Der Bergkranz
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(eBook - Digi20-Retro) Petar II Petrovic Njegoš Der Bergkranz Verlag Otto Sagner München ∙ Berlin ∙ Washington D.C. Digitalisiert im Rahmen der Kooperation mit dem DFG-Projekt „Digi20“ der Bayerischen Staatsbibliothek, München. OCR-Bearbeitung und Erstellung des eBooks durch den Verlag Otto Sagner: http://verlag.kubon-sagner.de © bei Verlag Otto Sagner. Eine Verwertung oder Weitergabe der Texte und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlages unzulässig. «Verlag Otto Sagner» ist ein Imprint der Kubon & Sagner GmbH. 00053882 / V PETAR IL PETROVIC NJEGOS Der Bergkranz »• Einleitung, Übersetzung und Kommentar von ■» Л Л A. Schmaus 196} VERLAG OTTO SAGNER, MÜNCHEN PROSVETA VERLAG. BELGRAD © 1963 by Verlag O tto Sagner/München Abteilung der Fa. Kubon & Sagner, München Herstellung: Buch- und Offsetdruckerei Karl Schmidle, Ebersberg Printed in Germany EINLEITUNG ■ Щ Petar II. Petrovié Njegoš 1813— 1851 I Leben и n d p о 1 i t i s с h e s Wirken Njegoš stammte aus dem montenegrinischen Dorfe Njeguži unterhalb des Lovcen, aus der Familie Petrovié, in der sich seit dem Ende des 17. Jahr- hunderts die Bischofswürde forterbte. 1813 geboren, war der junge Rade — dies war sein Taufname — zunächst nicht zum Bischofsamte aus- ersehen, sondern wurde erst 1826 von seinem Onkel, Petar I., zum Nach- folger bestimmt. Damit fand die sorglose Kindheit ein jähes Ende. Im Kloster von Cetinje und anschließend in Topla bei Hercegnovi erhielt er die für sein künftiges Amt notwendige Ausbildung; wegen der Kürze der Zeit und des Fehlens sonstiger Voraussetzungen konnte sie weder sehr umfassend noch sehr gründlich sein. Vielfältige Anregungen wurden jedoch dem künftigen Dichter durch den serbischen Freiheitskämpfer und damals schon berühmten Poeten Sima Milutinovié vermittelt, der 1827 sein Amt als Sekretär des Bischofs und Lehrer des jungen Rade antrat. Aber schon 1830, also m it siebzehn Jahren, mußte er nach dem Tode seines Onkels das geistliche Herrscheramt und unter den damali- gen montenegrinischen Verhältnissen damit zugleich die politische Ver- antwortung für sein Land und Volk übernehmen. Es war kein leichtes Erbe, das ihm sein Vorgänger, Petar L, hinterließ. Dieser hatte zwar in vieler Hinsicht vorgearbeitet, dem Bischofsamt größere Autorität und stärkeren Einfluß unter den Stämmen verschafft und die noch von den Bischöfen im 18. Jahrhundert gelegten Keime zur Schaffung einer stärkeren Zentralgewalt zäh und umsichtig weiterem- wickelt. Er konnte seinem Nachfolger in Gesetzgebung und Verwaltung sogar gewisse Ansätze zum Ausbau eines richtigen Staatswesens hinter- lassen. Jedenfalls waren durch seine Politik nach außen und innen die wichtigsten Leitlinien des staatsmännischen Wirkens seines Neffen vor- gezeichnet. Njegoš hat die ihm übertragene Aufgabe in den einundzwan- zig Jahren, die ihm zu ihrer Durchführung gegönnt waren, unter un- gemein schwierigen Bedingungen erfolgreich gelöst. Er hat seinem Nach- folger, dem Fürsten Danilo, bei seinem Tode (1851) ein im Inneren einigermaßen geeintes und gefestigtes, m it allen wesentlichen Attributen eines Staates versehenes und nach außen wenigstens de facto in seiner Unabhängigkeit anerkanntes Gemeinwesen hinterlassen. Von der Natur war Njegoš nicht nur m it außergewöhnlicher Schönheit, sondern vor allem m it hohen Geistesgaben und edlen Charakteranlagen ausgestattet worden. Die zahlreichen Ausländer, die ihn während seiner Regierungszeit in Cetinje besuchten und unter denen sich auch viele Deut- sehe (z. B. König Friedrich August von Sachsen) befanden, sprechen im- mer wieder m it Bewunderung von der Vornehmheit seiner Erscheinung, dem Adel seiner Gesinnung, dem Ernst und der Gedankentiefe seiner Rede. Aber wohl die wenigsten ahnten die tiefe innere Tragik, die an der Lebenskraft dieses großen Menschen zehrte. In ihm verbanden sich die besten Eigenschaften seines Stammes, leiden- schaftliche Freiheitsliebe und Entschlossenheit, Selbstzucht und redneri- sehe Gabe, m it weltmännischem Wesen, hoher Bildung und regsten gei- stigen Interessen. Aber gerade darin war die seelische Spannung begrün- det, die ihn die Kluft zwischen dem Erstrebten und der Wirklichkeit, zwischen den hohen Werten des Geistes und der politischen Alltagsmisere, zwischen Neigung und Pflicht, zwischen dichterischer Berufung und staatsmännischem Wirken tagtäglich von neuem schmerzlich empfinden ließ. Der tiefe Pessimismus, der aus seinen dichterischen Werken, aber auch aus vielen seiner Briefe spricht, ist die Frucht bitterer Lebenserfah- rung. Anderseits liebte Njegoš sein Volk, das er aus der Stammesanarchie und der ständigen blutigen Bedrohung durch die Türken befreien, dem er menschenwürdige Lebensbedingungen, ein Mindestmaß an Ordnung und Sicherheit schaffen und damit den Weg zur vollen Teilnahme an der Menschheitskultur ebnen wollte. Von den Schwierigkeiten, die sich ihm dabei in den Weg stellten, den Enttäuschungen und Rückschlägen, die er hinnehmen mußte, kann man sich kaum eine Vorstellung machen. Ein ungefähres Bild ergibt sich heute aus der Lektüre seines amtlichen und privaten Briefwechsels. Dabei waren seine nationalen und politischen Pläne hochgespannt und kreisten bis zuletzt um den Gedanken einer größeren gemeinsamen Ak- tion gegen die türkische Herrschaft auf dem Balkan. Aber durch die politische Konstellation waren ihm die Hände gebunden; er mußte sich m it mühseligen Reformmaßnahmen begnügen und mit diplomatischen Interventionen bei den Großmächten das Erreichte zu sichern versuchen, ohne jemals die endgültige Gewähr zu erlangen, daß das mühsam Ge- schaffene nicht doch wieder durch gewaltsame Veränderungen in Frage gestellt würde. Aber keinen Augenblick verlor er seine Pflicht aus den Augen. Er ging den schweren Weg der Entsagung und Selbstverleug- nung zu Ende, und sein düsterer Pessimismus läuterte und erhöhte sich dadurch zu einem tragischen Heroismus, der seine gesamte Lebens- und Geschichtsauffassung prägte und seinem Dichten den tiefsten mensch- liehen und philosophischen Gehalt sicherte. Doch wollen w ir uns zunächst auf eine kurze Darstellung seines Lebens- ganges und seines politischen Wirkens beschränken. Von Ratgebern sei- nes Vorgängers unterstützt, auf dessen Autorität und das Ansehen seines 00053882 Hauses bauend, ging Njegoš, obwohl politisch noch unerfahren, energisch und zielbewußt ans Werk. Es gelang ihm, mit der Verbannung der Familie Radonjić, in der sich noch aus venezianischer Zeit Titel und Guvemadurs“ forterbte, eine Gegenpartei auszuschalten, die״ Würde des den inneren Frieden stören und die außenpolitischen Pläne des Bischofs durchkreuzen konnte. Um möglichst rasch die fü r das neue A m t e rfo r- derliche Bischofswürde zu erlangen, w urde Njegoš schon A nfang 1831 vom serbischen Patriarchen zum Mönch geweiht — aus Pietät gegen Petar I. wählte er dessen Namen als Mönchsname — und in den Rang eines Archim andriten erhoben. Wegen der unruhigen Lage an den Grenzen, wo sich in Bosnien und Albanien die Paschas gegen die Pforte auflehnten, war an die Bischofs- weihe nicht sofort zu denken, zu der sich Njegoš nach Rußland be- geben wollte. Um die Ordnung im Landesinnern zu gewährleisten, wurde Gvardija“ als Exekutivorgan״ Senat“ als oberstes Gericht und die״ der m it niederen Gerichtsbefugnissen geschaffen. Erst M itte 1833 reiste Njegoš über Wien nach Petersburg, wo er in Anwesenheit des Zaren feierlich zum Bischof geweiht wurde. Bei Hofe und in der hohen russischen Ge- sellschaft hinterließ er den besten Eindruck, und es gelang ihm, die poli- tischen Beziehungen, die seit Peter dem Großen zwischen Montenegro und Rußland bestanden, enger zu knüpfen und seinem Lande die Für- spräche des Zaren bei anderen Mächten zu sichern. Er erwirkte auch eine nicht unbeträchtliche finanzielle Hilfe, ohne die der Ausbau des Staatswesens nicht möglich gewesen wäre. Dieser erste A u fe n th a lt in der russischen H auptstadt, der Verkehr m it den Vertretern der Regie- rung und des Geisteslebens war für Njegoš auch ein wichtiges Bildungs- erlebnis, und er kehrte aus Petersburg mit großen Plänen zurück. Aus Rußland brachte er eine Druckerei mit, in der nicht nur seine ersten Werke, sondern auch ein literarischer Almanach und die ersten Schul- bücher erschienen. Bald nach seiner Rückkehr errichtete er die erste Volksschule, der später weitere Schulgründungen folgten; nur der Plan einer höheren Schule ließ sich zu seinen Lebzeiten nicht verwirklichen und er mußte sich mit der Entsendung von jungen Montenegrinern zum Studium nach Rußland, später nach Serbien begnügen. Der bald nach dem Regierungsantritt unternommene Versuch, eine bescheidene Be- Steuerung einzuführen, stieß dagegen bei der endgültigen Durchführung auf den scharfen Widerstand der Stämme, die darin zunächst etwas wie die Wiedereinführung der von den Osmanen geforderten und als -Kopfsteuer“ er״ schimpfliches Zeichen der Unterwerfung abgelehnten blickten. Um die Neuerung durchzusetzen, mußte Njegoš sogar zu Ge- waltmaßnahmen greifen. Denn Montenegro war noch weit von einem einheitlichen Staatswesen entfernt. Die Stämme hatten sich zwar — mehr gezwungen als w illig — der geistlichen Autorität Petars I. gebeugt, aber im Grunde beharrten sie noch bei ihrem Anspruch auf Unabhängigkeit, auf Fehde- und Blut- racherecht. Ihre Unbotmäßigkeit führte immer wieder zu Zwischenfällen im Innern und an den Grenzen, die das Einschreiten des Bischofs not- wendig machten. Immer von neuem ergaben sich bedrohliche Situationen, XI 00053882 da aus den türkisdien Provinzen (Herzegovina und Albanien) Überfälle,