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Ausgabe Nr. 33 | Weihnachten 2020 THEMEN AUS , UND UMGEBUNG Gegründet 1976 | Neuauflage seit 2012 Auflage 6000 Exemplare | Kostenfrei

TOLLE AKTIONEN ZUR WEIHNACHTSZEIT Weihnachtspost für Kinder, Geschenke für Senioren und eine Blickpunkt-Sonderausgabe

ERNTEZEIT FÜR DIE ZUCKERRÜBE Der Zucker für den Jahresbedarf von 18.000 Menschen kommt aus

Medienpartner: 2 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN GRUSSWORT IM BLICKPUNKT

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

was verbinden Sie mit der Adventszeit? Was gehört für Sie Es lohnt sich auch, mal in – normalerweise – unbedingt dazu? Für mich ist es das wohl Gedanken mit Josef und bekannteste Adventslied: „Macht hoch die Tür, die Tor macht Maria mitzugehen. Auch sie weit…“, das wir am 1. Adventssonntag in der Kirche singen. mussten einer staatlichen Damit beginnt für mich der Advent. Anordnung folgen, die unbequem war. Wegen einer Volkszählung mussten sie sich Advent – das ist die Zeit des Wartens und der Vorfreude, eine auf den Weg nach Bethlehem machen. Mindestens 5 Tage zu Zeit der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Vor allem die Fuß waren sie unterwegs - und Maria war hochschwanger. Kinder freuen sich, jeden Tag ein Türchen im Adventskalender zu öffnen, eine Überraschung zu finden und die immer kürzer Bestimmt haben sie einen sicheren Ort für die Geburt ihres werdende Zeit bis zum Weihnachtsfest zu zählen. Das wird Kindes gesucht, sind im Kopf schon durchgegangen, wie auch in diesem Jahr so sein. alles ablaufen sollte – und fanden - geschlossene Türen! Keine Herberge hat sie aufgenommen! Keine Privatsphäre, Und doch ist alles anders: Durch die Corona-Pandemie und kein Bett, kein warmes Essen... Nur in einem Stall, arm und die damit einhergehenden Einschränkungen haben wir den zugig, fanden sie ein Dach überm Kopf. Wenigstens eine Tür, Eindruck, dass sich immer mehr Türen vor uns verschließen die für sie offenstand, weil sich jemand ein Herz gefasst hat. anstatt sich zu öffnen. Das Leben ist einge-schränkt, wir Und hinter dieser einen offenen Tür hat das erste können z.T. die Menschen, die uns lieb sind, nicht treffen. "Weihnachten" stattgefunden, ein ganz besonderes Kind Türen, durch die wir sonst wie selbstverständlich gehen, wurde geboren – und hat die Geschichte der Welt verändert! bleiben verschlossen. Wir können nicht wie gewohnt miteinander feiern. Kein Weihnachtsmarkt, keine „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“ Mich tröstet es, Adventsfeiern, keine Schulaufführungen… unter welch schwierigen Umständen Jesus geboren wurde. Gott kommt als Kind auf die Welt - mitten hinein in Ich möchte in dieser Adventszeit versuchen, nicht nur auf Erschöpfung, Verzweiflung, Armut. Damit ist er uns ganz das zu schauen, was leider nicht geht. Sondern ich möchte nahe – besonders in diesem schwierigen Jahr mit allen einen liebevollen Blick für das bekommen, was geht. Nicht seinen Herausforderungen und Zumutungen. Er auf die "verschlossenen Türen" schauen, sondern auf die kommt zu uns, auch wenn wir ihm nicht viel zu Möglichkeiten, die auf einmal da sind. Weniger Stress bieten haben. Vielleicht entdecken wir das in vielleicht? Mehr Zeit für alte Familientraditionen – mal diesem Jahr nochmal ganz neu: Für Weihnachten wieder Omas Christstollen-Rezept raussuchen und braucht es nicht viel. Vor allem braucht es offene backen? Sich bewusst Zeit nehmen am Nachmittag, Herzen, um dem unerwarteten Wunder Raum zu mit der Familie eine Kerze am Adventskranz anzünden, geben. Alles Weitere findet sich… eine Geschichte vorlesen oder anhören, etwas singen, miteinander reden… Ihnen fällt bestimmt Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Advent, auch etwas ein, was geht und den Advent zur Zeit offene Augen und Herzen für die Wunder der Vorfreude macht – auch unter Corona- dieser Zeit. Bedingungen. Es grüßt Sie herzlich, Und in Richtung Weihnachten gedacht: Fragen Sie doch mal bei Ihren Eltern oder Großeltern Annabelle Kattner nach, wie sie früher unter eingeschränkten Pastorin in den Kirchengemeinden Bedingungen das Fest der Liebe gefeiert Stadtoldendorf und haben – oder umgekehrt: Teilen Sie ihre Erfahrungen mit der jüngeren Generation.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 3 GROSSBAUSTELLE FAST BEENDET von Sebastian Rustenbach

ERSTER GOTTESDIENST PÜNKTLICH ZUR ADVENTSZEIT: GROSSBAUSTELLE AN DER EV. KIRCHE ST. DIONYS FAST BEENDET

Das "neue" Kirchenschiff: Wände und Decken sind bemalt, die Pfeiler nach historischem Vorbild neu gestrichen und vieles weitere wurde saniert, repariert oder erneuert. Foto: rus

Glückliche Gesichter in der evangelischen Kirche in Der neue Anstrich nach historischem Vorbild fällt dabei wohl Stadtoldendorf: Die Großbaustelle (wir berichteten in früheren als erstes auf. Professionelle Restauratoren hatten den Blickpunkt-Ausgaben bereits umfangreich) ist allmählich Farbanstrich auf den alten Pfeilern Schicht für Schicht verschwunden, Mitte November fand sogar schon der erste, abgetragen und so die Original-Farbe wieder ans Tageslicht reguläre Gottesdienst wieder in der sanierten Kirche statt. befördert, wie sie 1875 gewesen sein soll. Dann wurden alle Jene, die baustellenbedingt seit langem keinen Fuß mehr in Pfeiler sowie Geländer und Elemente in mühevoller Handarbeit die Kirche setzen konnten, dürften erstaunt sein. Dort, wo vor neu angestrichen – nach dem historischen Vorbild. Weiterhin einigen Wochen und Monaten noch Staub, Dreck und hohe wurden auch die lange geplanten Malereien an Wänden und Gerüste das Tagesbild bestimmten, hat sich das innere vor allem an den Decken vervollständigt. Dort, wo bis zuletzt Erscheinungsbild inzwischen vollständig verändert. noch weiß-gelbe Flächen zu finden waren, ist jetzt jeder

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Zentimeter bemalt. Der Nebeneingang wurde erneuert und barrierefrei ausgebaut, auch alle Eingangstüren und die historischen Außenleuchten wurden in Handarbeit über- arbeitet und restauriert. Neue Elektrik, Reparaturen am Dach und eine Sanierung der Sakristei sowie vieles weitere konnte verwirklicht werden. „Es sind sehr viele Details“, erklärt Hermann Kumlehn, als Vorsitzender des Bauausschusses war Details noch zu erkennen. Der Grundstein hierfür wurde er nahezu täglich auf der Baustelle zur Koordination. übrigens bereits 2013 gelegt, als man die Linden rund um die Kirche fällte und damit die immer größer werdenden Risse am Einige Restarbeiten werden noch immer gemacht, unter Kirchenschiff stoppte. Das Kirchenschiff – übrigens das größte anderem sollen nun auch noch der Fußboden der Empore kreisweit – ist fortan gesichert und die Stadtoldendorfer und die Treppen neu aufgearbeitet werden. Das letzte große Gemeinde hat eine (fast) rundum erneuerte Kirche erhalten. Projekt aber wird Ertüchtigung der Orgel sein. Sie wird nun fachmännisch repariert und gewartet, was kaputt ist wird instandgesetzt. Danach bekommt auch dieses Umfeld noch seinen historischen Anstrich. Wenn voraussichtlich im März 2021 auch das geschehen sein soll, möchte die Kirche eine große Einweihungsfeier stattfinden lassen, sofern die Regeln es dann zulassen.

Das ganze Projekt wurde nahezu in Rekordzeit realisiert. „Man fragte uns 2019, ob wir das Projekt machen können“, erklärt Kumlehn. Die lange geplante, aber eigentlich erst für die Folgejahre angestrebte Maßnahme rückte damit plötzlich in greifbare Nähe, Gelder wurden bereitgestellt und die Mammutaufgabe angenommen. Größte Aufgabe dabei war neben der Fassadensanierung und dem Anstrich des gesamten Außenbereiches sowie der Restauration der Turmfassade in jede Fall der Einbau von Spannstählen an allen vier Seiten der Kirche, die ein weiteres Auseinanderdriften der Kirche verhindern sollen. Mittels langer Kernbohrungen wurde die Kirche durchbohrt – inzwischen ist dies nur an kleinen

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 5 Herzlich willkommen zur Weihnachtsausgabe 2020 vom Blickpunkt. Mit diesem Abdruck von der Titelseite der Ausgabe Nr. 111 von Dezember 1986 und ein paar weiteren Inhalten früherer Ausgaben FROHE WEIHNACHTEN wünscht die Redaktion, unser Medienpartner Weser-Ith News und das gesamte Team allen Leserinnen und Lesern WÜNSCHEN DER ein schönes Weihnachtsfest und eine friedliche Adventszeit. Möge das neue Jahr wieder etwas mehr Normalität zu uns allen bringen. Bleiben Sie gesund und munter und kommen Sie gut ins neue Jahr - im März geht es mit Ausgabe 34 weiter! SOWIE ALLE WERBEPARTNER IN DIESER AUSGABE

Blickpunkt Nr. 111 / 1986

6 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN FROHE WEIHNACHTEN WÜNSCHEN DER

SOWIE ALLE WERBEPARTNER IN DIESER AUSGABE

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 7 8 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WEIHNACHTEN von Lorena Wiedenbruch

FREUDE VERSCHENKEN: ZU BESUCH BEIM WEIHNACHTSMANN IN ESCHERSHAUSEN

Doch diese Nähe nutzen einige Kinder auch, um sich etwas von der Seele zu reden. „Es ist der schönste Teil, wenn die Kinder voller Vorfreude los plappern und schöne Dinge erzählen, doch es ist auch der traurigste Teil, denn nicht jedes Kind erlebt nur positives“, sagt er ernst und blickt dabei auf den Boden. Er berichtet von den Kindern, die dem Weihnachtsmann anvertrauen, dass sie oft traurig sind, die Eltern sich streiten, der Papa sauer ist und auch mal schreit. „Natürlich ist so was nicht ganz einfach, doch auch dafür ist der Weihnachtsmann da“, ergänzt er. Er gab den Kindern Tipps: „Wenn dein Papa das nächste Fast wie das Original: Gut ausgestattet Mal sauer ist und laut wird, dann nehm ihn und verkleidet geht's für Weidemann alljährlich zu den Kindern. Foto: lbr einfach in den Arm, drück ihn doll und sag, dass du ihn lieb hast. Vielleicht geht es ihm dann auch besser.“ Der Weihnachtsmann bringt Im Hause Weidemann läuft Heiligabend nicht so ab wie in nicht nur Geschenke, sondern steht auch für anderen Familien. Der Mantel wird angelegt, die Schuhe Hoffnung, Glaube und Zusammenhalt. geputzt, ein goldenes Buch mit Notizen gespickt und ein Sack mit Geschenken gefüllt. Günter Weidemann spielt seit mehr Doch nicht nur im Kindergarten spielte Weidemann als 30 Jahren regelmäßig die Rolle des Weihnachtsmannes regelmäßig den Weihnachtsmann, sondern auch bei der und bringt Kinderaugen zum Strahlen. Angefangen hat alles Krabbelgruppe im Haus der Kirche, auf Märkten sowie für bei der eigenen Verwandtschaft in Lüerdissen. „Später war ich Freunde und Bekannte. Über die Jahre erlebte er zahlreiche viele Jahre regelmäßig in den Kindergärten in Dielmissen, rührende Geschichten. „Eine Junge sagte mir mal, er sei und Eschershausen im Einsatz“, berichtet er. Auch manchmal wütend und traurig. Ich sagte ihm, dass er aus private Besuche bei Familien am Heiligen Abend standen dem Fenster schauen und nach einem großen, funkelnden jährlich auf dem Programm. „Unsere eigenen Kinder waren Stern Ausschau halten soll. Dort würde sein Schutzengel schon groß und es gibt nichts Schöneres als den Kindern Paule sitzen und der hört ihm immer zu“, erklärte der Hobby- Freude zu schenken“, erklärt der Eschershäuser. Weihnachtsmann. Der Junge erzählte seinen Eltern noch lange von Paule. In den Kindergärten gehörte der Besuch des Weihnachts- manns zu den festen Ritualen im Jahr. „Die Kindergarten- Die Wünsche und Geschenke spielten natürlich immer eine leitung versteckte draußen einen großen Sack mit kleinen große Rolle, doch Weidemann erlebte nie Undankbarkeit. Geschenken für die Kinder“, erklärt er. Dann kam der große Selbst wenn der größte Wunsch nicht dabei war, konnte er die Moment: Mit viel Gepolter und Glockenklingeln ging er durch Kinder mit einfachen Worten überzeugen. Ein Mädchen die Tür. Die Kinder warteten gespannt im Stuhlkreis auf den wünschte sich ein großes Puppenhaus, doch bekam nur eine Mann vom Nordpol. Weidemann nahm sich Zeit für jedes der Puppen. „Wenn du die Puppe ein Jahr lang gut Kind, überzeugte mit pfiffigen Sprüchen und bewahrte den behandelst, dann kommen die anderen von ganz alleine“, weihnachtlichen Glanz. „Die Kinder erzählten mir, wie sie mit erzählte er aus seiner Erinnerung. In den vergangenen 30 ihren Großeltern Kekse backen, Baumschmuck bastelten, Jahren wurde Weidemann nur ein einziges Mal fast erkannt. was sie sich wünschen und natürlich, ob sie auch artig „Ein Mädchen aus dem Kindergarten musterte mich von oben waren“, erzählt er fröhlich. „Ein Junge im Kindergarten sagte bis unten, sagte aber nichts“, so Weidemann. Er und seine sogar, er würde mir Heiligabend den Schlüssel raus legen, Frau waren mit der Familie befreundet und bei einem Treffen damit ich nicht durch den Schornstein klettern muss“, ergänzt nach Weihnachten fragte sie ihn, ob er der Weihnachtsmann er lachend. war. „Sie fragte mich, ob ich der Weihnachtsmann war.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 9 Darauf antwortete ich: ‚Nee, wie kommst du den darauf? Wir waren über Weihnachten im Urlaub’. Sie wiederrum sagte, dass ich dann wohl nur dieselben Schuhe wie der Weihnachtsmann habe“, erzählt er lachend. Später, als aus dem kleinen Mädchen schon ein Teenager geworden war, deckte er die Geschichte auf.

Doch warum wird man Hobby-Weihnachtsmann und verzichtet auf einen ruhigen Heiligabend? „Mir liegen Kinder einfach sehr am Herzen. Ihnen eine Freude zu machen, ist für mich das größte Geschenk an den Feiertagen“, erklärt Weidemann. Bereits in der Vergangenheit engagierte er sich für die Kindergärten und spielte neben dem Weihnachtsmann auch den Räuber Hotzenplotz, bei einer Besichtigung der Rothe- steinhöhle. „Ich hab mich dann als Kumpel des Weihnachtsmanns ausgegeben. Die Kinder staunten nicht schlecht über dass, was ich alles von ihnen wusste“, sagt er.

Jetzt, zu Zeiten der Corona-Pandemie, gestaltet sich ein Besuch vom Weihnachtsmann sehr schwierig, doch für die nächsten Jahre liegen Mantel, Bart, Rute und Glocke schon parat und warten auf den nächsten Einsatz.

10 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN INNENSTADT STADTOLDENDORF von Sebastian Rustenbach

UMNUTZUNG VON GESCHÄFTSRÄUMEN IN BARRIEREFREIEN WOHNRAUM

Es ist ein Trend, der voraussichtlich in naher Zukunft in vielen leer gewordenen Innenstädten und Fußgängerzonen Einzug halten wird. Die Rede ist von der Umnutzung ehemals geschäftlich genutzter Verkaufsflächen in neuen Wohnraum. Dass dies gelingen kann, zeigt das Beispiel des Ehepaars Große, lichtdurchflutete Zimmer sorgen für Behaglichkeit, Jacobs aus Stadtoldendorf. Seit 1886 mindestens, so lange möglich machen dies insbesondere die früheren lässt sich die familiäre Tradition sicher zurückverfolgen, befand Schaufensterscheiben, die nun wohnlich gestaltet wurden. sich in dem Wohn- und Geschäftshaus in der Teichtorstraße in Ansonsten erinnert allerdings nichts mehr an die einstigen Stadtoldendorf auch ein Ladengeschäft mit direkter Geschäftsräume. Schwellen wurden abgebaut und so ist die Anbindung an die untere Fußgängerzone. Nach inzwischen Wohnung auch vollständig barrierefrei. Neue Elektro- einigen Jahren des Leerstandes, zuletzt war in den installationen, Lampen und Fußböden und nicht zuletzt auch Räumlichkeiten ein Sanitätshaus untergebracht, hat sich das die Wohneinrichtung haben aus dem einstigen Ladenbereich Ehepaar Jacob entschlossen, die Verkaufs- und Lagerräume nun eine gemütliche Wohnung gemacht. Mit dem Ehepaar zu Wohnraum umzubauen. Es folgte eine umfangreiche Thormann haben die Besitzer nun auch gleich die ersten Renovierung der Räume im Erdgeschoss, wodurch eine Mieter gefunden, die sich nach inzwischen zwei Monaten an schöne, großzügige Wohnung entstand. ihrem neuen Heimatort schon richtig zuhause fühlen.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 11 DIE ZUCKERRÜBE von Sebastian Rustenbach

HOCHKONJUNKTUR IN DER ZUCKERFABRIK: DER JAHRESBEDARF AN ZUCKER FÜR 18.000 MENSCHEN STAMMT ALLEIN AUS DEENSEN

Sie liegen meterhoch gestapelt auf den Feldern, im Spätherbst und Winter fährt jeder an ihnen vorbei: Die Rede ist von Zuckerrüben. Die Ernte ist längst abgeschlossen, doch vielerorts liegen die Rüben vor Kälte geschützt noch abholbereit am Straßenrand. In der Zuckerfabrik herrscht indes Hochkonjunktur. Von September bis Januar laufen dort die Maschinen rund um die Uhr, auch am Wochenende wird unaufhörlich Zucker aus den Rüben gewonnen. Es gibt straffe Zeitpläne, wann die nächsten Rüben abgefahren werden.

„Es ist alles logistisch bis ins kleinste Detail genau geplant“, erklärt Dirk Wollenweber, der aus Linnenkamp kommt. Er ist der Geschäftsführer des Zuckerrübenanbauerverbandes Südniedersachsen e.V. und vertritt die Interessen von mehr als 800 Landwirten im Gebiet zwischen Hildesheim und Nordhessen und vom Südharz bis an die Weser. Wollen- webers Job dreht sich also das ganze Jahr um das Thema Zuckerrübe. „Wir haben damit auch alle Hände voll zu tun, insbesondere im Winter zur Zeit der Rübenverarbeitung, der sogenannten Kampagne. Aber auch im Sommer mit

Beratung der Mitglieder und der Vorbereitung auf die Dirk Wollenweber (links) und Landwirt bevorstehende Ernte“, erklärt Wollenweber. Jetzt im Winter Christof Möller aus Deensen mit seiner Zuckerrübenernte. Foto: Wollenweber zur Kampagne ist er nahezu tagtäglich in Nordstemmen, wo in der Zuckerfabrik der Nordzucker AG die angelieferten Zuckerrüben zu Haushaltszucker verarbeitet werden. Und das ist eine ganze Menge, die allein aus der Samtgemeinde Jedes Jahr werde die Sorte besser, resistenter gegenüber und dem Kreis kommt. Ausgesät wird im März/ Krankheiten und bringe mehr Ertrag, erklärt Wollenweber. April jeden Jahres. Das für die Aussaat vorgesehene Saatgut Das Verbot des Einsatzes von Neonikotinoiden als Pflanzen- wird jedoch nicht selbst vermehrt, sondern aus der aktuellen schutzmittel vor einiger Zeit allerdings habe die Ertrags- Zucht gekauft. aussichten der Zuckerrübe spürbar geschmälert. „Wir haben vermehrt Befall von Blattläusen, die einen Vergilbungsvirus übertragen können“. Das Verbot etwa beim Einsatz auf Rapsäckern kann Wollenweber hingegen nachvollziehen: „Diese Pflanzen sind für Bienen, für die Neonikotinoide gefährlich sind, auch sehr attraktiv, ganz anders aber die Zuckerrübe“. Sie sei kein Anziehungspunkt für Bienen und somit auch nicht primär für die Insekten gefährlich. Ent- sprechende Pflanzenschutzmittel seien aber essenziell für den Schutz der Zuckerrübe. „Wir setzen sie nur dort ein, wo es keine milderen Mittel gibt und wo die Bestände in Gefahr sind“, erklärt Wollenweber. Ohnehin sei das Geschäft mit den Zuckerrüben eng kalkuliert. Und so arbeitet sein Verband auch auf politischen Ebenen daran, solche Mittel künftig, wie schon in fast allen umliegenden Staaten bereits geschehen, wieder zuzulassen.

12 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 13 14 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN Zugedeckt und damit vor Kälte geschützt warten die Zuckerrüben auf dem Acker von Christof Möller auf ihre Abholung. Foto: rus

Derartige Einbußen durch Schädlinge oder Blattkrankheiten Dieser reicht für den Jahreskonsum von 360.000 Menschen aus. einmal außer Acht gelassen wachsen im Schnitt je Quadrat- „Unsere Verbandsmitglieder insgesamt bauen etwa 14.000 meter Ackerfläche acht bis neun Zuckerrüben, die bei der Hektar und mehr als 1 Mio. Tonnen Zuckerrüben an“, so späteren Ernte im Herbst rund acht Kilogramm wiegen. Bei Wollenweber. Bei der Nordzucker in Nordstemmen, mit Abstand einem Zuckergehalt von 18 Prozent, das liefern heutige der Hauptabnehmer der hier geernteten Zuckerrüben, wird der Zuckerrüben im Schnitt, lassen sich daraus fast 1,5 kg Zucker aus den Rüben erzeugt. Nordzucker betreibt aber auch Kristallzucker je Quadratmeter erzeugen. Auf dem 24 Hektar eine Bioethanolproduktion, so dass das dem Normalbenzin großen Acker von Christof Möller aus Deensen beispielsweise zugemischte Ethanol auch aus Zuckerrüben stammt. Die sind allein in diesem Jahr rund 2.000 Tonnen Zuckerrüben Landwirte bauen Zuckerrüben zum Teil auch zur geerntet worden. Energiegewinnung in Biogasanlagen an.

Die Nordzucker AG ist AUS DIESEN ZUCKERRÜBEN eine Aktiengesell- schaft und ein Großteil LASSEN SICH BEI EINEM der hiesigen Bauern ist auch Anteilseigner. ZUCKERGEHALT VON 18 Das Unternehmen wurde einst von ihren PROZENT STOLZE 360 Vorfahren gegründet und reicht weit

TONNEN ZUCKER ERZEUGEN zurück. Per Vertrag Die Zuckerfabrik in Nordstemmen. dürfen die Landwirte Foto: Nordzucker AG ihre Zuckerrüben dort In Deutschland werden pro Jahr und pro Kopf etwa 20 anliefern, alles ist geregelt und wird vom Anbauerverband mit Kilogramm Haushaltszucker verzehrt. Somit deckt die auf dem Zuckerunternehmen vereinbart. Schließlich darf auch nicht dem Acker in Deensen erzeugte Zuckermenge den jeder Landwirt ohne Weiteres Zuckerrüben ohne vorherige durchschnittlichen Jahresbedarf für 18.000 Menschen für ein Vertragsbeziehung anbauen. Der Preis, den Landwirte mit ihrer ganzes Jahr, also für deutlich mehr, als die Samtgemeinde Ernte erzielen, steht dabei ebenfalls schon weit im Vorfeld fest. Eschershausen-Stadtoldendorf überhaupt Einwohner hat. Für diejenigen, dessen Zuckerrüben erst zu Kampagneende ab- Kreisweit sind die Zahlen sogar noch imposanter: Im gefahren werden können, gibt es sogar einen Ausgleich, da Landkreis Holzminden werden von 30 Landwirten rund 500 diese Zuckerverluste während der Lagerung erleiden. Die Hektar Zuckerrüben für die Nordzucker AG angebaut. Zuckerrüben können nur leichte Minusgrade vertragen, deshalb Insgesamt werden hier in diesem Jahr etwa 40.000 Tonnen werden sie mit Vlies abgedeckt, wenn sie später abgefahren geerntet. Bei 18 Prozent Zuckergehalt werden daraus 7.200 werden. Anderenfalls platzen die Zellen auf, sie werden dann für Tonnen Zucker erzeugt. die weitere Verarbeitung nahezu unbrauchbar.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 15 16 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN Bis Ende Januar etwa ist alles vorbei, dann wird es auch in der Zuckerfabrik ruhiger. Die Rüben auf dem Acker von Christof Möller zum Beispiel werden erst in der zweiten Januar-Woche abgeholt, wurden aber schon am 25. Oktober geerntet. Das allerdings ist der übliche Ablauf, denn im Dezember und Januar wird nicht mehr geerntet, um den Boden zu schonen und die Folgefrucht aussäen zu können. An gleicher Stelle wächst jetzt bereits Getreide. Jeder weiß dabei bereits im Vorfeld bescheid, wann welches Feld geerntet, zugedeckt und abgefahren wird. „Das meiste Ernte und die Verladung erfolgen über spezielle Land- läuft bereits digital gestützt mittels einer App, die Landwirte maschinen und sind eng getaktet. Foto: H. Ahlswede können jederzeit den Status und nach der Lieferung die Liefer- und Ertragsdaten sehen“, erklärt Wollenweber. Schon bei der Ernte wird die Rübe schonend aus dem Boden 20.000 TONNEN gezogen, sechs Reihen gleichzeitig. Die Blattmasse wird geschreddert und als Naturdünger auf dem Acker verteilt. ZUCKERRÜBEN WERDEN Nicht jeder Landwirt hat einen eigenen Rübenroder, zumeist übernehmen diese Arbeit Lohnunternehmer, die darauf PRO WERKTAG ANGELIEFERT, spezialisiert sind und über entsprechende Technik verfügen. Gleiches gilt für die Zudecker und auch für die Verlade-Crew, DAS SIND STOLZE 800 die später mittels einer sogenannten Lademaus und mehreren Lastwagen die Abfuhr zur Zuckerfabrik übernimmt. Nord- LASTWAGEN TÄGLICH zucker beliefert schließlich alle großen Großhandelsketten, die Süßwarenproduzenten und Lebensmittelunternehmen wie Im Mehrschichtbetrieb laufen die Maschinen rund um die Uhr, etwa Symrise, aber auch wie Coca Cola. In vielen Speisen, auch am Wochenende. Zunächst werden dabei die Zucker- Getränken und Produkten steckt damit vermutlich auch ein rüben gewaschen und zerkleinert, der Saft herausgelöst und Stück aus unserer Region und vom Acker von Christof Möller. unter Druck und Temperatur bilden sich nach einem rein physikalischen Prinzip und ohne Zuhilfenahme von Chemie Mit der sog. "Lademaus" werden die geernteten Rüben kleine Zuckerkristalle. Zum Schluss befreit Wasserdampf die verladen und zur Fabrik gefahren. Foto: H. Ahlswede Kristalle vom restlichen Sirup; so erhält man weißen Zucker. wie wir ihn als Haushaltszucker kennen. Der Kristallzucker ist übrigens der gleiche, der auch als Rohrzucker gehandelt wird. Es handelt sich um ein vollkommen identisches Produkt, beide bestehen zu 100 % aus Saccharose. Der Rohrzucker hat, unabhängig von seiner Herkunft aus Zuckerrohr, seine bräunliche Farbgebung von der Melasse, die durch die Bedampfung beim weißen Kristallzucker nicht mehr vorhanden ist.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 17

WEIHNACHTSPOST von Sebastian Rustenbach

TOLLE AKTION FÜR KINDER IN STADTOLDENDORF: WEIHNACHTSPOST FÜR DEN WEIHNACHTSMANN UND SEINE WICHTEL

Vielerorts müssen sich die Menschen auf ein etwas anderes Weihnachtsfest einstellen, so auch in Stadtolden- dorf, wo sogar der traditionelle Weihnachtsmarkt abgesagt werden musste. „Dennoch wollen wir insbesondere für die Kinder in Stadtoldendorf etwas Besonderes auf die Beine stellen“, erklärt Stadtdirektor Wolfgang Anders. Geplant ist nämlich die Aufstellung eines Weihnachts-Briefkastens in einer kleinen Weihnachtshütte direkt vor dem Rathaus. Dort können Kinder ab Ende November montags bis freitags tagsüber ihre Weihnachtspost abgeben. Das können ein paar geschriebene Zeilen auf einem Brief sein, ein selbst- gemaltes Bild oder auch etwas Gebasteltes.

Die Kinder haben ab sofort die Möglichkeit, noch bis zum 4. Advent Post an die Stadtoldendorfer Weihnachtswichtel zu schreiben. Die Wichtel haben einen direkten Draht zum Weihnachtsmann und natürlich wird auch jede Post bis zu

20 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN Heiligabend beantwortet. „Wir wollen jedem Kind eine Freude bereiten, in dem wir jeden Brief persönlich beantworten“, freut sich Anders. Die Kinder sollen rechtzeitig zu Weihnachten also auch Post zurück bekommen. Wichtig für die Eltern: Es kann natürlich nur geant-wortet werden, wenn ein Absender auf dem Brief zu finden ist. Wer dies nicht möchte, kann auch anonym mitmachen.

Die Kinder und ihre Eltern können mit ihrer Teilnahme an Bewohner der Stadtoldendorfer Seniorenheime ver-schenkt der Aktion neben der eigenen werden und so den Menschen auch dort eine große Freude Freude in jedem Fall auch bereiten. „Wenn uns dies gelingt, wäre das ein toller noch etwas Gutes für andere Brückenschlag zwischen den Generationen, besonders in tun. Die Bilder und Basteleien der heutigen Zeit“, so Anders. Die Stadt und natürlich die sollen zu Weihnachten an die Weihnachtswichtel hoffen auf eine große Beteiligung.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 21 LANDWIRTSCHAFT IM WINTER von Lorena Wiedenbruch

STILLSTAND IN DER LANDWIRTSCHAFT? AUCH IN DER KALTEN JAHRESZEIT GIBT ES VIEL ZU TUN

„Im Winter liegt der Bauer auf dem Sofa“ - dieses alte Vorurteil trifft heute wohl nicht mehr zu. In den Sommer- monaten sieht man die Mähdrescher von morgens bis nachts auf den Feldern und die Trecker auf den Straßen, doch wenn die Tage kürzer werden, verschwinden die Landwirte aus dem Sichtfeld. Unsere Redaktion hat auf dem Ackerbaubetrieb der Familie Grupe in Scharfoldendorf nachgefragt, wie der Arbeitstag eines Landwirtes im Winter aussieht. „Auch in der kalten Jahreszeit gibt es reichlich Arbeit. Einen typischen Ablauf gibt es nicht.

"JEDER TAG IST ANDERS UND DIE AUFGABEN IM WINTER SIND VIELFÄLTIG", erklärt Janis Grupe. Er und sein Bruder Timon haben den Familienbetrieb im Jahr 2015 übernommen und bewirt- schaften den elterlichen Betrieb in Scharfoldendorf. Sie bauen Weizen, Gerste, Raps, Mais sowie Rüben an und beteiligen sich am Blühstreifenprogramm. „Außerdem machen wir auch Lohnarbeiten“, erklärt Grupe. So fahren sie beispielsweise Rüben von anderen Landwirten ab oder ernten für andere Betriebe, da nicht jeder Landwirt einen eigenen Mähdrescher besitzt. Anfang November steckte der Betrieb in den letzten Zügen der Rübenernte (wir berichten in dieser Ausgabe an anderer Stelle auch ausführlich darüber) und bis Ende Landwirt Janis Grupe vor dem eigenen Mähdrescher mit Maispflück-Vorsatz. Foto: lbr November wurde noch der Körnermais geerntet.

22 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 23 24 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN Die Maisernte unterteilt sich in Körner- und Silomais. Auch die Maschinen, die dafür gebraucht werden, sind unterschiedlich. „Der Körnermais wird mit einem Mähdrescher und einem speziellen Maispflück-Vorsatz geerntet“, ergänzt Grupe. Während Silomais meist im September und Oktober geerntet wird, zieht sich die Ernte vom Körnermais von Oktober bis Dezember.

In den Wintermonaten ist der Landwirt vor allem durch die Witterung eingeschränkt. „Die letzten Tage hat es sehr viel geregnet, da kann man heute zum Beispiel keine Rüben roden. Die Maschine würde tiefe Spuren ziehen“, erklärt der „Wir wollen mit der Zeit gehen und setzen auf neue Technik“, junge Landwirt. Also steht an nassen Tagen was anderes auf erklärt er. Einer von drei Treckern verfügt über GPS und der der To-do-Liste des Landwirts. „Bei Frost steht die Mähdrescher zeichnet die Erträge ortsbezogen auf. „Im Winter Feldkantenpflege im Vordergrund. Dann schneiden wir den ist auch Zeit für die Betriebsplanung. Wie ist das vergangene ganzen Tag Büsche zurück. Bei der Menge an Fläche Jahr gelaufen, welche Früchte möchte ich anbauen, was kommen da einige Stunden zusammen“, erklärt er. Auf dem muss ich ändern oder in was muss ich investieren? Diese Acker selbst passiert in den dunklen Monaten eher weniger. Fragen können überdacht und geklärt werden“, beschreibt er. Nach der Ernte im Herbst findet die Stoppelbearbeitung statt Der Landwirt legt im Winter also nicht die Füße hoch und und anschließend die Aussaat für das nächste Jahr. verbringt die dunkle Jahreszeit auf dem Sofa. „Doch wenn wir Urlaub machen, dann vorzugsweise im Winter. Im Frühjahr Ein weiteres großes Thema in den Wintermonaten ist das oder im Sommer ist dafür nun mal keine Zeit“, so Grupe Warten, Reinigen und Überholen der Maschinen, damit sie im abschließend. Frühjahr wieder reibungslos zum Einsatz kommen können. „Wenn der letzte Weizen verladen ist, machen wir die Scheune einmal richtig sauber und parken dort dann die Maschinen, die wir über den Winter nicht brauchen“, erklärt Grupe und zeigt auf die Reste der Weizenernte. Alle Maschinen werden überprüft, Verschleißteile im Zweifelsfall ausgetauscht und abgeschmiert. „Die Maschinenpflege ist wirklich wichtig und kommt sonst einfach zu kurz“, ergänzt er. „Und dann wäre da noch die Dokumentation“, sagt der Eschershäuser. Im Winter liegt ein besonderer Fokus auf der Büroarbeit, die einen immer größeren Raum einnimmt. Der Verwaltungsaufwand wächst stetig: Antragstellungen, Aufzeichnungen, Verordnungen, Nachweispflicht und Steuern. Zudem wird die Zeit genutzt für Fortbildungen und Informationsveranstaltungen.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 25 26 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN GUTES ZUR WEIHNACHTSZEIT von Kai Pöhl

AKTION FÜR KINDER IN ARMEN LÄNDERN INS AUSLAND MIT DEM WEIHNACHTSPÄCKCHENKONVOI

Als im vergangenen Jahr kurzfristig nach einem Fahrer für den Weihnachtspäckchenkonvoi gesucht wurde, hat Dascho Wehner keine Sekunde gezögert, wie er uns damals erzählte. Umgehend wurde der Kontakt zum Round Table Deutschland hergestellt und schnell war klar: Der Stadtoldendorfer wird sich

ZUSAMMEN MIT KNAPP 300 EHRENAMTLICHEN HELFERN UND GUT 170.000 WEIHNACHTS‐ GESCHENKEN IM GEPÄCK auf den Weg nach Osteuropa machen, um armen Kindern eine Freude zu bereiten. Dass diese Teilnahme keine einmalige Geschichte war, stand für ihn bereits im letzten Jahr fest. „Für mich persönlich war und ist es eine Herzensangelegenheit, zu Weihnachten Freude zu verschenken“, sagt er. Und weiter: „Es hat unglaublich viel Spaß gemacht und so viele bleibende Eindrücke hinterlassen, dass ich den Weihnachtspäckchen- konvoi 2020 umgehend im Urlaubsplan verankert habe.“

Doch dann kam Corona und die Ungewissheit, ob in diesem Jahr überhaupt ein Weihnachtspäckchenkonvoi realisierbar ist. „Diese Ungewissheit wird auch bis zuletzt bleiben“, sagt Dascho Wehner. Niemand wisse, wie sich die Lage noch Dascho Wehner ist Teil des entwickeln kann. Weihnachtspäckchenkonvois. Foto: Privat

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 27 Schließlich tat sich eine weitere Problematik auf: Ein Fahrer aus TKN angeboten, einen Lkw aus ihrem Fuhrpark zur Verfügung Minden, der zudem auch einen Lkw stellte, fällt in diesem Jahr zu stellen“, freut er sich. Daraus ergebe sich sogar ein großer aus. „Glücklicherweise hat sich die Holzmindener Spedition Vorteil: „Ich kann direkt aus Holzminden einen Lkw mit- nehmen, ohne in Hanau einem Lkw zugewiesen zu werden und ihn dort wieder abgeben zu müssen.“

Weihnachtspäckchenkonvoi 2020 unter strengen Corona­Bedingungen

Bisher sieht der Plan vor, dass der Konvoi Samstagmittag, 5. Dezember, aus Hanau losrollen und am Freitag, den 11. Dezember, wieder in Deutschland eintreffen soll. Die Umsetzung würde unter strengen Corona-Bedingungen erfolgen. So soll auf jegliches Begleitfahrzeug verzichtet werden, um den Weihnachtspäckchenkonvoi in deutlich Große Freude bei der Geschenkübergabe abgespeckter Form zu ermöglichen. Außerdem ist jeder im fernen Ausland im vergangenen Jahr. Szenen wie diese werden 2020 natürlich Konvoi-Teilnehmer zu einem Corona-Schnelltest vor der aufgrund der Pandemie nicht möglich Abreise und nach der Einreise verpflichtet. Sollte ein Test in sein. Foto: Privat Hanau positiv ausfallen, muss die gesamte Lkw-Besatzung den Heimweg antreten.

28 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN Zudem soll das Verteilen vor Ort anders ablaufen als in den vergangenen Jahren. „Wir bringen die Päckchen hin, laden sie aus und fahren sofort wieder“, sagt Dascho, der für die Bulgarien-Route eingeteilt ist. Es werde maximal zwei Über- nachtungen in der Nähe von Plovdiv geben. „Wir werden in diesem Jahr wahrscheinlich auch gar keine Kinder zu Gesicht bekommen“, sagt er. Doch auch wenn die Auflagen streng und der ganze Trip eine Tortur sein werden, Zweifel an seiner Teilnahme kamen dem Stadtoldendorfer nie: „Wir beschenken Kinder, die so arm sind, dass sie sonst nichts haben außer ein Geschenk vom Weihnachtspäckchenkonvoi.

DIESE KINDER FREUEN SICH AUF UNS. EGAL, WIE ANSTRENGEND DAS IST, ICH NEHME ES FÜR SIE IN KAUF."

Das Gespräch mit Dascho Wehner wurde bereits Ende Oktober geführt, noch vor dem zweiten Lockdown der Pandemie. Kurz vor Redaktionsachluss kam dann die Meldung, dass die Tour dieses Jahr durch eine Spedition durchgeführt wird. „Man hätte sich nach der Rückkehr für zwei Wochen in Quarantäne begeben müssen und niemand weiß, wann die Grenzen wieder dicht machen“, erklärt Wehner. Die Tour 2020 hatte sich für ihn da erledigt - die Geschenke aber werden dennoch verteilt. Und wenn alles wieder möglich ist, möchte er sich auch im kommenden Jahr wieder melden, wenn wieder Kinder in armen Ländern glücklich gemacht werden sollen. WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 29 70 JAHRE von Lorena Wiedenbruch

POSAUNENCHOR HOLZEN 70‐JÄHRIGES JUBILÄUM EINES TRADITIONSVEREINS

genau wie Horst Mönkemeyer. Siegfried Kloth wurde für 48 Jahre ausgezeichnet. Auch sie erhielten eine Urkunde. Die Auszeichnung für den gesamten Chor überreichte Pastor Raffael Bock. „Auch im Namen des Pfarramtes und vom Kirchenvorstand herzlichen Dank“, so Bock. Er nutze die Gelegenheit, um sich für die Bereicherung der Gottesdienste zu bedanken und las der Gruppe einen Psalm vor. Bei Konfirmationen, zu Weihnachten, auf dem Schützenfestgottesdienst und beim Erntedankfest in Wickensen ist der Posaunen- chor ein fester Bestandteil seit Jahrzehnten. Doch auch auf Gemeindefesten, wie dem Maibaum aufstellen in Holzen sind die Bläser nicht mehr wegzudenken. Harmonische und wärmende Klänge strömen durch das Haus der Kirche in Eschershausen. Der Posaunenchor Holzen lässt die Lungen spielen. Posaunen, Trompeten, Hörner und Tuben verbreiten Töne, die berühren. Seit nun 70 Jahren besteht der Posaunenchor und bereichert besondere Gottesdienste sowie Veranstaltungen in der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf. Die Bläser treffen sich in der Regel einmal die Woche zum Proben. Aufgrund der Corona- Pandemie fällt das gemeinsame Musizieren aktuell aus, doch an diesem Abend gab es einen ganz besonderen Anlass, an dem die Mitglieder mit Abstand und Maske zusammen kamen. Gefeiert wurde das Jubiläum des Chors sowie die Ehrung von langjährigen Mitgliedern und der Abschied von Eckhard Ende. Als besonderer Gast war Landesposaunen- wart Günter Marstatt ebenfalls vor Ort. „Manchmal sind wir auch ein bisschen Blaskapelle“, schmun- zelt Chorleiterin Lüthje. Hier musizieren verschiedene Eckhard Ende zählt zu den Urgesteinen des Posaunenchors. Generationen zusammen und lernen von einander. Vom 66 Jahre spielte er die Posaune und war davon 44 Jahre als Schüler oder Student bis hin zum Rentner sind alle Alters- Chorleiter aktiv. Nun zieht Ende zu seinen Kindern in den klassen vertreten. Zum Abschluss des Abends tauschten sich Norden und nahm schweren Herzens Abschied von seinen die Mitglieder aus, erzählten von vergangenen Auftritten und Bläserkollegen. „Du warst für uns immer eine große Stütze besonderen Momenten. Auch eine Chronik über die Ge- und besonders mir eine große Hilfe“, sagte Chorleiterin schichte des Chors wurde erstellt und angeschaut. Aufgrund Christine Lüthje mit Tränen in den Augen. Zum Abschied gab der Corona-Pandemie muss das Weihnachtskonzert in die- es nicht nur Applaus, sondern auch eine kleine goldene sem Jahr leider ausfallen, doch die Bläser freuen sich schon Posaune zum Anstecken für Ende. „Vielen Dank. Ich werde auf ihren nächsten Auftritt und viele gemeinsame Proben. unser Gemeinsames musizieren vermissen“, erklärte Ende. Für seine langjährige Mitgliedschaft erhielt er vom Landesverband außerdem eine Urkunde, übergeben durch Marstatt.

Ebenfalls für ihre langjährige Mitgliedschaft wurden vier weitere Bläser geehrt. Dieter Mevers ist seit 61 Jahren dabei, Bernhard Samse blickt auf 66 Jahre Mitgliedschaft zurück,

30 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 31 32 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WICHTELGESCHENKE von Sebastian Rustenbach

AKTION DER STADT STADTOLDENDORF WICHTELHELFER GESUCHT

Schon in den Vorjahren erfreute sich die Aktion wachsender Beliebtheit. Foto: rus

Die Legende des Brauches in Deutschland besagt, dass Wichtel in der Weihnachtszeit heimlich kleine Geschenke an die Menschen verteilt haben. Um diese Legende weiterzu- führen wird jeder Helfer selbst zu einem Wichtel und bereitet anderen Menschen eine kleine Freude.

Auch in diesem Jahr möchte die Seniorenbeauftragte Ruth Stemmer den einsamen und allein stehenden Senioren von Stadtoldendorf eine kleine Weihnachtsüberraschung bereiten. Ein kleines Geschenk (Süßes, Selbstgestricktes, Gebasteltes, eine Kerze, Honig, Kaffee, ein Piccolo und/oder ein Duschgel mit einem netten Weihnachtsgruß), liebevoll verpackt, dazu die Tatsache, dass sie nicht vergessen werden, bringt Freude auf beiden Seiten.

Wichtig ist, dass die Geschenke mit M (für Mann), bzw. F (für Frau) oder B (für Beide – Mann oder Frau) gekennzeichnet sind. Neben der Geschenkübergabe benötigt der Weih- nachtswichtel auch Zeit für ein Gespräch oder einen kleinen Besuch. Daher werden auf diesem Wege auch Helfer gesucht, die bereit sind, am 24., 25. oder 26. Dezember Weihnachts- freude zu bringen.

Wer sich angesprochen fühlt, kann sich dienstags, Wer einen alleinstehenden Nachbarn oder einen einsamen donnerstags und freitags zwischen 8.00 und 12.00 Uhr Senioren kennt, der sich über einen Besuch und ein kleines im Rathaus unter der Telefonnummer 05532 ­ 9005 248 Geschenk freuen würde, kann dies ebenfalls zu den oben bei Frau Stemmer melden. Die Geschenke können – angegebenen Zeiten im Rathaus weitergeben. Natürlich soll bitte nur mit vorheriger Terminabsprache – vom 07. – dieser schöne Brauch in diesem Jahr unter den gegebenen, 22.12.2020 abgegeben werden. coronabedingten Hygienevorschriften durchgeführt werden.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 33 MARS MISSION #2 von Sebastian Rustenbach

2‐TEILIGE SERIE IM BLICKPUNKT ‐ TEIL 2 BLICKE IN FERNE GALAXIEN AUS DER STERNWARTE IN STADTOLDENDORF

Anfang Oktober konnte man den Mars so nah wie schon lange nicht mehr von der Erde aus sehen, mit bloßem Auge gelangen Beobachtungen des „roten Planeten“. Der Stadtoldendorfer Horst Twele (wir berichteten im letzten Blickpunkt Nr. 32) hat aber nicht nur diesen Moment fotografisch festgehalten, sondern in seiner Sternwarte noch viele weitere faszinierende Aufnahmen gemacht.

Vor die Linse hat er dabei schon so manche ferne Galaxie bekommen, die man normalerweise eigentlich nur aus Fernsehreportagen oder Aufnahmen der NASA und großen Teleskopen, wie etwa dem Hubble-Space-Teleskop, kennt. Und tatsächlich hat das Teleskop in Stadtoldendorf etwas mit dem Hubble gemeinsam, nämlich das Prinzip. Auch bei diesem Spiegelteleskop handelt es sich um ein sogenanntes „Ritchey-Chrétien“.

Dabei sind die Spiegel hyperbolisch geformt, was eine bessere Abbildung ferner Objekte ermöglicht. Die Teleskophalterung auf der das Spiegel-Teleskop Horst Twele in seinem Arbeits- installiert ist, ist als parallaktische Montierung ausgeführt, also die Hauptachse und Funkzimmer. Foto: rus in gleicher Richtung zur Erdachse ausgerichtet.

34 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN Die schräge Lage dieser Achse bedeutet zwar einen größeren von Sebastian Rustenbach mechanischen Aufwand, hat aber auch den Vorteil, dass das Teleskop die Sternenbahnen exakt nachführen kann. Sind die Himmelskörper einmal im Visier der Optik, führt eine exakte Steuerung im kaum sichtbaren Bereich die Nachführung analog zur Erddrehung durch. Das Objekt bleibt im Bild. Die Erde dreht sich mit 1.670 Kilometern pro Stunde

Wer schon einmal versucht hat, mit der Digitalkamera den Mond oder andere Himmelsobjekte einzufangen, wird festgestellt haben, dass dies meist nur ein Erfolg weniger Sekunden ist. Bei einer Langzeitbelichtung erscheinen starre Punkte auf dem Bild nur noch als langer Streifen. Grund dafür ist der feste Standort der Kamera, dem aber die Erdrotation entgegensteht. Denn auch wenn wir es nicht merken legt die Erde in ihrer Rotation am Tag eine Strecke von über 40.000 Kilometern zurück, das sind 1.670 Kilometer pro Stunde. Auf ihrer Bahn um die Sonne ist die Erde mit 107.000 Kilometern pro Stunde sogar noch schneller unterwegs, während sich auch das gesamte Sonnensystem noch einmal um die Mitte unserer Galaxie dreht. Es braucht zur Ablichtung von Planeten & Co. also einer speziellen Montierung, die das Objekt immer in der Mitte behält und die Erdrotation ausgleicht.

Genau das hat Horst Twele in seine Sternwarte im Garten eingebaut, 2013 begann er mit dem ersten Spatenstich. Größte Anschaffung dabei war eine rund 3x3 Meter große Sternwarten-Kuppel mitten in seinem Garten, das Herzstück darin eine sogenannte Meade LX850-StarLock-Montierung. Auf diese Basis können die unterschiedlichsten Teleskope oder auch Kameras montiert werden.

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 35 Und so hat es ihn offenbar auch nicht sonderlich interessiert, dass der Komet „Neowise“ im Frühsommer wochenlang sichtbar war. „Ich bin kein Kometenjäger, derzeit liegt mein Interesse bei der Deep-sky-Fotografie“, erklärt Twele. Jedoch werden interessante Ereignisse wie beispielsweise der Mars, der im Oktober seinen bis auf weiteres erdnächsten Punkt erreichte, auch nicht verschmäht.

Wurde ein interessantes Objekt in seiner Astronomie- Software ausfindig gemacht, legt sich Twele nachts auf die Die sog. Feuerrad-Galaxie / Messier 101, Lauer. „Die Nächte gehen dann nicht selten bis vier Uhr“, aufgenommen mit der Profi-Optik in rund neun Stunden Aufnahmezeit. Foto: Twele erzählt er, sodass er sich am Abend zuvor schon früher schlafen legt und vor Mitternacht schließlich wieder aufsteht. Doch in nur rund zwei bis drei Nächten im Monat überhaupt Die maximale Zuladung beträgt dafür 41 kg, die Montierung reicht das Wetter, um ausreichend gute Fotos machen zu selbst wiegt allein schon etwa 27 kg. Die Einrichtung ist für können. Für dieses Hobby ist also Geduld gefragt – und die astronomische Beobachtung auf hohem Niveau als auch warme Kleidung. Kühlt sich die Temperatur in der Nacht ab, für die Astrofotografie konzipiert. Letzterem hat sich Twele verändert das natürlich auch die Luftschichten in Richtung verschrieben. „Ich möchte Fotos machen und das farbige Zenit. Damit die Technik nicht beschlägt, werden um das Universum für das menschliche Auge sichtbar machen und Teleskop elektrische Heizbänder gelegt, um die Optik durch nicht bloß in die Sterne gucken“, bringt er sein Hobby auf den Wärmestrahlung über die Taupunkttemperatur zu bringen. Punkt. Warme Kleidung und Handschuhe wirken der eigenen Auskühlung entgegen. Vergrößerungen ferner Himmelskörper mit 4500 mm Brennweite

Das für die Marsbeobachtung benutzte RC-Teleskop hat mit zusätzlicher Optik eine Brennweite von 4500 mm, erklärt Twele. Zum Vergleich: Ein durchschnittliches Zoom-Objektiv einer Digitalkamera hat in etwa 250 mm. Die Brennweite bedeutet strenggenommen die Entfernung zwischen dem Bildsensor der Kamera und der Objektiv-Hauptebene. Je größer die Brennweite ist, desto enger wird der Bildwinkel und somit der Bildausschnitt. In anderen Worten: mit zu- nehmender Brennweite nimmt auch der Vergrößerungsfaktor Die Gartensternwarte von Horst zu. Und genau das ist Horst Twele wichtig, denn den Mond Twele in Stadtoldendorf. Foto: rus fotografieren, das könne schließlich fast jeder.

Hier zu sehen sind NGC 2024 Flammennebel und IC 434 Pferdekopfnebel, fotografiert von Horst Twele Anfang 2020 mit rund acht Stunden Belichtungszeit.

36 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 37 Doch wie gelingt es ihm, auch dunklere Objekte am Himmel zu erspähen? „Für lichtschwache Himmelskörper existiert ein Ausrichtstern, an dem sich die Steuerung der Montierung orientiert“, so Twele. Vereinfacht gesagt ist dies ein heller Stern in der Nähe des jeweiligen Objektes, der schließlich durch eine Optik der Montierung mit einer Art Webcam fotografiert und auf Bildmitte gezogen wird. Mit Hilfe der bekannten Himmelskoordinaten wird dann das Foto-Objekt angefahren. Dann kommt das StarLock-Teleskop zum Einsatz und sucht sich in Bildmitte einen ausreichend hellen Stern, fotografiert diesen, und legt ein digitales Raster darum. Im weiteren Verlauf der Fotoaufnahmen behält das StarLock- Ein Foto der Mondfinsternis vom System diesen Stern immer in dem gleichen Raster und führt 27. Juli 2018. Foto: Twele so das Teleskop in unsichtbar filigranen Bewegungen nach, um auch das eigentliche Objekt, welches fotografiert werden soll, mit nur wenigen Pixeln Abweichung auf dem Schirm zu Mit seiner professionellen Optik holt Twele schließlich die teils halten. viele Millionen Kilometer entfernten Objekte in greifbare Nähe, die Foto- und Video-Dateien werden dann digital gespeichert und teils über mehrere Stunden lang aufgezeichnet. „Es EIN GIGABYTE DATEN werden viele Einzeldaten gesammelt, das kann schon mal sechs Stunden und mehr dauern“, sagt Horst Twele. Das IN NUR 17 SEKUNDEN alles für am Ende meist nur ein Foto. In nur 17 Sekunden Videozeit schreibt die Festplatte fast einen Gigabyte an Daten, das ist in etwa so viel, wie Speicherplatz für 200 Je steiler der Blick des Teleskops hinauf in den Himmel ist, hochauflösende Fotoaufnahmen benötigt wird. Diese umso weniger Luftmassen muss die Optik durchdringen und immensen Daten, die über mehrere Stunden gesammelt desto klarer wird der Blick. Denn trotz aller Technik und werden, werden später mit einer speziellen Computer- Vorbereitungen gibt es die Einblicke in die Welt der Sterne software zusammengeschnitten und schließlich in ein Bild nicht immer. Schon leichte Wolken machen die Sicht umgewandelt. Durch die Fülle an Daten können auch manchmal unmöglich, Warm- und Kaltfronten fallen ebenfalls störende Objekte, etwa ins Bild hineinfliegende Vögel oder negativ auf, ebenso die warmen Kondensstreifen von Flugzeuge, leichter entfernt werden. Heraus kommt so zum Flugzeugen, in denen die Lufttemperatur für einen anderen Beispiel die Aufnahme vom Mars, aufgenommen Mitte Weg des Lichtes sorgt. Doch wenn das Wetter stimmt und September (Foto unten), als er noch etwa 68 Millionen sich die Dachluke der Sternwarte dann bei gutem Wetter Kilometer weit entfernt war oder die eindrucksvollen elektrisch auffährt und das Teleskop in Betrieb geht, erinnert Aufnahmen vom Pferdekopfnebel (Foto auf Seite 36 unten). das fiepende Geräusch schon etwas an frühere Star Trek- Das fertige Bild ist dabei nie das Ergebnis nur eines Filme. An Science Fiction ist hier außer vielleicht dem Teleskops oder Objektivs, vielmehr ist es das Zusammenspiel Geräusch selbst aber nichts zu erspähen, vielmehr sind die einer ganzen Reihe von Technik. Blicke in fremde Galaxien, Sternenhaufen und interstellaren Nebelfeldern für den Stadtoldendorfer pure Realität.

Mit Strom versorgt wird die ganze Anlage übrigens von der selbstgebauten Photovoltaik-Anlage auf dem Haus- und Carportdach, die im Übrigen auch weite Teile des Wohn- hauses und ein Elektrofahrzeug mit Energie beliefert. Beim Blick in das Hobbyzimmer von Horst Twele bekommt ein Elektroniker, Hobby-Fotograf oder Funkamateur ebenfalls große Augen. Hier türmt sich eine schier unendliche Flut an technischen Einrichtungen, vieles davon Marke Eigenbau. Selbst eine Vorrichtung zum Einmessen und Justage des Spiegelteleskopes hat er sich selbst gebaut – mit modernster Lasertechnik versteht sich. 38 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 39 Angeeignet hat er sich alles übrigens weitestgehend selbst über Foren, Bücher, natürlich das Internet und auch seinen Beruf. 1967 geht Horst Twele in die Lehre als Werkzeug- macher bei Stiebel Eltron. Er besucht danach die Berufs- aufbauschule und Fachoberschule, legt die Amateur- funkprüfung ab, geht zur Bundeswehr und studiert anschließend Elektro- und Nachrichtentechnik. Danach fängt er wieder bei Stiebel Eltron an und bleibt dort bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2017 angestellt. Bei Stiebel war er die letzten 35 Jahre seines Berufslebens verantwortlich für die Überprüfung aller Gerätschaften auf ihre elektromagnetische Verträglichkeit. In Mathematik und Physik war er stets zuhause, sicherlich auch eine große Begünstigung für seine Hobbies.

Doch trotz aller Versiertheit kann er auch über ein Negativerlebnis berichten. Einem Freund zeigte er mal seine Sternwarte. Zwar fuhr er die Montierung danach wieder in seine Ausgangsposition zurück, er vergaß aber, die Steuereinheit vom Strom zu trennen. Beim später am Abend folgenden Amateurfunkbetrieb aus seiner Funkbude sorgten die elektromagnetischen Wellen der Antennen ungewollt dafür, dass sich die Montierung mit dem Teleskop innerhalb der Kuppel selbstständig machen konnte und dabei Schaden nahm. „Seit dem habe ich auch eine akustische Warneinrichtung an, die erinnert, dass es noch angeschaltet ist“, so Twele zu seiner Lösung. Die

Das große Foto (aufgenommen 2016) zeigt den Kuppel der Sternwarte dreht sich bewusst nicht Orion-Nebel und den "running man", aufgenommen automatisch, sodass man auch allein aus diesem Grund in einstündiger Aufnahmezeit. Das kleine Foto zeigt den Rosetten-Nebel NGC 2244 (2017) mit knapp schon immer nach dem Rechten sehen muss. „Das ist sechs Stunden Belichtungszeit. Fotos: Twele auch gut so, diese Technik lässt man schließlich nicht mal eben alleine“, so Twele.

40 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN HERBST | NR. 32 | BLICKPUNKT 41 STADTDIREKTOR ESCHERSHAUSEN von Kai Pöhl

"SO SCHLECHT WIE ESCHERSHAUSEN GEREDET WIRD, IST ES NICHT, MAN MUSS ES NUR VERNÜNFTIG BETRACHTEN" EIN INTERVIEW MIT STADTDIREKTOR JÜRGEN MEYER

Am 6. Juni 2019 wurde Jürgen Meyer einstimmig vom Rat der Stadt Eschershausen zum neuen Stadtdirektor und Nachfolger von Wolfgang Anders gewählt, der das Amt aus persönlichen Gründen niedergelegt hatte. Jürgen Meyer hatte die Wahl für die restliche Zeit der Wahlperiode angenommen. Nächstes Jahr, nach zweieinhalb Jahren, endet seine Amtszeit. Unser Redakteur Kai Pöhl hat Jürgen Meyer im Rathaus Eschershausen besucht und ihn die vergangenen 15 Monate Revue passieren lassen. Zudem wollte er wissen, ob sich der 61-Jährige eine weitere Amtszeit als Stadtdirektor von Eschershausen vorstellen kann.

Kai Pöhl: „Guten Morgen, Herr Meyer. Ich erinnere mich noch an die Ratssitzung vom 6. Juni 2019, als Sie einstimmig zum neuen Stadtdirektor von Eschershausen gewählt wurden. Damals sagten Sie unmittelbar nach der Wahl, dass Sie das Amt hauptsächlich auf Verwaltungsebene und nicht auf repräsentativer Ebene wahrnehmen werden. Alles andere sei schlichtweg nicht möglich. Wie ist Ihnen das bisher gelungen?“

42 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN von Kai Pöhl

Jürgen Meyer: „Das funktioniert in der Tat gut, da wir einen sehr regen Bürgermeister haben. Die rechtliche Grundlage sieht zudem vor, dass der Bürgermeister die repräsentativen Aufgaben erfüllt und der Stadtdirektor die Verwaltung leitet. Das heißt nicht, dass wenn es um Dinge wie das Reden mit Firmen geht, der Stadtdirektor außen vor bleibt.“

Kai Pöhl: „Was genau meinen Sie, wenn Sie sagen ´Mit Firmen reden`?“

Jürgen Meyer: „Wenn sich zum Beispiel eine Firma erweitern möchte und an die Stadt herantritt, dann ist das auch eine Sache des Stadtdirektors. Was ich damals mit repräsentativer Ebene meinte war, dass ein Stadtdirektor etwa bei einem Schützenfest nicht jeden Tag anwesend sein muss. Das hatte ich damals für mich verneint. Meine wesentlichen Aufgaben in diesem Bereich habe ich aber erfüllt. Zum Beispiel bei der Proklamation, da wird ja auch ein Preis von der Stadt übergeben.“

Kai Pöhl: „Wie war für Sie der Start als Stadtdirektor von Eschershausen. Sie sind ja Stadtoldendorfer. Hat das für Sie von Anfang an zusammengepasst?“

Jürgen Meyer: „Es gab für mich schon immer eine enge Beziehung zu Eschershausen, was die Freizeitbeschäftigung anging. Und alles, was Gesundheit und Einkauf betraf, passierte hier, also der Gang zum Arzt oder in den Supermarkt. Insgesamt bedeutet das Amt des Stadtdirektors natürlich viel Arbeit. In der großen Politik ist es zudem nicht selten, dass die Verwaltung vom Rat ganz schön angegangen wird. Das ist hier aber nicht der Fall. Zwischen dem Rat, der Verwaltung und dem Stadtdirektor gibt es ein gutes Miteinander.“

Kai Pöhl: „Sie sagten nach Ihrer Wahl im vergangenen Jahr, dass sie die restlichen zweieinhalb Jahre das Amt des Stadtdirektors übernehmen werden. Schließen Sie damit bereits eine weitere Amtszeit aus?“

Jürgen Meyer: „Grundsätzlich ist es so, dass ein Stadtdirektor nur für die Dauer der Wahlperiode gewählt ist.“

Kai Pöhl: „Also schließen Sie zumindest nicht aus, sich nächstes Jahr wieder zur Wahl zu stellen, sollten Sie vorgeschlagen werden?“

Jürgen Meyer: „Ich werde dann in der Verwaltung noch eine Arbeitszeit von ungefähr zwei Jahren vor mir haben. Einen Stadtdirektor von so kurzer Dauer zu wählen wäre seitens des Rates nicht sinnvoll. Sinnvoller wäre es, einen Stadtdirektor zu suchen, der für die komplette Wahlperiode zur Verfügung steht.“

WEIHNACHTEN | NR. 33 | BLICKPUNKT 43 Kai Pöhl: „Die Corona-Pandemie hat auch in einer kleinen Gemeinden´ werden die Spielplätze unter der Frage des Stadt wie Eschershausen dafür gesorgt, dass das gesell- demographischen Wandels begutachtet.“ schaftliche und kulturelle Leben über fast das gesamte Jahr stark eingeschränkt werden musste. Der Johanni-Verein Kai Pöhl: „Was genau bedeutet das?“ musste in diesem Jahr zum Beispiel sämtliche Veran- staltungen absagen. Wie nehmen Sie in Anbetracht dieser Jürgen Meyer: Im Grunde ist es so: Damals wurden Situation die derzeitige Stimmung vor Ort wahr?“ Spielplätze für die Kinder eingerichtet. Diese Kinder waren dann weg. Und nun soll begutachtet werden, welche Jürgen Meyer: „Erstmal ist es natürlich für jede Gemeinde Spielplätze noch erforderlich sind oder ob die Spielgeräte blöd, wenn alles runtergefahren werden muss. Dieses Leid noch den Anforderungen entsprechen.“ müssen wir alle tragen. Und dann gibt es auch positive Geschichten wie die unseres örtlichen Schaustellerbetriebs. Kai Pöhl: „Werden Spielplätze zurückgebaut?“ Dort hat man sich Gedanken gemacht, wie man Corona überstehen kann und dadurch ist dann der Biergarten im Jürgen Meyer: „Nein, ich gehe davon aus, dass alle Anger entstanden. Ich gebe zu, dass ich zuerst große Spielplätze an ihren Standorten erhalten bleiben.“ Bedenken hatte, wie das unter diesen Umständen umzu- setzen sein wird. Aber das Ganze war ein voller Erfolg. Da Kai Pöhl: „Herr Meyer, wagen Sie bitte mal einen Ausblick. waren Leute, die sich nicht zurückgelehnt und sich über Wird es im nächsten Jahr wieder ein Stück weit mehr ´blöden Regeln´ beklagt haben, sondern sie sind selber aktiv Normalität für uns geben?“ geworden. Es kamen sogar viele Besucher aus anderen Gemeinden nach Eschershausen. Das war etwas, was allen Jürgen Meyer: „Jetzt müsste ich eine Glaskugel haben durch diese Zeit geholfen hat.“ (lacht). Für die anstehende Winterzeit wird es sicherlich schwierig werden mit größeren Lockerungen. Die werden Kai Pöhl: „Können Sie kurz anreißen, welche größeren wenn wohl eher im Bereich Sommer nächsten Jahres zu Projekte Eschershausen in naher Zukunft zu erwarten hat?“ erwarten sein. Dann werden wir hoffentlich einen Impfstoff haben, so dass wir die darauffolgende Zeit gut überstehen.“ Jürgen Meyer: „In absehbarer Zeit werden wir wieder intensiv etwas für den Hochwasserschutz tun. Vor allem Kai Pöhl: „Herr Meyer, danke für das Interview und dass Sie östlich in Eschershausen. Dann befindet sich die Unter- sich die Zeit genommen haben.“ suchung der Kinderspielplätze derzeit in der Endphase. Im Rahmen des Förderprogramms ´Kleinere Städte und Jürgen Meyer: „Ist noch Platz für einen kleinen Appell?“

Kai Pöhl: „Klar.“

Jürgen Meyer: „Folgendes ist mir wichtig: Vieles wird in Eschershausen schlecht geredet. Nach dem Motto: ´Hier ist eh nichts los!´ Dabei müsste man mal mit offenen Augen durch diese Stadt gehen. Es gibt viele Initiativen von Bürgern, die zur Verschönerung beigetragen haben. Da ist zum Beispiel der Spielplatz- und Freizeitbereich am Lenneweg. Oder jetzt die Umgestaltung des Wassertretbeckens im Stadtpark. Und Eschershausen ist nicht schlecht aufgestellt. Es gibt drei Supermärkte, einen Baumarkt, ein Fachgeschäft für Uhren und Schmuck oder hochwertiger Mode, ein Cafe und daneben eine wunderschöne Eisdiele. Alles, was für die Grundversorgung nötig ist, bietet diese Stadt. In den letzten drei Jahren haben wieder vermehrt junge Familien in Eschers- hausen gebaut. Wir wollen noch mehr in diese Richtung tun. Dafür werden wir weiterhin Bauflächen zur Verfügung stellen. Ich will sagen: So schlecht wie Eschershausen geredet wird, ist es nicht, man muss es nur vernünftig betrachten.“

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SONDERDRUCK IMPRESSUM Herausgeber: Werbe‐ und Medienagentur HRmove.it UG (haftungsbeschränkt) EXKLUSIV FÜR SENIOREN Geschäftsführer Sebastian Rustenbach und Julien Heinrich (V.i.S.d.P.) IN STADTOLDENDORF Markt 8, 37603 Holzminden Tel.: 0 55 31 / 98 27 070 Internet: www.mein‐blickpunkt.de E‐Mail: info@mein‐blickpunkt.de

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Nächste Ausgabe: Nr. 34 ­ Frühjahr/Ostern Redaktions­ und Anzeigenschluss: 05.02.2021

Leider muss in diesem Jahr auch der traditionelle Seniorennachmittag in der Adventszeit ausfallen, dennoch möchte die Stadt Stadtoldendorf auch für die Senioren eine besondere Aktion auf die Beine stellen. „In Zusammenarbeit mit der Blickpunkt-Redaktion wird es zu jedem Advent eine kleine Sonderausgabe der Zeitung geben“, kündigt Stadtdirektor Wolfgang Anders an.

Der Sonderdruck soll Einblicke in alte Blickpunkt-Ausgaben geben, über Historisches aus Stadtoldendorf informieren und auch für Rätselspaß sorgen. „Wir wollen mit der Aktion NEUE KALENDER FÜR 2021 vorwiegend die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger erreichen“, sagt Anders. Die Zeitung soll in limitierter Auflage IMPRESSIONEN AUS DER zu jedem Advent erscheinen und ist kostenfrei erhältlich. SAMTGEMEINDE UND DER

Die Teilnehmer der Seniorennachmittage aus den vergangen- STADT ESCHERSHAUSEN en Jahren sollen die Zeitung kostenfrei nach Hause geliefert bekommen, auf Wunsch liegt sie aber in geringer Zahl auch Stadtdirektor Jürgen Meyer zeigt den neuen Postkartenkalender noch im Rathaus in Stadtoldendorf aus (zur Abholung bitte Eschershausen für 2021. Foto: rus einen vorherigen Termin vereinbaren).

Eindrücke aus der Samtgemeinde sind aktuell in gleich zwei gedruckten Kalendern für das Jahr 2021 erhältlich. Zum einen gibt es den Kalender der Samtgemeinde mit Impressionen aus der ganzen Region und zum anderen auch eine Neuauflage des Postkartenkalenders der Stadt Eschershausen. Von beiden Kalendern gibt es noch Restexemplare, eine gute Idee für ein Weihnachts- oder Nikolausgeschenk. Erhältlich sind sie jeweils zum Preis von 14,50 Euro bei Tintenklex in Eschershausen oder Touristik van Balen in Stadtoldendorf (hier nur der SG-Kalender).

46 BLICKPUNKT | NR. 33 | WEIHNACHTEN NEUE KALENDER FÜR 2021

HERBST | NR. 32 | BLICKPUNKT 47