Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

Inhaltsverzeichnis A1. Sachverhalt ...... 2 A1.7 Meteorologische Angaben ...... 2 A1.7.1 Allgemeine Wetterlage ...... 2 A1.7.2 Wetter zum Zeitpunkt und am Ort des Unfalls ...... 2 A1.7.3 Astronomische Angaben ...... 3 A1.7.4 Flugplatzwettermeldungen ...... 3 A1.7.5 Vorhersagen ...... 5 A1.7.6 Flugwetterwarnung ...... 11 A1.7.7 Wetter gemäss Augenzeugenberichten ...... 11 A1.7.8 Webcam-Aufnahmen...... 15 A1.7.9 Satellitenbilder...... 19 A1.7.10 Niederschlagsradar ...... 20 A1.7.11 Wetterkarte, Wetterstationen und Ballonsondierungen ...... 24 A1.7.12 COSMO-Analysen ...... 30 A1.7.13 Regionales Druckfeld ...... 31 A1.7.14 Meteorologische Messungen auf und unterhalb des Segnespasses ...... 37 A1.7.15 Kleinräumige Strömungsmodellierung mit dem Modell PALM ...... 47 A1.7.16 Beurteilung weiterer meteorologischer Aspekte...... 51

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A1. Sachverhalt A1.7 Meteorologische Angaben

Diese Anlage zum Schlussbericht erläutert die meteorologischen Aspekte, die für die Gesamtuntersuchung wesentlich waren und auf die im Hauptbericht ver- wiesen wird. Obwohl darin einzelne Diskussionen und Grafiken enthalten sind, die ein gewisses Fachwissen voraussetzen, galt der Anspruch, möglichst allge- meinverständlich zu sein. Auf weiterführende Quellen wird mit Fussnoten ver- wiesen. Abkürzungen und ausgewählte Fachausdrücke finden sich zudem im Glossar. Sämtliche Zeiten sind – wo nicht anders bezeichnet – in MESZ angegeben; auch dort, wo die Quellen UTC verwenden, wird in Text und Legenden auf MESZ umgerechnet.

A1.7.1 Allgemeine Wetterlage Die Alpen lagen unter einem Ausläufer des Azorenhochs. Die Druckverteilung am Boden war flach und die vertikale Schichtung der Luftmasse begünstigte die Bil- dung von Quellwolken. Auf der Höhe des Alpenkammes wehte der Wind aus Nord- west bis Nordost. Die Nullgradgrenze lag zwischen rund 4400 m/M südlich der Alpen und 4600 m/M im Norden.

A1.7.2 Wetter zum Zeitpunkt und am Ort des Unfalls Die folgenden Angaben zum Wetter zur Zeit und am Ort des Unfalls basieren auf einer räumlichen und zeitlichen Interpolation verschiedener Wetterinformationen (vgl. Kapitel A1.7.11, A1.7.12, A1.7.14.3). In den Bündner und Glarner Alpen herrschte sonniges und warmes Wetter mit Quellwolken mit Basis um 10 000 ft AMSL (2800 bis 3400 m/M). Zwischen Vorab und wehte der Wind auf der Passhöhe und der anfänglichen Flughöhe aus Nord bis Nordwest. Zusammen mit der noch aktiven Thermik führte das im Talkessel südwestlich des Piz Segnas zu turbulenten Windverhältnissen (vgl. Ka- pitel A1.7.7, A1.7.12 bis A1.7.15). Auf der Flughöhe von 9000 ft AMSL (2750 m/M) war die Atmosphäre rund 13 °C wärmer als die ICAO1-Standardatmosphäre, was beim gegebenen Druck einer Dichtehöhe von 10 100 ft AMSL (3080 m/M) ent- spricht. Bezüglich Temperaturerhöhung gegenüber ISA ist an dieser Stelle anzumerken, dass diese nicht eine universelle Angabe über alle Höhenbereiche darstellt. Bei einer hochsommerlichen Temperaturschichtung beträgt die Temperaturabnahme mit der Höhe rund 10 °C/km, während die fiktive ISA-Temperatur nur mit 6.5 °C/km abnimmt. Daraus folgt, dass die Temperaturerhöhung gegenüber ISA bei solchen Verhältnissen mit der Höhe abnimmt. So lag die Temperatur beim Start in Locarno bei ISA+17 °C. Die ISA+13 °C beziehen sich auf die Flughöhe. Auf den archivierten Bildern des Wetterradarnetzes von MeteoSchweiz2 (vgl. Ka- pitel A1.7.10) ist erkennbar, dass rund 7 km westlich der Unfallstelle sowie 15 bis 20 km westlich (bei Linthal) schwache Regenschauer stattfanden. Die Cumulus- bewölkung über dem Piz Segnas und seiner Umgebung ist auf den Webcam-Auf- nahmen (vgl. Kapitel A1.7.8) sichtbar.

1 ICAO: International Civil Aviation Organization 2 MeteoSchweiz ist der Kurzname für das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie: https://www.meteoschweiz.admin.ch

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Wetter/Wolken 3/8 bis 4/8 Cumulusbewölkung mit Basis auf rund 10 000 ft AMSL (3000 m/M) Sicht mehr als 10 km Wind Station Crap Masegn3 009° / 16 kt, in Böen 26 kt COSMO-Analyse4 auf Flughöhe 340° / 18 kt (± Böen) an einer Messstation 4 km südlich5 böige 10 kt aus Nord an der Absturzstelle am Boden6 060 – 070° / 17 kt Temperatur / Taupunkt Station Crap Masegn 14.9 °C / 6.7 °C COSMO-Analyse auf Flughöhe 10.5 °C / 7.4 °C Luftdruck Station Crap Masegn 762.3 hPa (QNH 1030.8 hPa) COSMO-Analyse auf 2750 m/M 738.3 hPa QNH auf der Alpensüdseite (LSZL) 1014 hPa QNH auf der Alpennordseite (LSMD) 1017 hPa (QNH: Druck reduziert auf Meereshöhe, berechnet mit den Werten der ICAO-Standardatmosphäre) Gefahren7 «Isolierte Schauer und Gewitter, vor allem über den Bergen. Temperatur über 30 Grad (Dichtehöhe be- achten)»

A1.7.3 Astronomische Angaben Sonnenstand8 Azimut: 252° Höhe: 39° Beleuchtungsverhältnisse Tag

A1.7.4 Flugplatzwettermeldungen

Dieses und die folgenden Unterkapitel enthalten besonders viele Abkürzungen und Codes. Statt sie hier zu erklären sei auf die Flugwetterbro- schüre von MeteoSchweiz9 und das Glossar verwiesen.

Die Flugplatzwettermeldungen (Meteorological Aviation Routine Weather Report – METAR) haben keine direkte Relevanz für den Unfall. Trotzdem werden hier alle Meldungen aufgeführt, die vor dem Start bis nach der geplanten Landung publiziert wurden, damit in der Analyse (vgl. Kapitel A1.7.16.1) darauf Bezug genommen werden kann. In der Zeit von 14:20 Uhr bis 18:50 Uhr waren die folgenden Flugplatzwettermel- dungen gültig (die Zeiten in den Meldungen sind in UTC, d. h. 041220Z bedeutet am 4. Tag des Monats von 14:20 Uhr MESZ):

3 nächstgelegene, ähnlich exponierte Messstation von MeteoSchweiz auf 2480 m/M (Wind auf 2495 m/M; Temperatur und Druck auf 2482 m/M; vgl. Kapitel A1.7.11.2, A1.7.14.3) 4 feinmaschiges Wettermodell von MeteoSchweiz (vgl. Kapitel A1.7.12) 5 Messstation der Electric AG (vgl. Kapitel A1.7.14.3) 6 aus der Analyse der Verlagerung der Staubwolke nach dem Aufprall 7 Zitat aus Flugwetterübersicht von MeteoSchweiz von 13 Uhr (vgl. Kapitel A1.7.5.1) 8 https://www.esrl.noaa.gov/gmd/grad/solcalc/ 9 https://www.meteoschweiz.admin.ch/content/dam/meteoswiss/de/service-und- publikationen/Publikationen/doc/MCH_Flugwetter_2018_D_Web.pdf

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METAR vom Flugplatz Locarno (LSZL)

041220Z AUTO 27006KT 9999NDV NCD 30/21 Q1015 RMK= 041250Z AUTO 25006KT 230V290 9999NDV NCD 30/21 Q1015 RMK= 041320Z AUTO 26006KT 220V300 9999NDV NCD 31/22 Q1015 RMK= 041350Z AUTO 26005KT 9999NDV NCD 31/22 Q1014 RMK= 041420Z AUTO 26005KT 9999NDV NCD 31/22 Q1014 RMK= 041450Z AUTO 27004KT 230V300 9999NDV NCD 32/21 Q1014 RMK= 041520Z AUTO 27005KT 230V290 9999NDV NCD 32/21 Q1014 RMK= 041550Z AUTO 28005KT 230V330 9999NDV FEW160 32/21 Q1013 RMK= 041650Z AUTO 28003KT 230V340 9999NDV NCD 31/21 Q1014 RMK=

METAR vom Flughafen Lugano-Agno (LSZA):

041220Z 20008KT 9999 FEW060 32/20 Q1016 NOSIG= 041250Z 19007KT 9999 FEW060 32/20 Q1016 NOSIG= 041320Z 20007KT 9999 FEW060 33/20 Q1016 NOSIG= 041350Z 20007KT 9999 FEW060 33/19 Q1015 NOSIG= 041420Z 20007KT 9999 FEW060 33/19 Q1015 NOSIG= 041450Z 19006KT 9999 FEW060 33/19 Q1015 NOSIG= 041520Z AUTO 19007KT 9999 //////TCU 33/20 Q1014= 041550Z 19008KT 9999 SCT060 32/20 Q1014 NOSIG= 041620Z 19008KT 9999 FEW060 32/20 Q1015 NOSIG= 041650Z 19006KT 150V220 9999 FEW060 32/20 Q1015 NOSIG=

METAR vom Militärflugplatz Dübendorf (LSMD):

041220Z AUTO VRB03KT 9999NDV NCD 33/14 Q1018 RMK= 041250Z AUTO VRB05KT 9999NDV FEW083 33/14 Q1018 RMK= 041320Z AUTO 16004KT 120V240 9999NDV SCT082 33/14 Q1018 RMK= 041350Z AUTO 35006G18KT 290V060 9999NDV BKN081 BKN100 32/15 Q1018 RMK= 041420Z AUTO VRB05KT 9999NDV FEW078 SCT098 33/15 Q1017 RMK= 041450Z AUTO 03005KT 300V080 9999NDV FEW079 33/17 Q1017 RMK= 041520Z AUTO 03005KT 330V100 9999NDV NCD 33/15 Q1017 RMK= 041550Z AUTO 01005KT 320V060 9999NDV NCD 33/13 Q1017 RMK= 041650Z AUTO 02004KT 330V120 9999NDV NCD 32/15 Q1018 RMK=

METAR vom Flughafen Zürich (LSZH)

041220Z 03005KT 270V090 9999 SCT065 FEW070TCU 35/14 Q1018 NOSIG= 041250Z 32014KT 9999 SCT065 FEW070TCU 33/16 Q1018 NOSIG= 041320Z 35009KT 9999 SCT060 FEW068TCU 34/16 Q1018 NOSIG= 041350Z 36008KT 320V030 9999 FEW068 FEW070TCU SCT120 34/16 Q1018 NOSIG= 041420Z 36008KT 320V040 9999 FEW070 FEW075CB 33/17 Q1018 NOSIG= 041450Z 36006KT 330V040 9999 FEW075TCU SCT130 33/16 Q1017 NOSIG= 041520Z 02009KT 320V060 9999 FEW075TCU SCT130 34/15 Q1017 NOSIG= 041550Z 36005KT 330V030 9999 FEW075TCU SCT140 33/13 Q1017 NOSIG= 041620Z 36005KT 320V040 9999 FEW075TCU SCT140 33/15 Q1017 NOSIG= 041650Z 36005KT 240V030 9999 FEW075TCU BKN200 31/16 Q1018 NOSIG=

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A1.7.5 Vorhersagen A1.7.5.1 Flugwetterübersichten von MeteoSchweiz Um 7 Uhr und um 13 Uhr wurden von MeteoSchweiz die folgenden Flugwetter- übersichten publiziert (auszugsweise Kopie; in diesem Bericht referenzierte Stel- len sind fett hervorgehoben):

«Flugwetterübersicht – Schweiz letzte Aktualisierung: 04.08.2018 03:33 UTC […] Flugwetterprognose für die Schweiz gültig für Samstag, 4. August 2018 und die nächsten 3 Tage Herausgegeben von MeteoSchweiz am Samstag, 4. August 2018, Ausgabe von 05:00 UTC WETTERLAGE Die Schweiz liegt am Rande eines Hochs mit Zentrum über dem nahen Atlantik. Im Tagesverlauf lässt der Hochdruckeinfluss in den höhe- ren Schichten leicht nach, sodass die Neigung zu lokalen Schauern oder Gewittern etwas zunimmt. WOLKEN, SICHT, WETTER gültig 06:00 - 12:00 UTC Flachland und Jura: Zunächst allgemein heiter, bzw. ein paar hohe Wolkenfelder. Gegen Mittag Bildung von 1-3/8 mit Basis 7000-9000 ft AMSL und in der Folge vereinzelte Schauer oder CB und Gewitter nicht ganz ausge- schlossen. Sicht über 8 km. Voralpen und Alpen: Zu Beginn vor allem in den östlichen Alpen zum Teil noch 3-5/8 Restbewölkung mit Basis um 10 000 ft AMSL, rasch auflösend. Sonst zunächst allgemein heiter. Gegen Mittag Bildung von 1-3/8 mit Ba- sis 7000 – 9000 ft AMSL und in der Folge vereinzelte Schauer oder CB und Gewitter möglich. Sicht über 8 km. Alpensüdseite und Engadin: Zu Beginn vor allem im Engadin noch 3-5/8 Restbewölkung mit Basis um 10 000 ft AMSL, rasch auflösend. Sonst allgemein heiter, gegen Mittag Bildung von 1-3/8 mit Basis im Süden 4500 – 6000 ft AMSL, den Alpen entlang 7000 –9000 ft AMSL, im Engadin 9000 – 11 000 ft AMSL. Sicht allgemein über 8 km. GEFAHREN gültig 06:00 - 12:00 UTC Temperatur ab Mittag über 30 Grad steigend (Dichtehöhe beachten). AUSSICHTEN BIS MITTERNACHT Im Norden am Nachmittag und frühen Abend vereinzelt Schauer oder isolierte Gewitter möglich. Dann Bewölkungsauflösung. Auf der Alpensüdseite gegen Abend ansteigendes Gewitterrisiko.

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WIND (GRAD/KT) UND TEMPERATUR […] Zürich - 09:00 UTC / 15:00 UTC HOEHE - GRAD/KT TEMP Ground - VRB/1-4 KT 05 000FT - 020/005 PS19 / 060/005 PS22 10 000FT - 030/010 PS06 / 335/010 PS08 18 000FT - 355/015 MS05 / 335/015 MS06 30 000FT - 275/010 MS33 / 280/020 MS33 39 000FT - 280/010 MS55 / 265/025 MS55 53 000FT - 330/010 MS60 / 270/005 MS59 Lugano - 09:00 UTC / 15:00 UTC HOEHE - GRAD/KT TEMP Ground - VRB/1-4 KT 05 000FT - 150/005 PS18 / 230/010 PS22 10 000FT - 025/010 PS08 / 015/015 PS10 18 000FT - 030/015 MS05 / 025/015 MS05 30 000FT - 040/020 MS33 / 315/005 MS32 39 000FT - 020/010 MS54 / 315/010 MS54 53 000FT - 005/005 MS60 / 350/005 MS60 Maximalwind: -----FT ---/--- Tropopause: 41 000FT MS58 Nullgradgrenze: 15000FT WETTERENTWICKLUNG für die nächsten drei Tage […] Nächste Aktualisierung: am Samstag, 4. August 2018, 11:00 UTC Flugwetterübersicht - Schweiz letzte Aktualisierung: 04.08.2018 10:39 UTC Flugwetterprognose für die Schweiz gültig fuer Samstag, 4. August 2018 und die nächsten 3 Tage Herausgegeben von MeteoSchweiz, am Samstag, 4. August 2018, 11:00 UTC WETTERLAGE Der Ausläufer des Hochdruckgebiets mit Zentrum vor Irland schwächt sich über Mitteleuropa vorübergehend etwas ab. Damit nimmt die Ge- witterneigung aus Nordwesten auch in der Schweiz vorübergehend et- was zu. WOLKEN, SICHT, WETTER gültig 12:00 - 18:00 UTC Flachland und Jura: 3 bis 5/8 mit Basis 7000 bis 9000 ft AMSL. Sicht meist über 8 km. Isolierte Schauer und Gewitter, vor allem über dem Jura, dabei stellenweise tiefere Basis und reduzierte Sicht. Voralpen und Alpen: 3 bis 5/8 mit Basis 8000 bis 10 000 ft AMSL. Sicht meist über 8 km. Isolierte Schauer und Gewitter, vor allem über den Voralpen, dabei stellenweise tiefere Basis und reduzierte Sicht. Alpensüdseite und Engadin: 3 bis 5/8 mit Basis 7000 bis 9000, im Engadin 9000 bis 11 000 ft AMSL. Sicht meist über 8 km. Isolierte Schauer und Gewitter, vor allem am Alpensüdhang, dabei stellenweise tiefere Basis und redu- zierte Sicht.

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 6 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

GEFAHREN gültig 12:00 - 18:00 UTC Isolierte Schauer und Gewitter, vor allem über den Bergen. Temperatur über 30 Grad (Dichtehöhe beachten). AUSSICHTEN BIS MITTERNACHT Aus Nordwesten wieder zunehmend heiter, nur ganz im Süden anfangs noch letzte isolierte Schauer und Gewitter. WIND (GRAD/KT) UND TEMPERATUR […] Zürich - 12:00 UTC / 18:00 UTC HOEHE - GRAD/KT TEMP Ground - N/NE 5-10 05 000FT - 285/005 PS21 / 025/015 PS21 10 000FT - 005/020 PS07 / 340/010 PS08 18 000FT - 340/010 MS06 / 320/015 MS06 30 000FT - 275/020 MS33 / 290/015 MS33 39 000FT - 265/015 MS54 / 260/020 MS55 53 000FT - 325/005 MS60 / 305/010 MS59 Lugano - 12:00 UTC / 18:00 UTC HOEHE - GRAD/KT TEMP Ground - VRB/2-7 05 000FT - 235/010 PS20 / 245/005 PS22 10 000FT - 025/015 PS09 / 020/015 PS09 18 000FT - 005/010 MS05 / 020/010 MS06 30 000FT - 025/010 MS32 / 295/010 MS32 39 000FT - 040/005 MS54 / 290/010 MS54 53 000FT - 015/005 MS61 / 315/005 MS60 Maximalwind: -----FT ---/--- Tropopause: 42 000FT MS60 Nullgradgrenze: 14300FT WETTERENTWICKLUNG für die nächsten drei Tage […]»

Ende der auszugsweisen Kopie der Flugwetterübersichten.

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 7 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

A1.7.5.2 Signifikantes Wetter im Alpenraum

Abbildung 1: Die um 14 Uhr publizierte und von 16 bis 20 Uhr gültige Karte für «Signifi- kantes Wetter» im Alpenraum. Die Symbole sind in der Broschüre10 erklärt. Im Südosten der Schweiz waren demnach isolierte Schauer und Gewitter bei ansonsten guter Sicht zu erwarten. Ähnliches (aber nur «OCNL», d. h. gelegentlich) galt für das gestrichelt umran- dete Gebiet im Westen, worin auch der Zielflugplatz liegt.

10 https://www.meteoschweiz.admin.ch/content/dam/meteoswiss/de/service-und-publikationen/ beratung-und-service/flugwetter/doc/Prospekt_Low-Level-SWC_D_web.pdf

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 8 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

A1.7.5.3 Flugwettervorhersage für die Hauptsichtflugrouten der Schweiz

Abbildung 2a: Die von 11 bis 17 Uhr bzw. 14 bis 20 Uhr (nächste Seite) gültigen Karten für das Sichtflugwetter entlang von Routen im Alpenraum zeigten keine nicht passierbaren Routen und in der amendierten Version in Abbildung 2b auch keine kritischen Routen mehr. Die Route über den Segnespass ist nicht explizit aufgeführt, aber sie liegt nahe der Rou- ten 83 und 72. Die Buchstaben in den je drei Kästchen stehen für je zwei der sechs prog- nostizierten Stunden. Die darunter stehenden Höhen «ft/msl» bezeichnen die Referenzhö- hen in ft AMSL für diese Routen (z. B. Passhöhen). Die Bedeutung von O/D/M/X ist auf den Karten unten rechts erläutert, wobei hier die Höhenangaben in der Tabelle die limitie- renden Wolkenuntergrenzen über der Referenzhöhe angeben. Weitere Erklärungen in der Legende zu 2b finden sich auf der nächsten Seite.

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 9 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

Abbildung 2b: Erster Teil der Legende siehe 2a auf der vorangehenden Seite. Weitere Details findet man in der Flugwetterbroschüre von MeteoSchweiz. Die trotz guter Sicht ge- wählten Kategorien «Difficult» statt «Open» kann Gefahren wie die in der Textprognose erwähnten Gewitter und an Bergen aufliegende Wolken berücksichtigen. Die Windverhält- nisse werden auf diesen Karten nicht thematisiert. Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie.

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 10 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

A1.7.5.4 Flugplatzwettervorhersagen Um die Zeit des Unfalls (Flugvorbereitung bis nach der geplanten Landung in Dü- bendorf) waren die folgenden Flugplatzwettervorhersagen (Terminal Aerodrome Forecast – TAF11) gültig (Zeiten in UTC, d. h. die Angabe 040825Z 0409/0418 be- deutet, dass die Prognose um 10:25 Uhr publiziert wurde und sie für den Zeitraum von 11 bis 20 Uhr galt):

TAF SHORT für den Flughafen Lugano Agno (LSZA) (für Locarno wird an Wochenenden kein TAF erstellt)

040825Z 0409/0418 VRB03KT CAVOK= 041125Z 0412/0421 20007KT 9999 FEW060TCU= 041425Z 0415/0424 20007KT 9999 FEW060 PROB40 TEMPO 0415/0424 SHRA SCT060TCU PROB40 TEMPO 0418/0423 01015G27KT 4000 TSRA SCT050CB=

TAF LONG für den Militärflugplatz Dübendorf (LSMD)

040925Z 0410/0516 VRB03KT CAVOK TEMPO 0410/0420 9999 FEW070 PROB30 TEMPO 0412/0419 TSRA FEW050CB=

TAF LONG für den Flughafen Zürich (LSZH) 040825Z 0409/0515 VRB03KT CAVOK TX34/0415Z TN17/0504Z TX34/0515Z BECMG 0409/0412 9999 FEW050 PROB30 TEMPO 0412/0415 35010KT FEW050TCU TEMPO 0414/0420 04007KT BECMG 0417/0420 CAVOK BECMG 0510/0513 04008KT 9999 FEW050= 041125Z 0412/0518 VRB03KT 9999 FEW065 TX34/0415Z TN17/0504Z TX34/0515Z PROB40 TEMPO 0412/0414 31013G25KT FEW060CB TEMPO 0414/0421 04007KT BECMG 0417/0420 CAVOK BECMG 0510/0513 04008KT 9999 FEW050= 041425Z 0415/0521 36008KT 9999 FEW068 FEW070TCU TX35/0415Z TN17/0504Z TX34/0515Z PROB30 TEMPO 0415/0417 FEW065CB TEMPO 0416/0421 04006KT BECMG 0417/0420 CAVOK BECMG 0509/0512 9999 FEW050 TEMPO 0513/0521 04008KT PROB30 TEMPO 0512/0516 4000 TSRA SCT050CB=

A1.7.6 Flugwetterwarnung Zur Zeit des Unfallfluges war kein AIRMET oder SIGMET für den durchflogenen Luftraum aktiv. In der Flugwetterübersicht (vgl. Kapitel A1.7.5) wurde jedoch auf die Dichtehöhe und die Möglichkeit von Gewittern hingewiesen.

A1.7.7 Wetter gemäss Augenzeugenberichten Der Pilot des zuerst an der Unfallstelle eingetroffenen Helikopters schilderte die Windverhältnisse rund 15 Minuten nach dem Unfall in einer Zuschrift zusammen- gefasst wie folgt: Auf dem Pass und auf der Südseite sei starker Wind aus Nord- osten festgestellt worden. Der Wind sei nicht laminar gewesen und südlich des Martinslochs sei der Helikopter von einer Böe erfasst worden. Der Anflug um

11 Sämtliche Codes finden sich in https://www.meteoschweiz.admin.ch/content/dam/meteoswiss/de/service-und- publikationen/Publikationen/doc/MCH_Flugwetter_2018_D_Web.pdf

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17:10 Uhr erfolgte aus Südwesten, um im Gegenwind anzufliegen. Im flach erfol- genden Anflug wurde ein auf 20 kt geschätzter laminarer Wind verspürt. Beim Aus- steigen sei der laminare Bergwind sehr gut spürbar gewesen. Der Rettungssanitäter ergänzte, dass er im starken gleichmässigen Wind aus der Richtung des Piz Segnas nur telefonieren konnte, wenn er sich abwandte und das Mobiltelefon mit der Jacke schützte. Der Pilot des zweiten Rettungshelikopters schilderte die Windverhältnisse in einer Zuschrift wie folgt: Sie seien links oberhalb der Unfallstelle von Süden nach Norden anfliegend eingewiesen worden, mit dem Hinweis, dass ein starker Wind von Nor- den her wehe. Er berichtete von 3/8 bis 5/8 sich auftürmender Bewölkung auf ca. 9000 bis 10 000 ft AMSL mit viel Bewegung in den Wolken (vertikal und horizontal), bei ansonsten «unlimitierter Sicht». Beim Anflug habe es den Anschein gemacht, als ob sich aus diesen Wolken noch Gewitter entladen würden, was dann jedoch nicht der Fall war. Die Bewölkung habe sich mit tiefer werdendem Sonnenstand auch zunehmend aufgelöst. Der Wind auf der Unfallstelle habe ziemlich stark und laminar mit schwierig einzuschätzenden etwa 20 bis 25 kt aus Richtung Norden geweht. Die allgemeine Windrichtung über dem Bergmassiv sei Nordost («ähnlich Bisenlage») gewesen. Da das Gelände Las Palas / Segnas einen Talkessel bildet, der Wind von Norden kam und die Hochebene etwa 200–300 m tiefer liegt als das umliegende Gebirge, habe er mit Leewinden und Leewalzen bei der Landestelle gerechnet. Der Fluglehrer eines einmotorigen zweiplätzigen Flugzeuges des Musters Cessna 152, mit dem der Segnespass kurz vor der Ju 52 überflogen wurde, schilderte die Verhältnisse zusammengefasst wie folgt: In der Region Flims seien Abwindfelder angetroffen worden, d. h. es sei schwierig gewesen, die geplante Höhe von 9100 ft AMSL (2800 m/M) zu halten. Mit dem Flugschüler sei diskutiert worden, wo man am besten in den Talkessel vor dem Segnespass einfliegen solle, um auch bei anhaltendem Abwind eine Umkehrkurve zu ermöglichen. Auf der gewählten Route auf der Ostseite des Talkessels (Westflanke des Atlas) sei das Flugzeug wieder gehoben worden. Kurz vor dem Pass sei wieder ein schwacher Abwind durchflo- gen worden, der jedoch gleich wieder von einem Aufwind abgelöst worden sei. Die Passüberquerung sei somit mit Höhenreserve beschlossen worden und sei prob- lemlos gewesen. Die Frage, ob auffällige Turbulenzen oder Scherungen angetroffen worden seien, wurde negativ beantwortet. Zudem sei die Bewölkung während des gesamten Ta- ges nie ein Problem gewesen. Das Bild der Cessna kurz vor der Überquerung des Segnespasses findet sich im Hauptbericht als Abbildung 10. Stellvertretend für diverse Zuschriften sei zudem die folgende Zuschrift eines er- fahrenen Segelflugpiloten mit professionellem meteorologischem Background zu- sammengefasst: Unter Alpen-Segelfliegern sei bekannt, dass die thermischen Auf- winde am Flimserstein und am Grat zwischen Crap Sogn Gion und Crap Masegn auf der Nordseite der Surselva mit Abstand die stärksten und zuverlässigsten seien. Dazwischen würden besonders bei Nordostwind-Tendenz ausgeprägte und sehr grossräumige Abwindfelder vorherrschen. Er sei vor etwa zwei Wochen an einem Tag mit guter Thermik und Bisentendenz am späteren Nachmittag dort un- terwegs gewesen und habe am Flimserstein auf knapp 3000 m/M steigen können, was normalerweise problemlos gereicht hätte, um über den Segnespass auf die Alpennordseite zurückzufliegen. In diesem Ausmass unerwartet sei er jedoch so- gar 5 bis 8 km vom Hauptkamm entfernt in starke Abwindfelder geraten und habe danach eine andere Flugroute wählen müssen. Er könne sich vorstellen, dass auf

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der schattigen Nordseite im Luv so viel Hebung erfolgte, dass südseitig, mit Aus- nahme der stärksten Thermikquellen, weiträumiges Sinken vorherrschte. Aufgrund diverser Gespräche mit ortskundigen Leuten und auch basierend auf ei- genen Beobachtungen während mehrerer Aufenthalte bei den Messstationen im Talkessel und auf dem Pass (vgl. Kapitel A1.7.14) steht fest, dass der nachmittäg- liche Bergwind auf dem Segnesboden (Segnas-Sut) regelmässig einsetzt. Das wird auch mit den von der Flims Electric AG erhaltenen Messdaten, die bei einer Wasserfassung neben der Segneshütte auf rund 2100 m/M installiert ist, bestätigt (vgl. Kapitel A1.7.14.3). Gemäss Angabe eines Augenzeugen auf dem Segnespass habe zum Zeitpunkt des Unfalls ein Wind von mindestens 60 km/h geherrscht. Auch diese Einschät- zung ist aufgrund der eigenen Beobachtungen während der Aufenthalte im Gebiet sowie der Messungen und der Modellierung plausibel (vgl. A1.7.15) Bildmaterial von Privatpersonen, woraus Wolken erkennbar sind, wurde gesichtet und findet sich teils im Hauptbericht und teils in weiteren Anlagen (z. B. An- lage A1.1). Weil sich aus diesen zusätzlichen Bildern keine relevanten Erkennt- nisse in Ergänzung zu den hier folgenden Webcam-Aufnahmen ergeben, wird auf eine Wiedergabe in dieser Anlage verzichtet.

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A1.7.8 Webcam-Aufnahmen

Abbildung 3: Ausschnitte von der Webcam Mutta Rodunda12 (Position siehe Karte in Abbildung 4) mit Blick nach Norden 17 Minuten vor dem Unfall (16:40 Uhr, oben) bis drei Minuten danach (17:00 Uhr, unten). Der orange Pfeil im unteren Bild zeigt die Absturzstelle, wo auf den Originalbildern ab diesem Zeitpunkt auch das Wrack der HB-HOT knapp er- kennbar ist. Dahinter links der Segnespass (roter Pfeil). Links der Bildmitte der Piz Segnas und davor der Atlas; rechts das Trinserhorn / Piz Dolf.

12 https://laax.roundshot.com/mutta-rodunda/ mit Archivfunktion

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Abbildung 4: Positionen und Blickrichtungen zum Segnespass der zwei Webcams auf Mutta Rodunda auf der Südseite (Abbildung 3) und in Elm auf der Nordwestseite (Abbildung 5). Quelle der Karte: Bundesamt für Landestopografie.

Abbildung 5: Ausschnitte aus Webcam-Aufnahmen von Elm um etwa 16 Uhr (oben) und um 17 Uhr (unten). Der Segnespass liegt auf der hinteren Krete, knapp hinter dem Berg im Vordergrund und ist mit den ausgezogenen Pfeilen markiert. Der prominente Berg am Ho- rizont rechts von der Bildmitte ist das Grosse Tschingelhorn. Bei geeigneter Beleuchtung sieht man auch das Martinsloch (gestrichelter Pfeil). Die Unfallstelle liegt hinter diesem und dem Pass. Weitere stündliche Bilder von diesem Standort zeigen, dass die Strecke vom Segnespass nach Elm zu diesen Zeiten frei von Bewölkung war, die den Weiterflug behin- dert hätte.

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7 Uhr:

9 Uhr:

12 Uhr:

15 Uhr:

16 Uhr:

17 Uhr:

Abbildung 6: Roundshot-Webcam Pilatus13 am 04.08.2018 von 7 bis 17 Uhr. Die Bilder zeigen den Tagesverlauf auf der Alpennordseite (Norden beim dünnen Mast links der Bild- mitte), mit beschränkter Sicht nach Süden neben dem dicken Mast am rechten Bildrand.

13 https://pilatus.roundshot.com/ mit Archivfunktion

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Disentis von NE über SE bis West um 17:00 Uhr:

Brugnasco bei Airolo von ENE über Süd bis NW um 16:30 Uhr:

Olivone mit Blickrichtung Sektor West zur Punta di Larescia um 16:30 Uhr:

San Salvatore mit Blickrichtung NNE über Lugano hinweg um 16:30 Uhr:

Montagnola von SW über Nord bis SE um 16:30 Uhr:

Abbildung 7: Webcam-Bilder von der Alpensüdseite um 16:30 Uhr sowie von Disentis um 17 Uhr. Von diesen Standorten werden die Bilder alle 10 Minuten archiviert. Die je drei Richtungsangaben beziehen sich auf den linken Bildrand, das Zentrum des Bildes und den rechten Bildrand. Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie.

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A1.7.9 Satellitenbilder

Abbildung 8: Das (sichtbare) Satellitenbild vom geostationären Wettersatelliten von EUMETSAT14 um 7 Uhr zeigt Dunst über dem schweizerischen Mittelland (zwischen Gen- fer- und Bodensee) vor weitgehend wolkenlosen Alpen.

Abbildung 9: Um 12 Uhr zeigen sich erste Quellwolken über dem Jura sowie nördlich der Schweiz über den Vogesen, dem Schwarzwald und entlang der Schwäbischen Alb. Die zu diesem Zeitpunkt noch kleinen Cumuli über den Alpen (vgl. Abbildung 6) sind kaum sicht- bar.

14 https://www.eumetsat.int/our-satellites/meteosat-series Bildquelle: http://www2.sat24.com/history.aspx?culture=de

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Abbildung 10: Um 17 Uhr sind Gewitterwolken über dem westlichen und dem südöstlichen Alpenraum sichtbar. Dazwischen sind vom Tessin bis zur Nordschweiz (gelbes Rechteck) nur wenige Wolken zu sehen. Es hat in diesem Bereich sicher keine Gewitter (keine Cb, die einen Amboss bilden).

Dieselben Bilder für den Vortag (Flug von Dübendorf über die Alpen ins Tessin) wurden ebenfalls gesichtet. Sie zeigen eine ähnliche Ausgangslage, aber weniger Quellbewölkung am Nachmittag. Ergänzend zu den hier kopierten Bildern im sicht- baren Spektralbereich bestätigen auch die Infrarotbilder (worauf hohe Wolken spe- ziell gut erkennbar sind) den in Abbildung 10 geschilderten Sachverhalt. Auch höher aufgelöste Bilder von tiefer fliegenden Satelliten (Aqua und Terra)15 stehen zur Verfügung, aber aufgrund der Umlaufbahnen decken diese nur den Zeitraum zwischen 11:58 Uhr und 13:42 Uhr ab und werden deshalb hier nicht aufgeführt.

A1.7.10 Niederschlagsradar MeteoSchweiz betreibt ein Netz von fünf Wetterradars16, mit denen die Nieder- schläge über der Schweiz fast lückenlos erfasst werden können. Der Weg von den Rohdaten (Radarechos) zu den bekannten Bildern der Niederschlagsverteilung ist allerdings komplex, denn es gilt, die Nutzsignale (Echos von Niederschlagsparti- keln) von Bodenechos und anderen Störeinflüssen zu befreien. Dabei können sehr schwache lokale Niederschläge mit kleinen Tropfen auch ausgefiltert werden. Wol- ken ohne Niederschläge sind ohnehin nicht sichtbar. Unterhalb von Gebirgskreten bleiben Bereiche, die vom Radar nicht eingesehen werden können. An Orten (Vo- lumen in der Atmosphäre), wo zwei oder mehrere der fünf Radars Einblick haben, werden die Signale geeignet kombiniert. Weitere Details siehe Fussnote. Das Radar auf dem Gipfel des Weissfluhjochs liegt rund 45 km östlich der Unfall- stelle, mit freier Sicht ins Vorderrheintal, d. h. die Niederschläge in der Region konnten zuverlässig erfasst werden.

15 https://worldview.earthdata.nasa.gov/ 16 https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/mess-und-prognosesysteme/atmosphaere/das-schweizer-wetterradarnetz.html

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Weil Niederschläge aus Quellwolken nur dann zustande kommen können, wenn die Wolke bis mindestens auf eine Höhe reichen, wo die Temperatur ca. – 10 °C unterschreitet, gab es an diesem heissen Tag (hohe Nullgradgrenze) kaum Ge- biete, die bezüglich Niederschlägen im Radarschatten lagen. Diese Bilder standen im Abstand von zwei bis drei Minuten zur Verfügung. Erste Niederschlagsechos zeigten sich am Unfalltag bereits zwischen 12:40 Uhr und 13:00 Uhr bei Ilanz. Die Abbildung 11 zeigt das Maximum dieses Niederschlags, der mit einer Intensität von nur rund 2 mm/h eher schwach war. Dieser schwache Niederschlag ist auf den Webcam-Aufnahmen nicht deutlich sichtbar, aber die sich entwickelnde dunkle Bewölkung über Ilanz zeigt sich deut- lich auf weiteren, hier nicht aufgeführten Bildern.

Linthal Elm

10 km Ilanz

Abbildung 11: Niederschlagsradarbild von 12:50 Uhr. Die Unfallstelle lag im roten Kreis. Die kleinen weissen Kreise zeigen diverse meteorologische Messstationen. Diskussion siehe Text. Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, via GIN-Archiv17.

17 GIN: Gemeinsame Informationsplattform Naturgefahren https://www.naturgefahren.ch/home/ueber-uns/naturgefahrenfachstellen-des-bundes.html

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10 km

Abbildung 12: Niederschlagsradarbild von 14:30 Uhr. Die Unfallstelle lag im roten Kreis. Diskussion siehe Text. Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, via GIN-Ar- chiv.

Abbildung 13: Der Schauer um 14:30 h bei Ilanz auf der Webcam-Aufnahme von Mutta Rodunda18 (rote Ortsmarke auf der Karte). Die spätere Unfallstelle ist auf dem Bild und auf der Karte mit dem orangen Pfeil markiert. Der mit dem blauen Kreis markierte Kern des Schauers liegt hinter dem Crap Sogn Gion im Süden. Das Bild unten rechts zeigt den Aus- schnitt mit dem Schauer aus der Webcam-Aufnahme oben. Quelle der Karte: Bundesamt für Landestopografie.

Von 13:50 Uhr bis 15:00 Uhr wurde in der Region Ilanz (nahe am späteren Flug- weg) erneut stärkerer Regen von bis zu 25 mm/h detektiert. Stellvertretend für diese Phase steht das Radarbild während der maximalen Intensität (orange) von

18 https://laax.roundshot.com/mutta-rodunda/ mit Archivfunktion (Kalendersymbol in der Navigationsleiste rechts)

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14:30 Uhr (vgl. Abbildung 12). Dieser Schauer ist auch deutlich auf den Webcam- Aufnahmen von 14:20 Uhr bis 14:40 Uhr sichtbar. Die Abbildung 13 zeigt den Schauer zum Zeitpunkt des Radarbilds der Abbildung 12. Das veranschaulicht, dass der auf dem Radarbild prominent sichtbare Schauer eng begrenzt war und die Sicht ausserhalb gut blieb.

10 km

Abbildung 14: Niederschlagsradarbild von 16:35 Uhr. Die Unfallstelle ist rot umkreist. Dis- kussion siehe Text. Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, via GIN-Archiv.

10 km

Abbildung 15: Niederschlagsradarbild von 16:55 Uhr. Die Unfallstelle ist rot umkreist. Dis- kussion siehe Text. Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, via GIN-Archiv.

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Kurz vor und zur Zeit des Unfalls wurden 7 km westlich sowie 15 bis 20 km westlich des Segnespasses schwacher Regen detektiert (vgl. Abbildung 14 bzw. Abbildung 15). Beide Schauer sind mit der oben genannten Webcam nicht sichtbar, weil sie hinter dem Horizont auch der grösseren Bildausschnitte liegen. Darüber sind nur auftürmende Quellwolken (TCU), jedoch keine Gewitterwolken (Cb) sichtbar.

A1.7.11 Wetterkarte, Wetterstationen und Ballonsondierungen Hier werden drei weitere Quellen von Beobachtungsdaten vorgestellt, die für die Beurteilung der Wetterlage (Analyse) und der voraussichtlichen Entwicklung (Prognose) wichtig sind. Eine umfassende Integration (Synopsis) all dieser Infor- mationen (auch gemäss Kapitel A1.7.9 und A1.7.10) erfolgt im operationellen Be- trieb bei Wetterdiensten mit Modellanalysen (vgl. Kapitel A1.7.12).

A1.7.11.1 Wetterkarten Die in Kapitel A1.7.1 zusammengefasste allgemeine Wetterlage ist aus den beiden Wetterkarten in Abbildung 16 ersichtlich. Die Höhenwetterkarte (untere Grafik) zeigt das Zentrum des Hochdruckgebietes westlich von Portugal (Azorenhoch), das sich über den Alpenraum hinweg bis nach Osteuropa erstreckt. Daraus folgt über den Alpen eine Anströmung aus Sektor Nord. Die Bodenwetterkarte (obere Grafik) zeigt auf dieser grossräumigen Skala über der Schweiz nur geringe Druckunterschiede, was als flache Druckverteilung be- zeichnet wird. In dieser bestimmen die regionalen Druckdifferenzen (vgl. Kapi- tel A1.7.13), die aus dieser Übersicht nicht erkennbar sind, das Windfeld in Boden- nähe. Viele weitere Informationen zur allgemeinen Wetterlage sowohl in grafischer wie auch in numerischer Form sind verfügbar und wurden gesichtet. Für die Charakte- risierung der Grosswetterlage genügt jedoch diese Übersicht. Detailliertere regio- nale Analysen für den Alpenraum folgen in den Kapiteln A1.7.12 und A1.7.13.

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Abbildung 16: Europäische Bodenwetterkarte (oben) und Höhenwetterkarte für 500 hPa (unten). Quelle: Météo-France.

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A1.7.11.2 Wetterstationen MeteoSchweiz betreibt ein dichtes Netz von automatischen Wetterstationen. De- tails dazu finden sich online19. Für jede dieser rund 160 Stationen können zahlrei- che Parameter mit einer zeitlichen Auflösung von zehn Minuten abgerufen werden. Eine dieser Stationen, die automatische Wetterstation Crap Masegn, befindet sich rund 7 km südwestlich der Unfallstelle. Die Messungen dieser Station konnten für die vorliegende Untersuchung genutzt werden.

Abbildung 17: Position der automatischen Wetterstation Crap Masegn20 (blaue Orts- marke) gut 7 km südwestlich der Unfallstelle (rote Ortsmarke) auf einer Höhe von 2480 m/M. Quelle der Karte: Bundesamt für Landestopografie.

Bei der in Kapitel A1.7.2 verwendeten Station handelt es sich um die Station Crap Masegn, die sich wie die Unfallstelle südlich der Gebirgskrete befindet. Die Tabelle 1 zeigt den Verlauf des Windes und weiterer Parameter an dieser Sta- tion von 14 Uhr bis 18 Uhr. Damit ist nicht nur das Wetter zum Zeitpunkt des Un- falls, sondern eine Entwicklung sichtbar. Die mittlere Windgeschwindigkeit aus nördlicher Richtung (356° bis 19°) nahm zuerst von 10.5 m/s auf 5.1 m/s ab (d. h. von rund 20 kt auf 10 kt), um danach wieder anzusteigen. Böen, die eine bis drei Sekunden anhielten, erreichten im Zeitintervall, während dessen der Unfall ge- schah, rund 25 kt (siehe auch Abbildung 32).

19 https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/mess-und-prognosesysteme/bodenstationen/automatisches-messnetz.html 20 https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/messwerte.html?param=messnetz-automatisch&station=CMA

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Die Temperatur zeigt die für diese Höhenlage vergleichsweise hohen Werte (16 °C über der Temperatur der ICAO-Standardatmosphäre auf dieser Höhe), was sich auch im QNH für diese Referenzhöhe manifestiert (vgl. Kapitel A1.7.2 und A1.7.13.2). Dieses QNH darf nicht mit den QNH für die tiefer gelegenen Flugplätze verwechselt werden. Der Taupunkt lag deutlich unter der Temperatur, d. h. die Luft war relativ trocken. Luft, die von hier aus aufsteigen würde, würde erst auf rund 3500 m/M kondensieren (Cumulus-Basishöhe). Tiefere Basishöhen in der Umge- bung sind jedoch möglich, denn dafür sind die Temperatur und der Taupunkt der Luftmasse an den tiefer gelegenen Hängen und im Tal massgebend. Aus weiteren Datenquellen (vgl. Kapitel A1.7.12) lässt sich schliessen, dass die Basishöhen in diesem Gebiet zwischen 2800 und 3400 m/M lagen.

Tabelle 1: Einige an der Station Crap Masegn gemessene Wetterparameter von 14 Uhr bis 18 Uhr in Zehnminutenintervallen. Bei der Temperatur, dem Taupunkt und den Drucken QFE21 und QNH22 handelt es sich um Momentanwerte zu den angegebenen Zeiten; die übrigen Parameter sind in den zehn Minuten bis zur angegebenen Zeit gemittelt oder sum- miert; die 3- und 1-Sekunden-Böen charakterisieren die maximalen Windgeschwindigkei- ten im Intervall, die 3 bzw. 1 Sekunde anhielten (Mittelwerte über 3 bzw. 1 s). Die Zeit des Unfalls ist blau markiert; Erläuterungen im nachfolgenden Text.

Die 100 % Sonnenschein bedeuten, dass an der Messstation die ganze Zeit keine starke Abschattung durch Wolken beobachtet wurde. Die Intensität der Sonnen- strahlung ist aus der Spalte «Globalstr.» (d. h. Globalstrahlung auf eine horizontale Fläche) ersichtlich, die aufgrund des sinkenden Sonnenstandes abnimmt. Schliesslich wurden keine Nah- oder Fernblitze (< 3 km bzw. 3 bis 30 km) regist- riert. Niederschlag wird an dieser Station nicht gemessen (vgl. Kapitel A1.7.10). Die Relevanz der Windmessungen von Crap Masegn für den Wind am Seg- nespass wird in Kapitel A1.7.14.3 diskutiert.

21 auf der Barometerhöhe von 2482 m/M gemessener Luftdruck 22 mit der ICAO-Standardatmosphäre von der Barometerhöhe auf die Meereshöhe reduzierter Luftdruck

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A1.7.11.3 Ballonsondierungen Für die weltweite tägliche Vermessung der Atmosphäre bilden Ballonsondierungen nach wie vor das «Rückgrat», denn nur sie zeigen die vertikale Struktur von Tem- peratur, Feuchte und Wind mit der erforderlichen Präzision und vertikalen Auflö- sung. Diese Sondierungsdaten stehen allerdings fast ausschliesslich über Land und auch dort mit unterschiedlicher räumlicher Dichte typischerweise zwei Mal täg- lich um 0 und 12 UTC23 zur Verfügung. Zusammen mit den Messungen am Boden (inkl. Fernerkundungsmethoden wie Radar) und den Satelliten- und Flugzeugmes- sungen24 bilden sie die Grundlage für Wetterkarten (vgl. Kapitel A1.7.11.1) und Prognosemodelle (vgl. Kapitel A1.7.12). Für die Charakterisierung des Zustandes der Atmosphäre nördlich und südlich der Alpen (und damit oberhalb einer gewissen Höhe auch über den Alpen) stehen die beiden Ballonsondierungen von Payerne25 respektive Mailand um 14 Uhr (12 UTC) zur Verfügung. Berücksichtigt man den Umstand, dass die Sondierungszeiten auf das Durchsteigen der Tropopause normiert sind und der Ballonstart und die Vermessung der unteren Troposphäre somit rund eine Stunde vor der nominellen Sondierungszeit erfolgen, so zeigen diese Sondierungen in Abbildung 18 die Schichtung der Atmosphäre zwischen drei und vier Stunden vor dem Unfall, d. h. zu Beginn des Nachmittags. Daraus lassen sich jedoch auch für den Zeitraum des Unfalls die thermische Stabilität der Schichtung und der Wind in der Höhe charak- terisieren. Der Wind im unteren Bereich konnte jedoch kurzfristigen Änderungen unterliegen. Die hier gezeigten Sondierungen gelten für den beschränkten Zeitraum der Bal- lonaufstiege. Insbesondere der Wind kann sich innert drei bis vier Stunden deutlich ändern (gemäss Prognose [vgl. Kapitel A1.7.5.1] zunehmend). Hingegen zeigt die feucht-labile Schichtung von Temperatur und Feuchte, dass an diesem Tag die Voraussetzungen gegeben waren, dass die Quellbewölkung – einmal ausgelöst – bis auf grössere Höhen aufsteigen und damit Schauer und Gewitter bilden konnte. Die tatsächliche Bildung von Schauern oder Gewittern ist jedoch stark von weite- ren Umständen abhängig, was sich im Tagesablauf mit regionalen Unterschieden manifestierte. Auf der Alpennordseite musste dabei die stabile Schicht um 600 hPa (rund 4500 m/M) überwunden werden.

Abbildung 18 auf nächster Seite: Thermodynamische Diagramme (Temperatur- und Taupunktprofile) zu den Ballonsondierungen Payerne26 und Mailand27. Die Höhenkoordi- nate wird primär als Druck (linke Achse) angegeben. Die Höhenskalen rechts in km und 1000 ft sind der aktuellen Atmosphäre angepasst, d. h. sie geben keine flight levels (FL), sondern wahre Höhen über Meer an. Dis Isothermen (x-Achse der Diagramme) sind schräg, parallel zur rot hervorgehobenen 0°-Isotherme. Beidseits der Alpen – und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch über den Alpen – herrschte eine feucht-labile Schich- tung (vgl. Text). Der Wind unterhalb von 3200 m/M wehte auf der Alpennordseite mit 10 bis 15 kt aus Nordost und drehte darüber auf Nordwest und West. Auf der Alpensüdseite wurden Windgeschwindigkeiten von 10 bis 15 kt nur oberhalb von ca. 3500 m/M gemes- sen.

23 tagesaktuell abrufbar unter: https://www.ecmwf.int/en/forecasts/charts/monitoring/dcover?facets=undefined&time=2018080412,0, 2018080412&obs=Temp&Flag=all

24 https://www.ecmwf.int/en/forecasts/charts/monitoring/dcover?facets=undefined&time=2018080412,0, 2018080412&obs=aircraft&Flag=all 25 https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/mess-und-prognosesysteme/atmosphaere/radiosondierung.html 26 Quelle: http://weather.uwyo.edu/upperair/bufrraob.shtml, mit Software RAOB einheitlich dargestellt 27 Quelle: http://weather.uwyo.edu/upperair/sounding.html, mit Software RAOB einheitlich dargestellt

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 28 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

Abbildung 18: Legende auf vorangehender Seite.

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 29 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

A1.7.12 COSMO-Analysen Wetterstationen, Ballonsondierungen und Messungen an Bodenstationen (vgl. Ka- pitel A1.7.11) charakterisieren jeweils nur ein beschränktes Gebiet. Um ausgehend von all diesen Messungen und regionalen Wetterradardaten die gesamte Atmos- phäre zu beschreiben, müssen diese kombiniert werden. Am Anfang jeder Wetter- prognose steht die Analyse des Ist-Zustandes. Alle für Wetterprognosen einge- setzten Rechenmodelle führen diesen als Assimilation bezeichneten Prozess vor dem Prognoselauf durch. Die daraus entstehenden Analysedaten bieten mehr als eine mathematische Interpolation zwischen den verschiedenen Messpunkten: Sie bilden Temperatur-, Feuchte-, Druck- und Windfelder, welche die physikalischen Randbedingungen erfüllen. Diese Felder sind deshalb in sich konsistent. Sie sind die bestmögliche Schätzung des Zustandes der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt unter Berücksichtigung sämtlicher verfügbarer Daten. Eine solche Mo- dellanalyse ist genauer als darauf basierende Prognosen. Mehr Details zu Model- len können Quellen von MeteoSchweiz28 und anderen Wetterdiensten entnommen werden. Die stündlichen Analysedaten des von MeteoSchweiz betriebenen Wettermodelles COSMO-1 standen für die Abschätzung des Windfeldes und anderer Parameter während des Unfallfluges sowie weiterer Flüge vom 3. und 4. August 2018 als Gitterpunktdaten29 zur Verfügung. Daraus liessen sich die wahrscheinlichsten Windverhältnisse entlang von beliebigen Flugrouten automatisiert heraussuchen (virtuelle Flüge durch das Modell) oder auf einer gewählten Höhe als Karte oder als Vertikalprofile an gewählten Orten darstellen. Auch die Höhenkorrekturen für die Radardaten (wahre Höhen aus Transponderhöhen, vgl. Anlage A1.19) basie- ren teilweise auf diesen Modellanalysen und auf den Druckmessungen im dichten Stationsnetz. Die Abbildung 19 zeigt als Beispiel das Windfeld (Horizontalwind so- wie Auf- und Abwindfelder) um 17 Uhr auf der ungefähren Flughöhe beim Einflug in den Talkessel südwestlich des Piz Segnas. Obwohl diese Modellanalyse mit hoher Wahrscheinlichkeit die zum Unfallzeitpunkt herrschende mittlere Strömung gut charakterisiert, müssen folgende Umstände beachtet werden: Jeder Gitterpunkt steht für einen Mittelwert in rund einem Qua- dratkilometer und über einen gewissen Zeitraum um die volle Stunde. Sowohl grundlegende Kenntnisse als auch die Messungen von 2019 (vgl. Kapitel A1.7.14) oder die kleinräumige Modellierung in Kapitel A1.7.15 zeigen, dass die tatsächlich zu einem bestimmten Zeitpunkt angetroffenen Windverhältnisse insbesondere in Bodennähe stark variieren können. Zumindest eine Variation von ± 50 % um die Mittelwerte ist immer zu erwarten. Ein Windvektor von 10 m/s (rund 20 kt) heisst somit, dass an diesem Ort der Wind mit etwa dieser Geschwindigkeit und Richtung über mehrere Minuten gemittelt wehte, aber die momentanen (sekündlichen) Windgeschwindigkeiten in einem Bereich von etwa 10 bis 30 kt schwanken konn- ten. Noch ausgeprägter gilt das für die Vertikalwindgeschwindigkeiten (Farben der Punkte in der Abbildung 19). Mit anderen Worten: Wenn die Modellanalyse im Mit- tel 2 m/s Abwind schätzt, so war dieses Sinken mit hoher Wahrscheinlichkeit über den entsprechenden Flugwegabschnitt gemittelt anzutreffen, aber die einzelnen Auf- und Abwinde konnten in einem weiten Bereich (vgl. Kapitel A1.7.14.2, Abbildung 28) variiert haben.

28 https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/mess-und-prognosesysteme/warn-und-prognosesysteme/cosmo-prognosesysteme.html 29 Wettermodelle rechnen auf einem Gitter mit unterschiedlicher räumlicher Auflösung. Die Abstände zwischen diesen Gitterpunkten in COSMO-1 betragen rund 1 km. In der Vertikalen folgt das Rechengitter der geglätteten Topografie. In Bodennähe haben die Gitterpunkte geringere vertikale Abstände (rund 10 m) als in der Höhe.

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Seite 30 von 52 Anlage A1.7 zum Schlussbericht HB-HOT

Abbildung 19: Dreidimensionaler Wind um 17 Uhr auf 2800 m/M aus der COSMO-1-Ana- lyse (in der Vertikalen aus dem geländefolgenden Gitter interpoliert). Die Punkte zeigen mit Farben codiert mittlere Vertikalgeschwindigkeiten in den Quadratkilometern (d. h. keine in- dividuellen Auf- oder Abwinde), während die Windpfeile die mittleren Windrichtungen und -geschwindigkeiten markieren (die längsten Pfeile im Gebiet zeigen 10.5 m/s, d. h. rund 20 kt). Der rekonstruierte Flugweg ist als schwarze Linie eingezeichnet (definitiver Verlauf siehe Hauptbericht). Quelle der Gitterpunktdaten der COSMO-1-Analyse: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, MeteoSchweiz; Quelle des Kartenhintergrundes: Bundes- amt für Landestopografie.

Die Schlussfolgerungen aus diesen Informationen werden im Kapitel A1.7.16 und im Hauptbericht diskutiert.

A1.7.13 Regionales Druckfeld Dieses Kapitel fasst einige Grundlagen zu regionalen Windsystemen zusammen und wendet sie auf die Region um den Segnespass an.

A1.7.13.1 Grundlagen Jeder Wind wird durch horizontale Druckunterschiede (=Druckgradienten) erzeugt. Weil mit dem Wind enorme Massen in Bewegung sind (ein Kubikkilometer Luft hat

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eine Masse von rund einer Million Tonnen) wirken sich die Druckgradienten nicht sofort auf die Strömung aus, sondern benötigen eine gewisse Zeit (auf dieser Skala von 10 bis 100 km typischerweise eine halbe Stunde bis eine Stunde zum neuen Gleichgewicht). Zweitens wird die Luft nicht nur auf der Höhe des Antriebs beschleunigt oder gebremst, sondern die Windgeschwindigkeit wird durch Turbulenz auch auf benachbarte Schichten übertragen. Die bodennahen Schichten werden durch die raue Oberfläche und durch Hindernisse abgebremst, während Turbulenzelemente aus höheren Schichten die darunterliegenden Schichten beschleunigen können. Tagsüber im Sommer ist diese Kopplung der Schichten (interne Reibung) durch den vertikalen Luftaustausch (Thermik) maximal. Dieser vertikale Austausch und damit das genaue Windprofil ist auch für hoch aufgelöste Modelle wie COSMO-1 (vgl. Kapitel A1.7.12) und sogar PALM (vgl. Kapitel A1.7.15) eine grosse Herausforderung, d. h. insbesondere das bodennahe Windprofil kann im Modell und in Realität massiv voneinander abweichen. Oberhalb von 50 bis 100 m über Grund nimmt die Übereinstimmung im Allgemeinen zu. Druckgradienten können durch verschiedene grossräumige (100 km und mehr) Prozesse generiert werden. Sie sind aus Wetterkarten mit Hoch- und Tiefdruckge- bieten herauszulesen. Unterhalb dieser Skala werden an sonnigen Tagen regio- nale Druckgradienten durch die unterschiedliche Erwärmung z. B. von verschiede- nen Talschaften generiert. Auch unterschiedliche Bewölkung oder Oberflächenei- genschaften bewirken Druckgradienten auf Skalen von 10 bis 100 km, die auf Wet- terkarten wie in Abbildung 16 nicht sichtbar sind. Diese führen zu thermischen Windsystemen, wie wir sie als Berg- und Talwinde oder an Küsten kennen. Das grösste Tal in der Schweiz ist das Mittelland zwischen Jura und Alpen. Die Luft über dem Mittelland wird im Tagesverlauf weniger stark erwärmt als die Luft über den Alpen. Der Grund liegt in der einfachen Tatsache, dass die Berge das Luftvolumen ersetzen (am stärksten über den Talsohlen), d. h. pro horizontale Flä- che auf einer bestimmten Höhe muss weniger Luft als über dem Mittelland aufge- heizt werden30. Die Berge selbst absorbieren vergleichsweise wenig der einge- strahlten Sonnenenergie. Schattenhänge und Sonnenhänge mitteln sich aus, d. h. die Sonnenhänge sind kein Argument für die stärkere Erwärmung. Weitere Effekte wie die geringere Feuchte in der Höhe tragen zu dieser ungleichen Aufheizung bei. Ähnliche Differenzen können sich zwischen verschiedenen Talschaften ergeben. Der Luftdruck am Boden und auf jeder Höhe darüber resultiert aus dem Gewicht der darüberliegenden Luftmasse. Wird eine Luftmasse nur erwärmt, so bleiben de- ren Masse und deshalb auch der Druck am Boden gleich. Aber es passiert Fol- gendes: Die erwärmte Luftmasse füllt ein grösseres Volumen (rund 0.3 % pro °C), d. h. sie muss sich entweder seitlich oder in die Höhe ausdehnen. Die seitliche Ausdehnung in Tälern ist limitiert, was zur Folge hat, dass die darüberliegenden Luftmassen gehoben werden. Damit entsteht in der Höhe ein Überdruck gegen- über der weniger erwärmten Luftsäule über dem Alpenvorland (es wird nun Luft- masse über die Alpengipfel gehoben, wo folglich der Druck steigt). Dadurch fliesst die Luft in diesem Höhenbereich langsam und kaum messbar aus den Alpen über das Vorland. Inneralpin sinkt damit der Druck in den Tälern, weil die Luftmasse über diesen abnimmt. Auch wenn die Ausdehnung seitlich erfolgt, fliesst Luft aus der erwärmten Region ab, wonach der Druck fällt. Der Druckausgleich erfolgt schliesslich durch die Täler, was die bekannten Talwinde, wie z. B. im Churer Rheintal oder im Wallis, antreibt, oder kann auch via Pässe wie den Segnespass erfolgen, falls die Druckgradienten bis in diesen Höhenbereich wirken.

30 https://www.dwd.de/DE/leistungen/pbfb_verlag_promet/l_promethefte/98p.html

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Daraus wird ersichtlich, dass Talwinde keine kleinräumig erzeugten Strömungen sind und nicht durch die lokale Thermik an Sonnenhängen erzeugt werden. Viel- mehr werden Talwinde im Tagesverlauf aufgrund von inneralpinen Druckgradien- ten über regionale Distanzen von 10 bis 100 km auf- und abgebaut. Der Ausgleich dieser Druckgradienten erfolgt entlang von Tälern und über Pässe. Wie im Engadin oder im Oberwallis führt dieser Mechanismus auch zu Talwinden, die nicht der Regel folgen, dass sie von den tieferen Lagen Richtung Gebirge wehen. Im Zu- sammenhang mit dem Windregime am Segnespass ist jedoch einzig wichtig, dass der Druckausgleich nicht nur via Täler erfolgt (Talwind von Chur bis Disentis), son- dern auch abgekürzt über Pässe und Kreten erfolgen kann. Diese Effekte sind nicht auf heisse Tage beschränkt, sondern laufen in jeder Sai- son ab, denn die unterschiedliche Erwärmung findet immer statt. Je höher hinauf die Erwärmung allerdings reicht, umso höher reicht deren Wirkung auf das Druck- feld. Statt seichter Talwinde im Winter kann an heissen Sommertagen deshalb auch über den Gebirgskreten eine Ausgleichströmung angetrieben werden.

A1.7.13.2 Anwendung auf die Region um den Segnespass Dank dem dichten Messnetz im Alpenraum (vgl. Kapitel A1.7.11.2) kann man diese tagesperiodischen Druckgradienten auch sehen. Weil der Druck sich jedoch in der Vertikalen viel stärker ändert als in der Horizontalen (1 hPa über rund 10 m vertikal gegenüber typischerweise 10 bis 100 km horizontal), ist es nicht möglich, Druck- messungen von Stationen auf verschiedenen Höhen direkt zu vergleichen. Für die Analyse von grossräumigen Druckgradienten für Wetterkarten wird dafür der auf Meereshöhe reduzierte Druck verwendet. Für die regionale Analyse von Druckgra- dienten im Gebirge ist diese Methode jedoch nicht optimal (egal ob QNH31 oder QFF32), weil man sich damit bei der Druckreduktion von höher gelegenen Statio- nen Fehler einhandeln kann, die ähnlich gross wie die horizontalen Druckunter- schiede sind, die man analysieren will. Der Umweg via Umrechnung auf Meereshöhe ist jedoch unnötig, denn wenn man zwei oder mehrere Stationen auf ähnlichen Höhen vergleichen will, kann man auf eine mittlere Höhe oder die Höhe einer der Stationen umrechnen. Sogar die Sub- traktion des über die Saison gemittelten Drucks für jede Station ergibt ein genau- eres Bild als Differenzen im QNH oder QFF. Dieser Punkt wird in der Beurteilung (vgl. Kapitel A1.7.16.3) mit Empfehlungen für die Praxis nochmals aufgegriffen. An dieser Stelle dient er dazu, die nachfolgenden Messresultate zu verstehen. Vor dem Hintergrund der zusammengefassten Grundlagen wurden Messstationen ausgewählt, die es ermöglichen, den Druckunterschied zwischen dem Glarnerland und dem Vorderrheintal zu quantifizieren. Dies nicht nur für die Zeit oder den Tag des Unfalls, sondern für weitere ähnliche Tage. «Ähnlich» heisst, wie oben er- wähnt, nicht unbedingt gleich warm, aber doch auch im Sommer an «Schönwet- tertagen», wie das vom 2. bis 5. August 2018 der Fall war.

31 QNH: Auf Meereshöhe reduzierter (extrapolierter) Druck gemäss Standardatmosphäre (1.7.2). 32 QFF: Auf Meereshöhe reduzierter Druck unter Berücksichtigung der aktuellen Temperatur an der Messstelle.

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SAE

GLA ELM CHU

CMA

Abbildung 20: Die in dieser Betrachtung verwendeten Messstationen: Bergstationen SAE (Säntis) und Crap Masegn (CMA) sowie die Talstationen Glarus (GLA), Elm (ELM) und Chur (CHU). Quelle und weitere Informationen zum Stationsnetz: MeteoSchweiz33.

Abbildung 21: Druckdifferenzen zwischen verschiedenen Tal- und Bergstationen im Ta- gesverlauf der vier Tage um den Unfalltag (Orte siehe Karte in Abbildung 20). Positive Werte zeigen Überdruck aus Norden, d. h. vom Mittelland Richtung Alpen. Der Druck vom Säntis (SAE) wurde auf die Barometerhöhe von Crap Masegn (CMA) reduziert und dieje- nigen von Elm (ELM), Glarus (GLA) und Chur (CHU) auf die Barometerhöhe von Disentis (DIS). Die Druckdifferenz SAE–CMA zeigt somit die Druckdifferenz in der Höhe. ELM–DIS und GLA–CHU zeigen die Druckdifferenzen zwischen den Talböden. Die rote Linie zeigt die Summe der Druckdifferenzen in der Höhe plus diejenigen zwischen Elm und Disentis. Diskussion siehe Text.

33 https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/mess-und-prognosesysteme/bodenstationen/automatisches-messnetz.html

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Abbildung 22: Druckdifferenzen zwischen denselben Tal- und Bergstationen wie in Abbildung 21, jedoch für vier ähnliche Tage im Juli 2019, wofür zusätzlich die gemessene Windkomponente, mit welcher der Segnespass überströmt wurde, dargestellt werden kann. Diskussion siehe Text.

Abbildung 23: Druckdifferenzen zwischen denselben Tal- und Bergstationen wie in Abbildung 21, jedoch für fünf ähnliche Tage im August 2019, wofür zusätzlich die gemessene Windkomponente, mit welcher der Segnespass überströmt wurde, dargestellt werden kann. Diskussion siehe Text.

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Dieselben Messreihen in Abbildung 22 und Abbildung 23 zeigen für ausgewählte Tage im Sommer 2019 ein sehr ähnliches Verhalten. Weil in dieser Zeit ergän- zende Messungen durchgeführt wurden (vgl. Kapitel A1.7.14), kann für diese Pe- rioden gleichzeitig auch der Wind über den Segnespass dargestellt werden. An allen diesen exemplarischen Sommertagen von Anfang August 2018 und ähn- lichen Tagen im Jahr 2019 kann ein regelmässiger Aufbau einer Druckdifferenz zwischen Elm und Disentis festgestellt werden. In der Höhe sind die Differenzen geringer, aber man sieht, dass auf der Strecke vom Säntis bis zur nördlichen Krete des Vorderrheintals (Crap Masegn) im Tagesverlauf ein Nord-Süd-Überdruck auf- gebaut wird. Auch weitere Stationspaare wurden untersucht, aber die hier präsen- tierten Stationspaare zeigen den in den Grundlagen beschriebenen Effekt am deutlichsten. Die Summe einer Druckdifferenz in der Höhe und einer Druckdiffe- renz im Tal bildet einen noch deutlicheren kombinierten Indikator für den Über- druck (rote Druckverläufe auf den Abbildung 21 bis 23). Eine Druckdifferenz von 1 hPa auf eine Strecke von weniger als 50 km (SAE– CMA) reicht durchaus, um eine Luftmasse zu beschleunigen und somit Wind zu erzeugen (reibungsfrei gerechnet rund 7 kt nach einer halben Stunde). Die noch deutlicheren Differenzen zwischen Elm und Disentis können natürlich nicht durch das Gebirge hindurch direkt den Wind über den Segnespass antreiben, sondern sie zeigen, wie auch die Druckdifferenz zwischen Glarus und Chur, den Überdruck vom Alpennordrand in die Alpentäler, der tagsüber die Talwinde antreibt. Der di- rekte Vergleich mit den Windmessungen von 2019 auf dem Segnespass (Abbildung 22 und 23) zeigt, dass ein Teil des Druckausgleichs via diesen Pass erfolgt. Dieser und andere Alpenpässe bilden Abkürzungen für den Druckausgleich (Wind), der ansonsten hauptsächlich und besser bekannt entlang der Täler erfolgt.

Abbildung 24: Korrelation der Windgeschwindigkeit am Pass mit der Summe der Druck- differenzen (rote Druckdifferenzen auf Abbildung 22 und 23) an den Nachmittagen zwi- schen 13 Uhr und 18 Uhr.

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Auch wenn die Abbildung 22 und 23 für fast alle Tage die maximalen Druckdif- ferenzen und die Windmaxima auf dem Pass deutlich zeigen, ist der Zusammen- hang nicht scharf, d. h. man kann nicht aufgrund der momentanen Druckdifferenz eine präzise Aussage zum gleichzeitigen Wind auf dem Pass machen. Die Abbildung 24 zeigt zwar einen offensichtlichen Zusammenhang, aber um eine Aussage zur Windrichtung und -stärke machen zu können, sind mindestens 1.5 hPa Druckdifferenz erforderlich (Summe der Differenz zwischen Elm und Disentis und zwischen Säntis und Crap Masegn). Diese ergab sich an den ausgewählten Tagen zwar fast täglich, doch die beobachteten Geschwindigkeiten variierten erheblich. Die Erklärung dafür besteht darin, dass das Windfeld, wie einleitend erläutert, nicht sofort reagiert und dass sich der grossräumige Höhenwind über dem Gebirge, der von diesen Messungen nicht erfasst worden ist, auch auf den Wind in tiefer gelegenen Luftschichten auswirkt. Der Wind am Pass ergibt sich somit als die Summe aus dem Höhenwind und dem zusätzlichen regionalen Antrieb (verstärkend oder abschwächend). Während der Messperiode 2019 herrschte jedoch an keinem Tag eine so deutliche Nordströmung in der Höhe wie am 4. August 2018, weshalb dieser vermutete Zusammenhang nicht direkt bestätigt werden konnte. Zusammenfassend kann man festhalten, dass sich am Nachmittag von sonnigen Tagen am Segnespass eine Nordwestströmung etabliert, die mit tagesperiodi- schen Druckdifferenzen zwischen dem Glarnerland und dem Vorderrheintal erklärt werden kann. Es liegt nahe, dass diese Ausgleichströmung verstärkt wird, wenn auch der Hö- henwind aus nördlicher Richtung weht, wie das am 4. August 2018 der Fall war. Zusätzlich kann kühlere Luft von der Nordseite die bodennahe leeseitige Strömung verstärken (vgl. Kapitel A1.7.7). Im Wettermodell COSMO-1, wie es in Kapitel A1.7.12 vorgestellt wurde, sind die hier diskutierten Effekte prinzipiell integriert, d. h. in den physikalischen Prozessen im Modell enthalten. Die in Kapitel A1.7.13 vorgestellten konzeptionellen Grundlagen und in dieser Hinsicht ausgewerteten Messungen ermöglichten jedoch eine vom Modell unabhängige evidenzbasierte Erklärung. Die Diskussion zur Relevanz für die Analyse des Unfalls folgt in Kapitel A1.7.16.3.

A1.7.14 Meteorologische Messungen auf und unterhalb des Segnespasses Die genauen Windverhältnisse entlang des Flugwegs während den letzten Minu- ten des Unfallfluges der HB-HOT können weder durch Modelle noch durch Mes- sungen exakt rekonstruiert werden. Um jedoch die typischen Wind- und Turbu- lenzverhältnisse im Nahbereich der Unfallstelle kennenzulernen, wurden entspre- chende Messungen im Sommer 2019 durchgeführt (17. Juli bis 14. September 2019). Damit konnten das Windfeld und die Turbulenz an ähnlichen Tagen beob- achtet und dokumentiert werden.

A1.7.14.1 Windmessungen auf dem Segnespass Auf dem Segnespass, oberhalb der Mountain-Lodge, wurde eine klassische Wet- terstation für die Messung der Windgeschwindigkeit, der Windrichtung, der Tem- peratur und der Feuchte auf einem 6 m hohen Mast auf 2650 m/M betrieben. Damit konnten die Häufigkeit der Überströmung aus Norden und typische Windgeschwin- digkeiten im Sommer 2019 dokumentiert werden. Ein Teil dieser Daten wurden in Kapitel A1.7.13 bereits im Zusammenhang mit dem Druckausgleich über Alpen- pässe diskutiert.

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Abbildung 25: Positionen der Messstation auf dem Segnespass und beim Lidar34 auf ei- nem kleinen Hügel nahe der Unfallstelle (oranger Pfeil). Die hellblauen Linien skizzieren den Kegel, in dem das Lidar den Wind abtastet (vgl. Kapitel A1.7.14.2). Quelle der Karte: Bundesamt für Landestopografie.

Auf den folgenden zwei Seiten wird der Verlauf der Windstärke und -richtung sowie der Temperatur und der Feuchte über den Beobachtungszeitraum dargestellt.

34 Lidar: Light detection and ranging

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Abbildung 26: Messungen während sieben Wochen auf dem Segnespass (zwei weitere Wochen finden sich auf der nächsten Seite). Die vertikalen gestrichelten Linien markieren die Mittagszeit (12 Uhr MESZ). Die schwarzen Kurven zeigen die Windgeschwindigkeiten (Minutenmittel) mit der ersten Skala rechts (10 m/s entsprechen ca. 20 kt). Die blauen Punkte zeigen die Windrichtung auf der Skala links. Die rote Linie zeigt den Temperatur- verlauf (erste Skala rechts). Die graue Linie zeigt die relative Feuchte (zweite Skala rechts). Liegt sie um oder sogar über 100 %, so lag der Pass in Wolken.

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Abbildung 26, Fortsetzung: Legende siehe vorangehende Seite.

Die Messreihe zeigt, dass eine Überströmung des Passes aus Nordwesten an den Nachmittagen der Normalfall war. Die dabei erreichten Geschwindigkeiten in Bo- dennähe lagen meist zwischen 5 und 10 m/s (10 bis 20 kt). Der Sommer 2019 war feuchter als der Sommer 2018, und eine deutliche Anströ- mung aus Norden im Höhenwind (hier nicht dargestellt) fehlte weitgehend. Trotz- dem konnten 13 Tage identifiziert werden, wo sowohl am Pass als auch am Lidar- Standort (vgl. Kapitel A1.7.14.2) Verhältnisse herrschten, die mit denen am 4. Au- gust 2018 vergleichbar waren. Der 25. August 2019 führt dabei die Rangliste an, wobei auch da ein deutlicher Höhenwind als zusätzlicher Antrieb fehlte.

A1.7.14.2 Wind-Lidar unterhalb des Passes Windmessungen ausschliesslich auf dem Pass würden noch keine genauen Rück- schlüsse zur Turbulenz über dem Talkessel bei der Unfallstelle erlauben. Ein Wind-Lidar ermöglichte jedoch die Messung des dreidimensionalen Windfeldes (Horizontalwind und Vertikalwind) bis knapp unterhalb der Flughöhe. Das hier eingesetzte Wind-Lidar-System35 ist für kleinräumige Windmessungen konzipiert (10 bis 200 m über dem Aufstellungsort) und ermöglicht damit Messun- gen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung (ein Windvektor pro Sekunde pro Höhenstufe). Trotz hoher Genauigkeit der Einzelmessungen (50 Radialgeschwindigkeiten pro Höhenstufe und Sekunde, mit einer Genauigkeit von 0.2 m/s) führen verschiedene geometrische und optische Effekte zu unterschiedlicher Zuverlässigkeit der ermit- telten Windvektoren. Deshalb erfolgte die Aufstellung so, dass die Vertikalwind- komponenten (Auf- und Abwinde direkt über dem Lidar) am zuverlässigsten ge- messen wurden. Die Neigung des Kegels, der vom Lidar überstrichen wurde, ist auf der Abbildung 25 hellblau eingezeichnet. Zudem wurde die Software für die Datenaufbereitung für die Fragestellung optimiert. Am Lidar-Standort wurde auch ein kleiner Mast (2 m Höhe) mit Wind- und Tempe- raturmessung betrieben. Die Zeitreihe dieses Windverlaufs ist hier gleich wie die Stationsmessungen am Segnespass dargestellt (ohne Feuchtemessung):

35 https://www.zxlidars.com/wind-lidars/zx-300/

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Abbildung 27: Messungen während sieben Wochen am Lidar-Standort (zwei weitere Wo- chen finden sich auf der nächsten Seite). Die vertikalen gestrichelten Linien markieren die Mittagszeit (12 Uhr MESZ). Die schwarzen Kurven zeigen die Windgeschwindigkeiten (10 m/s entsprechen ca. 20 kt). Die blauen Punkte zeigen die Windrichtung auf der Skala links. Die rote Linie zeigt den Temperaturverlauf (erste Skala rechts).

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Abbildung 27, Fortsetzung: Legende siehe vorangehende Seite.

Damit konnte festgestellt werden, dass die nachmittäglichen Windmaxima aus Richtung Piz Segnas oder Atlas häufig sind. Bei mehreren Aufenthalten vor Ort konnte der Übergang von leichtem Hangaufwind um die Mittagszeit zu stärkerem Wind aus dem Nordostsektor beobachtet werden. Wie sich bereits aufgrund der Messungen auf dem Pass zeigte, kann der 25. August 2019 am besten mit dem Unfalltag verglichen werden. Der Horizontalwind über dem Standort wurde zwar ebenfalls durchgehend auf sie- ben Höhen gemessen, aber aufgrund der sehr komplexen Strömung mit Rich- tungsumkehr mit der Höhe (Rotorströmung) ist das aufgrund der technischen Ei- genheiten dieses Lidars unzuverlässig, weshalb der Fokus für die hier dargestell- ten Lidar-Daten auf den zuverlässigen und auch relevanteren Vertikalwindmes- sungen liegt. Die Abbildung 28 zeigt den zeitlichen Verlauf des Vertikalwindes am 25. August 2019 im Bereich leicht unterhalb des rekonstruierten Flugweges. Weitere zwölf ähnliche Tage wurden detailliert ausgewertet, um Aussagen zur Häufigkeit von starken Auf- und Abwinden machen zu können. Auch im Vertikalwind sieht man den typischen zeitlichen Verlauf: Kurz nach Mittag, nach einer Phase mit mässiger, durch Thermik verursachter Turbulenz (positive Vertikalwinde) mit 1 bis 3 m/s, setzt ein Fallwind aus Nordosten ein (Windrichtung um 60°, siehe Abbildung 27 für den 25. August 2019), in dem die Abwindböen dominieren, aber auch starke Aufwinde in der turbulenten Strömung auftreten. An diesem mit dem Unfalltag vergleichbaren 25. August 2019 wurden auf 200 m Höhe über dem Lidar (und auch auf anderen Höhen) Werte zwischen rund – 6 m/s und + 4 m/s gemessen. Aufgrund der Mechanismen, die zu dieser Turbulenz führen (Thermik und mecha- nische Turbulenz im Lee der Bergkreten) darf angenommen werden, dass die Tur- bulenz auf Flughöhe (50 bis 100 m höher) sehr ähnlich war. Ohnehin dürfen die Messungen von 2019 nicht im Detail auf den Unfalltag übertragen werden. Die Messungen dokumentieren typische Verhältnisse in einem statistischen Sinn. Primär interessiert im Zusammenhang mit dem Unfall die Wahrscheinlichkeit, mit der im Talkessel Wechsel zwischen Auf- und Abwinden vorkommen (horizontale Scherungen des Vertikalwindes).

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Abbildung 28: Verlauf der Vertikalwindgeschwindigkeiten (positiv Aufwinde, negativ Ab- winde) am Nachmittag des 25. August 2019 auf zwei Höhen über dem Talkessel. Die 10 bzw. 200 m über dem Lidar entsprechen rund 2470 bzw. 2660 m/M (8100 bzw. 8700 ft AMSL, d. h. 50 bis 100 m unter den Flugweg reichend). Zwischen diesen beiden Höhen wurden fünf weitere vermessen. Diskussion siehe Text.

Abbildung 29: Histogramme der Vertikalwindverteilung am Nachmittag des 25. August 2019 (12–18 Uhr) im Höhenbereich von 10 bis 75 m über dem Lidar (links) sowie 100 bis 200 m über dem Lidar (rechts). Die Zahlen oben rechts zeigen die Anzahl Messungen. Die vertikale Achse und die Zahlen über den Balken zeigen relative Häufigkeiten, d. h. am häu- figsten – mit 16.8 % Anteil – kamen oberhalb von 100 m Abwinde mit – 2 bis – 3 m/s vor.

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Diese Auswertungen wurden für alle 13 untersuchten Tage dargestellt. Zwei Bei- spiele finden sich in Abbildung 29. Die Balken zeigen die Häufigkeit der verschie- denen Auf- und Abwindklassen. Auf den Höhen unterhalb von 100 m über dem Lidar dominierten mit 27 % die schwachen Abwinde bis – 1 m/s. Die markanteren Auf- und Abwinde ausserhalb ± 3 m/s waren oberhalb 100 m häufiger, was plausi- bel und auch ein Hinweis darauf ist, dass diese Häufigkeit 50 bis 100 m höher, d. h. auf der Flughöhe, ähnlich zu erwarten ist. Auf dieser Höhe waren somit Ab- winde zwischen – 4 und – 5 m/s mit 8.5 % Häufigkeit anzutreffen und sogar Ab- winde zwischen – 5 und – 6 m/s in 3.5 % der Beobachtungszeit. Aufwinde stärker als 3 m/s traten hingegen nur in 3.7 % der Zeit auf (Summe der Häufigkeiten > 3 m/s). Im Zusammenhang mit dem Unfall interessieren jedoch weniger die Häufigkeiten der Auf- und Abwinde als vielmehr die Schnelligkeit der Wechsel (horizontale Scherungen des Vertikalwindes). Zu diesem Zweck wurden alle zuverlässigen Ver- tikalwindmessungen daraufhin untersucht, wie häufig innerhalb von drei oder fünf Sekunden schnelle Wechsel des Vertikalwindes auf dem Flugweg angetroffen wer- den konnten, wenn im dokumentierten Windfeld vom 25. August 2019 ein Flug- zeug mit 50 m/s wahrer Fluggeschwindigkeit hindurchgeflogen wäre. Diese Aus- wertung zeigt eine Wahrscheinlichkeit einer Vertikalwindänderung von mindestens 5 m/s (positiv oder negativ) innerhalb von drei Sekunden von 1.0 % bzw. von 1.8 % innerhalb von fünf Sekunden. Die Bedeutung dieser Zahl wird im Kapitel A1.7.16.2 diskutiert.

A1.7.14.3 Die zusätzlichen Messungen im Vergleich mit den operationellen Messungen Für die ausgewählten Sommertage 2019 können diese Messungen in der Region des Unfalls mit den Messungen der operationellen Messstation Crap Masegn (vgl. Kapitel A1.7.11.2) verglichen werden, die auch für den Unfalltag zur Verfügung standen. Ebenfalls für den Unfalltag und die Messperiode 2019 verfügbar waren Wind, Temperatur- und Niederschlagsmessungen der Flims Electric AG auf 2100 m/M bei der Segneshütte, rund 4 km südlich der Unfallstelle, am südlichen Ende des Segnesbodens (Segnas Sut). Aus Abbildung 31 ist ersichtlich, dass der Fallwind vom Segnesboden her am Nachmittag des Unfalltages zunahm. Er war zudem stärker als am Vortag. Vor der Windzunahme ist an allen drei Tagen die schwachwindige Phase sichtbar, vor der noch durch Thermik verursachte Hangaufwinde dominieren, bevor der in Kapi- tel A1.7.14.1 und A1.7.14.2 beschriebene Fallwind aus Richtung Piz Segnas und Atlas einsetzt. In der Nacht vom 3. auf den 4. August wurde ein heftiger Schauer aufgezeichnet und auch um die Mittagszeit fiel schwacher Regen, wie das eben- falls aus den Radarbildern in Kapitel A1.7.10 hervorgeht: Der schwache Schauer um 12:50 Uhr reichte offenbar – obwohl auf dem Niederschlagsradar (vgl. Abbildung 11) nicht direkt sichtbar – bis zum Segnesboden, während der stärkere Niederschlag um 14:30 Uhr (vgl. Abbildung 12) die Messstation von Flims Electric nicht erreichte. Zusammengefasst bedeutet das, dass der Boden im Talkessel nicht mehr absolut trocken war, was die Kontraste in der thermischen Aktivität und die Bildung von Cumulusbewölkung förderte.

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Abbildung 30: Die vier in diesem Kapitel diskutierten Messstationen. Quelle der Basis- karte: Bundesamt für Landestopografie; Messstationen vgl. Kapitel A1.7.11.2)

Abbildung 31: Wind, Temperatur und Niederschlag rund 4 km südlich der Unfallstelle auf 2100 m/M (Unfallzeitpunkt schwarz gestrichelt). Rot die mittleren Windgeschwindigkeiten (Minutenmittel), violett die Windspitzen und rosa die geringsten Windgeschwindigkeiten in den Minutenintervallen. 5 m/s entsprechen ca. 10 kt. Die Windrichtung wurde nicht aufge- zeichnet, ist jedoch aufgrund der Aussagen der Betreiber nachmittags regelmässig – ins- besondere am Unfalltag – aus Richtung Piz Segnas. Die orange Kurve zeigt den Tempe- raturverlauf und die blauen Dreiecke einzelne Niederschlagsereignisse (Skala rechts).

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Abbildung 32: Wind an den beiden Stationen Crap Masegn (CMA) und Flims Electric (FE) am Unfalltag (Unfallzeitpunkt rot gestrichelt). Die blauen Linien und Punkte betreffen die Station CMA: ausgezogene Linie mittlerer Wind (10 Minuten), gestrichelt die Sekunden- böen und die Punkte die Windrichtung (Skala rechts). Schwarz die mittlere Windgeschwin- digkeit (Minutenmittel) bzw. die Böen bei FE. 8 m/s entsprechen ca. 16 kt. Sowohl der mitt- lere Wind als auch die Böen sind bei CMA rund doppelt so stark wie unterhalb des Seg- nesbodens.

Abbildung 33: Die mittleren Windgeschwindigkeiten aller hier vorgestellten Stationen (Abbildung 30) am Vergleichstag 25. August 2019 (8 m/s entsprechen ca. 16 kt). Aus Grün- den der Übersichtlichkeit sind nur die mittleren Windgeschwindigkeiten dargestellt, d. h. die Böen erreichten an beiden Tagen (4. August 2018 und 25. August 2019) rund 50 % höhere Geschwindigkeiten.

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Am mit dem Unfalltag vergleichbaren 25. August 2019 (vgl. Abbildung 33) wurde bei der Station Crap Masegn (CMA) zwischen 16 und 18 Uhr ebenfalls zunehmen- der Nordwind mit rund 15 kt gemessen. Die für diesen Zeitraum im Jahr 2019 ver- fügbaren eigenen Messungen am Segnespass und unterhalb der Unfallstelle fol- gen diesem Verlauf nahezu parallel. Diese gute Übereinstimmung ist ein starker Hinweis darauf, dass die Windgeschwindigkeiten am Segnespass und an der Un- fallstelle auch am 4. August 2018 gut anhand derjenigen auf Crap Masegn abge- schätzt werden können. Die Station am südlichen Ende des Segnesbodens zeigt maximal die halbe Wind- geschwindigkeit der Windgeschwindigkeit auf Crap Masegn, d. h. die Station am südlichen Ende des Segnesbodens ist nicht mehr im Bereich der stärksten Über- strömung und zeigt nach 17 Uhr eine Flaute. Diese unterste Station hätte eine zusätzliche Erkenntnis bringen können, falls die Übereinstimmung mit CMA weni- ger gut gewesen wäre und man die Windgeschwindigkeit auf dem Pass als die doppelte an der Station FE gemessene Geschwindigkeit hätte abschätzen können.

A1.7.15 Kleinräumige Strömungsmodellierung mit dem Modell PALM In Kapitel 1.7.12 wurde das für die täglichen Wetterprognosen verwendete Modell COSMO-1 von MeteoSchweiz vorgestellt. Die damit erreichte horizontale Git- terauflösung von rund 1 km ist für die Analyse und Vorhersage von Prozessen, die auf einer Skala grösser als einige Kilometer ablaufen, geeignet. Es reicht aus, um die generelle Überströmung des Gebirges abzubilden (Abbildung 19). Um jedoch die Strömung und die Turbulenz im Talkessel südwestlich des Piz Segnas zu si- mulieren, braucht es eine wesentlich höhere räumliche und zeitliche Auflösung. Das Modell PALM36 ist ein «Large Eddy Simulation»-Modell (LES), das im hier gewählten Modus eine Maschenweite von 10 m aufweist, d. h. insbesondere die Topografie sehr genau abbildet und Wirbel, die grösser als 50 m sind, explizit mo- delliert. Es handelt sich dabei sozusagen um ein CFD-Modell37, das die Besonder- heiten der atmosphärischen Grenzschicht und des Terrains berücksichtigt. Mit dem Ziel, die Strömungs- und Turbulenzverhältnisse zur Zeit des Unfalls detaillier- ter abschätzen zu können, wurde PALM am Zentrum für Aviatik der ZHAW38 an die Region um den Segnespass angepasst. Diese Anpassung umfasste nicht nur die Topografie, sondern auch die Bodenbeschaffenheit inklusive Rückstreuverhal- ten (Albedo) und Bodenfeuchte. Die Anströmung des Gebietes und die thermische Schichtung wurden aus dem COSMO-1-Gitter übernommen (nesting). PALM nutzte im Anschluss an COSMO drei verschiedene Gitter mit 160, 40 und 10 m horizontaler Gitterauflösung. Im Fol- genden wird nur das Kerngebiet (child domain) um den Talkessel südwestlich des Piz Segnas gezeigt (vgl. Abbildung 34). Um die Sensitivität der Ergebnisse auf kleine Änderungen der Anströmung und der thermischen Schichtung zu sehen, wurden zu Beginn der Studie sowohl drei An- strömungsrichtungen als auch zwei Stabilitätsklassen variiert, womit gezeigt wer- den konnte, dass das Ergebnis robust ist und die gegenüber COSMO unveränder- ten Randbedingungen – insbesondere einer neutralen thermischen Schichtung – die Beobachtungen (vgl. Kapitel A1.7.7) am besten reproduzieren.

36 PALM: The Parallelized Large-eddy Simulation Model https://palm.muk.uni-hannover.de/trac 37 CFD: Computational Fluid Dynamics, angewendet in der Aerodynamik und anderen Ingenieurwissenschaften. 38 https://www.zhaw.ch/de/engineering/institute-zentren/zav/

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Abbildung 34: Das mit PALM simulierte Kerngebiet (child domain) ausgezogen rot um- randet (Quadrat mit 3.2 km Kantenlänge). Das gestrichelte innere Quadrat zeigt den 2-km- Ausschnitt, der in der Abbildung 35 gezeigt wird, die hier zur Orientierungshilfe transparent überlagert ist. Die blau gestrichelte horizontale Linie zeigt die Lage der West-Ost-Quer- schnitte der Abbildung 36. Quelle der Hintergrundkarte: Bundesamt für Landestopografie.

Abbildung 35: Das mit PALM simulierte Horizontalwindfeld (links) und die zugehörige Ver- tikalwindverteilung auf 2700 m/M. Die Pfeile zeigen auf beiden Grafiken den Horizontal- wind, während die Farbskalen die Werte des Horizontal- bzw. Vertikalwindes zeigen. Bei allen Angaben handelt es sich um halbstündliche Mittelwerte zwischen 16:30 und 17 Uhr. Diskussion siehe Text.

Die wichtigsten Ergebnisse dieser Standardvariante werden hier zusammenge- fasst dargestellt und diskutiert. Diese Grafiken enthalten bewusst keine Flugwege auf Karten oder Durchstosspunkte in Querschnitten, weil nicht suggeriert werden soll, dass die Verhältnisse am 4. August 2018 beim Einflug der HB-HOT in den Talkessel südwestlich des Piz Segnas genauso waren wie das Modell als eine plausible Möglichkeit repräsentiert. Es soll hier lediglich die grundlegende Struktur

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des Windfeldes mit der Verteilung der mittleren Strömung und der Turbulenz ge- zeigt werden. Wo genau sich diese Strömungen inklusive Auf- und Abwinden zur Zeit des Durchfluges befanden, kann nicht ausgesagt werden. Alle diese Karten und Querschnitte zeigen Mittelwerte über 30 Minuten und damit Gebiete mit ten- denziell stärkerem oder schwächerem Horizontalwind im Talkessel und auch die wahrscheinlichsten Orte mit Auf- und Abwinden. Aus den obigen und den noch folgenden Grafiken kann festgestellt werden, dass sich im Lee der Tschingelhörner ein Rotor mit starken Fallwinden ausbilden konnte, wohingegen im nördlichen Teil des Talkessels Aufwinde dominierten. Der Horizontalwind zeigt in der Mitte des Talkessels erhöhte Werte bis etwa 8 m/s (16 kt) sowie lokale Maxima über dem Pass sowie südlich des Atlas. Sehr deutlich zeigt sich eine windschwache Zone gegen den Piz Segnas hin. Auch wenn man wie oben erwähnt von einer direkten Projektion des Flugweges auf das modellierte Windfeld absieht, ist die Möglichkeit eines Fluges im Gegenwind mit Abwindzonen gegen eine Zone mit deutlich abnehmendem Gegenwind und Aufwinden erkenn- bar.

Abbildung 36: West-Ost-Vertikalschnitte südlich der Unfallstelle entlang der blau gestri- chelten Linie in Abbildung 34. Die Windpfeile zeigen auf beiden Querschnitten die Strö- mung (30-Minuten-Mittelwerte) in der West-Ost-Ebene und damit einen Rotor im Lee der Tschingelhörner. Die Farbskala in der oberen Grafik zeigt die West-Ost-Komponente des Windes (Westwind mit maximal 7 m/s oder ca. 14 kt oberhalb der Krete), während auf der unteren Grafik die nach Süden gerichtete Windkomponente gezeigt wird. Der maximale Wert dieser Komponente beträgt – 8 m/s (ausserhalb der Farbskala) und zeigt somit rund 16 kt aus Norden. Kombiniert ergibt das rund 21 kt Anströmung aus Nordwesten auf Kre- tenhöhe, mit geringeren Geschwindigkeiten östlich der Talmitte und mit einer Umlenkung auf Nordost in Bodennähe.

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Der in Abbildung 36 erkennbare Nordostwind in Bodennähe zeigt für beide Kom- ponenten rund 5 m/s oder 10 kt, d. h. einen Gesamtbetrag von knapp 15 kt, was recht gut mit der an der Unfallstelle aus Videoaufnahmen39 ermittelten Windge- schwindigkeit von 17 kt aus 060 bis 070° übereinstimmt, wie sie auch aus den Beobachtungen von Augenzeugen (vgl. Kapitel A1.7.7) hervorgeht. Auch die von einem Augenzeugen auf dem Pass geschätzten 60 km/h waren durchaus möglich (das hier gezeigte Windfeld liegt 75 m über dem Pass) und liegt im Bereich der im Sommer 2019 gemessenen Maximalwerte. Für alle drei Vergleiche mit Beobach- tungen ist zu beachten, dass die hier gezeigten modellierten Winde halbstündliche Mittelwerte darstellen, während es sich bei den nach dem Unfall beobachteten und 2019 gemessenen Winden um momentane Windgeschwindigkeiten handelte. Zu- dem erreichte die grossräumige Anströmung aus Nordwesten die am 4. August 2018 herrschenden rund 20 kt nie.

Abbildung 37: Dreidimensionale Darstellungen von ausgewählten Stromlinien im Bereich des Anfluges und über der Unfallstelle (weisse Kugeln). Oben: Turbulente Strömung im Kern des Rotors im Lee der Tschingelhörner (Blickrichtung West). Unten: Schichtweiser Verlauf der eher laminaren Stromlinien, welche die Unfallstelle auf 10 m über Grund (schwarz), auf 100 m über Grund (rot) und wieder schwarz auf 200 m über Grund über- queren. Deutlich sichtbar sind der bodennahe Nordostwind und darüber die nordwestliche Hauptströmung. Wie oben erläutert, zeigen diese Bilder wahrscheinliche Strömungsmus- ter, die jedoch nicht direkt auf den Flugweg umgelagert werden dürfen.

39 aus der Analyse der Verlagerung der Staubwolke nach dem Aufprall

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Die Windfeldmodellierung mit PALM wurde zudem auf fünf geeignete Tage im Sommer 2019 angewandt, wofür die zusätzlichen Messungen am Segnespass und im Talkessel am und über dem Lidar-Standort zur Verfügung standen (vgl. A1.7.14). Auch diese Vergleiche zeigten bis auf eine Ausnahme eine gute Über- einstimmung und dienten der Verifikation des Modelles. Die Studie zeigt somit, dass im Talkessel südlich des Segnespasses Vertikalwind- verteilungen wie die im Sommer 2019 gemessenen nichts Aussergewöhnliches sind und deshalb auch zur Zeit des Unfalls angetroffen werden konnten.

A1.7.16 Beurteilung weiterer meteorologischer Aspekte A1.7.16.1 Vergleich der Wetterprognose mit den angetroffenen Verhältnissen Die Wetterprognosen (vgl. Kapitel A1.7.5), die vor dem Flug konsultiert werden konnten, zeigten keine aussergewöhnlichen oder besonders schwierigen Wetter- verhältnisse. Das auf dem Flug angetroffene Wetter stimmte weitgehend mit den Prognosen überein. Demnach galt es, die mögliche Entwicklung von Schauern oder Gewittern zu be- achten, aber aufgrund der Wetterlage und der Erfahrung der Besatzung dürfte klar gewesen sein, dass derartige Gebiete situativ umflogen werden könnten. Es be- stand keine Gefahr, dass keine Route sicher von Locarno nach Dübendorf führte. Auch die Route via Chur, die bei stärkerer Bewölkung über dem Alpenkamm je- derzeit sicher befliegbar gewesen wäre, stand offen. Es bestand deshalb kein Zwang, den Flug über den Segnespass fortzusetzen. Auch eine Umkehr nach Lo- carno oder Lugano wäre wettermässig jederzeit möglich gewesen. Die Schauer- und Gewittertendenz war deutlicher als am Vortag, was sicher auch optisch anhand des Wolkenbildes wahrgenommen wurde.

A1.7.16.2 Turbulenz während der letzten Flugphase Der Segnespass und der Talkessel südlich davon werden an sonnigen Nachmit- tagen meist aus Nordwesten überströmt (vgl. Kapitel A1.7.13; A1.7.14.1). Auch von anderen Alpenpässen sind erhöhte Windgeschwindigkeiten an Nachmittagen bekannt. Noch besser bekannt ist, dass im Lee von Gebirgskreten immer Turbulenz erwartet werden muss. Zusammen mit der zu dieser Tageszeit noch aktiven Thermik sind auch aufgrund von Erfahrungen (ohne spezielle Hinweise in Prognosen) Auf- und Abwinde im Bereich von ±3 m/s zu erwarten. Die Messungen (vgl. Kapi- tel A1.7.14.2) zeigen, dass im Talkessel südlich des Segnespasses auch Werte im Bereich von ±4 m/s nicht aussergewöhnlich und extreme Abwindböen bis –6 m/s durchaus möglich sind. Das Risiko, in diesem Bereich in eine schnelle Abfolge von einem Abwindfeld in einen Aufwind zu geraten, was eine gefährliche Kombination ist, kann nicht ausgeschlossen werden (vgl. Kapitel A1.7.14.2). Die am 25. August 2019 festgestellten ein bis zwei Prozent Risiko, beim Durchflug innert drei bzw. fünf Sekunden eine Änderung der Vertikalgeschwindigkeit von 5 m/s oder mehr zu erfahren, bedeutet, dass man während 100 Stunden Flugzeit in ähnlicher Gelän- denähe und ähnlichen Windverhältnissen während rund einer bis zwei Stunden einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist. Diese statistische Betrachtung berücksich- tigt nicht, dass stationäre Scherungen (z. B. ein Rotor, der durchflogen wird), oder mehr Wind wie am 4. August 2018, das Risiko zusätzlich erhöhen. Die Windverhältnisse waren insofern etwas speziell, als – im Gegensatz zum Flug mit dem vierplätzigen Motorflugzeug von Dübendorf nach Locarno, wo das Gebiet wenige Stunden vor dem Unfallflug von derselben Besatzung überflogen wurde – der Nordwind eine zunehmende Tendenz hatte, wie das auch die Station Crap

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Masegn aufzeichnete (vgl. Abbildung 32). Dieser Wind auf Kretenhöhe hatte die Windgeschwindigkeit über den Pass und die Turbulenz im Talkessel wahrschein- lich verstärkt. Die Flugwetterübersicht (vgl. Kapitel A1.7.5.1) liess diese Entwicklung erkennen und es ist auch anzunehmen, dass die Besatzung diesen Nordwind als Querwind von links beim Flug entlang der Surselva wahrnahm.

A1.7.16.3 Prognostizierbarkeit von Wind an Alpenpässen Thermische Windsysteme wirken sich nicht nur an Hängen und Tälern aus, son- dern führen insbesondere im Sommer, wo die Erwärmung bis hoch hinaufreicht, zu Ausgleichströmungen über Alpenpässe (vgl. Kapitel A1.7.13). Diese regionalen Druckgradienten und daraus resultierende lokale Strömungen können zwar in spe- ziellen Prognoseunterlagen erkannt werden, gehören jedoch nicht zum Standard- repertoire eines Briefings. Allenfalls wird der publizierte Druckgradient Lugano– Kloten konsultiert, der jedoch für inneralpine Verhältnisse nicht sehr aussagekräf- tig ist und immer wieder für Überraschungen sorgt.

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