuen uns sehr lernen gleichzeitig, dass sie sich gegen Untersuchungen Eppendorf ergeben. »Aber auch Therapie nicht überblicken? Ziel über die Unterstützung«, sagt Privaträume haben, über die oder Medikamenteneinnahme, Patienten mit einer leichte- ist es, im Rahmen der Förderung Ulrich Scheibel, Vorstand der sie selbst bestimmen können. versuchen wegzulaufen oder ren Form der Demenz haben durch die Robert Bosch Stiftung Ev. Stiftung Alsterdorf. »Wir Attraktives Wohnen im Und auch die Nähe zum irritieren den Zimmernachbarn. einen Handlungsleitfaden zu verstehen die Förderung auch Hamburger Stadtteil Eidelstedt Stadtteil ist gewachsen. Neben Für Pflegekräfte und Ärzte ist entwickeln, der allen Beteilig- als Anerkennung unserer Arbeit persönlichen Kontakten beim es eine große Herausforderung, ten mehr Sicherheit gibt. Dr. und als Bestätigung, dass wir Einkaufen und Bummeln sind den Patienten mit Demenz im Michael Wunder, Leiter des mit der konsequenten Ausrich- Bürgerhaus, dass sich die Eidel- runter auch vier Menschen mit kontakt mit dem Treffpunkt und dem Klinikalltag gerecht zu werden – kontakt Beratungszentrums der Stiftung tung auf die Bedürfnisse von stedter ein gemeinschaftliches einem hohen Assistenzbedarf, Tagewerk am Eidelstedter Zen- und häufig genug scheitern sie. und Mitglied des Deutschen Patienten mit Demenz aufgrund Wohnprojekt wünschten. Sönke die sich eine Wohnung teilen. alsterdorf assistenz west trum weitere Orte entstanden, Das soll sich ändern. Die Robert Ev. Krankenhaus Alsterdorf Ethikrates, wird daran maßgeb- unseres besonderen Versor- Böhnert, damals zuständiger Birgit Okken, zunächst Mitarbei- Philipp Hinz in denen Menschen mit und Bosch Stiftung hat im Rahmen gGmbH lich beteiligt sein. gungsauftrags und angesichts Assistenzteamleiter des Wohn- terin in der Hausgemeinschaft, Telefon 0 40.57 00 10 48 ohne Behinderung gemeinsam einer bundesweiten Initiative Marion Förster Darüber hinaus sollen alle einer alternden Gesellschaft auf angebots »An der Feldmark« jetzt Leiterin vom Treffpunkt am p.hinz@alsterdorf-assistenz- aktiv sind. | aus über 200 Bewerbern fünf Telefon 0 40.50 77 39 65 Ärzte und Pflegekräfte des dem richtigen Weg sind.« |

und jetzt Leiter vom Tagewerk Eidelstedter Platz, erinnert sich: west.de Viola L'Hommedieu assistenz west alsterdorf Foto: Michael Hagedorn Foto: Krankenhäuser ausgewählt, die [email protected] EKA im Umgang und in der Marion Förster spots 36_37

ihres Studiums der Politikwis- von Heimen und das gemeinde- senschaften brach sie plötz- nahe Leben von Menschen mit Warum ein lich zusammen. Diagnose: psychischen Beeinträchtigungen Gemeinschaft in den Riegeln Schizophrenie mit starken im Fokus stehen, gerade auch Verwahrlosungstendenzen und in der Evangelischen Stiftung Bei dem neuen Quartiersprojekt in der Rungestraße setzt man auf eine eigenes Bad sozialem Rückzug. Sie ist nicht Alsterdorf. Auch der Gesetz- mehr geschäftsfähig, wird seit geber schreibt den Grundsatz lebendige Nachbarschaft Langem von einer gesetzlichen ambulant vor stationär im Betreuerin unterstützt. Die Dia- Sozialgesetzbuch fest und wirft kein Luxus ist gnose Schizophrenie liegt auch damit die Frage nach dem Sinn ie Erfahrungen aus bei Jon Laubheimer vor, 36 von Heimunterbringung auf. Zu dem Quartiersentwick- Das neue Quartiersprojekt in der Im Psychosozialen Wohnheim Jahre alt. Auch ihn trifft es im Recht, sagt Pastor Eckart Drews, lungs-Projekt Q8 der Rungestraße nimmt Formen an Studium. Er schafft die tägliche Geschäftsführer der tohus Evangelischen Stiftung Lebensführung nicht mehr, der gGmbH, um gleich danach ein DAlsterdorf werden hierbei kon- ToHus in Bargfeld-Stegen leben 24 Mietvertrag für seine Wohnung großes »Aber« einzuschieben. sequent weiterentwickelt. Den Menschen, stationär untergebracht, in Bargteheide wurde aufgelöst. Für die Klienten im ToHus sei Rahmen dafür schafft die enge weil sie unter schweren psychischen Vier Menschen! Was sie eint, es zu früh, um den Schritt Kooperation der alsterdorf as- ist das Schicksal, psychisch so zurück in ein selbst gestaltetes sistenz ost mit dem städtischen Erkrankungen leiden. In den erkrankt zu sein, dass sie zurzeit Zusammenleben schon gehen Wohnungsbauunternehmen allein nicht mehr zurechtkom- zu können, so Eckart Drews: SAGA GWG. vergangenen fünf Jahren wurden men und im Psychosozialen »Unsere Klienten brauchen Bisher steht nur der Rohbau 800.000 Euro in die bauliche Wohnheim ToHus leben. Erst Rückzugsmöglichkeiten, mehr der ersten beiden Etagen des kürzlich wurde das Wohnheim Zeit und einen längeren Atem zukünftigen Rungehauses. Substanz investiert für 800.000 Euro renoviert – als viele andere.« Das bietet Fenster und Türen fehlen noch, das ToHus mit sinnstiftenden stattdessen flattert blaue Plastik- Beschäftigungsmöglichkeiten, plane im Herbstwind. Projekt- Fotos: Axel Nordmeier Fotos: Klient im ToHus – eigenes aktiver Freizeitgestaltung und entwicklerin Sabine Brahms Apartement, eigenes Bad, größtmöglicher Therapiein- lässt sich von dieser Unfertigkeit »Unter dem Aspekt ›alt werden sagt Ina Achilles, Geschäftsfüh- bis ins hohe Alter könnte auch eigener Briefkasten dividualität. Das Besondere nicht beirren und deutet auf die im Quartier‹ möchten wir rerin der alsterdorf assistenz von technischer Seite kommen. jedoch, so die fachliche Leiterin Mitte der Baustelle. »Dort im gemeinsam mit den Anwohnern ost. Das benachbarte Café soll Gerade wird geprüft, ob ein Teil Jasna König: »Jeder Klient hat Untergeschoss wird ein Nach- ein Angebot entwickeln, das außerdem zu einem festen An- der Wohnungen mit »Ambi- ein Apartement mit eige- barschaftscafé eröffnen und anders funktioniert als klassi- laufpunkt für die Menschen im ent Assisted Living«-Systemen nem Wohnungstürschlüssel, direkt daneben die Servicestelle sche Betreuungsangebote«, Quartier werden. Geplant sind ausgestattet werden können. eigener Küche und eigenem der alsterdorf assistenz ost sagt Marita Wahl, zuständige der nachbarschaftliche Aufbau »Intelligente Wohnungen wer- Bad.« Eine große Ausnahme einziehen. Im Rest des Hauses Projektleitung für Qplus in der eines täglichen Mittagstisches, den Menschen mit Handicap in Schleswig-Holstein, denn entstehen barrierearme bis bar- alsterdorf assistenz ost. »Unsere ein buntes Veranstaltungsange- in Zukunft bei ihrem selbstbe- mit einer neuen Außenfassade, Einzelapartements gibt es kaum rierefreie Wohnungen.« In den Arbeit im Sozialraum in anderen bot und Bürgersprechstunden. stimmten Leben unterstützen«, einem neuen Eingangsbereich, und eigene Nasszellen und letzten Monaten wurden bereits und finanzierbaren Versor- Anschieben will man auch die erklärt Achilles. So könnten einer warm wirkenden Beleuch- damit der intimste menschliche die drei benachbarten Wohn- gungsstrukturen erfährt eine Nachbarschaftshilfe auf Freiwil- beispielsweise intelligente Licht- tung, einem neuen Wandan- Privatbereich werden von den blöcke, von den Bewohnern lie- deutliche Schwerpunktsetzung ligenbasis. »Wir führen bereits systeme den nächtlichen Gang strich, neuen Bodenbelägen Kostenträgern nicht einmal bevoll Riegel genannt, rundum durch technische Hilfen, nach- erste Gespräche mit Initiativen zur Toilette begleiten oder per und 23 komplett sanierten refinanziert. saniert. Das neu gebaute Run- barschaftliches Engagement wie der Freiwilligen Agentur Smartphone unkompliziert um Bädern. An einigen Entschei- Dass die Klienten im ToHus gehaus wird die Blöcke am Ende und Eigenverantwortlichkeit«, Nord, Barmbeker Bürger oder kleinere Hilfestellungen gebeten dungen waren die Klienten neben therapeutischer Unter- quer miteinander verbinden. Für fügt Wahl hinzu. der Tauschbar. Auch mit den werden. »Wenn die Wohnun- beteiligt, beispielsweise bei der stützung einen angemessenen seine Nutzung hat die alsterdorf Von dem Servicestützpunkt aus Mietern der Riegel wollen wir gen in der Rungestraße im Farbauswahl für die Wände der Raum für ihre Privatsphäre ha- assistenz ost in Kooperation mit wird die alsterdorf assistenz ost über ein mögliches Engagement Herbst 2014 bezogen werden, Bäder. ben, scheint sich auszuzahlen. dem städtischen Wohnungs- in enger Zusammenarbeit mit sprechen«, erklärt Brahms. könnte dieses Projekt zu einem 800.000 Euro – eine gewaltige Jon Laubheimer hat im ToHus bauunternehmen SAGA GWG anderen Dienstleistern vor Ort Ideen gibt es auch hier schon ersten großen Testlauf für das Investition für einen gemein- inzwischen viel über seine ein Konzept namens »Lebendige genau diese Hilfeleistungen einige, von Computerkursen Zusammenspiel von Profis, Eh- nützigen Träger wie die tohus eigene Erkrankung gelernt und Nachbarschaft« (kurz LeNa) er- anbieten. »Als Aktionsradius für Senioren über gemeinsame renamtlichen und technischen gGmbH. Und das in Zeiten von wünscht sich eine Freundin, Ar- arbeitet. Zentrales Ziel von LeNa sind dafür 500 Meter rund um Ausflüge bis hin zu Leihomas für Unterstützungssystemen wer-

Fotos: Bertram Solcher Bertram Fotos: Inklusion, in der die Auflösung beit und eine eigene Wohnung. ist es, den Menschen ein Leben die Rungestraße geplant. Sieben Familien. Neben gemeinsamen den«, sagt die Geschäftsführerin Angelika Engel will sich nach in vertrauter Umgebung un- Tage die Woche, rund um die Aktivitäten erhofft man sich da- der alsterdorf assistenz ost. | wiedererlangter Stabilität von abhängig vom Assistenz- oder Uhr können wir so eine schnelle von auch mehr unkonventionel- Birk Grüling riederike Matz* und Nachts hat er oft massive Ängs- *Die Namen der Klienten sind geerbtem Geld eine Wohnung Pflegebedarf zu ermöglichen. Versorgung gewährleisten«, le Hilfe auf dem Hausflur. Von Frank Mohr: Sie ist 46 te, für deren Auflösung er ein vom Autor geändert worden. kaufen und dort mit ambulan- dem Erfolg solcher Konzepte ist Jahre alt und ehemalige beruhigendes Gespräch oder ter Betreuung wohnen. Und (v. l.) Ina Achilles man fest überzeugt. »Aktuelle kontakt Fremdsprachenkorres- Medikamente benötigt. Beide kontakt Friederike Matz und Frank Mohr (Geschäftsführerin alsterdorf Umfragen zeigen, dass sich viele pondentin. Diagnose: sind ein Paar, haben sich im haben viele verloren geglaubte assistenz ost) und Sabine Bürger ehrenamtlich engagie- Sabine Brahms FBipolare Störungen, früher als ToHus kennengelernt und vor Weitere Informationen über das Fähigkeiten wiederentdeckt und Brahms (Projektentwicklerin ren wollen, und das möglichst Projektentwicklerin Rungestraße manisch-depressive Erkrankung einiger Zeit miteinander verlobt. Psychosoziale Wohnheim ToHus: sind mithilfe von ToHus-Mitar- Rungestraße) schauen direkt vor ihrer Haustür«, sagt Telefon 01 60.90 88 99 18 bekannt. Er ist 43 Jahre alt und Im ToHus lebt auch Angelika Jasna König beitern auf Wohnungssuche. | optimistisch auf das sich Achilles. Weitere Unterstützung sabine.brahms@alsterdorf- leidet unter einer Psychose. Engel, 45 Jahre alt, während Telefon 0 45 35.5 05-1 21 Kay Ingwersen verändernde Quartier für das selbstbestimmte Leben assistenz-ost.de spots 38_39 (v. l.) Gebärdendolmetscherin Anke Tscheulin mit Schirmherr Erfolgreiche Fatih Akın und Jurymitglied Heidi Fischer Premiere für am Eröffnungsabend auf der Bühne KLAPPE AUF! die Eröffnung; die Preisverleihung gestal- teten Lili Hartwig und Wolfgang Grimm Das bundesweit erste und einzige gemeinsam. inklusive Kurzfilmfestival im Der Charme des Kinos METROPOLIS trug erheblich zum Gelingen des inklusi- Kino METROPOLIS wurde zum Die Initiatoren von »Klappe auf!« begrüßen das Publikum: ven Kurzfilmfestivals bei. Und auch der Stiftungsvorstand Birgit Schulz mit Filmemacher Andreas Grützner Festival-Club war mit dem gemütlichen Publikumsmagneten Centro Sociale gut gewählt: Dort konnten bei Getränken zu günstigen Preisen und ilm ist ein Grenzen überschrei- die sich ihr Leben ohne Hören aufbaut. Laugenbrezeln Filme diskutiert, Kontakte tendes Medium und daher auch Die Protagonistin dieses Films, Louisa geknüpft und vor allem zu Live-Musik von das beste Medium, um Inklusi- Marie Pethke, gleichzeitig Jurymitglied von kUNDEkOENIG gefeiert werden. on darzustellen. Film ist meine KLAPPE AUF!, hat ihre eigene Definition von Denn zum Feiern gab es allen Grund: Fast Religion und das Kino ist meine Inklusion: »Für mich wäre Inklusion, wenn 1.600 Besucher zog KLAPPE AUF! in das FKirche – oder Moschee. Wenn wir auf die man sich als behinderte Person – also, ich Kino METROPOLIS. Leinwand schauen, sind wir alle eins«, so definiere mich nicht als behindert, aber als »Das Festival soll Folgen haben – für das äußerte sich der Schirmherr des Festivals, in einigen Bereichen benachteiligte Person Zusammenleben der Menschen, aber der Hamburger Filmemacher Fatih Akın, bei – ein bisschen selbstverständlicher in der vielleicht auch für weitere Festivals …«, der Eröffnung von KLAPPE AUF! am letzten Gesellschaft fühlen kann und nicht immer so Birgit Schulz und Andreas Grützner am Oktoberwochenende. das Gefühl haben muss, auf seine Rechte Sonntagabend, »… zumindest, bis es keine Und damit auch wirklich alle eins sein Genres«, freute sich Andreas Grützner pochen zu müssen, Bescheid geben zu besonderen Festivals dieser Art mehr

konnten, wurden die Moderationen bei im Rückblick auf das Festival. Axel Nordmeier Fotos: müssen, ich brauch das so und so, sondern geben muss.« | der Eröffnung und der Preisverleihung von Von Animations- über Spielfilme und wenn man das Nötigste automatischer und Liisa Viitanen Gebärdensprachdolmetscherinnen über- experimentelle Dokumentarfilme bis hin wie Andreas Grützner die Verwirrung auf selbstverständlicher bekommt.« setzt. Zudem waren alle Filme mit Unterti- zu Tanzfilmen war alles dabei. Die Filme den Punkt brachte. Dem Konzept des ganzen Festivals ent- kontakt teln versehen, es bestand die Möglichkeit, kamen aus Hamburg, Deutschland, Frank- Im Rahmenprogramm des Kurzfilmfesti- sprechend wurden die Eröffnung und die Audiodeskription zu nutzen, und die Texte reich und Kanada und hatten alle einen vals lief der beeindruckende und sowohl Preisverleihung von einem inklusiven Team KLAPPE AUF! wurden in Leichter Sprache verfasst. Bezug zu Inklusion. für Schülerinnen und Schüler als auch für moderiert: Lili Hartwig von der KurzFilm- Das inklusive Kurzfilmfestival Birgit Schulz, Vorstandsmitglied der Evange- Von Anfang an sollte Inklusion nicht nur Lili Hartwig und Wolfgang Grimm Pädagoginnen und Pädagogen sehenswer- Agentur Hamburg e. V. und Heidi Fischer Telefon 0 40.38 67 78 86 lischen Stiftung Alsterdorf, hat das von der in den Filmen dargestellt werden, son- moderierten die Preisverleihung te Film von »Louisa«, einer jungen Frau, von barner 16 führten gemeinsam durch [email protected] Aktion Mensch, der Hamburger Kulturbe- dern auch in der Planung und Umsetzung hörde und der Stiftung Centralbibliothek des Festivals klappen. Daher hat Andreas Anzeige für Blinde geförderte Projekt gemeinsam Grützner zur Vorbereitung des Festivals ein Und dazu gehört auch eine Bezahlung, um mit dem Hamburger Filmemacher und bunt gemischtes Team ins Leben gerufen, den Gedanken der Inklusion ein bisschen Sozialarbeiter Andreas Grützner auf den aus Menschen mit und ohne Behinderung, ehrlicher werden zu lassen. Ich finde, dass Weg gebracht und sich im 150. Jahr des Männern und Frauen, Menschen aus der es gut ist, sich an Utopien zu orientieren. Bestehens der Stiftung ganz besonders für Filmbranche, von der Hochschule und aus Eine bessere Welt anzustreben wäre jetzt seine Realisierung engagiert. »Die Vorbe- dem Stadtteil. Zu Beginn der Vorbereitung vielleicht vermessen, aber vielleicht kann reitung, das gemeinsame Kinoerlebnis und gingen die Mitglieder des Festivalteams man das Ganze ein bisschen gleichberech- die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten noch sehr zaghaft miteinander um, doch tigter gestalten.« der filmischen Umsetzung bieten einfach das Sichten von mehr als 350 eingereichten Wolfgang Grimm schätzte die Arbeit im einen sehr lebendigen Zugang zum Thema Filmen schweißte sie zusammen. Vorbereitungsteam von KLAPPE AUF! auch Inklusion«, erklärt Birgit Schulz. »Ich fände es sehr schade, wenn KLAPPE aus weiteren Gründen: »Das Besondere Dieser lebendige Zugang wurde auch in AUF! zu Ende sein würde. Das fände ich ist, dass man nicht vereinsamt dadurch. der Vielfalt des Programms deutlich: »Ich sehr schade, weil es macht richtig Spaß, Und dass die Behinderten und die Nicht- bin ganz stolz auf das Programm. Ich hätte mit den Leuten zusammenzuarbeiten«, behinderten zusammenkommen und dass vorher nicht gedacht, dass es so stark die so Heidi Fischer, Mitglied des inklusiven die auch mal wirklich verstehen, was über- Breite des Themas Inklusion, die für uns als Festivalteams. haupt eine Behinderung ist.« Gruppe sehr wichtig war, widerspiegelte, Und neben dem Spaß brachte das Engage- Zu den größten Hürden für die inklusive Cium eos archici mintium was das Thema Inklusion angeht, sprich, ment auch noch etwas ein: Es gab einen Zusammenarbeit gehörte es, eine gemein- rehendu ntotae quatem dass sich Inklusion nicht nur auf Behinde- Einheitslohn von 10 Euro die Stunde, und same, für alle verständliche Sprache zu de quia con nimolum rung bezieht, sondern gesamtgesellschaft- das aus gutem Grund, wie Andreas Grütz- finden. So sorgte beispielsweise das Wort quiberatusti autem lich gesehen wird. Wir hatten inhaltlich ner schildert: »Uns war es wichtig, dass wir »Schirmherr« für Diskussionsbedarf, denn unterschiedliche Filme und unterschiedliche in einem gleichberechtigten Team arbeiten. »Steht da jetzt einer mit einem Schirm?«, spots 40_41 ein Handicap? Mit einer psychischen oder physischen Beeinträchtigung? Als Brillen- träger? Als Linkshänder? Nachdem der Besucher viel Persönliches von den Hauptakteuren erfahren hat, kann er diese am Ende der Ausstellung noch einmal in Superzeitlupenfilmen erleben und kommt ihnen auf eine besondere Links: Viele Informationen und interaktive Weise sehr nahe. Von bunten Mänteln Elemente ziehen die Besucher in ihren Bann hinausgeleitet, kann er dann die grauen Unten: (v. l.) Protagonist Christian Brandt Kleidungsstücke am Anfang der Ausstel- mit Hanns-Stephan Haas (Stiftungsvorstand) lung links liegen lassen, sich zwischen den während der Eröffnung Tischen des Café Fees hindurchschlängeln und dann geht es durch das Foyer raus ins inklusive Hamburg. Die Ausstellung »Geht doch!« ist noch bis zum 21. April 2014 im Hamburg Museum zu erleben.

Die Eröffnung Mehr als 300 Besucherinnen und Besucher fanden sich am 7. November abends im Hamburg Museum ein, um die Ausstel- lung »Geht doch!« zum Thema Inklusion feierlich in der imposanten Museumshalle zu eröffnen. Inklusion bedeutet: Alle sind dabei, niemand wird ausgegrenzt im All- tag. Die Ausstellung wurde im Rahmen des 150-jährigen Jubiläums der Ev. Stiftung Als- terdorf in Kooperation mit dem Hamburg Museum initiiert. Die Ausstellung ist möglichst barriere- arm gestaltet. Die Exponate sind für Geht doch! – Rollstuhlfahrer unterfahrbar. Für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es einen Audioguide und ein Blindenleitsystem. Ganz bewusst sind alle Texte in Einfacher lebendig und interaktiv Sprache geschrieben. An der Ausstellung haben viele Eine Erlebnisausstellung der Ev. Stiftung Alsterdorf zum Thema Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam gearbeitet: die Schlumper Inklusion im Hamburg Museum Maler, das Künstlerkollektiv barner 16, die Das rote Band wird von den Protagonisten zerschnitten und damit die Betriebsstätten alsterskulp und alsternet- Ausstellung eröffnet work von alsterarbeit, viele Protagonisten er das Hamburg Museum be- Hinter dem mit originalen alten Stäben Handicap, geben Einblick in ihren Alltag aus den Assistenzgesellschaften der tritt, das Foyer durchquert und nachgebauten Zaun schimmert schon das und erzählen in ganz persönlichen Ge- Stiftung ebenso wie viele Mitarbeitende. W sich durch die Tische im Café bunte inklusive Heute durch, in das der schichten von Ausgrenzung, aber auch von Umgesetzt hat diese Ideen in einem bunten Fees schlängelt, kann etwas erleben, näm- Besucher fast automatisch hineingezogen guten Erfahrungen im Zusammenleben. Konzept die Agentur kunstraum, die schon lich Inklusion. Doch zuerst ist die Exklusion wird. Herrscht im ersten Teil noch eher Der zweite Teil der Ausstellung ist auch das Klimahaus in Bremerhaven gestaltet dran: Mäntel, grau in grau, empfangen »traditionelle« Ausstellungsatmosphäre, deshalb so bunt, da die Wände mit mehr hat. Und dies alles wurde von Aktion den Besucher. wird diese im zweiten Teil aufgebrochen: als 1.000 Bildern von Hamburger Schülerin- Mensch gefördert.| Auch im ersten Teil der von Aktion Begrüßt wird der Besucher von einem nen und Schülern zum Thema »Zusammen- Liisa Viitanen Mensch geförderten Ausstellung bleibt es Klingelschild mit dreißig Namen. Drückt er leben« gestaltet sind. Ganz eigenwillige grau bzw. schwarz-weiß. Scherenschnitt- auf einen Klingelknopf, erscheint das Video Figuren der Schlumper Maler beleben kontakt dioramen, digitale Bücher und Zeitzeugen- eines Menschen, der von seinem Handicap zusätzlich die einzelnen Stationen. interviews machen die Geschichte der berichtet. Zum Beispiel Tamir, ein Surfer Besucherinnen und Besucher können Ev. Stiftung Alsterdorf damaligen Alsterdorfer Anstalten erfahrbar ohne Strand. Oder Birgit, die Schokolade in verschiedenen Lebensräumen, wie einem Öffentlichkeitsarbeit und verdeutlichen exemplarisch, wie nicht widerstehen kann. Oder Robin, der Spielplatz, einer Kneipe, einer Bushaltestelle 0 40.50 77 32 66 Menschen mit Handicap früher in Anstal- im Rollstuhl sitzt und bedauert, dass er oder einem Wohnzimmer, in den Alltag der [email protected] ten mit ihrer abgeschlossenen Welt nicht jodeln kann. elf Hauptakteure eintauchen und sie so ausgegrenzt und weggesperrt wurden. Ein inklusiver Kicker und weitere näher kennenlernen. Und jeder kann selbst Weiter Informationen auch über das Und dieser erste Abschnitt zeigt auch den interaktive Exponate laden zum Mitmachen spielerisch herausfinden, wo eventuell umfangreiche Begleitprogramm unter: langen und schwierigen Weg aus diesen und Ausprobieren ein. Die Hauptakteure eigene Handicaps liegen. Dabei wird die www.ausstellung-gehtdoch.de Sonderwelten in das »normale Leben«. der Ausstellung, Menschen mit und ohne Frage aufgeworfen: Wo beginnt eigentlich Dichtes Gedränge und großes Interesse im Ausstellungsraum am Eröffnungsabend www.hamburgmuseum.de spots 42_43

Hier wird Nachbarschaft großgeschrieben In Halstenbek, der grünen Gemeinde vor den Toren von Hamburg, setzt das Wohnprojekt Fotos: Axel Nordmeier Fotos: Arche Noah auf gelebte Gemeinschaft Susanne Helmich und Robin Dickert (sitzend) haben sich schon gut im eigenen Apartment eingelebt

uf dem gemeinsamen In- Senioren und Menschen mit Handicap. Bei Für den Alltag am Haselweg 51 brauchte nenhof des Mehr-Gene- der Auswahl der Mieter durch die Kirche es dagegen kaum offiziellen Anschub. Von rationen-Wohnprojektes war deshalb die Bereitschaft, sich einzu- Anfang an ging man hier freundschaftlich »Arche Noah« herrscht bringen, eine wichtige Voraussetzung.« aufeinander zu. Die Einladung zum Grillen Herbstidylle, die Sonne Vorangetrieben wird das Modellprojekt vor oder Kaffeetrinken ist inzwischen genauso scheint auf die Rasen- allem von den örtlichen Pastoren und ihrer obligatorisch wie der Klönschnack an der fläche zwischen den Kirchengemeinde, auf deren Grundstück Haustür. Ob ein Mensch alt oder jung ist, drei Gebäuden, und auf dem Weg, der sich die Häuser stehen. Die Liste mit Ideen für ein Handicap hat oder nicht, bei dem gesel- Aan den Hauseingängen vorbeischlängelt, das »Arche Noah«-Projekt ist dabei lang. ligen Beisammensein oder den monatlichen fährt ein Kind mit seinem Bobbycar durch Mit Veranstaltungen wie einem Kirchen- Mieterbesprechungen spielt das keine Rolle. das bunte Laub. Seit Dezember letzten chor oder dem monatlichen Frühstück ist »Wie gut die Nachbarschaft schon nach Jahres wohnen die ersten Bewohner in der das Gemeindehaus beispielsweise schon kaum einem Jahr funktioniert, zeigt sich ruhigen Wohngegend in Halstenbek. »Lang- zu einer zentralen Anlaufstelle für An- regelmäßig bei unseren Kochabenden. Die sam nimmt das Leben hier Fahrt auf«, sagt wohnerinnen und Anwohner und Bürger sind immer so voll, dass wir inzwischen einen Stefan Frost, Leiter der neuen Einrichtung geworden. Auch über ein inklusives und zweiten Termin finden müssen«, sagt Frost der prosocial gGmbH, und blickt aus dem ehrenamtliches Café mit einem angeschlos- und freut sich. Inzwischen haben sich auch Fenster der Gemeinschaftsküche. Gegen- senen Spielplatz denkt man bereits nach. schon genug Interessenten für eine neue über liegen die Reihenhäuser und Woh- »Mit einem solchen Angebot, getragen von Handwerksgruppe und einen Spielenach- nungen für Familien und die barrierefreien den Bewohnern, könnte man einen neuen mittag gefunden, eine Seniorin möchte au- Seniorenwohnungen. Gleich 24 Einzelapart- Anlaufpunkt für Familien in Halstenbek ßerdem regelmäßig Gedächtnistraining an- ments für Menschen mit Behinderung hat schaffen«, sagt Frauke Benox. Mittelfristig bieten. »Ich glaube, die Besonderheit an der der prosocial-Teil der Wohnanlage – helle soll außerdem ein Inklusionsgremium in Arche Noah ist die Mischung aus eigenem 25 Quadratmeter, mit einem Badezimmer, der Kirchengemeinde entstehen, um das Leben und dem Gefühl von Geborgenheit. einer Küchenzeile und einem Blick auf gemeinschaftliche Zusammenleben in Hals- Wenn man sich nach Ruhe sehnt, kann man grüne Wiesen der Umgebung. Der Stadt- tenbek auch über das »Arche Noah«-Projekt die eigene Tür schließen und weiß trotzdem, kern von Halstenbek ist nur zehn Minuten hinaus mitzugestalten. dass man sich auf seine Umgebung verlassen entfernt, genau wie die S-Bahn in Richtung kann«, sagt Benox. Über mangelnde Nach- Pinneberg und Hamburg. frage kann sich das besondere Wohnprojekt Die Landidylle ist aber nicht die eigentliche kontakt nicht beschweren, die Wohnungen für die Besonderheit des »Arche Noah«-Konzepts, Familien und Senioren waren schon vor wie Frauke Benox vom Kundenmanage- prosocial Baubeginn ausgebucht und von den 24 am- ment erklärt: »Die Idee dieses Wohnpro- Frauke Benox bulant betreuten Apartments wird bis Ende jektes war von Anfang an ein gemein- Telefon 0 45 32.2 83 01 20 des Jahres etwa die Hälfte belegt sein. | Die neuen Mieter gestalten gemeinsam das Wohnprojekt Arche Noah schaftliches Zusammenleben von Familien, [email protected] Birk Grüling + + kurzmeldungen + + + + + + + + + + + Quartiersentwicklungsprojekt Q8 Altona erhält + + kurzmeldungen + + + + + + + + + + news 44_45 Senator-Neumann-Preis Lust auf Theater ? Der mit 10.000 Euro dotierte Senator-Neumann-Preis wurde im Hamburger Rathaus »Theater möglich machen« nennt sich das durch Sozialsenator Detlef Scheele an das Quartiersentwicklungsprojekt Q8 Altona der neue, gemeinsame Kooperationsprojek der Stiftung verliehen. Mehr als 50 Projekte hatten sich für den Preis beworben. Sozialkirche und der Volksbühne Kiel e. V. Ziel »Wir freuen uns sehr, dass heute unsere Arbeit mit diesem anerkannten Preis ausgezeich- ist es, Menschen mit geringem Einkommen net wurde. Er zeigt uns, dass wir mit unserer Arbeit und unseren Ansätzen richtig liegen. für das Theater zu begeistern, Schwellen- Und er bestärkt uns, diese neuartigen Wege in den Quartieren fortzusetzen«, so Birgit ängste abzubauen und ihnen kostengüns- Schulz, Vorstandsmitglied der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und für das Projekt tige Zugänge zu Theaterveranstaltungen verantwortlich. Im von Q8 initiierten Forum »Eine Mitte für Alle« erarbeiteten 200 Bürge- anzubieten. Zukünftig sind in den Theatern rinnen und Bürger mit und ohne Behinderung sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Einführungs- und Begleitveranstaltungen verschiedenen Institutionen, aus der Stadtplanung, den Universitäten, aus Politik und für die Gäste der Sozialkirche nach Bedarf Foto: Hans Georg Krings Hans Georg Foto: Verwaltung, Alt und Jung Ziele für eine inklusive Stadtplanung für die neue Mitte Altona. | vorgesehen. Beworben wird das Angebot v. l.: Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs Kontakt: Karen Haubenreisser, Projektleitung Q8 – altona, Telefon 040.35 74 81 53, im Kieler Stadtteil Gaarden. Die Karten im Gespräch mit Hanns-Stephan Haas [email protected] Den Senat im Rücken: die Stiftungsvorstände Ulrich Scheibel, Hanns-Stephan Haas, müssen in der Sozialkirche bestellt und (Stiftungsvorstand) und Michael Wunder Birgit Schulz und Thomas Eisenreich beim Empfang im Rathaus auch gleich bezahlt werden. Eine »Be- (Leitung Beratungszentrum) dürftigkeit« (ALG II, niedrige Rente etc.) Voilà, Kirche! Im Beisein von Hamburgs Bischöfin Kirsten Die Sozialkirche Gaarden wird als Fehrs und Prof. Hanns-Stephan Haas, Vor- Festlicher Senatsempfang für die Treffpunkt angenommen standsvorsitzender der Stiftung, wurden in der St. Nicolaus-Kirche der Stiftung den ca. Evangelische Stiftung Alsterdorf 70 Besuchern die aktuellen Ergebnisse des Kirchenprozesses vorgestellt. Seit Oktober im Hamburger Rathaus 2012 beschäftigt sich ein Arbeitskreis unter der Leitung von Diakonin Katharina Seiler Die Evangelische Stiftung Alsterdorf erhielt zeigt auch ehrlich, wie sich die Stiftung Als- mit dem Thema »Zukunft der St. Nicolaus- am 17. Oktober einen Senatsempfang terdorf und ihre Repräsentanten in der Zeit Kirche«. Dabei standen folgende Themen anlässlich der Tafelausstellung »Aus der der NS-Herrschaft verhalten haben.« Und er auf dem Programm: Wie geht Kirche? Was Die Preisverleihung v. l. n. r.: Ingrid Körner, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung Anstalt ins Quartier! Eine Zeitreise durch erklärte: »Die Texte sind in Einfacher Sprache darf dort sein? Wer darf mitreden? Wie ist behinderter Menschen, Senator Scheele, Christoph Schnetter, Eine Mitte für Alle, Regina 150 Jahre Evangelische Stiftung Alsterdorf« geschrieben. Das ist vielleicht für den einen Jennifer Ruske Foto: es, wenn sie sich verändert? Welche Erfah- Schröder, Projektleitung Qplus, Renata Thomsen, Eine Mitte für Alle, Karen Haubenreisser, in der Hamburger Rathausdiele. Rund 140 oder anderen etwas gewöhnungsbedürftig. ist Voraussetzung für den Bezug einer ver- rungen wurden gesammelt mit einer leeren Projektleitung Q8 Altona, Pia Thompson und Ines Helke, Eine Mitte für Alle Gäste aus der Sozialbranche, Politik, Medien Aber die Ausstellung ist nicht als intellektu- günstigten Karte. Es können für fast alle St. Nicolaus-Kirche und wie geht es weiter? und Sport sowie mehrere Vorstände aus der elle Abhandlung konzipiert. Sondern sie soll Theaterhäuser in Kiel für alle Vorstellungen Dabei waren die geäußerten Erfahrungen Wirtschaft folgten der Einladung des Ham- möglichst barrierearm sein und sie soll viele Karten zu vergünstigten Preisen gekauft mit der leeren Kirche unterschiedlich: von CareFlex unterstützt Pilotprojekt zur burger Senats, vertreten durch Sozialsenator Menschen erreichen.« werden. Jeden ersten Mittwoch im Monat »Mir fehlt das Kreuz«, bis hin zu »Ich brauche Detlef Scheele, in die beeindruckenden Schließlich gratulierte er im Namen des trifft sich seit Juni 2013 eine noch kleine keine Kirche, um meinen Glauben zu leben.« Gewinnung chinesischer Pflegefachkräfte Räumlichkeiten des Hamburger Rathauses Senats der Stiftung, dem Stiftungsrat, dem Runde in der Sozialkirche, um gemeinsame Hanns-Stephan Haas gab bekannt, dass die mit herrlichem Blick auf den Rathausmarkt. Vorstand und den Mitarbeitenden, denn die Fahrten ins Theater zu planen, anstehende Kirche, wenn die benötigten Mittel erreicht Anfang Januar ist es so weit: Nach fast zwei- schulabschluss in der Krankenpflege und Zu den Gästen zählten auch besonders Stiftung wurde zwei Tage später, nämlich Stücke werden durch Vorträge vorgestellt. sind, renoviert wird. jähriger Vorbereitung reisen die ersten fünf bringen teils lange praktische Erfahrungen großzügige Unterstützer der Stiftung aus am 19. Oktober 2013, offiziell 150 Jahre alt. Weitere Informationen bei der Sozial- Ein weiteres Ergebnis des Kirchenprozesses: Pflegefachkräfte aus China ein, die in der mit. Sie durchlaufen nun vor Ort mehrmona- den vergangenen Jahren sowie zehn lang- Wichtig war es ihm zu betonen: »Die Evan- kirche Gaarden, Projekt »Theater möglich Vor dem Wandbild von 1938 hinter dem Al- deutschen Altenhilfe ihre Arbeit aufnehmen. tige Sprach- und Integrationskurse, die sie jährig mit der Stiftung verbundene Klientin- gelische Stiftung Alsterdorf ist nicht alt und machen«, Telefon 04 31.9 90 28 66. tar hängen nun viele kleine Bilder mit guten Das Pilotprojekt, das die Vermittlung von zu- auf ihre zukünftige Arbeit in deutschen Pfle- nen und Klienten. bedeutungslos geworden. Sie ist am Puls Botschaften. Der Arbeitskreis wird weiter zu nächst 150 Pflegekräften nach Hessen, Ba- geeinrichtungen vorbereiten. In Deutschland Im Kaisersaal verfolgten die Gäste ein der Zeit und nimmt mit ihrer Arbeit Einfluss der Zukunft der St. Nicolaus-Kirche tagen. den-Württemberg und Hamburg vorsieht, werden alle Fachkräfte zunächst als Pflege- kurzweiliges Programm: In seinem Grußwort auf die Entwicklung der Gesellschaft.« impressum beruht auf einem Abkommen zwischen der hilfskräfte eingestellt, bis sie die Anerken- warb Sozialsenator Detlef Scheele für die Fast drei Wochen lang stand der Eingangs- Herausgeber: Evangelische Stiftung Alsterdorf Zentralen Auslands- und Fachvermittlung nungsprüfung bestehen. Sie erhalten eine Ausstellung. »Die Ausstellung zeigt nicht bereich des Hamburger Rathauses ganz Redaktionsleitung: Güde Lassen (GL), verantwortlich; Hans Georg Krings (HGK), Telefon 0 40.50 77 34 83 (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit und der unbefristete Arbeits- und Aufenthaltsgeneh- nur eine Zeitreise durch 150 Jahre Evange- im Zeichen der 150-jährigen Stiftungsge- Redaktionsteam: Inge Averdunk, Frauke Benox, Angelika Bester, Thomas Hülse, Lars Forjahn, Viola L’Hommedieu, chinesischen Arbeitsbehörde (CHINCA). Initi- migung und werden bezahlt wie ihre deut- lische Stiftung Alsterdorf. Sie ist auch ein schichte. Auf 41 Tafeln, die rund um die Katharina Meyer, Barbara Minta, Hans Georg Krings, iert wurde das Projekt vom Arbeitgeberver- schen Kollegen. Die Kosten für das Projekt Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung Säulen der Rathausdiele angeordnet waren, Wolfgang Peiker, Arndt Streckwall, Liisa Viitanen Lektorat: Bernd Kuschmann band Pflege e. V. (AGVP). CareFlex Recruiting tragen die künftigen Arbeitgeber. Aktuell der letzten 150 Jahre. Sie vermittelt ein konnten Besucherinnen und Besucher Gestaltung: MedienMelange, www.medienmelange.de Experts unterstützt den Verband im Projekt- wird unter Federführung von CareFlex ein Bild von der Einstellung der Gesellschaft zu die wechselvolle Geschichte der Stiftung Druck: alsterpaper, Hamburg Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, management für die auftraggebenden Pfle- umfassendes Integrationsprogramm erarbei- Menschen, die von der allgemeinen Norm kennenlernen und einen Blick in Gegenwart BLZ 251 205 10, Konto 44 444 02, BIC: BFSWDE33HAN, geunternehmen. tet, das alle Beteiligten auf die anstehenden abweichen. Sie zeigt viel Gutes. Aber sie und Zukunft werfen. | IBAN: DE32 2512 0510 0004 4444 02 Reinhold Schirren, Geschäftsführer von Care- Herausforderungen vorbereitet und zum Flex, begleitete als Mitglied des Auswahlko- nachhaltigen Erfolg beitragen soll. mitees die deutsche Delegation Ende August CareFlex sammelt durch die Projektteilnahme Atelier Lichtzeichen auf der Cap San Diego zu einer Auswahlreise nach Weihai. Unter vielfältige Erfahrungen in der Gewinnung der Leitung der ZAV fanden dort Informa- und Integration ausländischer Fachkräfte, Das Atelier Lichtzeichen stellte gemeinsam mit dem bekannten Foto- tions- und Auswahlgespräche statt, um die was mit Blick auf den Fachkräftemangel im- grafen Frank P. Wartenberg aus und viele Gäste kamen auf die ehr- Voraussetzungen der Kandidatinnen und mer wichtiger wird. Parallel leitet CareFlex ein würdige Cap San Diego, Museumsschiff im Hamburger Hafen. Die Kandidaten für ihre Beschäftigung in Projekt mit spanischen Gesundheits- und Idee der Ausstellung: Neben rund 100 Lichtzeichen-Gemälden wur-

Foto: Care Flex Care Foto: Deutschland zu prüfen und sich gegenseitig Krankenpflegern, die ebenfalls ab Januar ihre den Fotos auf Leinwand von Frank P. Wartenberg malerisch von den Die deutsche Delegation wird kennenzulernen. Alle Teilnehmerinnen und Arbeit in Hamburger Krankenhäusern auf- Künstlern des Ateliers neu interpretiert. Es entstanden ausdrucksstar- freundlich in Weihai empfangen Teilnehmer haben einen vierjährigen Hoch- nehmen werden. | ke Bilder, die viele Bewunderer fanden. | porträt »Unsere 46_47 Kunden vertrauen uns ihre geliebten Stühle an, manche sind über 100 Jahre alt und »Ich kann mir gar sehr wertvoll.« nichts anderes vorstellen« Seit fast 25 Jahren erneuert Jan Soltwedel schon das Geflecht von lieb gewonnenen Sitzmöbeln. Die Freude an der Arbeit hat sich der 56-Jährige dabei immer erhalten

n der Stuhlflechterei der alsterarbeit-Betriebsstätte alstermarkt Flechtmuster später besser einteilen zu können. In der Mitte des herrscht konzentrierte Stille, nur das Radio dudelt leise im Rahmens beginnt man dann mit dem Einfädeln des Peddigrohrs. Hintergrund. In den Regalen an den Wänden stehen unzählige Damit das natürliche Material geschmeidig verarbeitet werden Stühle, mit kaputter Rückenlehne, ohne Sitzfläche, aber auch im kann, wird es immer wieder angefeuchtet. »Unachtsamkeit darf rundum erneuerten Zustand und mit einem Abholschein verse- man sich bei der Arbeit nicht erlauben. Einen Wasserfleck sieht Ihen. Auch Jan Soltwedel arbeitet gerade an einem Stuhl, dessen man auf dem Holz der Stühle sofort und die Streben müssen im- geflochtene Sitzfläche nach vielen Jahren mer die gleiche Spannung haben, sonst im Gebrauch den Geist aufgegeben hat. »Unachtsamkeit darf ist die Sitzfläche später nicht gleichmä- Insgesamt zwei bis drei Wochen wird der ßig«, erklärt er. Konzentriert vor sich hin 56-Jährige wohl für die aufwendigen Re- man sich bei der Arbeit zu arbeiten, mag Soltwedel besonders. paraturen brauchen. »Man muss geduldig Vorher arbeitete der Hamburger in und feinmotorisch geschickt sein«, erklärt nicht erlauben« unterschiedlichen Bereichen einer Werk- Soltwedel und blickt von der Arbeit auf. statt für Menschen mit Behinderung, so Das charakteristische Muster des Stuhl- viel Freude wie heute machte ihm dieser geflechts ist schon deutlich zu erkennen. Job allerdings nicht. Die waage- und senkrechten Streben An den ersten Tag in der Stuhlflechterei der Sitzfläche sind gezogen und gerade erinnert sich der 56-Jährige deshalb drückt er die Peddigrohre mit einem Me- noch ganz genau: »Ich habe zu mei- tallstift zusammen. Schon am Nachmittag nem damaligen Gruppenleiter gesagt: will er zum Quergeflecht übergehen. Bitte zeig mir das Flechten.« An einem Maschinen können diese mühevolle ausrangierten Stuhlrahmen übte er die Handarbeit kaum ersetzen, trotzdem ersten Handgriffe, heute, fast 25 Jahre stirbt das Handwerk der Stuhlflechterei später, hat er längst seine ganz eigene langsam aus. Im gesamten Stadtgebiet Technik gefunden und widmet sich gibt es nur noch wenige Betriebe, die selbst den schwersten Aufträgen. An sich auf dieses traditionsreiche Gewerbe einem historischen Sessel mit doppelt verstehen. »In Hamburg gibt es nur noch geflochtener Lehne arbeitete er zum drei andere Betriebe«, sagt Gruppenleiter Beispiel fast ein Dreivierteljahr. »So lange Stefan Brügge. Insgesamt arbeiten acht an einem Stückmöbel zu werkeln, ist für Menschen mit Behinderung in der Stuhlflechterei der alsterarbeit- mich kein Problem«, sagt er mit einem breiten Lächeln. Manchmal Betriebsstätte alstermarkt. Ihre Arbeit wird weit über die Stadtgren- wird er von Freunden gefragt, wie er es so lange an einer Arbeits- zen hinaus geschätzt, die Auftragsbücher sind schon ein Dreivier- stelle aushalten konnte. Seine Antwort kommt dann immer ganz teljahr im Voraus ausgebucht. »Unsere Kunden vertrauen uns ihre schnell: »Ich kann mir gar nichts anderes vorstellen.« Nur in seiner geliebten Stühle an, manche sind über 100 Jahre alt und sehr wert- eigenen Wohnung, in der er seit einigen Jahren lebt, steht kein voll«, erzählt Soltwedel mit einem Leuchten in den Augen. einziger Stuhl mit geflochtener Lehne. Die letzten beiden hat er Die Arbeit an einem Stuhl beginnt immer gleich. Vor dem Flechten einer Kollegin geschenkt. | werden die Löcher an der Lehne und Sitzfläche gezählt, um das Birk Grüling Fotos: Axel Nordmeier Fotos: Wie viel Glück muss. man haben, um. glücklich zu sein?

150 Jahre Evangelische Stiftung Alsterdorf

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