Ausg. Nr. 58 • 14. März 2008 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Niederösterreich hat gewählt Am 9. März 2008 waren 1,387.365 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher aufgerufen, den Landtag neu zu wählen.

Von Michael Mössmer.

Hatte Grund zur Freude: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll mit Gattin (links von ihm) erfährt soeben – im Kreise seiner Freunde und Mitarbeiter – die ersten Ergebnisse der ORF-Hochrechnung. Foto: NLK

as Ergebnis dieser Wahl wurde mit be- Kaum jemand hat daran gezweifelt, daß schwer attackieren, hatte doch selbst Bun- Dsonderem Interesse erwartet, als damit der amtierende Landeshauptmann Erwin deskanzler Alfred Gusenbauer kürzlich den Auswirkungen auf die Bundespolitik bzw. Pröll wiedergewählt werden würde. Auch guten Allgemeinzustand des Landes atte- auf die Bundesregierung im besonderen ver- wurde damit gerechnet, daß die SPÖ nicht stiert. Die Oppositionsparteien Grüne, FPÖ knüpft wurden: es würde, je nach Ergebnis, allzugroße Chancen auf Steigerung des bishe- und BZÖ (letztere sind, mit drei anderen ÖVP oder SPÖ zu einer bereits seit geraumer rigen Mandatsstandes haben würde: Spitzen- Parteien, erstmals in Teilen Niederösterreichs Zeit allseits erwarteten Neuwahl verleiten kandidatin Heidemarie Onodi konnte als LH- angetreten) waren mit ihrer Einschätzung der und damit die Zwistigkeiten in der Koali- Stellvertreterin im Wahlkampf die mit der Landespolitik naturgemäß nicht so zurückhal- tionsregierung beenden. ÖVP gemeinsam geleistete Arbeit nur tend. Lesen Sie weiter auf der Seite 3 ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 2 Die Seite 2

Aus dem Inhalt

Umfassende Mietrechtsreform im Herbst 6 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich Gedenkveranstaltung im historischen Sitzungssaal des Parlaments 7 Robert Hébras erhält Austrian 1938 – »Anschluß Österreichs« S 7 Ein Oscar für Österreich S 61 Holocaust Memorial Award 14 1938 - »Anschluß Österreichs« Vorgeschichte, Ereignis und Folgen 15 Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes 18 Das wirtschaftspolitische Arbeits- programm der EU 2008 20 »Vom Nebeneinander zum Mit- einander« EU/Slowenien 23 Eurobarometer 27

Wirtschaft: EU-Programm 2008 S 20 Ein Jahr Netzwerk Oskar Kokoschka in der Albertina S 70 »Oberösterreich International« 28 Österreich: Gutes Jahr 2007 30 Kredite in Österreich im Schnitt günstiger als im Euroraum 33 Siemens City Vienna 35 Porsche AG übernimmt Mehrheit an Volkswagen 37 MILA Alpin beim Automobilsalon 40 KTM präsentiert Serienversion 42 Die beliebtesten Tankstellenshops 44 1 Jahr »Oberösterreich International« S 28 Steinerne Zeugen in der Hermes Villa S 71 Host City Klagenfurt UEFA EURO 2008™ 45 30 Jahre U-Bahn in Wien 50 Wie Niederösterreich zu seiner ersten Pizzeria kam 56 Stephan Turnovszky neuer Weihbischof für Wien 60 Ein Oscar für Österreich 61 »Vergeßt mir die kleinen Leute nicht« Krainer-Preisträger 2008« 63 EURO 2008: Host City Klagenfurt S 45 Eugen Kedl ist gestorben 65 Ausstellungen auf Schloß Artstetten S 73 Altestes Zeugnis jüdischen Lebens Österreichs entdeckt 66 Zündkerze mit Laserlicht 67 Roboter in Grazer Uni-Bibliothek 68 Störenfriede Der Schrecken der Avantgarde 69 Oskar Kokoschka 70 Steinerne Zeugen 71 »Für Gott, Kaiser und Vaterland« 73 Ein Haus für Stefan Zweig 75 30 Jahre U-Bahn in Wien S 50 Opulente »La Traviata« 2008 76 Poysdorf: Sieben Tage in der Woche S 83 Die Passionsspiele Erl 77 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Serie »Österreicher in Hollywood« Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- Diesmal: Senta Berger 79 ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Was heißt hier Salzkammergut? Die torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- Region. – Teil 1 81 chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos Weinstadt Poysdorf: S. 1 und 2: NLK; DÖW; Bilderbox.biz; Archiv Stadt Sieben Tage in der Woche 83 Klagenfurt; Österreich Journal; Bundeskanzleramt/ Andreas Wenzel; Albertina; Wien Museum; Touris- Nationalpark Thayatal: Naturschutz musbüro Poysdorf; Nationalpark Thayatal/B. Krobath statt eines Eisernen Vorhangs 87 Nationalpark Thayatal S 87

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Alles in allem steht aber fest, daß der geplanterweise kurze Wahlkampf bis auf we- nige „Aufreger“ sehr geordnet ablief. Kurz nach 17 Uhr am Abend des Wahl- tages veröffentlichte der ORF die erste Hochrechnung, die bereits überdeutlich das vorläufige Endergebnis vorwegnahm: Der amtierende Landeshauptmann Erwin Pröll konnte seine Mehrheit mit einem Zugewinn von 1% auf 54,29% (2003: 53,29%) ausbau- en, die SPÖ muß mit einem Verlust von 7,91% eine schwere Schlappe hinnehmen und steht nun bei 25,64% (2003: 33,55%). Überraschend der Zuwachs bei der FPÖ: sie konnte 6,5% zulegen und liegt nun, mit 10,54 % (2003: 4,49) am dritten Platz vor den Grünen. Diese verloren 0,41% und hal- ten nun bei 6,81% (2003: 7,22). Dem BZÖ bleibt mit 0,72% der Einzug in den NÖ Landtag ebenso verwehrt, wie den anderen wahlwerbenden Parteien KPÖ (0,86), Die Christen NÖ (0,84%), Tierrechtspartei (0,09%) und „Die Liste für unser Nieder- Quelle: SORA österreich“ (0,22%). Mandatsverteilung Stimmen aus dem Land

ÖVP Landeshauptmann Erwin Pröll erklärte in einer ersten Reaktion, er glaube, „daß dieses Wahlergebnis auch ein Signal dafür ist, daß das niederösterreichische Kontrastprogramm zur Bundespolitik eine klare Bestätigung ge- funden hat. Dies ist der Beweis, daß sich konsequente, harte Arbeit im Interesse eines Landes lohnt.“ Er sprach von einem deut- licher „Fingerzeig“ an die Verantwortlichen in der Bundesregierung: „Arbeiten statt streiten.“ Nun sei es an Bundeskanzler Al- fred Gusenbauer und der Regierung, das Signal zu verstehen. Wer es überhöre, bege- be sich auf dünnes Eis, so Pröll.

SPÖ LHStv. Heidemaria Onodi zeigte sich vom Abschneiden der SPÖ NÖ bei der Land- Quelle: SORA tagswahl sehr enttäuscht. „Unsere Politik mit „Wir können jetzt nicht einfach zur Ta- nützt habe. Andererseits wäre für die SPÖ Herz ist bei den Wählerinnen und Wählern gesordnung übergehen“, war sich auch Lan- NÖ eine Materialschlacht, wie sie die ÖVP offenbar nicht so angekommen, wie wir ge- desgeschäftsführer Josef Leitner sicher. Zur im Wahlkampf betrieben hätte, nicht finan- hofft haben. Nun gilt es, das Ergebnis genau sofort aufgekeimten Personaldiskussion zierbar gewesen. „Heute sind nun die Par- zu analysieren und die richtigen Schlüsse meinte er, „die sozialdemokratische Familie teigremien am Wort. Das erweiterte Landes- daraus zu ziehen, so die Landesparteivorsit- gewinnt Wahlen und die sozialdemokrati- parteipräsidium und der Landesparteivor- zende. Sie übernehme die Verantwortung für sche Familie verliert Wahlen. Das auf eine stand werden darüber beraten welchen Weg das schlechte Wahlergebnis. „Es ist mir den- Person zu reduzieren, finde ich nicht in die SPÖ NÖ in Zukunft einschlagen wird.“ noch ein großes Anliegen mich bei allen Ordnung – wir sitzen alle in einem Boot.“ Dies ging recht schnell, denn schon 24 Stun- Wählerinnen und Wählern sehr herzlich für Als Gründe für die Wahlniederlage nannte den nach der Bekanntgabe des Wahlergeb- ihr Vertrauen und bei allen FunktionärInnen Leitner einerseits die Situation auf Bundes- nisses haben Onodi und Leitner erkärt, alle für ihr Engagement zu bedanken“, betonte ebene, die der Landeshauptmann mit seiner ihre Ämter zurückzulegen. Nachfolger wa- Onodi. Strategie „Öl ins Feuer zu gießen“, ausge- ren zu Redaktionsschluß noch nicht bekannt.

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Grüne dafür vorgesehenen Gremien dieses Ergeb- deshauptmann Pröll und der niederösterrei- Obwohl das vierte Mandat nur knapp ab- nis des niederösterreichischen BZÖ mit aller chischen Volkspartei zum Wahlerfolg. „Die gesichert ist, erachten es die NÖ Grünen als Konsequenz“ analysiert werden, so Grosz. überwältigende Mehrheit der Niederösterrei- „fix“, auch in Zukunft mit Klubstärke im Das erste Ergebnis: Landesobmann Peter cherinnen und Niederösterreicher hat sich Landtag in St. Pölten vertreten zu sein. Es sei Staudigl hat am Tag nach der Wahl seinen für klare Verhältnisse und eine klare Linie „praktisch unmöglich“, daß ein Sitz verloren Rücktritt bekanntgegeben. entschieden und die hervorragende Arbeit gehe, sagte Landesgeschäftsführer Thomas der letzten Jahre mit ihrer Stimme belohnt“, Huber. „Die ÖVP müßte bei den Wahlkarten so Molterer. „Damit geben die Menschen je- überproportional gewinnen, wir müßten Stimmen aus dem Bund nem Politiker ihr Vertrauen, von dem sie überproportional verlieren.“ wissen: Er hat Handschlagqualität und er Wie bei der SPÖ stand auch bei den Grü- SPÖ hält Wort.“ nen am Tag nach der Wahl eine Sitzung des SPÖ-Bundesparteivorsitzender und Bundes- „Erwin Pröll hat die vergangenen fünf Landesparteivorstandes auf dem Programm. kanzler Alfred Gusenbauer bezeichnete die Jahre die Basis für diesen Wahlsieg gelegt“, Dabei ging es um eine Wahlanalyse, so Hu- Wahlniederlage der SPÖ in Niederösterreich betont Molterer weiter. „Dabei standen nie ber. Personalia seien nicht angestanden, es gegenüber dem Pressedienst der SPÖ als Schlagzeilen oder Umfragewerte im Zen- habe dazu „keinen Anlaß“ gegeben. Die „äußerst schmerzhaft“ und sprach von einem trum. Erwin Pröll hat stets zu hundert Pro- Landtagsmannschaft mit Klubobfrau Made- „bitteren Sonntag für die SPÖ“. Die SPÖ zent auf ‚sein‘ Land geschaut.“ Für Molterer leine Petrovic an der Spitze bleibt also un- werde nun das vorliegende Ergebnis genau ist das Signal dieser Wahlen klar: „Die Men- verändert. analysieren und die richtigen Schlüsse dar- schen wollen eine Politik der Klarheit und aus zu ziehen haben, so der Bundespartei- Ehrlichkeit. Sie wollen, daß die Politike- FPÖ vorsitzende in einer ersten Reaktion. rinnen und Politiker das umsetzen, was am Mit einer Verdoppelung gegenüber der letz- Am Rande einer Ausstellungseröffnung Beginn einer Legislaturperiode vereinbart ten Landtagswahl habe die FPÖ eindrucks- erklärte er gegenüber Journalisten, daß die und in Aussicht gestellt wird. Das Ergebnis voll bewiesen, wie wichtig der Bevölkerung SPÖ die Botschaft der Wähler aber verstan- in Niederösterreich ist für mich ein klarer das Dritte Lager in der politischen Land- den habe. Die Kampagne der niederösterrei- Arbeitsauftrag, auch im Bund das gute und schaft sei: „Ich freue mich sehr über diesen chischen Volkspartei habe sich gegen die gemeinsam ausverhandelte Regierungspro- Erfolg der FPNÖ und über das Vertrauen der ganze Bundespolitik gerichtet, was vor al- gramm umzusetzen. Täglich für die Men- Wählerinnen und Wähler“, strahlte FPNÖ- lem der SPÖ geschadet habe, schlußfolgerte schen zu arbeiten statt zu streiten – dafür Obfrau Abg. z. NR Barbara Rosenkranz Gusenbauer. Spekulationen über vorgezoge- steht die Volkspartei“, schließt Molterer. nach Bekanntwerden des offiziellen Wahl- ne Wahlen erteilte der Bundeskanzler eine ergebnisses. „Ich freue mich vor allem aber klare Absage. Grüne auch für unser Land, dem es mehr als gut tun Von der ÖVP wünschte sich der Bun- Bundessprecher Alexander Van der Bellen wird, wenn Mut zur Heimat auch am politi- deskanzler, daß sie „wieder zurück an den sah die „Pröll-Maschinerie“ als Grund dafür, schen Parkett wieder salonfähig gemacht Arbeitstisch kehrt“. „Bei der Nationalrats- daß die Grünen ihr Wahlziel nicht erreicht wird. Und genau das haben wir vor.“ Ro- wahl wurde die schwarz-blaue Koalition we- haben. Bundesgeschäftsführerin Michaela senkranz dankte all den Funktionären und gen ihres Kurses der sozialen Kälte abge- Sburny äußerte gegenüber der APA, es sei Freunden ihrer Gesinnungsgemeinschaft, wählt. Wir haben als Regierungspartei erste vorherzusehen gewesen, daß Pröll seine „die so viel zum Wahlerfolg beigetragen ha- Schritte dagegen gesetzt, so wurden der Pen- absolute Mehrheit ausbauen würde, schließ- ben. Ich danke vor allem aber den Wählern, sionskürzungsreform Schüssels erste Gift- lich habe er sich mit „zig Millionen in die die mit ihrer Stimme für uns ein Signal zum zähne gezogen. Ganz offensichtlich wünscht Wahlschlacht geworfen“ und sei damit sehr Wandel in der Politik gesetzt haben.“ sich die Bevölkerung aber noch mehr Tempo präsent gewesen. Das bisher schwächste und noch mehr Konturen beim Ziehen dieser Ergebnis für die SPÖ ist ihrer Ansicht nach BZÖ Giftzähne“, analysierte er. auf Heidemaria Onodi zurückzuführen, diese BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz sah das Spekulationen über andere Regierungs- habe „sehr zurückhaltend“ und „zu wenig Abschneiden seiner Partei als „eine Ent- formen erteilte der Bundeskanzler eine klare pointiert“ agiert. Den Erfolg der FPÖ scheidung der Niederösterreicher über ihr Absage: „Es gibt wirklich größere Probleme begründete Sburny damit, daß diese sich nun Bundesland und ein Landeswahlergebnis, das in unserem Land“. Anstatt – wie die ÖVP – wieder konsolidiert habe, nachdem sie das mit bundespolitischen Trends – schon allein, „aus Jux und Tollerei über Neuwahlen nach- letzte Mal abgestürzt war. wenn man sich das Ergebnis der ÖVP an- zudenken“, zieht Gusenbauer es vor, „für sieht – nicht vergleichbar ist. Es ist aber zu Österreich zu arbeiten anstatt davonzulau- FPÖ hinterfragen, warum der positive und gute fen“. Von der Volkspartei fordert er daher, FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache dank- Bundestrend des BZÖ unter Peter Westen- daß „sie nicht jeden sinnvollen Vorschlag der te allen WählerInnen und Mitgliedern, die in thaler mit bereits über 6 Prozent in den Um- SPÖ reflexartig ablehnt“. Niederösterreich der FPÖ „durch ihre Stim- fragen, das sensationelle Wahlergebnis des me und ihren Einsatz zu diesem ausgezeich- BZÖ noch vor wenigen Wochen in Graz, ÖVP neten Ergebnis verholfen haben“. Barbara aber auch die beachtlichen Umfrageergeb- „Heute ist ein guter Tag für Niederöster- Rosenkranz werde als Mitglied der nieder- nisse und Aufwärtstrends in anderen Bun- reich. Es ist der Tag des Erwin Pröll und sei- österreichischen Landesregierung ihren Bei- desländern, gerade in Niederösterreich nicht nes Teams“, gratulierte ÖVP-Bundespartei- trag dazu leisten, daß in erster Linie Politik genutzt werden konnte.“ Es würde „in den obmann Vizekanzler Wilhelm Molterer Lan- für die Österreicher gemacht werde. „Eine

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 5 Innenpolitik starke Landesrätin Rosenkranz wird der Analyse des Wählerstroms SPÖ als auch FPÖ und Grüne verlieren überheblichen ÖVP entgegentreten“, so einen Teil ihrer WählerInnen an die ÖVP; Strache. Pröll habe im Wahlkampf Opposi- Die ÖVP erreichte in Niederösterreich die stärksten Verluste mußte die SPÖ mit tion gespielt, was sich dadurch zeigte, daß er zum zweiten Mal in Folge eine absolute 48.000 einstecken, aber auch die Grünen eindeutig gegen die Bundesregierung und Mehrheit an Wählerstimmen, mit 54,29% verloren 15.000 WählerInnen, die FPÖ 9000 damit gegen die Bundes-ÖVP agiert habe. wird sie am 9. März 2008 stärkste Partei. Die an die Niederösterreichische Volkspartei. „Der Aufwärtstrend der FPÖ ist jeden- anderen Parteien folgen weit abgeschlagen, Die ÖVP konnte 2008 zudem 30.000 Nicht- falls ungebrochen“, stellte Strache fest. „Wir die SPÖ erreicht 25,64%, die FPÖ liegt mit wählerInnen von 2003 für sich mobilisieren. haben mehr als unsere Wahlziele erreicht, 10,54% wieder vor den Grünen mit 6,81%. Die SPÖ hat zwei Drittel ihrer Wähle- die Zweistelligkeit und einen Sitz in der Die Wahlbeteiligung war mit knapp 73% et- rInnen von 2003 wieder für sich gewinnen Landesregierung, und wir sind wieder deut- was höher als im Jahr 2003. Durch die bei können. Etwa jede/r siebte SPÖ-Wähler/in lich dritte Kraft vor den Grünen geworden – Landtagswahlen erstmals mögliche Brief- von 2003 wählte diesmal ÖVP, jede/r zehnte wie schon bisher auch bei den Landtags- wahl können noch leichte Verschiebungen die FPÖ, jede/r zwanzigste ging 2008 nicht wahlen im und in Wien.“ Die eintreten, das endgültige Ergebnis wird für mehr zur Wahl. Im Gegenzug gab es nur vielzitierte Politikverdrossenheit sei nichts 17. März 2008 erwartet. leichte Zugewinne, 3% der ÖVP-Wähle- anderes als eine Politikerverdrossenheit und Die ÖVP kann ihre Wählerschaft von rInnen von 2003 entschieden sich diesmal bedeute, daß sich die Polit-Dinosaurier in 2003 auch bei der Landtagswahl 2008 zu für die Sozialdemokratie. den Regierungsparteien verabschieden soll- einem überwiegenden Teil wieder mobilisie- Die Grünen haben von den vier im Land- ten, um den Weg für Neues zu ebnen. ren, ihre Behalterate liegt bei 84%. Sowohl tag vertretenen Parteien mit 53% die gering-

ÖVP SPÖ

FPÖ Grüne

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BZÖ Sonstige

ste Behalterate, d.h. nur knapp jede/r zweite stärksten von den NichtwählerInnen) kom- mobilisieren. Keinen Erfolg hatte das BZÖ, Grün-Wähler/in von 2003 ist seiner Partei pensiert werden. Am meisten zulegen konn- das mit 0,7% der Stimmen den Einzug in den treu geblieben. Der Aderlaß an ÖVP (21%), te die FPÖ. Sie hat dabei in etwa gleich viele Landtag klar verfehlte. Das BZÖ konnte der SPÖ (10%) und an die Wahlenthaltung (12% Stimmen von ÖVP (31.000) und SPÖ FPÖ nur rund 2000 Stimmen abspenstig der Grün-WählerInnen von 2003) konnte (32.000) gewonnen; außerdem konnte sie machen und hat auch so gut wie keine ehe- nicht vollständig durch Zugewinne (am 13.000 ehemalige NichtwählerInnen für sich maligen NichtwählerInnen mobilisiert.

Umfassende Mietrechtsreform im Herbst 350.000 Familien werden unmittelbar entlastet

ustizministerin Maria Berger (SP) präsen- nehmen. Die Erhöhung ist mit 1. April jedes dieses Jahr im nächsten wieder aufgefressen Jtierte am 11. März gemeinsam mit Jahres gültig und wirkt sich ab Mai auf die wird, zerstreute Berger: „Uns war wichtig, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP) Mieten aus. Nach derzeitiger Rechtslage daß es nicht jetzt einen schnellen Effekt ge- eine Neuregelung der jährlichen Mietanhe- würden die Mieten ab 1. Mai um 3,6 Prozent ben soll, und dann kommt das dicke Ende.“ bungen als Maßnahme zur Inflationsbe- ansteigen. Bis Jahresende würden so zusätz- Auch in Hinsicht der Zuschläge zum kämpfung. Anstatt der bisherigen Praxis, daß liche Kosten von 144 Euro für eine Woh- Richtwert sind Anpassungen geplant. So sei der Dezemberwert der Inflation zugrunde nung mit einer 500-Euro-Miete anfallen. eine Begrenzung der Zuschläge auf höch- gelegt wird, sollen die Richtwertmieten mit Das von Berger initiierte Mietrechtliche stens 50 Prozent denkbar. Weiters soll die 1. April mit dem Durchschnittswert der In- Inflationslinderungsgesetz sieht vor, daß OGH-Judikatur im Herbst in das Reform- flation 2007, also 2,2 Prozent angehoben statt des hohen Inflationswertes vom De- paket zum Mietrecht eingearbeitet werden werden. Damit ersparen sich die MieterIn- zember 2007 die durchschnittliche Jahresin- sowie die Sozialpartnereinigung bei den Er- nen bei einer Richtwertmiete von 500 Euro flation, das sind 2,2 Prozent, als Basis der haltungskosten. bis April 2009 92 Euro brutto. „Ich denke, Berechnungen dienen. Sowohl im Paket der SPÖ als auch im der Effekt ist erheblich“, so Berger. Als Als nächster Schritte soll die im Regie- Paket des Koalitionspartners zur Mietrechts- zweiter Schritt ist im Herbst eine größere rungsprogramm vorgesehene Wohnrechtsre- reform ist eine Reduktion der Kosten für die Reform des Wohnrechts und die Abschaf- form umgesetzt werden. Diese umfassende Vergebührung der Mietverträge für Mietver- fung der jährlichen automatischen Infla- Reform, die mit den Maßnahmen der Justiz- träge von mehr als drei Jahren vorgesehen. tionsanpassung vorgesehen. ministerin bereits begonnen wurden, soll im Ebenfalls eine Einigung wurde bei der Für Altbaumieten gilt ein Richtwert- Herbst erarbeitet und bis 2009 wirksam wer- Neuordnung des Bauträgerrechts erzielt. system für seit 1.3.1994 vermietete Wohnun- den. Geplant ist dann ein Schwellenwert- Heute wird das Bauträgervertragsgesetz im gen, für die nicht der „freie“ oder „angemes- system anstatt der jährlichen Inflationsan- Parlamentsplenum beschlossen. Damit gibt sene“ Mietzins gilt. Diese Richtwertmieten passung. Erst wenn der Schwellenwert über- es bessere Sicherungsmaßnahmen für Kon- gelten für 350.000 Haushalte. Nach derzeiti- schritten wird, kommt die Mietanhebung. sumenten, die bereits an einen Bauträger ger Rechtslage ist die Justizministerin ver- Die Mieten werden dadurch seltener angeho- Geld bezahlt haben, wenn dieser etwa in pflichtet, jedes Jahr im April eine Inflations- ben. Dazu gebe es bereits eine Einigung mit Konkurs geht und daher nicht weiterbauen anpassung der Richtwerte mit dem Index- dem ÖVP-Bautensprecher Sonnberger. Be- kann. wert des Dezembers des Vorjahres vorzu- denken, wonach die Ersparnis der Mieter für http://www.bmj.gv.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 7 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich Gedenkveranstaltung im historischen Sitzungssaal des Parlaments 12. März 1938

Am 12. März 1938 marschierten auf Befehl Adolf Hitlers deutsche Truppen in Österreich ein, ohne daß sie auf Widerstand gestoßen wären. Während viele Menschen die nationalsozialistische Machtübernahme bejubelten, wurden aber schon in den ersten Tagen zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher in Konzentrationslager eingeliefert. Foto: Parlament / Mike Ranz

ür sieben lange Jahre hörte Österreich, in Scham“ aber angebracht sei – vor allem aber haben. Der 12. März 1938 sei mit vielen Bil- Fdem die Demokratie schon seit Jahren die Erkenntnis, im Sinne einer „demokratie- dern, Eindrücken und Fragen verbunden, abgeschafft war, auf zu existieren. Tausende politischen Immunisierung“ alles dafür zu meinte sie, wobei zunächst und vor allem Menschen verloren durch den von Adolf Hit- tun, daß Ähnliches sich nie mehr ereigne. Im Bilder des Jubels zu sehen gewesen seien. ler geplant vom Zaun gebrochenen Krieg und Parlament wurde am 12. März 2008 bei einer Aber auch Bilder der Demütigung seien in durch die politische und rassistische Verfol- Gedenkveranstaltung im historischen Sit- Erinnerung. gung ihr Leben. zungssaal der Ereignisse vor 70 Jahren ge- Prammer machte darauf aufmerksam, Jahrzehntelang sah auch das offizielle dacht. daß „die Gewalttätigkeiten, die öffentlichen Österreich das Land als „Hitlers erstes Op- Schauspiele der Erniedrigung von Jüdinnen fer“. Erst ab den 80er Jahren des vorigen Prammer: Es ist nicht möglich, und Juden“ in Österreich bereits begonnen Jahrhunderts setzte sich nach und nach die einen »Schlußstrich« zu ziehen hatten, bevor die deutsche Wehrmacht die Erkenntnis durch, daß viele Österreicher als Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Grenzen überschritten hatte. Die Verfolgung Mitläufer und Täter schuldig geworden erinnerte eingangs ihrer Rede daran, daß es der Juden in Österreich – und vor allem in waren. Als Ergebnis dieses Reflexionspro- genau 70 Jahre her sei, daß deutsche Trup- Wien – sei weit über das im nationalsoziali- zesses kann die Einsicht gelten, daß es keine pen in Österreich einmarschierten und die stischen Deutschland bisher Gekannte hin- „kollektive Schuld“ gebe, „kollektive Nationalsozialisten die Macht übernommen ausgegangen, skizzierte sie. Die Geschehnis- ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 8 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich se hätten gezeigt, wozu Menschen fähig und den Andreas-Hofer-Bund in Erinnerung.“ seien. Prammer zufolge sicherte „insbeson- Wenn er die Bilder von damals heute sehe, dere die österreichische Ausprägung des An- frage er sich oft: Was haben die Menschen tisemitismus dem nationalsozialistischen damals gewußt? „Ich erinnere mich daran, Regime Zustimmung und Loyalität vieler“. wie man sich bei uns im Dorf geärgert hat, Die Frage, wie das alles geschehen konn- als Hitler mit dem Zug zu Mussolini gefah- te und warum so viele mitgemacht hätten, ren ist und auf der Strecke durch Südtirol die sei, so Prammer, erst von nachkommenden Fenster des Waggons verhangen blieben, Generationen gestellt worden. In den Jahren damit er sich nicht zeigen mußte. Keiner hat nach 1945 hätten sich die ÖsterreicherInnen, daran gedacht, daß auch die Südtirolerinnen auch ehemalige NSDAP-Parteigänger, in er- und Südtiroler verraten und betrogen worden ster Linie selbst als Opfer wirtschaftlicher, sind.“ gesellschaftlicher und persönlicher Zwänge gesehen, betonte sie. Auch internationale Ent- wicklungen hätten „die Fiktion“ begünstigt, wonach Österreich ausschließlich Opfer ge- wesen sei. Damit sei die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Verbrechen des Nationalsozialismus und die Abwehr von Fotos: Parlament / Mike Ranz Schuld erleichtert worden. Von jenen Über- Nationalratspräsidentin Barbara Prammer lebenden, die nach Österreich zurückkehr- ten, seien nur wenige freundlich empfangen rInnen als untätig verunglimpfe. Daran solle worden, konstatierte Prammer, schließlich man aber auch denken, wenn die Mög- hätten die Zurückgekehrten das Selbstbild lichkeit zu Debatten und zum Gespräch be- Österreichs gestört, Opfer einer ausländi- schnitten, wenn dem Ringen um Konsens schen Tyrannei zu sein. und Widerspruch kein Raum gegeben wer- Prammer machte allerdings geltend, daß den solle. die wissenschaftliche und persönliche Aus- An die PolitikerInnen appellierte Pram- einandersetzung mit dem „Anschluß“ in den mer, das Gedenkjahr zu nutzen, um sich vergangenen Jahrzehnten an Tiefe und Brei- ihrer Rolle und Verantwortung im Hinblick te gewonnen habe. Heute werde in Zeitun- auf den Umgang mit Geschichte bewußt zu gen, Fernsehen und Büchern anders über die werden. Die Befassung mit Zeitgeschichte Bundesratspräsident Ereignisse gesprochen, als etwa noch 1988, dürfe nicht allein an Expertinnen und Ex- Helmut Kritzinger unterstrich sie. Mit der Einrichtung des Na- perten ausgelagert werden, mahnte sie. Viel- tionalfonds der Republik Österreich für Op- mehr müsse die Chance genützt werden, um Was der 12. März 1938 für Österreich fer des Nationalsozialismus 1995 sei auch für Verständnis, Bewahrung und Weiter- bedeute, das habe er erst später erfahren, und offiziell und unumkehrbar institutionalisiert entwicklung von Demokratie, Grundrechten erst in Österreich sei ihm bewußt geworden, worden, was über lange Jahre verdrängt und und sozialer Gerechtigkeit zu werben, „auf was diese Ereignisse gerade auch für seine verschwiegen worden war: die Mitverant- daß sich Entwicklungen wie die hin zum Generation bedeutet und was sie bewirkt wortung von ÖsterreicherInnen für die Ver- März 1938 nie mehr wiederholen“. haben. brechen während der NS-Herrschaft. Heute sei die Vergangenheit für viele Kin- Dezidiert wandte sich Prammer dagegen, Kritzinger: Engagement für der und Jugendliche, aber auch für Erwach- einen „Schlußstrich“ unter die Geschehnisse die Stärkung der Demokratie sene, in Österreich zu einem anderen Land der Vergangenheit zu ziehen. Sie gab zu be- Die Zahl jener Menschen, die die Ereig- geworden – weil die Ereignisse so weit zu- denken, daß die Auswirkungen der Jahre nisse der Märztage 1938 bewußt miterlebt, rücklägen und weil vieles an Orten passiert 1938 bis 1945 vielfach bis in die Gegenwart mitgemacht und mitgelitten haben, sei sehr sei, die ihnen fremd sind. Daher nutzte der reichten. „Nur wer autoritäre Entwicklungen klein geworden, sagte Bundesratspräsident BR-Präsident die Gelegenheit, auch all jenen rechtzeitig erkennt, wird den Gefahren der Helmut Kritzinger in seiner Ansprache. „Ich LehrerInnen, gerade in den Bundesländern, Gegenwart und Zukunft auch mit demokra- persönlich bin heute einer der ganz wenigen seine Anerkennung für das auszusprechen, tisch legitimierten Mitteln entgegentreten“, noch aktiven Politiker, die ob ihres Alters was sie in der Vermittlung von Geschichte zitierte Prammer den Historiker Oliver Rath- eine Verbindung zu dieser Generation auf- und im Bemühen um Erinnerung und Ge- kolb. Dieser habe auch davor gewarnt, daß weisen. Im März 1938 war ich ein Kind von denken leisten. Ihr Engagement mache wie- grundsätzliche Parteien- und Politikerver- nicht einmal zehn Jahren im Südtiroler Sarn- der deutlich, daß der Anschluß nicht nur in drossenheit vor dem Hintergrund sozioöko- tal. Ich erinnere mich an die Berichte über Wien stattgefunden hat und die Nazis nicht nomischer Krisen rasch in eine breite De- den Jubel in Wien und über die Freude vieler nur gleichsam von draußen kamen. Das En- mokratieverdrossenheit umschlagen könn- darüber in Südtirol. Aber mir ist auch die gagement der LehrerInnen schaffe sehr kon- ten, führte Prammer aus. Darüber sollte man Hartnäckigkeit und die Kritik gegenüber Fa- krete Bezugspunkte in der Lebenswelt und sich im klaren sein, wenn man das Parlament schismus und Nationalsozialismus bei den Umgebung vieler Menschen und wecke das als nutzlos verschreie und Parlamentarie- Gruppen um mutige Dorfpfarrer und Mesner Interesse an Geschichte und Politik.

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15. März 1938: Kundgebung auf dem Wiener Heldenplatz Fotos: »Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes«

Die Grundlage für jedes geschichtliche auf die zahlreichen Beispiele von Aktionen derstand organisiert hat, und auf Christoph Verständnis und überhaupt für jedes Ver- Jugendlicher in Innsbruck 1938, die Haken- Probst, der vor 65 Jahren als Mitglied der stehen unseres Landes liege in der Sprache, kreuzwimpel abgerissen und tausende Flug- „Weißen Rose“ hingerichtet wurde. sagte der Bundesratspräsident weiter. „Wir blätter verteilt haben, um zu zeigen, daß es „Lernen aus der Geschichte kann bedeu- Südtiroler Kinder haben damals nur Deutsch Andersgesinnte gibt, sowie auf Prof. Franz ten, unser Einfühlungsvermögen zu schärfen zu Hause gelernt“, erinnerte sich Kritzinger, Mair vom Staatsgymnasium Innsbruck, der und aufmerksam für die Entwicklungen der „und mit dem ersten Schultag war dann von 1938 bis 1945 auch Jugendliche im Wi- Zeit zu werden. Es kann heißen, den Men- Italienisch unsere neue Lern- und Arbeits- sprache. Natürlich wurde das akzeptiert, man muß die Sprache des Staates, in dem man lebt, lernen“, betonte er. Nicht mehr und nicht weniger dürfe man auch von allen Kin- dern, Jugendlichen und Erwachsenen, die hier geboren sind oder freiwillig nach Öster- reich gekommen sind, erwarten. Die Generation, der er angehöre, war da- mals im Alter der Kinder und Jugendlichen von heute. Man habe noch die Chance, mit ihnen über die Erlebnisse zu reden, nicht nur aus dem Blickwinkel historischer Erfahrung, sondern auch aus der Erinnerung der Kinder und Jugendlichen von damals: „Wie viele haben sich von der Begeisterung mitreißen lassen, wie viele haben gar nicht weiter dar- über nachgedacht, wie viele haben aber auch Zivilcourage und Wagemut besessen!“ In diesem Zusammenhang verwies Kritzinger 15. März 1938: Hitler fährt durch die Mariahilferstraße

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 10 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich schen, mit denen wir zu tun haben, Respekt und Solidarität entgegenzubringen, sich ein- zumischen und nicht wegzusehen, was rund um uns passiert“, sagte Kritzinger. „Wir kön- nen aus unserer Lebenserfahrung und an den konkreten Orten, an denen wir leben, An- knüpfungspunkte für ein solches Lernen schaffen, um damit das Wissen über die Ge- schehnisse im Nationalsozialismus zu stär- ken. Erinnerung darf kein Lippenbekenntnis sein, die Befassung mit den Ereignissen von damals muss auch konkrete Auswirkungen haben – in der Wertschätzung dafür, daß wir in einer Demokratie leben können, in unse- rem tatkräftigen Engagement für die Ver- wirklichung und Stärkung der Demokratie, und in unserem Bekenntnis zu Österreich in einem vereinigten Europa“, meinte der Prä- sident des Bundesrats abschließend.

Molterer: Lehre aus 1938 ist unbedingte Pflicht zum Miteinander Vizekanzler Wilhelm Molterer nannte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (re.) und Vizekanzler Wilhelm Molterer den 12. März 1938 einen der düstersten und schmerzhaftesten Tage in der Geschichte Als zentrale Lehre aus dem Jahr 1938 sah den und Gleichberechtigung weiterzubauen Österreichs. Er erinnerte, daß bereits seit der Molterer die unbedingte Pflicht zum Mit- sei die Alternative zu 1938, zu Nationalis- Machtergreifung Hitlers Österreich bedroht einander, wobei er meinte, diese Pflicht sei mus, Intoleranz und Diktatur, die zum Unter- und eingeschüchtert gewesen sei, der man- eine Antwort aus der Erfahrung der NS-Zeit. gang Österreichs geführt hatten, schloß der gelnde Glaube an Österreich und seine Le- Mahnende Worte fand Molterer dabei für die Vizekanzler. bensfähigkeit, die innere Zerrissenheit, Ar- gegenwärtige Politik. Es gehe darum, wie er beitslosigkeit, wirtschaftliche Depression, betonte, im politischen Wettbewerb den Gusenbauer: Die soziale Terror von innen und außen seien die Vor- Platz des anderen zu achten und die eigenen Balance muss gewahrt werden boten des Anschlusses gewesen. Jubelnde Lösungsmodelle auch mit den Augen des Der 12. März 1938 sei ein tiefer und Menschen habe man gehört und über die anderen zu sehen. Demokratie lebe vom unendlich schmerzvoller Einschnitt für unser Wochenschauen in alle Welt getragen. Die- Wettbewerb der Ideen, niemand habe einen Land gewesen, begann Bundeskanzler Al- jenigen, die nicht gejubelt und Beklemmung dauerhaften Vorsprung bei der Suche nach fred Gusenbauer seine Rede. Mit diesem Da- und Furcht verspürt haben, habe man aber der Wahrheit. Mit großer Sorge sah Molterer, tum endete die Souveränität eines Staates, nicht gehört. dass heute dem Gegeneinander mehr Raum der aus den Trümmern der Monarchie ent- Molterer sprach von der Verwicklung als dem Miteinander gewidmet werde. Der standen war, gleichzeitig bedeutete dieses zahlreicher Österreicher in die Verbrechen des Verlust des gegenseitigen Grundvertrauens Datum den Auftakt zu abgrundtiefen Tra- Nationalsozialismus und in die Shoah und sei aber eine Gefahr für die demokratische gödien, zu einem beispiellosen Völkermord meinte, zahllose Bürger hätten als Schergen Gesellschaft, zumal die Demokratie auf dem und zu einem Weltkrieg, in dessen Gefolge der NS-Vernichtungsmaschinerie maßgebli- Grundvertrauen aufbaue. Es sei gerade die- weite Teile Europas, der Sowjetunion und che Schuld auf sich geladen, viele, ja zu vie- ses Grundvertrauen gewesen, das es ermög- Japans in Schutt und Asche lagen. le, hätten das NS-Regime aktiv unterstützt licht habe, Österreich nach 1945 wieder auf- 1938 bedeutete den Schlußpunkt einer oder zumindest gebilligt. Österreich habe zubauen, erinnerte er. verhängnisvollen Entwicklung seit 1918. lange gebraucht, um sich einzugestehen, daß Als Antithese zum Jahr 1938 betrachtete Dem Ende der Monarchie, das viele verunsi- es nicht bloß Opfer war, sondern daß auch Molterer auch das europäische Einigungs- chert habe, dem mangelnden Glauben an viele seiner Bürger Täter waren. Molterer projekt der EU. Wenn wir heute Frieden, eine Zukunft des neuen Staates, der fatalen rief aber auch jene über 2000 Österreiche- Freiheit, Demokratie und Wohlstand als eine ökonomischen Situation und der inneren rInnen in Erinnerung, die aus Patriotismus Selbstverständlichkeit ansehen, dann sei dies Zerrissenheit des Landes folgten die Aus- für Österreich eingetreten und gegen das die große Leistung des europäischen Eini- schaltung der Demokratie 1933 und der Juli- Unrecht aufgetreten sind und deshalb als gungsprozesses. Molterer bekannte sich in putsch der Nazis 1934. Mit der wachsenden Widerstandkämpfer hingerichtet wurden. diesem Sinn mit Nachdruck zum Reformver- Bedrohung, die von Nazideutschland aus- Heute sei die politische Verurteilung des trag von Lissabon, in dem er eine Versiche- ging, ging eine wachsende Begeisterung für Nationalsozialismus längst gesprochen. Das rung gegen Krieg und Gewalt sah. Das Deutschland einher, das die wirtschaftlichen „niemals wieder“ sei ein Grundkonsens, den Gemeinsame vor das Trennende zu stellen Probleme scheinbar gelöst hatte. Dazu kam es durch das „niemals vergessen“ abzusi- und als selbstbewußtes Österreich an einem die Unfähigkeit der Politik, dieser Gefahr chern gelte. starken geeinten Europa im Geiste von Frie- Paroli zu bieten.

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Besonders verhängnisvoll sei die tiefe innere Spaltung gewesen, die von der Politik nicht überwunden werden konnte, hielt Gu- senbauer fest. Nur wenige Staaten hatten sich autoritären und faschistischen Ideolo- gien entziehen können, und zwar jene, die sich stets um sozialen Ausgleich bemüht hat- ten. Deshalb war die Begründung der Sozial- partnerschaft auch eine der wichtigsten Leh- ren aus der Geschichte der Ersten Republik, so der Kanzler, der bei dieser Gelegenheit auch an den demokratischen Frühling er- innerte, der in den letzten Wochen vor dem „Anschluß“ angebrochen war, als Gewerk- schafter aller Couleurs um die Verteidigung Österreichs bemüht gewesen waren. Auch auf dieser Erfahrung habe die Zweite Repu- blik aufbauen können. Es sei Schwerstarbeit gewesen, das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen. Erst später allerdings wurden jene Schäden wir- kungsmächtig, die der Seele zugefügt wor- den waren. Es blieb daher der Generation der Bundespräsident Heinz Fischer (im Hintergrund die Dritte Nationalratspräsidentin Nachgeborenen vorbehalten, die entspre- Eva Glawischnig) chenden Fragen zu stellen, und wenn es auch niemandem zustehe, ein moralisches Pau- führten und dürfe daher den Versuch, aus der schlagender Stimme am Heldenplatz „vor schalurteil zu fällen, müsse man sich doch Geschichte zu lernen, niemals aufgeben, so der Geschichte“ den Eintritt seiner Heimat den dunklen Seiten der Geschichte stellen. der Bundeskanzler. Österreich in das Deutsche Reich verkündet. Fraglos sei Österreich Opfer einer Expan- An dieser Stelle stellte der Bundes- sionspolitik geworden, doch dürfe dabei Fischer: Brücken bauen ist präsident eine oft diskutierte Frage: „Hat vor nicht übersehen werden, daß viele dieses eine wichtige Aufgabe der Politik 70 Jahren der Überfall eines zu allem ent- Opfer leichten Herzens erbrachten. Der Wi- Bundespräsident Heinz Fischer schilderte schlossenen, gewaltbereiten Diktators auf derstand gegen den Nationalsozialismus sei zunächst die dramatischen Ereignisse, die ein wehrloses Volk stattgefunden, das somit die eine Seite gewesen, die vielen Mittäter sich genau vor 70 Jahren in Österreich abge- zum ersten Opfer Hitlers wurde? Oder hat die andere, die dunkle Seite der Geschichte, spielt haben. Am 10. März 1938 hatten Hitler im März 1938 der letzte und von vielen beju- und es wäre falsch, diese individuelle Schuld und Göring den österreichischen Bundes- belte Schritt einer monatelangen, ja jahrelan- auf das Kollektiv des Volkes abzuwälzen. kanzler Kurt Schuschnigg ultimativ zum gen Entwicklung stattgefunden? Einer Ent- Keine Wiedergutmachung könne das Rücktritt und zur Absage der für den 13. März wicklung, die nach der Machtübernahme Leid der Opfer schmälern, jede Restitution anberaumten Volksabstimmung über den von Adolf Hitler in Deutschland im Jänner könne daher nur eine kleine, unbedeutende Fortbestand eines selbständigen, freien Ös- 1933 und aufgrund der Verhältnisse in Öster- Geste sein, eine geringfügige Anerkennung terreich aufgefordert. Am 11. März 1938 er- reich zu einer verhängnisvollen Stärkung der dessen, was den Opfern angetan wurde. Den- höhte Göring den Druck auf Bundespräsi- nationalsozialistischen Bewegung, zu einer noch müsse man versuchen, aus der Ge- dent Miklas und Bundeskanzler Schusch- wachsenden Bewunderung für den Führer schichte zu lernen. Zu sehen, wohin die nigg und verschärfte die Drohungen, bis geführt hat?“ Verrohung der Sprache führen könne, sollte Bundeskanzler Schuschnigg um 19.50 Uhr Die Antwort Heinz Fischers lautete: für heute eine Lehre sein. Es brauche den im Rundfunk seine Rücktritt mit den histori- „Sowohl als auch“. Mut zur nuancierten Darstellung und das schen Worten bekannt gab: „Wir weichen Österreich sei das Opfer der militärischen Wissen um die sozialen Beweggründe, die der Gewalt“ und „Gott schütze Österreich“. Aggression eines wortbrüchigen Diktators. für die Entwicklungen der Ersten Republik Sein Nachfolger, der Nationalsozialist Seyss- Diese Aggression sei dem Diktator aber we- maßgeblich mitverantwortlich waren. Daher Inquart konnte Hitler durch Eingehen auf sentlich erleichtert und überhaupt erst er- müsse man Rahmenbedingungen schaffen, Forderungen nicht von dessen Plänen ab- möglicht worden, weil es in Österreich eine die allen Bewohnern des Landes würdige bringen. beträchtliche Anzahl fanatischer Nationalso- Lebensbedingungen ermöglichten. Die sozi- „Heute vor 70 Jahren marschierte die zialisten und noch viel mehr Sympathisanten ale Balance dürfe nicht ins Schwanken gera- deutsche Wehrmacht in Österreich ein, am gegeben habe, die nicht nur den einmar- ten. Man müsse dafür Sorge tragen, dass den 13. März 1938 war der Anschluß de facto schierenden deutschen Truppen zujubelten Kindern und Kindeskindern nicht solche vollzogen – Österreich versank in einem und Hitler am 15. März am übervollen Hel- Prüfungen wie den Eltern und Großeltern Meer von Hakenkreuzfahnen und hörte auf denplatz einen begeisterten Empfang berei- auferlegt werden. Man müsse sehen, wohin zu existieren“, sagte der Bundespräsident. teten, sondern in ganz Österreich Haken- fehlende Toleranz und Dialogbereitschaft Am 15. März habe Hitler dann mit sich über- kreuz-Fahnen hißten.

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Bundespräsident Heinz Fischer bei seiner Rede. Links von ihm Bundesratspräsident Helmut Kritzinger, rechts Nationalrats- präsidentin Barbara Prammer und der Zweiter Nationalratspräsident Michael Spindelegger. In der vorderen Reihe (v.l.): Landwirtschaftsminister Josef Pröll, Außenministerin Ursula Plassnik, Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer, Bundeskanzler Gusenbauer, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, Unterrichtsministerin Claudia Schmied, Sozialminister Erwin Buchinger und Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky.

Freilich habe es auch die vielen anderen über bis heute umstrittene Persönlichkeiten Der Blick in die Vergangenheit zeige, daß gegeben, erinnerte Fischer, die wußten, daß und um das Bauen von Brücken zwischen die Diktaturen letzten Endes gescheitert sie zu Opfern dieser Entwicklung werden unterschiedlichen Auffassungen über heikle seien. Die Demokratie lebe, sagte Fischer, würden, die den Krieg voraussahen, die zu Phasen der Geschichte. und zwar in allen Ländern Europas. „Daraus fliehen versuchten, die verhaftet oder in den Im Lichte der historischen Erfahrungen dürfen wir Zuversicht schöpfen für die Zu- Selbstmord getrieben wurden – man habe sie sah Bundespräsident Fischer das „Brücken- kunft Österreichs und für die Zukunft Euro- damals aber nicht gesehen und viele von bauen“ als eine der wichtigsten Aufgaben pas. Machen wir uns gemeinsam an die ihnen hätten nicht überlebt. der Politik an. Die wichtigste Eigenschaft Arbeit“, schloß der Bundespräsident. Der „Anschluß“ sei nicht wie ein Blitz der erfolgreichen politischen „Brücken- Nationalratspräsidentin Barbara Prammer aus heiterem Himmel gekommen, sondern bauer“ der Zweiten Republik sei das Wissen begrüßte eingangs der Gedenkveranstaltung hatte weit zurückreichende Wurzeln, analy- gewesen, „was man seinem Gegenüber, sei- neben den Abgeordneten zum Nationalrat sierte der Bundespräsident weiter und nann- nem Partner und auch seinem Gegner zumu- und den Mitgliedern des Bundesrats zahlrei- te die unversöhnlichen Gegensätze zwischen ten kann“. Dies gelte auch für Gegenwart che Persönlichkeiten des staatlichen und des den Parteien der Ersten Republik, Not und und Zukunft, betonte das Staatsoberhaupt. öffentlichen Lebens sowie Vertreterinnen Arbeitslosigkeit, die Zerstörung von Demo- Der Bundespräsident setzte sich auch mit und Vertreter der Lagergemeinschaften und kratie und Parlamentarismus, aber auch den dem nicht zu übersehenden aktuellen politi- des Widerstands. Die Veranstaltung, die im mangelnden Glauben an eine gute Zukunft schen Unbehagen auseinander und warnte ORF-Fernsehen live übertragen wurde, wur- Österreichs. davor, aus diesem Unbehagen ein Unbeha- de von einem Streichertrio des Klangforums Daher plädierte Heinz Fischer dafür, sich gen gegenüber der Demokratie schlechthin Wien mit Werken von Erich Itor Kahn und mit den Ereignissen vor 1938 offen und ehr- werden zu lassen. Um dies zu verhindern rief Roman Haubenstock-Ramati musikalisch lich auseinanderzusetzen und sie im bereits Fischer zu sachlicher Arbeit und überzeu- umrahmt. Abgeschlossen wurde die Gedenk- beträchtlichen zeitlichen Abstand ohne gender Leistung auf. „Wir sollten weniger veranstaltung mit der österreichischen Bun- Selbstgerechtigkeit und im Bemühen um Energie für Konflikte und Konfrontation deshymne. größte Objektivität aufzuarbeiten. Dabei verwenden, weil wir damit mehr Energie für gehe es auch um eine sachliche Diskussion konstruktive Arbeit zur Verfügung haben.“ Quelle: Parlamentskorrespondenz

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ausgerottet wurden; die Geschehnisse in den Klare Position gegen anti- Konzentrationslagern, die Deutsche und Ös- terreicher angerichtet hätten: All das könne demokratische Haltungen bis heute nicht vergessen werden. Häupl betonte aber auch, daß der 12. März m 10. März fand im Wiener Rathaus 1938 eine österreichische Vorgeschichte ha- Aeine Sitzung des Wiener Landtages und be. Der Justizpalast von 1927 als Reaktion Gemeinderates im Gedenken an die Ereig- auf die Urteile des Schattendorfer Prozesses, nisse im März 1938 statt. Das besondere die Ausschaltung des Parlamentes im Jahr Gedenken galt dabei jenen WienerInnen, die 1933, die Februartage von 1934: Erst 1945 Opfer des faschistischen Terrors, aber auch konnte Wien wieder seine Landesverfassung des Krieges, wurden. einsetzen. In seiner Rede stellte Landeshauptmann Für die Gegenwart bedeuten die Gescheh- und Bürgermeister Michael Häupl klar, daß nisse von 1938 und den darauf folgenden Jah- es vor allem dieser demokratischer Kanon ren eine Lehre, die Achtung vor der Demo- sei, der einen klaren Unterschied zu dikato- kratie hochzuhalten bzw. anti-demokratischen rischen und totalitären Herrschaftssystemen Positionen „klar und deutlich entgegenzutre- setze. ten“, so Häupl. Es liege an den PolitikerIn- Der 12. März 1938 mache noch immer nen der Gegenwart, genau diese demokrati- „fassungslos“ ob der damit einhergehenden schen Werte, den Respekt voreinander, die Aufkündigung jeder Form von Menschlich- Achtung vor Wahlergebnissen vorzuleben, so keit. Ebenso erschütternd sei auch die Häupl, der auch vor einer „schleichenden „Banalität des Bösen“, die nicht nur in die- Veränderung“ des demokratischen Klimas sen Märztagen, sondern auch in den Jahren Foto: Pressefoto Votava warnte. Dies betreffe auch den „schlampigen Landeshauptmann Michael Häupl, danach zum Vorschein kam, so Häupl. Die dahinter der Erste Präsident Umgang mit der Demokratie und ihren Spiel- absolute Kälte, mit der Menschen planmäßig des Wiener Landtags, Johann Hatzl regeln“, erinnerte Häupl.

wurde der Nationalfonds der Republik Ös- Gedenkfeier in Tel Aviv terreich für Opfer des Nationalsozialismus gegründet, später der Versöhnungsfonds und Von Peter F. Michael Gewitsch. der allgemeine Entschädigungsfonds. Es wurden bisher gegen 400 Mio. Euro ausbe- m 11. März – also genau 70 Jahre nach zeigte, daß die Beschreibung sich mit ihren zahlt. Er erwähnte auch, daß Außenmini- Ader berühmten Rede Schuschniggs Erinnerungen deckte. Danach kamen drei sterin Ursula Plassnik sehr entschieden ge- „Gott schütze Österreich“ – fand in Tel Aviv Zeitzeugenberichte: Lisl Spitz, Lisbeth Ro- gen Leugnung des Holocaust und gegen An- eine Gedenkveranstaltung statt, in der vor senthal und Otto Nagler welche über die tisemitismus auftritt und daß Österreich allem der rund 65.000 jüdischen Opfer aus Schicksale von ihren Familien und von ihren ständig Lehrer nach Yad Vashem schickt, um Österreich, die im Holocaust umkamen, ge- eigenen erzählten – teilweise auf Deutsch ihnen das notwendige Material für den Un- dacht wurde. Die Veranstaltung wurde vom und teilweise auf Hebräisch. Auch dabei war terricht gegen diese abwegigen Einstellun- ORF aufgenommen und vom Zentralkomité deutlich zu sehen, daß das Publikum sich mit gen zu vermitteln. der Juden aus Österreich in Israel und der den Beschreibungen identifizierte. Die Schlußansprache hielt Gideon Eck- österreichischen Botschaft organisiert. Der Alle Redner – sowie Gideon Eckhaus in haus, der Vorsitzende des Zentralkomités des Organisator und Moderator der Feier war seiner Schlußansprache – betonten, daß heu- Vorstands der Juden aus Österreich in Israel, Yaacov Stiassny. te wieder der Präsident des Iran einerseits der ebenfalls auf die Ungeheuerlichkeit der Es begann mit dem Lied: „Mein Gott, den Holocaust leugnet und andererseits Is- damaligen Ereignisse erinnerte und über die mein Gott“ („Eli, Eli“) von Hannah Szenes, rael mit einem neuen Holocaust bedroht; da- verspätete und auch nicht genügende Ent- gesungen von Oberkantor Shmuel Barzilai her darf man mit diesem Land keinerlei Ge- schädigung hinwies. (der in Wien lebt und anläßlich der Gedenk- schäfte machen und die Bevölkerung Israels Zwischen den Ansprachen gab es Ge- feier hergekommen war), begleitet am Kla- sieht daher mit größter Sorge den Vertrag der sangseinlagen von Shmuel Barzilai, mit der vier von Menachem Bristowski. Nach einer ÖMV mit dem Iran. erwähnten Klavierbegleitung. Zum Schluß kurzen Begrüßungsansprache von Nathan Danach kam die Hauptansprache vom sang er „Avinu Schebaschamajim“ („Unser Wolloch, Vizebürgermeister von Tel Aviv, Botschafter der Republik Österreich, Micha- Vater im Himmel“) – ein Gebet für die kam die Hauptansprache von Gideon Greif el Rendi: Er erinnerte daran, daß seit 1993, Wohlfahrt des jüdischen Volkes und Staates, von der Leitung von Yad Vashem. Er refe- als Franz Vranitzky Bundeskanzler war, Ös- wobei er das Publikum bat, sich zu erheben. rierte sowohl über die geschichtlische Ent- terreich die Rolle des angeblich ersten Op- Die Teilnehmer verließen den Saal natur- wicklung, welche zum Anschluß führte, als fers der Naziagression nicht mehr spiele, gemäß in gedrückter Stimmung, aber waren auch über die Geschehnisse danach. Das sondern die Teilnahme vieler Österreicher an doch den Veranstaltern für das Zustande- Kopfnicken vieler Leute aus dem Publikum den Verbrechen des Nazismus zugebe. 1995 kommen derselben sehr dankbar.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 14 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich Robert Hébras erhält Austrian Holocaust Memorial Award Die Auszeichnung ist eine Verneigung vor den Opfern von Oradour

er Vorstand des Österreichischen Ge- tyrerdorfes. Er steht jungen Menschen – ins- Ddenkdienstes hat beschlossen, unter besondere Schülern, Studenten, Freiwilligen sechs nominierten Persönlichkeiten den und Gedenkdienern – für Interviews zur 86jährigen Franzosen Robert Hébras aus Verfügung und arbeitet noch heute aktiv im Oradour-sur-Glane mit dem Austrian Holo- „Centre de la Mémoire d‘Oradour“ mit. caust Memorial Award (AHMA) auszu- „Österreich wurde vor 70 Jahren an das zeichnen. Neben Jean-Marcel Darthout ist er Deutsche Reich angeschlossen. Daran wird der einzige heute noch lebende Mensch, der in diesen Tagen wieder vielfach erinnert. Die dem Massenmord von Oradour am 10. Juni Beteiligung vieler Österreicher an den NS- 1944 entkommen konnte, indem er während Verbrechen wurde jedoch sehr lange ver- der Exekutionen durch die SS mit viel Glück schwiegen“, so Andreas Maislinger, Vorsit- unter dem Leichenberg seiner Freunde und zender und Gründer des Österreichischen Nachbarn verborgen blieb. Gedenkdienstes. „1970 kniete der deutsche Während der Name des kleinen Dorfes Bundeskanzler Willy Brandt vor dem War- Oradour im Frankreich der Nachkriegszeit schauer Ghettodenkmal. Zur gleichen Zeit zum nationalen Sinnbild für NS-Gräueltaten nahm der österreichische Bundeskanzler wurde, blieb seine tragische Geschichte in Bruno Kreisky ehemalige Nationalsozia- Österreich weitgehend unbekannt: Vier Tage listen in seine Regierung. Erst das Ende des nach der Landung der Alliierten in der Nor- ‚realen Sozialismus‘ in Mittel- und Osteuro- mandie wurde Oradour von einer Einheit der pa ermöglichte auch ein Umdenken in Öster- SS-Panzer-Division „Das Reich“ umzingelt. reich. Von Anfang an hatte ich beim Ge- Nahezu die gesamte Zivilbevölkerung, dar- denkdienst an Orte wie Marzabotto, Lidice, unter 207 Kinder, 254 Frauen und 181 Män- Distomo oder Oradour gedacht.“ ner, wurde erschossen, in der Dorfkirche er- Bereits seit sieben Jahren arbeitet das stickt bzw. bei lebendigem Leib verbrannt. „Centre de la Mémoire“ mit dem Österrei- Insgesamt überlebten nur eine Frau und fünf chischen Gedenkdienst zusammen. Mit Männer dieses in Westeuropa außergewöhn- Werner Kutil leistete 2001 der erste Österrei- liche Massaker an Zivilisten – an der Ost- cher seinen Zivilersatzdienst in Form eines front ermordete die SS während des Zweiten Gedenkdienstes in Oradour. René J. Lagls- Weltkrieges auf die selbe Art und Weise Mil- torfer aus Oberösterreich ist bereits der vier- lionen von unschuldigen Menschen. te österreichische Gedenkdiener an diesem Stellvertretend für die Opfer und Überle- Ort. Der Vorarlberger Mathias Althaler wird

benden aller SS-Massenmorde in Europa Foto: Vincent Clausell ihm im September 2008 nachfolgen. wird Robert Hébras am 17. März 2008 den Maislinger: „Die Auszeichnung von Ro- Das von der Vereinigung der Märtyrer- AHMA in der Österreichischen Botschaft in familien erbaute Denkmal für die bert Hébras ist eine Verneigung vor den Op- Paris entgegennehmen. Vorgeschlagen wur- Todesopfer des Massakers fern von Oradour und als Respekt für die de er vom aktuellen österreichischen Ge- Leistung der Überlebenden zu verstehen. Als denkdiener am „Centre de la Mémoire dem damals 19jährigen widerfuhr – er verlor Gründer und Leiter des Österreichischen Ge- d‘Oradour“, René J. Laglstorfer. Damit will beim Massaker nicht nur seine Mutter, son- denkdienstes möchte ich mich sehr herzlich der Österreichische Gedenkdienst eindring- dern auch seine beiden Schwestern –, setzte bei Robert Hébras für die freundliche Aufnah- lich an das historische, aber öffentlich meist sich Robert Hébras Zeit seines Lebens für me der jungen Österreicher bedanken.“ totgeschwiegene Faktum erinnern, daß Ös- die Versöhnung zwischen Deutschen, Fran- terreicher im Verhältnis zur Bevölkerungs- zosen und Österreichern ein. Austrian Holocaust Memorial Award anzahl überproportional in der SS vertreten Besonders verdient um die Erinnerung, http://www.hrb.at/ahma waren. das Gedenken und die Aufarbeitung der Zeit Österreichischer Gedenkdienst Nach dem 10. Juni 1944 beteiligte sich des Nationalsozialismus machte sich Robert http://www.gedenkdienst.org Robert Hébras am Widerstand gegen den Hébras durch sein Engagement als Zeitzeuge Österreichischer Auslandsdienst Nationalsozialismus und kämpfte im letzten und Buchautor. Trotz seines hohen Alters http://www.auslandsdienst.at Kriegsjahr auf Seiten der französischen Ré- unternimmt der dreifache Großvater immer Centre de la Mémoire d‘Oradour sistance. Trotz des unermeßlichen Leides, das noch Führungen durch die Ruinen des Mär- http://www.oradour.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 15 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich 1938 - »Anschluß Österreichs« Vorgeschichte, Ereignis und Folgen Kurzfassung des Vortrags von Univ.-Prof. Gottfried-Karl Kindermann von der Ludwig- Maximilians-Universität München vor der Österreichisch-Bayerischen Gesellschaft in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften München am 11. März. 2008.

in kardinaler Fehler vormaliger und heu- densdiktate von St. Germain und Versailles die sich militant für die Eigenstaatlichkeit Etiger Diskussionen um den sog. „An- verbieten jedoch jeden Zusammenschluss und eigene Identität Österreichs einsetzt. schluß“ Österreichs an das Dritte Reich sind der beiden Länder. Sieben Tage nach dieser Gründung aktiviert in dem Mangel an historischer Perspektive Hitler den sog. „Generalangriff auf Öster- und Tatsachenbeherrschung zu finden. So reich“. Die Regierung Dollfuß, so sagt er, kann der „Anschluß“ als historisches Ereig- wolle den großdeutschen Gedanken aus Ös- nis nicht ohne die gravierenden Nachwir- terreich vertreiben und an seine Stelle die kungen des Vertrages von St. Germain und österreichische Idee setzen. noch weniger ohne die Berücksichtung der Der NS-Generalangriff erfolgt auf zwei Tatsache verstanden werden, daß der „An- Ebenen. Auf der Regierungsebene erläßt schluß“ der tragische Schlußpunkt eines Hitler einen deutschen Tourismus-Boykott fünfjährigen Machtkampfes um Österreich und verfügt Abdrosselungen österreichischer gewesen ist. Exporte nach Deutschland. Auf innenpoliti- Die Österreicher, vormals Kernvolk eines scher Ebene entfesselt Hitlers Partei ein Jahr multinationalen und multikulturellen Groß- lang einen landesweiten Terrorkrieg mit mo- reiches, wurden ungewollt nach 1918 Bürger natlich bis zu 140 Sprengstoffanschlägen, eines rein deutschsprachigen Kleinstaates an Mordanschlägen auf führende Persönlich- den Südgrenzen Deutschlands. Damit hatten keiten und eine grenzüberschreitende Propa- die Österreicher ihren historischen Da- gandawelle. seinssinn und das Zentrum ihrer politischen Doch die Dollfußregierung schlägt zu- Identität verloren. Ebenso verlor der neue rück. Schon im Juni 1933 verbietet sie als Kleinstaat so viel von seinen vormaligen Ab- erste Regierung Europas die NSDAP. Das satzmärkten und Rohstoffquellen, dass seine Sicherheitswesen wird zentralisiert, das Bürger ihn wirtschaftlich nicht für lebensfä- Heer verstärkt und die Hochwertung des Ös- hig hielten. Der weltberühmte Rechtsgelehr- terreichertums propagiert. Als erster Regie- te Hans Kelsen, zugleich auch Hauptautor rungschef Europas erklärt Dollfuß wörtlich, der österreichischen Verfassung, sagte, das der Nationalsozialismus sei ein kriminelles neue Österreich sei „nichts außer einem System auf der Basis einer kriminellen Ideo- Fetzen Landes, übriggeblieben, nachdem die logie. Österreich wird zwischen 1933 und Sieger ihre territorialen Bedürfnisse befrie- 1938 zu Europas wichtigster Stimme digt hätten.“ Dank der Friedensdiktate gerie- deutschsprachiger Kritik am Nationalsozia- ten 50 Prozent, also die Hälfte aller deutsch- Univ.-Prof. Gottfried-Karl Kindermann lismus. Wien warnt das Ausland, der Kampf sprachigen Bürger der vormaligen Donau- von der Ludwig- Maximilians- um Österreich sei ein Kampf um die Er- monarchie unter ungewollte Fremdherr- Universität München bei seinem haltung oder Zerstörung der europäischen Vortrag schaft. Foto: Ada-Jasmin Kindermann Friedensordnung. Als Folge dieses Absturzes geschah das 1933 entsteht eine Demokratiekrise als in in der europäischen Geschichte Präzedenz- Ungeachtet dieser Sachlage, halten zwei dem durch ein Stimmenverhältnis von 81 zu lose. Ein neuer Staat – die Republik Öster- österreichische Parteien – die Großdeutsche 81 fast paralysierten Parlament der erste reich – wird konstituiert, begeht aber im Akt Partei Österreichs und die austro-marxisti- Präsident, ein Sozialist, plötzlich sein Prä- der Gründung Selbstmord durch ein Staats- sche Sozialdemokratische Partei – am Ziel sidialamt niederlegt um dadurch für seine grundgesetz, das Deutsch-Österreich zu ei- des Anschlusses fest. Sie und viele Österrei- Partei eine Mehrheit von einer Stimme zu nem Teil der Deutschen (Weimarer) Repu- cher erstreben den Anschluß an das befreun- gewinnen. Dadurch unter Zugzwang gesetzt, blik erklärt. Dementsprechend vereinbaren dete Deutschland der Weimarer Republik. treten auch der zweite und dritte Präsident die Außenminister Österreichs und Deutsch- Doch eine historische Wende ergibt sich aus des Nationalrates zurück. Damit ist das Par- lands 1919 ein Vertragsprotokoll über den Hitlers Machtergreifung 1933. Im Mai des lament führungslos, gelähmt und blamiert. „Eintritt Deutsch-Österreichs in das Deutsche gleichen Jahres gründet Österreichs jüngster Europa lacht über diesen Schildbürgerstreich, Reich“ wobei Wien sogar „zweite Haupt- Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit der der im Inland zu weitgehender Verachtung stadt des Reichs“ werden sollte. Die Frie- Vaterländischen Front die erste Bewegung, des Parlamentarismus führt.

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Hitlers Partei aber fordert dringend Neu- Ab 1936 verschlechtert sich die interna- fall bei den Zuhörern wie auch in der Öffent- wahlen. tionale Lage für Österreich. Wegen seines lichkeit. Angesichts dieser Demokratiekrise und Raubkrieges gegen Abessinien (Äthiopien) Als ein Vertreter Hitlers aber weitere Zu- der gleichzeitig von innen und außen angrei- gerät Italien in Konflikt mit den Westmäch- geständnisse fordert, faßt Schuschnigg den fenden NS-Offensive, beschließt Dollfuß ten und wird dadurch von Hitler anhängig. Plan zu einer Volksbefragung über Öster- durch die Errichtung eines „Christlichen Die sog. „Achse Rom-Berlin“ umklammert reichs Unabhängigkeit. Vergeblich warnt ihn Ständestaates“ autoritär zu regieren. Das Österreich von Nord und Süd. Hitler gelingt Mussolini mit dem Argument, gehe die Be- verhindert Hitlers Plan in Österreich mit der es die Berliner Olympiade zur wirkungsvol- fragung für Österreich gut aus, werde Hitler in Deutschland erfolgreich erprobten Taktik len Verharmlosung des Dritten Reiches zu sie nicht anerkennen, gehe sie schlecht aus, des formal legalen Manövers die Macht zu benützen und internationales Lob für das sei sie schädlich, gehe sie kanpp aus, sei sie ergreifen. Im Februar 1934 gefährdet ein neue Deutschland einzuheimsen. Österreich wertlos. Dennoch kündigt Schuschnigg die Aufstand der als illegal erklärten austro-mar- wird von Italien gedrängt mit Deutschland Volksbefragung für den 13. März in einer xistischen Parteiarmee der Sozialdemokra- das sog. „Juli-Abkommen“ von 1936 zu un- großen Rede in Innsbruck an, die er mit ten Österreichs den damals besonders hefti- terzeichnen, das zwar einerseits die Souverä- Andreas Hofers Kampfruf gegen Napoleon: gen Abwehrkampf gegen die Nationalsoziali- nität Österreichs anerkennt, jedoch anderer- „Mander s‘ischt Zeit“ beendet. Monarchi- sten. Doch weder die Gewerkschaften, noch seits Tore zur Penetration Österreichs öffnet. sten, Kommunisten und Teile der unter- die Bevölkerung schließt sich dem Aufstand Im November 1937 vollziehen sich zwei drückten Sozialisten sagen ihre Unterstüt- an. Dennoch kostet er insgesamt an die Ereignisse, die drohende Schatten auf Öster- zung zu, doch die Nationalsozialisten reagie- 320 Tote. Tragischerweise beendet er mona- reich werfen. Laut dem sog. „Hoßbach ren ebenfalls mit großen Demonstrationen. telange Versuche einer Einigung zwischen Protokoll“ erklärt Hitler vor Generälen sei- In Wut und Sorge wegen Schuschniggs den Großparteien. nen geheimen Plan, Österreich und die Plan befiehlt Hitler der Wehrmacht das Durch Österreichs Abwehr in die Enge Tschechoslowakei blitzschnell niederzuwer- „Unternehmen Otto“, d.h. den Einmarsch in gedrängt, sucht die NDAP den Sprung nach fen um einen mitteleuropäischen Machtkern Österreich vorzubereiten. Ultimaten aus Ber- vorn durch einen bewaffneten Aufstand der als Ausgangsbasis großer Raumeroberungen lin fordern zuerst die Verschiebung, doch SS und SA in Wien und mehreren Bundes- im Osten zu bilden. Wenige Tage später dann die Absage der Volksbefragung und ländern. Ziel ist die blitzartige Machtergrei- spricht der britische Lordsiegelbewahrer und den Rücktritt Schuschniggs. Zwar wird die fung in Österreich durch die Gefangennah- spätere Außenminister Lord Halifax mit Volksbefragung abgesagt, doch die Wehr- me der gesamten Bundesregierung, der Be- Hitler, drückt ihm Englands Bewunderung macht überschreitet dennoch am 12. März herrschung des Rundfunksystems, durch die für seine Politik in Deutschland aus und fügt die Grenze. Obwohl sich das Bundesheer Erpressung des Bundespräsidenten, durch hinzu, England verstehe die Notwendigkeit einsatzbereit erklärt, verkündet Schuschnigg, die Eroberung von Landeshauptstädten und von Änderungen des Status quo, vor allem in gleichzeitig mit seinem Rücktritt, die Wei- durch die Verbreitung der Falschmeldung, den Fällen Österreich, Danzig und der CSR. sung der Regierung, keinen militärischen die alte Regierung sei zurückgetreten, der Welche Ermutigung für Hitler! Widerstand zu leisten. neuen Hitler-hörigen Regierung sei zu Bis 1938 war die Anhängerschaft der im- Hitler wird in Linz und Wien von Massen gehorchen. Doch das Bundesheer – auf das mer noch illegalen österreichischen National- von Nationalsozialisten, von Großdeutschen die Putschisten irrig gehofft hatten – blieb sozialisten ebenso gestiegen wie auch die und von Opportunisten stürmisch bejubelt der rot-weiß-roten Fahne treu und hat, unter- Radikalität ihrer Aktionen. Mit der Hoffnung und erklärt am 15. März 2005 den Anschluß stützt von freiwilligen Kämpfern des Hei- sie in Schach halten zu können, willigt Österreichs an das Dritte Reich. Damit endet matschutzes, den Aufstand in wenigen Tagen Schuschnigg in den Vorschlag eines Treffens der 1933 beginnende Machtkampf um Öster- niedergeworfen. Auch bewährt sich ein quasi- mit Hitler ein, das am 12. Februar in Berch- reich bei dem Österreich 1934 die erste Run- Bündnis Österreichs mit Italien, da dieses als tesgaden stattfindet. Dabei beschimpft Hitler de gewonnen und dann 1938 die zweite Run- einzige Großmacht unterstützende militäri- Österreich und Schuschnigg in gröbster de verloren hatte. Trotz Druckes aus Berlin sche Drohmaßnahmen gegen Hitler ergriff. Weise, droht Österreich mit Krieg, Bür- und Rom hatte sich Österreich geweigert aus Zwar wurde während des Aufstandes gerkrieg und Rache, bezeichnet sich als „den dem Völlkerbund auszutreten und in den Bundeskanzler Dollfuß grausam ermordet, größten Deutschen“ und sagt, die Wehrmacht Anti-Komintern Pakt Berlin-Rom-Tokio ein- doch Hitlers Führung mußte sich eingeste- sei eine zu vorzügliche Streitmacht um sie zutreten. Österreichs Juden blieben bis 1938 hen der Aufstand war „eine glatte Niederlage nicht zu gebrauchen. vollauf geschützt und gesellschaftlich viel- für Reich und Partei“. Es war jedoch Hitlers In einem von Hitler diktierten Abkommen fach prominent. Ihr Unglück begann erst, als einzige außenpolitische Niederlage im Jahr- muß Schuschnigg den Nationalsozialisten der österreichische Staat weder sich selbst zehnt von 1933 bis 1943. Im Tod noch hatte gefährliche Zugeständnisse machen, tut es noch sie zu retten vermochte. Dollfuß – Hitlers erster Gegner unter den aber in der Hoffnung, Zeit zu gewinnen. Mit der Wehrmacht kamen die Toten- Regierungschefs Europas – gesiegt. Hitler Als Hitler in einer Rede die Absicht an- kopf-Verbände der SS und über das Land befiehlt zunächst den Abbruch der NS- deutet, die „Deutschen“ in Österreich und rollte eine Welle von Verhaftungen, denen Generaloffensive gegen Österreich. Die aus der CSR heim ins Reich zu holen, hält ein bedeutender Teil der vaterländischen und Wien damals versandten Lageberichte der Schuschnigg vor dem Bundesrat eine leiden- der sozialistischen Elite zum Opfer fiel. Wäh- Gesandtschaften der USA, Großbritanniens schaftliche Rede in der es heißt, Österreich rend der Anschluß-Ära wurden 2700 Öster- und Frankreichs bezeichnen Dollfuß als zen- müsse ein unabhängiges Österreich bleiben. reicherInnen aus politischen Gründen hinge- trale Figur des österreichischen Staatswider- Er schließt die Rede mit dem Ruf „rot-wie- richtet, 32.000 sind in KZs oder in Gestapo- standes. rot bis in den Tod“ und erntet tosenden Bei- Haft gestorben.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 17 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich

In Konzentrationslager oder Gefängnisse jenen, zu denen er sich bekenne, herbeige- dischen es ausdrückte, verkörperte der Na- kamen sechs Bundeskanzler der Republik führt worden, dennoch begrüße er ihn „freu- tionalsozialismus „eine Sturmflut gegen Österreich: Schuschnigg, Vaugoin, Ender, digen Herzens“, weil er sich Jahhrzehnte deutsches Wesen und deutsche Kultur, ein Gorbach, Figl und Kreisky. Zwei vormalige hindurch für das Selbstbestimmungsrecht Abfall von deutscher Art, wie ihn die Ge- KZler – Figl und Gorbach – wurden Bundes- der Völker eingesetzt habe. Genau so dach- schichte bisher nie gesehen“. Daher sei es kanzler der Nachkriegszeit, ebenso Kreisky, ten viele andere Österreicher die beim An- „die große Mission Österreichs … der Hort der Gefängnishaft erlitten hatte. schluß gejubelt hatte, obwohl sie keine wahren Deutschtums zu sein, … das in 1943 erklärte eine Konferenz alliierter Nationalsozialisten waren. Deutschland heute verbannt und verleugnet Außenminister in Moskau, der Anschluß sei Psychologisch fiel ins Gewicht, daß die wird“. Den Vaterländischen unterlief nie der null und nichtig, Österreich sei das erste Op- Bundesregierierung in der Stunde der Krise bei heutigen Germanophoben zu findende fer der Hitlerischen Aggressionspolitik ge- Unsicherheit und Entscheidungsschwäche Irrtum einer Gleichsetzung von Deutschtum wesen und werde nach dem Krieg als Staat gezeigt hatte und sich zuvor zu den entwür- und Nationalsozialismus. wieder hergestellt. Doch wird hinzugefügt, digenden Bedingungen von Berchtesgaden Als sich Führer und Aktivisten der gro- Österreich trage „für die Teilnahme am Krie- hatte erpressen lassen. Vom Anschluß erwar- ßen, einander zuvor so feindlichen politi- ge an der Seite Hitlers eine Verantwortung“. teten viele Österreicher ein Ende der Ar- schen Lager in Konzentrationslagern begeg- So formuliert ist das absurd. Denn nach dem beitslosigkeit, bessere Berufschancen und neten, beschlossen sie im Falle des Überle- Anschluß wurde Österreich als Verwaltungs- Geborgenheit in einem machtvollen Reich. bens nach dem Krieg gemeinsam ein neues, und Willenseinheit aufgelöst, seine einzel- Die Durchschnittsösterreicher waren beein- besseres Österreich aufzubauen. Und in der nen „Gaue“ wurden separat von Berlin aus druckt von der international gepriesenen Ber- Tat, Loyalität gegenüber Österreich als verwaltet, sogar der bloße Name „Öster- liner Olympiade, von plakativen und innova- Staat – vor 1938 das Tribut nur einer Partei –, reich“ und dessen Fahne und Wappen rot- tiven Aspekten der NS-Sozialpolitik und von ist seither zum Allgemeingut aller Parteien weiß-rot, seit den Kreuzzügen Symbole der friedlichen Beseitigung mancher durch geworden. Das Österreichbewußtsein ist österreichischer Staatlichkeit, wurden verbo- Versailles verursachter Souveränitätsbe- parteienübergreifende Realität geworden. So ten. Ein „österreichisches Vichy“ hat es nie schränkungen. hat das neue Österreich der Zweiten Repub- gegeben. Die Autoren der Moskauer Erklä- Zudem verstand es die massive NS Pro- lik mehr denn je zuvor zu sich selbst zurück- rung vergaßen Englands Ermutigung Hitlers paganda, den Anschluß als unwiderstehliche gefunden. Wie die Wiener Symbolfigur des gegen Österreich ebenso, wie den Raubpakt Woge der Geschichtsentwicklung darzustel- „Lieben Augustin“, schien Österreich nach Stalins mit Hitler, der überhaupt erst endete, len, der man sich nicht entziehen könne. dem Anschluß tot zu sein und ist dennoch zu als Hitler überraschend die Sowjetunion an- Dem vaterländischen Lager ist später oft neuem Leben aufgestiegen und hat sich be- griff. der Vorwurf gemacht worden, die „Deutsch- währt. Richtig und beschämend aber ist, daß heit“ Österreichs zu stark und zum eigenen viele Österreicher zu individuellen Mittätern Schaden betont zu haben. Doch alle politi- Buchtip nationalsozialistischer Verbrechen wurden. schen Parteien betonten nach dem Unter- Kindermann, Gottfried-Karl Sie alle tragen eine individuelle Verantwor- gang des Vielvölkerreiches den „deutschen“ Österreich gegen Hitler tung. Charakter des neuen, nur deutschsprachigen Europas erste Abwehrfront 1933-1938 Doch sie können (und wollten) nie pau- Kleinstaates. Und doch besteht ein großer 2003, 1. Auflage, 480 Seiten schal mit „Österreich“ gleichgesetzt werden. Unterschied: Während die Großdeutsche ISBN: 978-3-7844-2821-5 Nach dem Krieg verhängte Österreichs Partei eine großdeutsche Lösung selbst mit 29,00 EUR D / 29,90 EUR A / 50,70 CHF Justiz wegen krimineller nationalsozialisti- Hitler anstrebte, wollten die Sozialdemokra- LangenMüller, München scher Betätigung 42 Todesstrafen und ten ebenfalls einen Anschluß, doch erst wie- 13.667 Verurteilungen, darunter 5600 schwe- der nach Hitler, dessen Regime sie schroff re Kerkerstrafen. Ein Viertel aller Beamten ablehnten. Während das vaterländische La- wurde – oft nur auf Grund passiver Mitglied- ger auch den deutschen Charakter Öster- schaft in NS-Organisationen – entlassen, was reichs betonte, verstand es das „Österreicher- auch ihre Familien traf, sofern der Beamte tum“ als eine stärker europäisierte Variante der Alleinverdiener der Familie gewesen des Deutschtums. Trotz und teilweise wegen war. dieser Auffassung lehnte das vaterländische Hinsichtlich des Anschlußjubels ist daran Lager jeden Anschluß an Deutschland ab zu erinnern, daß die urspünglich demokrati- und kämpfte für die Erhaltung des österrei- sche großdeutsche Idee bis zum Revolu- chischen Staates und seiner im Österreicher- tionsjahr 1848/49 zurückreicht, und daß eine tum verwurzelten Identität. Billigung des Anschlusses – der in der Ersten Das vaterländische Lager erkannte klar, Republik von zwei Parteilagern gefordert daß der Nationalsozialismus, dessen Organi- wurde – keineswegs zugleich die Billigung sationsformen, Kampf- und Propagandatak- anderer Programmpunkte der NSDAP be- tiken sowohl von den italienischen Fasch- deutet. Für sehr viele andere Österreicher isten, als auch von den russischen Bolsche- sprechend, hatte der sozialdemokratische wisten beeinflußt waren, eine atypische Staatsmann Karl Renner erklärt, der An- Entartung deutscher Wesenheit bedeutete. schluß sei zwar mit anderen Methoden als Wie eine führende Zeitschrift der Vaterlän-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 18 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes

as DÖW wurde 1963 von ehemaligen Widerstandskämpfer und NS-Opfer im aus Österreich Vertriebenen von Anfang an DWiderstandskämpferInnen und Verfolg- DÖW mit, nicht zuletzt als Zeitzeugen und zum Aufgabengebiet des DÖW. In der Reihe ten sowie von einigen engagierten Wissen- bei Führungen für Jugendliche, und diese Österreicher im Exil sind seit 1984 bislang schaftlern gegründet. Diese relativ späte Grün- menschliche Komponente unterscheidet das Bände über Frankreich, Belgien, Spanien, dung – 18 Jahre nach Kriegsende – hängt DÖW ein wenig von nur aus Büchern und Großbritannien, die USA, die Sowjetunion damit zusammen, daß das innenpolitische Kli- Akten bestehenden Bibliotheken und Archi- und Mexiko erschienen; an einem Öster- ma Österreichs in den 40er- und 50er-Jahren ven. reich-Band des Biographischen Handbuchs nicht von den Widerstandskämpfern, von der deutschsprachigen Emigration nach Verfolgten, Vertriebenen und Antifaschisten, Widerstand und Verfolgung 1933 wird gearbeitet. sondern von den Weltkriegsteilnehmern und In der Anfangsphase des DÖW, unter ehemaligen NS-Anhängern geprägt wurde. dem Zwang des Unter-Beweis-Stellens des Täterforschung Auf die Interessen und Einstellungen dieser Widerstandes gegenüber gehässigen Anfech- Im Zuge der durch den Fall Waldheim Kriegsgeneration nahmen die tragenden poli- tungen, musste es vorerst darum gehen, se- ausgelösten kontroversiellen zeitgeschicht- tischen Kräfte Rücksicht, sie wurde keiner riöse archivalische und wissenschaftliche lichen Auseinandersetzungen wurde das geistig-politischen Entnazifizierung unterzo- Grundlagen zu schaffen, auf denen die DÖW erstmals auch mit Kritik von antifa- gen, und nicht wenige ihrer Angehörigen Widerstandsforschung aufbauen konnte. schistischer Seite konfrontiert. Das DÖW verharrten in alten Vorstellungen und Denk- 1970 wurde mit den Arbeiten für die Reihe und der österreichische Widerstand wurden mustern. Diese zahlenmäßig starken Bevöl- Widerstand und Verfolgung in den österrei- als Alibiaktionen, als Instrumente der Ima- kerungsgruppen standen dem Widerstand chischen Bundesländern begonnen, in der gepflege Österreichs im Ausland hingestellt; skeptisch bis feindselig gegenüber; Wider- mittlerweile insgesamt 13 Bände (Wien, Bur- Österreich brauche kein Dokumentations- standskämpfer wurden als „Eidbrecher“, als genland, Oberösterreich, Tirol, Niederöster- archiv des Widerstandes, sondern eines der „Feiglinge“ und „Verräter“, als „Verbrecher“ reich, ) erschienen sind. Später wur- Mittäterschaft oder des Nationalsozialismus. und „Mörder“ angesehen (bzw. nicht selten den diese Dokumenteneditionen durch ein In diesen gegen die offizielle Opfertheorie auch offen bezeichnet); der österreichische Oral-history-Projekt ergänzt, von dem in- gerichteten kritischen Stimmen jüngerer Widerstand wurde angezweifelt, bagatelli- zwischen über 2600 Kassetten von 830 Inter- Antifaschisten und Historiker wurden die siert oder geleugnet. views vorliegen und vier Bände (über Ar- zweifellos vorhandenen Defizite und Ver- „Dokumentationsarchiv eines in Wirklich- beiterbewegung, katholisch-konservatives säumnisse der gesamten österreichischen keit doch niemals existent gewesenen öster- Lager, Juden, Kärntner Slowenen) publiziert Zeitgeschichte dem DÖW zur Last gelegt, reichischen Widerstandes“, höhnte der meist- sind. das als kleines Institut mit beschränkter gelesene Kolumnist Österreichs, „Staberl“, Aufgabenstellung nicht die gesamte Ge- noch 1971 in der „Kronen Zeitung“. Aner- Holocaust, Exil schichte des Nationalsozialismus in Öster- kennung fanden die Widerstandskämpfer Über den politischen Widerstand hinaus reich aufarbeiten kann. bestenfalls in Sonntagsreden von Politikern, hat das DÖW von Anfang an auch alle For- Die Erforschung des Verhaltens der oder sie dienten als Argument für außenpoli- men der NS-Verfolgung in seiner Arbeit Österreicher, des Anteils der Österreicher am tische Zwecke, etwa zum Beweis für Öster- berücksichtigt und insbesondere zu den The- Nationalsozialismus, die sogenannte Täter- reichs „eigenen Beitrag zur Befreiung“ (im men Juden- und „Zigeuner“-Verfolgung in forschung sind gewiß wünschenswert, aber Sinne der Moskauer Deklaration von 1943) Österreich die ersten wissenschaftlichen Ar- nicht vom DÖW zu bewältigen, das immer- bei den Staatsvertragsverhandlungen mit den beiten geliefert. Sehr spät, in den achtziger hin bescheidene Ansätze geleistet (z. B. Alliierten. Jahren, wurden auch die geistig und körper- Broschüre über den Kriegsverbrecher Walter Das DÖW und die von ihm ausgehende lich behinderten NS-Opfer in die DÖW-For- Reder) und mit dem vom Fonds zur Förde- Widerstandsforschung entsprangen nicht der schungsarbeiten einbezogen. Der Erkennt- rung der wissenschaftlichen Forschung finan- vom offiziellen Österreich vertretenen „Op- nis, daß die Juden die mit Abstand größte zierten Projekt über die Wiener Volksge- fertheorie“ (Österreich als erstes Opfer von Opfergruppe sind und der Holocaust als richtsverfahren (gegen „Kriegsverbrecher“) Hitlers Aggressionspolitik), sondern dem industriell organisierter Massenmord ein sin- eine wichtige Quellengrundlage erschlossen Bemühen um Selbstdarstellung der Wider- guläres Verbrechen ist, wurde insbesondere hat. Eine Publikation über österreichische standskämpferInnen und Verfolgten und de- mit der Durchführung des – von der israeli- NS-Verbrecher ist in Vorbereitung. ren Selbstbehauptung gegen Ignoranz und schen Gedenkstätte Yad Vashem initiierten – Verdrängung. Erst 1983 wurde neben dem Großprojekts Namentliche Erfassung der Rechtsextremismus privaten Verein DÖW eine Stiftung ins Le- österreichischen Holocaustopfer Rechnung In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ben gerufen, die von der Republik Öster- getragen. begann sich das DÖW auch mit dem aktuel- reich (Wissenschaftsministerium) und der Schließlich zählte auch die Erforschung len Rechtsextremismus auseinanderzuset- Stadt Wien getragen wird. Bis heute wirken des Schicksals der mehr als 130.000 1938 zen, nicht zuletzt deswegen, weil Organi-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 19 70. Jahrestag des Einmarschs deutscher Truppen in Österreich sationen und Publikationen den Widerstand nalen Neonazismus verankerten Geschichts- kanischen und kanadischen Publikatio- diffamierten, die Verbrechen des NS-Regi- schreibung, aufgenommen, da ein Ignorieren nen; mes verharmlosten oder leugneten, die dieser Propaganda und Agitation im Hin- Sammlung von Flugblättern, Broschüren, Kriegsschuld Hitlerdeutschlands verneinten blick auf bereits merkbare Verunsicherungen Zeitungen aus dem Untergrund 1934- und somit ein völlig einseitig zugunsten des in Lehrer- und Schülerkreisen nicht mehr 1945: ca. 10.000 Exemplare; Nationalsozialismus verzerrtes Geschichtsbild länger möglich war. Nach einer kleineren Sammlung Rechtsextremismus (Zeit- produzierten. 1979 wurde, im Zusammenwir- Broschüre über den österreichischen Gas- schriften, Publikationen, Zeitungsaus- ken mit Mitarbeitern österreichischer Univer- kammer-Leugner Emil Lachout wurde 1991 schnitte etc.); sitätsinstitute, erstmals das umfangreiche in Zusammenarbeit mit dem Unterrichts- Plakatsammlung: ca. 3000 Stück; Werk Rechtsextremismus in Österreich nach ministerium die Publikation Amoklauf ge- weiters Kollektionen von Interviewkas- 1945 publiziert, das bis 1981 fünf Auflagen gen die Wirklichkeit herausgebracht, die auf setten, Mikrofilmen und -fiches sowie erlebte und zu einem Standardwerk wurde. zahlreiche „Argumente“ der „Revisionisten“ Museumsgegenständen. 1993 wurde ein völlig neustrukturiertes bis hin zu chemischen Gutachten eingeht und Handbuch des österreichischen Rechtsextre- die Manipulations- und Fälschungstech- Aufklärung und Information mismus herausgebracht, das den Schwerpunkt niken von Leuchter, Faurisson, Irving & Co Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet auf die Darstellung und Analyse des organi- aufzeigt. des DÖW stellt die Aufklärungs- und Infor- sierten Rechtsextremismus legt und die domi- 1995 erschien eine völlig überarbeitete, mationsarbeit insbesondere für Jugendliche nierende Rolle der Haider-FPÖ im Rechts- um deutsche Bezüge erweiterte Fassung un- und Schüler dar. In Zusammenarbeit mit extremismus aufzeigt. Gerichtliche Schritte ter dem Titel „Wahrheit und Auschwitzlüge“. dem Unterrichtsministerium und vielen des FPÖ-Führers Jörg Haider gegen das Co- Insbesondere im Zusammenhang mit dieser Schulen und Lehrern werden vielfältige ver, aber auch das durch den rechtsextremen neonazistischen Geschichtspropaganda hat Aktivitäten, wie Erstellung von Lehrmate- Terrorismus (Briefbomben) hervorgerufene das DÖW immer wieder auf die – in einem rialien, Zeitzeugengespräche, Veranstaltun- Interesse ließen das Buch zu einem Bestsel- Rechtsstaat an sich selbstverständlich gebo- gen, Schülerwettbewerbe und Ausstellun- ler werden, wovon drei Auflagen mit 20.000 tene – Anwendung der einschlägigen öster- gen, entfaltet. Private Sponsoren wie Joseph Exemplaren zeugen. Die Beschäftigung mit reichischen Gesetze und damit auf die straf- und Mary Buttinger (New York) und Ernest dem aktuellen Rechtsextremismus, insbe- rechtliche Verfolgung von NS-Wiederbe- Goldblum (Florida) ermöglichten die För- sondere die Einbeziehung der Haider-FPÖ in tätigern gedrängt bzw. die Revision mangel- derung von wissenschaftlichen und pädago- das Untersuchungsfeld, hat das DÖW unver- hafter Gesetze gefordert. Diese auch von gischen Projekten. meidlich und stärker als je zuvor auch in po- Simon Wiesenthal maßgeblich getragenen Die Gründer des DÖW hatten von An- litische Konflikte verstrickt. Bemühungen führten 1992 zu einer Novel- fang an die Vorstellung, daß die Dokumen- Vor allem von seiten der FPÖ ist es in den lierung des NS-Verbotsgesetzes, durch die tation des österreichischen Widerstandes letzten Jahren zu heftigen Polemiken und nun jede Leugnung, Verharmlosung, Recht- nicht Angelegenheit einer Partei sein dürfe, Attacken auf das DÖW gekommen – so wur- fertigung oder Verherrlichung des NS-Völ- sondern Aufgabe aller demokratischen Kräf- den 1991 nicht weniger als sieben parlamen- kermordes unter Strafe gestellt ist. Führende te unseres Landes. Kuratorium, Vorstand tarische Anfragen über angebliche „kommu- österreichische Neonazis wie Gottfried Küs- und MitarbeiterInnen rekrutieren sich aus nistische Umtriebe“ des DÖW an Regie- sel und Hans Jörg Schimanek jun. erhielten jenen politischen und weltanschaulichen rungsmitglieder gestellt –, die keinen Zwei- inzwischen drakonische Strafen (elf bzw. Gruppen, die am Widerstand beteiligt waren fel daran lassen, daß diese unter Jörg Haider acht Jahre Gefängnis). und Opfer von Verfolgungen wurden. Getra- in die Nähe des Rechtsextremismus gerückte gen von der gemeinsamen Grundhaltung, Partei die Existenz des DÖW nicht wünscht. Archiv und Bibliothek daß alles zur Bekämpfung nazistischen und Im übrigen hat das DÖW mehrfach un- Im Zuge der oben angeführten For- rassistischen Ungeists getan werden muß, mißverständlich klargestellt, daß sich der von schungsprojekte sind die Archiv- und Biblio- wurde im DÖW eine fruchtbare Zusammen- ihm vertretene Antifaschismus an der plurali- theksbestände des DÖW beträchtlich ange- arbeit gepflogen, welche von den Ver- stischen Demokratie und an den Menschen- wachsen; an wichtigen Sammlungen sind änderungen und Kontroversen der österrei- rechten orientiert und mit Sympathien für hier anzuführen: chischen Innenpolitik unbeeinflußt blieb. diktatorische Regime ebensowenig in Ein- Archiv: ca. 320 Laufmeter, davon ca. 104 In diesem Sinn ist das DÖW eine In- klang zu bringen ist wie mit der Gutheißung EDV-mäßig erfasst; stitution österreichischer Gemeinsamkeit, von Terrorismus jedweder Richtung. Daß dies Spezialsammlungen über Österreicher im die dem Grundkonsens der 1945 geschaffe- keine bloß verbalen Bekundungen sind, äus- Spanischen Bürgerkrieg und Österreiche- nen Zweiten Republik entspricht. Der (da- sert sich u. a. darin, daß das DÖW mit dem rinnen im KZ Ravensbrück; malige) Bundespräsident Rudolf Kirchschlä- Verein „Memorial Österreich“, der sich um Fotosammlung: rund 10.600 Nummern ger dankte 1986 in einer Rede vor dem DÖW die Aufarbeitung des Schicksals der österrei- mit ca. 42.000 Fotos; namens der Republik Österreich für das per- chischen Stalinopfer bemüht, kooperiert. Bibliothek: rund 38.000 Titel, 350 laufen- sönliche Engagement der Mitarbeiter, durch de Zeitschriften; weiters: Bibliothek der deren Bekenntnis und Arbeit dem Dokumen- »Revisionismus« FIR mit 5000 Bänden (bes. europäischer tationsarchiv „eine echte staatstragende und Das DÖW hat in den letzten Jahren auch Widerstand); Judaica-Sammlung mit den Frieden und die Demokratie bewahrende die Auseinandersetzung mit dem „Revisio- 2500 Bänden; Funktion in unserer Republik zukommt“, so nismus“, der auf die Rehabilitierung des Na- Zeitungsausschnittearchiv; weiters: Öster- Kirchschläger. tionalsozialismus abzielenden, im internatio- reich-Sammlung aus englischen, ameri- http://www.doew.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 20 Österreich und Europa Das wirtschaftspolitische Arbeitsprogramm der EU 2008 Der Bericht des Wirtschaftsministeriums liegt vor

m Zentrum der EU-Wirtschaftspolitik 2008 Kanada will Österreich einerseits EU-Inter- isierung von Agrar- und Fischereiprodukten Isteht die Umsetzung und Weiterentwick- essen bei den Themen regulatorische Zu- sowie über einen Streitbeilegungsmechanis- lung der 2005 neu ausgerichteten Lissabon- sammenarbeit, Innovation und Technologie, mus. Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Handel und Sicherheit, Energie, Kapital- Die Verhandlungen der EU über Wirt- Die Kommission arbeitet an einem ökono- märkte, Geistiges Eigentum und Investitio- schaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit mischen Schlüsselthemen-Papier für den nen forcieren, andererseits die Möglichkeit afrikanischen Regionalzusammenschlüssen Europäischen Rat am 13./14. März 2008. Es eines Abkommens zur regulatorischen und dem Pazifik (AKP) werden mit dem Ziel geht um mehr Investitionen in Wissen und Zusammenarbeit mit Kanada abklären. umfassender Regionalabkommen fortge- Innovation, die Vollendung des Binnenmark- Den Verhandlungen mit Zentralamerika setzt. Für Österreich stehen Armutsbekämp- tes, ökologische Nachhaltigkeit, bessere und mit der Andengemeinschaft steht Öster- fung und Integration der Entwicklungsländer Rechtssetzung und um die Förderung der reich ebenso positiv gegenüber wie der Wie- in die Weltwirtschaft im Vordergrund. KMU. Konkret wird der Europäische Rat deraufnahme der 2004 ins Stocken geratenen Österreich ist mit Südosteuropa wirt- Vorschläge der Kommission für den letzten Verhandlungen mit dem Mercosur. schaftlich enger verflochten als alle anderen Zyklus der Lissabon-Strategie von 2008 bis EU-Länder und befürwortet daher die EU- 2010, zur Revision der Integrierten Leitli- Integration der Balkanländer. Auch der nien sowie für ein Lissabon-Gemeinschafts- Weiterentwicklung der Beziehungen mit der programm behandeln. Bei der Koordination Ukraine mißt Österreich große Bedeutung des nationalen Lissabon-Umsetzungspro- bei und unterstützt den bevorstehenden gramms, das Österreich im Herbst 2008 vor- WTO-Beitritt der Ukraine. Eine rasche Fort- legen muß, konzentriert sich Wirtschafts- führung der 2007 aufgenommenen Verhand- minister Bartenstein auf die Förderung von lungen über ein Nachfolgeabkommen zum Wachstum und Beschäftigung. Dies ist dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen „EU-Arbeitsprogramm 2008“ entnehmen, mit der Ukraine zählt zu den Prioritäten der das dem Parlament seit kurzem vorliegt. slowenischen Ratspräsidentschaft. Im Verhältnis zu Rußland tritt Österreich EU-Außenhandels- für rasche Verhandlungen über ein Nach- themen 2008 folgeabkommen für das 2008 auslaufende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen Die multilaterale Handelspolitik der EU (PKA) ein. Die slowenische Präsidentschaft steht im Zeichen der Agrarhandelsprobleme will die polnische Verhandlungsblockade bei der aktuellen WTO-Verhandlungsrunde. wegen russischer Importverbote für tierische

Beim Abbau der Agrarzölle ist die EU, bei Foto: BMWA Produkte aus Polen überwinden. der Reduktion handelsverzerrender Stützun- Wirtschaftsminister Martin Bartenstein Am System handelspolitischer Schutzin- gen sind die USA gefordert. Der Abbau von strumente will Österreich auch in einer sich Industriezöllen bereitet reicheren Entwick- Die Bemühungen der Kommission um wandelnden globalen Wirtschaft festhalten, lungsländern Schwierigkeiten. Ein Abschluß einen besseren Ausgleich in den Wirtschafts- solange kein weltweites Wettbewerbsrecht der Doha-Runde (Entwicklungsagenda der beziehungen mit China und die Verhand- bestehe. Die Position von KMU in der In- Wirtschafts- und Handelsminister der WTO- lungen um umfassende Freihandelsabkom- dustrie sollte gestärkt werden, heißt es im Mitgliedsstaaten) setzt überdies Vereinbarun- men mit Indien, Korea und den ASEAN- Bericht. gen über Dienstleistungen, Handelserleichte- Staaten zur Ergänzung der multilateralen China, Kasachstan, Vietnam, die Mongo- rungen, Handelsregeln und Entwicklungsfra- WTO-Verhandlungen begrüßt Österreich. lei und Armenien sollen vollen Marktwirt- gen voraus. Österreich will durch Handels- Die slowenische Präsidentschaft strebt schaftsstatus in Antidumpingverfahren erhal- liberalisierung die Entwicklungsländer in den mit österreichischer Unterstützung den Ab- ten, sobald sie die dafür relevanten Kriterien Welthandel integrieren und mißt der „Aid for schluß eines Abkommens mit dem Golfko- erfüllen. Ein Kommissionsbericht über Ar- Trade“-Initiative für nachhaltige Entwicklung operationsrat beim Ministertreffen im Mai menien wird für das erste Halbjahr 2008 in den ärmsten Ländern große Bedeutung bei. 2008 an. erwartet. Der „Barcelonaprozeß“ mit südlichen In den Verhandlungen für ein neues Ka- Bilaterale Handelspolitik Mittelmeerländern gilt als Ziel einer Euro- kaoübereinkommen, das dem geltenden im med-Freihandelszone bis 2010. Verhandelt Oktober 2008 nachfolgen soll, verlangt Ös- Bei der Stärkung der transatlantischen wird 2008 über Dienstleistungs- und Nieder- terreich eine ausgewogene Stimmrechtsver- Wirtschaftsbeziehungen mit den USA und lassungsabkommen sowie über eine Liberal- teilung ohne budgetäre Mehrkosten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 21 Österreich und Europa Binnenmarkt Es dient der Finanzierung von Innovationen hilfen sowie einen größeren KMU-Anteil an und Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene und soll künftig der öffentlichen Beschaffung. Österreich besser koordiniert werden. will keinen legislativen Akt, sondern KMU- Österreich unterstützt die Kommission bei fördernde Prinzipien umfassend zusammen- der Überarbeitung und Aktualisierung der Gemeinsame führen. Binnenmarktpolitik. Die Kommissionsdoku- Technologieinitiativen Auf Basis der Halbzeitbewertung der In- mente für eine künftige Binnenmarktpolitik dustriepolitik 2007 wird die Kommission im im Europa des 21. Jahrhunderts (Single Mar- Die Initiative „EUROSTARS“ soll im er- Frühjahr 2008 einen Aktionsplan zur nach- ket Review), die dem EU-Gipfel im März sten Halbjahr 2008 zu einem Programm- haltigen Industriepolitik vorlegen. Österreich 2008 vorliegen, zeigen die Erfolge des Bin- beschluß zur Förderung der Kooperation for- plädiert für die Unterstützung der europäi- nenmarktes seit 1993 auf: BIP-Steigerung schungsintensiver kleiner und mittlerer Un- schen Industrie bei der Bewältigung der Her- von 877 Mrd. Euro oder 5.700 Euro pro ternehmen (KMU) führen. Österreich unter- ausforderungen, die sich aus Globalisierung, Haushalt und 2,5 Mio. zusätzliche Arbeits- stützt auch die Initiative „Brennstoffzellen technologischem Fortschritt und Klimawan- plätze. Als aktuelle Themen sieht die Kom- und Wasserstoff“ und konzentriert sich dabei del ergeben. mission Dienstleistungen, Soziales, private auf die Herstellung von Wasserstoff mit Hil- Finanzdienste, die externe Dimension des fe erneuerbarer Energien sowie auf eine ver- Sektor Automobilindustrie Binnenmarkts, neue Methoden der Markt- besserte Mitsprache der Mitgliedstaaten. beobachtung, staatliche Unterstützungen Der Legislativvorschlag der Kommission und Beschaffungsvorschriften. In der neuen Industrie und vom Dezember 2007 zur Reduktion der Lissabon-Strategie will die Kommission Unternehmen CO2-Emissionen neuer Autos auf 130 g/km dem Binnenmarkt einen höheren Stellenwert 2012 stellt eine technische Herausforderung einräumen. Die slowenische Präsidentschaft Zur Erschließung des Wachstums- und für die Hersteller schwerer Autos dar. Bei konzentriert sich auf die Überarbeitung des Beschäftigungspotenzials der europäischen einem durchschnittlichen Gewicht von 1,4 t Rechtsrahmens für Telekommunikation, den KMU plant die Kommission die Vorlage liegt das Ziel bei 130 g/km, bei 700 kg bei Aktionsplan für Finanz-Dienstleistungen eines „Small Business Act“ bis Juni 2008. 100 g/km und bei 3 t Gewicht bei 200 g/km. und auf die Verbesserung des Europäischen Um den Binnenmarkt besser nutzen zu kön- Für jedes Gramm CO2, das der Hersteller im Patentsystems. nen, soll der Zugang von KMU zu EU-Pro- Schnitt über seinem Flottenlimit liegt, soll er

Bessere Rechtssetzung Bei der Verbesserung des ordnungspoliti- schen Umfelds in Europa hat Österreich die nationalen Verwaltungslasten analysiert und ein 25prozentiges Reduktions-Ziel für alle Ressorts beschlossen. An Maßnahmenplänen wird gearbeitet. Österreich unterstützt auch die Arbeiten an anderen Säulen der „Better Regulation“-Agenda und konzentriert sich auf die Entlastung von KMU. Zudem unter- stützt Österreich Bemühungen zur Verbesse- rung des Binnenmarktes durch einen ge- meinsamen Rechtsrahmen bei der Vermark- tung von Produkten. Zu der bis Ende 2009 vorgeschriebenen

Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ar- Foto: http://www.bilderbox.biz beitet Österreich einen Gesetzesentwurf aus Der Legislativvorschlag der Kommission vom Dezember 2007 zur Reduktion der und prüft derzeit das Bundes- und Landes- CO2-Emissionen neuer Autos auf 130 g/km 2012 stellt eine technische Herausfor- derung für die Hersteller schwerer Autos dar. recht. Die von der Kommission vorgeschlagene grammen, öffentlichen Vergaben und zur ab 2012 20 Euro und ab 2015 95 Euro Strafe Vereinfachung von Schadenersatzklagen bei Normung erleichtert werden. Österreich un- zahlen – jeweils multipliziert mit der Zahl Wettbewerbsverstößen lehnt Österreich ab, terstützt das Vorhaben und drängt konkret der verkauften Autos. Die Hersteller sollen weil es tiefe Eingriffe in österreichisches auf einen Dialog zwischen Banken und aber kooperieren dürfen, um die Ziele ge- Recht befürchtet. KMU-Verbänden, verlangt KMU-Förderun- meinsam zu erreichen. Nach Berechnung der gen auf internationalen Märkten, die Ein- Kommission wird der durchschnittliche Innovation und Forschung richtung eines KMU-Unterstützungsbüros in Preis für ein Auto zwar um 1300 Euro stei- Brüssel, die Senkung der Verwaltungskosten gen, der Spritverbrauch über den Lebens- Unter österreichischer Präsidentschaft um 25 Prozent, die Vereinfachung der staat- zyklus aber um 2700 Euro billiger werden. wurde ein Rahmenprogramm für Wettbe- lichen Förderungen, Garantie-Instrumente, Weitere 10 g/km sollen durch komplementä- werbsfähigkeit und Innovation beschlossen. einen fixen KMU-Anteil an staatlichen Bei- re Maßnahmen bei Reifen, Klimaanlagen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 22 Österreich und Europa

reich wird auch 2008 wieder am „European Destinations of Excellence“-Award zum Thema „Tourismus und immaterielles Kul- turerbe“ teilnehmen.

Beschäftigung In der Diskussion über einen „Strategi- schen Plan zur legalen Zuwanderung“ unter- stützt Österreich die Arbeit an Grundlagen für eine abgestimmte Migrationspolitik, will angesichts der Heterogenität der Arbeits- märkte aber nationale Kompetenzen bei der Festlegung wahren, welche und wie viele Drittstaatsangehörige zum Arbeitsmarkt zu- gelassen werden. Das EU-Arbeitskräftepo- tential sollte vor der Öffnung für Drittstaaten ausgeschöpft werden. In den EU-Erweite- Foto: http://www.bilderbox.biz rungsverhandlungen mit Kroatien und der Der Beschluß des »Energie- und Klimapakets« ist für das Frühjahr 2009 geplant. Für Türkei wird Österreich lange Übergangsfri- die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen sollen nationale Ziele fixiert werden. In unserem Bild: Ein Getreidefeld der Sorte Triticale wird durch einen sten für die Freizügigkeit verlangen. Häcksler für die Biogas-Erzeugung abgeerntet. Arbeitsrecht und durch den Einsatz von Biokraftstoffen an, innerstaatliche Entscheidungen zu über- eingespart werden. In den Verhandlungen prüfen. Zu Bemühungen um eine Richtlinie über will Österreich seine Interessen als Zuliefe- Das „Energie- und Klimapaket“ wird beim Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mo- rer der deutschen Fahrzeugindustrie zur Energie- und beim Umweltministerrat und bilität von Arbeitnehmern durch Verbes- Geltung bringen. auf dem Frühjahrsgipfel im März 2008 be- serung der Begründung und Wahrung von handelt werden. Der Beschluß ist für das Zusatzrentenansprüchen stellt Österreich Der Energiebinnenmarkt Frühjahr 2009 geplant. Für die Nutzung von fest, daß schon derzeit unverfallbare An- Energie aus erneuerbaren Quellen sollen wartschaften bei Arbeitsplatzwechsel im In- Auf den Strom- und Gasmärkten drängt nationale Ziele fixiert werden, die bis 2020 oder Ausland gesichert bleiben. Österreich die Kommission auf die wirksamere Tren- zu einem 20prozentigen Anteil erneuerbarer plädiert für eine längere Unverfallbarkeits- nung der Energieerzeugung vom Netzbetrieb, Energiequellen am Energieverbrauch und zu frist und für längere Umsetzungsfristen. auf weitere Harmonisierung der Befugnisse einem erneuerbaren Kraftstoffanteil von Bei einer Änderung der Arbeitszeitricht- nationaler Regulierungsbehörden sowie auf 10 Prozent führen. Österreich übertrifft das linie will Österreich die geltenden Regelun- deren Unabhängigkeit. Das im September angepeilte EU-Ziel mit einem Anteil von gen des Bereitschaftsdienstes im Arbeitszeit- 2007 vorgelegte Dritte Liberalisierungspaket 23 Prozent bereits jetzt und soll mit einem recht im wesentlichen beibehalten können. für den Energiebinnenmarkt sieht eine Ent- Erneuerbaren-Anteil von 34 Prozent bis Einen Richtlinienvorschlag zur Gleichbe- flechtung der Übertragungs- und Fernlei- 2020 ein sehr ambitioniertes Ziel anstreben. handlung von LeiharbeitnehmerInnen ge- tungsnetzeigentümer (eigentumsrechtliches Österreich macht darauf aufmerksam, daß genüber angestellten Arbeitnehmern befür- Unbundling), die Schaffung eines Indepen- eine zusätzliche Steigerung von einem be- wortet Österreich vom ersten Tag der Über- dent System Operator, ein Verbot der Kon- reits hohen Niveau schwieriger zu erzielen lassung an, würde aber auch Ausnahmen bis trolle von Fernleitungs- und Übertragungs- sei als von niedrigem Niveau und will seine zu sechs Wochen akzeptieren, schreibt der netzen durch Personen aus Drittstaaten, so- Vorleistungen besser berücksichtigt sehen. Arbeitsminister. fern kein Abkommen mit der EU besteht, Die Rolle der Kernenergie führt zu Mei- eine unmittelbare Abänderungsbefugnis der nungsverschiedenheit mit anderen Mitglieds- Sicherheit am Arbeitsplatz Kommission von Rechtsakten innerstaat- staaten beim „Europäischen Strategieplan licher Organe sowie die Benennung und Zer- für Energietechnologien (SET-PLAN)“, den Für 2008 wird ein Richtlinienentwurf tifizierung der Übertragungsnetz- und Fern- Österreich ansonsten positiv sieht. zum Schutz am Arbeitsplatz gegen arbeits- leitungsnetzbetreiber vor. Österreich hat sich bedingte Erkrankungen des Bewegungsap- gegen das eigentumsrechtliche Unbundling Tourismus parates erwartet, der bestehende Bestimmun- ausgesprochen und lehnt auch den Indepen- gen in einen einzigen Rechtsakt zusammen- dent System Operator sowie eine Agentur Österreich begrüßt die Bemühungen von faßt. Österreich erhebt dagegen keinen Ein- für die Zusammenarbeit der Energieregula- Kommission und Rat um den nachhaltigen wand und befürwortet auch die Kodifikation toren ab. Bedenken meldet Österreich auch Ausbau des Tourismus in Europa durch die der Arbeitsmittel-Richtlinie und der Asbest- gegen das Zertifizierungsverfahren der Über- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Tou- richtlinie im Sinne der Vereinfachung und tragungsnetz- bzw. der Fernleitungsnetzbe- rismusindustrie und durch die Schaffung besseren Handhabbarkeit des Gemeinschafts- treiber und gegen ein Recht der Kommission besserer Arbeitsplätze im Tourismus. Öster- rechts.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 23 Österreich und Europa »Vom Nebeneinander zum Miteinander« Außenministerin Ursula Plassnik bei Dialogveranstaltung der slowenischen EU-Präsidentschaft

auerhafte Integration kann nur dann Derfolgreich sein, wenn sie die verschie- denen Alltagsseiten unseres Zusammen- lebens umfaßt. Dazu gehört die Teilnahme am Bildungssystem und am Arbeitsmarkt genauso wie die Mitwirkung am politischen und gesellschaftlichen Leben“, so Außenmi- nisterin Ursula Plassnik bei der Dialogveran- staltung zum Thema „Inclusive Citizenship in Europe: Do We Need New Guidelines?“, die am 22. Februar auf Einladung des slowe- nischen Außenministers Dimitrij Rupel auf Schloss Jable nahe Laibach stattfand. Das Treffen basierte maßgeblich auf den Ergebnissen der Konferenz „Muslim Youth and Women in the West: Source of Concern or Source of Hope?“, die vom Außenmini- sterium und dem „Salzburg Global Seminar“ im Mai letzen Jahres in Salzburg veranstaltet wurde. Im Zentrum der Gespräche in Lai- bach stand die Frage nach Bürgerschafts- modellen in einem pluralistischen Europa. Plassnik zur Debatte um den Einfluß der Sharia auf europäisches Recht: „Die EU ist nicht nur eine Wertegemeinschaft sondern auch eine Rechtsgemeinschaft. Bürgerschaft ist die bejahende Zugehörigkeit zu einem Foto: Bor Slana © www.fa-bobo.si Staat und seiner Gesellschaft. Die Verein- Außenministerin Ursula Plassnik und der amtierende EU-Ratsvorsitzenden Dimitrij barkeit von muslimisch-religiöser Identität Rupel während der Dialogveranstaltung der slowenischen EU-Präsidentschaft und nationaler Identität muß auf dieser Ba- sis gelingen.“ Die Erklärung der Konferenz einander auch wirklich näher kommen. Der bensmodell begeistern. Für dieses Ziel müs- Europäischer Imamekonferenz von 2003 sei Weg vom Nebeneinander zum Miteinander sen wir die Frauen stärker unterstützen. Für ein praktischer Leitfaden für diese Heraus- führt über ein gegenseitiges ,Geben und unsere europäischen Anliegen müssen wir forderungen. „Eines ist klar: Das gemeinsa- Nehmen‘. Wir müssen ein klares ,Ja‘ zu Eu- aber auch die religiösen Führer des Islam in me Rechtssystem muss außer Streit stehen. ropa und seinen Werten erreichen“, so Plass- Europa und in der muslimischen Welt in die Wollen wir Parallelgesellschaften verhindern, nik. Österreich habe eine nationale Plattform Pflicht nehmen“, so die Außenministerin. so darf es keine parallelen Rechtssysteme gestartet, in der jede Bürgerin und jeder Bür- Österreich unterstütze daher unter anderem geben. Diese benachteiligen auch in erster ger seine Gedanken und Vorschläge zur die Abhaltung von islamischem Religions- Linie Frauen“, so die Außenministerin. österreichischen Integrationspolitik äußern unterricht an öffentlichen Schulen oder die „Aktive Bürgerschaft baut auf gelunge- kann. islamische Weiterbildung von Religionsleh- ner Integration auf. In Europa bedeutet Die Außenministerin leitete die Diskus- rerInnen an Universitäten. Integration nicht, seine eigene Identität auf- sion zum Thema Islam in Europa: „Die euro- Weitere Teilnehmer der Veranstaltung geben zu müssen. Sie ist vor allem ein lang- päischen Muslime können wesentlich dazu waren neben ExpertInnen der afghanische fristiger Prozeß. Für eine aktive Bürger- beitragen, eine muslimisch-europäische Iden- Außenminister Rangin Dadfar Spanta, der schaft brauchen wir einerseits rechtliche und tität im Rahmen eines ,europäischen Islams‘ OSZE-Generaldirektor Perrin de Bricham- politische Rahmenbedingungen, aber genau- zu entwickeln. Dabei müssen wir gerade die baut, der UNO-Vertreter der Allianz der Zi- so einen offenen Dialog und den klaren muslimischen Jugendlichen für die europäi- vilisationen, Jorge Sampaio und der Groß- Willen, sich aktiv zu integrieren. Nur durch schen Werte gewinnen und für die aktive mufti von Bosnien und Herzegowina, Raisu- konsequentes miteinander reden können wir Teilnahme an unserem europäischen Le- l-Ulema Mustafa Ceric.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 24 Österreich, Europa und die Welt Stift Klosterneuburg: 50.000 Euro für Kindernothilfe

Das Stift Klosterneuburg unterstützt mit je 25.000 Euro zwei Projekte der evangeli- schen Kindernothilfe in Lateinamerika: Ein Sozialzentrum für Straßenkinder in Hondu- ras und den Wiederaufbau im Erdbeben- gebiet von Peru – weltweites soziales und ökumenisches Engagement. Im August vergangenen Jahres machte ein Erdbeben in Peru – von Europa fast unbe- merkt – 100.000 Familien obdachlos. Sie le- ben zum Großteil noch heute in Notunter- künften aus Plastikplanen und Holzstangen. Mit den 25.000 Euro des Stiftes Klosterneu- burg finden 10 Familien ein neues und erd- bebensicheres Zuhause. „Ein stabiles Dach über dem Kopf zu haben und nachts nicht mehr zu frieren, bedeutet für die Familien die Rückkehr in einen geregelten Alltag und die Möglichkeit die Angst, die das schwere Erdbeben verursacht hat, zu bewältigen“, Foto: Shirley Brückler Prof. Walter Heinz Simek, Luzia Wibiral, Probst Bernhard Hermann Backovsky und erklärt Luzia Wibiral, Geschäftsführerin der Direktor Leopold Nußbaumer bei der Spendenübergabe (v.l.) Kindernothilfe Österreich. Ganz im Sinne der stiftlichen Sozial- Tropfen bewirken: Wir konnten dort miterle- gegründet wurde und seit Jahrzehnten Kin- aktion „Ein Zuhause für Straßenkinder“ ist ben, wie aus Straßenkindern ,Hoffnungskin- dern in Not zur Seite steht. auch das zweite Projekt, das das Stift mit der‘ geworden sind, die heute nicht nur Die Hilfe erfolgt überwiegend durch 25.000 Euro unterstützt: Ein Sozialzentrum selbst eine Hoffnung auf ein besseres Leben langfristige Projekte, die dauerhaft durch Pa- für Straßenkinder in Honduras: In der Haupt- haben, sondern die Dank ihrer guten Aus- tenschaften unterstützt werden. Dabei über- stadt Tegucigalpa leben rund 20.000 Kinder bildung auch eine Hoffnung für ihr Heimat- nehmen Spender eine Patenschaft für ein zwischen sieben und 18 Jahren auf der Stras- land geworden sind. Und wir hoffen, dass bedürftiges Kind und das soziale Umfeld des se. Völlig auf sich allein gestellt, schweben dieses Hoffnung-Geben auch in Honduras Kindes. Die Hilfestellungen sollen Verbesse- die Kinder in ständiger Gefahr. Sie sind hung- und Peru erfolgen wird.“ rungen sowohl in der Ernährung, im Bil- rig, werden ausgebeutet, verprügelt und so- Das Stift Klosterneuburg hat sich im Jahr dungsbereich als auch in der medizinischen gar umgebracht. „In der Kindertagesstätte 2000 ein Sozialstatut gegeben, das 10 Pro- Versorgung und im sozialen Bereich bewir- bietet die Kindernothilfe Straßenkindern ein zent der Gewinne für soziale Zwecke vor- ken. Neue Einkommen schaffende Maßnah- Zuhause, Sicherheit und eine tägliche warme sieht. Allein die Aktion Concordia für men sind dabei ebenso wichtig wie struktu- Mahlzeit. Begleitend erhalten die Kinder Straßenkinder in Rumänien, der Ukraine und relle Verbesserungen und die Stärkung des Rechtsbeistand. Dabei erfahren sie welche der Republik Moldau wurde bisher mit Umfelds. Dokumente wichtig sind, um auch ihre Rech- 2,375.000 Euro aus eigenen Mitteln und In der Projektarbeit setzt die Kindernot- te wahrzunehmen. Bald halten die Mädchen Spenden unterstützt. Das weltweite soziale hilfe von Beginn an auf die Zusammenarbeit und Buben zum ersten Mal einen eigenen Engagement des Stiftes Klosterneuburg un- mit lokalen Partnern, die mit den Bedürf- Ausweis oder eine Geburtsurkunde in den terstützt aber auch konkrete Projekte in Afri- nissen vor Ort vertraut und in der Arbeit mit Händen. Gemeinsam mit geschulten Sozial- ka und Asien. Mit der Unterstützung der bei- Kindern und Jugendlichen erfahren sind. arbeitern können sie einen Ausweg aus ihrer den Projekte von Kindernothilfe wurde die- Mittlerweile unterstützen über 30.000 Ös- schwierigen Situation suchen und finden. ses Engagement nun auch auf Lateinamerika terreicherInnen die Projekte der Kindernot- Viele ehemalige Straßenkinder besuchen ausgedehnt. hilfe Österreich – weitere 1800 mit einer Pa- jetzt wieder die Schule und starten eine http://www.stift-klosterneuburg.at tenschaft für ein Kind und seine Gemein- Berufsausbildung“ so Luzia Wibiral. schaft. „Wir wissen, daß unsere Unterstützung Mit dem Ziel möglichst vielen Kindern nur ein Tropfen auf einen heißen Stein ist“, eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen, Spendenkonto Kindernothilfe Österreich: sagte Generalabt Propst Bernhard Backov- wurde die Kindernothilfe Österreich 1996 Erste Bank, Kto.-Nr. 310028-03031 sky bei der Spendenübergabe, „aber wir gegründet. Sie arbeitet eng mit der Kinder- BLZ 20111, Kennwort: Kinder in Not haben in Rumänien auch erlebt, was diese nothilfe Deutschland zusammen, die 1959 oder unter: http://www.kindernothilfe.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 25 Österreich, Europa und die Welt Hilfe vor Ort in Europa und Afrika Weitere fünf Projekte der Wiener Auslandshilfe zur Armutsbekämpfung in besonders benachteiligten Regionen Osteuropas und Afrikas beschlossen.

nfang März haben wieder fünf Projekte Ader Wiener Auslandshilfe zur Armuts- bekämpfung in besonders benachteiligten Regionen Osteuropas und Afrikas den zu- ständigen Gemeinderatsausschuß für Inte- gration, Frauenfragen, KonsumentInnen- schutz und Personal passiert. Insgesamt ste- hen dafür fast 200.000 Euro zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt auf der Aus- und Weiterbildung von Frauen und Mädchen in Bosnien und Herzegowina, Albanien, Koso- vo und Rumänien sowie auf der Ausbildung von Jugendlichen in Südafrika. Dazu Integrationsstadträtin Sandra Frau- enberger: „Ich sehe die Aktivitäten der Stadt Wien, die ,Hilfe vor Ort‘ als Teil einer effi- zienten Migrations- und Integrationspolitik. Denn es muß unser generelles Ziel sein, durch sinnvolle entwicklungspolitische Maß- nahmen, die Lebenssituation der Menschen Eröffnung eines Kinderheimes in der Nähe von Kiew Foto: Christian Anderle gerade auch in den Ausgangsländern von Migration zu verbessern. Wien trägt seinen bildungsprojekte insbesondere für Frauen Nepal und Nigeria. Ein Bergelöschfahrzeug Teil dazu jedenfalls bei.“ und Mädchen in besonders benachteiligen der Wiener Berufsfeuerwehr ging nach Bul- Im Rahmen der Projekte, so Frauenberger Regionen gesetzt. Hier werden wir konti- garien. Zahlreiche medizinisch-technische weiter, werden insbesondere auch Frauen und nuierlich weiterarbeiten“, sagte Stadträtin Geräte wurden vom Wiener Krankenanstal- Mädchen aus der Roma-Volksgruppe geför- Frauenberger. tenverbund an international tätige NGOs für dert, um ihre Bildungschancen zu verbessern 2007 setzte die Stadt Wien im Rahmen Entwicklungsprojekte abgegeben. bzw. ihnen überhaupt den Zugang zu einer der Auslandshilfe ihre Schwerpunkte auf die Die Stadt Wien trägt einen Teil der Miet- Ausbildung zu ermöglichen. Gerade für die- Aus- und Weiterbildung von Mädchen und kosten der Botschaften von Äthiopien, Bur- se Mädchen und Frauen werde damit eine Frauen. Geografisch wurde der Schwerpunkt kina Faso, der Dominikanischen Republik, wesentliche Grundlage in Richtung eines un- wieder auf Osteuropa und Afrika gelegt. den Kap Verde, der Mongolei, Nicaragua, abhängigen, selbstbestimmten Lebens ge- Ausbildungs- und Weiterbildungspro- Palästinensische Autonomiegebiete, dem schaffen. Die Palette reicht dabei von geziel- gramme für Mädchen und Frauen wurden in Sudan und El Salvador. tem Nachmittagsförderunterricht bis hin zu Albanien, Äthiopien, Bosnien und Herze- Kinder und Jugendliche aus sozial schwa- Ausbildungen in den Lehrberufen Schneide- gowina, Moldau, der Türkei und der Ukraine chen Familien aus Bosnien und Herzegowina, rin und Friseurin. Mit einem weiteren Pro- gestartet. In Armenien, dem Libanon und der den Palästinensischen Autonomiegebieten jekt erhalten junge arbeitslose Frauen im Ko- Ukraine wurden Gesundheitsprojekte geför- und der Ukraine wurden zu je zweiwöchigen sovo eine Bäckereilehre und es werden ihnen dert. In Bhutan und in Südafrika wurde der Erholungsaufenthalten in Wien eingeladen. Kenntnisse in der Betriebsführung vermit- Neubau von Schuleinrichtungen unterstützt. Aber auch in Wien wurde über Entwick- telt. Auch wird der Ankauf eines Echokar- In Albanien wurde weiters ein Projekt zur lungspolitische Themen berichtet. Im Rah- diografen für das Krankenhaus in Radautz als Bekämpfung des Frauenhandels initiiert und men einer Veranstaltung wurden Verantwort- wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der die Wasserversorgung in Shkodra sicherge- liche der von der Stadt Wien geförderten Pro- medizinischen Infrastruktur in dieser Stadt stellt. Eine Studie zur Wiederaufforstung jekte eingeladen, über ihre Erfahrungen zu in Rumänien unterstützt. Das Projekt „Ithu- von im Libanon-Israel Krieg zerstörten Wäl- berichten. ba Skills College“ des Vereins „social sustai- der soll ein weiterer Schritt zu einer nach- Zur Bewerbung von Fairtrade-Produkten nable architecture“ hat zum Ziel, gemeinsam haltigen Verbesserung der Lebenssituation wurde wieder eine Fiesta in Anwesenheit mit ArchitekturstudentInnen aus Österreich im Libanon darstellen. In Serbien wurde für von zahlreichen Entscheidungs- und Mei- in der Region um Johannesburg Schulen bzw. Flüchtlinge der Roma-Volksgruppe Häuser nungsmacherInnen unterstützt. Auch das von Betreuungseinrichtungen für Menschen mit errichtet und in Indien Frauen aus der Dalit- der Stadt Wien mitfinanzierte Südwind- Behinderungen zu planen und zu errichten. Kaste in politischer Führung unterrichtet. Straßenfest zur Bekanntmachung von diver- „Wien hat schon im vergangenen Jahr bei Transporte mit Hilfsgütern erfolgten nach sen EZA-Projekten im Wiener Alten AKH der Auslandshilfe eine Schwerpunkt auf Aus- Burkina Faso, Irak, Mozambik, Mongolei, fand großen Zulauf.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 26 Südtirol Gedenkjahr 2009 Museumserweiterung und »Andreas-Hofer-Bus«

ie Grundgedanken und einige Initia- Hofer als einen charismatischen, mutigen Andreas Hofer, berichtete Bürgermeister Dtiven für das Gedenkjahr 2009 haben und einfachen Mann, der sich für sein Land, Konrad Pfitscher. Nun soll das dort beste- Landeshauptmann Luis Durnwalder und Gerechtigkeit und Recht einsetzte und ande- hende Museum um 400 Quadratmeter er- Kulturlandesrätin Sabina Kasslatter Mur am re begeisterte. weitert werden. Im neuen Bereich solle ein Vortag des Andreas-Hofer-Tages (18. Fe- Das Gedenkjahr sei nicht dazu da, schöne europäischer Blick auf Andreas Hofer mög- bruar 2008), vorgestellt. Ein wichtiges Vor- Reden zu schwingen, sondern etwas Blei- lich werden, so Durnwalder und Kasslatter haben ist der rund 2,2 Millionen Euro teure bendes zu schaffen, hob Durnwalder hervor. Mur. Neben der Darstellung Andreas Hofers Ausbau des Museums beim Sandwirt in In diesem Sinne würde das „MuseumPasseir“ in seiner Zeit soll zudem auch das Thema Passeier, der einen europäischen Blick auf ausgebaut, erklärten Durnwalder und Kass- „Held“ aufgegriffen werden, erklärte Mu- Andreas Hofer ermöglichen soll. Bereits latter Mur. Wichtig ist es, so die beiden, die seumspräsident Albin Pixner. Das Museum online ist die gemeinsame Webseite Länder Bürger und Organisationen mit einzubezie- wird außerdem viersprachig, und zwar Südtirol, Tirol und Trentino zum Gedenk- hen. „Bisher haben wir 27 Projekte für das Deutsch, Italienisch, Englisch und Franzö- jahr. Geplant ist zudem ein Andreas-Hofer- Gedenkjahr genehmigt und weitere werden sisch. Beim Konzept für die Museumserwei- Bus, der von Ort zu Ort tourt und Geschichte noch überprüft“, berichtete Kasslatter Mur. terung seinen zahlreiche Historiker aus vermittelt. Durch unterschiedliche Projekte sollten anderen europäischen Ländern beteiligt, sagte Pixner. Kosten wird das Vorhaben laut Durnwalder 2,2 Millionen Euro. 85 Prozent der Kosten wird das Land übernehmen, den Rest die Gemeinde St. Leonhard in Passeier. Geplant ist zudem ein Andreas-Hofer- Bus als „moderne Geschichtsvermittlung“. Der Bus mit Materialien über Andreas Hofer soll verschiedene Orte in Südtirol, Nordtirol und der Provinz Mantua anfahren und vor Ort Geschichte lebendig machen. Auf dem Programm stehen derzeit 20 verschiedene Touren zu unterschiedlichen Themen wie Weinhandel, geheime Konferenzen, Kämpfe usw. http://www.1809-2009.eu

Innsbruck: Gedenkfeier für Andreas Hofer und die gefallenen Landessöhne Foto: Presseamt des Landes Südtirol/Pertl Am Bergisel fand anläßlich des Todes- Kulturlandesrätin Sabina Kasslatter Mur, Landeshauptmann Luis Durnwalder, tages von Andreas Hofer die traditionelle Konrad Pixner, Bürgermeister von Andreas Hofers Geburtsgemeinde St. Leonhard im Passeier, sowie Albin Pixner, Obmann des MuseumPasseier (v.l.) Landes-Gedenkfeier statt. Im Anschluß an den Gedenkgottesdienst für Volk und Hei- „2009 wollen wir des Jahres 1809 und möglichst viele Bürger erreicht und auf ihre mat in der Hohen Frauenkapelle erfolgte vor Andreas Hofer gedenken, aber nicht nur – kulturellen bzw. geschichtlichen Wurzeln dem Andreas-Hofer-Denkmal die feierliche wir wollen einen Bezug von der Vergan- aufmerksam gemacht werden, sagte die Kul- Kranzniederlegung. genheit zur Gegenwart herstellen, indem wir turlandesrätin. In diesem Zusammenhang Die Selbstbehauptung Tirols unter An- fragen, welches Vermächtnis Andreas Hofer verwies die Landesrätin auf die gemeinsame dreas Hofer ist Anlaß zahlreicher Aktivitäten uns hinterlassen hat, was er heute tun würde Internetseite der Länder Südtirol, Tirol und unter dem Motto „Geschichte trifft Zu- und für welche Werte er stand“, sagte Lan- Trentino, die ständig erweitert und mit neuen kunft“, die von Tirol, Südtirol und dem Tren- deshauptmann Durnwalder. „Auch heute ist Inhalten rund um das Gedenkjahr „gefüttert“ tino geplant sind. Die drei Länder möchten es wichtig, daß jeder Heimat lebt und vertei- wird. dabei nicht „nur“ an historische Ereignisse digt, daß die Bürger Mut haben für Recht Ein wichtiges Vorhaben sei der Ausbau erinnern, sondern ihren Fokus bewußt auf und Gerechtigkeit einzustehen sowie mitzu- des Museums beim Sandhof, betonten die Gegenwart und Zukunft richten. Ein Mo- reden und mitzugestalten“, unterstrich der Landesvertreter. Seit 1830 gebe es eine Ge- saikstein der Aktivitäten in Tirol bildet die Landeshauptmann. Er beschrieb Andreas denkstätte beim Sandhof, der Heimat von Kampagne „Tirol steckt in dir“.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 27 Europa Eurobarometer Europäer sprechen sich für europäische Regionalpolitik aus

anuta Hübner, EU-Kommissarin für Am stärksten ausgeprägt ist dieses Bewußt- Bereichen investiert: Bildung, Gesundheit, DRegionalpolitik, gab am 7. März die sein in Slowenien (66 %), Litauen (65 %), Ös- soziale Infrastrukturen, Umweltschutz und Ergebnisse einer Eurobarometer-Umfrage terreich (64 %) und Irland (64 %), wohinge- Verhütung von Risiken. Außerdem sind sie bekannt, in der Europäer nach ihrer Wahr- gen es in Bulgarien (35 %), Zypern (35 %) der Meinung, dass die Berufsbildung und nehmung der europäischen Regionalpolitik und in den Niederlanden (30 %) eher gering Kleinunternehmen gefördert werden sollten. gefragt wurden. Aus der Umfrage geht her- ist. Deutschland (46 %), Frankreich (45 %) Eine sehr große Mehrheit der Europäer vor, daß die große Mehrheit der Bürgerinnen und das Vereinigte Königreich (38 %) liegen möchte, daß sich die Regionalpolitik in Zu- und Bürger vom Nutzen dieser Politik, auf unter dem Gemeinschaftsdurchschnitt. kunft auch mit der Bekämpfung des Klima- die über ein Drittel des EU-Haushalts ent- wandels, mit der Globalisierung und mit der fällt, für ihre Stadt oder Region überzeugt Bevölkerungsentwicklung auseinandersetzt. sind. Die Befragten äußerten den Wunsch 85 % der Befragten sehen beim Klimawan- nach einer noch ehrgeizigeren Regionalpo- del (erste oder zweite Frage) prioritären litik, die sich klar den neuen Herausforde- Handlungsbedarf, 54 % bei der Globalisie- rungen wie der Bekämpfung des Klima- rung und 52 % bei den demografischen Her- wandels, der Globalisierung und der demo- ausforderungen. grafischen Entwicklung stellt. Danuta Hübner: „Diese Umfrage bestä- Die Verwaltungsmethode tigt das Vertrauen der Europäer in die Maß- der Fonds wird positiv beurteilt nahmen der Kohäsionspolitik (= Zusammen- Die europäischen Bürger sind auch für halt zwischen einzelnen Staaten und Regio- das Partnerschaftsprinzip, das eine Betei- nen, Anm.). Die Bürgerinnen und Bürger ligung der Zivilgesellschaft an der Verwal- sind nicht nur der Meinung, daß wir die ärm- tung der Fonds ermöglicht. So erachten es sten Regionen Europas weiterhin unterstüt- 82 % der Europäer als positiv, dass Unter- zen sollten, damit diese ihren Rückstand auf- nehmensvereinigungen, Gewerkschaften holen können, sondern denken auch, daß im Credit © European Community und Organisationen, die sich für Chancen- Rahmen der Regionalpolitik nach wie vor Danuta Hübner, EU-Kommissarin gleichheit und Umwelt einsetzen, in die Aus- für Regionalpolitik alle Regionen Europas gefördert werden sol- wahl der Projekte vor Ort einbezogen wer- len. Sie wollen eine noch ehrgeizigere Re- Diejenigen, denen die einschlägigen den. Mit anderen Worten: Das für die Ko- gionalpolitik, die den neuen Herausforde- Maßnahmen der Regionalpolitik bekannt häsionspolitik kennzeichnende Prinzip der rungen des 21. Jahrhunderts, wie dem Kli- sind, vertreten zum Großteil (70 %) die An- Einbindung auf mehreren Ebenen findet bei mawandel, der Bevölkerungsentwicklung sicht, daß diese von Nutzen sind. Nur ein den Bürgern großen Zuspruch. und den Auswirkungen der Globalisierung, Fünftel der Befragten (22 %) gab an, daß die Die Kommission ist der Ansicht, daß die gerecht werden kann. Wir müssen also die Regionalpolitik ihrer Region nicht nutzt (vor Mitgliedstaaten weiter daran arbeiten müs- Instrumente schaffen, mit denen wir diesen allem Franzosen, Niederländer, Bulgaren sen, ihre Bürger besser über die Projekte zu Erwartungen entsprechen können.“ und Slowenen). Litauen und Irland sind hin- informieren, die zu Tausenden von der EU Die im Januar dieses Jahres in den 27 Mit- gegen Beispiele für Länder, in denen die po- gefördert werden. gliedstaaten durchgeführte Eurobarometer- sitiven Auswirkungen europäischer Unter- Durch die Gemeinschaftsvorschriften Umfrage steht im Zusammenhang mit der stützung nahezu einstimmig anerkannt wer- über die Fonds für den Zeitraum 2007-2013 öffentlichen Konsultation über die Zukunft den. sind die Mitgliedstaaten erstmals dazu ver- der Regionalpolitik, die Danuta Hübner ver- Die Europäer halten den Grundgedanken pflichtet, alle Listen mit den von der EU gangenen September einleitete. Ziel ist es, so der Regionalpolitik für richtig, denn 85 % kofinanzierten Projekten, den erhaltenen viele Bürgerinnen und Bürger wie möglich zeigen sich damit einverstanden, daß den Beträgen und den Empfängern zu veröffent- in die Reflexion über die europäische Regio- ärmsten Regionen der Vorzug eingeräumt lichen. Weiterhin legen die Mitgliedstaaten nalpolitik einzubeziehen. wird, damit diese ihren Rückstand aufholen der Kommission derzeit Kommunikations- können. 58 % der Bürger sind zudem der pläne für jedes der 450 Programme vor, die Ein Verhältnismäßig gut bekannter Meinung, daß die Regionalpolitik weiterhin im Zeitraum 2007-2013 im Rahmen der und geschätzter Politikbereich alle Regionen Europas unterstützen sollte Kohäsionspolitik finanziert werden. Kom- Die Hälfte der Befragten gab an, über die und nicht nur die ärmsten. missarin Hübner hat die Qualität der bisher Unterstützung, die ihrer Region oder Stadt eingereichten Pläne hervorgehoben, die die aus dem Kohäsionsfonds zugute kommt, Meinungsbild hinsichtlich der zunehmenden Bemühungen der Mitglieds- Bescheid zu wissen. In den zwölf neuen Mit- vorrangigen Interventionsbereiche staaten um eine bessere Kommunikation auf gliedstaaten (60 %) ist dieses Wissen präsen- Die Befragten sprachen sich dafür aus, diesem Gebiet widerspiegeln. ter als in den alten Mitgliedstaaten (47 %). daß die EU hauptsächlich in den folgenden http://ec.europa.eu/index_de.htm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 28 Speziell für Auslandsösterreicher Ein Jahr Netzwerk »Oberösterreich International« Um internationale Kontakte zu knüpfen, wurde 2007 unter dem Motto »Weltoffenheit leben« und »Wissen vernetzen« ein Netzwerk ins Leben gerufen.

berösterreich hat heute bereits viele OBotschafter in der Welt – ihr Wissen soll im Netzwerk „Oberösterreich Interna- tional“ gebündelt werden. Oberösterreich lädt alle AuslandsOberösterreicherInnen ein, ihre Erfahrungen und Kontakte einzubringen und den internationalen Stellenwert des Bundeslandes weiter zu steigern. Oberösterreich ist als Exportland Num- mer eins in Österreich (27 Prozent der gesamtösterreichischen Exporte) an gu- ten internationalen Kontakten interessiert und will diese stetig ausbauen. Oberösterreich international einen noch besseren Namen geben Österreich wird in der Welt noch immer hauptsächlich mit Wien und Salzburg in Verbindung gebracht. Oberösterreich muß daher seine Stärken und Angebote in Land OÖ / Haider 3 den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Karin Schachinger, Standort- und Innovationsagentur des Landes Oberösterreich Sport, Kultur und Wissenschaft, noch TMG, LH Josef Pühringer und Dagmar Höbarth, Präsidium Land OÖ deutlicher ins Bewußtsein der internatio- nalen Öffentlichkeit rücken. Jahr sind die Zugriffe auf rund 1500-1600 acht AuslandsOberösterreicherInnen teil- Heimischen Exporteuren Türen öffnen im Monat angestiegen und bis heute auf die- genommen haben. 60 Prozent der heimischen Bruttowert- sem Niveau geblieben. Standortpräsentation mit Empfang in Zü- schöpfung gehen in den Export, jeder rich am 3. September 2007 mit 15 Teil- zweite Arbeitsplatz im Land ist direkt Aktivitäten und Erfolge nehmer/innen. Mit Unterstützung der oder indirekt mit den Exporterfolgen im Jahr 2007 Kepler Society konnten dort einige neue heimischer Unternehmen verknüpft. Mitglieder gewonnen werden, daher jetzt Die Netzwerkteilnehmer wurden quartals- auch 23 Mitglieder in der Schweiz. Zum Start des Netzwerkes „Oberöster- mäßig per E-Mail mittels eines Newsletters Der Einladung zum Abendempfang in reich International“ wurde die Homepage über Aktuelles aus ihrem Bundesland infor- Barcelona und Madrid folgten übrigens http://www.ooe-international.at eingerich- miert. Die Standort- und Innovationsagentur drei Personen. Das Wissen und die Erfah- tet. Sie informiert sämtliche Landsleute in des Landes Oberösterreich (TMG) und der rungen von AuslandsOberösterreicherIn- der Welt regelmäßig über Aktuelles aus Tourismusverband sind ebenfalls bei der Er- nen wurden bei Diskussionsforen des ihrem Bundesland, präsentiert die Netzwerk- stellung des Newsletters eingebunden. Im Landes genutzt. So konnte Heinz Holler- partner und bietet die Möglichkeit, ebenfalls Mittelpunkt standen dabei neben den touris- weger, Leiter Entwicklung Gesamtfahr- Teil dieses Netzwerks zu werden. Darüber tischen Schwerpunkten (wie Wanderurlaube, zeug der Audi AG, für die „automoti- versteht sie sich als eine Plattform für den Advent in OÖ, Gaumenfreuden im Genuß- ve2007“ als Vortragender gewonnen wer- Erfahrungsaustausch von Meinungsbildnern land und Gesundheitsurlaube) auch der den. Daraus ergaben sich Kooperationen aus Wirtschaft, Politik, Sozialpartnerschaft, Wirtschaftsstandort Oberösterreich und kul- zwischen AUDI und der oö. Zuliefer- Kulturschaffenden und Medien in Oberös- turelle Aktivitäten (wie die Kulturhauptstadt industrie. terreich und dem Ausland. Laufend werden Linz09 und die Landesausstellung). Bei offi- Am 14. Jänner 2008 fand der erste Lie- hier Kurzinterviews, Erfahrungsberichte und ziellen Auslandskontakten wurden die Ober- ferantentag exklusiv für Partner des Statements der Mitglieder veröffentlicht. österreicherInnen im jeweiligen Land bei Automobil-Clusters (AC) in der Kon- Weiters informiert sie über Veranstaltungen Aktivitäten berücksichtigt und zu Veranstal- zernzentrale der AUDI AG in Ingolstadt wichtiger oberösterreichischer Einrichtun- tungen eingeladen. statt. Dabei wurde das Optimierungs- gen sowohl im In- als auch im Ausland. Standortpräsentation mit Sommeremp- potenzial an einem neuen Serienfahrzeug Besucherzugriffe: Bereits im ersten halben fang in Berlin am 21. Juni 2007, an dem von AUDI ermittelt. Das Auto wurde in

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 29 Speziell für Auslandsösterreicher

seine Einzelteile zerlegt und von den im Ausland leben, in Oberösterreich geplant. Auf Wunsch der Mitglieder können diese Firmenvertretern begutachtet. Insgesamt Weiters werden Experten aus der Wirtschaft in einem internen Bereich auf der Homepage 25 konkrete Projektideen für Verbesse- zu Fachveranstaltungen in Oberösterreich http://www.ooe-international.at miteinander rungen konnten die acht teilnehmenden eingeladen und eingebunden. in Kontakt treten. Unternehmen aus Oberösterreich AUDI präsentieren (Lenzing Plastics, Starlim Stimmen zu »OÖ International« Spritzguß, Audio Mobil Elektronik, TCG Unitech, SAG Motion Group, Rupert „Sie legen sehr eindrucksvoll dar, wie en, in Ihrem neuen Projekt einen Beitrag Fertinger Armaturen und Metallwaren, wichtig es für Bundesländer und Regionen leisten zu können.“ Hirschmann Automotive und Comneon ist, sich auch international zu präsentieren. Adalbert Leibetseder, electronic technology). Aufgrund des (…) Ich freue mich, daß Oberösterreich ehemaliger Schirennläufer, großen Erfolges sind bereits weitere mit der Initiative eine Vorreiterrolle vor- Managing Director, Australien, Lieferantentage bei anderen großen lebt: für Weltoffenheit, für das Hinaus- Automobilherstellern und -zulieferern in gehen, auf andere Zugehen und mit ihnen „Ich finde Ihre Idee, Oberösterreich in Vorbereitung. Partnerschaften eingehen. Die Auslands- Ausland für persönliche Kontakte zu för- Kinder und Jugendliche, die im Ausland oberösterreicher können dabei Mittler, dern, als ein sehr gutes Projekt. Natürlich leben und deren Eltern oberösterreichi- Übersetzer, Berater, Kontaktanbahner und kann man keine Wunder erwarten, aber sche Wurzeln haben, wurden gezielt über vieles mehr sein. Dies kann oft komple- wer keinen Versuch wagt, kann auch kei- besondere Kinder- und Ferienwochen in mentär zu den staatlichen Behörden und nen Erfolg erreichen.“ Oberösterreich informiert (z.B. Kinder- Institutionen das ,Tüpferl auf dem I bil- Cyril Geacintov, Gründer und Leiter uni in Steyr). Einladung zum Bruckner- den‘. Oberösterreich ist in vielen Dingen der Firma DRG Int., Medizintechn. fest 2007 nach Linz ein Markenname, auch ohne die üblichen Geräte), New Jersey, USA Klischees … hat vor allem Menschen, die bereit sind, die Ärmel aufzukrempeln, „Ich beglückwünsche Sie zu dieser Ausblick auf anzupacken, aufgeschlossen sind gegenü- Initiative und danke Ihnen, daß Sie mich die Aktivitäten ber neuen Entwicklungen: OÖ als Mini- als einen in Madrid tätigen Traunkirchner mundus für Österreich…“ darauf angesprochen haben.“ Im Rahmen der Aktionen zum Jubiläums- Ferdinand Fellner, Madrid, jahr „90 Jahre Oberösterreich“ wird das Netz- Mag. Franz Hörlberger, früher CEO und GD von Mitsubishi werk „Oberösterreich International“ einge- Botschafter in Jordanien Motors in Spanien, heute Eigentümer bunden. Unter dem Motto „Treffpunkt ,Ober- einer Immobiliengesellschaft österreich international“‘ werden die Mit- „Es ist eine gute Idee, im Ausland glieder des Netzwerkes nach Oberösterreich lebende Künstler für ein besseres Be- „Die Idee, mit den Auslands-Oberöster- zu Vorträgen/Interviews usw. eingeladen, um kanntwerden der Schönheiten und Beson- reichern in Kontakt zu treten, finde ich die Standbeine dieses Netzwerkes, seine derheiten von OÖ einzusetzen. Da ich mein großartig!“ Pater Leeb Kompetenzen in Oberösterreich selbst zu Geburtsland liebe, freue ich mich und bin präsentieren und zu zeigen, wie vielfältig gerne dazu bereit. „Ich bin Schriftstellerin – und sollte ich Oberösterreich in der Welt repräsentiert wird. Gertrud Mende, Autorin, in meiner Eigenschaft als Schriftstellerin Südfrankreich für mein Herkunftsland nützlich sein kön- nen, bin ich gerne dazu bereit.“ Ausbau der Ferialjobbörse „Bestellen Sie bitte dem Herrn Landes- Evelyn Grill, Deutschland Auslands-OberösterreicherInnen sind hauptmann mein Kompliment zur eingeladen, Ferialjobs, Praktika oder Au- Initiative; ich freue mich darüber …“ „Ich freue mich auf weitere Informatio- pairs in ihren Unternehmungen im Ausland Helmut Stroblmair, nen zu diesem Projekt und versichere Raiffeisenverband Südtirol, Bozen Ihnen, dass ich bei allen Tätigkeiten für junge Landsleute aus Oberösterreich an- Oberösterreich mit Stolz und Freude reprä- zubieten. Künstler mit oberösterreichischen „Gratuliere zu Ihrer Initiative OÖ Inter- sentieren werde.“ Wurzeln sollen über dieses Netzwerk stärker national. Ich bin sehr gerne bereit, Ihr Vor- Johann Mösenbichler, vernetzt werden. So sind Lesungen und Aus- haben zu unterstützen … würde mich freu- Musikkorps der Bayer. Polizei stellungen bekannter oö. KünstlerInnen, die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 30 Wirtschaft Gutes Jahr 2007 Gute Leistungsbilanz bestätigt Österreichs Wettbewerbsfähigkeit – Leitl: Exportziel wurde punktgenau erreicht – Importe: 113,8 Mrd. Euro, Exporte: 114,2 Mrd. Euro – Schenner: Auch der Tourismus ist auf Erfolgswelle

sterreichs Wirtschaft zeigt sich im inter- (einschließlich Konzernkredite) zeigte sich Önationalen Vergleich auch im Jahr 2007 Österreichische Außenwirtschaft im Jahr 2007 nach vorläufigen Schätzungen äußerst wettbewerbsfähig: Nach vorläufigen in Mrd. Euro nahezu ausgeglichen: Heimische Investoren Schätzungen ergab die heimische Leistungs- Jän. bis Dez. veranlagten 20,1 Mrd. Euro im Ausland, bilanz ein Plus von 7,3 Mrd. Euro. Öster- 2006 2007 während österreichischen Unternehmen aus reich exportierte – nicht zuletzt infolge sei- Kapitalbilanz -5,1 -6,5 dem Ausland rund 19,7 Mrd. Euro zuflossen. ner preislichen Wettbewerbsfähigkeit – also Direktinvestitionen -2,4 -0,4 Die offiziellen Währungsreserven wur- deutlich mehr Güter und Dienstleistungen im Ausland -3,8 -20,1 den 2007 transaktionsbedingt um 1,9 Mrd. ins Ausland, als es umgekehrt einführte. Der im Inland 1,5 19,7 Euro aufgebaut. seit einigen Jahren bemerkbare Trend zu Portfolioinvestitionen 9,5 19,6 steigenden Leistungsbilanzüberschüssen setzt im Ausland -26,8 -16,2 Leitl: Dank an Export- im Inland 36,3 35,8 sich damit fort. betriebe und die AWO Die günstige Entwicklung der preislichen Sonstige Investitionen -11,6 -22,3 Wettbewerbsfähigkeit verschaffte Österreich Finanzderivate -1,2 -1,6 „Ich bin stolz auf unsere Exportbetriebe 1) in den vergangenen Jahren im internationa- Währungsreserven 0,5 -1,9 und danke ihnen, daß sie im Vorjahr ein len Güter- und Dienstleistungsverkehr eine Leistungsbilanzsaldo 6,7 7,3 zweistelliges Exportwachstum für unser vorteilhafte Position, die sich vor allem Land zuwegegebracht haben und damit die 1) Zunahme: -; Abnahme: +. durch anhaltende Nachfrage aus dem Aus- Rundungen können Rechnungsdifferenzen ergeben Basis für die guten Wachstums- und Be- land bemerkbar macht. Punkten konnten hei- Quelle: Oesterreichische Nationalbank schäftigungszahlen des Jahres 2007 gelegt mische Exporteure vor allem im Dienstlei- haben“, freut sich der Präsident der Wirt- stungsbereich, der per Saldo fast um 2 Mrd. genwert von 1,9 Mrd. Euro (nach 7,3 Mrd. schaftskammer Österreich, Christoph Leitl, Euro über dem Ergebnis des Jahres 2006 lag. Euro). Umgekehrt wurden nur 2,5 Mrd. Euro anläßlich der von Statistik veröffent- an österreichischen Aktien und Investment- lichten Ganzjahreszahlen für den österreichi- Günstige Entwicklung zertifikaten im Ausland abgesetzt (2006: schen Außenhandel. „Mit 10,1 Prozent Ex- 8,1 Mrd. Euro). portwachstum haben wir unser anvisiertes Die günstige Leistungsbilanzentwicklung Österreichs Teilbilanz der grenzüber- Ziel punktgenau erreicht!“, so Leitl, der heuer resultierte folgerichtig in einem Kapital- schreitenden Unternehmensbeteiligungen zu Jahresbeginn bereits eine Exportprognose überschuß Österreichs gegenüber dem Aus- land. Vor allem das internationale Kredit- Der Außenhandel Österreichs Jänner - Dezember 2007 und Einlagengeschäft der Banken zeigte mit Jahr Einfuhr Ausfuhr Einfuhr- Zu- (+) Anteil netto rund 30 Mrd. Euro einen deutlichen (-) bzw. Abnahme (-) Kapitalabfluß. Für die Gesamtwirtschaft er- überschuß gegenüber gaben sich aus diesem Segment immerhin (+) Vorjahr Nettoinvestitionen von 22 Mrd. Euro. Einfuhr Ausfuhr Einfuhr Ausfuhr Im grenzüberschreitenden Wertpapierge- in 1000 Euro in Prozent schäft flossen der heimischen Volkswirt- schaft per Saldo dagegen knapp 20 Mrd. Euro Insgesamt zu. Einerseits lagen Österreichs Auslands- 2007*) 113.798.404 114.194.236 395.832 9,2 10,1 100 100 veranlagungen mit 16,2 Mrd Euro deutlich 2006 104.200.577 103.741.778 -458.799 100 100 hinter dem Vergleichswert 2006 (26,8 Mrd Euro). Andererseits erreichte die Nachfrage EU27 des Auslands mit fast 36 Mrd. Euro annä- 2007*) 84.821.728 82.617.855 -2.203.873 9,0 10,4 74,5 72,3 hernd das außergewöhnlich hohe Niveau des 2006 77.825.854 74.859.280 -2.966.574 74,7 72,2 Jahres 2006. Deutlich eingebrochen ist die heimische wie auch die internationale Nach- Drittstaaten frage nach Aktien und Investmentzertifi- 2007*) 28.976.676 31.576.381 2.599.705 9,9 9,3 25,5 27,7 katen, die infolge des weltweit ungünstigen 2006 26.374.723 28.882.498 2.507.775 25,3 27,8 Börseumfelds um jeweils rund 70 % hinter den Vergleichswerten 2006 lag: Österreichi- Quelle: Statistik Austria, *) 2007 vorläufige Ergebnisse sche Anleger kauften Anteilscheine im Ge-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 31 Wirtschaft der Außenwirtschaft Österreich (AWO) der WKÖ mit rund 10 Prozent präsentiert hatte. „Großer Dank gilt auch unserer schlag- kräftigen Außenwirtschaftsorganisation, wo tüchtige Leute mit großem Engagement und großer Professionalität an 107 Punkten der Welt für unsere Unternehmen und unser Land im Einsatz sind. Danken möchte ich aber ebenso unseren medialen Wegbeglei- tern, die mit ihrer Berichterstattung über Exporterfolge ermutigt und insbesondere Klein- und Mittelbetriebe angeregt haben, auch den Sprung über Österreichs Grenzen zu wagen und damit erfolgreich zu sein“, betont der WKÖ-Präsident. Für 2008 erwartet Leitl eine weiterhin gute Exportperformance, „für die wir uns eine Latte gelegt haben, die mit 8 Prozent Zu- wachs rund 50 Prozent höher liegt als die Prognosen der heimischen Wirtschaftsfor- scher.“ Der Exporterfolg 2007 werde sicher- lich ermutigen auch dieses Ziel zu erreichen Foto: Österreich Werbung Deutschland und damit beitragen, im Jahr 2008 50.000 In der Österreich-Ausstellung auf der ITB Berlin: EURO 08-Maskottchen Trix, Elisa- beth Udolf-Strobl, Leiterin Tourismussektion im Wirtschaftsministerium, Johann neue Jobs zu schaffen. Leitl: „Wir haben Schenner, WKO-Bundesspartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft, Maskott- bewiesen, dass wir es können. Daher gilt das chen Flix und Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung (v.l.) Motto: Da capo Austria.“ auf 114,19 Mrd. Euro. Die Warenverkehrs- ist um 10,4% mehr als in der Periode Jänner Die Zahlen bilanz verzeichnete ein Aktivum von 0,40 bis Dezember 2006. Die Handelsbilanz mit Mrd. Euro. der Europäischen Union verzeichnete ein Wie die Statistik Austria anhand vorläufi- Aus den EU-Mitgliedstaaten bezog Ös- Passivum von 2,20 Mrd. Euro. ger Ergebnisse errechnete, lag der Gesamt- terreich im Berichtszeitraum Waren im Wert Der Außenhandel mit Drittstaaten fiel im wert der Einfuhren im Zeitraum Jänner bis von 84,82 Mrd. Euro, das entspricht einem Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeit- Dezember 2007 mit 113,80 Mrd. Euro um Anstieg um 9,0% gegenüber dem Vorjahres- raum bei den Importen mit 28,98 Mrd. Euro 9,2% über dem Vorjahreswert, die Ausfuh- zeitraum. Der Wert der in diese Länder ver- bzw. um 9,9%, bei den Exporten mit 31,58 ren verzeichneten ein Wachstum von 10,1% sandten Waren betrug 82,62 Mrd. Euro, das Mrd. Euro um 9,3% höher aus. Das Aktivum der Handelsbilanz mit Drittländern betrug 2,60 Mrd. Euro. Im Berichtsmonat Dezember 2007 lag der Einfuhrwert bei 8,72 Mrd. Euro und verzeich- nete ein Plus von 2,9% gegenüber Dezember 2006, die Ausfuhren betrugen 8,24 Mrd. Eu- ro und verringerten sich um 3,6% im Ver- gleich zum Vorjahresmonat. Die Handels- bilanz verzeichnete ein Minus von 0,48 Mrd. Euro. In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurden im Dezember 2007 Waren im Wert von 5,77 Mrd. Euro versandt und Wa- ren im Wert von 6,59 Mrd. Euro von dort bezogen. Gegenüber Dezember 2006 verrin- gerten sich die Versendungen in die EU Länder um 5,3%, die Eingänge erhöhten sich um 4,7%. Die Importe aus Drittstaaten betrugen 2,14 Mrd. Euro und fielen gegenüber De- zember 2006 um 2,1%, die Exporte mit 2,47

Foto: Oberösterreich Tourismus Mrd. Euro verzeichneten einen Anstieg um Der Begriff »Genussland« und die damit verbundene Qualität der Produkte ruft 0,7%. Das Aktivum der Handelsbilanz mit große Nachfrage hervor – auch bei großen Wirtschaftsunternehmen den Drittstaaten betrug 0,34 Mrd. Euro.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 32 Wirtschaft Foto: Stadt Linz Bereitet sich darauf vor, gemeinsam mit Vilnius 2009 Kulturhauptstadt Europas Gastgeberin zu sein: Landeshauptstadt Linz

Tourismus geht mit der Tourismussprecher. „Natürlich sollen wie z. B. Österreich, seine Nachbarstaaten, Schwung ins neue Jahr Nichtraucher bestmöglich geschützt werden. die übrigen zentraleuropäischen Länder so- Aber dafür alle Raucher vor die Tür zu wie jene Märkte bzw. Städte, die durch Flug- Österreichs Tourismus hat den Schwung schicken?“ Da gebe es intelligentere Lö- verbindungen gut an Linz angebunden sind der im Vorjahr geschafften Trendwende gut sungen. „In meinem Betrieb in St. Anton am (derzeit z. B. Barcelona, London und einige ins neue Jahr mitgenommen. Vom Anstieg Arlberg habe ich zwei Speisezimmer, und deutsche Metropolen). der Nächtigungen in der Wintersaison (No- die Räumlichkeiten sind in Raucher- und Auf der ITB war Linz mit vier Präsen- vember 2007 bis Jänner 2008) um 7 % auf Nichtraucher-Zimmer getrennt. Das funktio- tationsflächen auf dem Österreich-Stand ver- 26,62 Mio. profitieren alle Bundesländer. So niert bei einer ordentlichen Lüftungsanlage treten. Und im Österreich-Café bot die Ver- konnte beispielsweise Tirol in diesen drei bestens“, berichtete der Schenner aus seiner kostung der „Linzer Torte“ einen Vorge- Monaten mehr als 10 Mio. Nächtigungen er- persönlichen Praxis. schmack auf 2009. „Eine solche Bündelung zielen, erklärte Johann Schenner, der Ob- aller Kräfte ist bei einem Projekt dieser mann der Bundessparte Tourismus und Frei- Weitere Höhepunkte Dimension auch nötig, denn wir haben sehr zeitwirtschaft, bei einer internationalen Pres- nach der EURO 2008 ambitionierte Ziele“. Linz will ein Plus von sekonferenz mit Petra Stolba, Geschäftsfüh- 30 % bei den Nächtigungen und Besuchern rerin der Österreich Werbung (ÖW), auf der Linz wird gemeinsam mit der litauischen dauerhaft erreichen, um auch künftig die Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Hauptstadt Vilnius zur Kulturhauptstadt Eu- erhöhte Bettenkapazität (plus 30 % auf 6200 Besonders erfreulich waren, so Schenner, ropas und Gastgeberin Europas. Linz, bisher Betten) mit klassischem Städtetourismus neben dem kräftigen Plus aus Deutschland hauptsächlich bei Geschäfts-, Kongreß-, bestmöglich auszulasten. die Zuwächse bei Gästen aus osteuropäi- Schiff- und Radtouristen erfolgreich, will Den internationalen Journalisten wurden schen Staaten. So wurden im Jänner 2008 an sich als Kulturhauptstadt Europas nun auch auch die Preisträger des alljährlichen „Best die 322.000 Nächtigungen (plus 20,3 %) rus- als attraktive Destination für klassische of Austria“-Bewerbes auf der ITB präsen- sischer Gäste verzeichnet, womit diese Städte- und Kulturtouristen nachhaltig posi- tiert. Den ersten Preis hat das Projekt „Pan- bereits an fünfter Stelle der ausländischen tionieren. nonisch Wohnen“ davongetragen. 29 Gäste- Herkunftsmärkte rangieren. Aber auch die Das Aktionsprogramm für „Linz 09“ be- häuser an verschiedenen Standorten des Gästezahlen aus Ungarn, Tschechien, Slo- spielt verschiedene Themen. Gleich mit dem Burgenlandes haben sich zusammenge- wakei, Rumänien und Bulgarien haben deut- Eröffnungsfest zu Silvester 08/09 und der schlossen und vermarkten gemeinsam ein lich zugenommen. Eröffnung im Ars-Electronica-Center läuft sympathisches Produkt: Individuelles Woh- ein vielfältiges Programm an. Eine Fülle in- nen nach höchsten Qualitätsstandards – und Österreich wird zurecht frastruktureller Projekte wie z.B. die Moder- doch in „gewachsener“ Bausubstanz. Für als Genußland gesehen nisierung und der Ausbau der Pöstlingberg- den Gast bedeutet dies, daß er teilhaben kann bahn, in die Stadt und Land rund 250 Mio. am Leben der Menschen einer Region. Das „In Österreich ist es so, daß wir das Euro investieren, werden dabei für 2009 um- hat die Jury überzeugt. Auf den Plätzen fol- Leben genießen und wenn es nach uns geht, gesetzt. gen „Kärnten – Dinner for 2 im Millstätter dann soll uns der Staat oder die EU nicht in Die Werbung für „Linz 09“ konzentriert See“ sowie „Salzburg – Almsommer Käse- jeder Angelegenheit bevormunden“, erklärte sich vor allem auf bereits bearbeitete Länder, Geheimnis in der Region Tennengau“.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 33 Wirtschaft Kredite in Österreich im Schnitt günstiger als im Euroraum Lediglich Wohnbaukredite teurer – Die Entwicklung der Kundenzinssätze in Österreich und im Euroraum im 4. Quartal 2007

ie durch die kurzfristige Liquiditäts- über dem Durchschnittswert des Euroraums privaten Haushalten der Zinssatz in Öster- Dknappheit am Geldmarkt verursachten (5,18%) und erstmals seit Erhebung der reich noch deutlich über dem Vergleichswert Anstiege der Zwischenbankzinssätze führten Zinssatzstatistik (im Jänner 2003) sogar über des Euroraums (3,19%). Bei kurzfristigen bei neu vereinbarten Krediten – und hier ins- dem traditionell eher höheren Durchschnitts- Einlagen (bis 1 Jahr) war der Durchschnitts- besondere für Wohnbauzwecke – im vierten zinssatz für Wohnbaukredite in Deutschland zinssatz in Österreich exakt derselbe wie je- Quartal 2007 zu deutlichen Anstiegen der (5,22 %). Auch die Zinssätze für Unterneh- ner des gesamten Euroraums. Über extreme Zinssätze. Im Vergleich zum September 2007 menskredite stiegen in Österreich im vierten Zinssatzanstiege konnten sich im vierten stiegen Zinssätze für neu vereinbarte Wohn- Quartal deutlich. Bei Kreditvolumen von bis Quartal vor allem Unternehmen freuen. Der baukredite durchschnittlich um 0,23 %-Punk- 1 Million Euro stieg der Zinssatz zwischen Durchschnittszinssatz für Unternehmensein- te auf 5,27%, was einen Anstieg von fast September und Dezember 2007 um 0,09 %- lagen stieg bis Dezember 2007 auf 4,60%, genau einem Prozentpunkt gegenüber De- Punkte auf 5,50%, bei Volumen von über 1 was auch deutlich über dem Euroraum- zember 2006 (4,28%) bedeutete. Damit lag Million Euro um 0,15 %-Punkte auf 5,10%. Vergleichswert lag. dieser Zinssatz sogar über dem Euroraum- Dennoch blieben die entsprechenden Werte Über das gesamte aushaftende Kredit- Durchschnitt, während für andere Kredit- noch relativ deutlich unter den Vergleichs- volumen führte der höhere Anteil an variabel arten die Konditionen im Schnitt noch dar- werten im Euroraum (6,01 bzw. 5,39%), verzinsten Krediten in Österreich dazu, daß unter lagen. Diese Entwicklung zeigte sich auch bei den Zinssätzen über den aushaften- den Gesamtbestand. Bei Wohnbaukrediten mit Laufzeit über 5 Jahren lag der Zinssatz im Dezember 2007 mit 5,50% deutlich hö- her als im gesamten Euroraum (5,00%), bei Konsumkrediten noch etwas darunter. Bei neuen Einlagen von privaten Haus- halten stiegen die Zinssätze im kurzfristigen Bereich im vierten Quartal recht deutlich (bei Laufzeit bis 1 Jahr um 0,12 %-Punkte auf 4,28%, bei Laufzeit von 1-2 Jahren um 0,22 %-Punkte auf 4,27%), wobei die Anstiege eher Termineinlagen größerer Investoren Foto: http://www.bilderbox.biz (z. B. Stiftungen) betrafen. Spareinlagen von ebenso auch bei den Konsumkrediten die Leitzinsanhebungen sich in den Kondi- privaten Haushalten stiegen hingegen nicht (Österreich: 6,56%, Euroraum: 7,64%). tionen österreichischer Kunden stärker als so deutlich (+0,11 bzw. 0,10 %-Punkte bei Bei neuen Einlagen von privaten Haus- im Euroraum-Durchschnitt widerspiegelten. bis 1 Jahr bzw. 1-2 Jahren Bindung), bei halten stiegen die Zinssätze im kurzfristigen Bei Wohnbaukrediten (über 5 Jahre Lauf- Laufzeit von mehr als 2 Jahren stagnierte der Bereich im vierten Quartal recht deutlich an. zeit) lag der Zinssatz in Österreich im De- Zinssatz sogar bei 4,24%. Bei Laufzeit von bis 1 Jahr stieg der Zinssatz zember 2007 mit 5,50% sogar deutlich höher Obwohl die letzte Leitzinserhöhung der um 0,12 %-Punkte auf 4,28%, bei Laufzeit als im Euroraum (5,00%). Auch die traditio- EZB (um 0,25 %-Punkte) bereits im Juni von 1-2 Jahren um 0,22 %-Punkte auf nell zu einem weitaus höheren Anteil fix ver- 2007 erfolgte, stiegen auch im vierten Quar- 4,27%. Die Anstiege wurden vor allem durch zinsten Wohnbaukredite in Deutschland wa- tal 2007 die Zinssätze für neu vereinbarte Termineinlagen größerer Investoren (z. B. ren mit 5,10% deutlich niedriger verzinst. Kredite mit privaten Haushalten und Unter- Stiftungen, die ebenfalls im Sektor private Bei Konsum- und Unternehmenskrediten nehmen deutlich an. Die stärksten Anhebun- Haushalte inkludiert sind) verursacht, bei sank der relative Zinsvorteil zum Euroraum gen gab es bei Wohnbaukrediten, bei denen Spareinlagen von privaten Haushalten blie- (jeweils mit über 5 Jahren Laufzeit) deutlich. der Durchschnittszinssatz gegenüber Sep- ben die Anstiege etwas geringer (+0,11 %- Bei Konsumkrediten war der Zinsvorteil nur tember 2007 um 0,23 %-Punkte auf 5,27 % Punkte auf 4,18 % bei Laufzeit bis 1 Jahr bzw. noch marginal (Österreich: 6,22%, Euroraum: im Dezember 2007 stieg, was gegenüber dem +0,10 %-Punkte auf 4,12% bei 1-2 Jahren 6,24%), nachdem er im Dezember 2006 noch Vergleichswert des Vorjahres (4,28%) einen Bindung). Bei Laufzeit von mehr als 2 Jah- 0,58 %-Punkte betragen hatte. Bei Unterneh- Anstieg um fast genau einen Prozentpunkt ren stagnierte der Zinssatz für Spareinlagen menskrediten halbierte sich der Zinsvorteil bedeutete. Damit lag der Durchschnitts- sogar bei 4,24%. Dennoch lag gerade bei gegenüber Dezember 2006 auf 0,15 %-Punk- zinssatz für Wohnbaukredite in Österreich längerfristigen Einlagen (über 2 Jahren) von te (Österreich 5,13%, Euroraum: 5,28%).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 34 Wirtschaft Erste Bank schließt 2007 mit Rekordquartal

rotz der heftigen Turbulenzen auf den mittelquote (ab 2007 nach Basel II), erhöhte Zeiten, in denen die Krise an den Finanz- Tinternationalen Kapitalmärkten und der sich von 10,3 Prozent zum Jahresende 2006 märkten durchaus zu Auswirkungen auf die aus unserer Sicht einseitigen Kritik an den auf nunmehr 10,5 Prozent per 31. Dezember Realwirtschaft führen kann, bewährt. An- volkswirtschaftlichen Entwicklungen in der 2007. Die Kernkapitalquote, bezogen auf gesichts der unverändert positiven und über Region Zentral- und Osteuropa, hat die Erste das Kreditrisiko, stieg von 6,6 auf nunmehr dem EU-Durchschnitt liegenden Wachstums- Bank Gruppe nicht nur ein hervorragendes 7,0 Prozent. perspektiven für die Region Zentral- und Jahresergebnis erwirtschaftet, sondern das Osteuropa und den Erfahrungen während der Jahr 2007 auch mit dem bislang besten ersten beiden Monate des laufenden Jahres, Quartal abgeschlossen“, faßte Andreas erwartet die Erste Bank Gruppe für das Jahr Treichl, Generaldirektor der Erste Bank der 2008 nach wie vor einen Anstieg des Jahres- oesterreichischen Sparkassen AG, das Ge- überschusses nach Steuern und Minderhei- schäftsjahr 2007 zusammen. ten von zumindest 20 Prozent und für 2009 „Wir haben unsere Prognosen eingehal- von zumindest 25 Prozent. ten und den Konzernüberschuß nach Steuern und Fremdanteilen um 26 Prozent von 932,2 Zinsüberschuß auf Euro 1.174,7 Mio. Euro erhöht. Dies ba- siert im wesentlichen auf den hervorragen- Die starke Nachfrage nach Krediten in den Zins- und Provisionsergebnissen, die je- den zentral- und osteuropäischen Tochterge- weils um mehr als 20 Prozent gesteigert sellschaften, verbunden mit einem steigen- wurden. Auch das Handelsergebnis konnte den Zinstrend führte zu einer Erhöhung des dank einer konservativen Veranlagungsstra- Zinsüberschusses von 3.189,3 um 23,7 Pro- tegie, die keine Investments in den US- zent auf 3.945,8 Mio. Euro. Auch bei Aus- Hypothekenmarkt und damit auch in den klammerung des Effektes aus der Einbezie- Subprimemarkt beinhaltete, um mehr als ein hung der BCR war der Anstieg um 11,9 Pro- Viertel verbessert werden. Durchwegs starke zent auf 3.358,8 Mio. Euro sehr zufrieden- operative Ergebnisse kamen 2007 auch von stellend. den Tochtergesellschaften in Zentral- und Die Zinsspanne (Zinsüberschuß in Pro- Osteuropa“, so Treichl weiter. zent der durchschnittlichen zinstragenden Ak- Das Betriebsergebnis als Saldo aus Be- tiva) verbesserte sich von 2,31 auf 2,49 Pro- triebserträgen und Verwaltungsaufwendun- zent. Zu dieser Ausweitung hat hauptsäch- gen stieg mit 27,2 Prozent von 2.003,6 auf lich die Einbeziehung der BCR beigetragen. 2.547,7 Mio. Euro noch stärker an. Die durchschnittliche Spanne im Österreich- Die Kosten-Ertrags-Relation (Verwal- geschäft ist leicht auf 1,6 Prozent gesunken. tungsaufwendungen in Prozent der Betriebs- Die durchschnittliche CEE-Zinsspanne wur- erträge) verbesserte sich von 59,5 Prozent de gegenüber dem Jahr 2006 von 3,8 auf im Vorjahr auf nunmehr 58,8 Prozent. 4,1 Prozent ausgeweitet. Daraus ergibt sich für das Gesamtjahr 2007 eine Eigenkapitalverzinsung nach Steu- Foto: http://www.bilderbox.biz Provisionsüberschuß ern und Fremdanteilen (cash, das heißt unter „Angesichts des vorliegenden ausge- Eliminierung der linearen Abschreibung für zeichneten Ergebnisses werden wir der Beim Provisionsüberschuß kam es im den Kundenstock und das Vertriebsnetz aus Hauptversammlung eine Erhöhung der Di- Jahr 2007 gegenüber 2006 zu einer Steige- getätigten Akquisitionen) von 14,6 Prozent vidende von 0,65 Euro je Aktie auf 0,75 vor- rung um 28,5 Prozent von 1.445,9 auf (ausgewiesener Wert 14,1 Prozent) gegen- schlagen“, kündigte der CFO der Erste Bank, 1.857,9 Mio. Euro (ohne BCR +14,3 Prozent über 13,8 Prozent (ausgewiesen 13,7 Pro- Peter Kisbenedek, an. auf 1.601,4 Mio. Euro). Überdurchschnittli- zent) in 2006. che Zuwachsraten konnten dabei mit Der Gewinn je Aktie (cash) erreichte +64,0 Prozent (ohne BCR +17,9 Prozent) 2007 einen Wert von 3,92 Euro (ausgewie- Ausblick vor allem im Kreditgeschäft und im Zah- sener Wert 3,76 Euro) gegenüber 3,14 Euro Die Erste Bank ist überzeugt, daß sich ihr lungsverkehr (+34,7 Prozent, ohne BCR (ausgewiesener Wert 3,10 Euro ) im Vorjahr. Geschäftsmodell – als Finanzdienstleister +15,3 Prozent) erzielt werden, wo besonders Die Bilanzsumme stieg 2007 von 181,7 mehr als 16 Millionen Kunden in den am das Kartengeschäft starke Steigerungen auf- um 10,4% auf 200,5 Mrd. Euro. stärksten wachsenden Volkswirtschaften wies (+48,4, ohne BCR +28,7 Prozent). Die auf das Kreditrisiko bezogene Eigen- Europas zu servicieren – auch in turbulenten http://www.erstebank.at/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 35 Wirtschaft Siemens City Vienna startet in die Intensivbauphase Weltweit größtes Siemens-Immobilienprojekt in Wien-Floridsdorf Copyright http://beyer.co.at

it dem Bau der Siemens City Vienna und damit auch ein architektonisches State- Der Umsetzung der Hochbauphase voran Msetzt Siemens Österreich das weltweit ment zur Unternehmenskultur von Siemens gingen weitreichende infrastrukturelle Ar- größte Immobilienprojekt des Siemens-Kon- Österreich“, so Brigitte Ederer, Vorsitzende beiten am 485.000 m² großen Areal in der zerns um. In Wien-Floridsdorf startet im des Vorstandes der Siemens AG Österreich. Siemensstraße, einem der am längsten be- März 2008 – nach dem erfolgten Abschluß wirtschafteten Siemens-Standorte in Wien. der Infrastrukturarbeiten – die Intensivbau- Campus zum Leben Dazu gehörten unter anderem Abbruch- phase des Businessparks, mit dem das Un- und Arbeiten arbeiten, die fachgerechte Entsorgung von ternehmen seine großen Wiener Standorte Altmaterialien und die Errichtung von In- konzentriert. In die Umsetzung bringt Sie- Mit dem Projekt Siemens City Vienna frastrukturanlagen wie Energiezentralen und mens Österreich sein umfangreiches Know- faßt Siemens Österreich langfristig einen -netze, Daten-, Kanal- und Wassernetze für how bei Planung, Energie und Haustechnik Großteil seiner Wiener Standorte zusammen. die Siemens City Vienna. Damit sind alle ein. Im ersten Hochbauabschnitt werden am In den nächsten Jahren entsteht im Norden Voraussetzungen für die Errichtung der Neu- Standort Siemensstraße etwa 3000 neue Ar- von Wien ein Campus zum Leben und Ar- bauten am Standort geschaffen worden. beitsplätze geschaffen, die ersten Mitarbeite- beiten. Das Grundstück in Wien Floridsdorf Mit einer Vielzahl von Maßnahmen wie rInnen werden 2010 ihre neuen Büros bezie- ist rund 485.000 m² groß – das entspricht der zum Beispiel Kühlung und Heizung durch hen. Mit den architektonischen Planungen Fläche von etwa 100 Fußballfeldern – und Bauteilaktivierung, Nutzung von Erdwärme, zur Siemens City Vienna wurde das Wiener verfügt derzeit über Gebäudeflächen von ca. lichtlenkende Jalousien, Regenwassernut- Architekturbüro Soyka/Silber/Soyka beauf- 140.000 m². Neben der Unternehmenszen- zung und einer intelligenten Energie- und tragt. trale sind dort derzeit Büros, Fertigungs- und Lichtsteuerung leistet die Siemens City „Für die Entscheidung zum Bau der Logistikhallen, eine Lehrwerkstätte, ein Be- Vienna ihren Beitrag zum Thema Umwelt- Siemens City Vienna waren mehrere Gründe triebskindergarten, ein MitarbeiterInnenre- schutz. Dafür steht das Siemens-Know-how ausschlaggebend: Zuerst ein ganz klares staurant, Sportplätze sowie ein Geldinstitut auf den Gebieten Energiemanagement und Commitment zum Standort Wien und zu sei- angesiedelt. Umwelt ein, das bereits in einer Vielzahl von ner weiteren Entwicklung. Dazu kommen Siemens drückt mit dem Bau der Siemens Aufträgen erfolgreich umgesetzt wurde. Die die Schaffung und Nutzung von Synergien City Vienna auch die Position Österreichs Siemens City Vienna nimmt am Green Buil- aus der Standortbewirtschaftung, ein Kon- als Drehscheibe für das CEE-Geschäft aus: ding Programm der EU teil. zept, das Nachhaltigkeit und Umweltschutz Von Wien aus verantwortet Siemens Öster- verkörpert, und eine Verbesserung der Flä- reich das Geschäft in acht Ländern Zentral- Die Eckpunkte cheneffizienz. Die Siemens City Vienna soll und Osteuropas – Slowakei, Slowenien, mit alldem ein Campus zum Leben und Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Das Zentralgebäude mit zwölf Ge- Arbeiten für unsere MitarbeiterInnen sein, Montenegro, Bulgarien und Rumänien. schoßen setzt den städtebaulichen Akzent.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 36 Wirtschaft

Die architektonische Form ergibt sich aus einer einladenden, sich öffnenden Geste zur Hauptzugangsrichtung für Fußgänger von der Siemensstraße (bestehende S-Bahn- Station). Hier entstehen auf ca. 32.500 m² Bruttogeschoßfläche etwa 1800 neue Ar- beitsplätze. Das Gebäude wird eine Tief- garage beinhalten. Die vier- bis fünfgeschoßigen Büroge- bäude der sogenannten Nordspange (Brutto- geschoßfläche ca. 24.000 m², ca. 1200 Ar- beitsplätze) sind durch die „Communication Line“, den Kern der Siemens City Vienna, mit allen wesentlichen Infrastruktureinrich- tungen, verbunden. Sie verzahnen sich mit einem das Gelände umspannenden Grünbe- reich, dem sogenannten „Green Valley“. Die Communication Line, das Herz der Siemens City Vienna, wird die einzelnen Ge- bäude verbinden. Infrastruktureinrichtungen wie z.B. Restaurant, Bistro, Café, Shop, Re- prozentrum und Bank werden von den an- grenzenden Bürogebäuden direkt erreichbar sein. Weiters wird die Communication Line unterschiedlichste gemeinsame Nutzungen ermöglichen, wie z. B. Produktpräsentatio- Copyright http://beyer.co.at nen, Veranstaltungen oder Aufenthaltszonen sen. Dort werden fünf Gastronomie-Outlets chen werden Ausgangspunkt für das Green für informelle Kommunikation. Diese ent- entstehen, davon drei Restaurants, ein Bistro Valley, ein Grünraumkonzept, das den Aus- spannte, kreativ anregende Atmosphäre wird und eine Espressobar. Das gastronomische senraum städtebaulich in Szene setzt. We- die Basis für eine attraktive neue Arbeits- Angebot wird auch Catering-Möglichkeiten sentliche Merkmale werden eine Verzah- umgebung bieten. für alle Konferenz- und Meetingräume bein- nung der Bürogebäude mit dem Grünraum, Der Restaurant- und Konferenzbereich halten. attraktive Wasserflächen und ein Wegenetz- der Siemens City Vienna wird drei Geschoße Ein neuer Grüngürtel in Ost-West-Rich- Konzept, das am gesamten Standort den mit ca. 6500 m² Bruttogeschoßfläche umfas- tung und die vorhandenen großen Wiesenflä- Grünraum optimal einschließt. Copyright http://beyer.co.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 37 Wirtschaft Porsche AG übernimmt Mehrheit an Volkswagen Volkswagen wird Stimmrechtsanteil an Scania auf 68,6 Prozent erhöhen – Das Porsche-VW-Imperium nimmt die vom Österreicher Prof. Ferdinand Piëch lange geplante Form an.

er Aufsichtsrat der Porsche Automobil DHolding SE, Stuttgart, hat grünes Licht für die Erhöhung der Beteiligung an der Volkswagen AG auf über 50 Prozent gege- ben. Das Kontrollgremium ermächtigte den Vorstand am 3. März 2008 in einer außeror- dentlichen Sitzung, weltweit alle dafür not- wendigen aufsichts- und kartellrechtlichen Schritte einzuleiten. Die Prüfungen der Auf- sichtsbehörden werden voraussichtlich eini- ge Monate dauern. Sobald die erforderlichen Freigaben vorliegen, kann die Porsche SE die Aktienmehrheit an Volkswagen erwer- ben. Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsit- zender der Porsche SE: „Unser Ziel ist die Schaffung einer der innovativsten und lei- stungsstärksten Automobil-Allianzen der Welt, die dem verschärften internationalen Wettbewerb gerecht wird.“ Die historisch gewachsene Gebäudestruktur der Porsche Produktion befindet sich Mit der Entscheidung werde der Weg da- in einem Mischgewerbegebiet in Stuttgart-Zuffenhausen. Foto: Porsche AG für geebnet, daß Volkswagen und Porsche künftig „gemeinsam in einer fairen und kol- sichert langfristig die Zukunft beider Un- ist ein wichtiger Schritt hin zu einer klaren, legialen Partnerschaft ein neues Kapitel ternehmen“, so der Vorstandsvorsitzende. langfristigen Aktionärsstruktur. Automobilgeschichte schreiben können“. Eine Fusion der beiden Unternehmen ist „Der Anteilserwerb unterstreicht die Be- Sobald der Mehrheitserwerb erfolgt ist, nicht geplant. deutung, die wir der Beteiligung an Scania wird die Volkswagen AG – neben der Dr. Der Erwerb weiterer 20 Prozent an VW zumessen“, sagte Prof. Martin Winterkorn, Ing. h.c. F. Porsche AG – ein weiterer Teil- entspricht beim derzeitigen Börsenkurs von Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Ak- konzern der Porsche Automobil Holding SE. rund 150 Euro je Stammaktie einem Invest- tiengesellschaft. „Scania ist eine starke Damit werden Arbeitnehmervertreter aus ment von knapp zehn Milliarden Euro. Premium-Marke mit einer aussichtsreichen dem Volkswagen-Konzern in den Aufsichts- Zukunft. Wir werden das Management und rat der Porsche Automobil Holding SE ein- Stimmrechtsanteil an die Mitarbeiter von Scania auf dem Weg des ziehen. Gemeinsam mit den Vertretern der Scania auf 68,6 Prozent profitablen Wachstums unterstützen. In den Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG werden sie die vergangenen acht Jahren haben Investor und Arbeitnehmerseite im zwölfköpfigen Kon- Volkswagen hat mit Investor AB und den Volkswagen erfolgreich zusammengearbei- trollgremium der Holding bilden. Wallenberg Stiftungen eine Einigung über tet, während dieser Zeit erzielte Scania Re- Zeitgleich werden die von europäischen den Erwerb sämtlicher in deren Besitz be- korde bei Absatz und Gewinn. Sowohl Volkswagen-Mitarbeitern zu wählenden Ar- findlichen Scania-Anteile erzielt. Damit Volkswagen als auch Investor sehen die beitnehmer-Vertreter in den SE-Betriebsrat erwirbt Volkswagen unter dem Vorbehalt der Transaktion als beste Lösung für Scania und aufgenommen. Aufgrund der unterschied- kartellrechtlichen Genehmigung einen Schweden an“, führte Winterkorn aus. lichen Beschäftigtenzahlen beider Teilkon- Stimmrechtsanteil von 30,62 Prozent an Volkswagen rechnet weiterhin mit einer zerne wird dann der SE-Betriebsrat von den Scania (entsprechend 134.711.900 Scania- sehr positiven Geschäftsentwicklung und Arbeitnehmervertretern der Volkswagen AG AAktien). Der Stimmrechtsanteil wird sich einem starken Wachstum bei Scania. Das dominiert sein. somit von 37,98 auf 68,60 Prozent erhöhen. Unternehmen soll als Premium-Marke erhal- „Unser Bestreben, Mehrheitsaktionär bei Der Kapitalanteil wird sich auf 37,73 Pro- ten bleiben und ausgebaut werden. Ziel von Volkswagen zu werden, ist eine gute Nach- zent (zuvor 20,89 Prozent) belaufen. Der Volkswagen ist es, den langfristigen Wert für richt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Kaufpreis beträgt 200 SEK pro Scania-Ak- alle Aktionäre zu steigern. Pläne für struktu- ter des Volkswagen-Konzerns und von Por- tie. Der Erwerb sämtlicher Scania-Anteile relle Änderungen, die sich nachteilig für die sche. Die Entscheidung des Aufsichtsrates von Investor und den Wallenberg Stiftungen Arbeitnehmer auswirken, gibt es auf abseh-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 38 Wirtschaft bare Zeit nicht. Die Kontinuität im Scania- Ihr gehören nicht nur der Stuttgarter Sport- heute unerreichten „Sparkönig". Management ist für Volkswagen stets ein wagenhersteller Porsche sowie die Porsche Das Tüfteln, die Technik voranzutrei- sehr wichtiger Faktor gewesen. Auch der Holding, eine Automobilhandelsgesellschaft ben – das war und ist die große Leidenschaft Stammsitz sowie die Kompetenzzentren für mit Sitz in Salzburg; sie hält bisher über die von Ferdinand Piëch. Und so fühlte er sich Forschung- und Entwicklung sollen in Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG auch nahezu ein auch nach der Internatszeit im schweizeri- Södertälje erhalten bleiben. „Wir werden Drittel der Anteile am Volkswagen Konzern. schen Zuoz und dem Abschluß des Studiums weiterhin als ein verantwortungsbewusster Schon als Kind besuchte Ferdinand Piëch an der Eidgenössischen Technischen Hoch- Anteilseigner und in Übereinstimmung mit in den Ferien mehrmals das heutige Wolfs- schule (ETH) in Zürich als Diplom-Inge- den schwedischen Corporate Governance burg. Denn dort arbeiteten Vater und Groß- nieur an seiner ersten Arbeitsstelle bei der Richtlinien handeln. Zudem werden wir vater gemeinsam als Geschäftsführer des Dr. Ing. h.c. F. Porsche KG in Stuttgart be- sicherstellen, daß das Board of Directors von sonders wohl. Denn in den Verantwortungs- Scania mit entschlossenen, gut qualifizierten bereich des jungen Ingenieurs, der vom und unabhängigen Vertretern besetzt bleibt“, Leiter des Versuchs (1966) und Chef der sagte Winterkorn. Entwicklung (1968) bis zum Technischen Geschäftsführer (1971) aufstieg, fiel auch Prof. Ferdinand Piëch der Motorsport. Und nachdem Piëch dem luftgekühlten Sechszylindermotor des Por- Einer, der in diesen massiven Umwälzun- sche 911 das Laufen beigebracht hatte, wid- gen seit langer Zeit Regie führt, ist der mete er den Großteil seiner Aufmerksamkeit Österreicher Prof. Ferdinand Piëch. Und er der Konstruktion von Rennwagen. Dabei ist, durch die beiden strategischen Entschei- ging er nicht selten bis an die Grenzen des dungen seinem Ziel nähergekommen. „Die technisch wie finanziell Machbaren – mit Welt“ bringt es auf den Punkt: „Der Porsche- dem Ergebnis: Porsche zählt seit dieser Zeit Enkel ist … schon jetzt die eigentliche zu einer festen Größe im Motorsport. Macht bei VW, Scania und MAN. Die Ko- All das, was Ferdinand Piëch in seiner sten für seine Einkaufstour in Schweden und Managerkarriere auszeichnete, läßt sich München kann er aber nur wieder einneh- schon an seiner ersten Arbeitsstelle bei Por- men, wenn er alle drei Sparten zusammen- sche festmachen. Erstens setzte er sich im- bringt.“ Erst hierdurch könnten Synergien mer hohe Ziele und blieb nie auf halbem generiert werden, durch die sich die milliar- Wege stehen. Zweitens stand bei ihm stets denteuren Aktienaufkäufe rechnen würden. das Auto im Mittelpunkt. Und drittens kam Das müsse alles nicht kurzfristig passieren, es ihm bei allen Neuentwicklungen auch denn Piëch stehe nicht unter Handlungs- Prof. Ferdinand Piëch stets auf das kleinste Detail an. Sein Ziel bei druck und habe „beim Einstieg von Porsche Foto: Audi AG Porsche war schnell klar: Er wollte die leich- bei VW gezeigt, daß das alles auch mal eini- testen Rennautos der Welt entwickeln. Das ge Jahre in Anspruch nehmen kann.“ Volkswagen-Werkes. Ferdinand Porsche, der gelang ihm zunächst bei den von der Kon- Der bald 71jährige gebürtige Wiener und als Erfinder des legendären „VW-Käfers“ kurrenz bestaunten Bergrennwagen, die – Enkel des weltberühmten Konstrukteurs Fer- und als Schöpfer der Auto-Union-Rennwa- dank technischer Finessen wie Beryllium- dinand Porsche, Prof. Dr. h.c. Ferdinand K. gen längst in die Automobilgeschichte ein- Bremsscheiben und Titan-Bauteilen – bis zu Piëch hat sich soeben – überraschend – aus gegangen ist, spielte für den Enkel von An- 430 Kilo leicht waren und den Bergrenn- dem Präsidium des Porsche-Aufsichtsrats fang an eine Vorbildrolle. So prägte das Auto sport über Jahre prägten. Es gelang ihm aber zurückgezogen und den Platz seinem Bruder schon früh das Leben von Ferdinand Piëch. auch beim Porsche 917, der mit einem Hans Michel überlassen. Ferdinand K. Heute gilt der Österreicher für viele als Zwölfzylindermotor mit 560 PS im Jahr Piëch, die „graue Eminenz“ der Automobil- der „Automobilmanager des Jahrhunderts“. 1969 vorgestellt wurde und einer der erfolg- industrie, strebt einen Konzern an, der vom Piëchs Erfolg gründet sich gleich auf zwei reichsten Rennwagen der Welt wurde. Ein Klein- über den Sport- bis zum Lastwagen Säulen: Zum einen auf seine Managerlei- kleines Detail beim 917: Piëch ließ den alles im Angebot hat – seine Liebe zum Au- stung als Audi-Chef in den Jahren zwischen Schaltknopf aus Balsa-Holz drechseln – aus tomobil läßt ihn nicht an Ruhe denken. „Was 1988 und 1993 sowie als VW-Chef zwischen Gewichtsgründen. einen wie ihn auszeichnet ist Kompetenz, 1993 und 2002. Zum anderen aber auch auf 1970 und 1971 gewann Porsche überle- Genius, Hingabe, Hartnäckigkeit und Lei- seine technische Begabung, die sein An- gen die Markenweltmeisterschaft und erziel- denschaft“, hieß es in der Laudatio, als er sehen in der Welt als herausragender Auto- te mit dem 917 zweimal in Folge einen Ge- 2002 in die Hall of Fame des „Manager-Ma- mobilentwickler und Visionär manifestierte. samtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans. gazins“ aufgenommen wurde. So verbinden sich mit seinem Namen weg- Und der Rekord über die 24 Stunden von Le Das Auto ist ihm quasi in die Wiege ge- weisende Innovationen: Von den Porsche Mans hält noch immer der Porsche 917 mit legt worden. Ferdinand Piëch, der 1937 als 917-Rennwagen über den Audi-quattro- einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 222 Sohn von Louise Porsche, der Tochter von Antrieb bis hin zum Audi A8 mit seiner Alu- km/h über die volle Distanz. Als zum Ende Ferdinand Porsche, und dem Rechtsanwalt minium-Karosserie in Leichtbauweise, vom der Saison 1971 die 5-Liter-Sportwagen- Anton Piëch in Wien geboren wurde, ist in 1001 PS starken Bugatti Veyron bis zum klasse eingestellt wurde, schickte Piëch nach der Porsche-Piëch-Familie aufgewachsen. Einliter-Auto von Volkswagen, dem bis Versuchen mit einem 16-Zylinder-Saug-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 39 Wirtschaft motor 1972 den turbo-aufgeladenen 917/10 0.29), den Fünfzylindermotor, die vollver- in die Fußball-Bundesliga auf. Und Stadt in der nordamerikanischen CanAm- zinkte Karosserie, den Diesel-Direkteinsprit- und Verein freuen sich über ein außerge- Rennserie an den Start. Mit einer Leistung zer TDI sowie diverse, höchst attraktive Stu- wöhnliches Stadion: die Volkswagen-Arena. von 1000 PS gewann der Porsche 917/10 auf dien, wie z. B. beim Audi quattro Spyder. Die Erfolgsgeschichte von VW gründete Anhieb die Meisterschaften in der CanAm- Auch die Liebe zum Motorsport pflegte sich in erster Linie wieder auf das technische und Interserie. Im Jahr darauf wiederholte Ferdinand Piëch bei Audi weiter – und unter- Know-how von Ferdinand Piëch. Als er nach der bis zu 1100 PS starke Porsche 917/30 stützte damit perfekt den Image-Wandel der Wolfsburg kam, gab es 28 Volkswagen-Mo- diesen Erfolg, sodaß einzig eine Reglement- Marke. Der Einstieg mit quattro-Modellen in delle. Neun Jahre später waren es 65. Dieses änderung die Siegesserie von Porsche stop- den Rallyesport 1981 brachte vier Weltmei- Modellfeuerwerk galt geradezu als Synonym pen konnte. sterschaftstitel und spektakuläre Siege – und der Piëch-Ära. Volkswagen stieg mit Phae- Neues zu schaffen, das machte Ferdinand Namen von Rennfahrern, die für Audi ste- ton und Touareg in die Oberklasse ein, Piëch Freude. Als 1972 nach einem einstim- hen: Hannu Mikkola, Stig Blomqvist oder weckte mit dem New Beetle neue Emotio- migen Beschluß der Familien Piëch und Michelle Mouton und Walter Röhrl. Später nen aus der legendären Käfer-Vergangenheit Porsche alle Familienmitglieder aus dem setzte sich die Erfolgsserie im Rennsport fort und ließ Wolfsburgs Ingenieure durch 12-Zy- operativen Geschäft bei Porsche ausstiegen, (DTM-Titel 1990/1991) – und sie ist bis linder- und 16-Zylindermotoren höchste wechselte Ferdinand Piëch am 1. August 1972 heute eng mit dem Namen Ferdinand Piëch technische Kompetenz unter Beweis stellen. zu Audi. Zunächst war er Hauptabteilungs- verbunden. Dazu wurden dem Konzern mit Bentley, leiter für Sonderaufgaben, 1975 wurde er „Er ist der Königsmacher der deutschen Bugatti und Lamborghini Traditions-Marken Entwicklungsvorstand und 1988 schließlich Autobauer“, schreibt das „Manager-Maga- hinzugefügt sowie neue Beteiligungsnetze Vorstandsvorsitzender. In diesen Jahren in zin“ über Ferdinand Piëch, der als Manager für die Zukunft einer Lastwagensparte auf Ingolstadt gelang es ihm mit seinem Team, vermutlich seine größte Feuertaufe vom 1. Ja- den Weg gebracht (Scania/MAN). das Image von Audi komplett zu wandeln. nuar 1993 an selber zu bewältigen hatte: als Es war ein gewaltiges Leistungsspek- Audi-Modelle, einst als hausbacken verru- Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG. trum, das Ferdinand Piëch in Wolfsburg prä- fen, waren plötzlich als hochwertige, inno- Als Piëch den VW-Chefsessel übernimmt, sentierte. Für zwei Meilensteine der Auto- vative Fahrzeuge der Premium-Klasse ge- ist der Konzern in schlechter Verfassung: zu mobil-Entwicklung wurde er besonders ge- fragt. „Vorsprung durch Technik“, lautete hohe Kosten, geringer Absatz, Überkapazitä- feiert. Zum einen für das Dreiliter-Auto mit Piëchs Devise – und damit wurde die Marke ten. Neun Jahre später legt er den Aktionären 2,9 Litern Normalverbrauch auf 100 Kilo- mit den vier Ringen zum Premiumhersteller eine einmalige Bilanz vor: Umsatz verdop- metern. Und zum anderen für das Einliter- und zum ernst zu nehmenden Wettbewerber pelt, Gewinn maximiert. Die Zahlen aus dem Auto, mit dem er am letzten Tag seiner Vor- für BMW und Mercedes-Benz. Jahr 2001: 5,11 Millionen Autos gebaut, standskarriere auf einer spektakulären Al- Und Piëch sorgte dafür, daß der Slogan 173,2 Milliarden Mark Umsatz, 8,62 Mil- leinfahrt von Wolfsburg nach Hamburg zur „Vorsprung durch Technik“ im Hause Audi liarden Mark Ergebnis vor Steuern und fünf Hauptversammlung des Unternehmens fuhr. auch gelebt wurde. Schließlich war er nicht Prozent Umsatzrendite. Ferdinand Piëch Für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nur der Mann der Zahlen, er verstand es hatte aus dem angeschlagenen Konzern war das sogar ein Leitartikel wert. Über- auch, mit seiner technischen Erfahrung einen Global Player gemacht – und zudem in schrift: „Ein unheimlich starker Abgang“. Neuerungen voran zu treiben. Der Allrad- Deutschland neue Akzente gesetzt: Wolfs- Eine Formulierung, die – angesichts der Antrieb „quattro“ wurde entwickelt, die burg wurde als „Autostadt“ zum Publikums- aktuellen Entwicklungen im und um den erste Vollaluminium-Karosserie bei einem magneten, die Gläserne Manufaktur in Dres- VW-Konzern – eindeutig zu früh gewählt Serienfahrzeug, dem Audi A8, eingeführt, es den lockt Besucher aus der ganzen Welt, der wurde: Auch heute noch hat das Wort Piëchs gab den Audi 100 „Stromlinie“ (Cw-Wert VfL Wolfsburg stieg mit VW-Unterstützung in der Autoszene großes Gewicht.

Der Porsche Cayenne ist das schnellste und stärkste in Serie gefertigte »Sports Utility Vehicle« Foto: Porsche AG

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 40 Wirtschaft MILA Alpin MAGNA STEYR stellt beim Genfer Automobilsalon 2008 das dritte Konzeptfahrzeug aus der Innovationsfamilie MILA vor Alle Fotos: MAGNA STEYR

er MILA Alpin ist ein kompakter Off- ist beeindruckend: 100 Prozent bzw. 45 Grad. Droader, dessen Aufbau so gestaltet ist, Aber auch auf den Straßen sorgt der MILA daß verschiedene alternative Antriebsarten Alpin durch ausgezeichnete Fahrdynamik integriert werden können. Dies bedeutet: für hohen Fahrspaß, der durch den einge- Herausragende Geländetauglichkeit, vielfäl- setzten Erdgas-Hybridantrieb auch umwelt- tige Einsatzmöglichkeiten und Emissions- schonend ist. werte von unter 100g CO2 pro Kilometer. Die Formensprache des MILA Alpin Mit dem MILA Alpin hat Magna Steyr aber sorgt für eine ansprechende Optik – mit nicht nur ein attraktives Fahrzeug geschaf- Anleihen aus der Natur, klar wie Fels und fen. Der gesamte Produktentstehungsprozeß Eis. wurde so gestaltet, daß – je nach Marktbe- darf – immer eine kostengünstige Fertigung Die Technik möglich ist. Die Ingenieure von Magna Steyr haben Ein neues sich der Herausforderung gestellt, mit einem Fahrzeugsegment Low Cost-Ansatz ein variantenreiches Off- road-Fahrzeug mit maximaler Steigfähigkeit Seine einzigartige Konfiguration macht zu entwickeln. Und dies ist ihnen wirklich den MILA Alpin zu einem Fahrzeug, das gelungen: sich durch absolute Geländetauglichkeit und Der Aufbau besteht aus geradlinigen Pro- hervorragende Schlechtwegeigenschaften filen, die durch ihre Mischbauweise ein ge- auszeichnet. Damit eignet er sich als Frei- ringes Gewicht garantieren und ein flexibles zeitfahrzeug genauso wie als Nutzfahrzeug Aufbaukonzept ermöglichen. Die modulare für spezielle Einsatzzwecke. Für diesen viel- Bauweise begünstigt die Verwendung von fältigen Einsatz sorgt die Mittelmotor-An- Komponenten und Systemen aus der Groß- ordnung mit einem preisgünstigen, aber serie, die mit verschiedenen innovativen effektiven Allradsystem. Die Steigfähigkeit Modulen und Ausstattungsvarianten kombi-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 41 Wirtschaft niert werden können. Das Fahrwerk gewähr- leistet dank Einzelradaufhängung und ESP sichere Onroad-Eigenschaften. Die Mittel- motor-Anordnung sorgt für gute Traktion. Die beachtliche Bodenfreiheit, der große Böschungswinkel, die Möglichkeit von Sperren in Verteilergetriebe und Achsantrie- ben sowie eine niedrige Kriechgeschwindig- keit erlauben ein sicheres, entspanntes Fah- ren im Gelände. Die erhöhte, weit nach vorne gerückte Sitzposition und das großflächige Panorama- dach sorgen für perfekte Übersicht für Fah- rer und Passagiere. Ausgestattet ist der MILA Alpin mit 3 + 1 Sitzplätzen. Als Antriebsvariante kann zwischen einem CNG-, einem Hybridantrieb und einem kleinen, aufgeladenen Benzinmotor gewählt werden.

Vom Konzept zur Realität Um ein Fahrzeug mit geringen Produk- tionsvolumina und hoher Variantenvielfalt wirtschaftlich zu produzieren, ist es notwen- Serienproduktion übertragen werden – ins- Alle innovativen Komponenten wie dig, Werkzeuginvestitionen so weit wie besondere von einem flexiblen Spezialisten Energiespeichersysteme und das Know-how möglich zu reduzieren. Darauf wurde bei der für Entwicklung und Produktion wie Magna für Hybridantriebe stammen aus der hausei- Konzeption des MILA Alpin besonders Steyr. Die Voraussetzungen dafür wurden ge- genen Vorentwicklung. geachtet. Durch die modulare Bauweise schaffen, indem in jeder Entwicklungsphase Magna Steyr hat das Fahrzeug marken- kann der Automatisierungsgrad gering und eine Optimierung des Gesamtprozesses und neutral entwickelt und gestaltet. Dadurch gleichzeitig die Flexibilität in der Fertigung der einzelnen Systeme erfolgt ist. Damit wird eine Realisierung mit verschiedensten hoch gehalten werden. Daher kann das Kon- können in weiterer Folge auch marktbeding- Automobilherstellern möglich. zept des MILA Alpin problemlos in eine te Änderungskosten gering gehalten werden. http://www.magnasteyr.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 42 Wirtschaft KTM präsentiert Serienversion Ein Jahr nach der Weltpremiere zeigt KTM nun erstmals das Ergebnis der Entwicklungen: die produktionsreife Version des KTM X-Bow, gekleidet in die exklusive, auf 100 Stück limitierte Sonderversion X-Bow Dallara.

Es spricht für die Konsequenz der KTM-Ingenieure und für die Seriennähe des ursprünglichen Konzepts, daß die Neuerungen erst auf den zweiten Blick sichtbar werden – der X-Bow ging in Serie. Fotos: KTM

m Genfer Automobilsalon 2007 feierte sprünglichen Konzepts, daß die Neuerungen Formel-Rennautos und teuren Supersportwa- Adas erste Auto des österreichischen Mo- erst auf den zweiten Blick sichtbar werden. gen, sondern verschafft ihm auch eine torrad-Spezialisten KTM seine Weltpremiere: Der Anspruch von Design und Technik be- Sonderstellung im kleinen, aber elitären Der X-Bow war geboren. Mit aggressivem stand darin, das ursprüngliche Wesen des Segment puristischer Leichtgewicht-Sport- Design, spektakulärem Konzept, Kohlefaser- KTM X-Bow nicht zu verwässern. Freilich wagen. Monocoque und puristischer Ausstattung mussten dennoch einige Zugeständnisse an Dieses Monocoque, das beim Speziali- sondierte er das Segment exklusiver Leicht- technische Notwendigkeiten oder die Prak- sten Wethje in Süddeutschland gefertigt gewicht-Sportwagen. Recht rasch war klar: tikabilität gemacht werden. Die Unter- wird, ist gemeinsam mit einer Crashbox an Der KTM X-Bow hatte die Herzen vieler schiede werden im Folgenden näher aufge- der Front und einem soliden Unterboden in Sportwagen-Enthusiasten in aller Welt er- zählt, als auffälligste Merkmale der Serien- Sandwich-Bauweise für die kompromisslose obert. Unzählige Anfragen, prompte Vor- version können ein höherer – und damit grö- Sicherheit des Fahrzeugs verantwortlich. bestellungen und nicht zuletzt ein gewaltiges ßerer – zentraler Einlass der Airbox und eine Gleichzeitig ist der sophistische Werkstoff Echo auf allen medialen Plattformen legten veränderte Lage der Instrumente gelten. auch der Schlüssel für den Status als Leicht- darüber Zeugnis ab. Nur wenige Wochen Verändert wurden also lediglich Details. gewicht-Sportwagen: Der KTM X-Bow nach dem Genfer Salon wurde daher die Ent- Der Geist des KTM X-Bow blieb aber eben- bringt lediglich 750 Kilo auf die Waage. scheidung getroffen, das Konzept des KTM so erhalten wie sein Anspruch: Er ist ready Entwickelt wurde das Monocoque ge- X-Bow für eine Serienproduktion weiterzu- to race, und das mehr als je zuvor. Die ersten meinsam mit dem italienischen Sportwagen- entwickeln. Serienfahrzeuge werden bereits ab Spät- Spezialisten Dallara. Aus dieser Hand Ein Jahr nach der Weltpremiere zeigt sommer 2008 auf den Straßen zu sehen sein. stammt auch die Entwicklung und Abstim- KTM nun erstmals das Ergebnis dieser fort- mung des Fahrwerks, das in zwei Konfigura- führenden Entwicklungen: die produktions- Das Konzept tionen angeboten wird. Serienmäßig kommt reife Version des KTM X-Bow, gekleidet in ein Sportfahrwerk mit Doppelquerlenker die exklusive, auf 100 Stück limitierte Son- Das auffälligste technische Merkmal des und Pushrod-Anbindung vorne zum Einsatz. derversion X-Bow Dallara. KTM X-Bow ist sein Kohlefaser-Monocoque. Auf Wunsch und gegen Aufpreis wird der Es spricht für die Konsequenz der KTM- Diese avantgardistische Lösung rückt ihn KTM X-Bow auch mit einem Rennsport- Ingenieure und für die Seriennähe des ur- nicht nur in den Kreis von hoch entwickelten Fahrwerk geliefert, das eine veränderte Ab-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 43 Wirtschaft stimmung aufweist und dessen Dämpfer- elemente von WP in Zug- und Druckstufe einstellbar sind. Zusätzlich ist das Renn- sport-Fahrwerk auch mit einem Pre-Load Adjuster ausgerüstet; damit läßt sich die Bodenfreiheit des Fahrzeugs variieren. Als Antrieb dient dem KTM X-Bow ein kongenialer Motor: Dank geringen Ge- wichts, kompakten Abmessungen, hoher Lei- stung und vorbildlicher Effizienz fügt sich der 2,0 TFSI von Audi perfekt zum Charak- ter des Leichtgewicht-Sportwagens. Gegen- über dem ursprünglichen Konzept wird der 2,0 TFSI im KTM X-Bow jedoch 177 kW (240 PS) leisten; das maximale Drehmoment liegt bei erstaunlichen 310 Newtonmeter, ein Sechsganggetriebe sorgt für eine saubere Abstufung der Übersetzung. Dank des nie- drigen Gewichts kann der KTM X-Bow damit die Fahrwerte von mehr als doppelt so starken Supersportwagen übertreffen: Den Sprint aus dem Stand auf 100 Stunden- kilometer absolviert er in nur 3,9 Sekunden. Das niedrige Gewicht und das Hightech- Da die Sitzschalen aus Karbon bestehen und starr mit dem Monocoque verbunden werden, sind die Polsterungen in verschiedenen Größen erhältlich. Eine mecha- Paket des Motors – Direkteinspritzung! – nisch justierbare Pedalerie sorgt im Zusammenspiel damit für perfekte Ergonomie machen den KTM X-Bow auch in anderer Hinsicht konkurrenzlos: Sein vorläufiger schutzscheibe sowie der Verzicht auf eine Die Auslieferung des Fahrzeugs erfolgt Wert für den Gesamtverbrauch wurde mit Klimatisierung und ein Entertainment-Sy- generell über die Konzernzentrale in Mattig- rund 7,5 Litern je 100 km ermittelt. Damit stem rücken das Fahren in den Mittelpunkt – hofen. Die Käufer haben aber auch die Mög- zählt der KTM X-Bow im Verhältnis von allerdings in einer Unmittelbarkeit, die sonst lichkeit, ihr Fahrzeug beim nächstgelegenen Fahrleistung zu Verbrauch zu den besten nur mehr auf Motorrädern zu finden ist. Servicepartner entgegenzunehmen – oder Sportwagen der Welt. sich ihren X-Bow ganz persönlich nach Hau- Mit seinem puristischen Konzept, der Fertigung im Raum Graz se zustellen zu lassen. supersportlichen Performance, der zielgerich- tet auf Abtrieb getrimmten Aerodynamik Die Fertigung des KTM X-Bow wird in Visionen für morgen und dem leistungsfähigen Fahrwerk ist der einer neu gegründeten Anlage von KTM KTM X-Bow für den Einsatz auf Rund- stattfinden. Dieses 4-Rad-Kompetenzzen- Parallel zu den letzten Vorbereitungen für kursen perfekt geeignet. Allerdings will sich trum liegt im Raum Graz; damit wird KTM den Serienstart und der laufenden Auswei- der Sportwagen nicht auf gesperrte Strecken an diesem neuen Standort rund 50 Arbeits- tung des Servicenetzes plant KTM bereits beschränken. Der KTM X-Bow richtet sich plätze schaffen. Auch bei der Serienferti- die Einsätze des KTM X-Bow auf den Renn- schließlich mit fortschrittlicher Technologie gung des X-Bow, die Mitte des Jahres star- strecken. Dazu befindet sich eine Rennver- und außergewöhnlichen Lösungen an En- tet, beschreitet KTM neue Wege: Sie ähnelt sion des X-Bow in Entwicklung, erste Auf- thusiasten, die ein unverfälschtes, filterloses mehr einer Manufaktur als einem herkömm- tritte im Kundensport-Bereich werden be- Fahrerlebnis suchen. Er wird daher in den lichen Bandfertigung und läuft in drei Mo- reits in der kommenden Saison erfolgen. meisten europäischen Ländern bereits 2008 dulen ab. 2008 sollen noch 500 Exemplare Mittelfristig denkt KTM über die Organisa- für den Betrieb auf öffentlichen Straßen zu- gebaut werden, die Produktionskapazität in tion eines eigenen Markencups nach. gelassen. Mit der allgemeinen Ratifizierung einem vollen Jahr beträgt 1000 Einheiten. Aber auch für den X-Bow selbst sind der europäischen Kleinserienhomologa- Schlank und effizient wird parallel dazu weitere Updates in Planung. So sollen für tion – sie soll im Frühjahr 2009 abgeschlos- auch der Vertrieb des Fahrzeugs aufgebaut. das Modelljahr 2009/10 neue Versionen fol- sen sein – wird sich dieser Status auf die ge- Innerhalb des Unternehmens hat bereits die gen: eine zweite Motorisierung, die das Lei- samte EU erstrecken. Weitere Exportmärkte neu gegründete KTM-Sportcar GmbH alle stungsspektrum in die Region von 300 PS werden laufend geprüft. Agenden rund um den X-Bow übernommen. hebt sowie alternativ das Angebot der S tro- Nicht zuletzt aus Gewichtsgründen ver- Extern soll ein Netz an kompetenten Ser- nic, eines sequenziellen Doppelkupplungs- zichtet der KTM X-Bow auf Komfort- vicepartnern für die Betreuung der X-Bow- getriebes. funktionen, die in anderen Sportwagen die Kunden sorgen. Die ersten Servicepartner Der KTM X-Bow Dallara kostet in Öster- Fahrleistungen aber auch die Fahrfreude ver- haben die entsprechenden Papiere bereits reich 51.900,– Euro exkl. MwSt. und NoVA wässern. Freistehende Räder, die an Formel- unterzeichnet, europaweit plant das Unter- (ohne Gewähr) und ist seit Anfang 2007 aus- 1-Boliden erinnern, eine puristische Bau- nehmen mittelfristig ein Netz von rund 50 verkauft. weise ohne Dach und herkömmliche Wind- X-Bow-Servicestützpunkten. http://www.ktm.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 44 Wirtschaft Die beliebtesten Tankstellenshops Die großen Gewinner: VIVA, BP Express und Jet Shops

m Rahmen seines jüngsten Handels- Check unterzog Österreichs führendes Inwieweit sind die folgenden Kriterien für Sie persönlich beim Einkauf in I Tankstellenshops wichtig? Bitte denken Sie dabei ausschließlich an Shops bei Online Markt- und Meinungsforschungs- Tankstellen, in denen Sie Snacks, Süßigkeiten, Zeitschriften, Getränke, institut Marketagent.com die österreichi- Zigaretten, Mineralöl-Produkte, Autozubehör usw. kaufen können. schen Tankstellenshops einem Image- Check. Rund 1000 Österreicher zwischen 14 Lange Öffnungszeiten Gutes Preis-Leistungsverhältnis und 59 Jahren wurden dazu befragt. Ergeb- Freundliches Personal nis: Die VIVA Shops der OMV, die Shops Leicht erreichbar, in der Nähe der Jet-Gruppe sowie die Express Shops der Besonders günstige Preise BP dominieren sämtliche Image-Rankings. Man findet sich leicht zurecht Während die Jet Shops mit einem besonders Viele Parkplätze, gute Parkmöglichkeiten guten Preis-/ Leistungsverhältnis und günsti- Kompetentes Personal gen Preisen punkten, setzen die VIVA und Man kann sich in Ruhe umsehen … die BP Express Shops auf das Konzept der Hat Produkte bester Qualität „Premium“-Anbieter und bestechen durch Große Produktauswahl Keine Wartezeiten im Geschäft eine besonders große Produkt-Auswahl so- Angenehme Einkaufsatmosphäre wie das beste Service. Bei der Shop-Aus- Hat besonders gute Serviceangebote wahl zählen aus Kundensicht vor allem lan- Häufig Preisaktionen ge Öffnungszeiten. Man geht auf Wünsche und Anliegen ein Hat besondere Vorteile für Stammkunden Jeder dritte Österreicher sucht bevorzugt Führt attraktive Markenprodukte VIVA Shops auf (31,7%), wenn es um den Kundenkarte mit interessanten Funktionen schnellen Einkauf in einem Tankstellenshop Bietet interessante Infos für Kunden geht. Auch im Sympathieranking sind die Bietet interessante Eigenmarken VIVA Shops mit einem Top-Box-Wert von Macht viel Werbung

27,8 Prozent (bewertet mit „sehr sympa- Abbildung / Quelle: Marketagent.com thisch“) ganz oben zu finden, dicht gefolgt das Konzept der „Premium“-Anbieter und Gesamten beurteilt: Die mit den höchsten von den Jet Shops mit 26,1 Prozent und den bestechen durch eine besonders große Pro- Image-Werten sind die VIVA Shops mit BP Express Shops mit 24,8 Prozent Sym- dukt-Auswahl (Top-Box-Wert „sehr umfang- einem Top-Box-Wert von 35,8 Prozent, ge- pathiepunkten. Besonders enttäuscht wären reich/große Auswahl“: VIVA Shops 24,6%; folgt von den BP Express Shops mit 32,3 rund 30 Prozent der Befragten aus dem Mar- BP Express Shops 23,0%) sowie das beste Prozent und den Select Shops mit 24,6 Pro- ketagent.com Online Access Panel, wenn es Service (Top-Box-Wert „sehr gutes Ser- zent. die Shops der OMV nicht mehr am Markt vice“: VIVA Shops 23,4%; BP Express Abschließend wurden im Rahmen der geben würde. Die Jet Shops würden 23,2 Pro- Shops 22,9%). Aber auch, was die Aufbe- Studie die wichtigsten Aspekte bei der Shop- zent vermissen und knapp 20 Prozent wür- reitung der Waren im Shop betrifft, sind die Auswahl erhoben: „Hier zählt aus Kunden- den die BP Express Shops abgehen, wenn sie VIVA (Top-Box-Wert „sehr gute Aufberei- sicht in erster Linie ein Kriterium: Lange einen Tankstellenshop für einen kurzen tung“: 26,8%) und die BP Express Shops Öffnungszeiten“, so Thomas Schwabl, Ge- Zwischenstopp suchen. (23,5%) ganz oben im Ranking zu finden. schäftsführer von Marketagent.com. „Wäh- Mit den VIVA Shops der OMV und den Als Top-Unternehmen würde jeder zwei- rend die Möglichkeit, auch zu späterer Stun- BP Express Shops auf der einen Seite sowie te Respondent die VIVA Shops bezeichnen de einkaufen zu können, im klassischen den Jet Shops auf der anderen Seite finden (50,5%), für jeden dritten sind die BP Einzelhandel eine vergleichsweise unterge- sich Unternehmen mit zwei völlig unter- Express Shops und für jeden fünften die ordnete Rolle spielt, wird dem Thema Öff- schiedlichen Shop-Konzepten ganz vorne in Select Shops von Shell einfach „top“. Auch nungszeiten bei den Tankstellenshops ein be- der Liga. Während die Jet Shops mit einem als „deutlich aufstrebendes“ Unternehmen sonderer Stellenwert zugeschrieben, zumal besonders guten Preis-/ Leistungsverhältnis erhalten die VIVA Shops Bestwerte (Top- diese zunehmend die Rolle des Nahver- (Top-Box-Wert „sehr gutes Preis-/ Leistungs- Box-Wert „deutlich aufstrebend“: 26,9%). sorgers übernehmen – vor allem zur späten verhältnis“: 17,5%) und günstigen Preisen Auf Platz zwei können sich die Jet Shops mit Stunde.“ Auf den weiteren Plätzen der wich- (Top-Box-Wert „sehr günstige Preise“: 11%) 24,1 Prozent und auf dem dritten Podestplatz tigsten Einflußfaktoren sind ein gutes Preis-/ erfolgreich bei den heimischen Kunden die BP Express Shops mit 21,3 Prozent ge- Leistungsverhältnis (49,2%), freundliches punkten, setzen die VIVA Shops der OMV gen den Mitbewerb durchsetzen. Weiters Personal (48,7%) sowie leichte Erreichbar- und die Express Shops der BP sozusagen auf wurde das Image der Tankstellenshops im keit (43,6%) der Shops zu finden.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 45 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Klagenfurt Klagenfurt – Eventstadt mit Charme Von 7. bis 29. Juni 2008 wird in Österreich und der Schweiz die UEFA EURO 2008™ ausgetragen. Wir stellen Ihnen die heimischen »Host Cities« vor. Diesmal: Klagenfurt. Foto: Archiv Stadt Klagenfurt Klagenfurt, die Hauptstadt des südlichsten Bundeslandes Österreichs mit 92.000 Einwohnern, aus der Vogelperspektive

lagenfurt ist die Hauptstadt des südlich- Fun und Action ist hier also genauso steht man auch zu Feiern: Zum Beispiel der Ksten österreichischen Bundeslandes, möglich wie Erholung pur, denn Natur, See, große Silvesterkarneval in der Altstadt mit Kärnten. Der besondere Reiz und die Schön- Kultur und die schöne Klagenfurter Altstadt Turmbläsern, Musikgruppen, Glühwein und heit dieser Stadt sind vielfältig. Sie wird lädt auch zum Bummeln und Verweilen Sektständen – hier wird fröhlich und doch nicht umsonst das „Renaissance-Juwel am ein… besinnlich der Jahreswechsel gefeiert. Wörthersee“ genannt. Vorwiegend italienische Baumeister präg- Vor allem der zentrale Mittelpunkt der Doch nicht nur die Geschichte, die Lage ten die 800 Jahre alte Stadt mit ihren stilvoll Stadt, der „Neue Platz“ mit dem Wahrzei- am wunderschönen Wörthersee und die stil- restaurierten Renaissancebauten, ihren In- chen, dem steinernen „Lindwurm“ und dem voll erhaltene Altstadt machen die Beson- nenhöfen, ihren Plätzen. Renaissance-Rathaus, ist das ganze Jahr derheit dieser Stadt aus, sondern auch Aktivi- über belebt. Vom stilvollen Christkindl- tät und sportliche Großereignisse, die Gäste Lebendige Stadt… markt, Ostermarkt, Fest der Kärntner Täler, aus aller Welt nach Klagenfurt locken: der Kunst - Kultur und Sportveranstaltungen, in Ironman Austria, die Beachvolleyball Grand Aber die Stadt ist nicht etwa Museum – Klagenfurt ist immer was los. Und erst der Slam Turniere – und: die Fußball- Europa- sie lebt – und wie: Tägliche Bauernmärkte, jährliche „Altstadtzauber“ – ein Fest zum meisterschaft 2008! Klagenfurt ist eine der quicklebendige Fußgängerzonen mit Desig- Sommerausklang, bei dem die ganze Stadt Austragungsstädte der UEFA EURO 2008TM, ner-Boutiquen ebenso wie Läden, Kaufhäu- mitmacht, und zu dem an diesen nur zwei drei Spiele werden in dem für die EM neu er- sern, Cafés, Beisl‘n, urigen Gasthäusern, Tagen über 100.000 Einheimische und Gäste bauten, hypermodernen Stadion stattfinden. Nobelrestaurants. Und hier im Süden ver- kommen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 46 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Klagenfurt Kultur fühlen, erleben…

Auch Kulturreisende kommen in Klagen- furt auf ihre Kosten: Ob Literatur, Theater, Museen, Galerien, Schlösser, Kirchen – Klagenfurt hat von allem reichlich zu bieten. Das ganze Jahr hindurch begeistert das im Jugendstil erbaute Stadttheater Klagen- furt mit außergewöhnlichen Produktionen verschiedenster Genres. Ein Kulturgenuß der besonderen Art, sind die Wörthersee- festspiele auf der Seebühne in der Klagen- furter Ostbucht. Ein lauer Sommerabend – Blick auf den Wörthersee – außergewöhnli- che Produktionen mit Schwerpunkt Musical.

Schon die alten´ Römer waren hier… Das Landesmuseum mit seinen römi- schen Funden (Jüngling vom Magdalens- berg) und zahlreiche andere Museen (vom Brauchtums- bis zum Bergbaumuseum) bie- ten erlesenen Kulturgenuß. Und Klagenfurt hat dutzende größere und kleinere Galerien mit ständigen, exquisiten Ausstellungen.

Schlösser bewandern und bewundern Der Wörthersee ist ein Paradies für alle Wassersportler. Foto: Archiv Stadt Klagenfurt Für Schloßliebhaber hat Klagenfurt einen besonderen Reiz: zahlreiche gut erhaltene Eventhauptstadt ball-Grand Slam- Turniere und der „Kärnten Schlösser sind teilweise auch von innen zu Österreichs… Ironman Austria“. Damit hat sich Klagenfurt besichtigen. 56 Kirchen und Kapellen war- weltweit an die Spitze katapultiert und wur- ten darauf beim Kirchenwandern entdeckt zu Klagenfurt ist das ganze Jahr die „Event- de bereits zweimal mit dem „Event-Award werden. Detailinformationen finden Sie Hauptstadt“ Österreichs. Die Krönung des Österreich“ ausgezeichnet. unter: http://www.schlosswandern.at Veranstaltungsjahres sind die Beachvolley- Beim Fitness-Event „Kärnten läuft“ kann jeder Sportbegeisterte seine Fitness testen (vom Kinderlauf bis zum Halbmarathon). 7000 Läufer aus den verschiedensten Natio- nen waren 2007 dabei. Und 2008 werden Europas beste Fußball- mannschaften im neu gebauten Stadion ver- treten sein: bei der Fußball-Europameister- schaft 2008, die neben Wien, Salzburg und Innsbruck auch in Klagenfurt stattfindet. Für Fans und Gäste ist Klagenfurt bestens gerü- stet, wer kein Ticket für die Spiele mehr ergattern konnte, ist in der Fanzone, der Fanmeile und bei zahlreichen top ausgestat- teten „Public Viewing“-Plätzen genau rich- tig. Und auch für alle, die Fußballfans nach Klagenfurt begleiten und nicht gerade Fans des runden Leders sind, ist bestens gesorgt: es gibt jede Menge Kulturelles zu erleben, sportliches Freizeitangebot, oder auch die Möglichkeit für einen gemütlichen Shop- pingbummel oder einen Tag im Klagenfurter Nachtleben auf dem »Alten Platz« Foto: Archiv Stadt Klagenfurt / © Franz Gerdl Strandbad, am glasklaren Wörthersee!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 47 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Klagenfurt

2008 im Zeichen des runden Leders stehen. Gemeinsam mit der UEFA werden zwei Fan- zonen mit Videowänden installiert. Hier können alle Spiele der UEFA EURO 2008TM live miterlebt werden. Die UEFA Fanzonen in Klagenfurt werden ein einmaliges Flair bieten. Durch das mediterrane Flair im süd- lichsten Bundesland Österreichs gibt es som- merliche Festival- Stimmung. Das Messegelände und der Neue Platz direkt im Zentrum der Altstadt, werden Platz für 28.000 Besucher bieten. Live-Übertra- gung aller Spiele, Bands, Spiel und Spaß sind für die gesamte EM-Zeit, von 7. bis 29. Juni vorgesehen. Die Eröffnung der UEFA EURO 2008TM

Foto: Archiv Stadt Klagenfurt / © Franz Gerdl Fanzone findet am 6. Juni 2008 statt. Außer- Ein Ort für Genießer: der »Alte Platz« mit seinen vielen Gastgärten dem ist eine Fanmeile mit zahlreichen At- traktionen in Vorbereitung. Und in der gan- Spazierenlaufen, Winterweiß… zen Stadt wird natürlich Fußballparty sein. Spazierenschwimmen… Aber auch im Winter hat die Stadt viel zu Fancamps Wer‘s gerne sportlich, aber mit Genuß bieten: Nur fünf Minuten vom Zentrum hat mag: „Spazierenlaufen“ ist angesagt! Kla- Klagenfurt mit der „Schleppe-Alm“ ein Für die mit Rucksack, Schlafsack oder genfurt bietet eine der schönsten Halbmara- Wintersportzentrum, die sich ideal zum Zelt anreisenden Fans werden eigene Camps thon-Strecken Österreichs. Entlang des Was- Langlaufen und Snowboarden eignet (sie hat errichtet. So werden die Messehallen 5 und 7 sers, sattes Grün, gepflegte Wege, gute Mar- sich hat sich als Austragungsort des „Nokia neben der Fanzone am Messegelände für kierungen, acht Einstiegspunkte. Ein eigener Fiss Snowboard Weltcups Big Air“ eta- rund 2000 Fußballfans adaptiert. Hier wer- Folder mit genauer Karte liegt auf. So berei- bliert). Für Eisläufer gibt es den Lendkanal, den Stockbetten für 25 Euro pro Schlafplatz tet Laufen Freude und Genuss. viele Teiche und wenn er zufriert den angeboten. Auf den Zeltplätzen in der Lan- Wer Bewerbe und Sport in der Gemein- Wörthersee (größte Freieislauf-Fläche Öster- deshauptstadt ist Platz für weitere 2700 Gä- schaft erleben will, für den gibt‘s viele Lauf- reichs). ste. Zusätzliche Camps mit Großzelten wer- hits: „Kärnten Ironman Austria“, Kärnten den im Osten und Süden der Stadt errichtet. Läuft, Fit in den Frühling, Wörthersee auto- Fanzonen Das Fancamp auf der Messe ist bereits frei, Klagenfurter Sporttage, Businesslauf. buchbar http://www.klagenfurt.at/euro2008 Für Zweiradfans bietet Klagenfurt ein 120 Ki- Klagenfurt wird aber während der gesam- Zimmer kann man dort ebenfalls oder auf lometer bestens gepflegtes und sicheres Rad- ten Europameisterschaft vom 7. bis 29. Juni http://www.klagenfurt-tourismus.at buchen. routennetz. In der Ostbucht des Wörthersees wartet eines der größten Binnensee-Strandbäder Europas auf die Wasserratten. Schon Robert Musil prägte den Satz vom „Spazieren- schwimmen im See“. Spazierenschwimmen kann man übrigens in drei Klagenfurter Bä- dern. Lust auf einen Spaziergang zum Eiffel- turm oder auf ein Foto vor der Freiheits- statue? Minimundus, die kleine Welt am Wörthersee, fasziniert jeden Besucher mit 140 bekannten Bauwerken aus aller Welt, welche kunstvoll aus Originalmaterialien in Miniaturform angefertigt sind. Für Liebha- ber der kleinen weißen Bälle hat Klagenfurt mit dem Golfplatz Seltenheim einen der schönsten und interessantesten Plätze Öster- reichs. Klagenfurt ist auch für Regen (sollte er ausnahmsweise fallen) gerüstet: Ein mo- dernes Hallenbad mit Riesenrutsche, Sau- nen, Solarien und einem Restaurant finden Foto: Archiv Stadt Klagenfurt, © Bernhard Horst Sie mitten in der Stadt. Beachvolleyball-Grand-Slam in der Landeshauptstadt

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 48 Zur UEFA EURO 2008™: Host City Klagenfurt Fotos: Foto:Stadtpresse Klagenfurt / Eggenberger Das Wörtherseestadion, ein Ballsportkompetenzzentrum und die Fußballakademie sind Eckpfeiler des Klagenfurter Sportparks

Das Verkehrskonzept der Host City Kla- zeug oder mit der Bahn kommen – die Maß- Das Wörtherseestadion genfurt ist auf alle Eventualitäten vorberei- nahmen stehen. Es wird ausreichend Park- tet. Ob die Fans per Autos und Bussen aus plätze geben, Shuttlebusse werden die Fans Es war die größte bauliche Herausforde- den Nachbarstaaten anreisen, mit dem Flug- zum Stadion und zu den Fanzonen bringen. rung in der jüngeren Geschichte Klagen- furts: Abriß des alten, maroden Stadions und der Neubau an derselben Stelle. Und das alles in der Rekordzeit von eineinhalb Jah- ren. Ebenfalls eine Herausforderung: Das neue Stadion mußte von der Bevölkerung mitgetragen, akzeptiert werden. Und das ge- lang bestens: Schon während der Bauzeit pilgerten die Klagenfurter zur Baustelle, staunten, fachsimpelten, freuten sich.Als die silbern schimmernde Dachhaut montiert war, bekam das Stadion von den Klagenfur- tern auch gleich seinen Namen: Forthin wird es liebevoll „das UFO“ genannt und gleich neben dem Lindwurm zum neuen, zweiten Wahrzeichen der Stadt erklärt.

Die EM-Spiele in Klagenfurt 8. Juni, 20.45 Uhr Deutschland - Polen 12. Juni, 18.00 Uhr Kroatien - Deutschland 16. Juni, 20.45 Uhr Polen - Kroatien Am 7. September fand – zur Eröffnung des Stadions – das freundschaftliche Fußball-Länderspiel zwischen Österreich und Japan statt. http://www.klagenfurt-tourismus.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 49 Chronik Merian-Reisemagazin macht große Lust auf Kärnten LH Haider und LHStv. Dörfler: Neuer Merian ist einmaliges Geschenk an Kärnten und Einladung nach Kärnten

as neue Merian-Reisemagazin „Kärn- Dten“ stellt die Vielfalt und Fülle von Kärnten mit seinen Schönheiten und Ange- boten in Wort sowie traumhaften Fotos ein- malig dar. Dazu bietet es jede Menge Tips, Zahlen und Service. Merian „Kärnten“ macht jedenfalls große Lust auf Kärnten. Kräftigen Applaus spendeten an die 400 Gä- ste bei der Präsentation im Casineum Vel- den, zu der Landeshauptmann Jörg Haider und Tourismusreferent LHStv. Gerhard Dörfler geladen hatten. Was für ein Lob: Als „perfektes Ferienland“ wird Kärnten im Merian bezeichnet! „Merian Kärnten vermittelt auch viel Lebensgefühl und Kultur Kärntens“, lobte der Landeshauptmann das neue Magazin. Es sei ein Geschenk an Kärnten. Nachdem die Kärnten-Ausgabe innerhalb der Merian-Rei- he auf jene des Vatikan folge, sei dies eine Ehre und zeige, wo nach der geistlichen Macht die weltliche zuhause sei, scherzte der Landeshauptmann. Auch Tourismusreferent Dörfler zeigte sich begeistert, der neue Merian sei mehr als eine Einladung an Gäste. Man habe Grund zum Lachen, wenn man in Kärnten leben könne, so Dörfler. Haider und Dörfler wie- sen auch auf die EURO 2008 hin, die für Kärnten eine ganz große Chance darstelle. „Wir freuen uns auf viele Gäste und wollen gute Gastgeber sein“, so Haider. Das Merian-Magazin ist in einer Auflage von 100.000 erschienen und erreicht über eine Million Leser. Zudem gibt es 3000 Stück auch als Sonderdruck, der sich von der nor- malen Ausgabe nur durch das Cover mit dem Fußballstadion („Wir sind Europameister!“) Merian Präsentation im Casino Velden: Andreas Hallaschka, LH Jörg Haider, Werner und durch ein Editorial von LH Haider und Bilgram und LH-Stv. Gerhard Dörfler (v.l.) Foto: LPD / Daniel Raunig LHStv. Dörfler unterscheidet. Sie informie- ren über Kärnten und laden nach Kärnten begonnen hatte. Merian-Chefredakteur An- und Dörfler luden Hallaschka und seine Fa- ein, das in vielen Bereichen – vom Wasser dreas Hallaschka bezeichnete sich als begei- milie auch zu einem Aufenthalt am Mill- bis zu den Lebensmitteln – „Europameister“ sterter Kärnten- und Käsnudel-Fan seit vie- stätter See ein. ist. len Jahren. Begonnen habe es mit dem Ge- Ute Pichler führte in bewährter Weise Das Magazin biete auch viele liebenswer- winn eines Urlaubs in Berg im Drautal. Wie durch das Programm, das von den „Stimmen te Geschichten, sagte Kärnten Werbung-Ge- Hallaschka sagte, haben 40 bis 50 Leute an aus Kärnten“ unter Roland Loibnegger be- schäftsführer Werner Bilgram und blickte dieser Ausgabe mitgearbeitet. Er kündigte reichert wurde. Eine EURO-Modenschau auf die gute Zusammenarbeit mit Merian- an, daß es 2009 erstmals einen Merian-Ka- boten Schüler der Schule für Wirtschaft und Mitarbeitern zurück, die vor einem Jahr lender über Kärnten geben werde. Haider Mode in Klagenfurt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 50 Chronik 30 Jahre U-Bahn in Wien Am 25. Februar 1978 fuhren Tausende Wienerinnen und Wiener erstmals unterirdisch vom Karlsplatz zum Reumannplatz in Favoriten.

er Wiener Gemeinderat beschloß am D26. Jänner 1968, ein Grundnetz mit den Linien U 1, U 2 und U 4 zu bauen. Zu Beginn der 70er Jahre waren die zahlreichen Aufgrabungen und Baustellen quer durch Wien entlang der Trasse der heutigen U 1 durch ihre Größe und Tiefe nicht zu überse- hen. Die in Wien für den Tunnelvortrieb ein- gesetzte Schildmaschine wurde liebevoll „Wiener Maulwurf“ genannt. Reges Interesse wurde seitens der Wiener Bevölkerung der Sicherung des Stephans- domes gewidmet, da Erschütterungen und Setzungen beim Bau der U-Bahn-Station „Stephansplatz“ unabsehbare Folgen für die Bausubstanz des Domes gehabt hätten. Aber diese technische Herausforderung konnte ohne Probleme gemeistert werden. Von den übrigen mannigfaltigen technischen Pro- blemstellungen, mit denen die U-Bahn-Inge- nieure immer wieder konfrontiert waren, waren die Querung des Donaukanals in offe- ner Bauweise sowie die Unterfangung der ÖBB-Brücken am Praterstern und am Süd- tiroler Platz (bei völliger Aufrechterhaltung des Fahrbetriebs auf den Bahnstrecken) neben dem Bau des größten Wiener Ver- kehrsbauwerkes, dem Karlsplatz, als techni- sche Bravourstücke hervorzuheben. Trotz oft schwierigster Arbeitsbedingun- Am 25. Februar 1978 feiert Bürgermeister Leopold Gratz (1929-2006; Wiener Bür- germeister 1973 bis 1984) mit 300.000 WienerInnen die Inbetriebnahme der U 1 gen unter Tag mit Lärm, Hitze, Schmutz, vom Karlsplatz zum Reumannplatz Alle Fotos: Wiener Linien Druckluft und den Gefahren der oft unbere- chenbaren Tertiärsande war die Heilige Bar- lung der Donauinsel und der U-Bahn die für Stationen, 3,6 Kilometer U 2 mit sieben Sta- bara als Schutzpatronin des Bergbaues den eine Großstadt international einmalige Si- tionen und 16,4 Kilometer U 4 mit 18 Statio- Tunnelbauern in Wien in all den Jahren gnä- tuation gegeben, in nur fünf Minuten vom nen übergeben werden. dig. Bis heute mußten keine größeren Un- Stadtzentrum in ein Erholungs- und Frei- Mit der 1982 erfolgten Eröffnung der U 1- glücksfälle und Schäden durch den Bau der zeitparadies gelangen zu können. Verlängerung nach Kagran war der Bau des Wiener U-Bahn verzeichnet werden. Grundnetzes mit 30 Kilometern Nutzlänge Wo die Bauarbeiten beendet werden 300.000 WienerInnen und 39 Stationen abgeschlossen. konnten, wurde so schnell wie möglich ver- bei der U1-Eröffnung Im Sommer 1979 war mit der Planung sucht, der Oberfläche ein neues, attraktives der 2. Ausbaustufe – durch eine 50:50 Fi- Bild zu geben. So wurde 1974 die Fußgän- Die erste echte Eröffnung einer U-Bahn- nanzierungsvereinbarung mit dem Bund gerzone „Favoritenstraße“ vom Reumann- Strecke in Wien – und damit ein richtiger ermöglicht – begonnen worden. platz bis zur Gudrunstraße fertiggestellt. Meilenstein in der Geschichte des öffent- Der bauliche Startschuß für die zweite 1976 wurde die Fußgängerzone „Kärntner lichen Verkehrs – fand am 25. Februar 1978 Ausbauphase mit den Linien U 3 und U 6 er- Straße“ den Wienerinnen und Wienern über- mit der Inbetriebnahme der U 1 vom Karls- folgte fast genau ein Jahr nachdem am 3. Sep- geben. platz zum Reumannplatz statt. An diesem tember 1982 der Bau des Grundnetzes mit Der Einsturz der Reichsbrücke am 1. Au- Wochenende stürmten an die 300.000 Wie- der Eröffnung der U 1-Verlängerung nach gust 1976 war Anlaß für den vorgezogenen nerInnen ihre Silberpfeile, um das 3,1 Kilo- Kagran abgeschlossen werden konnte. 1983 Beschluß des Gemeinderates, die Linie U 1 meter lange erste U 1-Teilstück zu befahren. wurden im Bereich Pottendorferstraße- vom Praterstern nach Kagran zu verlängern. Zug um Zug konnten in den folgenden Philadelphiabrücke die Rohbauarbeiten in Damit war Jahre später mit der Fertigstel- Jahren bis 1982 10 Kilometer U 1 mit 14 Angriff genommen. Ebenfalls 1983 began-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 51 Chronik nen die Arbeiten an der U 3 auf der Land- straße. Die Schildvortriebsmaschine bzw. der „Wiener Maulwurf“ wurden aber nicht eingesetzt, da für die Bereiche der geschlos- senen Bauweise unter Tag der Vorzug der „Neuen Österreichischen Tunnelbaumetho- de“ gegeben wurde. Eine Baumethode, die von österreichischen Ingenieuren entwickelt und in den letzten Jahren einen Siegeszug in den meisten U-Bahn-bauenden Städten an- getreten hat. Nach sechs Jahren Bauzeit konnte 1989 die Linie U 6 zwischen Philadelphiabrücke und Heiligenstadt fertiggestellt werden. 1991 folgte das 1. Teilstück der U 3 zwi- schen Erdberg und Volkstheater. Zu einem gigantischen Volksfest geriet 1993 die Verlängerung der U 3 über die Mariahilfer Straße zum Westbahnhof. Hun- derttausende stürmten die U-Bahn. Zum 25- Jahres-Jubiläum konnte die U 3 am 3. Sep- Die in Wien für den Tunnelvortrieb eingesetzte Schildmaschine – hier im vor dem tember 1994 bis zur Johnstraße verlängert Einsatz für die U 1-Verlängerung – wurde liebevoll »Wiener Maulwurf« genannt. werden. Die Linie U1 verkehrte „nur“ zwischen Im September 2006 konnte dann das neue dem Auto nicht einmal in einer verkehrsar- Reumannplatz und Kagran und hatte 14 Sta- Teilstück mit den fünf zusätzlichen Statio- men Nacht erreicht werden können. tionen. Nun wird sie bis an den nördlichen nen Kagraner Platz, Rennbahnweg, Ader- Stadtrand verlängert. Seit Herbst 2001 wur- klaaer Straße, Großfeldsiedlung und Leo- Verlängerung der Linie U2 de an der 4,6 Kilometer langen Verlänge- poldau in Betrieb gehen. rungstrecke gebaut, die teils unterirdisch, Die Gesamtfahrzeit vom Reumannplatz Der Bauabschnitt U2/1 Schottenring ist teils in Hochlage geführt ist. Beim unterirdi- bis zur neuen Endstelle Leopoldau – nahezu der erste Abschnitt der neuen U2, die in der schen Streckenteil gelangten sowohl offene eine komplette Nord-Süd-Durchquerung ersten Betriebsphase bis zum Stadion fahren Bauweise – mit Schlitzwänden, Bohrpfählen Wiens – beträgt ca. 25 Minuten. Bewohner wird. Ab 10. Mai 2008 – rechtzeitig zur und Spundwänden – als auch geschlossene der Großfeldsiedlung sind dann in nur 7 Mi- Fußball- EM – werden die Silberpfeile vom Bauweise zur Anwendung. Beim Tunnelvor- nuten an der Alten Donau, in 10 Minuten auf Karlsplatz über die U2-Stammstrecke unter trieb in geschlossener Bauweise kam erst- der Donauinsel, in 13 Minuten am Prater- dem Donaukanal zur Taborstraße und zum mals nach über einem Vierteljahrhundert wie- stern und in 16 Minuten im Stadtzentrum am Praterstern mit Anschluß an die U1 brausen. der eine Schildbohrmaschine zum Einsatz. Stephansplatz. Das sind Fahrzeiten, die mit Über die Messe, wo die U2 von der Tieflage in die Hochlage auftaucht, geht es dann zur Station Trabrennstraße und zum Ernst- Happel-Stadion. Die Bauarbeiten an der U2-Verlängerung vom Schottenring in den 2. Wiener Gemein- debezirk zur Taborstraße gehörten zu den technisch anspruchsvollsten U-Bahn-Bau- Projekten, die bisher in Wien in Angriff genommen wurden. Für die in 15 Metern Tiefe direkt unter dem Donaukanal liegen- den Stationsröhren der U2-Station Schotten- ring mußte vor dem Tunnelvortrieb das Erd- reich unter dem Flußbett vereist werden, da- mit die Ausbruchsarbeiten ohne Wasserein- tritte in standfestem Bodenmaterial erfolgen konnten.

Ab Ende 2010 bis zur Aspernstraße Mit einem Spatenstich am 28. September Untertunnelung für die U 6 unter dem Donaukanal Foto: Pressefoto Votava 2006 begannen die Arbeiten am Strecken-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 52 Chronik abschnitt vom Stadion bis zur Aspernstraße Die Stadt blüht auf im 22. Bezirk. Auf dem rund fünf Kilometer langen Teilstück, das in Hochlage geführt Der Ausbau der U-Bahn hat für Wien ent- wird, werden insgesamt sechs Stationen ge- scheidende Verbesserungen gebracht. Er hat baut, unter anderem die Station Stadlau als aus bisher abgasbelasteten Straßenzügen Umsteigeknoten zu den Bahnlinien der Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Ein- ÖBB. Auch das zweitgrößte Krankenhaus kaufsstraßen gemacht, hat Entwicklungsim- Wiens – das SMZ-Ost – erhält eine eigene pulse gesetzt und so nicht nur das Ver- Station. Ende 2010 sollen die Arbeiten abge- kehrsgeschehen, sondern auch das Stadtbild schlossen sein. und das Leben in Wien maßgeblich verbes- Die Donaustadt – sie ist mit über 146.000 sert. Auch mit viel Phantasie könnten wir Einwohnern der an Bevölkerung zweitreich- uns unsere Stadt heute ohne U-Bahn nicht ste Bezirk Wiens – wird dann neben der U1 mehr vorstellen. Sie ist zuverlässig, pünkt- bereits mit der zweiten U-Bahn-Linie er- lich, konkurrenzlos schnell und – im interna- schlossen. In die Errichtung dieses Teilab- tionalen Vergleich – vorbildlich sauber und schnittes investieren die Wiener Linien ins- sicher. Sie spart Zeit, verringert Stress und gesamt rund 490 Millionen Euro. Die Ge- lässt Wien näher zusammenrücken. samtkosten für die komplette Verlängerung der U2 vom Schottenring bis Aspernstraße Anerkennung durch betragen rund 1,3 Milliarden Euro. Mit die- die Bevölkerung sem Großprojekt setzt die Stadt Wien den Ausbau des U-Bahn Netzes konsequent fort. Mehr als 470 Millionen Fahrgäste pro Die U2 wird nach ihrer Fertigstellung Jahr können nicht irren. Diese in Zahlen aus- eine Länge von 12,547 Kilometer aufweisen gedrückte Leistung der Wiener U-Bahn und über insgesamt 17 Stationen verfügen. Bürgermeister Michael Häupl bei der spricht eine deutliche Sprache. Bereits bei In Summe werden in den Ausbau der U2 Eröffnung der U 3-Station »Gasometer« der Konzeption und Ausführungsplanung rund 1,2 Milliarden Euro investiert. wurden die Bedürfnisse der Bevölkerung phase der U-Bahn wird das Wiener U-Bahn berücksichtigt. Verkehrsanalysen, Weg-Zeit- Die U-Bahn als Herz- Netz im Jahr 2019 beinahe eine Betriebs- Diagramme, Umfragedaten und vieles ande- stück der Wiener Linien länge von beinahe 90 Kilometer haben. Dies re mehr haben zu einem U-Bahn-Netz ge- entspricht in etwa der Entfernung von Wien führt, das alle Wiener Bezirke miteinander „30 Jahre U-Bahn bedeuten nahezu eine zum Semmering. 116 barrierefreie Stationen verbindet und fast alle wichtigen zentralen Verdoppelung der jährlichen KundInnenfahr- stehen dann den Kundinnen und Kunden der Punkte der Bundeshauptstadt mit diesem ten bei den Wiener Linien. 793 Millionen Wiener Linien zur Verfügung, sichtbare und schnellen Verkehrsmittel erreichbar gemacht Fahrgäste im Jahr 2007 stellen erneut einen überzeugende „Argumente“, um auf öffentli- hat. Die Wienerinnen und Wiener haben sich Fahrgastrekord dar. Noch nie waren so viele che Verkehrsmittel umzusteigen und somit daher zu begeisterten U-Bahn-Fahrern ent- Menschen mit den Wiener Linien unterwegs. einen persönlichen Beitrag zum Umwelt- wickelt. Dieser Erfolg ist zu einem Großteil auf die schutz und zur Lebensqualität zu leisten. http://www.wienerlinien.at Attraktivität der U-Bahn zurückzuführen, denn 60 Prozent der Fahrgäste haben im ver- gangenen Jahr die U-Bahn benutzt. Die U- Bahn hat sich zu einem unverzichtbaren Rückgrat des Nahverkehrs in Wien entwik- kelt und leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Lebensqualität in unserer Stadt“, erklär- te Vizebürgermeisterin Renate Brauner . Mit Eröffnung der beiden Verlängerun- gen der Linie U2 vom Schottenring zum Stadion und in der Folge über die Donau zur Aspernstraße erhoffen sich die Wiener Linien, das ehrgeizige Ziel von jährlich 800 Millio- nen Fahrgästen zu erreichen. Durch die Verlängerung der U2 zum Stadion wird das Wiener U-Bahn-Netz auf beinahe 70 Kilometer anwachsen, der weite- re Ausbau in den 22. Bezirk fügt nochmals fünf Kilometer hinzu. Mit Fertigstellung der

2007 zwischen dem Bund und der Stadt Foto: Österreich Journal Wien vertraglich vereinbarten 4. Ausbau- Die U 1-»Silberpfeil« vor der Kulisse der UNO-City im 22. Wiener Gemeindebezirk

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 53 Chronik Österreich »nimmt zu« Unverändert starkes Bevölkerungswachstum 2007

u Jahresbeginn 2008 betrug die Einwoh- Znerzahl Österreichs rund 8,334 Mio. Personen, um 35.400 (0,4 %) mehr als ein Jahr zuvor (1.1.2007: 8,299 Mio.). Den vor- läufigen Ergebnissen der Statistik Austria zufolge dürfte das Bevölkerungswachstum im vergangenen Jahr (2007) damit nur ge- ringfügig über dem Niveau des Jahres 2006 (+33.000) liegen. Der Anstieg der Einwoh- nerzahl beruht ebenso wie in den vergange- nen Jahren zu drei Viertel (76%) auf Netto- wanderungsgewinnen gegenüber dem Aus- land. Im Jahr 2007 verzeichneten alle Bun- desländer Bevölkerungsgewinne. Die relativ stärksten Zugewinne gab es in Wien (0,9%), die schwächsten in Kärnten (0,1%).

Die Bundeshauptstadt wächst weiter Das relativ stärkste Einwohnerplus ver- zeichnete wie in den Jahren zuvor die Bun- deshauptstadt Wien. Hier stieg die Bevölke- rungszahl von 1,664 Mio. (1.1.2007) auf 1,678 Mio. (+0,9%). In Oberösterreich, Salz- Foto: http://www.bilderbox.biz burg und der Steiermark lag das Wachstum mit 0,2% unter dem Bundesdurchschnitt, in Zuwächse an Deutschen, 2004 beigetretenen Ländern um rund 6100 Niederösterreich, Tirol und ge- Rumänen und Bulgaren Personen (+6%). Den größten Anteil darun- ringfügig darüber. Den niedrigsten Einwoh- ter hatten deutsche Staatsbürgerinnen und nerzuwachs verzeichnete Kärnten. Nach den vorläufigen Ergebnissen für Staatsbürger mit einer Zunahme von 10.600 Ein detaillierter Blick auf die regionale den Jahresbeginn 2008 hatten 855.708 aus- Personen (+7%). Einen besonders starken Bevölkerungsentwicklung zeigt, daß die Be- ländische Staatsangehörige ihren Haupt- Anstieg gab es bei bulgarischen und rumäni- völkerung nicht nur in einigen Wiener Ge- wohnsitz in Österreich. Das entsprach 10% schen Staatsangehörigen: Im ersten Jahr meindebezirken stark wuchs, sondern auch der Gesamtbevölkerung und ist ein Plus von nach dem EU-Beitritt stieg ihre Zahl um in Eisenstadt, Tulln, Imst und Graz sowie in rund 30.000 Personen gegenüber dem rund 20% (+6900 Personen). Damit war der den Stadtumlandgebieten von Wien. „Verlie- 1.1.2007 (endgültige Ergebnisse). Bevölkerungszuwachs aus diesen beiden rer“ waren, so wie in den vergangenen Jahren, Unter den nicht-österreichischen Staatsan- Ländern absolut betrachtet höher als jener die obersteirischen Bezirke Leoben, Murau, gehörigen waren mehr als 300.000 Personen aus den 2004 beigetretenen zehn EU- Mürzzuschlag, die niederösterreichischen aus Ländern der Europäischen Union, davon Staaten. Die Zahl der Staatsangehörigen aus Bezirke Waidhofen an der Ybbs und Gmünd. 175.000 aus den alten EU-Staaten (EU-14) dem Nicht-EU-Raum wies hingegen nur und 90.000 aus den zehn im Jahr 2004 bei- eine leichte Zunahme in Höhe von 0,5% Einwohnerrückgänge in getretenen Ländern. Aus den neuen EU- (+3500 Personen) auf. Die Zahl der Bür- der Hälfte aller Gemeinden Staaten Bulgarien und Rumänien lebten rund gerInnen aus den Nachfolgestaaten des ehe- 37.000 Personen in Österreich. BürgerInnen maligen Jugoslawien (ohne Slowenien) sank Insgesamt weist nach den vorläufigen Er- aus dem ehemaligen Jugoslawien (292.000 geringfügig um 1% (-4400 Personen), jene gebnissen nahezu die Hälfte der Gemeinden Personen, ohne Slowenien) stellten die größ- der türkischen Staatsangehörigen erhöhte Österreichs (45% bzw. 1.081 Gemeinden) te Ausländergruppe, gefolgt von deutschen sich schwach um 1% (+1000 Personen). im Jahr 2007 Bevölkerungsverluste auf. In Staatsangehörigen (124.000 Personen) und Zum Jahresbeginn 2008 hatten nach den vor- 78 Gemeinden dürfte sich die Einwohner- Bürgerinnen und Bürgern der Türkei läufigen Ergebnissen insgesamt 59.800 zahl im letzten Jahr kaum verändert haben (110.000 Personen). Staatsangehörige aus Asien und Ozeanien (±0,0%). In knapp mehr als der Hälfte aller Die Zahl der Staatsangehörigen aus den (+6%), 21.500 aus Afrika (+2%) und 17.800 Gemeinden (1.220 bzw. 51%) ist ein Bevöl- EU-14 Staaten erhöhte sich im Jahr 2007 um aus Amerika (+4%) in Österreich ihren kerungswachstum eingetreten. rund 13.300 Personen (+6%), jene aus den Hauptwohnsitz.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 54 Chronik S.C. HAKOAH: Sport und jüdische Kultur neu erleben Modernes Sport- und Fitnessangebot für alle Generationen

er jüdische Sportverein HAKOAH ist Dnach einer Abwesenheit von knapp 70 Jahren wieder in den Wiener Prater zurückgekehrt. Das neue „S.C. HAKOAH Karl Haber Sport- und Freizeitzentrum“ wurde am Vormittag des 11. März 2008 vor- gestellt. Die HAKOAH ist in ihrer heutigen Form – auf einer Gesamtfläche von rund 20.000 m² – ein modernes und top-ausgestat- tetes Zentrum für sportbegeisterte Menschen jeden Alters. Nicht nur Sport und Fitness ste- hen jetzt auf diesem geschichtsträchtigen Ort im Vordergrund, die HAKOAH soll künftig auch ein Ort der Begegnung sein. Ab 2009 wird es dort ein eigenes HAKOAH-Museum geben, das die facettenreiche Geschichte des Traditionsvereins dokumentiert. Die neue Sporthalle eignet sich für beina- he alle Indoor-Sportarten und kann eine Zu- schauertribüne für mehr als 300 Personen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Bürgermeister Michael Häupl, Vereinspräsident Univ.-Prof. Paul Haber und Ariel Musikant, Präsident der israelitischen Kultusge- vorweisen. Die klimatisierte Halle selbst be- meinde Wien (v.l.) Foto: BKA/HBF/Andreas Wenzel steht aus drei Segmenten und verfügt über einen der modernsten Holzbeläge (Ausstat- len. „Für die sportmedizinische Betreuung sowie dem Präsidenten der israelitischen Kul- tung nach Bundesliga-Richtlinien). Natür- der HAKOAH-Mitglieder ist künftig bestens tusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, statt. Sie lich kommen auch die Outdoor Sportarten gesorgt. Darum kümmert sich Vereinsprä- vertraten die Republik, die Stadt Wien und im 14.000 m² großen Außenbereich mit sident – früher selbst Leistungssportler – als die IKG Wien, die die Entstehung des Sport- Schwimmbad, Tennis- und Mehrzweckplatz Sportmediziner höchstpersönlich. Denn wir zentrums ermöglicht haben. Schwimm-Aß sowie einem Beachvolleyballplatz nicht zu wollen die Menschen professionell beim Markus Rogan – Unterstützer der neuen kurz. Neben einem Fitnessbereich laden ein Einstieg ins Training unterstützen und ihnen HAKOAH der ersten Stunde – sowie Schau- eigener Wellness-Bereich sowie ein Café- helfen, fit bis ins hohe Alter hinein zu blei- spieler und Kabarettist Erwin Steinhauer Restaurant zum Trainieren und Entspannen ben“, erklärt Ing. Ronald Gelbard, Ge- wohnten ebenfalls der Eröffnung bei. ein (Planung der Anlage: Arch. DI. Thomas schäftsführer des S.C.HAKOAH Karl Haber Letzterer stellte im Rahmen einer Lesung Feiger). „Unser Angebot im neuen Sportzen- Sport & Freizeitzentrums. Teile des Theaterstücks „HAKOAH-führt!“ trum ist sehr vielfältig. Das war auch unsere Die Anmietung der Sporthalle in Kom- von Helmut Korherr vor (Uraufführung erklärte Zielsetzung für die Wiedererrich- bination mit dem Kraft- und Fitnesscenter März 2009). Das Schauspiel erzählt von den tung. Wir wollen Freizeit- und gesellschaft- sowie dem großzügigen Wellnessbereich ist sportlichen Triumphen aber auch vom regen licher Treffpunkt in einem sein und Men- jederzeit möglich. Durch das moderne Am- Vereinsleben der Mitglieder zwischen 1930 schen aller Glaubensrichtungen und Alters- biente, einem Team aus Medizinern, Physio- und 1938 sowie den zahlreichen Schikanen gruppen einladen, zu uns zu kommen“, so therapeuten und staatlich geprüften Trainern in dieser Zeit durch das NS-Regime. HAKOAH-Präsident Univ. Prof. Paul Haber sowie einer Trainings- und Ausbildungsaka- „Kunst und Literatur scheinen seit jeher über die Ausrichtung der neuen HAKOAH. demie für Hobby- und Leistungssportler mit dem jüdischen Sportverein in Verbindung wird der S.C. HAKOAH aus der österreichi- zu stehen, denn bereits Schriftsteller Fried- Modernste Standards schen Sportlandschaft bald nicht mehr weg- rich Torberg war begeisterter HAKOAHner für jung und alt zudenken sein. und Vereinsmitglied in der Schwimmsek- tion. Wir hoffen natürlich, daß wir mit der Computergestütztes Training nach Vorga- Die Eröffnung Wiedererrichtung der HAKOAH an diese be und Kontrolle von qualifizierten Trainern Tradition anknüpfen und neben den sport- sowie Trainingsgeräte der neuesten Gene- Die feierliche Eröffnung des Sportzen- lichen auch kulturelle Akzente setzen kön- ration sollen künftig sportliches Vergnügen trums fand u.a. durch Bundeskanzler Alfred nen“, so Gelbard. für Menschen aller Altersgruppen sicherstel- Gusenbauer, Bürgermeister Michael Häupl http://www.hakoah.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 55 Chronik

Amtskollegen (im Vorjahr gewählt). Der »Innsbrucker Straße« in Bozen „Innsbruck Tag“ begann mit einem Empfang im Bozner Rathaus. Bgm. Zach trug sich ins eit 1923 hat Innsbruck den Bozner Platz Zusammenarbeit Nord-, Süd- und Osttirols Goldene Buch ein. Nächster Programm- S(ehemals Margarethen Platz). 85 Jahre erwartet sich die Bozner Politspitze Spag- punkt war der Besuch des Bozner Alpen- später hat nunmehr auch die Stadt Bozen nolli / Pichler-Rolle „gute Zukunftsmöglich- konventionsbüros im „Eurac-Bau“. Die eine Straße nach der Nordtiroler Metropole keiten – auch in Zeiten der großen „Wirt- „Zweiteilung“ der Alpenkonvention mit dem benannt. Seit 2. März 2008 steht die „Via schaftsräume und der Globalisierung.“ Hauptsitz des „ständigen Sekretariats in Innsbruck – Innsbrucker Straße“ doppelspra- Verstärkte Zusammenarbeit in wirtschafl- Innsbruck und der operativen Stelle in Bo- chig im Straßenregister der Südtiroler Me- tichen, kulturellem und wissenschaftlichem zen ist nicht zuletzt auch ein Ausdruck der tropole. „Ein Symbol der Verbundenheit, der Gebiet sind auch das Anliegen der Inns- Zusammenarbeit in den bedeutenden Agen- guten Beziehungen und Zusammenarbeit“, brucker Bürgermeisterin bei ihrem übrigens den überstaatlicher Umwelt und Entwick- so Bürgermeisterin Hilde Zach bei der Ent- erstem offiziellen Treffen mit dem Bozner lungsarbeit für den gesamten Alpenraum. hüllung der Tafel auf Italienisch/Deutsch ge- meinsam mit dem Bozner Bürgermeister Luigi Spagnolli und dem Vizebürgermeister Elmar Pichler-Rolle. Eine Straße nach der Nordtiroler Landes- hauptstadt zu benennen, war ein langer Wunsch der Bozner Stadtregierung Von der zuständigen Kommission wurde die „Via Campiglio – Kampillerweg“ für eine Neube- nennung ausgesucht: Wer diese wichtige Um- fahrungsstraße des Südtiroler Ballungszent- rums benützt, fährt nunmehr zwischen dem markanten „Kampiller Kirchl“ und dem Virgltunnel auf der „Via Innsbruck – Inns- brucker Straße“. Die Enthüllung der neuen Tafel ist für Bozens Bürgermeister Spagnolli weit mehr als eine Umbenennung eines historischen Namens der Talferstadt. „Es ist auch ein Ausdruck der strategischen Ausrichtung Bozens in Richtung Norden, nach Innsbruck, Innsbrucker Straße in Bozen: Bgm. Luigi Spagnolli, Bgm. Hilde Zach und Vizebgm. Tirol und Europa.“ Von einer verstärkten Elmar Pichler-Rolle (v.l.) Foto: rms / Innsbruck

werden in den kommenden Tagen und Wo- Frühling in Wiens Parkanlagen chen – zu Frühlingsbeginn 2008 – als weite- re Frühjahrsboten gepflanzt. er Frühling naht in großen Schritten – Die Wiener Stadtgärtner beseitigen in den DWiens Stadtgärtner arbeiten mit Hoch- Parks auch die letzten Spuren des Winters, druck an den Vorbereitungen für die Aus- Parkbänke werden gereinigt und Spielplätze pflanzung der über 300.000 Frühlingsblu- auf Hochglanz gebracht. Die Spielgeräte men in die Blumenbeete, in die Parks und werden selbstverständlich das ganze Jahr den Straßenbereich. über überprüft. Der Frühjahrsputz erfolgt auf Der blütenreiche Frühling 2008 begann rund 17.000.000 m² Parkanlagen, 500 Kin- aber bereits im Herbst des Vorjahres: Die derspielplätzen und 200 Trend-Sportanlagen Wiener Stadtgärtner haben rund eine Million (Skate-, Beachvolleyball-Plätze, BMX- und Tulpen- und Narzissenzwiebel in den Boden Streetball-Anlagen). „gelegt“, die nach ihrem „Winterschlaf“ nun Rund 1200 GärtnerInnen und Gartenar- das erste Grün zeigen. Sie werden in den beiterInnen führen den Frühjahrsputz durch: kommenden Wochen Wien in rot/gelb/oran- Die Sitzflächen von rund 19.000 Parkbänken ge-Töne tauchen. werden gereinigt, rund 1500 Stk. Pflanzscha- Die Wiener Stadtgärtner hielten natürlich len werden mit Frühjahrsblühern bepflanzt, keinen Winterschlaf: Rund 300.000 Früh- rund 1.000.000 Tulpen und Narzissen wer- jahrsblüher – wie Primeln, Bellis und Vio- den erblühen, rund 300.000 Frühjahrsblüher len – wurden in den letzten Monaten in den Foto: MA 42 (z. B. Primeln) werden gepflanzt… wunder- Blumengärten Hirschstetten kultiviert. Diese Ein Blumenmeer vor der Karlskirche schönes Wien!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 56 Chronik Wie Niederösterreich zu seiner ersten Pizzeria kam Ein junger Südtiroler Bergbauer wanderte nach St. Pölten aus und legte den Grundstein für einige Beherbergungsbetriebe, die sein Sohn heute führt. Von Michael Mössmer.

olche Geschichten bezeichnet man heute Swohl als den „amerikanischen Traum“, wenn es einer vom Tellerwäscher zum Mil- lionär schafft. Viele dieser Lebensläufe gibt es auch in unserem Land, wenn sie auch nicht immer so spektakulär sind. Eines ha- ben sie aber gemeinsam: den eisernen Willen, etwas zu schaffen. Hier zeigen wir Ihnen ein gutes Beispiel dafür. Ein junger Bergbauer aus Südtirol ist mit seinem Leben eigentlich zufrieden, auch wenn es, wie wir wissen, von schwerer Ar- beit und wenig Erfreulichem begleitet wird. Eines Tages verschlägt es, wie‘s der Zufall will, eine St. Pöltenerin in diese Gegend, wo sie ihren Helmut Hauser kennenlernt. Es ist, wie Sohn Martin erzählt, Liebe auf den er- sten Blick. Doch es nützt nichts, an der Tren- nung kann nicht gerüttelt werden – seine Ernestine muß wieder nachhause. Ein kurzer Briefwechsel zwischen Südtirol und Nieder- österreich, dann faßt sich Helmut Hauser ein Herz, packt seine Zither und ein paar Hab- seligkeiten zusammen und wandert 1955 nach St. Pölten aus. Am dortigen Bahnhof angekommen, wird er schon von Ernestine erwartet. Sie hat sich von ihrem Bruder einen Anzug ausgeliehen, den Helmut auf der Bahnhofstoilette schnell gegen sein einziges Foto: Stadthotel Hauser Eck und ziemlich überstrapaziertes Gewand bei Coca-Cola in St. Pölten als Lastwagen- wechselt. Dermaßen „herausgeputzt“, wird fahrer. Dort arbeitet er sich konsequent hin- er sofort der Familie vorgestellt. Die nimmt auf, bis er schließlich als Verkaufsleiter für den jungen Südtiroler gerne auf, der sich so- ganz Niederösterreich verantwortlich ist. fort um Arbeit umsieht. Ganz gleich, was Wer nun glaubt, er habe damit sein Ziel er- man ihm zumutet, er packt zu, arbeitet in reicht, der fehlt. Ganz im Gegenteil, denn einer Schottergrube und beim Bau. Er ist nun setzt er den Schritt in die Selbständig- sparsam und fleißig und kann von dem We- keit. nigen, was überbleibt, den begehrten Füh- Er mietet ein ziemlich heruntergekomme- rerschein bezahlen. Sogleich bewirbt er sich nes Kellerlokal in der St. Pöltener Innen-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 57 Chronik Foto: Stadthotel Hauser Eck Der Südtiroler Helmut Hauser brachte Martin Hauser mit einem zukünftigen Gastronomen – vielleicht, irgendwann … – die erste Pizzera nach Niederösterreich vor dem nagelneuen Portal zu seinem »In-Bistro« stadt, krempelt seine Ärmel auf und eröffnet österreichs. Helmut Hauser ist zufrieden, mein ,Mißgeschick‘ als ,Überraschungspiz- 1972 die „Südtiroler Stuben“. Die erste Zeit Sohn Martin zeigt von klein auf reges In- za‘ auf der Karte.“ stößt er mit seinem Pizza-Angebot bei der teresse am Geschäft der Eltern: „Ich habe Mitte der 80er Jahre ergab sich dann die Bevölkerung auf Skepsis, schließlich wußte dort mitgelebt, habe als Bub, wie es in einem Möglichkeit, in der Schulstraße 2 ein mehr- man damals kaum etwas von dieser italieni- Familienbetrieb halt so ist, beim Einschen- geschoßiges Wohnhaus zu kaufen. Es war schen Nationalspeise. Doch nach und nach ken und beim Servieren geholfen. Später ziemlich desolat, die Fassade zeigte noch spricht sich herum, daß das „fremdländische durfte ich dann schon Pizza backen“, denkt nicht behobene Kriegsschäden. Das hielt Hel- Essen“ sehr schmackhaft ist und daß „die Martin Hauser gerne an die Anfänge seiner mut Hauser aber nicht ab, es zu kaufen und Hausers“ in den „Südtiroler Stuben“, neben gastronomischen Laufbahn zurück. „Einmal es, Schritt für Schritt, zu revitalisieren. 1981 hervorragendem Südtiroler Rotwein, auch ist mir eine Pizza vom Blech gerutscht und eröffnete er eine Kaffee-Konditorei mit ita- herrliches Bier vom Faß ausschenken. Und ist zusammengepickt. Mein Vater war zwar lenischem Eis. Die örtliche Presse gab dem so etablierte sich die erste Pizzeria Nieder- vorerst nicht sehr begeistert, doch dann blieb Lokal damals den Namen „Hauser Eck“ – 3 Fotos: Österreich Journal Das »In-Bistro« bietet eine 14tägig wechselnde Karte mit einer Reihe von Speisen

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»Daheim und doch nicht zuhaus« ist im »Stadthotel Hauser Eck« nachvollziehbar weil es ein Eckhaus ist. Sukzessive beginnt missen. Er hat dort von der Pieke auf gelernt, er, Teile des Hauses in ein Hotel umzubauen. mit einem Rohstoff umzugehen, der einen 1989 wurde feierlich eröffnet, zwei Stockwer- wesentlichen Bestandteil seiner Küche dar- ke standen den Gästen bereits im „Stadthotel stellt – in der er gerne selbst jeden Abend Hauser Eck“ zur Verfügung. steht und kocht. Ein Restaurant wollte er Mittlerweile hatte Sohn Martin im elter- aber nicht im „Stadthotel Hauser Eck“, son- lichen Betrieb eine Lehre begonnen und dern ein Lokal, in dem sowohl Mittagsgäste, wollte nichts anderes, als in diesem Beruf zu etwa aus den Büros der nächsten Umgebung, bleiben. Die – kaum unveränderte – Liebe ihre Pausen verbringen, als auch für seine seines Vaters zu Tirol und wohl auch die vielen Stammgäste, die seine Hotelzimmer Auch im Gastro-Bereich herrschen warme Farben vor, das Licht kommt Tatsache, daß dieser dort ein Ferienhaus sein belegen. von Halogenstrahlern und Kerzen Eigen nannte, führte Martin Hauser in eine Die meisten sind, wie Martin Hauser er- einjährige gastronomische Intensiverfah- zählt, Handlungsreisende oder Monteure rung: Er durfte beim „Stangl Wirt“ in Going verschiedener Betriebe. Die wollen abends ein Lehrjahr verbringen, „wo allein zwei nicht fein speisen, sondern freuen sich über Köche für die Patisserie zuständig waren ein gutes Nachtmahl, das noch dazu auch und täglich ein paar tausend Essen die ihre Spesenabrechungen nicht sprengt. „Und Küche verließen“, erinnert er sich heute ger- so ist unser ,In-Bistro‘ entstanden. Es ist ein ne zurück. Auch das Lehrjahr bei einem be- Bistro, wie man es sich landläufig vorstellt, freundeten Fleischermeister möchte er nicht also gemütlich und unkomplizert, bietet aber

Die Rezeption: »Herzlich willkommen!« Hell, freundlich, modern: ein Doppelzimmer im »Mariazellerhof«

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eine 14tägig wechselnde Karte mit einer Reihe kleiner Speisen und Hauptgerichten.“ Ein kurzer Blick bestätigt dem Schreiber dieser Zeilen, daß für jeden Geschmack et- was dabei ist, auch für praktisch jede Brief- tasche. Denn Pasta oder Gnocchi sind bereits für unter 3 Euro zu haben. „Das Bier ist an- geblich zu billig“, gesteht Martin Hauser ein. Das kann aber wohl nicht als Makel ange- führt werden. Seit ein paar Jahren hat sich Helmut Hau- ser aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, auch wenn er sich das nie hatte vorstellen können – oder wollen. „Zu seinem 65. Ge- burtstag eröffnete er zu unser aller Überra- schung, er habe genug gearbeitet“, erzählt Sohn Martin, der sich freut, daß sein Vater sich mit großer Freude der Jagd widmet und, dann und wann, sogar eine Reise antritt. Im Frühstücksraum im »Mariazellerhof« kann der Tag gut beginnen Wenn sie nicht zu lange dauert. Denn er ist gerne zuhause, schmiedet mit seinem Sohn Umbau- und Erweiterungspläne. Martin, der sich mit seinem Vater hervor- ragend versteht, ist diesem in fast allen Eigenschaften nachgeraten. Die Freude dar- an, Ziele zu haben, Bleibendes zu schaffen und, allem voran, für die Gäste der mittler- weile drei Betriebe in St. Pölten dazusein. „Das ist heute die wohl einzige Chance für einen mittleren Betrieb. Man muß Gästen zeigen, daß sie einem nicht nur als Zahler willkommen sind. Sie müssen einfach spü- ren, daß wir Freude daran haben, uns den Kopf über ihr Wohlbefinden zu zerbrechen. Mir ist es lieber, einer meiner Mitarbeiter setzt sich zu einem Hotelgast, der von Mon- tag bis Freitag alleine ist, trinkt mit ihm einen Kaffee und plaudert ein wenig, als daß »Pension Mariazellerhof«: 31 Zimmer unterschiedlicher Ausstattung in zentraler Lage er hinter der Theke steht und Gläser poliert. Das kann auch zu einem anderen Zeitpunkt passieren. So werden Hotelgäste zu Stamm- kunden“, freut sich der Wirt und Hotelier mit Leib und Seele, der auch mit Zuversicht in die Zukunft schaut. Denn sein Ziel, irgend- wann über 200 Betten zu verfügen, scheint er- reichbar. 170 davon hat er bereits geschaffen. Wenn es mit der touristischen Entwicklung St. Pöltens weiter so bergauf geht, werden die „restlichen“ 30 Betten wohl nicht allzu- lange auf sich warten lassen. http://www.hausereck.at

Apropos Entwicklung: St. Pöltens Stadt- väter können auf eine beispielhafte wirt- schaftliche und touristische Entwicklung dieser schönen Barockstadt verweisen (siehe „Österreich Journal“-Reisetip, Ausgabe 48: „Vielfalt an der Traisen“, zu finden unter »Pension Elisabeth«: 25 Zimmer und 4 Appartements unterschiedlicher Ausstattung dem Link am Seitenende).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 60 Religion und Kirche Stephan Turnovszky neuer Weihbischof für Wien

ien bekommt einen neuen Weih- Wbischof: Papst Benedikt XVI. hat den Pfarrer von Baden-Leesdorf, den 43jährigen Stephan Turnovszky, zum Weihbischof für Wien ernannt. Die Ernennung wurde am 6. März zeitgleich im Vatikan und in Wien bekannt gegeben. Kardinal Christoph Schön- born sagte in einer ersten Reaktion: „Ich bin sehr froh, daß ein guter Seelsorger als neuer Weihbischof für Wien ernannt worden ist“. Mit der Ernennung Turnovszkys gehe die „Verjüngung“ des österreichischen Episko- pats zielbewußt weiter. Kardinal Schönborn, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe die Frühjahrsvollversammlung der Bischofskon- ferenz in Schloß Reichenau leitete, sagte in einem Telefonat mit „Kathpress“: „Wir brau- chen beides, die Erfahrung der älteren und den Mut der jüngeren.“ Stephan Turnovszky wurde am 21. Juni 1964 als erstes von drei Kindern seiner Foto: [email protected] Eltern geboren. Er wuchs er in Wien-Döb- Papst Benedikt XVI. hat den Pfarrer von Baden-Leesdorf, den 43jährigen Stephan ling auf und besuchte dort ein humanisti- Turnovszky, zum Weihbischof für Wien ernannt. sches Gymnasium. Nach der Matura studier- te er an der Technischen Universität in Wien jungen Jahren hatte er eine enge Beziehung lig wird.“ Als Ministrant, Jungscharkind, Ju- Technische Chemie. Seit 1987 ist er aktives zur Kirche und zum Glauben. „Meine Hei- gendlicher habe er in St. Paul sowohl die Mitglied des Malteser Hospitaldienstes matpfarre in Wien ist eine sehr lebendige Freude an schön gefeierter Liturgie als auch Austria (MHDA) und nahm auch mehrmals und aktive Gemeinschaft. Bereits als Kind an verläßlicher Gemeinschaft erfahren. Als an der Lourdes-Wallfahrt mit behinderten war ich in der Pfarrjugend und als Ministrant er später Sehnsucht nach religiöser Vertie- Menschen teil. Als Chemiker war er zwei- tätig. Nach der Matura schlug ich zunächst fung merkte, ging er auf die Suche nach einhalb Jahre im Bezirk Melk tätig, bis er trotzdem einen anderen Weg ein“, sagte Tur- Exerzitien (geistlichen Übungen) und geriet seiner Berufung zum Priestertum folgte und novszky in einem Interview. Sein Beruf als nach Kremsmünster. Zweimal nahm er dort 1992 ins Wiener Priesterseminar eintrat. Chemiker habe ihm große Freude bereitet, an von P. Nikolaus Zacherl OSB geleiteten Sein Externjahr verbrachte er 1994/95 in Tou „aber da war ständig diese große Sehnsucht Exerzitien teil. louse. 1997 weihte ihn Bischof Helmut nach einem mit mehr Sinn erfüllteren Leben Aber auch in seiner technischen Berufs- Krätzl zum Diakon. Nach dem Diakonats- und das Gefühl, daß Gott für mich einen tätigkeit in Krummnußbaum hatte er, wie er jahr in der Pfarre Perchtoldsdorf wurde er anderen Weg vorgesehen hat“. Als er Pfarrer selbst formulierte, „Glück“: Johann Hechtl, am 29. Juni 1998 von Kardinal Christoph in Baden-Leesdorf wurde, sagte Turnov- Altregens des St. Pöltner Priesterseminars Schönborn im Stephansdom zum Priester szky: „Glauben hat für mich mit Leben und und emeritierter Homiletiklehrer, war dort geweiht. Die ersten beiden Priesterjahre ver- Leben mit Glauben zu tun. Diese beiden sein Pfarrer. Ihm sei es Sonntag für Sonntag brachte er als Kaplan in der Pfarre Jedlesee Dinge zusammenführen, das ist mein Ziel.“ gelungen, Brücken von der Heiligen Schrift im 21. Wiener Gemeindebezirk. Anschlies- Im Gespräch mit der Wiener Katholiken- zum Lebensalltag der Menschen zu schlagen send leitete er fünf Jahre lang die Pfarren zeitung „Der Sonntag“ schilderte Turnov- und so zu sprechen, „daß man kein Wort Großmugl und Herzogbirbaum im Dekanat szky einmal seine Berufungsgeschichte: überhören wollte“. Hechtl verdanke er die Stockerau. Seit 1. September 2005 ist er Pfar- „Für mein Priesterwerden waren Kindheit „leidenschaftliche Liebe zur Verkündigung rer von St. Josef in Baden-Leesdorf. In St. Jo- und Jugendzeit in Döbling-St. Paul prägend, des Evangeliums“, so Turnovszky. sef leitet er eine überaus vitale Pfarre, die wo ich die Pfarre als Ort christlicher Ge- Die Weihe des neu ernannten Weihbi- Jugend ist besonders stark ins Pfarrleben ein- meinschaft erlebt habe. Pfarrer Hans Klin- schofs wird am Pfingstmontag um 15 Uhr im bezogen. Seit 2001 ist Turnovszky auch Mit- ger, heute noch dortiger Pfarrer, hat mir ohne Stephansdom stattfinden. Kardinal Chri- glied des Priesterrats der Erzdiözese Wien. viele Worte vermittelt, daß das Pfarrersein stoph Schönborn wird die Bischofsweihe Der neue Weihbischof ist in einer religiö- eine schöne Lebensaufgabe ist, jedenfalls vornehmen. sen Familie in Wien aufgewachsen, schon in kein einsames Geschäft, in dem man schrul- http://stephanscom.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 61 Personalia Ein Oscar für Österreich Der Oscar 2008 geht an »Die Fälscher« von Regisseur Stefan Ruzowitzky für den besten nicht-englischsprachiger Film.

Am 5. März 2008 empfing Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (r.) den Regisseur Stefan Ruzowitzky (2.v.l.) sowie die Schau- spieler Karl Markovics (l.) und August Zirner (2.v.r.) im Bundeskanzleramt. Foto: Bundeskanzleramt / Andreas Wenzel

er österreichische Regisseur Stefan Konzentrationslager spielender Film den ma einer Geldfälscher-Werkstatt erzählt, die DRuzowitzky ist in der Nacht auf auf den ersten Auslands-Oscar für Österreich geholt die Nazis im Konzentrationslager Sachsen- 25. Februar in Los Angeles für sein Drama habe, so Ruzowitzky. Er setzte sich gegen hausen mit Hilfe der Häftlinge eingerichtet „Die Fälscher“ mit einem Oscar ausgezeich- Konkurrenz aus Polen, Kasachstan, Israel hatten, überzeugt mit einem spannenden net worden. Der Film, der die Geschichte und Russland durch. Thema und einem formidablen Cast rund um jüdischer Gefangener im Konzentrations- „Wenn man nach Los Angeles fährt, dann Karl Markovics, Devid Striesow und August lager Sachsenhausen erzählt, wurde dabei will man auch gewinnen“, hatte sich Ruzo- Diehl. „Die Fälscher“ war vor einem Jahr im als bester nicht-englischsprachiger Beitrag witzky im Vorfeld der Oscar-Verleihung Wettbewerb der Berlinale gelaufen und geehrt. Für Ruzowitzky ist damit ein echter kämpferisch gegeben. Der Gala wohnte er wurde anschließend in mehr als 60 Länder Kindheitstraum wahr geworden: „Das ist das mit seiner Frau, seinem Hauptdarsteller Karl verkauft. Beste, was einem Filmemacher passieren Markovics, seinen Produzenten und einigen Stefan Ruzowitzky wurde 1961 in Wien kann.“ Er blieb in seiner kurzen Dankesrede Freunden bei, im Anschluß war er bei Kali- geboren, studierte Theaterwissenschaften recht gefaßt: „Ich hatte die tollste Besetzung, forniens Gouverneur Arnold Schwarzen- und Geschichte. Daneben absolvierte er die beste Crew und die beste aller Familien egger eingeladen. „Klein denken“ ist Ruzo- Filmseminare bei renommierten Kameraleu- zu Hause, daher war es einfach für mich.“ Er witzkys Sache nicht, hatte er vorab gemeint, ten wie Vilmos Zsigmond und Vittorio erinnerte an große Film-Persönlichkeiten sein Lebensmotto sei „versuchen kann man Stararo und arbeitete nebenbei für Hörspiel- wie Billy Wilder, Fred Zinnemann und Otto es wenigstens“. und Theaterprojekte. Nach 1987 realisierte Preminger, die von den Nazis aus Österreich Die auf den Erinnerungen eines Holo- er als freier Regisseur und Autor Doku- vertrieben wurden. Daher mache es Sinn, caust-Überlebenden basierende deutsch- mentationen, Reportagen und Kurzfilme für daß mit „Die Fälscher“ nun ein in einem österreichische Koproduktion, die das Dra- den ORF und begann mit der Realisierung

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chenden Gelder mindestens verdoppelt wer- Situation der rund 5000 österreichischen den“, meint Grasser. Vor allem die Politik sei Filmschaffenden ändern“, kritisiert er. Es in diesem Zusammenhang gefordert. „Ich müsse der Filmstandort Österreich gestärkt hoffe, daß die österreichische Politik diesen werden. „Wir haben ein Grundsatzproblem Erfolg zum Anlaß nimmt, um endlich für in Österreich. Der Film hat hier nicht den bessere Rahmenbedingungen für Filmpro- selben Stellenwert wie etwa das Theater oder duktionen zu sorgen“, so Grasser. Es genüge die Oper.“ nicht, nur Maßnahmen anzukündigen, wenn Auch Hauptdarsteller Karl Markovics diese nicht auch umgesetzt werden. wies auf die schwierige Situation für Film- Werner Müller, Geschäftsführer des Fach- schaffende in Österreich hin. Vor allem die verbandes der Audiovisions- und Filmin- Förderungsbedingungen müßten dringend dustrie, erklärte „der Gewinn eines Oscars, verbessert werden, kritisierte Markovics. des publikumswirksamsten Preises, ist für Zahlreich wie die Forderungen nach ver- den österreichischen Film natürlich eine stärkter Filmförderung und – vor allem der wichtige Auszeichnung“. Vor allem der da- Mittel – waren auch die Grußbotschaften aus durch erzielte Aufmerksamkeitsgewinn sei allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Es unbezahlbar. „Mit einem solchen Preis steigt bleibt zu hoffen, daß sich „vage“ Befürch- gleichzeitig die Bekanntheit und damit auch tungen der Filmschaffenden nicht bewahr- die Chancen, am internationalen Parkett heiten und dem heimischen Film auch ent- wahrgenommen zu werden“, so Müller. Aus sprechender Stellenwert in den Kulturbud- wirtschaftlicher Sicht dürfe man den Oscar gets erhält. allerdings nicht überbewerten: „Ohne Un- Einen Bildbericht über „Die Fälscher“ Stefan Ruzowitzky mit terstützung der Politik und einer deutlichen können Sie im „Österreich Journal“ Aus- dem Oscar für den besten Anhebung der Fördergelder wird sich auch gabe Nr. 44 vom 19.01.2007 (Link siehe un- nichtenglischsprachigen Film künftig nichts an der teilweise sehr prekären ten) nachlesen. Foto: Foilmladen / Karl Schöndorfer von Werbefilmen und Musikvideos, u.a. für die Scorpions, Die Prinzen und Justin Timberlake mit `N Sync. 1996 feierte Stefan Ruzowitzky sein Spielfilmdebüt mit „Tempo“, zwei Jahre später folgte der mehrfach ausgezeichnete Film „Die Siebtelbauern“, 2000 legte er mit „Anatomie“ einen der Publikumserfolge des Jahres vor. Mit der Bandbreite der von ihm realisierten Filme ist Stefan Ruzowitzky heute einer der wohl vielseitigsten deutsch- sprachigen Regisseure.

Strukturelle Probleme bei Österreichs Film „Daß es genug kreatives Potential in Österreich gibt, beweist nicht nur der aktuell gewonnene Oscar“, stellt Helmut Grasser, stellvertretender Obmann der Vereinigung kreativer Filmproduzenten Film Austria im Gespräch mit der Agentur „pressetext“ fest. Obwohl der Oscargewinn in dieser Hinsicht ein sehr positives und wichtiges Zeichen für die Öffentlichkeit sei, ändere er jedoch nichts an den strukturellen Problemen der österreichischen Filmwirtschaft. „Wir haben in Österreich aktuell eine Filmförderung, die mit 12,1 Mio. Euro genauso hoch ist wie im Jahr 1984“, erläutert Grasser. Im internatio- nalen Vergleich liege man damit im hinteren Drittel. „Um die Förderungen auf europäi- sches Niveau zu heben, müssten die entspre-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 63 Personalia »Vergeßt mir die kleinen Leute nicht« »Große Josef Krainer-Preisträger 2008« erfüllten Leitmotiv des Namensgebers

v.l. stehend Landeshauptmann-Stv. Hermann Schützenhöfer, Herbert Willmann, Michael Donoser, Thomas Penz, Peter Fickert, Ernst Kozeschnik, Univ.-Prof. Gerald Schöpfer und Landeshauptmann a.d. Josef Krainer (v.l. sitzend) Superior Pater Karl Schauer, Christine Brunnsteiner, Univ.-Prof. Ulrike Leopold-Wildburger und General a.D. Karl Majcen Foto Fischer

rominente, sozial überaus engagierte Per- würdigte. Er forderte bereits in den 1950er in unserem Bundesland zu bewahren. Er be- Psönlichkeiten sind Träger der „Großen Jahren den „kleinen Grenzverkehr“, initiier- grüßte die Familie von Landeshauptmann Josef Krainer-Preise 2008“. ORF -„Steier- te die steirische Grenzlandförderung und er- a.D. Josef Krainer, seine Nachfolgerin mark-heute“-Moderatorin Christine Brunn- lebte rund zwei Jahre vor seinem Tod einen Waltraud Klasnic, Landesrat Christian Buch- steiner; die Initiatoren der Renovierung von großen Erfolg dieser Bemühungen. Am 12. mann, Walburga Beutl, Zweite Präsidentin Mariazell – Superior Karl Schauer, General- Oktober 1969 eröffneten Bundespräsident des Landtags Steiermark, Vizekanzler a.D. anwalt Christian Konrad und General i.R. Franz Jonas und Jugoslawiens Staatspräsi- Josef Riegler, die früheren Minister Ruth Karl Majcen – sowie die Wirtschaftsmathe- denten Josip Broz „Tito“ die neue Mur- Feldgrill-Zankel und Rudolf Streicher, matikerin Univ.-Prof. Ulrike Leopold-Wild- brücke in Radkersburg. Landesrat a.D. Erich Pöltl, die früheren burger kündigten ganz im Sinn von Ökono- Zur Unterstützung wissenschaftlicht- Landtagspräsidenten Franz Wegart, Franz mierat Josef Krainer in den Dankensworten licher Arbeiten erhielten der Mediziner Hasiba und weitere Weggefährten von Öko- an, das Preisgeld karitativen Zwecken zu Univ.-Doz. Oberarzt Peter Fickert und der nomierat Landeshauptmann Josef Krainer. spenden. „Technische Physiker“ Univ.-Doz. Ernst „Vergeßt mir die kleinen Leute nicht“: An Kozeschnik den Josef Krainer-Würdigungs- Förderungspreis eines von vielen Leitmotiven, die das politi- preis. Mit dem Josef Krainer-Förderungs- sche Leben von Ökonomierat Landeshaupt- preis wurden der Telematiker Michael Do- Michael Donoser wurde 1977 in Bruck mann Josef Krainer (1903-1971) geprägt hat- noser, der Vermessungstechniker Werner geboren. Er studierte an der Technischen ten, erinnerte sich Erster Landeshauptmann- Lienhart, der Physiker Thomas Penz sowie Universität Graz Telematik (Studienzweig: Stellvertreter Hermann Schützenhöfer in sei- der Werkstoffwissenschafter Herbert Will- Bildverarbeitung und Computergrafik). nen Gratulations- und Würdigungsworten. mann ausgezeichnet. Nach seiner Diplomarbeit über „Objekt-Seg- „Schon zu Beginn seiner Tätigkeit für die Zur Begrüßung unterstrich Univ.-Prof. mentierung in Film und Video" verfaßte er Landarbeiter in den 1930er Jahren rief er in Gerald Schöpfer, Obmann des „Josef Krai- seine Dissertation zum Thema „Komplexe Koblenz eine Winterhilfsaktion für in Not ner – Steirisches Gedenkwerk“, diese Preise Segmentierungs- und Tracking-Algorithmen geratende Land- und Bauarbeiter ins Leben“, würden in Erinnerung an das Wirken von und ihre Anwendung zur Analyse der 3D Pa- erinnerte sich Schützenhöfer, der den „Vi- Josef Krainer vergeben, um den mit ihm un- pierstruktur“. Ziel war die Analyse der drei- sionär und Reformer Josef Krainer senior“ trennbar verbundenen schöpferischen Geist dimensionalen Struktur einer Papierprobe.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 64 Personalia

Mit einem neuen Prototyp ermöglichte er die stoffschichten werden bereits von einem Dabei bemerkte sie einen großen Nachhol- digitale Rekonstruktion der 3D Papierstruk- großen internationalen Besichtungsunter- bedarf, was die Anerkennung der „Lebens- tur in ausreichender Auflösung. Donosers nehmen angeboten. schätze“ der älteren Generation betrifft. Ihr Hauptaufgabe war die Neuentwicklung von ganz großes persönliches Ziel besteht darin, Bildverarbeitungsalgorithmen, die nun etwa Würdigungspreis die Steiermark zu einem Vorzeigebundes- die Rekonstruktion einer Papierprobe er- land im Umgang der Generationen zu ma- möglichen. Peter Fickert wurde 1967 in Steyr gebo- chen. Sie versucht dabei, ihre Position als Werner Lienhart wurde 1975 in Graz ge- ren, studierte Medizin in Graz. Seit 2003 ist „öffentliche Frau“ gezielt einzusetzen. boren. Er studierte Vermessungswesen an er für Innere Medizin habilitiert mit dem Generalanwalt Ök.R. Christian Konrad, der Technischen Universität Graz. In seiner Schwerpunkt Gastroenterologie und Inten- General i.R. Karl Majcen und Superior Pater Dissertation „Analysis of Inhomogeneous sivmedizin. Wissenschaftlicher Schwerpunkt Karl Schauer erhalten für ihre Verdienste um Structural Monitoring Data“ entwickelte er ist die Gallesekretion und deren Störung, die die Renovierung der Basilika Mariazell den eine neue Auswertmethode für Überwa- Cholestase. Er untersucht die Entstehung Großen Josef Krainer-Preis. chungsmessungen. Er schuf ein neues Meß- chronisch-entzündlicher Gallenwegserkran- Generalanwalt Christian Konrad wurde konzept, das auch die Beurteilung des Ge- kungen, für die es derzeit keine wirksamen 1943 in Obersdorf geboren. Seit 1994 ist er sundheitszustandes eines Bauwerkes ermög- Therapien beim Menschen gibt. Fickerts Generalanwalt des Österreichischen Raiff- licht: Externe und interne Deformations- Zielsetzung ist die Entwicklung charakteris- eisenverbandes, seit 2001 Aufsichtsrats- messungen in einem Bauwerk werden ge- tischer Tiermodelle, die die Testung und vorsitzender der Raiffeisenlandesbank Nie- meinsam ausgewertet. Lienharts Erkenntnis- Entwicklung neuer Medikamente zur Be- derösterreich-Wien AG sowie Obmann der se wurden bei der Auswertung von Überwa- handlung schwerer Erkrankungen ermög- Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien chungsdaten einer neuartigen Hangbrücken- lichen. reg. Gen.m.b.H. konstruktion zur Verbreiterung von alpinen Ernst Kozeschnik wurde 1966 in Leoben General i.R. Karl Majcen wurde 1934 in Straßen angewendet. Ein Beispiel war der geboren und studierte an der Technischen Graz geboren. Ab Oktober 1990 übte er das Bau der neuen Landesstraße von Schlad- Universität Graz „Technische Physik“. Seine Amt des Generaltruppeninspektors des Bun- ming nach Ramsau. Dies führte zu reduzier- Doktorarbeit verfaßte er zum Thema „Ther- desheeres aus, bis er 1999 nach über 47jäh- ten Eingriffen in sensible alpine Lebens- modynamische Berechnung der Phasen- riger Gesamtdienstzeit in den Ruhestand räume bei Straßenverbreiterungen. gleichgewichte und der Ausscheidungs- trat. Thomas Penz wurde 1978 in Innsbruck kinetik in metallischen Werkstoffen“. Im Pater Karl Schauer wurde 1956 geboren. geboren. Er studierte Physik, Geophysik und Frühjahr 2005 wurden die Arbeiten von Ko- 1992 erfolgt der Ruf nach Mariazell. Er trat Umweltsystemwissenschaften mit jeweils zeschnik auf dem Gebiet der Schweißtech- sein Amt quasi auf einer Baustelle an. Da- ausgezeichnetem Erfolg an der KFU Graz. nik mit dem renommierten „Professor mals war der Mittelturm bereits eingerüstet. Am Institut für Weltraumforschung der Ös- Koichi Masubuchi Award“ der amerikani- Nach jahrelanger Arbeit strahlt nun die terreichischen Akademie der Wissenschaften schen Schweißtechnischen Gesellschaft aus- Basilika in neuem Glanz. Fast 30 Millionen verfasste er seine Dissertation „Reconstruc- gezeichnet. Im Herbst 2005 habilitierte er Euro wurden in die Renovierung investiert, tion of reconnection: Theoretical considera- sich im Fach Werkstoffwissenschaften. deren Kosten fast ausschließlich aus Spen- tions and application to Cluster Data“. Er den aufgebracht wurden. analysierte Daten der Raumsonde Cluster, Großer Josef Krainer-Preis Univ.-Prof. Ulrike Leopold-Wildburger die Magnetfeld- und Plasma-Parameter mes- wurde 1949 in Graz geboren. Von 1967 bis sen. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit der Christine Brunnsteiner wurde 1954 in 1972 studierte sie Mathematik, Philosophie Evolution planetarer Atmosphären, vor Eisenerz geboren. Im Jahr 1978 begann sie und Logik an den Universitäten Graz und allem von Venus, Mars und Titan und deren beim ORF als Sprecherin beim Werbefunk Oslo. Im Juni 1982 habilitierte sie sich für Wechselwirkung mit dem Sonnenwindplas- und wechselte dann in die Unterhaltungs- Operations Research und Wirtschaftsmathe- ma. Neue Forschungen betreffen die Charak- abteilung und Volkskultur. Mit einigen Un- matik. Ihre Gutachter waren unter anderem terisierung und Entdeckung von bewohnba- terbrechungen, in denen sie die Abteilung Reinhard Selten aus Bonn sowie John Har- ren Exoplaneten sowie von Leben auf sol- Familienfunk nach Gudrun Gröblbauer leite- sanyi aus Berkeley, die beide 1994 den No- chen Planeten. te, ist Christine Brunnsteiner Moderatorin belpreis für Ökonomie erhielten. Sie lehrte Herbert Willmann wurde 1975 in Sillian von „Steiermark – heute“ seit dem Beginn auch an der Universität Zürich und nahm (Osttirol) geboren. Er studierte Werkstoff- dieser Sendung in den 1980er-Jahren. Seit zahlreiche Gastprofessuren an, unter ande- wissenschaften an der Montanuniversität in sechs Jahren gestaltet sie die Radiosendung rem am Concordia College, Moorhead, USA, Leoben mit ausgezeichnetem Abschluß. „Lebenswege – Menschen im Gespräch“ an der Wirtschaftsuniversität Wien, am In- Willmanns Arbeit beschäftigt sich mit und seit Beginn dieses Jahres gestaltet stitut Commercial de Nancy, Frankreich, an Schutzschichten für Werkzeuge, die für Brunnsteiner unter dem Titel „Alte Liebe“ der Hochschule St.Gallen, an der University Hochleistungsbearbeitungen verwendet wer- jeden Montagabend eine Sendung, speziell of Kopenhagen, an der University of Kalmar den. Er untersuchte Schichten, die die Ele- für die älteren Hörer. Seit einer Brustkrebs- in Schweden sowie am European University mente Chrom, Aluminium und Stickstoff erkrankung im Jahr 2000 ist Brunnsteiner Institute in Florenz. 1995 wurde Leopold- enthielten. Durch Variation des Mischungs- viel mit Vorträgen und Lesungen unterwegs, Wildburger erstmals im „Who ‘s Who in the verhältnisses von Chrom und Aluminium sie ist seit dieser Zeit auch als Buchautorin World“ gelistet. Die US Amerikanische Bi- entwickelte er eine Schicht, deren Härte bei tätig und befasst sich intensiv mit den bliographische Gesellschaft zeichnete sie im über 1000 °C konstant bleibt. Diese Hart- Fragen des Älterwerdens und des Alters. Jahr 2005 als Frau des Jahres aus.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 65 Personalia Eugen Kedl ist gestorben Der vom Auslandsösterreicher-Weltbund erst 2007 als »Auslandsösterreicher des Jahres« ausgezeichnete Künstler verstarb 71jähring in Quebec, Kanada.

r war anläßlich der Auslandsösterrei- erfolgreichsten Burgenländer im Ausland. Portrait- und Industriefotograf. Nur zwei Echer-Weltbund-Tagung im September So wie tausende seiner Landsleute ist auch Jahre später hat er seine Frau Gretl aus dem vergangenen Jahres mit seiner Frau vom er ausgewandert und hat mit seiner tapferen Burgenland nachgeholt. Eugen Kedl war kanadischen Quebec nach Bregenz gereist, Frau eine Existenz in Kanada aufgebaut. auch als Luftbildfotograf für kartografische um dort die höchste Auszeichnung des Trotz seiner schweren Kindheit in schwerer Zwecke und als Flug-Navigator tätig. 1961 AÖWB, den Titel „Auslandsösterreicher des Zeit ist er ein positiver, freundlicher und lie- gründete er, gemeinsam mit einem Kollegen, Jahres“, entgegenzunehmen. Nun erreichte benswerter Mensch geworden, trotz seiner ein Fotostudio, das er später alleine als Por- uns die traurige Nachricht, daß Eugen Kedl großen beruflichen Erfolge als Spitzenfoto- trait-, Industrie- und Werbefotograf überaus am 9. März im 71. Lebensjahr in Quebec graph Kanadas ein ungemein bescheidener erfolgreich weiterführte. Er hat Kanada voll- gestorben ist. Sein Tod kam nicht unerwar- Mensch geblieben und seiner Heimat mit ständig bereist, er hat sich der Schicksale der tet, was aber den Umgang mit dem Verlust dem Herzen verbunden. Eskimos angenommen. Um sein soziales eines Menschen nicht wesentlich erleichtert. Umfeld abzuschließen: Er hat sich immer Hans Winkler, Staatssekretär im Bundes- wieder für Österreich engagiert, sorgt für minstierium für europäische und internatio- Stipendien für Kunststudenten und organi- nale Angelegenheiten, sprach Margarete siert, mit seiner Frau, auch den großen Kedl namens der österreichischen Bundes- Österreicher-Ball in Quebec“. Der Vater von regierung sein „aufrichtiges Beileid“ und vier Kindern und Großvater von sechs seine „tiefe Anteilnahme zum Ableben“ Enkelsöhnen konnte auf unzählige Aus- ihres Gatten aus. „Ihr Mann war ein vorbild- stellungen und Publikationen zurückblicken, licher Österreicher und hat sehr viel für den eine davon, „Hommages au Québec“ war in guten Ruf und die Geltung unseres Heimat- Kanada, Österreich, Italien, Frankreich, Bel- landes in Kanada geleistet. gien, England, Deutschland, der Schweiz Zu Recht ist er im Jahre 2007 zum Aus- und in Rußland zu sehen. Sein 1984 erschie- landsösterreicher des Jahres gewählt wor- nener Bildband „Die Sankt Anna Basilika“ den. Der Festakt in Bregenz, seine bewegen- wurde sogar an Papst Johannes Paul II. als den Worte und die bescheidene Dankbarkeit, offizielles Geschenk der Stadt Quebec über- mit der er diese hohe Ehrung annahm, sind reicht. 1999 hat Kedl mit seiner Frau gemei- mir tief in Erinnerung geblieben. sam ein Werk geschaffen, es heißt „Kanada

Eugen Kedl hat die Beziehungen zwi- Foto: Österreich Journal in 1000 Bildern“, wiegt 3,5 Kilogramm und schen Quebec und seiner alten Heimat maß- Eugen Kedl, 1933-2008 ist so hervorragend geworden, daß es – bei geblich geprägt. Für viele von uns personifi- Staatsempfängen – an hochrangige Besucher zierte er Quebec und für viele Quebecer war Als erster Burgenländer wurde Eugen Kanadas überreicht wird. Kedl wurde mit er Österreich. Er wird in seinen Bildern und Kedl vor wenigen Monaten vom ,Auslands- vielen Auszeichnungen versehen, so wurde in seinem Werk weiterleben, wozu auch die österreicher-Weltbund‘ mit dem Titel ,Aus- er Ehrenbürger der Stadt Quebec, um nur jetzige Ausstellung ,Eugen Kedl und die landsösterreicher des Jahres‘ ausgezeichnet. eine davon zu nennen. österreichische Immigration‘ in Quebec Schon von schwerer Krankheit gezeichnet ist Im AÖWB-Magazin „Rot-Weiss-Rot“ einen guten Beitrag leistet.“ er heimgekommen, um diese Ehrung entge- http://www.weltbund.at/pdf/rwr032007.pdf AÖWB-Präsident Gustav Chlestil ist be- genzunehmen und um sich von seinen Ver- Ausgabe III/2007 ist übrigens ein sehr ein- troffen vom Tod Kedls. „Er war eine heraus- wandten im Burgenland zu verabschieden. fühlsames Portrait über Eugen Kedl erschie- ragende Persönlichkeit, ein Auslandsöster- Die Burgenländische Gemeinschaft trau- nen, das Roland Pirker, erfolgreicher Film- reicher, der seine Heimat als Fotograf verließ ert um einen großen Burgenländer und wird regisseur und ebenfalls in Kanada lebender und im Ausland zum Künstler wurde. Wir ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“ Österreicher, gezeichnet hat. Pirker ist Prä- verlieren mit Eugen Kedl einen Menschen, Eugen Kedl ist 1933 als zehntes Kind im sident des Austrian-Canadian Councils, dem der durch seine Arbeiten weit über die Gren- Burgenland geboren, hat 1945 die Handels- Dachverband der rund 25 Österreich-Ver- zen Kanadas bekannt wurde und der durch schule und die Fotografenlehre absolviert und einigungen in Kanada. „Er hat sich beson- seine liebenswerte Art Freunde in aller Welt dann bei einem Fotografen in Güssing gear- ders verdient gemacht, Eugen Kedl für diese gewonnen hatte. Unser tiefes Mitgefühl gilt beitet. Schon damals habe er den Wunsch Ehrung vorzuschlagen“, bedankte sich Präsi- seiner Familie“, so Chlestil. gehabt, nach Amerika auszuwandern, mußte dent Gustav Chlestil bei Pirker, der ebenfalls Prof. Walter Dujmovits, Präsident der Bur- aber warten, bis er das entsprechende Alter 2007 in Bregenz anwesend war. genländischen Gemeinschaft, reagierte be- erreicht hatte. Als 21jähriger wanderte er Der Redaktion bleibt nur, sich den zahl- stürzt auf die Nachricht vom Tod von Eugen schließlich 1954 nach Quebec aus und fand reichen Kondolenzen aus aller Welt anzu- Kedl: „Er war einer der bedeutendsten und innerhalb von nur drei Wochen einen Job als schließen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 66 Wissenschaft & Technik Altestes Zeugnis jüdischen Lebens Österreichs entdeckt ArchäologInnen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien entdeckten in einem römischen Kindergrab aus dem 3. Jhdt n. Chr. ein Amulett

s handelt sich dabei – nach bisherigen EErkenntnissen – um das älteste eindeuti- ge Zeugnis jüdischen Lebens auf heute ös- terreichischem Boden. Die Bestattung des Kindes war in einem von ca. 300 Gräbern eines römischen Fried- hofs, der 1986 entdeckt wurde und dann im Rahmen eines längeren Forschungsprojekts von 1988 bis 2002 vollständig ausgegraben werden konnte. Die Projektleitung hatte Univ.-Doz. Falko Daim inne, der bis 2003 Professor für Archäologie an der Universität Wien war (derzeit Generaldirektor des Rö- misch-Germanischen Zentralmuseums – For- schungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte in Mainz). Die Arbeiten wurden in Koope- ration mit dem Burgenländischen Landes- museum durchgeführt und hauptsächlich vom Fonds zur Förderung der Wissen- schaftlichen Forschung in Österreich (FWF) finanziert. Nives Doneus vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien hat mehr als 10.000 Einzelfundstücke, vor allem Glasstücke, Keramikscherben und Foto: Universität Wien, Institut für Ur- und Frühgeschichte Metallfunde, im Laufe der letzten Jahre aus- Die Inschrift lautet:»Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einer« gewertet. Die Ergebnisse geben neue Ein- blicke in das Leben am Rande des Rö- ramik- und Glasgeschirr, Schmuck und war. Es diente als Schutzamulett (Phylakte- mischen Reiches. Das Goldblech mit einer Trachtelementen, wie z. B. Fibeln und Gür- rion) und sollte den Träger vor Unheil be- zunächst unverständlichen Inschrift hat telschnallen. Die Gräber und ihre Ausstat- wahren. Nives Doneus erst im Jahre 2006 entdeckt. tungen zeigen ein durchdachtes System, in dem jeder Mensch entsprechend seiner ge- Gräberfeld von Halbturn sellschaftlichen Stellung einen festen Platz Nachweis hatte – ob es sich dabei um die jüngsten, jüdischen Glaubens Das Gräberfeld in Halbturn befand sich ältesten oder um körperlich beeinträchtigte westlich eines römischen Gutshofes („villa Mitglieder der Gemeinschaft handelte. Das Besondere am Halbturner Goldamu- rustica“) und umfaßt ca. 300 Brand- und lett liegt in der Tatsache, daß die Inschrift Körperbestattungen, die zwischen der Mitte Schutzamulett laut Univ.-Prof. Hans Taeuber, Vorstand des des 2. und der Mitte des 5. Jahrhunderts an- als Grabbeigabe Instituts für Alte Geschichte und Altertums- gelegt worden waren. Der Gutshof war ein kunde, Papyrologie und Epigraphik der Uni- autarker landwirtschaftlicher Betrieb, der Wie das Kindergrab 147 eindrucksvoll versität Wien, die griechische Transliteration römische Städte der Umgebung (Carnuntum, beweist, war vor allem der Umgang mit ver- einer jüdischen Gebetsformel darstellt: Arrabona/Györ, Sopianae/Sopron) mit Nah- storbenen Kindern sehr respekt- und liebe- „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der rungsmitteln belieferte. Mit Hilfe modern- voll. Das kleine, etwa ein- bis zweijährige Herr ist einer“. Somit handelt es sich um den ster Prospektionsmethoden konnten die Kind wurde mit einem silbernen Schmuck- ältesten, auf österreichischem Boden gefun- ArchäologInnen genaue Pläne der Gebäude stück bestattet, welches sich bei näherer Un- denen Nachweis jüdischen Glaubens. zeichnen und auch das römische Flursystem tersuchung als Amulettkapsel herausstellte. Das Amulett wird im Rahmen der Aus- rekonstruieren. Im Inneren der Kapsel fand sich ein auf stellung „Bernsteinstraße“ im Burgenländi- Die Grabstätten selbst enthielten zahlrei- Griechisch beschriftetes Goldblechstück, schen Landesmuseum in Eisenstadt voraus- che materielle Zeugnisse in Form von Ke- welches einmal gefaltet und dann eingerollt sichtlich ab April 2008 zu sehen sein.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 67 Wissenschaft & Technik Zündkerze mit Laserlicht Ein neuartiges Zündsystem für Benzin- und Gas-Motoren basiert auf Laserpulsen und soll die elektrische Zündkerze nach rund 100 Jahren ablösen.

lternativen, woran Motorenhersteller Aseit geraumer Zeit fieberhaft arbeiten, entwickelten zwei Elektrotechniker der Technischen Universität (TU) Wien nun in Form eines Prototyps. Bereits in drei Jahren könnte das neue Laserzündsystem serienmä- ßig in Motoren eingebaut werden. Ökologi- sche Gründe wie ein um 70 Prozent redu- zierter Stickoxidausstoß sprechen schon jetzt dafür. Die konventionelle elektrische Zündker- ze stößt aus mehreren Gründen an ihre phy- sikalischen Grenzen. Strengere Umwelt- richtlinien sehen eine Abgasreduzierung bei Verbrennungsmotoren vor. Daneben soll auch der Primärenergie- verbrauch gesenkt werden. All das versuchte »Die neue Laserzündkerze« man zuletzt bei modernen Motoren mit hoher Verdichtung und sehr mageren Kraft- stoffgemischen zu verwirklichen. Magergemische enthalten mehr Luft als für eine stöchiometrische Verbrennung be- nötigt wird. Aufgrund dieses Luftüber- schusses sinkt die Flammentemperatur und als Folge dessen der Stickoxidausstoß. Hohe Verdichtungsverhältnisse sind für hohe Wirkungsgrade unumgänglich. Die elektri- sche Funkenzündung schafft es nicht mehr derart hochverdichtete Magergemische zu entzünden. Am Institut für Photonik der TU Wien stellten die beiden Projektassistenten Hein-

rich Kofler und Johannes Tauer unter der Foto: Technische Universität Wien Leitung von Professor Ernst Wintner nun ein »Laserzündkerze mit Plasma« neuartiges Laserzündsystem vor. „Mit dem Laser können wir die Zünd- dass es zu einem optischen Durchbruch und ter Leistung abnimmt und auch die Stick- grenze weiter hinausschieben und erzielen zu einer Plasmabildung kommt. Dieser oxide deutlich reduziert werden können.“ damit eine Wirkungsgradsteigerung um ein Funke ist nahezu frei wählbar und ortsunab- Tauer wurde im vergangenen Dezember paar Prozentpunkte. Was allerdings noch hängig, das heißt also, daß man ihn knapp für seine Diplomarbeit zum Thema „Deve- viel mehr im Vordergrund steht bei der bei der Linse oder direkt in das Zentrum des lopment of an Ignition Laser“ mit dem neuen Technologie, ist das Herabsenken der Verbrennungsraumes hineinsetzen kann. Das „Scientific Award der BMW Group 2007“ Stickoxidemissionen um 70 Prozent“, faßt Plasma ist heiß genug, um den Brennstoff zu ausgezeichnt. Seit 1991 verleiht die BMW Heinrich Kofler zusammen. In Zusammen- entzünden. Group alle zwei Jahre für herausragende Ab- arbeit mit dem Institut für Verbrennungs- Momentan versuchen die TU-Wissen- schlußarbeiten den Scientific Award, der mit kraftmaschinen und Kraftfahrzeugsbau der schafterInnen die Kosten der Anlage zu re- einem Preisgeld von insgesamt 70.000 Euro TU Wien und GE Jenbacher wurde der neue duzieren. Johannes Tauer erklärt: „Laut un- zu den weltweit höchstdotierten Nachwuchs- Prototyp der Laserzündkerze getestet. Am seren Einschätzungen rechnen wir für einen forschungspreisen zählt. Der Award versteht Zylinderkopf befindet sich ein Festkörper- Großmotor pro Zylinder circa mit den drei- sich nicht nur als eine einmalig verliehene laser. Über einen kurz gepulsten Laserstrahl bis vierfachen Kosten einer konventionellen Auszeichnung. Er bietet jungen Wissen- wird optische Energie zur Verfügung gestellt Zündanlage. Dennoch empfiehlt sich das schaftlern ein Netzwerk, um untereinander und mit einer Linse fokussiert. Im Fokus der teurere Zündsystem auf lange Sicht, weil der sowie mit Vertretern aus Wirtschaft und Linse entstehen derartig hohe Intensitäten, Verbrauch an Gas oder Benzin bei konstan- Wissenschaft ins Gespräch zu kommen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 68 Wissenschaft & Technik Roboter als Mitarbeiter der Grazer Uni-Bibliothek Neues Gerät scannt Bücher mit Hochgeschwindigkeit

enn man an digitalisierte Bücher Wdenkt, fallen einem meist Großprojek- te wie jene von Google ein – die Vorreiter für diese Großprojekte sind aber in Österreich zu Hause: An der UB Graz beschäftigt man sich schon seit zehn Jahren mit „elektroni- schen Büchern“. Seit kurzem übrigens auch mit einem einzigartigen Roboter: Das 80.000 Euro-Gerät heißt ScanRobot® und ist mit dem „IT-Nobelpreis“ ausgezeichnet worden. Wenn man bisher ein Buch benötigt hat, das nur in einer Bibliothek im Ausland zu finden war, hieß es „bitte warten“: Bis das Buch per Post kam, floß meist viel Zeit und Geld die Mur hinab. Mit neuen Erfindungen soll dies bald der Vergangenheit angehören: Seit zehn Jahren bereits wird an der Univer- sitätsbibliothek Graz daran gearbeitet, Bü- cher zu digitalisieren und so einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit großem Erfolg: Knapp 600.000 Seiten wur- den bisher digitalisiert. Jetzt soll diese Zahl weiter nach oben schnellen: Mit dem neuen ScanRobot® wer- den seit kurzem Bücher mit Hochgeschwin- digkeit eingescannt – etwa 1000 Seiten pro Stunde digitalisiert das innovative Gerät. „Bisher waren wir im Bereich der Digitalisie-

rung im übertragenden Sinn auf dem Stand Foto: Treventus der handwerklichen Produktion, durch den Mit dem neuen ScanRobot® werden Bücher mit Hochgeschwindigkeit eingescannt neuen Roboter werden wir das Zeitalter der industriellen Herstellung von digitalisierten Geschwindigkeit: „Der Roboter arbeitet Auch den anderen Digitalisierungs-Ge- Dokumenten erreichen“, sagt Werner Schla- konservatorisch besonders schonend – über räten der UB gönnt man keine Pause: Dort cher, Leiter der Universitätsbibliothek, dazu. ein Vakuumgebläse wird die Buchseite dop- werden mit speziellen Kameratischen alte, Daß der ScanRobot® – übrigens eine Ent- pelseitig aufgenommen, anschließend wer- wertvolle Handschriften elektronisch verfüg- wicklung von Wiener TU-Studenten – welt- den die Seiten mittels Luftdruck automatisch bar gemacht. „Das Besondere dabei: Die Ge- weit einzigartig ist, zeigt auch seine Erfolgs- umgeblättert“, erklärt Karl Lenger, Leiter räte – sie wurden hier an der UB Graz ent- geschichte: Das Produkt der Firma Treven- der Digitalisierungs-Abteilung der UB Graz. wickelt – bewegen die Kamera automatisch tus ist 2007 mit dem „IT-Nobelpreis“, dem „Zudem verfügt er über einen Umknick- über das Objekt, sodaß die Handschrift bei European ICT Graz Prize, ausgezeichnet Schutz.“ Die gescannten Bücher werden dann der Aufnahme nicht stärker belastet wird als worden. Auch die renommierte Bayerische in mehreren Dateiformaten ausgegeben, zu- beim Durchblättern im Lesesaal“, so Lenger. Staatsbibliothek setzt auf die Technologie dem soll eine Texterkennung auch eine Voll- Das Interesse an den Leistungen der UB ist von Treventus und verwendet ScanRobot® in text-Suche innerhalb des „elektronischen deshalb groß: „Die Österreichische National- München Papiers“ möglich machen. Was für alle Lese- bibliothek läßt derzeit ihre Inkunabeln bei uns Der Tag, an dem somit alle Bibliotheks- ratten heißt: „Das Buch kann dann via In- digitalisieren – das dauert zwei Jahre. Und bestände auf Knopfdruck digital verfügbar ternet – über unseren UB-Katalog – gelesen auch Google hat bei uns schon mal ange- sein werden, rückt damit deutlich näher. werden. Und wer will, kann es sich auch klopft.“ Der Vorteil der Anlage, die es weltweit runterladen und auf dem USB-Stick mit http://ub.uni-graz.at nur fünf Mal gibt, ist nicht nur die nach Hause nehmen“, sagt Lenger. http://www.treventus.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 69 Kultur Störenfriede Der Schrecken der Avantgarde von Makart bis Nitsch – bis 18.05 im »Lentos« Linz

it der Ausstellung „Störenfriede – Der MSchrecken der Avantgarde von Makart bis Nitsch“ zeigt das Lentos Kunstmuseum eine museale Schau, die exemplarisch be- rühmt-berüchtigte Störenfriede der österrei- chischen Kunstgeschichte vom Fin de Siècle bis zum Aktionismus vorstellt. „Der Mensch stellt sich dem heiligen gei- ste, dem sanctus spiritus, dem schaffenden geiste, dem creator spiritus, feindlich entge- gen. Er wünscht ruhe. Glücklich lebt er in der gesicherten position, die ihm die großen der vorzeit bereitet haben. Daß er weiter soll, dass er seinen endlich erreichten, gesi- cherten platz verlassen soll, bereitet ihm unbehagen, und daher haßt er den künstler- menschen, der ihm die liebgewonnenen anschauungen durch neue verdrängen will." Adolf Loos formulierte um 1900, womit eine Gesellschaft seit jeher angesichts neuer Kunstrichtungen konfrontiert wurde. Die Avantgarde „die als Kundschafter in unbe- kanntes Gebiet vorstößt, die sich den Risiken plötzlich schockierender Begegnun- gen aussetzt, die eine noch nicht besetzte Zu- kunft erobert“, so der deutsche Philosoph Jürgen Habermas, zwingt den Betrachter, ge- wohnte Sehweisen aufzugeben und sich auf Neues, Unbekanntes einzulassen. Makart, Romako, Klimt, Schiele, Kokoschka, die Künstler des Hagenbundes, der Art Club, die Wiener Aktionisten, sie alle provozierten und störten. Als Störenfriede riefen sie Re- aktionen von unterschiedlichster Heftigkeit hervor. Viele Künstler, die heute als Aushänge- Helene Taussig, Korpulenter weiblicher Akt, 1910/12, Salzburg Museum schilder österreichischen Kultur- und Kunst- schaffens dienen, mußten diesen Prozeß der überforderten Publikum und Kunstkritik konfrontiert, den Wiener Aktionisten. Ihre radikalen Ablehnung und öffentlichen ebenso wie jene des „Explosionisten“ Oskar „Stoffwechselparty“ 1968 in der Universität Schmähung durchlaufen. Nicht selten waren Kokoschka. In den 1920er Jahren erregten Wien führte zur Kriminalisierung und Ver- es die neuen Provokateure, die die alten ent- die im Hagenbund gezeigten „Eierspeisbil- haftung der Akteure. deckten, so etwa Oskar Kokoschka, der in der“ die Gemüter, und die „mit der Spachtel Die Ausstellung präsentiert die großen ös- Anton Romako eine Inspirationsquelle fand maurermäßig derb hingestrichenen Bilder“ terreichischen Klassiker, die diesen Prozeß und sich auch um seine Rehabilitierung der Malerinnen Helene Funke und Helene der radikalen Ablehnung und öffentlichen bemühte. Während Hans Makart das Taussig waren den Kunstkritikern schlicht- Schmähung durchlaufen mußten, mit rund Publikum mit seiner farbdurchglühten, sinn- weg „ein Greuel“. 100 Hauptwerken von 1900 bis 1968, darun- lichen Malerei heftig provozierte, führte Nach der doktrinären Kunstpropaganda ter zahlreiche hochkarätige Leihgaben aus rund 30 Jahre später, um 1900, die erbitterte des Nationalsozialismus wurde das irritie- österreichischen Museen, Galerien und Privat- öffentliche Diskussion über Gustav Klimts rende Neue, das der Art Club in seiner ersten sammlungen. Das „Anstößige“ der neuen Stil- Deckenbilder für die Universität zum Ausstellung 1946 zeigte, empört als „Sumpf richtungen wird an Hand von zeitgenössi- Rücktritt des Unterrichtsministers. Die von Perversitäten“ zurückgewiesen. schen Reaktionen und neben Beispielen mit expressiven Arbeiten des „Seelen-Höllen- Ende der 1950er Jahre war das Publikum etablierter Kunst der Zeit gezeigt. Breughels“ Egon Schiele verunsicherten und schließlich mit einer neuen Herausforderung http://www.lentos.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 70 Kultur Oskar Kokoschka Exil und neue Heimat 1934 –1980 – 10. April bis 13. Juli 2008 in der Albertina

Oskar Kokoschka, Prag, Karlsbrücke, 1934; Öl auf Leinwand © Fondation Oskar Kokoschka/VBK, Národnígalerie, Prag

b dem 10. April 2008 zeigt die Alber- England und Schottland. Neben Porträts der Farbstiften die Landschaft, aber auch Skizzen Atina die bedeutendsten Werken des britischen Aristokratie und Londoner Stadt- bedeutender Kunstwerke. sogenannten „späten“ Oskar Kokoschka. Die ansichten ist hier. besonders die im kleinen Ein eigener Bereich der Ausstellung wid- Ausstellung konzentriert sich auf die Zeit Fischerhafen Polperro in Cornwall entstan- met sich Kokoschkas Bühnenbildentwürfen von Kokoschkas Emigration und seiner Su- dene Werkgruppe hervorzuheben. für Theater und Oper sowie seinen Illustra- che nach einer neuen Heimat. Gezeigt wer- Den Abschluß und zugleich umfangreich- tionen zu Werken der großen Literatur (King den rund 200 Exponate, davon 110 aus eige- sten Teil der Ausstellung bilden Werke, die Lear, Saul und David, Odyssee, Penthesilea, nen Beständen und 80 Leihgaben. Besondere ab 1953 in Kokoschkas neuen Heimat, der Die Troerinnen). Die Ausstellung endet mit Schwerpunkte der Schau bilden die Schaf- Schweiz, entstanden sind. darunter zahlrei- einem der künstlerischen Höhepunkte im ge- fensjahre des Künstlers im Prager Exil 1934- che Landschaften, Porträts von Bekannten, samten Schaffen Oskar Kokoschkas: In 1938 sowie die Jahre nach der endgültigen Auftragsbilder und vor allem die großforma- mehreren Bildern setzte er sich mit existen- Flucht vor den Nationalsozialisten nach Eng- tigen Blumen- und Landschaftsaquarelle. tialistischen Fragen zu Tod und Leben, mit land, wo bis etwa 1942 die offene politische Ebenso wird Kokoschkas Reisetätigkeit der Spannung zwischen Gegensätzlichkeiten Agitation als Maler bitterer Parabeln und so- umfangreich veranschaulicht , der zahlreiche auseinander. mit das politische Zeitgeschehen im Zentrum Städtebilder aus Italien und Deutschland zu Mit der Schau „Exil und neue Heimat“ von Kokoschkas Arbeit standen. Die Ausstel- verdanken sind. Die Stadtporträts brachten widmet die Albertina nach Egon Schiele lung will damit eine künstlerische und kunst- Kokoschka mit Repräsentanten der Politik einem weiteren Wegbereiter der österreichi- historische Re-Evaluierung des im Schatten zusammen, die ihn mit offiziellen Porträts schen Kunst eine umfassende Ausstellung. des revolutionären expressionistischen Früh- beauftragten. Als Ausgleich zu der intensi- Kokoschkas Œuvre bildet, genauso wie das werks stehenden Alterswerks vornehmen. ven Arbeit an den Politikerporträts zog sich von Egon Schiele, einen besonderen For- Ein eigenes Kapitel widmet die Ausstel- Kokoschka auf seinen Reisen oft mit seinen schungsschwerpunkt der Albertina. lung Kokoschkas malerischem Schaffen in Skizzenbüchern zurück und zeichnete mit http://www.albertina.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 71 Kultur Steinerne Zeugen Relikte aus dem alten Wien im Wien Museum Hermesvilla

rächtige Bürgerhäuser, adelige Palais, PKlöster und Spitäler: Bis zu ihrer Demo- lierung prägten sie Wien, heute sind sie meist vergessen. Doch die Menschen, die einst in diesen Gebäuden lebten, hinterließen ihre Spuren und verewigten sich mit Haus- zeichen, Wappen, Gedenktafeln und In- schriften. Davon haben einige den Abriß der Gebäude überlebt – und direkt oder über Umwege den Weg ins Depot des Wien Mu- seums gefunden. Die Ausstellung holt solche „Steinerne Zeugen“ erstmals seit vielen

Steindepot im Stadtbahnbogen in der Heiligenstädter Straße (Wien 19), vor 1948

Jahren ans Licht: ein fesselnder Streifzug erfolgreiche Ausstellungen verantwortlich durch 400 Jahre Stadtgeschichte. und realisiert mit den „Steinernen Zeugen“ – knapp vor ihrer Pensionierung – ein lange Schätze aus dem Depot gehegtes „Lieblingsprojekt“. Wie bei den erfolgreichen Ausstellungen Wiener Bürgerhäuser „Alt-Wien. Die Stadt, die niemals war“ und nach 1683 „Wien war anders. August Stauda, Stadtfoto- graf um 1900“ basiert die Schau auch dies- Die Schau gliedert sich in vier Bereiche: mal auf weitgehend unbekannten Beständen Bürgerhäuser, Adelspaläste, Kirchen & Klö- des Wien Museums. Beim ältesten Objekt ster sowie Öffentliche Bauten. Die Relikte handelt es sich um eine kunstvolle spätgoti- von Wiener Bürgerhäusern dokumentieren sche Balkonbrüstung eines Bürgerhauses am den raschen Besitzerwechsel – denn kaum Fleischmarkt, beim jüngsten um die „Vindo- eine Familie behielt ihr Haus über mehrere bona“ (um 1860), einen monumentalen Generationen, die geringe Lebenserwartung Frauenkopf vom Bürger-Versorgungshaus und Überschuldung waren dafür die häufig- am Alsergrund. Rund 90 schwergewichtige sten Gründe. Umso wichtiger wurden öffent- Exponate aus dem Lapidarium wurden be- liche „Markierungen“, mit denen die Bürger hutsam restauriert, ohne daß dabei die histo- die Erinnerung an die eigene Person und den rische Patina verloren gegangen ist. Bildquel- gesellschaftlichen Stand wach halten woll- len und Hintergrundinformationen erläutern ten. Gelegenheit dazu boten die zahlreichen historische Zusammenhänge und geben Ein- Aus- und Umbauten sowie Aufstockungen, blick in das Leben von Handwerkern und Ge- die nach der zweiten Türkenbelagerung lehrten, Wiener Bürgermeistern und Kloster- 1683 boomten. In der Ausstellung zu sehen frauen, geadelten Bürgern und Kaiserinnen. sind etwa eine Christusfigur sowie Apostel- Idee und Konzept zur Ausstellung stammen figuren vom Haus Hafnersteig 7. Sie wurden

Alle Fotos: Wien Museum von Renata Kassal-Mikula. Die Kunsthistori- im 16. Jahrhundert vom Hafnermeister Cle- »Atlant« vom Portal Mariahilfer Straße kerin und Vizedirektorin des Wien Museums ment Passauer nicht nur als frommes Zei- 44 (Wien 7), 1. Hälfte 18. Jahrhundert zeichnete in mehr als 30 Jahren für viele chen, sondern vor allem als öffentliche

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 72 Kultur

Gewerbedarstellung angebracht und vermit- teln in ihrer Farbenpracht einen Eindruck davon, wie bunt und reich geschmückt viele Wiener Häuser einst waren. Andere Hauszei- chen erinnern wiederum daran, daß Häuser einst keine Adresse hatten, sondern mit Attributen wie „Zum Heiligen Florian“, „Zur schönen Sklavinn“, „Zu die drei Ritter“ oder „Zum Burgundischen Kreuz“ bezeich- net wurden. Neben Größen wie dem Huma- nisten Johannes Cuspinian oder Joseph Emanuel Fischer von Erlach spielen auch bislang weniger bekannte Wiener Bürger in der Ausstellung eine Rolle.

Kostbares von den Palais der Adeligen Reste von Adelspalästen sind vor allem dann erhalten, wenn sie von der Stadt erwor- ben wurden, um sie nach ihrer Demolierung oder einem Generalumbau anders zu nutzen. Beispiele dafür sind das Palais Esterházy- Portal Mariahilfer Straße 44, demoliert vor 1903 Foto: August Stauda, 1899 Arenberg, das Schloß Pötzleinsdorf oder das Czartoryski-Palais. Nicht zufällig trennte Albrecht Dürer erinnert. Sie ist ein Beispiel in privaten Innenhöfen. Von der Moderni- man sich von klassizistischen Bauwerken dafür, daß viele Steindenkmäler an mehreren sierung der Stadt ebenfalls betroffen waren rascher als von barocken Palästen. Denn an- Orten – in diesem Fall innerhalb Erdbergs – die Linienkapellen, die aus Verkehrsgründen ders als in Italien, Frankreich oder England aufgestellt wurden, im Fall des Christus weichen mußten. blieb die Rezeption der klassischen Antike in zunächst wohl noch öffentlich, später dann http://www.wienmuseum.at Wien eine vom Kaiserhaus geförderte Epi- sode, um letztlich im 19. Jahrhundert wieder auf das Barock als „Reichsstil“ zurückzu- greifen. Zu sehen sind u. a. Teile eines Re- liefs vom Gartenpalast Czartoryski im Vor- ort Weinhaus (heute in Währing), das Wappen vom Sommersitz des Grafen Som- merau in der Vorstadt Windmühle und ein bemerkenswerter Ofen in Baumform aus einem Kaiserlichen Gartenpalast in Hetzen- dorf (Beethoven-Haus).

Kirchen, Klöster, fromme Bürger Die zunehmende Profanisierung der Stadt hinterließ ebenfalls ihre Spuren. Nachdem Joseph II. all jene Klöster auflösen ließ, die sich keinen sozialen Aufgaben widmeten, blieben oft nur die Epitaphe von Ordens- schwestern oder Grundsteine übrig. So wird in der Ausstellung an das weiträumige „Königinkloster“ am Josefsplatz erinnert, das 1582 von Erzherzogin Elisabeth von Österreich, Königin von Frankreich, gegrün- det wurde. Auch die frommen Andachts- zeichen des Barock verschwanden im Laufe der Zeit, wie die Dreifaltigkeitssäule vom Schwendermarkt oder der „Christus in der »Vindobona, die Armut aufnehmend« vom Bürgerversorgungshaus in der Rast“, eine Sandsteinfigur, die stark an Alservorstadt, Währinger Straße 45 / Spitalgasse (Wien 9), um 1860

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 73 Kultur »Für Gott, Kaiser und Vaterland« Sonderausstellung und Dauerausstellung auf Schloß Artstetten

chloß Artstetten blickt auf eine wechsel- Svolle Geschichte zurück. Es diente als Familiensitz und Sommer-Residenz der kai- serlichen Familie und wurde zur letzten Ruhestätte für Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin, Herzogin Sophie von Hohenberg, die beide 1914 in Sarajevo einem fanatisierten Jugendlichen zum Opfer fielen. Der architektonisch reizvolle Bau, der urkundlich erstmals im 13. Jahrhundert er- wähnt wird, wurde im Laufe der Jahrhun- derte mehrfach umgestaltet, bis er seine heu- tige endgültige Form fand: ein quadratischer Mittelbau flankiert von sieben charakteristi- schen Türmen. Schloß Artstetten ist, Dank seiner Besitzer, ein Ort, an dem Geschichte lebendig bleibt. Innerhalb weniger Jahre wurde das Erzherzog Franz Ferdinand-Mu- seum zu einem kulturhistorischen Anzie- hungspunkt. Besucher aus allen Ländern fol- gen seit 1982 Jahr für Jahr den Spuren einer der schillerndsten Persönlichkeiten der aus- gehenden Donaumonarchie: Erzherzog Franz Foto: Österreich Journal Das Schloß Artstetten: Durch den wunderschönen Park gibt es auch Führungen!

Ferdinand, der hier von einer etwas unge- Die Dauerausstellung wöhnlichen Seite präsentiert wird: als liebe- voller Ehemann und Vater, als Reformer und In der Dauerausstellung „Für Herz und Vordenker … Krone“ erfährt der Besucher den schmalen Grat zwischen Glück und Leid, Leben und Das Sonderthema 2008 Tod – und tritt ein in die facettenreiche Welt des politischen Denkers, Reformers, Samm- … zeigt das typische Leben eines k.u.k. lers aber vor allem auch Familienmenschen Offiziers in Krieg und Frieden am Beispiel Erzherzog Franz Ferdinand. Das Rad der des überaus tapferen Feldmarschall-Leut- Zeit wird zurück gedreht – historische Er- nants Guido Novak, der als Sohn eines ös- eignisse werden lebendig. terreichischen Marineoffiziers am 21. Januar Anhand von Fotos, Dokumenten, Gegen- 1859 in Mailand geboren wurde. Er wurde ständen des persönlichen Lebens und Kunst- für seine Leistungen an der Isonzo Front mit objekten, die Franz Ferdinand von seinen un- dem Maria-Theresien-Orden ausgezeichnet. zähligen Reisen mitbrachte, werden die ver- Als Kommandant einer Division erfolgte im schiedenen Aspekte dieser vielseitigen Per- August 1917 seine Beförderung zum Feld- sönlichkeit – der Politiker und Offizier, der marschall-Leutnant und die Versetzung als Ehemann und Familienvater, der Gutsherr Kommandant der Theresianischen Militär- und Jäger, der Kunstliebhaber und Sammler, akademie nach Wiener Neustadt. Den Be- der Reisende und Kosmopolit – vorgestellt. sucher erwarten viele bisher unveröffentlich- „Franz Ferdinands Leben und Lieben“ te Bilddokumente und persönliche Gegen- (so der Untertitel der Ausstellung) bietet für Feldmarschall-Leutnant stände aus dem privaten Besitz der Familie jeden Besucher etwas: Das Spielzeug von Freiherr Guido von Novak Arienti Novak-Arienti. Max, Ernst und Sophie ermöglichen einen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 74 Kultur

Auf Schloß Artstetten wird dem Gast und Besucher Vielfaches geboten. Neben Ge- schichte, Kunst und Kultur findet er auch Erholung und Unterhaltung. Ob im Schloß- Café bei einer kleinen Erfrischung Ein- drücke wirken lassen oder auf der herrlichen Terrasse an der Südfassade den Blick in den weitläufigen Park mit seinen imposanten, uralten Bäumen genießen. Neben den 30 Museumsräumen sind dar- überhinaus einige der privaten Räumlich- keiten der Öffentlichkeit zugänglich. Diese können – gegen Voranmeldung – für Incen- tives gebucht werden. Natürlich wurde auch ein kleiner Souvenirshop eingerichtet, der eine bemerkenswert große Auswahl an

Fotos: Schloß Artstetten Objekten zum Andenken an Ihren Besuch in Auch im Schloßmuseum zu sehen: ein Geschenk an Erzherzog Franz Ferdinand Schloß Artstetten bietet.

Blick in das (fürstliche) Kinderzimmer anno Natürlich stehen für den Rundgang durch dazumal; Bilder aus der Privatgalerie des die Dauerausstellung wieder Audioguides Hauses lassen den Glanz vergangener Zeiten zur Verfügung: Deutschsprachige Besucher erahnen, Gebrauchsgegenstände und Anden- erkunden gemeinsam mit dem „Kultureuro- ken aus aller Herren Länder führen in die päer“ und Niederösterreicher Prof. Gerhard „gute, alte Zeit“ zurück. Auch der Werde- Tötschinger (als Erzähler) das Museum; aber gang des Erzherzogs, seine Ausbildung und auch Besucher mit englischer und französi- sein Wirken bei Militär und Marine, seine scher Muttersprache werden nun Augen- und große Sammelleidenschaft sowie seine poli- v.a. Ohren-Zeugen des Lebens von Erzherzog tische Tätigkeit werden dokumentiert. Franz Ferdinand!

Portrait von Erzherzog Franz Ferdinand Ölbild, Foto: Schloß Artstetten

Sonderveranstaltungen Neu sind geführte Spaziergänge durch die historische Parkanlage von Schloß Artstetten. Im weitläufigen Park sind nicht nur uralte, eindrucksvolle Bäume zu sehen, sondern auch die Ansätze der Parklandschaften von Kaiser Franz I, Erzherzog Carl Ludwig so- wie Erzherzog Franz Ferdinand. Besonders sehens- und „spürenswert“: die nach geo- mantischen Richtlinien angelegte Kastanien- Allee. Der Spaziergang durch längst vergangene Zeiten ist derzeit nur im Rahmen von geführ- ten Gruppenbesuchen (ab 15 Personen) nach Gebrauchsgegenstände und Andenken des Erzherzogs aus aller Herren Länder, in Voranmeldung möglich. vielen Vitrinen liebevoll zusammengestellt, führen in die »gute, alte Zeit« zurück http://www.schloss-artstetten.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 75 Kultur Ein Haus für Stefan Zweig Universität, Stadt und Land Salzburg richten in der Edmundsburg auf dem Mönchsberg, im Kern der Stadt, ein »Zentrum für Stefan Zweig« ein.

as „Haus für Stefan Zweig“ wird in der DEdmundsburg, einem repräsentativen, architektonisch großartigem Gebäude auf dem Mönchsberg, im Kern der Stadt, einge- richtet. Es wird der Öffentlichkeit jederzeit zugänglich sein, es soll ein lebendiger Ort für kulturelle und wissenschaftliche Projekte sowie ein Ort internationaler Begegnungen werden und seinen Beitrag zur Stärkung des kulturellen und wissenschaftlichen Profils von Stadt und Land Salzburg leisten. Landeshauptmann-Stv. Wilfried Haslauer, Bürgermeister Heinz Schaden, Rektor Univ. Prof. Heinrich Schmidinger und ao. Univ. Prof. Karl Müller und Hildemar Holl infor- mierten über dieses Projekt. Stefan Zweig steht für eine Welt ohne Grenzen und ohne Ausgrenzungen. Der 1881 in Wien geborene, weltweit bekannte und in nicht weniger als 56 Sprachen übersetzte

Schriftsteller lebte von 1919 bis 1934 in Salz- In der Edmundsburg entsteht ein Zentrum für Stefan Zweig Foto: Universität Salzburg burg. Viele seiner wichtigsten Werke ent- standen in dieser Zeit in seinem Haus auf „Wir wollen ein Zentrum der wissen- Jahren und wird jetzt Wirklichkeit. Der Wohn- dem Kapuzinerberg. Bis zur Annexion Ös- schaftlichen, intellektuellen und künstleri- sitz von Stefan Zweig war zu seinen Leb- terreichs 1938 wurden etwa 1,3 Millionen schen Debatte über Europa etablieren“, zeiten ein Treffpunkt von KünstlerInnen und Bücher Stefan Zweigs verkauft. Schon 1934 betont Rektor Heinrich Schmidinger. Stefan Intellektuellen aus aller Welt. Zweig selbst verließ Stefan Zweig in einer Atmosphäre Zweig, ein international anerkannter Vor- war ein Garant dafür, dass Salzburg ein Ort zunehmender politischer Konfrontationen kämpfer für eine geistige und friedliche internationaler Begegnungen war. Die Latte und persönlicher Gefährdungen seine Wahl- Einheit Europas, passe ausgezeichnet in das für das neue Zentrum für Stefan Zweig liegt heimat Salzburg. Sein Weg in ein bedrän- universitäre Gesamtkonzept für die Ed- damit hoch. Ich freue mich, daß es gelungen gendes Exil führte ihn sodann durch viele mundsburg. „Wir hätten keinen besseren Ort ist, dieses ,Haus‘ zu installieren!“ Länder Europas und Amerikas (Paris, Lon- finden können“, so Rektor Schmidinger. Ste- Folgende Ziele sollen ereicht werden: don, Bath, USA, Brasilien). Sein Welterfolg fan Zweigs großes humanistisches und pazi- Gestaltung eines lebendigen Ortes für kann nur geschätzt werden: inzwischen sind fistisches Werk sei aktuell wie eh und je, ge- kulturelle Projekte es rund 12 Millionen Bücher seit 1945 allein rade angesichts der unzähligen Konflikte, Schaffung eines Wissenszentrums für in deutscher Sprache. die unsere Welt erschüttern, und bedeute „Stefan Zweig und Europa“ (europäische Die Paris Lodron Universität adaptiert verlässliche geistige Orientierung für unsere Literatur und Kultur, Humanismus- und derzeit mit erheblichem Aufwand die Ed- eigene Zukunft. Sein vielfältiges Werk spie- Pazifismusforschung) mundsburg (Architekt Dipl.Ing. Fritz Gen- gle eine weltoffene Lebenshaltung. Etablierung einer Dauerausstellung und böck). In der „neuen Edmundsburg“ werden Auch LH-Stv. Wilfried Haslauer ist von wechselnder Präsentationen zu Stefan sowohl das „Haus für Stefan Zweig“ als einem Haus für Stefan Zweig überzeugt: Zweig und seiner Welt auch das „Salzburg Centre of European Union „Stefan Zweig ist ein Leuchtturm in der Gei- Planung und Durchführung von interna- Studies (SCEUS)“ eingerichtet, in dem sich stesgeschichte Österreichs ein Haus für tionalen Kongressen aus dem Bereich Sozial-, Rechts-, Kultur- und Gesellschafts- Stefan Zweig ist überfällig. Es steht Salz- Kultur, Wissenschaft, Kunst und Juden- wissenschaftlerInnen Fragen und Problemen burg gut an, Stefan Zweig, der Salzburg im tum des europäischen Gesellschaftsmodells wid- kulturellen wie im geografischen Sinn als Nationale und internationale wissenschaft- men werden. Auch ein europäisches Dok- ,das Herz vom Herzen Europas‘ bezeichnet liche und künstlerische Vernetzungen und torandIinnen-Kolleg wird dort eingerichtet. hat, ein Haus und einen wissenschaftlichen Kooperationen Darüber hinaus wird eine Zusammenarbeit Schwerpunkt zu widmen.“ Entwicklung eines touristischen Kon- mit dem Salzburger Literaturarchiv ange- Bürgermeister Heinz Schaden bläst in das zepts (z.B. Stadtführung auf den Spuren strebt, das ebenfalls in der Edmundsburg an- gleiche Horn: „Der Wunsch nach einem Stefan Zweigs, etwa mit Kurzvorträgen gesiedelt wird. ,Haus für Stefan Zweig‘ besteht schon seit und Musik)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 76 Kultur Opulente »La Traviata« 2008 im Römersteinbruch Premiere ist am 9. Juli – über 120.000 Tickets wurden bereits verkauft

Manfred Waba zaubert im Sommer die Pariser Oper in den Römersteinbruch und geht damit neue Wege im Bereich der Bühnenarchitektur. © Bühnenbild Manfred Waba/Artwork Bernhard Kratzig

erdis Oper „la Traviata“ – eine wunder- Ich bin sicher, daß uns das gelingt. Das Ein- Produktionsbudget für die Oper ‚la Traviata’ Vbar erzählte Geschichte von Liebe und zigartige an den Darbietungen in St. Marga- beläuft sich auf rund 6 Millionen Euro“, ver- Tod. Im Römersteinbruch wird Verdis Mei- rethen ist auch, daß man hier die Werke so kündete Intendant WolfgangWerner. sterwerk mit sehr viel Feingefühl und effekt- ‚original‘ wie möglich zeigt – auch, was die Neben den Opernaufführungen im gros- voller Farbenpracht inszeniert. Das Publi- Musik angeht“, so Herzl. sen Festspielareal des Römersteinbruchs wird kum darf sich auf ein unvergeßliches Opern- Einzigartig wird in jedem Fall das prunk- es heuer auch in „Papagenos Opernwelt“ wie- erlebnis unter freiem Himmel freuen. Die volle Bühnenbild von Manfred Waba, der im der Oper für Kinder geben. Ab 17. Juni steht schöne, geistvolle, leichtlebige Kurtisane kommenden Sommer die Pariser Oper in den dort „Max & Moritz“ nach einer Kompo- Violetta steht im Mittelpunkt der Oper „la Römersteinbruch baut und damit bei der sition von Alexander Blechinger und in einer Traviata“ – einer der mittlerweile erfolg- Bühnenarchitektur neue Wege geht. Inszenierung von Manfred Waba auf dem reichsten Opern der Musikgeschichte, die in Im bizarren Römersteinbruch werden seit Spielplan. der kommenden Festspielsaison bei den einem Jahrzehnt großartige Inszenierungen Zur Saisoneröffnung präsentiert Werner Opernfestspielen St. Margarethen aufgeführt bekannter Opernwerke gezeigt. Mit Verdis am 14. Juni ein Solokonzert mit Elina Garan- wird. Regisseur Robert Herzl freut sich auf „la Traviata“ wird die Erfolgs-Story der Fest- ca. Auch zum Abschluß der Saison gastieren diese Herausforderung: „Wir werden eine spiele in der kommenden Saison fortgesetzt. zwei Stars der Musikszene: Am 29. August Inszenierung erarbeiten, die sowohl der Mo- Vom 9. Juli bis 24. August sind bereits 35 tritt Paolo Conte mit Band auf, tags darauf numentalität des Römersteinbruchs als auch Spieltermine angesetzt. „Bislang wurden rockt Christina Stürmer mit Band im Stein- der Intimität der Handlung Rechnung trägt. bereits über 120.000 Tickets abgesetzt. Das bruch. http://www.ofs.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 77 Kultur Die Passionsspiele Erl Im Jahr 2008 ist es wieder soweit: nach fünfjähriger Pause finden die traditionsreichen Passionsspiele Erl statt. Foto: Oswin Kleinhans, Erl

wischen 25. Mai und 5. Oktober wird hier Passions- und Osterspiele die christliche für Orgel, Chor und Bläser trug im wesent- Zdas Leiden Christi 37mal auf die Bühne Botschaft des Friedens und seit 1911 verfügt lichen das meditative Spiel. Bis 2002. gebracht, annähernd 60.000 Besucher aus der Ort über eine eigene, zweckgewidmete 2008 präsentieren sich die Passionsspiele Österreich, der Schweiz, Deutschland und Spielstätte. Nachdem das erste Passions- Erl dem Publikum „im neuen Gewand“ und Norditalien sind zu erwarten. Das ganze Dorf spielhaus durch einen Brand zerstört wurde, leiten somit jetzt schon die Vorbereitungen Erl mit seinen ca. 1450 Einwohnern arbeitet erhielt der Architekt Robert Schuller 1957 für das große 400-Jahre Jubiläum der Pas- fieberhaft daran, die Passionsspiele zu einem den Auftrag für einen neuen Bau. 1959 sionsspiele im Jahr 2013 ein. Der vielfach Tiroler Großereignis werden zu lassen. Be- wurde das für seine Zeit revolutionäre und ausgezeichnete Tiroler Autor Karl Lubo- reits seit 2004 wird getextet, geprobt, ge- heute noch als architektonisches Meister- mirski erhielt den Auftrag zur völligen Über- schneidert und arrangiert. Man will die Tra- werk geltende Gebäude fertig gestellt. arbeitung des Textes. Von der Bühnenbild- dition bewahren, die Qualität aber noch stei- nerin Annelie Büchner ist ein neues Konzept gern. In Hinblick auf das neue Spieljahr führt Alt und Neu zu erwarten, das mittels gezielter Licht- man grundlegende Veränderungen am Text Das künstlerische Fundament der Pas- führung die gewohnten Raumverhältnisse (Karl Lubomirski), der Musik (Wolfram Wag- sionsspiele war und ist ein sehr profundes: es der letzten Jahrzehnte aufzubrechen versucht ner), den Kostümen (Lenka Radecky) und basiert im wesentlichen auf dem Bühnen- und dem Spiel eine angemessene sinnliche dem Bühnenbild (Annelie Büchner) durch. bild des Tirolers Lois Egg und der Musik Atmosphäre verleihen möchte. Einen we- von Cesar Bresgen. Egg (1913-99) war sentlichen Beitrag dazu werden zweifellos Ursprünge Leiter der Meisterklasse an der Akademie die Kostüme von Lenka Radecky leisten. Seit dem Mittelalter sind Passionsspiele der Bildenden Künste in Wien und setzte Wolfram Wagner taucht die überarbeitete ein wesentliches Merkmal der Tiroler Kul- sich zeitlebens mit dem Genre „Passions- Passionsspiel-Optik in einen neuen Klang- turlandschaft. Entstanden sind sie vielfach spiele“ auseinander. Von ihm stammt auch raum. Was die Regie anbelangt vertraut man auf Grund von Gelöbnissen: Durch die un- die heutige Bühnenraum-Gestaltung des Pas- auf Bewährtes und überlaßt sich den erfahre- mittelbare Nähe zur bayerischen Grenze sionsspielhauses. Cesar Bresgen (1913-88) nen Händen des Regisseurs Rolf Parton. hatte Erl stets unter heftigen kriegerischen verstand sich selbst als „Brücke zwischen http://www.passionsspiele.at Querelen zu leiden. Seit 1613 verkünden Bühne und Spiel-Gemeinde“. Seine Musik http://www.kufstein.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 78 Volkskultur Auszeichnung für die Botschafter der Tracht Tostmann würdigte Christiane Underberg und Miguel Herz-Kestranek Foto: Klemens Fellner Botschafterin der Tracht Christiane Underberg, Gexi Tostmann, LH Erwin Pröll, Anna Tostmann, Dorli Draxler, Volkskultur Niederösterreich, Thomas Jorda, stv. Chefredakteur NÖN und Johannes Coreth, Präsident der Volkskultur Niederösterreich (v.l.)

ie ehrwürdigen Räume des Palais Nie- und ihrer heutigen Rezeption auseinander. In Tracht – einer Interessensvereinigung von Dderösterreich in der Wiener Herrengasse seinem Heimatort St. Gilgen am Wolfgang- Trachtenherstellern aus Deutschland, Süd- waren bereits zum zweiten Mal Schauplatz see trägt Miguel Herz-Kestranek meist tirol und Österreich – unter der Präsident- einer Auszeichnung für Persönlichkeiten, die Tracht – wie er selbst sagt „... als Ausdruck schaft von Gexi Tostmann ins Leben geru- durch ihr Wirken und ihre Sympathie zur meiner Liebe zur Tradition meiner Familie. fen. „Mit dieser Auszeichnung soll der Trend Trachtenmode dem alpenländischen Stil po- Meine Krachlederne trage ich am liebsten zur Tracht und die unterschiedlichen Facet- sitive Impulse verleihen. Über 150 Festgäste sechs Monate ohne Unterbrechung. Wenn ten dieses Stiles zum Ausdruck kommen“, folgten der Einladung von Gexi und Anna ich sie gegen städtische Bekleidung tauschen beschreibt die Instanz für heimische Trach- Tostmann und beglückwünschten die frisch muß, ist er Sommer unweigerlich vorbei“, so ten und Volkskunde Gexi Tostmann die Idee gekürten „Botschafter der Tracht“ Christiane der Künstler, der sich in keine Schublade dahinter. „Die Botschafter der Tracht sind Underberg und Miguel Herz-Kestranek. stecken läßt. Vorbilder im Respekt gegenüber dem Über- Unter den Gratulanten: Hausherr und Christiane Underberg freute sich über lieferten und gleichzeitig Motivation für erster Botschafter der Tracht (2006) LH den „Emilie Flöge-Preis“ nicht nur deshalb, neue Impulse.“, ergänzt ihre Tochter Anna. Erwin Pröll, der kurz nach der Landtagswahl weil so zu ihrem Mann Emil nun auch eine selbst Grund zum Feiern hatte: „Ich fühle Emilie zur Familie kam. Die Unternehmerin Botschafter der mich wie ein Schüler, der statt einem Fleck verbindet eine lebenslange und sichtbare Nächstenliebe einen Einser kassiert hat.“, so der strahlende Liebe zur Tracht, die für sie „... ein starker Landeshauptmann, der selbst gerne Tracht Ausdruck eines Lebensgefühls ist und eine Im Rahmen des Festakts wurde auch ein trägt, weil sie „angenehm zu tragen und für Tradition, die nicht stehen bleibt, sondern Botschafter der Menschlichkeit und Näch- jeden Termin passend ist“. Seine „Titel- sich den lebendigen Bedürfnissen der Zeit stenliebe gewürdigt: Univ. Prof. Johannes Kollegin“ Anja Kruse empfand die letzten anpaßt.“ Seit jeher pflegt Christiane Under- Poigenfürst. Erhard Busek übergab dem ehe- zwei Jahre als Botschafterin der Tracht eben- berg einen sorgfältigen Umgang mit Tradi- maligen Leiter der Unfallchirurgie am Wie- so mehr als Würde, denn als Bürde und hielt tion und Werten. „Ich hoffe, daß sich viele ner Lorenz Böhler Krankenhaus einen eine feurige und emotionale Laudatio auf Unternehmer ermutigt sehen, die Freude zu Scheck über 10.000 Euro für sein Projekt ihren Kollegen Miguel Herz-Kestranek, der erleben, wenn man für die Gesellschaft „Casa Austria“ http://www.casaaustria.at in von Gexi Tostmann den „Konrad Mautner- außerhalb des eigenen Unternehmens etwas Rumänien – dieser Betrag resultiert aus dem Preis“ entgegen nahm. Positives mitgestalten kann.“ ungekürzten Erlös aus den Spendeneintritts- Der Künstler und Autor setzt sich seit Die Auszeichnung „Botschafter der geldern des Abends, aufgerundet durch eine Jahren sehr intensiv mit dem Thema Tracht Tracht“ wurde übrigens 2006 von Promotion Spende von Tostmann Trachten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 79 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In dieser Folge portraitiert er Senta Berger Schauspielerin / Produzentin

enta Berger, Tochter des Komponisten Sund Musikers Josef Berger und seiner Frau Therese, am 13. Mai 1941 in Wien ge- boren, erhielt aufgrund früher künstlerischer Neigungen eine Ausbildung in Ballett- sowie Ausdruckstanz. Dem Wunsch folgend, Schauspielerin zu werden, nahm sie privaten Unterricht und absolvierte 1957/58 das Wie- ner Reinhardt Seminar. Zu ihrem Studien- Jahrgang gehörten u. a. Erika Pluhar, Heide- linde Weis und Klaus Wildbolz. Obwohl es den Schülern untersagt war, am Theater oder in Filmen mitzuwirken, nahm sie aus finan- ziellen Gründen winzige Rollen bei Hans Quest und in dem US-Kolportagefilm „The Journey“ an, den Anatole Litvak in Wien inszenierte. Der Verstoß gegen die strengen Regeln des Hauses zog den Verweis vom Seminar nach sich, die Elevin fand jedoch für eine Spielzeit bei Ernst Haeusserman, als jüngstes Ensemblemitglied Aufnahme am Theater in der Josefstadt. 1960 schloß Senta Berger einen langfri- Dean Martin und Senta Berger in »The Armbushers« (1967) Foto: Filmarchiv Austria stigen Vertrag mit dem deutschen Filmproduzenten Artur Brauner, Biografie „The Waltz King“ über den Walzerkönig Johann Strauß, für der sie vorwiegend in Unterhaltungs- und Musikfilmen einsetzte. den Regisseur Steve Previn österreichische Darsteller suchte. 1962 Weitere Karriereschritte waren zwei in Wien gedrehte US-Filme: zählte die Wienerin bereits zu den meist beschäftigten deutschspra- 1961 in einem kleinen Part bei Richard Widmark, der im Atelier am chigen Schauspielerinnen. Mit ihrem nach Probeaufnahmen in Lon- Rosenhügel den Spionagestreifen „The Secret Ways“ produzierte, don ermöglichten Auftritt in „The Victors“ („Die Sieger“, GB/US, und ein Jahr später schon in einer größeren Rolle in der Walt Disney- 1963), Carl Foremans melodramatisch getöntem Weltkrieg II-Epos, der mit einer Reihe amerikanischer und europäischer Filmgrößen in England gedreht wurde, erregte sie im Rahmen einer ansonsten weni- ger überzeugenden Besetzung in Amerika Aufmerksamkeit. Eine Agentin brachte den talentierten Jungstar mit Paul Kohner zusammen, der aus dem alten Österreich stammende große Entdecker und Förderer vieler Talente ermöglichte den Sprung nach Holly- wood. Es war die Zeit, als Europäer in der Moviemetropole wieder gefragt waren. 1964 bis 1969 lebte und arbeitete Senta Berger haupt- sächlich in Kalifornien. Sie wohnte zeitweilig am Stone Canyon in Bel Air im Gästehaus der Kohners, die ihr in Emigrantenkreisen u. a. auch die Bekanntschaft mit Billy Wilder, Walter Reisch und Mia May vermittelten. Die Newcomerin, in den USA als „european bombs- hell“ herausgestellt, begann in einigen Episoden bekannter Fernseh- serien: „White Snow, Red Ice“ unter der Regie Buzz Kuliks aus „Bob Hope Presents the Chrysler Theatre“, „The Double Affair“ aus „The Man from U.N.C.L.E.“ und in dem Tele-Movie der Universal „See How They Run“. Von Mike Frankovich, dem Vizepräsidenten der Columbia Pictures, für vier Filme verpflichtet, jedoch dreimal verlie- hen, verkörperte Senta Berger in Sam Peckinpahs violentem Big- Senta Berger und Robert Vaughn in »The Spy With My Face« Budget-Western „Major Dundee“ („Sierra Charriba“, 1965, Drehort (»Spion mit meinem Gesicht«, 1965) Foto: MGM Mexiko) eine Österreicherin, schön und begehrenswert, ein Rollen-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 80 Serie »Österreicher in Hollywood« bild, auf das man sie noch öfters festlegte. Peckinpah, ein kompromißloser Filmmaker mit einer strengen persönlichen Vision, sah in ihr „eine noch nicht geformte, aber auch von Major Studios noch nicht verformte Schauspielerin“. In einem weiteren, von Kameramann James Wong Howe hervorra- gend fotografierten Western des „producer- directors“ Arnold Laven, „The Glory Guys“ („Die glorreichen Reiter“, 1965), offenbarte Senta Berger bereits profihafte Routine. „Cast a Giant Shadow“ („Der Schatten des Giganten“, 1965) in dreimonatiger Drehzeit in Israel entstanden, wurde zum „break-out film“ des „Stars of Tomorrow“. Melville Shavelsons mit Kirk Douglas in der Titelrolle aufwändig inszenierte Breitbild- hommage für den amerikanisch-jüdischen Colonel und Militärberater David Marcus, war Starkino großen Ausmaßes. Berger gab In »The Glory Guys« (»Die glorreichen Reiter«, 1965) offenbarte Senta Berger (re.) bereits profihafte Routine Foto: © United Artists 1965 der einzigen nicht authentischen Figur des Mädchens Magda Simon ein glaubwürdiges, die Erkenntnis über ihren Typ in sich spürte, land vielfach ausgezeichnet, lebt mit ihrer von der Kritik lobend hervorgehobenes kehrte 1970 entgegen dem Rat ihres Mentors Familie seit vielen Jahren in einem fashiona- Profil. Die Uraufführung des Streifens fand Paul Kohner aus künstlerischem Selbstver- blen Vorort von München. in New York statt, Senta Bergers Name war ständnis Hollywood endgültig den Rücken. in großen Leuchtbuchstaben auf dem Das „Berger-Girl“ (US-Kosename) ließ Broadway zu lesen. sich in Rom nieder und avancierte zur ge- it dem Buch „Österreicher in Holly- 1965 gründete sie mit ihrem späteren fragtesten österreichischen Filmschauspiele- Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf Ehemann, dem Schauspieler, Regisseur und rin im Ausland. Sie glänzte am Theater, als Ulrich die lang erwartete Neufassung seines Arzt Michael Verhoeven (der ein Jahr mit in Curd Jürgens‘ Buhlschaft bei den Salzburger 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- den USA war), die Sentana Filmproduktion Festspielen, an der Wiener „Burg“, in Ham- kes vor. Nach über 12jährigen Recherchen in München. 1967 entstand unter Bergers burg, Berlin und auf Rezitationstourneen. konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer Produktionsleitung „Paarungen“ als freie Be- Berger setzte auch weiter auf Eigenverant- revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- arbeitung des zweiten, unbekannteren Teils wortlichkeit. Als Koproduzentin internatio- gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist von Strindbergs „Totentanz“. Einige Zeit nal preisgekrönter Filme, darunter „Die nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern pendelte die Globetrotterin zwischen deut- weiße Rose“ (1982), die Geschichte der stu- auch an die in der Heimat vielfach Unbe- schen, englischen, französischen und ameri- dentischen Widerstandsgruppe um die Ge- kannten oder Vergessenen und den darüber- kanischen Ateliers. Obwohl der Start in der schwister Scholl, sowie die Polit-Komödie hinaus immensen Kulturleistungen österrei- „Traumfabrik“ erfolgreich war, erhielt Ber- „Das schreckliche Mädchen“, die 1991 in chischer Filmkünstler im Zentrum der Welt- ger dort letztlich nur noch Engagements für Hollywood in der Sparte „Bester ausländi- kinematographie gewidmet: „Alles, was an seichte Spionagestreifen, uniforme Rollen, scher Film“ eine Oscar-Nominierung und etwas erinnert, ist Denkmal“, schließt der etwa in „The Ambushers“ aus der Matt Helm- 1992 den British Academy Award erhielt, Autor. Serie (1967), „Istanbul Express“ (1968) oder war gebührende Anerkennung zu ernten. In Rudolf Ulrich und der Verlag Filmarchiv erneut in TV-Episoden (1968/69) mit mäßig einem arbeitsreichen Leben wirkte die ambi- Austria bieten Ihnen, sehr geehrte Leserinnen spannender Abenteuerunterhaltung. Castings tionierte Künstlerin mit österreichisch-deut- und Leser, die Mög- für die Filme ,,The Thomas Crown Affair“ scher Doppelstaatsbürgerschaft in über 160 lichkeit, in den kom- (1968) und Sydney Pollacks ,,They Shot internationalen Kino- und TV-Produktionen menden Monaten im Horses, Don‘t They?“ (1969) brachten nicht mit, im Rahmen ihrer fast 50-jährigen „Österreich Journal“ die gewünschten Aufgaben. Der Status als Karriere spiegelt sich auch die Veränderung einige Persönlichkei- „foreign actress“ limitierte ihre Arbeiten, des gesellschaftlichen Rollenbildes der Frau. ten aus dem Buch darüberhinaus erwies sich auch der „conti- Seit 2003 steht Berger der neu gegründeten „Österreicher in Hol- nental accent“ als hinderlich. Senta Berger, deutschen Filmakademie in Berlin als Prä- lywood“ kennenzuler- Leinwandpartnerin von „heavies“ wie Walter sidentin vor, 2006 kam unter dem Titel „Ich nen. Matthau, John Forsythe, Charlton Heston, habe ja gewußt, daß ich fliegen kann“ ihre Tom Tryon, Yul Brynner, Dean Martin und Autobiografie heraus, eine Rückschau als Rudolf Ulrich Robert Wagner, die trotz eines gewissen „Zeitdokument des vorigen Jahrhunderts“. „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten, Grades von Ruhms merkte, daß sie in den Senta Berger, ein beeindruckender Weltstar zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- USA ihre Entwicklung nicht selbst steuern mit Herz, Charme, Eigensinn und hohem Lei- terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; konnte, jedoch ein neues Bewußtsein und stungsvermögen, in Österreich und Deutsch- http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 81 Volksmusik Was heißt hier Salzkammergut? Die Region. Anlässlich der Oberösterreichischen Landesausstellung 2008 und dem damit verbundenen Themenschwerpunkt des Österreichischen Volksliedwerks – Teil 1

Von Peter Egger und Irene Riegler *)

er mittelalterliche Begriff „Kammer- Dgut“ bezeichnet eine Region, die direk- ter Besitz des Landesfürsten – Haus Habsburg – war. Seit jeher ist diese Region durch den Salzabbau bestimmt. Das histori- sche Salzkammergut umfaßte den ganzen Hallstätter See mit dem Salzberg, die Gosau, und das ganze Trauntal bis nach Ebensee. Die Stadt Gmunden gehörte rechtlich nicht dazu, obwohl der Sitz der obersten Behör- de – das Salzamt – dort stationiert war. Der Ausseer Salzbergbau (Landesgebiet Steiermark) stand immer in direkter Ver- bindung mit Hallstatt, obwohl er zur Grazer Hofkammer gehörte. Erst 1741 gliederte man die Ausseer Saline dem Gmundner Salzamt ein. Seit dieser Zeit zählt das Ausseerland ebenfalls zum Salzkammergut. Daß die Gebiete um den Abersee (Wolf-

gangsee), Attersee und Mondsee zum Salz- Foto: Peter Egger kammergut gehören ist eine spätere Defini- Majestätisch thront »König« Dachstein über dem Vorderen Gosausee tionserweiterung der Fremdenverkehrswirt- schaft. Diese Regionen waren immer von Definitionswandel und wurde vom Wirt- Beitrag Österreichs als Weltkultur- und der bäuerlichen Struktur dominiert, und hat- schaftsraum zu einer Natur- und Tourismus- Weltnaturerbe in der Liste der UNESCO ten mit der Salzwirtschaft wenig zu tun, landschaft von Seen, Wäldern und Bergen vertreten. außer daß sie als Holz- und Verpflegungsbe- umgewertet. Die Landesausstellung Oberösterreich zugsgebiete herangezogen wurden. Seit Dezember 1997 ist die Region Hall- 2008 zeigt an 14 Orten im Salzkammergut Nachdem Reiseschriftsteller mit ihren statt-Dachstein/Salzkammergut als einziger die unterschiedlichsten Facetten der Region. Naturbeschreibungen weit über die Grenzen Beginnend mit einer Überblicksausstellung hinaus auf das Salzkammergut aufmerksam im Seeschloß Ort in Gmunden geht es weiter gemacht hatten, kam es zu Beginn des nach Laakirchen, Ohlsdorf, Altmünster, 19. Jahrhunderts zu einer kontinuierlichen Traunkirchen, Ebensee, Bad Ischl, Bad Goi- Zunahme der Besucherzahlen. Doch erst mit sern, Gosau, Hallstatt, Obertraun, St. Wolf- der Entdeckung der Sole als Heilmittel er- gang, Strobl, St Gilgen. Die Themen reichen langte das Salzkammergut seine wahre Be- von der Geologie über die Hallstattzeit zu be- rühmtheit als Sommerfrischeregion, die maß- rühmten Persönlichkeiten bis zum Handwerk. geblich seine Zukunft beeinflussen sollte. Was geschieht jedoch, wenn eine Region Der Kaiserliche Hof und die anhängliche Pro- zum Welterbe erklärt wird oder sich für ein minenz, die Literaten und Komponisten und Großprojekt wie eine Landesausstellung rü- Maler kamen in Scharen um sich hier inspi- stet? Dabei werden einerseits Renovierungs- rieren zu lassen. arbeiten, bauliche Maßnahmen zur Bewäl- Anfang des 19. Jahrhunderts unterlag der tigung der Besucherströme getätigt, welche Begriff Salzkammergut einem vollständigen nicht immer der regional gewachsenen Struktur, der Nachhaltigkeit und Erhaltung *) Peter Egger ist Mitarbeiter Österreichisches Volks- des Naturraums entsprechen. Andererseits liedwerkes aus dem Salzkammergut, Mag. Irene Riegler ist Geschäftsführerin des Österreichischen tragen solche Projekte und damit verbunde- Volksliedwerkes in Wien ne Maßnahme zur Regionsbelebung bei.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 82 Volksmusik Die Salzkammergütler sitzern. Welcher Blickwinkel prägt nun das Hier und Anderswo heimatliche Gefühl, die Identität zum Salz- kammergut? Werden durch Besucher aus der Schon die Herkunft des Begriffs „Salz- Fremde und in der Fremde nicht auch ver- kammergut“ gibt Auskunft über die herr- klärte, einseitige und romantisierende Bilder schaftliche Dominanz, die diese Region er- geschaffen, die sich auch auf die heimische füllte und es in ein staatliches Unternehmen Bevölkerung auswirken und nachteilige gliederte. Das Salzkammergut war Sperrge- Aspekte wie Arbeitsplatzmangel oder Saison- biet, das Einreisen in diese autonome Ge- tourismus ausblenden? Foto: OÖ. Landesmuseen gend ging nur mit einem bewilligten Paß »Salzfass«, Gewürzgarnitur, dreiteilig, Landesausstellung OÖ. vom Salzamt. Eine Eigenversorgung der Be- zu sehen im Seeschloß Ort 29.4. - 2.11.2008 wohner kam nicht in Frage, da alle Hände http://www.landesausstellung.at für die Salzgewinnung und deren Infrastruk- Kauf, um zur Arbeit zu pendeln und um Programmschwerpunkte im tur benötigt wurden, und so die Versorgung trotzdem im Salzkammergut zu wohnen. Österreichischen Volksliedwerk und Belieferung von Nahrungsmittel von Einige Jüngere wandern ab in die Stadt. 26.3. und 30.4.2008, jeweils 18 Uhr „außen“ stattfand. Das Salzamt kontrollierte Stadtbewohner werden zu Zweitwohnbe- http://www.volksliedwerk.at alles bis in die Ehebetten, denn die „Salz- kammergütler“ durften nur untereinander in den Ehestand treten, was der Konservierung von Strukturen und Eigenheiten diente. Ab dem 16. Jahrhundert ordnete man eigene planwirtschaftliche Maßnahmen an. Dazu zählten Privilegien einer eigenen Ge- richtsbarkeit, Polizeiverfassung, Steuerverfas- sung und der Befreiung vom Militärdienst. Trotz Steuerfreiheit, soziale Betreuung, Spi- täler, kostenlose ärztliche Versorgung, Pro- visionen, Pensionen und Erlaubnis zum Bau von Arbeiterkleinhäusern auf ärarischen (staatlich) Grund zur Hebung der Bevölke- rungszahl, war die Armut sehr groß. Um diesen engen positiven, wie negati- ven Strukturen Luft zu lassen, benötigte es Ventile der Rebellion, die sich gesellschaft- lich verankerten. Dazu gehörten Arbeiterauf- stände, Wilderei und Geheimprotestantis- mus, die vor allem Widerstände gegen die Obrigkeit darstellten. Zwecks Letzterem wurden einige Salzkammergütler im 18. Jahr- hundert nach Siebenbürgen zwangsdepor- tiert. Meistens war es jedoch Arbeitsmangel, welcher die Bewohner zur Migration trieb. Vor allem Holzknechte, die gute und gefrag- te Fachkräfte waren, zogen mit ihren Fa- milien weg. Am bekanntesten wohl der Go- sauer Holzfäller Georg Huebmer, der 1782 die protestantische Gemeinde Nasswald an der Rax gründete und sich vom einfachen Holzknecht bis zum kaiserlichen Holzmei- ster emporarbeitete. Andere gingen wiede- rum bis nach Nordamerika. So gesehen war das Salzkammergut eine strukturelle und chronische Abwanderungsregion, was sich erst mit dem aufkommenden Tourismus im 19. Jahrhundert änderte. Heute leben viele Menschen im Salzkam- mergut hauptsächlich vom Tourismus. Et-

liche nehmen täglich längere Wegstrecken in Abb. aus: Anton Rosenauer; Goisern für Einheimische und Fremde; 1910

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 83 ÖJ-Reisetip Sieben Tage in der Woche Die Stadt Poysdorf, ein Zentrum des Veltliner-Anbaus, hat für ihre Gäste ein volles Programm rund um das Thema Wein zusammengestellt. Foto: Österreich Journal Eingebettet in weitläufige Weingärten liegt die Stadt Poysdorf idyllisch an einem sanften Hang in der nachmittäglichen Sonne.

anfte Hügel umrahmen die Landschaft, „Weinstadt-Museum Poysdorf“ eine Fülle an Bereits 1582 wurde der Ort von Kaiser Ru- Sromantische Kellergassen durchziehen Informationen und zeigt – belegt mit Bohr- dolf II. zum Markt erhoben und besitzt seit die Stadt, Weinrieden, aus deren Trauben der kernen aus Versuchsbohrungen der OMV – 1923 das Stadtrecht. schmackhafte Wein gekeltert wird, reichen Von Wien kommend, sehen wir schon bis an die Häuser der Winzer. Im Herbst wenn Frisch ! Der Wein soll von weitem die Stadt, die sich aus einer Sen- die Nebel steigen, das bunte Laub zu Boden reichlich fließen! ke unter den Strahlen der nachmittäglichen fällt, beginnt die Reife des Weins, dessen Nichts Verdrießlichs Sonne heraus an einen sanften Hang an- Fruchtigkeit und goldener Schein dann an schmiegt und von der Stadtpfarrkirche St. Jo- weh` uns an ! die vielen sonnigen Tage im Weinviertel er- hannes dominiert wird. Sie wurde in den innert. Hier wird seit unzähligen Generatio- Sage, willst du mitgenießen, Jahren 1629 bis 1635 von den Bürgern von nen der Veltliner kultiviert, der sich auf den hast du deine Pflicht getan? Poysdorf damals anstelle einer Taufkirche Löß- und Schwarzerdeböden besonders „zur Ehre und zum größeren Ruhme des all- wohlfühlt und der großen Region um Poys- Johann Wolfgang von Goethe mächtigen Gottes, zur Verehrung der allerse- dorf sogar seinen Namen gab: das „Veltliner ligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen“ Land“. unter anderem Einschlüsse in den Ab- erbaut, wie die Inschrift über dem Haupt- Die Wurzeln der Weinstadt selbst führen lagerungen des Jurameeres vor 150 Mio. portal zu berichten weiß. Nur zehn Jahre spä- mehr als 7000 Jahre zurück, als Bauern das Jahren. Der erste bekannte schriftliche Hin- ter wurde sie von den Schweden zur Wehr- fruchtbare „Poybachtal“ besiedelten – was weis auf den Ort findet sich 1194 im anlage umgebaut, was auch zeigt, daß Poys- zahlreiche bemerkenswerte Funde aus der „Klosterneuburger Traditionskodex“, ein dorf durch seine Nähe zu den Kulturen Ost- Jungsteinzeit und der Bronzezeit hinlänglich Nachweis für den Weinbau kann bereits mit und Mitteleuropas wiederholt Schauplatz beweisen. Für näher Interessierte bietet das Beginn des 14. Jahrhunderts geführt werden. kriegerischer Auseinandersetzungen war.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 84 ÖJ-Reisetip

Oldtimer-Traktoren rund um die Weinstadt Poysdorf ist ein Erlebnis für Gäste jeden Alters. Der Oldtimerclub hat dafür mehrere Nostalgietraktore technisch fitgemacht und herausgeputzt. Sie können für geführte Aus- fahrten gemietet werden, wobei jeder Gast seinen Traktor natürlich selbst steuert. Nach einer kurzen Einschulung geht es in einer Kolonne durch Kellergassen und über die Güterwege durch die sanfthügelige Wein- landschaft rund um Poysdorf. Voraussetzung für das Lenken des Traktors ist ein B-Füh- rerschein. Poysdorf hat sich für seine Gäste etwas Besonderes einfallen lassen: An jedem Tag der Woche gibt es ein Programm rund um die Stadt und deren Hauptsache: den Wein.

Foto: Österreich Journal Das detaillierte Programm mit allen Details Stadtpfarrkirche St. Johannes, erbaut 1629 bis 1635 von den Bürgern Poysdorfs erfahren Sie natürlich beim Tourismusbüro Poysdorf unter http://www.poysdorf.at. Eine Die ersten Singvögel aus dem Süden stimmen mit ihren Liedern schon auf den bevorstehenden Frühling ein. Eigentlich sollte man Poysdorf zu Fuß entgegengehen, um sich so von seinem Flair eingefangen zu lassen. Zwischen den Kellergassen, den belebten Straßen mit den vielen Geschäften, wo man nach Herzenslust einkaufen kann, dann aufwärtsgehend zur frühbarocken Kir- che, die schützend über der Stadt liegt, von wo sich ein wunderschöner Ausblick über die Stadt und die sie umgebenden Weingär- ten bietet.

Erlebnisse zu Fixterminen Apropos zu Fuß: Wußten Sie, daß man auch mit Traktoren wandern kann? In Poys- Foto: Tourismusbüro Poysdorf dorf geht das. Diese Ausflugsfahrten mit Wußten Sie, daß man auch mit Traktoren wandern kann? In Poysdorf geht das.

Möglichkeit etwa, die Stadt, ihre Geschichte, ihre Kultur und ihre Sehenswürdigkeiten kennenzulernen, ist eine Rundfahrt auf einem Traktoranhänger, der einmal der Feuerwehr als Mannschaftsfahrzeug gedient hat. Sie führt durch die Stadt, vorbei am Weinstadtmuseum, durch eine Kellergasse und zur „Gstetten“. Sie erfahren viel Wis- senswertes, was sich im Laufe der Jahrzehn- te in dieser Stadt zugetragen und sichtbare Spuren hinterlassen hat. Eine Videopräsentation über die Stadt Poysdorf leitet eine Führung durch das Weinstadt- & Pressenmuseum und durch die Gewölbekeller und die Besichtigung der Aus- stellung „Rund um den Wein“ ein. Ein Spa- ziergang in der Kellergstetten entlang der Foto: Tourismusbüro Poysdorf Flaschenbilder-Galerie und zur Schlumber- Fürhung durch die Stadt, vorbei am Weinstadtmuseum, durch eine Kellergasse ger Sektwelt mit Präsentation der Sektküh-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 85 ÖJ-Reisetip

Das zweite »Veltliner Symposium« Österreichs Paradeweinsorte „Grüner Veltliner“ steht wieder im Mittelpunkt einer Fachtagung. Am 18. April 2008 wird bereits zum zweiten Mal in der Weinstadt Poysdorf das „Veltliner Sym- posium« von Seiten der Stadtgemeinde und des Tourismusvereins Poysdorf veranstaltet. Prominente Experten kom- men zu Wort und stellen die aktuelle Entwicklung und unterschiedliche Facet- ten dieses beliebten Weines vor. Als Teilnehmer werden neben den Vertre- tern der Weinwirtschaft, Sommeliers, Foto: Österreich Journal Weinakademiker, Politiker, Gastrono- Das alte Nachtwächterhaus bei der Kirche beherbergt eine Galerie und Gedächtnis- men, Weinliebhaber usw. erwartet. Die stätte für die Poysdorfer Malerin Maria Ohmeyer. Veranstaltung findet im Historismussaal lersammlung und dem größten Sektglas der Poysdorf hatte im Mittelalter zwei Nacht- des Poysdorfer Reichensteinhofes statt. Welt leitet den Besucher mit einem Glas wächter, von denen sich einer in der Nähe Beginn ist um 10 Uhr und das Resümee Sekt und anschließender Wanderung entlang der Kirche aufzuhalten hatte, um bei Aus- wird traditionell bei einer Veltliner des Bibelweges zum Themenkeller „Wein & bruch eines Feuers die Bevölkerung durch Degustation gezogen. Religion“. Die „Schlumberger Sektwelt“ im Glockengeläut zu alarmieren. Heute beher- Die Teilnahmegebühr beträgt 30 Euro „Alten Klosterkeller“ in der Kellergstetten bergt das alte Nachtwächterhaus bei der pro Person. In diesem Preis sind die kann übrigens auch in einer „Intensiv- Kirche eine Galerie und Gedächtnisstätte für Tagungsunterlagen, Mittagsimbiß und führung“ erlebt werden. die Poysdorfer Malerin Maria Ohmeyer. Die eine abschließende Degustation inklu- An anderem Tagen wieder können Sie die Kunst ist somit ein Schwerpunkt dieser wei- diert. idyllischen Poysdorfer Kellergassen erkun- teren Tour. Sie führt hinunter in den Alten den. Sie sind ein einzigartiges kulturelles Schulkeller zu einer Weinprobe und weiter Informationen und Anmeldung: Erbe und gelten als Schätze des Weinvier- durch den Kirchengraben und die Keller- http://www.poysdorf.at tels. Zehn Kellergassen-Ensembles prägen gstetten zum Weinmarkt. Neben einer zwei- das Bild der Weinstadt Poysdorf. Erwandern Sie diese faszinierende Welt der Preßhäuser und der Weinkultur mit einem fachlich ge- schulten Kellergassenführer: Er begleitet Sie hinab in die dunklen Labyrinthe tief unter der Erde, erzählt Ihnen Wissenswertes über deren Architektur und über die Arbeit der Winzer und lädt Sie zu einer Weinprobe in einem der Weinkeller ein. Den Abschluß die- ser Führungen bildet ein Besuch im Wein- markt Poysdorf, wo Sie ein Glas „Wein- viertel DAC“ genießen können. Der Wein- markt bietet darüber hinaus die Möglichkeit zum Gustieren und Weineinkauf. Über 200 Weine werden dort von den Poysdorfer Quali- tätswinzern zu Ab-Hof-Preisen angeboten. Wer die Keller lieber des Abends erkun- den will, für den gibt es die „Kellergassen- wanderung für Nachtfalter und Weinschwär- mer“. Sie führt zum Kulturgenuß im nächt- lichen Ambiente von Poysdorf. Mit Laternen ausgerüstet, wandern Sie mit Ihrem Keller- gassenführer zu ausgewählten Weinkellern, wo zwei Weinproben und dazu Nußbrot die interessanten Erzählungen Ihres Führers auf Foto: Tourismusbüro Poysdorf köstliche Weise ergänzen. Rundfahrt auf einem Traktoranhänger, der einmal der Feuerwehr gedient hat.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 86 ÖJ-Reisetip Foto: Tourismusbüro Poysdorf

Die »Schlumberger Sektwelt« im »Alten Klosterkeller« in der Kellergstetten kann auch in einer »Intensivführung« erlebt werden. ten Weinprobe, einem Glas Weinviertel DAC ganz sicherlich nicht zu kurz. Übrigens: aktiv sein wollen – oder vielleicht auch müs- gibt es dort auch die Möglichkeit, aus über „Betty Bernstein“ ist natürlich auch im sen, um ein paar Kalorien loszuwerden – hat 200 Qualitätsweinen seine Lieblingsweine Weinstadt-Museum vertreten und eröffnet Poysdorf einiges zu bieten: zahlreiche Rad- zu Ab-Hof-Preisen einzukaufen. den Kindern eine versunkene Welt! Wer in und Wanderwege, Walking, Schwimmen und Auch wurde mit einer „Entdeckertour“ an die Urgeschichte reisen will, sei gewarnt: eine 18-Loch-Golf-Anlage inmitten der Wein- die Kinder gedacht: Nach einer kurzen Die Zeitmaschine ist ein unberechenbares stöcke, deren Reben schon den Vorge- Einführung im Weinstadt-Museum begeben Vehikel, aber einmal angekommen, erwartet schmack zum späteren Trinken versprechen. sie sich gemeinsam mit „Betty Bernstein“ die Kinder von der Mammutjagd über das Poysdorf und seine 5610 Einwohner nahe auf eine spannende Entdeckungsreise in eine Kennenlernen der ersten Bauern bis hin zu an der tschechischen Grenze betreuen Sie Poysdorfer Kellergasse (ca. 1 km Fußweg). den geheimnisvollen Gräbern ein erlebnis- also praktisch rund um die Uhr. An sieben Unglaublich, was da so alles kreucht und reicher Aufenthalt. Daß man sich nach der Tagen in der Woche sind für Sie interessante fleucht! Wohnt wirklich jemand in einer Rückkunft noch erkennt, wird nicht garan- und unterhaltsame Aktivitäten und Genüß- Kellerröhre? Ist die Reblaus auch wirklich tiert – schließlich lernen Kinder im steinzeit- liches vorbereitet, Sie erleben an jedem ein- zu finden? Viele Fragen, die Betty zu lösen lichen Haus einander mit selbstgefertigten zelnen Tag ein anderes Programm. Kommen hilft. Und Spiel und Spaß kommen dabei Naturfarben zu bemalen. Sie also gleich eine ganze Woche nach Poys- Nach so viel Aktivitäten gibt es nicht nur dorf, damit Ihnen auch ja nichts entgeht. Anreise den herrlichen Wein zu trinken, sondern auch Schon der Begriff „Weinfrühling“ verleitet das passende Essen wird dazu gereicht. einen doch, nach Poysdorf zu fahren – um Poysdorf erreichen Sie mit dem Auto von Hausmannskost verführt zu bodenständigem später wieder zu kommen, wenn zu den Wien kommend über die B7 (Brünner Kulinarischem: Geselchtem, Speck, Blunzen prickelnden Sektwochen eingeladen wird. Bundesstraße) in Richtung Brno, Ent- und Bratwürsten. Aber nicht nur der Wein Wenn Sie dann von Poysdorf einen guten fernung ab Stadtgrenze ca. 50 km, Fahr- bzw. der Sekt sind in Poysdorf zu genießen, Schluck mit nach Hause nehmen und beim zeit ca. 1 Stunde. sondern auch Schnaps, der sich dann be- Heben des Glases noch einmal an die stillen Mit der Bahn von Floridsdorf mit der sonders anbietet, wenn im November die Kellergassen denken, sich an die sanften Schnellbahn (S2) bis Mistelbach, dann Gansl-Wochen stattfinden. Diese Einladun- Hügel erinnern, können Sie getrost Wilhelm mit dem Bus nach Poysdorf. gen erfolgen wöchentlich zu den sogenann- Busch zu Wort kommen lassen: Sie können aber auch direkt mit dem Bus ten „Offenen Keller“ Tagen, wo ab 14 Uhr „Ein Trinkgefäß, sobald es leer, von Floridsdorf nach Poysdorf anreisen. ein Weinhauer zur Verkostung seiner Sor- Macht keine rechte Freude mehr.“ Dauer der Anreise von Wien: ca. 1 Stun- tenpalette einlädt. de 30 Minuten. Für sportbegeisterte Besucher und für all http://www.poysdorf.at jene, die nach diesem reichhaltigen Angebot http://www.museum-poysdorf.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 87 ÖJ-Reisetip Nationalpark Thayatal Naturschutz statt eines Eisernen Vorhangs

Von Robert Brunner *) Foto: Nationalpark Thayatal / B. Krobath

napp 10 Jahre ist es her, daß Österreich den technischen Grenzsperren waren die Tschechien handelte schnell. Schon im Juli Keinen Teil des Thayatals zum National- Eingriffe des Menschen minimal. Ein wenig 1991 wurde der Nationalpark Podyjí offiziell park erklärt hat. Acht Jahre davor wurde der Forstwirtschaft, hin und wieder eine Jagd beschlossen. Gleichzeitig begann in Öster- tschechische Národní park Podyjí eingerich- und ein paar privilegierte Fischer – sonst reich die Diskussion, wie sich die Region an tet. Wo vor 20 Jahren noch Grenzsperren und störte niemand die Natur in ihrer Entfaltung. der Grenze entwickeln könnte. Von Natur- Stacheldraht die Begegnung verhinderten, Geschadet hat dieser Stillstand aber den schutz war die Rede, von sanftem Tourismus dort wird heute gemeinsam von Tschechen Regionen beiderseits der Grenze. Denn sie und schließlich von einem Nationalpark. und Österreichern eine Landschaft neu ent- konnten sich nur in eine Richtung entwik- Weil – zum Unterschied von Tschechien – deckt. keln. Zuwenig für viele, die in dieser Zeit der niederösterreichische Nationalpark aber Vor 20 Jahren war es den Vögeln und den anderswo Arbeit und Auslangen gefunden zur Gänze auf privatem Grundeigentum er- Fischen vorbehalten, unbeschadet die Gren- haben. richtet wurde, zogen sich die Verhandlun- ze zwischen Ost und West zu überqueren. gen. 1995 kam das NÖ Nationalparkgesetz, Die Grenzbrücke in Hardegg wurde zum Vom Eisernen Vorhang 1996 wurde der Nationalpark Donau-Auen Symbol der Trennung, ganze 40 Jahre lang. zum grenzüberschrei- Realität und zum Nationalfeiertag 1997 un- Der Natur hat das nicht geschadet. Zwischen terzeichneten Wirtschaftsminister Martin der Staatsgrenze in der Mitte der Thaya und tenden Naturschutz Bartenstein, Finanzminister Fritz Edlinger Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs ging und NÖ Landeshauptmann Erwin Pröll den *) DI Robert Brunner ist Direktor des Nationalparks ein Ruck durch die Regionen. Jetzt gab es Staatsvertrag über die Einrichtung eines Thayatal plötzlich wieder Möglichkeiten, Chancen. Nationalparks Thayatal.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 88 ÖJ-Reisetip Natürliche Dynamik statt wirtschaftlicher Nutzung

Seither hat sich viel getan. Denn jetzt war keine wirtschaftliche Nutzung des Gebietes mehr möglich. Die Dynamik der natürlichen Prozesse sollte im Vordergrund stehen. Dort, wo durch viele Jahre die Forstwirtschaft das Waldbild und die Waldgesellschaften verän- dert hatte, indem Fichten und andere wirt- schaftlich attraktive Nadelhölzer gepflanzt wurden, dort greift die Nationalparkverwal- tung ein, lichtet Nadelholzbestände auf und ermöglicht so eine natürliche Verjüngung des Waldes. Zuerst kommen die Sträucher,

Foto: Nationalpark Thayatal / Franz Kraus die Brombeere, der Holler durch, dann Hain- Jahrzehntelanges Symbol der Trennung: die ehemalige Thayabrücke in Hardegg buche, Buche und Eiche. Von einem Tag zum anderen wurde der Wald nicht mehr durchforstet. Totholz, lie- gend oder stehend, nahm an Menge zu. Es ist vielen Mikroorganismen, Käfern und Insek- ten Lebensraum und Nahrungsquelle. Zeit erhält eine neue Dimension. Denn die Natur braucht nicht auf schnellwüchsige Arten zu schauen. Wald, der ohne Zutun des Men- schen wächst ist vielfältiger, artenreicher, wilder und zugleich stabiler gegen Witte- rungseinflüsse und Schädlinge. Nur auf den wenigen Wiesen im Natio- nalpark nutzen die Bauern noch das Heu. Die Wiesen, vier Prozent des Nationalparks, sind für die Artenvielfalt der ganzen Region wichtig, denn außerhalb der Wälder ist die- ser Lebensraum selten geworden. Wie und wann die Wiesen genutzt werden, das legt

Foto: Nationalpark Thayatal / D. Manhart aber der Nationalpark fest. Von den knapp 3000 Blütenpflanzen, die in Österreich nachgewiesen sind, kommen fast 1300 in den beiden Nationalparks an der Thaya oder ihrer Umgebung vor. Hot Spot der Artenvielfalt Den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen ist ein wichtiges Ziel der Europäischen Gemeinschaft. Und der Nationalpark Thaya- tal trägt gemeinsam mit dem Nationalpark Podyjí erstaunlich viel zur Biodiversität in der Region bei. Ein paar Zahlen zur Illu- stration: von den knapp 3000 Blütenpflan- zen, die in Österreich nachgewiesen sind, kommen fast 1300 in den beiden National- parks oder ihrer Umgebung vor. Rund 80 Pro- zent aller in Österreich beobachteten Fle- dermausarten sind im Thayatal heimisch, bei einer Flechtenkartierung wurden im österrei- chischen Teil des Schutzgebietes Erstfunde für Österreich und Nachweise verschollen geglaubter Arten gefunden. Möglich wird diese Artenvielfalt durch die besondere Lage des Nationalparks an Foto: Nationalpark Thayatal / D. Manhart einer Klimagrenze zwischen pannonisch- Der Schwarzstorch ist Bewohner alter, geschlossener Wälder und liebt das Wasser kontinentalem und atlantischem Klima. Die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 89 ÖJ-Reisetip

Arten beider Klimaregionen haben im Thayatal eine Heimat. Ein ganz besonderes Ereignis brachte aber des Jahr 2007: In einer wissenschaft- lichen Studie wurde genetisch nachgewie- sen, daß die in Österreich als ausgestorben geltende Wildkatze im Thayatal mit minde- stens zwei Exemplaren vertreten ist. Foto: Nationalpark Thayatal / B. Krobath Der Nationalpark Thayatal darf nur auf den markierten Wegen begangen werden.

Besucher sind erfolgreich zu sein, bedarf es der Unterstüt- willkommen – zung durch die Besucher. Denn ihr Verhalten als Beobachter trägt wesentlich zum Gelingen des gesamten Projektes bei. Deshalb darf der Nationalpark Beide Nationalparks bemühen sich um auch nur auf den markierten Wegen began-

Foto: Nationalpark Thayatal / D. Manhart den Schutz des Gebietes und der darin vor- gen werden. Und nicht alle Teile des Natio- Seltener Bewohner: die Wildkatze kommenden Arten. Um bei dieser Aufgabe nalparks werden erschlossen. Die Natur, vor Foto: Nationalpark Thayatal / B. Krobath

Eine Besuchergruppe vor der beeindruckenden Burg Hardegg, die bereits in Urkunden des frühen 12. Jahrhunderts vorkommt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 58 / 14. 03. 2008 90 ÖJ-Reisetip Foto: Nationalpark Thayatal / D. Manhart allem die Tiere, brauchen Rückzugsräume. ende anbietet. Denn die Nationalparkbetreu- können. Da werden die Augen ganz groß, Wenn Tiere lernen, daß im Nationalpark er können die Natur besonders gut erklären wenn der erste Flußkrebs entdeckt wird. Der Störungen geringer sind, dann verlieren sie und haben auf – fast – alle Fragen auch eine ganze Nationalpark wird dann zum lebendi- mit der Zeit ihre Scheu, die Fluchtdistanzen Antwort. gen Klassenzimmer und vielleicht gelingt es werden geringer und für den Besucher wird Besondere Aufmerksamkeit widmet der auch, Bewußtsein für die Umwelt zu wecken. es künftig leichter sein, Wildtiere zu beob- Nationalpark den Kindern und Jugendlichen. Auf den Geschmack gekommen? Dann achten. Beim Schwarzstorch wird das schon Für diese Zielgruppen wurden eigene Pro- besuchen Sie doch einfach den Nationalpark. erkennbar. Bei seiner Futtersucher in der gramme entwickelt, in denen sie, je nach Er liegt nur 95 km von Wien entfernt! Thaya läßt er sich von Wanderern kaum aus Altersgruppe spielerisch oder forschend, die http://www.np-thayatal.at der Ruhe bringen. vielen Geheimnisse der Natur entdecken http://www.wildkatze-in-oesterreich.at Die Wege in die Aussichtsplätze im Na- tionalpark sind aber so angelegt, daß man keine Naturschönheiten versäumt. Nur am österreichischen Thayaufer gibt es einen be- gleitenden Wanderweg. Vom Überstieg, der engsten Stelle des Umlaufberges, einer mar- kanten Flußschlinge, hat man einen unver- gesslichen Ausblick auf das Durchbruchstal der Thaya. Am Christbaumsteig kann man erahnen, mit welcher Kraft sich die Thaya in das Granithochland eingeschnitten hat. Knorrige Baumriesen begleiten diesen Weg. Und beim Einsiedlerfelsen wird eine Sage um das tragische Leben eines Kreuzritters lebendig. Besucher können den Nationalpark auf einem langen Spaziergang genießen. Mehr über die Natur und ihre Besonderheiten er- fahren sie aber auf einer geführten Wande- rung, die die Nationalparkverwaltung vom Foto: Nationalpark Thayatal /K. Zunzer Frühjahr bis zum Herbst an jedem Wochen- Kurze Erfrischung in der Thaya während der Nationalpark-Entdeckungsreise

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