Journal Der DEFA-Stiftung | 3 2020 N Editorial: Leuchtkraft, Die Dritte!
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Journal der DEFA-Stiftung | 3 2020 n Editorial: Leuchtkraft, die Dritte! Trotz Gegenwart in die Zukunft: Fragen an den neuen Vorstand Stefanie, seit Juli bist Du Vorstand der DEFA-Chefdramaturgen Rudolf Jürschik«. Auch die um- DEFA-Stiftung und an dieser Stelle würde ich fangreiche DVD-Box mit Filmen von Wolfgang Kohlhaase fragen, welche neuen Perspektiven und Schwer- wird pünktlich zu seinem 90. Geburtstag im Vertrieb von punkte Du für die zukünftige Stiftungsarbeit ICESTORM erscheinen. Zahlreiche Filme konnten 2020 setzt. Da wir aber ein Jahr erlebt haben, in dem dank der Unterstützung des Bundesarchivs digitalisiert Hans Müllers DEFA-Klassiker 1-2-3 Corona werden, etwa Spielfilme der Wende-Jugend. Gefreut (1948) unverhoffte Aufmerksamkeit bekam, habe ich mich über die Bearbeitung des Dokumentar- stelle ich die Frage eher als eine nach den filmsGrenzland – eine Reise von Andreas Voigt (1992), besonderen Herausforderungen. und über die Dresdner Trickfilme der 1980er-Jahre, denen 1-2-3 Corona ist kein uninteressanter Film, wenn ich an die Marion Rasche als künstlerische Leiterin des Studios den erste Einstellung und den langsamen Schwenk auf den Zet- Weg bahnte. Ein besonderes Erlebnis war zudem die tel denke, der an eine Mauer gekleistert ist: »Die Schulen Retrospektive zu Filmen von Konrad Wolf in Bologna. bleiben bis auf weiteres geschlossen« – und schon sind wir im Jahr 2020! Ein Jahr, in dem sich die DEFA-Stiftung vielen Auf welche bisher zu wenig beachteten unvorhersehbaren Herausforderungen zu stellen hatte. Vie- Bereiche wird sich Deine Aufmerksamkeit le unserer geplanten Veranstaltungen mussten verschoben in Zukunft richten? und abgesagt werden. Und auch wir leiden unter dem Ein- Ich sehe die DEFA-Stiftung noch stärker als bisher in der nahmeverlust durch die Schließung der Kinos, durch den Rolle der Beraterin und Wegbegleiterin von Projekten Einbruch des DVD- und generell des Finanzmarktes. All das zum ostdeutschen Filmerbe, als Schnittstelle zu allen kam zu den ohnehin nicht einfachen Aufgaben hinzu, das interessierten Institutionen, natürlich zu den Filmschaffen- DEFA-Filmerbe durch Digitalisierung, Dokumentation und den und Veranstaltern. Wir sind dankbar, dass wir uns seit historische Aufarbeitung wachzuhalten. Jahren auf eine Gemeinschaft verlassen können, die mit dem DEFA-Film großgeworden ist, ihn weiterhin sehen Einen zeitweisen Stillstand gab es nicht? und erforschen will, nicht nur aus nostalgischen Gründen, Ganz sicher nicht! Wir arbeiten intensiv an der Publikation sondern aus einem ernsthaften Interesse, sich mit der »Im Maschinenraum der Filmkunst. Erinnerungen des eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Dennoch müssen wir auch neue Zielgruppen auf den DEFA-Film ner und Peter Voigt, deren Filme heute wiederentdeckt aufmerksam machen, damit er fester in der Familie eu- werden müssen, gerade weil sie damals durchaus für viele ropäischer Filmbestände verankert wird. Die inzwischen Diskussionen gesorgt haben. Beim Spielfilm bin ich der etablierte Anbindung des DEFA-Filmverleihs an die Deut- mit Ralf Schenk entwickelten Idee dankbar, gerade jene sche Kinemathek spielt hierbei eine übergeordnete Rolle. Filmschaffenden zu fördern, die in der Veröffentlichungs- Wir werden zusätzlich intensiver an Universitäten heran- politik oft zu wenig beachtet wurden, beispielsweise treten, etwa wenn es darum geht, den DEFA-Film päda- Lothar Warneke und Erwin Stranka. Ich denke außerdem, gogisch einzusetzen. Wir möchten auf der gegenwärti- dass gerade in den kommenden Jahren die Filme aus gen Zusammenarbeit mit Partnern wie Vision Kino und den 1980ern besonders interessiert rezipiert werden, und dem Filmmuseum Potsdam aufbauen, die den Einsatz zwar im gesamtdeutschen Filmerbe. Die Generation, die der Filme bereits in der Schule fördern. Ich denke, man heute um die fünfzig Jahre alt ist, schaut mit einem ganz muss gerade heute, wo die ganze Welt oft nur einen Klick anderen Blick auf ihre Jugendzeit und ihren Alltag zurück. entfernt zu sein scheint, auch beim DEFA-Film darauf- setzen, dass er »niederschwellig« erreichbar ist. Selbst für Gab es für Dich einen ganz besonderen und diejenigen, die nur ein leichtes Interesse daran haben, persönlichen DEFA-Moment in diesem Jahr? einen DEFA-Film zu schauen, muss es auch ein Leichtes Es gibt einen, der mir zeigte, wie man mit DEFA-Filmen sein, diesen zu sehen. Das bedeutet: keine komplizierte jeden berühren kann. Wenn ich zu Hause DEFA-Filme Buchung, keine aufwendige Beschaffung, kurz, die Filme sichte, schaut häufig die ganze Familie mit. Neulich lief müssen in der bestmöglichen Qualität online verfügbar ein Spielfilm mit Christine Schorn, den mein zwölfjähriger sein – parallel zur Tatsache und meiner Empfehlung, dass Sohn unheimlich spannend fand. Neben vielen Fragen sie weiterhin für das Kino gemacht sind und dort nach wie bemerkte er mittendrin: »Mama, die Hauptdarstellerin vor erlebt werden sollen. kann so toll schweigen…«. Wahnsinn, wie er den Film ver- standen hat! – Und apropos »Karin Düwel in Lederjacke« Das klingt nach einem umfangreichen (Titelbild): Als wir unlängst in unserer Hausgemeinschaft Programm, das dem anstehenden Jubiläum Sabine Wulff (Erwin Stranka, 1978) geschaut haben, war gerecht wird: 75 Jahre DEFA. ich fasziniert davon, wie der Film im anschließenden Deshalb wird es, so denn möglich, im kommenden Jahr Gespräch viele Geschichten und Erzählungen auslöste. eine große Tagung in Berlin geben. Wir hoffen, dass wir Das funktioniert mit DEFA-Filmen, sie können jeden im Mai viele Forschende dazu einladen können, sich über bewegen, sei es zum Staunen, Nachdenken oder Mit- das Thema »Genre-Kino der DEFA« auszutauschen und einanderreden. Gerade in letzter Zeit habe ich bemerkt, sich gemeinsam Fragen nach neuen Forschungsideen zu dass der Rückblick auf diese Filme inzwischen ein an- stellen. Wir möchten, dass die Tagung ein Treffpunkt für derer geworden ist. Während in den 1990er-Jahren die eine breitere Vernetzung wird. Ausein andersetzung mit der jüngsten Vergangenheit nicht mit der Beschäftigung mit der eigenen ungewissen Gibt es Deinerseits bereits Ideen, welchen Zukunft mithalten konnte, wird nun häufiger ein wacher, Forschungsthemen mehr Aufmerksamkeit retro spektiver Blick auf die eigene Kultur-, Alltags- und geschenkt werden könnte? Arbeitswelt gerichtet. Das gilt es unbedingt für die Stif- Ja, beispielsweise dem bisher vernachlässigten tungsarbeit zu nutzen. DEFA-Studio für Synchronisation. Die Gründe liegen in den größtenteils verlorengegangenen Unterlagen. Umso Das ist ein schönes Geleitwort für unser Journal, wichtiger ist es, noch verfügbare Zeitzeugen zu befragen: das seine Leserschaft nicht wie üblich auf Welche Prozesse und Arbeitsabläufe gab es im Studio? der jährlichen Preisverleihung, sondern als Welche inhaltlichen Einschränkungen und Entscheidun- Weihnachtsgruß im Briefkasten erreicht. gen bzw. Entscheidungsfreiheiten gab es bei den ver- Was mir ohne dieses jährliche »Familientreffen« fehlt, schiedenen Mitarbeitern? Wie wurden die Filme ausge- ist vor allem die Möglichkeit, allen Mitarbeiterinnen wählt? Gemeinsam mit der Filmeinkaufspolitik und dem und Mitarbeitern sowie Partnerinnen und Partnern der Filmaustausch, also der Arbeit des DEFA-Außenhandels, Stiftung persönlich für ihre unterschiedlichen Beiträge zu gibt es hier ein spannendes Forschungsfeld. danken, mit denen sie den DEFA-Film lebendig halten, besonders in einer so ungewöhnlichen und schwierigen Welche Filmemacherinnen und Filmemacher Zeit. Angesichts dieses Engagements blicke ich durchaus verdienen mehr Beachtung? optimistisch auf das kommende Jahr und wünsche allen Das ist eine schwierige Frage, weil ein genannter Name frohe und gesunde Festtage. oft die ungenannten diskreditiert. Aber für mich wichtig sind im Bereich Dokumentarfilm vor allem Petra Tschört- Stefanie Eckert im Gespräch mit René Pikarski n Inhalt ESSAY Von Aufbauhelden, Provokateuren und Sorgenkindern 5 Die DEFA-Lederjacke im Wandel der Zeiten Ein Essay von Evelyn Hampicke 5 DEFA. ARCHIVE Die DEFA Film Library: Ein Ort internationaler Begegnungen 25 Mariana Ivanova – Die neue akademische Direktorin stellt sich und die zukünftige Arbeit der DEFA Film Library vor 70 Jahre PROGRESS 25 31 Sandra Groß über die neue Online-Plattform progress.film ESSAY »Terra Incognita« 35 35 Thomas Kuschel über die vergessenen Kinderspielfilme aus dem DEFA-Studio für Dokumentarfilme DEFA. AKTUELL 75 Jahre DEFA 51 51 Ein Überblick über geplante Veranstaltungen zum Jubiläum 2021 Ost und/oder West 53 Ein Kommentar von Günter Jordan Ein Gefühl von lebensrettender Kultur 57 Regisseur Herbert Ballmann im Gespräch mit Paul Werner Wagner Metamorphose der Wahrnehmung 53 65 Klaus-Dieter Felsmann zu DEFA-Spielfilmen als Quelle zeitgeschichtlicher Deutung 57 ESSAY Affäre B. – Eine deutsche Geschichte 67 Ein Essay von Günter Jordan DEFA. DIGITAL Auf Augenhöhe 81 81 Notizen zum filmischen Werk Petra Tschörtners Ein Essay von Claus Löser Denken, was eigentlich nicht geht 93 Daniela Dahn über den Film Zeitschleifen nach dreißig Jahren 93 Morgen werdet Ihr Deutschland sein: KLK an PTX – 99 Die Rote Kapelle. Der Film und seine Geschichte Ein Protokoll von Ralf Schenk 99 DEFA. GESCHICHTE 121 Der Regisseur Slatan Dudow 121 Erinnerung an Slatan Dudow Christa Müller über ihre Begegnung mit dem Regisseur von Christine Zum 50. Jahrestag der Uraufführung von Kuhle Wampe Günter Agde erinnert an ein Filmprogramm 131 in der Akademie der Künste 1982 Vorwiegend aus politischen Gründen: Die DEFA-Zeitkinos 131 in Berlin und Leipzig in den 1950er-Jahren Ein Kommentar