Der Öffentliche Personennahverkehr in Baden-Württemberg
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Umwelt, Verkehr, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2007 Tourismus Der öffentliche Personennahverkehr in Baden-Württemberg Dagmar Glaser Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) Neues Erhebungssystem seit 2004 hat sich in den letzten 10 Jahren positiv ent- wickelt, das heißt sowohl der Schienennah- Im Jahr 2004 wurde ein neues Erhe- verkehr als auch der Straßenpersonenverkehr bungskonzept1 im Berichtssystem des konnten ihre Fahrgastzahlen deutlich erhöhen. öffentlichen Personenverkehrs mit Bus- In den vergangenen Monaten stand der ÖPNV sen und Bahnen eingeführt. Veränderte jedoch vorrangig wegen Kürzungen der Regio- Rahmenbedingungen, Änderungen der nalisierungsmittel im Blickfeld der Öffentlich- Rechtsgrundlagen im Eisenbahnsektor keit. Einsparungen im Schienennahverkehr Dipl.-Volkswirtin Dagmar sowie neue Anforderungen der EU hat- Glaser ist Referentin im und eine Kürzung der Förderung des Busver- ten dies notwendig gemacht. Gleichzei- Referat „Unternehmens- kehrs sind die Folge. Mit den Änderungen des register, Tourismus und tig wurden durch Einführung einer Stich- Verkehr, Außenhandel“ des Europäischen Rechtsrahmens ist weiterhin probenerhebung insbesondere kleine und Statistischen Landesamtes mit mehr Wettbewerb im ÖPNV zu rechnen. Baden-Württemberg. mittlere Unternehmen von ihren jährlichen Nach der Modifikation des bisherigen ver- statistischen Berichtspflichten befreit. Die kehrsstatistischen Berichtssystems können vierteljährliche Erhebung im neuen Be- nach Abschluss umfangreicher Länderkonsoli- richtssystem umfasst insbesondere dierungen erstmals Ergebnisse der Erhebung Angaben zu Fahrgästen und Beförde- von 2004 und insbesondere erstmals eine rungsleistungen in Baden-Württemberg. kreisscharfe Abbildung des ÖPNV veröffent- Die jährliche Stichprobe sowie die fünf- licht werden. jährliche Totalerhebung liefern Angaben zu Fahrgästen, Beförderungsleistung und -angebot, Einnahmen im Liniennah- Im Personenverkehr – vor allem im Eisenbahn- verkehr sowie bis auf Kreisebene regio- und Omnibusverkehr – fallen zunehmend Un- nalisierte Fahrleistungen. Fünfjährlich ternehmenssitz und Ort der Leistungserbrin- werden zusätzlich Infrastrukturangaben, gung auseinander. In der bis zum Berichtsjahr Fahrzeuge und Beschäftigte erhoben. 2003 durchgeführten Statistik führte die regio- Durch erhebliche Neuabgrenzungen und nale Zuordnung von Verkehrsleistungen zu- methodische Änderungen sind die Er- nehmend zu Verzerrungen der Regionaldaten. gebnisse mit früheren Erhebungen nicht Mit der Neukonzeption (vgl. i-Punkt) können mehr vergleichbar. Der öffentliche Nah- erstmals Ergebnisse nach der Region der Leis- verkehr wird durch Einbeziehung der Un- tungserbringung nachgewiesen werden. Hier- ternehmen mit Eisenbahnbetrieb im Nah- zu melden die Unternehmen die Personenkilo- verkehr (beispielsweise die Stuttgarter meter nach dem Bundesland in dem sie S-Bahn) erstmals vollständig dargestellt. tatsächlich erbracht wurden. Um den Bedarf an Regionaldaten zu erfüllen, wurde die Fahr- 1 Vgl. hierzu Hoffmann, Hans-Jörg: Personenbeförde- leistung als Merkmal, das mit dem geringsten rung in Baden-Württemberg auf neuer Datengrund- lage, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg Aufwand in der Tiefe regional abzugrenzen ist, 12/2005, S. 40-41. kreisweise ermittelt. Anschließend wird mittels der Länderkonsolidierung die Verkehrsleistung dem Bundesland zugeordnet, in dem sie er- im Jahr 2004 in Baden-Württemberg erbrachte bracht wurde. Dadurch wird erkennbar, inwie- Verkehrsleistung – unabhängig vom Unterneh- weit einheimische Unternehmen auch in ande- menssitz – dargestellt. 1 In der Statistik des gewerb- ren Bundesländern – und umgekehrt – in lichen Personenverkehrs und des Omnibusfernver- welchem Umfang aktiv sind. Um die Diskre- kehrs werden neben dem panz zwischen Unternehmenssitz und regio- Im Liniennahverkehr leisteten baden-württem- Liniennahverkehr auch Daten zum Gelegenheits- naler Geschäftstätigkeit deutlich hervorzuhe- bergische Unternehmen 8 Mrd. Personen- verkehr und Omnibusfern- ben, erfolgt eine zweigeteilte Betrachtung. kilometer verkehr erfasst. Die Ver- öffentlichung beschränkt Zunächst werden nur baden-württembergische sich jedoch auf die Be- 1 trachtung des Liniennah- Unternehmen und ihre Leistungen im ÖPNV Im Liniennahverkehr – in der Regel gilt hier verkehrs. betrachtet. Im Anschluss wird die tatsächlich eine Reiseweite bis 50 Kilometer oder eine 36 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2007 Umwelt, Verkehr, Tourismus Reisezeit bis zu einer Stunde (vgl. i-Punkt) – Hälfte aller Fahrten im Nahverkehr unternah- waren in Baden-Württemberg 367 Unterneh- men Schüler, Studierende und Auszubildende. men im Jahr 2004 aktiv. Sie beförderten zusam- Im Einzelnen entfielen unter Berücksichtigung men 1,06 Mrd. Fahrgäste, die im Durchschnitt mehrfach gezählter Umsteiger im Ausbildungs- je Fahrt 7,5 km weit fuhren (im Bundesdurch- verkehr von 100 Fahrten: schnitt waren es 9,1 km). Die Beförderungs- leistung betrug 7,9 Mrd. Personenkilometer 65 auf den Busverkehr, (vgl. i-Punkt) und die Fahrzeuge der Unterneh- 27 auf den Straßenbahnverkehr und men legten zur Erbringung dieser Verkehrs- 8 auf den Eisenbahnnahverkehr. leistung im Liniennahverkehr 370 Mill. Fahr- zeugkilometer zurück. Da Fahrgäste im Verlauf Die Ausbildungsbeförderung stellt für die Nah- der Fahrt zwischen den verschiedenen Ver- verkehrsunternehmen eine erhebliche Umsatz- kehrsmitteln eines Unternehmens umsteigen quelle dar. Immerhin wurden 37 % der direkten können, wird in der Erhebung auch die Zahl der Fahrgäste in den einzelnen Verkehrsmit- teln (Eisenbahn, Straßenbahn, Bus) erfragt. Setzt ein Unternehmen verschiedene Verkehrs- Linienverkehr ist eine zwischen be- mittel in der Personenbeförderung ein, ist die stimmten Ausgangs- und Endpunk- Gesamtzahl der Fahrgäste nach den zwei ten eingerichtete regelmäßige Ver- Fahrtkonzepten unterschiedlich (vgl. i-Punkt kehrsverbindung, auf der Fahrgäste an Seite 38). Nach Verkehrsmitteln wurden im bestimmten Haltestellen ein- und aus- Liniennahverkehr im Jahr 2004 in: steigen können. Zum Liniennahverkehr zählen im Zweifelsfall alle Linienver- Omnibussen 648 Mill., kehre mit Reiseweiten bis 50 km oder Straßenbahnen 371 Mill., einer Reisezeit von bis zu einer Stunde. Eisenbahnen 123 Mill., Bei den Eisenbahnen zählt hier der Ver- zusammen also über 1,1 Mrd. kehr, der von bestimmten Zuggattungen Fahrgäste registriert. (zum Beispiel S-Bahn, Regionalbahn) ab- gewickelt wird. Die durchschnittlich zurückgelegten Strecken je Fahrt waren: Der Ausbildungsverkehr setzt sich zu- sammen aus den Fahrten auf speziellen 4,4 km mit Straßenbahnen, Zeitfahrausweisen im allgemeinen Lini- 7,3 km mit Bussen, ennahverkehr, aus den zu den Sonder- 12,7 km mit Eisenbahnen. formen des Linienverkehrs zählenden Schülerfahrten sowie aus dem freige- Straßenbahnen werden vor allem im Stadt- stellten Schülerverkehr. Nicht enthalten und Vorortverkehr eingesetzt, während Busse sind die Fahrten von Schülern, Studie- und zum Teil die Eisenbahnen hauptsächlich renden und Auszubildenden, die keine im Regionalverkehr mit entsprechend hoher speziellen Fahrausweise des Ausbil- Reiseweite genutzt werden. Für die im Linien- dungsverkehrs benutzten. nahverkehr erbrachte Beförderungsleistung erzielten die Unternehmen direkte Beförde- Die Beförderungsleistung wird in Perso- rungseinnahmen in Höhe von 917 Mill. Euro. nenkilometern gemessene und durch Je Beförderungsfall wurden durchschnittlich Multiplikation der Zahl der Fahrgäste mit 0,85 Euro und je Personenkilometer 0,12 Euro deren durchschnittlicher mittlerer Reise- eingenommen. Die entsprechenden Werte weite in Kilometern errechnet. lagen im Bundesdurchschnitt bei 0,90 und 0,10 Euro. Die Fahrleistung ist in Fahrzeug-, Zug- oder Buskilometern angegeben. Mit fast 90 % ist die Mehrzahl der im Linien- nahverkehr tätigen Unternehmen in privater Zu den Beförderungseinnahmen zählen Hand. Dennoch konzentrieren sich über zwei alle Einnahmen (ohne Umsatzsteuer) im Drittel der Beförderungseinnahmen auf die Schienen- und Liniennahverkehr und rund 30 öffentlichen Unternehmen. Ebenso Einnahmen aus dem freigestellten Schü- entfallen sowohl über zwei Drittel der Fahr- lerverkehr. Grundsätzlich sind dabei alle gastzahlen als auch der Beförderungsleistun- Zahlungseingänge mit direktem Bezug gen auf Unternehmen in öffentlicher Hand. zur Personenbeförderung einbezogen, Der Ausbildungsverkehr hat insgesamt eine unabhängig davon wer die Zahlungen hohe Bedeutung im Rahmen des Personen- leistet. nahverkehrs mit Bussen und Bahnen. Fast die 37 Umwelt, Verkehr, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2007 Tourismus erbracht wurden. Umgekehrt waren baden-würt- Die Zahl der Fahrgäste spiegelt in tembergische Unternehmen mit etwa 0,3 Mrd. der Verkehrsstatistik die Zahl der Personenkilometern nur in geringem Umfang einzelnen Beförderungsfälle wider. in den angrenzenden Bundesländern aktiv. Von Als beförderte Person im Linienverkehr den 11,7 Mrd. Personenkilometern entfielen gilt im Rahmen des Unternehmenskon- dabei 5,2 Mrd. auf Eisenbahnen, 1,6 Mrd. auf zepts eine entgeltlich oder unentgeltlich Straßenbahnen und 4,8 Mrd. auf Busse (Schau- (zum Beispiel Freifahrer) durchgeführte bild 1). und nicht unterbrochene Fahrt eines Fahrgastes auf dem Netz eines Verkehrs- unternehmens, unabhängig davon, ob Modal-Split3 Baden-Württembergs entspricht ein oder mehrere Verkehrsmittel dieses nahezu den Bundeswerten Unternehmens benutzt werden. Die Um- steiger, welche bei einer Fahrt die Fahr- Bei der Zusammensetzung der Beförderungs- zeuge verschiedener