Europäischer Kulturweg Hafenlohrtal Wässerwiesen

In einer einzigartigen Die Bewässerung im Gegenüberstellung Frühjahr diente der Er- wird der schnelle wärmung des Wiesen- Wandel des Land- bodens durch das Was- schaftsbildes im Ha- ser. Somit konnte der fenlohrtal nach der erste Schnitt um bis zu Aufgabe der Wiesen- vier Wochen vorverlegt bewässerung deut- werden. Im Sommer lich: wurde der Boden bei 1954 wurden die Trockenperioden ange- Wiesen an der Mühle feuchtet. Die düngende in Rothenbuch noch Wirkung im Herbst bis genutzt. Das Gra- zum Einsetzen von Frost trug dazu bei, dass im Rieselwasser enthaltene bennetz ist gut ge- Schwebstoffe und gelöste Nährstoffe auf den Wiesenflächen abgelagert Die Kulturlandschaft des Hafenlohrtals im Jahr 1954 ... pflegt. Allerdings ist wurden. Bis zu vier Ernten im Jahr waren damit möglich. der oberste Hang- graben am rechten Zur Ausführung ei- Bildrand bereits auf- ner Be- und Ent- gefüllt. wässerungsanla- Zwei Jahre später ge vereinigten sich bietet sich ein ande- die Grundbesitzer res Bild: Das Graben- zu einer Kulturge- netz der Bewässe- nossenschaft, deren rung ist verwahrlost, Aufgabe es war, die die Wiesen beginnen Benutzung der Wie- zu verbuschen. senkomplexe unter Im Jahre 2000 ist die den Grundbesitzern Verbuschung bereits zu regeln und für die ... 1956 ... weit fortgeschritten. Unterhaltung Sorge Vom Weg oberhalb zu tragen. Die Be- des Wiesenrandes und Entwässerung erfolgte durch einen Wiesenwart, der nach genau vor- gibt es kaum noch gegebenen Maßgaben in der Wiesenordnung und seiner Dienstinstruktion Ausblicke ins Tal. vorzugehen hatte. Das Freihalten der Flächen, die nicht mehr genutzt werden, ist nur noch durch Förder- oder Schutz- programme wie z. B. der Ausweisung von Naturschutzgebieten ... und im Jahr 2000 möglich.

Wie kam es überhaupt zur Wiesenbewässerung? Überbe- völkerung und die kleinteilige Parzellierung der Flächen, ausgelöst durch die Realteilung des Mainzer Erbrechts, Rückenwiesen in der Lichtenau um Stauwehr zur Steuerung des Pegels der Be- führten im 18. und 19. Jahrhundert zu einer starken Ver- 1900 wässerung im Hafenlohrtal armung der Bevölkerung. Die wirtschaftlich sehr schwie- rige Lage kann als Auslöser der Wiesenbewässerung Gedicht von Friedrich Rückert gesehen werden, damit auf diese Weise früher im Jahr und höhere Erträge gewonnen werden konnten. ... Und als ich durch den ging, Dacht ich an alte Zeiten: Da rauschte in dem Busch ein Ding, Die größte Bedeutung kommt den sogenannten Rücken- Ich dachte, was wird’s bedeuten? wiesen zu. Dabei wurden parallel verlaufende Rücken Es wird ein alter Deutscher sein? mit Bewässerungsrinnen auf dem Rückenfirst geschaffen. Da kam heraus ein alt wild Schwein ... Von ihnen rieselte das Wasser in die Entwässerungsgrä- Friedrich Rückert (1788-1866) ben zwischen den Rücken und wurde dem Abflussgraben Friedrich Rückert wurde 1788 in Schweinfurt geboren, er studierte Jura, Philo- sophie und Philologie in Würzburg und Heidelberg, wo er 1811 habilitierte. Er zugeleitet. Der Entwässerungsgraben führte das Wasser lernte mehrere Sprachen, darunter Türkisch, Persisch, Arabisch sowie Sanskrit nach der Überrieselung direkt oder erst nach weiterer und lehrte ab 1826 als Professor der orientalischen Sprachen in Erlangen und Berlin. Sein dichterisches Werk Bewässerung in gleichem Bewässerungskomplex wieder genoss Mitte des 19. Jahrhunderts hohes Ansehen, insbesondere wegen seiner Verskunst und seiner poetischen Kommentare zur Zeitgeschichte. 1848/49, in den Jahren der Deutschen Revolution, hatte Rückert auf die zurück in den Bach. deutsche Einheit gehofft und sich auch poetisch in diese Richtung geäußert. Von der politischen Entwicklung Ausschnitt aus wurde diese Hoffnung so sehr enttäuscht, dass Rückert sich niemals wieder dazu äußern mochte. In seinem dem Urkataster Gedicht „Und als ich durch den Spessart ging ...“ kommentiert er in ironischer Weise das Deutschtum seiner im Bereich des Zeitgenossen, vielleicht auch ein wenig seine eigene frühere Begeisterung. Hafenlohrtals: Die heute noch Supplementary irrigation for increasing the productivity of pastures was kleinteiligen Be- practiced in the Valley from the 19th century to the 1950s. Tra- sitzverhältnisse ces of this type of land use – groups of gently convex strips of pasture with werden deut- a small ditch on top from where the irrigation water trickled to drainage ditches on both lich. sides – are still to be found in places on the valley floor. Friedrich Rückert (1788–1866), famous poet and orientalist at home in the Franconian town of Schweinfurt, in a poem presenting his thoughts during a walk in the Spessart Woods, ironically comments on the glorification of everything German by his compatriots. Eine der wenigen Au 19ième siècle jusqu’à la fin des années 50 du 20ième siècle, il y avait Farbaufnahmen von de l’irrigation des prés dans toute la vallée de la Hafenlohr. Les traces ce funktionierenden Wäs- cette utilisation de paysage sont toujours visibles un peu partout et appa- serwiesen bei Fram- raissent en forme de canaux ou arêtes de prés. Dans son poème »Und als ich durch mersbach im Jahre 1963. den Spessart ging... « (En traversant le Spessart, je ...) Friedrich Rückert commentait la culture allemande de ses contemporains de façon ironique.

Weitere Informationen bei: © Archäologisches Spessart-Projekt e.V. Der Kulturweg im Hafenlohrtal wurde realisiert im Rahmen des Projekts »Pathways to Cultural Archäologisches Landscapes« mit Förderung von: Bund Naturschutz in Bayern e.V. – Kreisgruppe Main-Spessart, Aktionsgemeinschaft Hafenlohrtal, Sparkasse Mainfranken-Würzburg; mit Unterstützung der Ge- Spessart-Projekt e.V. meinden Hafenlohr, Rothenbuch und , Bayerischer Staatsforst, fürstlich löwenstei- Treibgasse 3 nische Forstbetriebe, Sebastian Schönauer, Dr. Hans Schönmann, Peter Pauli, Walter Malkmus, Monika Hahn, Dr. Georg Knetsch, Museen der Stadt , Fa. Müller Feinmechanik 63739 Aschaffenburg Frammersbach. Spessartkarte aus dem Pfinzing-Atlas, Staatsarchiv Nürnberg (Nürnberger Kar- ten und Pläne, Rep. 58, 230); Hafenlohrtalkarte aus dem Staatsarchiv Würzburg (Mainzer Risse www.spessartprojekt.de und Pläne 53). Mit Unterstützung des Bezirks Unterfranken. [email protected]