Der Allerschlimmste, Allerschönste Beruf
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MI/DO, 30./31. OKTOBER 2013 Im Blickpunkt 3 Der allerschlimmste, allerschönste Beruf Talkrunde des Fußballnetzwerkes FuPa Brandenburg fördert in Cottbus interessante Erkenntnisse über den Job als Fußball-Trainer zutage Die erste große Veranstaltung des Fußballnetzwerkes FuPa Branden- burg brachte am Montagabend im Cottbuser Kino „Weltspiegel“ ei- ne interessante Erkenntnis: Es „Man kommt ins Grübeln.“ Trainernovize Randy Gottwald (v.r.) gibt Berufe, die sind die aller- nimmt viel mit aus dem Gespräch über die Tücken des Jobs mit schönsten der Welt – auch wenn den erfahrenen Haudegen Mathias König (1. FC Frankfurt) und sie die allerschlimmsten sind. Bei- Rudi Bommer (FC Energie). FuPa-Redaktionsleiter Sven Bock spielsweise: Fußball-Trainer. hatte zum Talk geladen. Foto: Sebastian Butt, Gestaltung: Sebastian Schubert Von Jan Lehmann Cottbus. Müssen Bundesliga- Trainer die Mülleimer für eine ganze Republik sein? Nein. Das je- denfalls hat Bruno Labbadia als Coach des VfB Stuttgart so für sich entschieden und eine viel zitierte „Am Arsch geleckt“-Rede gehal- ten. Labbadia hat für diesen Auf- tritt viel Zustimmung aus der Trainergilde bekommen. Egal ob Jürgen Klopp, Thomas Schaaf oder Armin Veh, alle skizzieren sich in ihrer Zunft als Zielscheibe von sensationslüsternen Journa- listen, ahnungslosen Geldgebern und unersättlichen Fans. Und alle würden wohl dennoch jenes Fazit von Filmemacher Aljoscha Pause unterschreiben, der im RUND- SCHAU-Interview erklärte: „Es ist ein geiler, brutaler Job.“ Pause hat den eindrucksvollen Dokumentarfilm „Trainer!“ über diesen so zwiespältigen Beruf ge- dreht, den am Montagabend mehr als 300 Zuschauer im Cottbuser kommen – in dem sich alles um Was denkt der Cottbuser über psychologische Betreuung in An- leuchten, und er sagt: „Das ist ge arbeiten muss. Doch König hat Kino „Weltspiegel“ sehen wollen. den Ball dreht. Filmemacher Aljo- den Film, dessen Kameras er nach spruch nehmen. Und er spricht trotzdem ein richtig geiler Job.“ seine Prinzipien. So habe er zu- Auf Einladung von FuPa Branden- scha Pause fliegt tief hinein in die- eigener Aussage nicht in seine Ka- sogar von Morddrohungen. Verrückt, offenbar werden beim letzt bei einer seiner Mannschaf- burg verfolgen die Gäste, wie sen Kosmos, beobachtet drei Trai- bine gelassen hätte? Der sei noch Bommer ist schonungslos: DFB-Lehrgang nicht nur die neu- ten im Trainingslager in Uebigau Klopp und Kollegen auf der Lein- ner hautnah. Selbst Sönke Wort- zu harmlos, so Bommer. Er be- „Man muss einfach damit umge- esten Erkenntnisse der Trainings- (Elbe-Elster) alle Handys einge- manns „Sommermärchen“, in richtet von bisher 16 Umzügen in hen können, dass man in diesem lehre vermittelt, sondern auch sammelt. Computer oder Spiel- dem Jürgen Klinsmann den Geg- seinem wechselhaften Berufsle- Beruf öfter mal der Depp ist.“ Der gleich noch ein paar Ampullen konsolen waren ebenfalls nicht ner „durch die Wand knallen“ ben. Von 60-Stunden-Wochen oh- 56-Jährige lässt die Hände fallen, Endorphine verteilt. Bommer, seit erlaubt. König berichtet glück- wollte, wirkt im Gegensatz zu ne Auszeit, ohne Wochenende. niemand im Publikum mag in die- 35 Jahren im Geschäft und seit strahlend: „Die Jungs haben sich „Trainer!“ glattgebügelt. Er spricht von Spielerberatern, sem Augenblick wohl mit ihm tau- 21 Jahren Trainer, gibt zu: „Das ist auf dem Weg zum Essen unterhal- Dass mit André Schubert die nach 23 Uhr noch anrufen und schen. Manchmal ist man als Bun- wie eine Sucht. Der Beruf lässt ten. Oder abends mal ein Brett- (St. Pauli) und Stephan Schmidt unflätig werden, wenn man deren desliga-Trainer wohl tatsächlich dich nicht los.“ spiel gespielt – ohne psychische (Paderborn) zwei Trainer von Li- Profis nicht haben will. Er erzählt Mülleimer. Schäden davonzutragen.“ wand einerseits mit strahlenden ga-Konkurrenten des FC Energie davon, dass die Familie, vor allem Randy Gottwald, der gerade Apropos Psyche, wie lange kann Augen von ihrer größten Leiden- im Mittelpunkt stehen, macht die die Kinder, bei Misserfolgen stark seine C-Lizenz als Trainer er- „Man ist halt eigentlich ein Trainer den ständi- schaft, ihrer Passion als Trainer Sache noch interessanter. Zumal zu leiden hätten. So musste seine worben hat, gibt zu: „Nach der gen Druck aushalten? Rudi Bom- berichten, andererseits aber das FCE-Trainer Rudi Bommer zur Tochter Jennifer bei seiner Amts- Ausbildung hätte ich am liebsten öfter mal der Depp.“ mer grinst, denkt kurz nach. Er mörderische Geschäft ohne mora- anschließenden Gesprächsrunde zeit in Duisburg wegen des öffent- sofort ein Team übernommen. weiß, dass seine Worte aktuell auf lische Werte beklagen. mit FuPa-Redaktionsleiter Sven lichen Drucks sogar Aber nach dem Film kommt man Energie-Trainer die Goldwaage gelegt werden Druck, Druck, Druck – als Zu- Bock sowie Trainerausbilder und ins Grübeln.“ Rudi Bommer könnten: „Es ist wichtig, dass es schauer hat man zeitweise das be- Nachwuchscoach Mathias König Doch keine Angst. mir immer noch einen Riesenspaß klemmende Gefühl, dass es nur ei- vom 1. FC Frankfurt und dem Auch Bommers macht.“ Das klingt ehrlich, das ne Frage der Zeit ist, bis bei einem Cottbuser Trainernovizen Randy Augen werden Offenbar macht diese Aufgabe nimmt man Bommer einfach ab. der Protagonisten mal das Ventil Gottwald zu Gast ist. gleich nicht nur in Profikreisen süchtig. Selbst nach seinem 13-Stunden- wegfliegt. Ist es wirklich so Bommer sieht müde aus, Auch die Augen von Mathias Kö- Tag, an dem er sich vielleicht ab schlimm, Fußballtrainer zu sein? sein Tag war lang. Morgens nig leuchten im „Weltspiegel“, ge- und an auch wie ein Mülleimer ge- Bremens Ex-Trainer Thomas das Training, mühsame nau wie vorhin die von Rudi Bom- fühlt haben mag. Schaaf stellt eine Frage, die zum Aufbauarbeit nach dem mer oder auch die von Jürgen Nachdenken anregt: „Unsere Ar- schlechtesten Saison- Klopp auf der Leinwand. König ist beit wird täglich öffentlich bewer- start der Vereinsge- Lehrertrainer an der Sportschule ZUM THEMA FUPA tet, wo gibt es das sonst noch?“ schichte. Nachmit- in Frankfurt (Oder) und es ist ihm .................................. Der erste Reflex ist bestätigendes tags Sitzung von regelrecht anzumerken, wie sehr Kopfschütteln: Das gibt es tat- Präsidium und er diese Aufgabe liebt und lebt. FuPa Brandenburg ist das sächlich nirgends. Doch was ist ei- Verwaltungsrat, Er spricht von „oben und un- neue große Fußballnetz- gentlich mit der Bundeskanzle- Bommer muss ten“, wenn er zwischen Profi-Fuß- werk in der Region. Schon rin? Dem Chirurgen im OP-Saal? sein Konzept er- ball und Amateursport unter- mehr als 640 Vereine und Der Lehrerin in der Schule? Dem klären. Angesichts scheidet. Und die unten haben fast 1000 Nutzer sind dabei. Lokführer bei der Bahn? Dem des drohenden auch ihre Probleme, gerade im Jeder kann sich anmelden Handwerker im Kleinstbetrieb? Abstiegskampfes Nachwuchs. Da gebe es zwar nicht und die eigenen Mannschaf- Oder auch dem RUNDSCHAU- keine angenehme die bösen Medien – aber die El- ten pflegen. Die Spieler be- Reporter? Müssen nicht alle täg- Aufgabe. tern, mit denen man als Trainer kommen Profile mit per- lich eine Arbeit abliefern, die dann Druck? Bommer erst einmal klarkommen müsse. sönlichen Statistiken wie von einer mal größeren oder eben erlebt gerade, wie König kommt mit ihnen klar, Einsatzzeiten oder Tore, mal kleineren Öffentlichkeit be- groß der sein kann. wenn man so will, ist er ein Trai- Vereinsnachrichten können wertet wird? Am Freitag gegen Bo- ner der alten Schule. Er behaup- ganz einfach geteilt werden. Sei es drum. Fußballtrainer chum muss ein Sieg her tet: „Bei der Ausbildung habe ich Dazu kann von jedem Sport- werden schließlich nicht dafür be- – sonst könnte es für den Psychologie abgewählt.“ Das ist platz am Wochenende auch zahlt, komplexe gesellschaftliche Trainer eng werden. Trotz- natürlich Quatsch. Alle drei Ge- der Liveticker geschrieben Zusammenhänge objektiv aufzu- dem ist Bommer am Montag- sprächsgäste sind sich einig, dass werden – die Fans können schlüsseln. Sie müssen in ihrem abend gekommen. Was er zuge- ein Trainer in diesen Tagen also immer live dabei sein, eigenen, komplexen Kosmos klar- sagt hat, hält er – Respekt. hauptsächlich auch als Psycholo- egal ob am Spielfeldrand oder am anderen Ende der Welt. Jetzt anmelden: www.fupa.net/brandenburg Langer Atem – RUNDSCHAU-Redakteurin ausgezeichnet Jury würdigt kontinuierliche Berichterstattung von Simone Wendler über die Rechtsradikalen-Szene in der Lausitz mit dem 1. Preis Am gestrigen Dienstagabend ist Die Juroren des Journalisten- schen Burschenschaft, psy- dungen von Rechtsextremisten levanz von Themen“, sagte Simo- in Berlin zum siebten Mal der verbandes Berlin-Brandenburg chische Spätfolgen des Zweiten ins Rockermilieu und über die ne Wendler zu ihrer Auszeich- Journalistenpreis „Der lange (JVBB) haben es sich bei ihrer Weltkrieges, den Handel mit Unterwanderung von regionalen nung. „Ich glaube, dass diese Tu- Atem“ verliehen worden. Ausge- Entscheidung auch in diesem Schrottimmobilien, Abschied Vereinen und Fangruppen. Betei- genden in einer sich verändern- zeichnet wurde Simone Wendler, Jahr nicht leicht gemacht. Neun vom Sozialstaat, Missstände in ligt war die engagierte Reporterin den Medienwelt ihre Bedeutung Chefreporterin der LAUSITZER Journalisten (Zeitung, Online, der Lebensmittelbranche, die auch an der Berichterstattung behalten werden. Denn letztlich RUNDSCHAU, mit dem 1. Preis. Fernsehen, Hörfunk) aus Berlin Chronik einer Entmietung, sozia- über die Spremberger Neonazi- geht es darum: Haben wir Ge- und Brandenburg waren nomi-