Dorfentwicklung G e m e i n d e D i e m e l s e e Städtebaulicher Fachbeitrag

Entwurf: Stand 20.11.2015 Planungsbüro BIOline 2

Dorfentwicklung Gemeinde Städtebaulicher Fachbeitrag für die Gemeinde Diemelsee mit den Ortsteilen Adorf, Benkhausen, Deis- feld, Flechtdorf, Giebringhausen, , Ottlar, Rhenegge, Schweinsbühl, Stormbruch, Su- deck, Vasbeck und Wirmighausen

Inhalt 1. Einführung ...... 5 1.1 Zielsetzung und Aufgabenstellung 5 1.2 Das Verfahren 5 2. Allgemeine Grundlagen ...... 6 2.1 Grundgegebenheiten 6 2.1.1 Die naturräumliche Einbindung 7 2.1.2 Territorial- und Kirchengeschichte 8 2.1.3 Verkehrsgeschichtliche Entwicklung 10 3. Siedlungsentwicklung der einzelnen Ortsteile ...... 10 3.1 Ortsteil Adorf 12 3.2 Ortsteil Benkhausen 17 3.3 Ortsteil Deisfeld 18 3.4 Ortsteil Flechtdorf 19 3.5 Ortsteil Giebringhausen 22 3.6 Ortsteil Heringhausen 23 3.7 Ortsteil Ottlar 25 3.8 Ortsteil Rhenegge 27 3.9 Ortsteil Schweinsbühl 29 3.10 Ortsteil Stormbruch 30 3.11 Ortsteil Sudeck 32 3.12 Ortsteil Vasbeck 33 3.13 Ortsteil Wirmighausen 36 3.14 Siedlungsentwicklung im Außenbereich 39 4. Kriterien für eine ortstypische Bauweise ...... 40 4.1 Art der Bauweise (Fachwerkbau, Mauerwerksbau, Putzbau) 40 4.2 Gebäudeproportion (Geschosse, Grundriss) 42 4.3 Dächer (Form, Neigung, Eindeckung, Überstand, Aufbauten etc.) 43 4.3.1 Dachform und Dachneigung 43 4.3.2 Dacheindeckung, Dachfenster und Kaminköpfe 44 4.3.3 Dachüberstand 45 4.3.4 Gauben, Dachaufbauten und Belichtung 46

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4.3.5 Dachausbauten 47 4.3.6 Dachneubauten, -umbauten und anbauten 48 4.4 Fassaden (Gliederung, Putz, Farbe, Verkleidung) 49 4.5 Fenster (Format, Material, Farbe) 50 4.6 Sockel (Material, Farbe) 53 4.7 Hauseingänge (Türen, Vorbauten, Überdachungen) 53 4.8 Treppen und Geländer 55 4.9 Tore (Keller, Garten, Nebengebäude) 56 4.10 Anbauten (Balkon, Freisitz, Terrasse etc.) 56 4.11 Umfriedungen und Einfahrten (Mauern, Zäune, Hecken, Pflaster) 57 4.12 Hofflächen/Freiflächen (Gehwege, Zufahrten und Parkplätze) 58 4.13 Regionaltypische Baumaterialien (Holz, Lehm, Naturstein, Ton, Schiefer etc.) 59 4.14 Historische Bergwerks-, Gewerbe- und Mühlenanlagen, Forsthäuser 60 4.15 Siedlungsanlagen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts 60 4.16 Lokale Besonderheiten und Denkmalwerte 61 4.17 Gestaltungsmöglichkeiten im Gebäudebestand 63 4.18 Neu- und Ersatzbauten und bauliche Erweiterungen 64 5. Abgrenzung der Fördergebiete ...... 66 5.1 Fördergebiet Ortsteil Adorf 68 5.2 Fördergebiet Ortsteil Adorf - Außenbereich 69 5.3 Fördergebiet Ortsteil Benkhausen 70 5.4 Fördergebiet Ortsteil Deisfeld 71 5.5 Fördergebiet Ortsteil Flechtdorf 72 5.6 Fördergebiet Ortsteil Flechtdorf - Außenbereich 73 5.7 Fördergebiet Ortsteil Giebringhausen 74 5.8 Fördergebiet Ortsteil Heringhausen 75 5.9 Fördergebiet Ortsteil Ottlar 76 5.10 Fördergebiet Ortsteil Ottlar- Außenbereich 77 5.11 Fördergebiet Ortsteil Rhenegge 78 5.12 Fördergebiet Ortsteil Rhenegge - Außenbereich 79 5.13 Fördergebiet Ortsteil Stormbruch 80 5.14 Fördergebiet Ortsteil Stormbruch - Außenbereich 81 5.15 Fördergebiet Ortsteil Sudeck 82 5.16 Fördergebiet Ortsteil Vasbeck 83 5.17 Fördergebiet Ortsteil Wirmighausen 84 5.18 Fördergebiet Ortsteil Wirmighausen – Außenbereich 85 6. Literatur- und Quellenverzeichnis ...... 86

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Tel.: 06454 911 979 Fax: 06454 911 980

Lichtenfels, den 20.11.2015

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

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1. Einführung

Der städtebauliche Fachbeitrag

Der vorliegende städtebauliche Fachbeitrag betrachtet und untersucht die 13 ländlich geprägten Orts- teile der Gemeinde Diemelsee im Landkreis Waldeck-Frankenberg, die als Dorfentwicklungsschwer- punkt anerkannt sind.

1.1 Zielsetzung und Aufgabenstellung

Die Aufgabe des städtebaulichen Fachbeitrages liegt neben der Abgrenzung der örtlichen Förderge- biete auch in der Formulierung von Kriterien für eine ortstypische Bauweise, auf deren Grundlage die Förderung von privaten Investitionen im Rahmen der Dorfentwicklung vorgenommen werden kann. Hintergrund für diese Zielsetzungen ist das erweiterte Förderspektrum der hessischen Dorfentwick- lung, das auch Abriss und Ersatzbauten unter bestimmten Förderbedingungen als förderfähig erklärt. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der regionalen ländlichen Baukultur und Hauslandschaften in Hessen und der Erweiterung der Fördertatbestände, benötigen die Bewilligungsstellen eindeutige qualitative Entscheidungskriterien und Gebietsabgrenzungsvorgaben, die mit den baukulturellen Werten und den Förderkriterien korrespondieren. Den lokalen Gegebenheiten soll dabei besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden. Förderfähig sind grundsätzlich Investitionen in den Ortskernen mit dem Ziel der nachhal- tigen Innenentwicklung.

Ziel der Förderung von Privatmaßnahmen an Gebäuden ist, die Wohn- und Lebensqualität in den Ortskernen nachhaltig zu verbessern. Darüber hinaus soll eine Anpassung an aktuelle energetische Standards und Vorgaben ermöglicht werden. Die Beachtung von Regeln für die Struktur und Gestalt- ung von Gebäuden soll dazu beitragen, den eigenen Charakter in den Ortsteilen zu erhalten und wie- der zu entdecken um die regionale Identität zu stärken.

Hauseigentümer erhalten die Gelegenheit, die bestehende Bausubstanz zu sanieren und/ oder zu modernisieren. Darüber hinaus kann der Neubau von Gebäuden und Gebäudeteilen zur Optimierung der Funktions- und Nutzungsqualität realisiert werden, wobei die im Rahmen des städtebaulichen Fachbeitrages definierten und formulierten Kriterien und Gestaltungsrichtlinien als wichtige Argumen- tationshilfe eine Grundlage darstellen, ortsbildprägende Bausubstanz zu erkennen, um diese durch eine zielgerichtete Förderung erhalten und zeitgemäß weiter entwickeln zu können.

1.2 Das Verfahren

Der Entwurf zum städtebaulichen Fachbeitrag wurde parallel zum „Integrierten Kommunalen Entwick- lungskonzept“ (IKEK) für die Gemeinde Diemelsee in der Zeit von April bis September 2015 erstellt. Grundlagen für die Erstellung des städtebaulichen Fachbeitrags waren folgende Materialien:

• die Denkmaltopographie des Hessischen Landesamts für Denkmalpflege • die von der Gemeinde Diemelsee überlassenen Gebietsübersichten zu den rechtsgültigen Bebauungsplänen • die qualitativen Aussagen zu Städtebau und Ortsbild und die Fördergebietsabgrenzungen in den Dorfentwicklungsplänen Flechtdorf und Deisfeld

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In einer öffentlichen Bürgerinformationsveranstaltung sowie durch Pressebericht-Erstattungen wurde die Bevölkerung in der Gemeinde Diemelsee über die Arbeiten zum Fachbeitrag informiert.

Mehrfache Ortsbegehungen dienten dazu, die örtlichen Verhältnisse in Augenschein zu nehmen und fotografisch festzuhalten sowie dazu, die Vorschläge zur Gebietsabgrenzung und die Aussagen zu den Kriterien der ortstypischen Bauweise zu verdichten und qualitativ abzusichern.

Ein erster Entwurf wurde der Gemeinde Diemelsee, sachkundigen Bürgern in den Ortsteilen und den behördlichen Vertretern der Kreisverwaltung im Juli 2015 vorgelegt; die offenen Fragen wurden erör- tert.

2. Allgemeine Grundlagen

2.1 Grundgegebenheiten

Die Gemeinde Diemelsee besteht aus 13 Ortsteilen, sie liegt im Nordwesten des Landkreises Waldeck-Frankenberg in Nordhessen und grenzt unmittelbar an das Land Nordrhein-Westfalen. Ein gro- ßer Teil des Gemeindegebietes gehört zum „Waldecker “. 12 Ortsteile der Gemeinde liegen im „Naturpark Diemelsee“, wel- cher Teile der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen umfasst.

Im Zuge der kommunalen Neugliederung und/ bzw. der Verwal- tungsreform haben sich 13 selbstständige Gemeinden zum 31.12.1971 freiwillig zur Gemeinde Diemelsee zusammenge- schlossen. Es handelte sich um die Gemeinden Adorf, Benkhau- sen, Deisfeld, Flechtdorf, Giebringhausen, Heringhausen, Ottlar, Rhenegge, Schweinsbühl, Stormbruch, Sudeck, Vasbeck und Wirmighausen.

Adorf ist der größte Ortsteil der Gemeinde und Verwaltungssitz. Lage der Gemeinde Diemelsee in Hessen Alle Ortsteile der Gemeinde haben gemeinsam: die ruhige Lage, ein mildes Reizklima und den ländlichen Charakter. Der Reiz der Landschaft wird bestimmt vom Wechsel zwischen Wald und Feld, Bergen und tief eingeschnittenen Tälern. Mittelpunkt der Erho- lungslandschaft ist der Diemelsee mit seiner Sperrmauer, welche sich auf der Nordrhein- Westfälischen Seite im Ort Helmighausen befindet. Die Diemeltalsperre wurde von 1912 bis 1914 und 1919 bis 1923 errichtet und zählt mit einer Wasseroberfläche von 1,65 km² und ca. 19,9 Mio. m³ Spei- cherraum zum größten Bauwerk der Neuzeit in Diemelsee.

Hauptziel der Diemeltalsperre war es zunächst den Mittellandkanal im 250 km entfernten Minden schiffbar zu halten, dies ist durch den Mittelweser-Ausbau in den 1960er Jahren inzwischen nicht mehr notwendig. Die Wasserabgabe richtet sich aktuell nach den Bedürfnissen der Oberweser- Schifffahrt. Des Weiteren dient die Diemeltalsperre der Energieerzeugung, dem Hochwasserschutz

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und dem Fremdenverkehrswesen in den umliegenden Orten. Der See wird gespeist von Bächen und Flüssen, die ihren Ursprung im haben, als Hauptzuflüsse gelten die und die Itter.

Von der bewegten Geschichte der einzelnen Ortsteile zeugen großartige Baudenkmäler, z. B. die zweitürmige romanische Kirche in Flechtdorf. Kirchen mit sakralen Kunstwerken stehen in Adorf, He- ringhausen und Schweinsbühl. Die „Klippe“, die sich in einem ehemaligen Eisenerz-Tagebau auf dem Martenberg in Adorf befindet, gilt als eine geologische Besonderheit.

Die Einwohner in der Gemeinde arbeiten hauptsächlich in den Mittelzentren , und bei größeren Industriebetrieben. In den Orten selbst sind oft kleine Handwerks- und Dienstleis- tungsbetriebe angesiedelt. Des Weiteren gibt es zahlreiche landwirtschaftliche Haupt- und Nebener- werbsbetriebe.

Eine weitere Einnahmequelle ist das Tourismusgewerbe. Heringhausen ist Fremdenverkehrsschwer- punkt und anerkannter Luftkurort, ausgezeichnet mit dem Prädikat „besonders familienfreundlich“.

2.1.1 Die naturräumliche Einbindung

Die Gemeinde Diemelsee liegt im hessischen Teil des östlichen Sauerlandes, der hier Upland genannt wird. Großteile des Gemeindegebiets gehören zum Naturpark Diemelsee. Adorf als größter Ortsteil liegt etwa 11 km nordwestlich von Korbach und etwa 41 km (jeweils Luftlinie) südlich von .

Regionale Einbindung und Lage der Ortsteile von Diemelsee

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Die westliche Grenze verläuft entlang der Itter, einem Zufluss des Diemelsees, in nordöstlicher Rich- tung. Beidseitig des Flusses erheben sich die nordöstlichen Ausläufer des Rothaargebirges. Hier be- finden sich mit Dommel (738 m) und Koppen (715,1 m) die höchsten Erhebungen im Gemeindegebiet. Von Usseln her, aus Südwesten kommend betritt die Diemel bei Deisfeld das Gemeindegebiet, wen- det hier ihren Lauf nach Norden und erreicht etwa 1,5 km südlich von Heringhausen den Diemelsee. Dieser ist das größte stehende Gewässer der Gemeinde, die Staumauer liegt im Stadtgebiet von Marsberg in Nordrhein-Westfalen.

Als weiteres zentrales Gewässer ist die im südlichen Gemeindegebiet bei Schweinsbühl entspringen- de Rhene zu nennen. Diese fließt vorrangig in nördlicher Richtung durch die Gemeinde. Nach dem Passieren von Adorf verlässt sie einige Kilometer nördlich das Gemeindegebiet und mündet wenig später in die Diemel. Mit 313,4 m Höhe liegt im unteren Tal der Rhene, an der Grenze zu Nordrhein- Westfalen, der am tiefsten gelegene Punkt der Gemeinde.

Richtung Korbach geht das Gemeindegebiet in die Waldecker Tafel über und im Nordosten gehört es zum südlichen Teil des Roten Landes.

2.1.2 Territorial- und Kirchengeschichte

Aus der Ortsgeschichte

Die Gemeinde Diemelsee entstand, wie oben bereits erwähnt, im Zuge der hessischen Gebietsreform im Jahre 1971 durch den freiwilligen Zusammenschluss bis dahin selbstständiger Orte.

Adorf wurde im Jahre 1120 als „Adorp“ erstmals erwähnt, als Erpo von Padberg seinen dortigen Besitz dem Erzbischof Friedrich von Köln zu Lehen auftrug. Im Jahre 1228 wird mit Bruno von Athorpe ein örtliches Adels- oder Ministerialengeschlecht genannt, dessen Angehörige Burgmannen auf der Burg Waldeck waren. Im Mittelalter war Adorf ein befestigter Marktort, mit einer 1335 erbauten Burg, von der heute nur noch wenige Reste erhalten sind.

Die Pfarrei in Adorf gehört zu den ältesten im nördlichen Waldeck. Bis zum Jahr 1215 war hier der Sitz eines Archidiakonats, zu dessen Amtsbereich neben Adorf die Pfarreien in Heringhausen, Flechtdorf, Schweinsbühl, Eimelrod und Usseln (beide Gemeinde ) gehörten, bevor die Pfarrei dem Ar- chidiakonat Horhusen (heute Niedermarsberg) eingegliedert wurde.

In Diemelsee gibt es derzeit 13 evangelische Kirchen, 4 evangelische Pfarrämter, welche sich aktuell im Zusammenschluss befinden, eine freie evangelische Gemeinde und eine katholische Kirche, wel- che zur St. Marien Gemeinde in Korbach zählt. Im Folgenden ist die Geschichte dreier herausragen- der Kirchenbaudenkmäler detaillierter beschrieben. Die Kirchengeschichte der einzelnen Ortsteile wird in der jeweiligen Vorstellung der Ortsteile aufgegriffen.

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Evangelische Kirche Adorf

Die Adorfer Kirche ist eine romanische Basilika und trägt den Namen St. Johannis, sie wurde Johan- nes dem Täufer gewidmet. Sie war früher eine Wehrkirche, selbst der Kirchhof war durch eine hohe Bruchsteinmauer geschützt. Die Gründung ist wahrscheinlich auf das Kloster Corvey zurückzuführen. Die Angaben zur Erbauungszeit sind widersprüchlich, es kann von einer Erbauung zwischen 1180 und 1190 ausgegangen werden. Das Kirchengebäude selbst ist eine querschifflose Gewölbebasilika.

Katholische Kirche Adorf

Der Bau der katholischen Kirche St. Marienkirche in Adorf wurde im Jahr 1950 begonnen. Im darauf- folgenden Jahr wurde sie der Schmerzensreichen Gottesmutter geweiht. Seit 1984 ist sie eine Filial- kirche der Korbacher Kirchengemeinde St. Marien.

Adorf war eher evangelisch geprägt, bis in die Mitte der 1940er Jahre gab es nur wenige Katholiken. Die Vertriebenen und Flüchtlinge des Zweiten Weltkriegs fanden ab dem Jahr 1946 eine neue Heimat in Adorf und den umliegenden Gemeinden. Zusätzlich wuchs die Gemeinde nach der Wiedervereini- gung 1989/ 1990 durch den Zuzug von Migranten aus Osteuropa.

Kloster Flechtdorf

Im Jahre 1102 verlegt der Graf Erpo von Padberg, wegen Streitigkeiten mit seinen Schwägern, sein bisheriges Benediktinerkloster von Boke nach Flechtdorf. Nach und nach kamen die ersten Mönche und Äbte aus Abdinghof/ Paderborn und die Gebeine des heiligen Landolin wurden von Boke nach Flechtdorf übertragen. Es begannen Bauarbeiten an der Kirche und den Konventsgebäuden. Graf Erpo verstarb im Jahr 1113, daher wurde das Kloster an die Erzbischöfe von Köln verkauft, die geist- liche Aufsicht trug der Bischof von Paderborn.

In den darauffolgenden Jahren wurde die Klosterkirche errichtet und die Konventsgebäude vollendet. Bis 1190 entstanden die Türme und der Westteil der Kirche in Form einer Basilika. Anfang des 13. Jahrhunderts wurde die gotische Hallenkirche vollendet und das südliche Seitenschiff in gotischem Stil umgebaut.

Bis zum Jahre 1500 wechselten sich Reformbestrebungen einiger Äbte mit wirtschaftlichem Nieder- gang und Zerfall des geistlichen Lebens ab.

Erst unter Abt Jost Fiebeling gelangte das Kloster wieder zu einer wirtschaftlichen und geistlichen Blütezeit.

Nach Anschließen an die lutherische Reformation, begann in den folgenden Jahren aus verschiede- nen Gründen der Zerfall des Klosterlebens und endete letztendlich im Jahre 1598. Ab dem Zeitpunkt begann die Umwandlung des Klosters zu einem Ort für Pflege und Betreuung.

Nach einem Brand und dem Wiederaufbau, bei dem das Langhaus einen barocken Abschluss bekam, der Chor jedoch nicht neu errichtet wurde, wurde ein Landhospital errichtet. Später kam die Einrich- tung für arme Wöchnerinnen und geistig behinderte Menschen im „Herrenhaus“ dazu.

Im Jahre 1890/ 1891 wurde ein neues Gebäude eingeweiht.

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Der Landkreis Waldeck pachtete das Hospital (Altenheim) im Jahr 1968. Das Kloster kam 1969 in den Besitz der „Waldeckischen Landesstiftung“ und wurde für Gottesdienste genutzt.

2006 wurde der Förderverein „Kloster Flechtdorf e.V.“ gegründet, der 2007 das Kloster mit allen Ge- bäuden und Grundstücken ersteigerte. Der Förderverein machte es sich zur Aufgabe das Kloster zu restaurieren. Heute wird es als kulturelle Stätte genutzt, wo z. B. Führungen, Lesungen, Musikauftritte, Kinoabende, Familienfeiern, Trauungen und weitere Veranstaltungen stattfinden.

Kennzeichnend für die ehemalige Benediktinerabtei Flechtdorf sind die wuchtigen Doppeltürme der Klosterkirche, es ist übrigens die einzige zweitürmige Kirchenanlage im Waldecker Land.

Der Westflügel des Benediktiner-Klosters in Flechtdorf ist das älteste bis in unsere Zeit erhaltene ehemalige Wohngebäude Waldeck-Frankenbergs. Vor etwa 850 Jahren wurde dieses ehrwürdige Bauwerk aus Kalk- und Schiefersteinen errichtet.

2.1.3 Verkehrsgeschichtliche Entwicklung

Adorf, der größte Ortsteil der Gemeinde, liegt im Naturpark Diemelsee an der Rhene und ist über ver- schiedene Landesstraßen aus Richtung Korbach (13,8 km), Marsberg-Bredelar (8,3 km) und (16 km) erreichbar. Im Ort treffen die Landesstraßen 3076, 3078 und 3082 aufeinander.

Die Ausfahrt der Bundesautobahn 44 ist 20 km und die Ausfahrt Zierenberg der A 44 ist 41 km entfernt. Der öffentliche Personennahverkehr innerhalb der Gemeinde wird durch die Anbin- dung an das überörtliche Busnetz und vor allem durch Anrufsammeltaxis (AST) gewährleistet. Einen eigenen Bahnhof hat die Gemeinde nicht. Die nächstliegenden Bahnhöfe befinden sich in Usseln, Korbach, Bad Arolsen und Marsberg-Bredelar.

Die Rhene-Diemeltal-Eisenbahn wurde von 1873 bis 1875 als erste Eisenbahnlinie im Fürstentum Waldeck gebaut, um die Eisengruben bei Adorf zu erschließen. Sie führte vom Martenberg bei Adorf nach Bredelar an die Obere Ruhrtalbahn.

An die Bahnstrecke waren die Gruben Martenberg, Eckefeld und Christiane im Rhenetal sowie Rein- hard im Diemeltal angeschlossen, bevor die Bahn im Jahre 1923 stillgelegt wurde. Ab 1937 wurde auf der alten Trasse eine Grubenbahn der Mannesmann AG angelegt, die bis 1963 in Betrieb war.

3. Siedlungsentwicklung der einzelnen Ortsteile

Die Siedlungsentwicklung lässt sich in allen dörflichen Ortsteilen in vier wesentlichen Abschnitten be- schreiben. Diese sind, bedingt durch die Größe der einzelnen Orte, in ihrem Erscheinungsbild zum Teil sehr unterschiedlich ausgeprägt.

. Historische Siedlungsbereiche in den Ortskernen . Gebäude bzw. zusammenhängende Siedlungsbereiche, die bis ca. Mitte der 1960er Jahre entstanden sind . Neubauten bzw. Neubaugebiete, die nach 1970 bebaut wurden

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. Neubaugebiete der heutigen Zeit

In allen Ortsteilen ist ein historischer Kernbereich sichtbar, der sich in einigen Ortsteilen an einer Viel- zahl von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden bzw. Gesamtanlagen und an den alten Hofreiten ablesen lässt. In anderen Ortsteilen erkennt man den alten Kern in erster Linie nur noch an den be- stehenden Hofstrukturen.

An den alten Gebäuden lässt sich die ortstypische Bauweise sehr gut ablesen. Diese Bauweise ist in allen Ortsteilen und im gesamten Upland einheitlich geprägt.

Bedingt durch eine Vielzahl von Umbauten, Anbauten oder auch Ersatzbauten, überwiegend im Be- reich der Wohnhäuser, ist das Alter der Gebäude auch im eigentlichen Bereich der historischen Sied- lungsentwicklung sehr gemischt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden erstmals einzelne Wohngebäude ohne Nebengebäude. In den größeren Ortschaften wie Adorf, Flechtdorf, Heringhausen, Vasbeck und Wirmighausen entstan- den somit vollkommen neu strukturierte Siedlungen. Fachwerkbauten wurden seit dieser Zeit nicht mehr errichtet. Die in den 1930er Jahren erbauten Einfamilienhäuser, vom Typ der Siedlungshäuser, entstanden zumeist als Einzelgebäude, aber auch in größerer Anzahl entlang neuer Straßen, am Rand der historischen Ortskerne. Dabei wurde teilweise auf die ortstypischen traditionellen Baumate- rialien zurückgegriffen. Die Neubauten waren Folge einer wachsenden Bevölkerung, insbesondere Arbeiter und Angestellte benötigten Wohnraum.

Diesen Wohngebäuden folgten mit dem Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen des Zweiten Welt- krieges großflächigere Siedlungshaus-Gebiete der 1940er und 1950er Jahre. Solche Siedlungshaus Gebiete, deren Bezug zur Innenentwicklung der jeweiligen Orte (bzw. den alten Ortskernen) beson- ders ausgeprägt und zudem in geringem Maße architektonisch überprägt sind, wurden aufgrund ihrer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der Dörfer in die Fördergebietskulisse eingeschlossen. Die- se Gebiete sind in den folgenden Ortsteilbeschreibungen separat erwähnt, ihre Bedeutung wird kurz erläutert. Mit Hilfe von Buchstaben-Zahlen Kürzeln (z.B. „ST1“ für Siedlungshaus-Gebiet Nr. 1 in Stormbruch), die sich in Text und Karte wiederfinden, ist eine leichte Auffindbarkeit und Zuordnung in den jeweiligen Fördergebietskarten gewährleistet.

Siedlungshausgebiete, die zwar den oben beschriebenen architektonischen Charakter aufweisen, jedoch eher als eigenständige „Splittersiedlungen“ mit einem geringeren Bezug bzw. Beitrag (Infra- strukturen, Gewerbe, etc.) zur Innenentwicklung einzustufen sind, werden ebenfalls in den Karten als Bestandteil der Siedlungsgenese dargestellt aber nicht in die Fördergebietskulisse aufgenommen.

Die kleineren Ortsteile haben ihren dörflichen Charakter in großen Teilen behalten, die (ehemals) landwirtschaftliche Nutzung ist noch in großen Teilen ablesbar. Gleichzeitig befindet sich ein nicht geringer Teil einzelner Gebäude oder Gebäudekomplexe (oft landwirtschaftliche Betriebe) unter- schiedlichen Alters im dörflichen Außenbereich. Hierbei handelt es sich zum einen Teil um ver- gleichsweise alte Siedlungsbereiche, welche Ausdruck des Übergangs zur westfälisch- niederdeutschen Siedlungsentwicklung sind, die sich traditionell durch einen hohen Anteil an Einzel- siedlungen (landwirtschaftlicher Betriebe) im Außenbereich auszeichnet. Die jüngeren außenliegen-

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den Gebäude stammen meist aus den 1960er und 1970er Jahren, als die „Aussiedlungen“ landwirt- schaftlicher Betriebe aus den Ortskernen durch staatliche Förderprogramme unterstützt wurden.

Einzelgebäude bzw. Kleinsiedlungen im Außenbereich, deren Bezug bzw. Beitrag zur Innenentwick- lung des Ortes besonders ausgeprägt ist (z.B. Gewerbe, Tourismus, kulturhistorische Besonderheiten in Verbindung mit einem hohen Identifikationswert für die Bewohner der jeweiligen Kernorte, etc.) wurden analog der Vorgehensweise bei den Siedlungshausgebieten (s.o.) in die Fördergebietskulisse aufgenommen. Diese Siedlungen bzw. Gebäude sind ebenfalls mit entsprechenden Kürzeln versehen. Zur besseren Auffindbarkeit sind sie auf den Ortsteilkarten in einem Luftbild in der Übersicht darge- stellt, zudem liegt in diesen Fällen ein separates Luftbild größeren Maßstabs mit Einzeichnung der Abgrenzung bei.

3.1 Ortsteil Adorf

Adorf zählt 1619 Einwohner (1573 Haupt- und 46 Ne- benwohnungen) und ist somit wie oben bereits erwähnt der größte Ortsteil der Gemeinde Diemelsee und in Bereichen der Nahversorgung und Infrastruktur sehr wichtig für die anderen Ortsteile. U. a. befinden sich eine Mittelpunktschule, ein Kindergarten und Ärzte. Auch der Sitz der Gemeindeverwaltung befindet sich in Adorf.

Eine Besonderheit Adorfs war die Wasserburg. Der Ort war im Mittelalter ein Marktort, in dessen Mitte sich die kleine Burg Adorf befand. Evangelische Kirche

Eine Kemenate (mit Wassergräben gesichertes Steinhaus) wurde von den Herren von Athorpe ver- mutlich um 1335 errichtet. Der Wirmebach versorgte die Gräben mit Wasser. 1368 besaßen die von Dalwigk das Burggut, 1463 war Johann von Huck im Besitz der Burg, er verkaufte sie 1468 an die Waldecker Grafen. Das Herrenhaus entstand Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Befestigungen und das Burghaus abgebrochen wurden. Nach 1860 war dieses im Besitz der Freiherren von Elverfeldt, die ihren Sitz auf Schloss Canstein hatten. Von der Burg in der Ortsmitte sind nur noch wenige Reste der Ringmauer vorhanden.

Ein weiteres Merkmal Adorfs ist der Bergbau. Die ältes- te Erwähnung in Form einer Urkunde über den Eisen- erzabbau in Adorf ist auf den 5. Januar 1273 datiert. Die Gruben Webbel, Christiane, Eckefeld, Hubertus und Reinhard am Martenberg wurden immer wieder zu Streitobjekten zwischen dem Kloster Bredelar und örtlichen Adelsgeschlechtern. Bereits 1495 und 1613 ließen sich die Waldecker Grafen mit dem Bergregal (Nutzung der Bodenschätze) belehnen. Grube Christiane

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Das Ende des Bergbaus ist nach über 800-jähriger Tradition auf den 16. April 1963 datiert, als die letzte Förderschicht im Revier Martenberg gefahren wurde. In der Zeit von 1938 bis 1963 wurden al- lein in der Grube Christiane 1.720.996 t Erz gefördert. Seit 1986, gibt es in der ehemaligen Grube Christiane ein Besucherbergwerk, das von dem Knappen- verein Adorf betrieben wird. 1989 wurde das Bergbaumuseum eröffnet, welches 2015 mit einem neu- en Museumsanbau, dem GeoFoyer in Adorf, erweitert wurde.

Vom 19. Jahrhundert bis zur Zeit des Nationalsozialismus, bestand eine jüdische Gemeinde in Adorf. Eine Synagoge wurde 1855 in einem Register als der „Juden-Tempel“ erwähnt. Als weitere Einrich- tungen sind verzeichnet: eine Mikwe (Bad zur Reinigung ritueller Unreinheit) sowie eine Religions- schule.

Der jüdische Friedhof befindet sich in der Nähe der Dansenberghalle. Er wurde Anfang des 19. Jahr- hunderts angelegt, hier wurde von 1809 bis 1936 bestattet.

Die historische Bebauung von Adorf entstand weitgehend entlang der parallel zur Rhene verlaufenden Bredelarer Straße sowie der abzweigenden Hauptstraße, Arolser Straße und dem Kattwinkel. Der Kreuzungsbereich dieser Straßen stellt mit den Gebäuden und der Kirche einen ortsbildprägenden Blickpunkt und Mittelpunkt dar und gilt von seiner Gesamtanlage her als Kulturdenkmal.

Die 1180 erbaute Kirche steht etwas erhöht und zurückgesetzt an der Hauptstraße. In diesem Kernbe- reich des Ortes ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäu- sern und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden nicht mehr vollständig erhalten, da größere Hofanlagen für Parkplätze und neue Geschäfte entfernt wurden.

Besonderheiten der Siedlungsentwicklung:

Siedlungsgebiet AD1:

In der Nachkriegszeit fanden erste Siedlungserweiterungen in Richtung Westen (Sudetenstraße, Mannesmannstraße) statt, hier zeigt die Gebäudestruktur eine teilweise ortstypische Bebauung ohne architektonische Überprägung auf. Das Siedlungsgebiet AD1 entwickelte in den letzten fünf Jahrzehn- ten einen eigenen Siedlungskern mit katholischer Kirche, Siedlungs- und Kulturscheune und einigen Gewerbetreibenden. Diese Einrichtungen werden von vielen Einwohnern des gesamten Ortes genutzt und geschätzt. Sie tragen somit auch zur Innenentwicklung von Adorf bei. Die Siedlungserweiterung in Richtung Rhenegge wurde in folgenden Jahren fortgesetzt, hier wurde in 1963 der erste Bebauungs- plan aufgestellt.

Siedlungsgebiet AD2:

Innerhalb des vor 1950 bestehenden Ortskerns (Dansenberg) entwickelte sich eine weitere Siedlung mit teilweise ortstypischer Bebauung ohne eine architektonische Überprägung (vermutlich durch Ab- riss und anschließendem Neubau oder aufgrund der ungünstigen Hanglage für landwirtschaftliche Gebäude). Die Siedlung AD2 befindet sich in der Nähe der Dansenberghalle und der Grund- und Mit- telpunktschule Adorf. Der Bezug zum Ortskern erklärt sich durch die räumliche Nähe zur beschriebe- nen Infrastruktur und der zentralen Lage des Siedlungsgebietes AD2 im Ortskern. Die beschriebenen Faktoren tragen maßgeblich zur Innenentwicklung von Adorf bei.

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Am Ortsrand von Adorf fanden weitere über Bebauungspläne geregelte Siedlungserweiterungen nach den 1950er Jahren statt, welche in der Karte entsprechend dargestellt sind.

Besonderheiten der Siedlungsentwicklung im Außenbereich

Im Außenbereich Richtung Benkhausen, Bredelar, Wirmighausen und Vasbeck befinden sich diverse Einzelhofanlagen und historische Mühlen, welche entlang der Rhene verlaufen.

Außenbereichsgebiet AD3:

Im Außenbereich in Richtung Benkhausen befindet sich die Kappensteiner Mühle, welche 1685 durch einen Giebringhäuser Müller beantragt und 1748 erbaut wurde. Die Kappensteiner Mühle liegt direkt an der Aar und war zunächst durch einen Mühlenbann an die Gemeinde Sudeck gebunden. Nach der Auflösung des Mühlenbanns änderten sich die Besitzverhältnisse zunächst häufiger, vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute blieben die Besitzverhältnisse gleich. Die Kappensteiner Mühle wurde zwischen 1920er und 1930er Jahren komplett abgerissen und modernisiert. In diesem Rahmen muss- te das alte Mühlenrad einer Turbine weichen, die Mühle ist heute noch in Betrieb.

Außenbereichsgebiet AD4:

Am Ortsausgang in Richtung Bredelar befindet sich die Kleine Mühle, diese wurde 1618 auf Antrag der Dorfschaft Adorf durch das Ritterguth zu Adorf errichtet. Die Kleine Mühle wurde als sogenannte Notmalmühle geplant, welche zum Einsatz kommen sollte, falls die Adorfer Mühle (nicht mehr vorhan- den) den Bedarf nicht decken konnte oder die Rhene zu wenig Wasser führte. Das Rad der Kleinen Mühle ist bis dato erhalten und in Adorf zu besichtigen.

Außenbereichsgebiet AD5:

Gegenüber von der Grube Christiane befindet sich die Rhenegger Mühle, die Rhenegger Mühle war wie der Name bereits suggeriert für die Einwohner der Gemeinde Rhenegge erbaut worden. Die Ein- wohner des Ortes mussten bis zum Beginn des 30-jährigen Krieges den etwas beschwerlicheren Weg bis zur Mühle nach Heringhausen gehen. Der Bau der Mühle wird auf das Ende des 17. Jahrhunderts datiert. Die Rhenegger Mühle erzeugt bis dato Strom durch Wasserkraft.

Entlang der Bredelarer Straße befinden sich weitere Einzelgehöfte die jedoch nicht Bestandteil der Fördergebietskulisse sind, u.a. das alte Jagdhaus. Weitere teilweise historische Außenbereichshöfe befinden sich Auf dem Martenberg, Im Meer und an der Landesgrenze zum naheliegenden Nord- rhein-Westfalen, hierbei handelt es sich um die Außenbereichshöfe Auf dem Weppel 1 und 2, diese wurden 1938 durch die Firma Mannesmann AG als Förderanlage im Bergbau errichtet und später als Wohnhaus bzw. Ausflugsgaststätte umgebaut. Auf der nordrhein-westfälischen Seite befinden sich dazugehörige Ferienwohnungen und weitere touristische Infrastruktur. Die weiteren Einzelgehöfte in der Gemarkung Adorf sind jüngeren Datums.

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Blick in die Arolser Straße Blick von der Hauptstraße Richtung Kirche

Blick in den Kattwinkel Blick in die Bredelarer Straße

Vierseitenhofanlage im Ortskern Wohnhaus in dieser Hofanlage

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Siedlungsgebiete nach 1950 mit Bezug zum Ortskern:

Siedlungsentwicklung nach 1950 (Dansen- Siedlungsentwicklung nach 1950 (Dansen- berg) berg)

Siedlungsentwicklung nach 1950 (Ostpreu- Siedlungsentwicklung nach 1950 (Suden- ßenstraße) tenstraße)

Historische Gebäude im Außenbereich:

Kappensteiner Mühle an der K73 Rhenegger Mühle an der Bredelarer Straße

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3.2 Ortsteil Benkhausen

Der Ort Benkhausen ist mit 173 Einwohnern (158 Haupt- und 15 Nebenwohnungen) einer der kleine- ren der Gemeinde. Er liegt auf einer Höhe von 400 bis 635 m und wurde erstmals 1072 erwähnt. An- lass dieser Erwähnung war ein Stück Land, welches der Erzbischof Anno zu Köln den dortigen Mön- chen zur Bewirtschaftung überließ. Es wird jedoch vermutet, dass die erste Besiedelung der Gegend rund um Benkhausen bereits im vierten Jahrhundert durch die Kelten erfolgte. Die historische Bebauung von Benkhausen entstand weitgehend entlang der parallel zur Rhene ver- laufenden Rhenetalstraße sowie der von ihr abzweigenden K 73 (Zur Klippe).Der Kreuzungsbereich beider Straßen, in den auch die Straßen Am Thie und Sommerseite münden, stellt mit den in optischer und räumlicher Beziehung stehenden Gebäuden einen ortsbildprägenden Blickpunkt dar. Die 1687 erbaute Fachwerkkirche wurde 1967 durch einen Neubau ersetzt und steht seitdem etwas erhöht in der Sommerseite. Im Kernbereich des Ortes (Rhenetal und Am Thie) ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäusern und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhalten. Das Um- feld des ehemaligen Schulgebäudes Am Thie 2, welches auch Innenbereich in seinem historischen Zustand belassen wurde, gilt von seiner Gesamtanlage her als Kulturdenkmal.

Die Siedlungserweiterungen fanden in Richtung Süden entlang der Rhene, hier wurden parallel zur K 63 neue Bebauungspläne aufgestellt. In der Siedlung Auf dem Hiddelk befinden sich vereinzelt Ge- bäude mit ortstypischer Bauweise ohne eine architektonische Überprägung.

Blick von K 73 Richtung Am Thie Blick Richtung Rhenetal

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Ortskern an der Straße Am Thie Straße Am Thie

Straße Am Thie Straße Am Thie

3.3 Ortsteil Deisfeld

Deisfeld ist das kleinste Dorf der Gemeinde, 91 Einwohner (86 Haupt- und 5 Nebenwohnungen) leben hier. Der Ort liegt auf einer Höhe von 425 bis 455 m. Eine Besonderheit ist die Nähe zum Wintersportort Willingen. Zu den Bergen der nahen Umgebung gehört die Hohe Egge (604,9 m). Etwa 5 km nördlich befindet sich der Diemelsee. Die Landesstraße 3082 verläuft von Giebringhausen im Norden durch Deisfeld nach Eimelrod im Südwesten; von dieser Straße zweigt in der Ortschaft die K64 nach Schweinsbühl im Ostsüdosten ab. Das Dorf wurde im Jahre 1332 erstmals urkundlich erwähnt. Zusammen mit den benachbarten Dör- fern Eimelrod und Hemmighausen (beide Gemeinde Willingen) war Deisfeld eine Exklave der Herr- schaft Itter im Bereich des Fürstentums Waldeck. Danach ging der Ort in den Besitz der Landgraf- schaft Hessen, im Dreißigjährigen Krieg an Hessen-Darmstadt und im Jahre 1867 an Preußen. Die historische Bebauung von Deisfeld entstand weitgehend entlang der Diemel, die durch den Ort fließt. Der Kreuzungsbereich, der aus dem Norden kommenden L 3082 und der K 64 (Oberdorf) stellt den Ortsmittelpunkt dar. Die 1749 erbaute Auferstehungskapelle thront südlich oberhalb dieses Dorf- platzes. Die 1880 im Süden des Ortes erbaute Schule wurde 1966 zu einem Bürgerhaus umgebaut und während der letzten Dorferneuerungsphase in 2008 umgestaltet.

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Im Kernbereich des Ortes ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäusern, massiven Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhalten, dieser Bereich gilt von seiner Gesamtanlage her als Kulturdenkmal. Einzelne neue Gebäude wurden im Laufe der Jahre an den Ortsrändern gebaut. Hier besonders zu erwähnen ist das am Domberg gelegene Waldhaus, welches in den späten 1940er Jahren errichtet wurde und zunächst als Ausflugslokal betrieben wurde.

Blick Richtungvon Oberdorf Dämmen Richtung Domberg KircheBlick in Deisfeld die Straße K64

3.4 Ortsteil Flechtdorf

Flechtdorf zählt 548 Einwohner (534 Haupt- und 14 Nebenwohnungen) und ist der zweitgrößte Ortsteil der Gemeinde. Durch den Ort verläuft die Aartalstraße (L 3076). Die Bebauung des Ortes erstreckt sich im Wesentlichen entlang dieser Straße und des parallel dazu fließenden Aarbachs. Das Flechtdorfer Kloster (oben bereits ausführlich beschrieben) ist das historisch bedeutendste Ge- bäude und steht im Mittelpunkt des Ortes auf der südlichen Seite der Aartalstraße. Im Umkreis des Klosters ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit großen Hofan- lagen, massiven Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhalten. In den 1950er Jahren fanden die ersten Siedlungserweiterungen, mit teilweise ortstypischer Bebauung ohne architektonische Überprägung, in Richtung Westen und Osten des Ortes statt.

Besonderheiten der Siedlungsentwicklung:

Siedlungsgebiet FD3: Das im Osten von Flechtdorf gelegene Siedlungsgebiet FD3, hat durch seine direkte Lage am Orts- kern und den gastronomischen Betrieb „Haus zur Sonne“ (aktuell nicht geöffnet) einen direkten Bezug zum Ortskern.

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Besonderheiten der Siedlungsentwicklung im Außenbereich

Außenbereichsgebiet FD1: Die Flechtdorfer Mühle befindet sich am Ortsausgang in Richtung Adorf.

Außenbereichsgebiet FD2: In Richtung Korbach befindet sich der Hof Erleheim, hierbei handelt es sich um den einst größten landwirtschaftlichen Betrieb (Arbeitgeber) des Ortes, daher besitzt der Hof Erleheim auch heute noch einen hohen Identifikationswert für die Flechtdorfer Bevölkerung und stellt somit zumindest einen indi- rekten Beitrag zur Innenentwicklung dar.

Weiterhin im Außenbereich befindet sich, zwischen Korbach und Flechtdorf, der Biogarten der Le- benshilfe, dieser wurde in den 1990er Jahren errichtet.

Das Flechtdorfer Kloster und seine Wohn- und Wirtschaftsgebäude

Blick auf das Alters- und Pflegeheim Klosterkirche Flechtdorf

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Blick in die Klosterstraße Ortskern in die Niedere Straße

Blick in die Aartalstraße nach Nordwesten Blick in die Aartalstraße nach Südosten

Siedlungsentwicklung nach 1950:

Blick in den Mühlhäuser Weg Blick in den Mühlhäuser Weg

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3.5 Ortsteil Giebringhausen

Giebringhausen ist mit 140 Einwohnern (132 Haupt- und 8 Nebenwohnungen) ebenfalls eines der kleineren Dörfer der Gemeinde. Der Ort liegt auf 389 bis 427 m Höhe. Giebringhausen liegt im Naturraum Vorupländer Hügelland. Die Diemel fließt durch den Ort und mün- det unweit in den Ostarm des Stausees Diemelsee. Zu den nahen Bergen der Umgebung gehört die Hohe Egge (604,9 m). Die Landesstraße 3082 führt von Sudeck im Nordosten durch Giebringhausen nach Deisfeld im Süden. In Richtung Norden verläuft die Kreisstraße 71 nach Heringhausen am Die- melsee, nach Nordwesten die K 69 nach Stormbruch; von dieser zweigt nahe Giebringhausen die K 70 nach Ottlar ab. Giebringhausen wurde erstmals vor ca. 800 Jahren urkundlich erwähnt, eines der ältesten Gebäude ist die direkt an der Diemel liegende Mühle Am Niegelscheid. Die Mühle wurde in 1530 erstmals durch eine Überschreibung von Phillip dem Älteren Graf zu Waldeck an den Hentzen, Möller zu Gefferynckusen erwähnt. Auch in Giebringhausen wurde ab dem Jahr 1556 Tagebau betrieben. Schwarzer Marmor wurde in einem Kalksteinbruch gebrochen. Daraus wurde auch Material für den Bau des Jagdschlosses Carls- ruh in Sudeck gewonnen. Die historische Bebauung von Giebringhausen entstand weitgehend entlang der parallel zur Diemel verlaufenden Straße An der Diemel sowie der von ihr abzweigenden Straße Zur Kirche. Der Kreu- zungsbereich beider Straßen, in den auch die Talstraße mündet, stellt mit den in optischer und räumli- cher Beziehung stehenden Gebäuden den ortsbildprägenden Mittelpunkt dar. Die Kirche wurde 1841 oberhalb dieser Gebäude gebaut. Im Kernbereich des Ortes an der Kreuzung Am Bertenberg, Zur Kirche und Talstraße ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit großen Fach- werkhäusern und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden noch erhalten. Dieser Bereich gilt von seiner Gesamtanlage her als Kulturdenkmal. Am Ortsrand wurde in den siebziger Jahren die Ferienhaussiedlung Am Burghagen erschlossen. Da- neben befindet sich ein Außenbereichshof. Weitere Außenbereichssiedlungen befinden sich an der Abzweigung zur K 70 zwischen Giebringhausen und Ottlar, wobei es sich um ein 1964 errichtetes Jagdhaus handelt und zwischen Giebringhausen und Heringhausen um das Einzelgehöft Am Stein, dessen Baujahr vor 1950 datiert ist.

Blick invom die Kirchplatz Straße An in der den Diemel Ort KircheKreuzung Giebringhausen Talstraße/Am Bertenberg

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Blick in die Straße Zur Kirche Hofanlage an der Talstraße

Alte Mühle An der Diemel

3.6 Ortsteil Heringhausen

Heringhausen liegt im Naturpark Diemelsee am östlichen Ufer des Diemelarms des Diemelstausees. Der Ort hat 423 Einwohner (369 Haupt- und 54 Nebenwohnungen) und liegt auf einer Höhe von 381 bis 482 m. Hindurch läuft die L3078. Die erstmalige Erwähnung von Heringhausen war am 14. Januar 1023 durch eine Schenkung des Gutes Heringhausen von Kaiser Heinrich dem II. an das Benediktiner Kloster Kaufungen. Dieses Klos- ter wurde wenige Jahre zuvor durch Kaiserin Kunigunde, welche gleichzeitig die Gemahlin von Kaiser Heinrich dem II. war, gegründet und verwaltet. Eine Besonderheit in Heringhausen sind die Wüstungen (namentlich Giffelde [Heute Gemarkung: Stormbruch], Kotthausen und Ratmaringhausen), welche teilweise noch heute bewohnt sind. Die Bebauung des Ortes entwickelte sich vor allem um die romanische St. Barbara Kirche, eine roma- nische Kleinbasilika aus dem Jahre 1180. Die Kirchstraße mündet in die Landstraße 3078 und verbin- det den Ort im Norden und Westen mit Nordrhein-Westfalen und im Osten und Südosten mit Korbach und Arolsen. Die historische Bebauung von Heringhausen entwickelte sich überwiegend im Kreuzungsbereich der Seestraße und Kirchstraße, welche von Ihrer Gesamtanlage her als Kulturdenkmal gilt.

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Ab den 1950er Jahren wurden die Siedlungsflächen des Ortsteils stark erweitert. Dies war der Er- schließung als Ferienregion geschuldet. So entstanden mehrere Neubausiedlungen und Feriengebie- te im Osten des Ortes, welche sich zum Teile, siehe Siekesweg, an die ortstypische Bebauung an- passten. In der direkten Seelage wurden zwei Campingplätze sowie mehrere Ferienhäuser gebaut.

Blick auf die Kirche, das neue und das alte Pfarrhaus von Heringhausen

Blick von Adorf kommend Blick in die Seestraße

Blick von der Kirchstraße zur Seestraße DLRG Station

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Blick von Auf dem Kampe Richtung See- Campingplatz an der Straße Auf dem Kno- straße chen

3.7 Ortsteil Ottlar

Der Ortsteil Ottlar zählt 176 Einwohner (149 Haupt- und 27 Nebenwohnungen). Das Dorf liegt auf 464 m Höhe und wurde im Jahr 1512, als ein Gut, das der Familie von Hessinghausen gehörte, erwähnt. Ottlar liegt etwa 5 km südsüdwestlich des Diemelsees im Upland. Im Naturpark Diemelsee befindet es sich östlich vom Dommel (738 m), südöstlich vom Koppen (715,1 m) und nordnordwestlich der Hohen Egge (604,9 m). Das von Wald umgebene Dorf wird vom Diemel-Zufluss Holzbach durchflossen. Nachbardörfer sind Stormbruch im Norden und Rattlar (Gemeinde Willingen) im Südwesten, die über die Kreisstraße 63 erreichbar sind, sowie das über die K 70 anfahrbare Giebringhausen im Ostnordos- ten. Die Kapelle des Ortes wurde erstmals in 1537 erwähnt, jedoch im 19. Jahrhundert durch den Neubau der St. Margarethenkirche ersetzt. Der historische Ortskern gruppiert sich weitgehend um die in leich- ter Hanglage platzierte Kirche. Neue Wohngebäude entstanden ab den 1950er Jahren im Osten des Ortes an der Straße Am Wie- senberg. In den 1970er Jahren wurde in der Ortsrandlage die Ferienhaussiedlung Am Haiberg er- schlossen. Weitere Bebauungen im Außenbereich befinden sich in den Straßen Zum Dickenloh, Am Dommel und Zum Koppen.

Besonderheiten der Siedlungsentwicklung im Außenbereich:

Außenbereichsgebiet OT1: Das Wohnhaus Zum Koppen wurde in den 1950er Jahren in einer alten Scheune errichtet. Vermutet wird, dass diese Scheune in den vorigen Jahrhunderten im Ortskern von Ottlar abgebaut und im Au- ßenbereich wieder aufgebaut wurde. Dies stellt eine baukulturelle Besonderheit dar, die die Identifika- tion der Bewohner Ottlars mit ihrer Baugeschichte stärkt und somit zumindest einen indirekten Beitrag zur Innenentwicklung leistet.

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Außenbereichsgebiet OT2: Der 1866 errichtete Dommelhof (zwei Gebäudekomplexe westlich und östlich der Zufahrt zum Aus- sichtsturm auf dem Dommel). Das angrenzende Haupthaus (westliche Seite) mit Scheune wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet.

Der Dommelhof wird aktuell touristisch betrieben und betreibt zudem eine kleine Direktvermarktung von Obst und Gemüse, somit trägt diese Kleinsiedlung zur Innenentwicklung des Ortes bei.

Blick in die Straße Zum Dickeloh Blick vom DGH Richtung Zum Upland

Blick von Zum Upland Richtung Ortskern Blick zur Straße Zum Upland

Das Familienhotel Ottonenhof in der Straße Zum Upland

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Historische Gebäude außerhalb des Ortskerns:

Dommelhof, westlicher Teil Zum Koppen

3.8 Ortsteil Rhenegge

Rhenegge ist ein Ortsteil mit 438 Einwohnern (417 Haupt- und 21 Nebenwohnungen) und liegt auf 410 bis 550 m Höhe. Die ersten Erwähnungen des Ortes sind vom ausgehenden 14. Jahrhundert datiert. Rhenegge liegt zwischen Heringhausen und dem Diemelsee im Westen sowie Adorf im Osten. Die drei Dörfer verbindet die Landesstraße 3078. Die erste Erwähnung der Rhenegger Kapelle wird auf das Jahr 1585 datiert, diese fiel jedoch einem Brand im Jahr 1822 zum Opfer und wurde drei Jahre später im noch stehenden Mauerwerk wieder errichtet. Die historische Bebauung von Rhenegge entstand weitgehend entlang der Rhene, die durch den Ort fließt. Die Landestraße 3078 führt südlich am Ort vorbei. Die historische Bebauung ist um den zentra- len Meierhof herum angelegt und im Laufe der Jahrhunderte weiter entlang der beiden Ausfallstraßen gewachsen. Im Kernbereich von Rhenegge ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäusern, massiven Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhalten. Dieser Bereich gilt von seiner Gesamtanlage her als Kulturdenkmal. In den 1950er Jahren fanden erste Siedlungserweiterungen in Richtung Westen statt, welche sich zum Teil, siehe Knappstraße, an die ortstypische Bauweise angepasst haben. Im Außenbereich befindet sich die ehemalige Kurklinik Sonnenhof, diese wurde in den 1960er Jahren in einem ehemaligen Hotel/ Ferienwohnheim errichtet. Nach der Einstellung des Kurbetriebs in den 1980er Jahren diente der Sonnenhof kurzfristig als Übergangswohnheim für Aussiedler aus der DDR und Spätaussiedler aus Osteuropa. Seit 1999 steht das Gebäude leer und verfällt zusehends zur ne- gativen Schrottimmobilie. Neben dem früheren Hotel/ Ferienwohnheim, welches durch die architekto- nische Überprägung der Kurklinik nicht mehr zu erkennen ist, wurde in den 1960er Jahren eine, inzwi- schen ebenso verfallene und unbewohnte, Villa und eine Parkanlage errichtet. Der Verfall des gesam- ten Areals wirkt sich bis heute negativ auf die Entwicklung des Ortes aus. Weitere zum Teil historische Außenbereichshöfe befinden sich in den Straßen Im Feld und Am Rad.

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Besonderheiten der Siedlungsentwicklung im Außenbereich

Außenbereichsgebiet RH1: Der Hof Am Rad 1 wurde in den 30er Jahren erbaut bzw. umgebaut. Das Gebäude wurde aktuell von einer Jugendhilfeeinrichtung gekauft. Hier sollen zukünftig mehrere Arbeitsplätze für Betreuer und Bewohnerplätze für Jugendliche geschaffen werden, was sich, vergleichbar mit Schweinsbühl, positiv auf die Innenentwicklung auswirken wird.

Blick aus der Straße Meierhof Blick in die Straße Meierhof

Am Schützenplatz Hof Am Bühlberg

Haus in die Straße Meierhof Blick in die Straße Meierhof

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3.9 Ortsteil Schweinsbühl

Schweinsbühl gehört mit 126 Einwohnern (117 Haupt- und 9 Nebenwohnungen) ebenfalls zu den kleineren Orten von Diemelsee. Das Dorf liegt auf einer Höhe von 503 bis 533 m und wurde bereits im Jahre 1075 genannt, als es sich im Besitz des Klosters befand. Im Jahre 1150 wurde die romanische erbaut. Diese Kirche ist auch eine Besonderheit des Ortes, da sie als eine der schönsten im Walde- cker Land gilt. Gewölbe und Rundbögen zeugen von handwerklichem Können und der romanische Taufstein vom einstigen Reichtum.

Die historische Bebauung von Schweinsbühl entstand entlang der K 67 (Benkhäuser Straße, Upland- straße). Der Kreuzungsbereich der aus Westen kommenden K 67 stellt den Ortsmittelpunkt dar. Im Kernbereich des Ortes ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäusern, massiven Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden erhalten. Im Norden des Ortes wurde ein neues Baugebiet erschlossen (Am oberen Berge). Im Außenbereich zwi- schen Schweinsbühl und Benkhausen befindet sich ein, in der Nachkriegszeit errichtetes, Einzelge- höft.

Blick in die Deisfelder Straße Blick in die Uplandstraße

Blick in die Uplandstraße KircheBlick in von die SchweinsbühlDeisfelder Straße

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Kreuzung Uplandstraße/ Deisfelder Straße

3.10 Ortsteil Stormbruch

Stormbruch hat 304 Einwohner (285 Haupt- und 19 Nebenwohnungen) und liegt im Upland an der Grenze zum Bundesland Nordrhein-Westfalen, auf einer Höhe von 423 bis 452 m. 1052 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt. Über die Geschichte der Kirche des Ortes ist nicht viel bekannt, da sie bei einem Feuer 1784 niederbrannte. Die zweite Kirche, welche 1792 erbaut wurde, musste in der Mitte des 20. Jahrhunderts, wegen ihres baufälligen Zustandes durch einen weiteren Neubau ersetzt werden. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, musste das Läuten der Kirchenglo- cken aus Sicherheitsgründen eingestellt werden, da sich einzelne Risse im Glockenturm der jungen Kirche zeigten. Aufgrund dessen wurde in 1997 ein Glockenturm direkt neben der Kirche errichtet, welcher inzwischen als Wahrzeichen des Dorfes gilt. Die historische Bebauung entstand weitgehend entlang der Laubocke und der Ringstraße. Hier stehen auch die ältesten Einfamilienhäuser des Ortes. In den 1950er Jahren fanden erste Siedlungserweite- rungen in Richtung Giebringhausen statt. Die Siedlung Auf dem Bruch/ Sauerlandstraße weist hierbei überwiegend eine ortstypische Siedlungsbauweise, ohne eine architektonische, Überprägung auf. Weitere Bebauungspläne wurden in den 1960er Jahren entlang der Laubocke und der Straße In der Hege erstellt. In den 1970er und 1990er Jahren folgten weitere Bebauungspläne In der Lauke und Am Kirchwege Des Weiteren wurde in den 1970er Jahren ein Bebauungsplan für den Ortskern mit dem Ziel einer Parkplatzausweisung erstellt, dieses Vorhaben wurde letztlich nicht umgesetzt. Außerhalb des Dorfkerns befinden sich größere Hofanlagen. Dazu zählen in südlicher Richtung zwi- schen Stormbruch und Ottlar, die Gehöfte Im Frieden, sowie in nördlicher Richtung, die Gehöfte Am Eichholz.

Besonderheiten der Siedlungsentwicklung: Siedlungsgebiet ST1: Das südöstlich gelegene Siedlungsgebiet ST1 weist einen hohen Bezug zur Innenentwicklung des Ortsteils auf, welcher sich besonders an der im Gebiet befindlichen Infrastruktur, das heißt eine Gast- stätte, das Dorfgemeinschaftshaus und die Schützenhalle, festmachen lässt. Die Wohngebäude pas-

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sen sich überwiegend an die ortstypische Bauweise an und weisen eine für Siedlungen dieser Art typische Bauweise auf.

Besonderheiten der Siedlungsentwicklung im Außenbereich:

Außenbereichsgebiet ST2/ST3: Die Am Eichholz gelegenen Außenbereichshöfe wurden beide im 19. Jahrhundert nach einem Brand in der Gemeinde abgebaut und ca. 1870 in Strombruch wieder errichtet. Diese baukulturelle Besonderheit besitzt einen hohen Identifikationswert für die örtliche Bevölkerung. Die Am Eichholz gelegenen Außenbereichshöfe werden bis dato landwirtschaftlich betrieben. Ihre Arbeit trägt maßgeb- lich zum Erhalt der Kulturlandschaft in Stormbruch bei, was auch einen nachhaltigen Effekt auf die Innenentwicklung von Stormbruch und dessen touristische Qualität hat.

Ortskern: Blick in die Sauerlandstraße Blick in die Sauerlandstraße

Blick in die Straße Eichhof Ältestes Einhaus des Ortes In der Laubocke

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Blick in die Sauerlandstraße Gebäude Am Bülsenberg

Blick in die Straße Auf dem Bruch

3.11 Ortsteil Sudeck

Sudeck zählt 151 Einwohner (138 Haupt- und 13 Nebenwohnungen) und liegt auf 410 m Höhe. Auch dieser Ort der Gemeinde befindet sich im Upland. Er wurde zum ersten Mal im Jahre 1141 genannt.

Im Jahr 1730 errichte Karl August Friedrich zu Waldeck-Pyrmont, aus dem in Giebringhausen abge- bauten Marmor, das Jagdschloss Carlsruh. Zu diesem Jagdschloss gehörten das Hauptgebäude, die Stallungen, ein „Bachhaus“ und eine kleine Parkanlage. Es ging 1781 in den Besitz des Herrn von Rheins über, einem unehelichen Sohn des Erbauers. Der Abriss folgte auf die Verwüstung des Schlosses im Jahre 1790. Die historische Bebauung entstand weitgehend entlang der Straße Wester- born und der Schulstraße sowie im Umkreis der spätromanischen Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Hier stehen auch die ältesten Einfamilienhäuser und Hofanlagen des Ortes. In diesem Kernbereich des Ortes ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäusern, Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden gänzlich erhalten.

In den 1950er Jahren wurde im Süden ein neues Feriengebiet erschlossen (Vor dem Immesberge). Sudeck ist bis heute stark landwirtschaftlich geprägt. Zwischen den 1970er und 1990er Jahren verla- gerten einige Landwirte ihre Betriebe in den Außenbereich des Ortes.

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Blick auf Westerborn Blick in die Straße Westerborn

Blick in die Schulstraße Blick in die Schulstraße

Blick Vor den Zäunen Westerborn/ Schmalmelke

3.12 Ortsteil Vasbeck

Vasbeck ist mit 521 Einwohnern (498 Haupt- und 23 Nebenwohnungen) eine der größeren Ortschaf- ten von Diemelsee. Das Dorf liegt am Rand der Gemeinde Diemelsee, an der Grenze zu Nordrhein- Westfalen auf einer Höhe von 349 bis 388 m. Der Ort wurde unter dem Namen Fassenbike 1120 erstmals als Lehen des Klosters erwähnt.

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Die Kirche von Vasbeck wurde Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals erwähnt und gehört somit wahr- scheinlich zu den ältesten Kirchen in der Region. Nach einem Brand und dem Einstürzen eines Turms im 19. Jahrhundert, entschied man sich für einen Neubau, welcher 1878 beendet wurde. Doch 1941 wurde die Kirche von einer Bombe zerstört und erst 13 Jahre später in schlichterer Ausstattung wieder aufgebaut. Die historische Bebauung entstand weitgehend entlang der Gembecker/ Massenhäuser Straße und der Lindenstraße sowie im Umkreis der Kirche. Hier stehen auch die ältesten Hofanlagen des Ortes. In diesem Kernbereich des Ortes ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit eini- gen Fachwerkhäusern, vielen Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden gänzlich erhalten. Eine Besonderheit von Vasbeck sind die vorwiegend roten Ziegelsteingebäude welche durch eine naheliegende ehemalige Ziegelei zustande kommen. Eine Siedlungserweiterung fand Richtung Nordwesten statt. In den 1950er und 1970er Jahren wurden hier mehrere Baugebiete erschlossen. Die erste Siedlungserweiterung in der Straße Auf der Walme weißt zum Teil Siedlungshäuser in ortstypischer Bauweise ohne architektonische Überprägung auf. Baugebiete jüngeren Datums finden sich in der Ortsrandlage (Am Freibad, Nordring, Am Kätzchen- busch). Im Außenbereich von Vasbeck gibt es landwirtschaftliche Einzelgehöfte, welche nach 1950 erbaut wurden.

Besonderheiten in der Siedlungsentwicklung:

Siedlungsgebiet VB1: Das Auf der Walme befindliche Siedlungsgebiet VB1 stellt einen Lückenschluss zum alten Ortskern dar, welcher sich von der Art der Bauweise überwiegend an die ortstypische Bebauung anpasst. Durch die direkte Lage am alten Ortskern von Vasbeck besteht ein hoher Zusammenhang zur Innen- entwicklung des Dorfes.

Blick in die Marsberger Straße Blick in die Marsberger Straße

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Blick in die Massenhäuser Straße Blick in die Massenhäuser Straße

Blick in die Marsberger Straße Kirche von Vasbeck

Blick in die Lindenstraße Blick in die Gembecker Straße

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Siedlungsgebiete nach 1950 mit Bezug zum Ortskern:

Blick in die Straße Auf der Walme Blick in die Straße Auf der Walme

3.13 Ortsteil Wirmighausen

Wirmighausen zählt 398 Einwohner (388 Haupt- und 10 Nebenwohnungen) und liegt auf 300 bis 500 m Höhe. Erstmals erwähnt wurde es 1101 als der Graf dem Kloster Boke ein Gut in Wirmighausen schenkte. Wirmighausen wird vom Rhene-Zufluss Bicke und dessen Zufluss Wirme durchflossen und liegt an der Ostgrenze vom Naturpark Diemelsee. Der Ort grenzt im Norden an Adorf, im Nordosten an Vas- beck, im Osten an Gembeck (Gemeinde ), im Süden an Flechtdorf und im Westen an Benk- hausen. Die heutige Kirche entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Besonderheit von Wirmighausen sind die außerhalb liegenden Gehöftgruppen Zollhaus und Bünighausen. Das Zollhaus ist eine ehe- malige Zollstation, die die Grafen von Waldeck zum nahen Westfalen errichteten und bis in die 1920er Jahre betrieben. Die Gehöftgruppe Bünighausen ist eher landwirtschaftlich geprägt, teilweise wurden die Gebäude vor 1950 errichtet. Ähnliches gilt für einen Teil der Außenbereichshöfe zwischen Orts- kern und Zollhaus (Im Tale). Eine weitere Besonderheit sind der Außenbereichshof an der Mühle und der Hermannshof, zwischen Wirmighausen und Vasbeck. In 1968 errichteten die Bewohner von Wirmighausen die Wirmetalhalle am Ortsrand in Richtung Vas- beck. Die Wirmetalhalle wird inzwischen als Schützen – und Sporthalle genutzt und wurde zuvor im Korbacher Gut Dingeringhausen als Strumpffabrik betrieben. Die historische Bebauung von Wirmighausen entstand weitgehend entlang der parallel zur Bicke ver- laufenden Straße Am Wasser sowie der abzweigenden Straßen Bei der Kirche und Am Brink. Der Bereich dieser Straßen stellt mit den Gebäuden und der Kirche einen ortsbildprägenden Mittelpunkt dar. In diesem Kernbereich des Ortes ist der ursprüngliche Charakter des historischen Ortskerns mit einigen Fachwerkhäusern, Klinkergebäuden und dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden vollständig erhalten.

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Die Siedlungserweiterung fand in Richtung Westen (Am Brink) statt. Hier wurde in den 1950er Jahren ein neuer Bebauungsplan aufgestellt. Die Am Brink gelegenen Siedlungshäuser weisen eine ortstypi- sche Bauweise ohne architektonische Überprägung auf.

Besonderheiten in der Siedlungsentwicklung im Außenbereich:

Außenbereichsgebiet WH1/WH2/WH3/WH4: Die nordöstlich von Wirmighausen auf einem Hochplateau gelegene Gehöftgruppe Zollhaus, eine ehemalige Zollstation, welche durch den Grafen von Waldeck errichtet wurde, hat durch ihre besonde- re kulturhistorische Bedeutung für die gesamte Region einen sehr hohen Identitätswert für die Bevöl- kerung Wirmighausens und der umgebenden Dörfer und trägt somit zur Innenentwicklung des Ortes bei. Die Zollhaus Höfe werden aktuell überwiegend landwirtschaftlich betrieben und befinden sich teilweise in einem historischen Zustand.

Außenbereichsgebiet WH5/6: Die eher landwirtschaftlich geprägte Gehöftgruppe Bünighausen hat in den letzten Jahrzehnten ver- mehrt an touristischer Bedeutung gewonnen. Die Besitzer des Außenbereichshof Bünighausen 1 (WH5) betreiben aktuell einen Reiterhof, welcher auch über ein touristisches Angebot verfügt. Der Außenbereichshof Bünighausen 3 (WH6) wurde bereits in den 1970er Jahren touristisch betrieben, die Entwicklung eines neuen Angebots in diesem Bereich ist in naher Zukunft geplant, eine Beratung hierzu im Rahmen der Dorferneuerung hat bereits im Sommer diesen Jahres stattgefunden. Von Inte- resse ist auch, dass der Außenbereichshof Bünighausen 3 im Ortskern von Wirmighausen abgebaut und außerhalb wieder erbaut wurde. Insbesondere die aktuelle sowie die geplante touristische Nut- zung im Außenbereichsgebiet Bünighausen trägt in hohem Maße zur Innenentwicklung des Ortsteils Wimighausen bei.

Außenbereichsgebiet WH7: Graf Phillip der Mittlere gestattete dem Kloster Volkhardinhausen in 1519 den Bau einer zweiten Müh- le am Ortsrand von Wirmighausen. Da die Mühle zu wenig Wasser führte wurde sie vier Jahrzehnte später, auf Anordnung der Witwe Anna von Waldeck auf die gegenüberliegende Straßenseite verlegt. Dennoch hatte die Mühle eine relativ kurze Bestandsdauer zwischen 1520 und 1860. In den Nach- kriegsjahrzehnten fanden umfangreiche Sanierungen an diesem Außenbereichsgebäude statt. Das aktuelle Wohnhaus befindet sich in der historischen Bruchsteinscheune.

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Blick Bei der Kirche/ Flechtdorfer Berg Bei der Kirche

Blick in die Straße Flechtdorfer Berg Blick in die Straße Am Brink

Historische Gebäude im Außenbereich von Wirmighausen:

Ehemaliges Fachwerkwohnhaus (wurde aus dem Ortskern umgesiedelt)

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Siedlung außerhalb des Ortes Zollhaus: Ehemalige Zollstation

3.14 Siedlungsentwicklung im Außenbereich

Eine Besonderheit der Gemeinde Diemelsee ist der Übergang zur westfälisch-niederdeutschen Sied- lungsweise, welche sich durch eine größere Anzahl einzelner Gebäude oder Gebäudekomplexe un- terschiedlichen Alters im dörflichen Außenbereich darstellt. Diese Siedlungsweise zeichnet sich tradi- tionell durch einen hohen Anteil an Einzelhöfen (u. a. landwirtschaftliche Betriebe) im Außenbereich aus.

Erste Ansätze dieser Siedlungsweise könnten bereits in frühgeschichtlicher Zeit nach dem Verfall der Sippenverfassung festgestellt werden. In dieser Zeit bestand eine Einzelsiedlung, welche vielerorts die Grundlage für die Entstehung von Wüstungen und Weilern bildete, aus einem Hofgebäude sowie um- liegenden geschlossenen Feldbesitz (Einödflur).

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zeigte sich eine Fortsetzung dieser Entwicklung durch die Entstehung von zweiten Siedlungsschichten bzw. durch eine Veränderung/ Anpassung bestehender Grundtypen. Die Einzelhofbildung gilt als wichtiger Vorgang im Rahmen der westfälisch- niederdeutschen Siedlungsentwicklung, welche im 18. Jahrhundert rund 70 % der Fläche Westfalens ausgemacht hat.

Die jüngeren außenliegenden Gebäude stammen meist aus den 1960er und 1970er Jahren, als die „Aussiedlung“ landwirtschaftlicher Betriebe aus den Ortskernen durch staatliche Förderprogramme unterstützt wurde.

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4. Kriterien für eine ortstypische Bauweise

4.1 Art der Bauweise (Fachwerkbau, Mauerwerksbau, Putzbau)

Bestandsaufnahme

Die Art und Weise in der die Bauwerke in der Gemeinde Diemelsee errichtet wurden, ist vielfältig.

Die Gebäude sind i. d. R. in Fachwerkkonstruktion errichtet. Verputzte Fachwerkfassaden sind an den traditionellen Gebäuden weniger vorhanden. Fachwerk tritt als Sichtfachwerk auf, häufig mit Schiefer verkleidet. Bei Sichtfachwerk ist das Balkenwerk eher schlicht gehalten (ohne Schnitzereien). Die Hölzer sind meist in verschiedenen helleren bis dunkleren braunen Farbtönen gestrichen, auch och- senblutrot oder Olivtöne kommen vor. Die Gefache sind i. d. R. einfarbig in elfenbeinfarben, mitunter mit einem farblich unauffälligen Begleiter angelegt. In Einzelfällen sind Fassadenteile der Hauptge- bäude auch mit senkrechter Holzstülpschalung behangen. Das Fachwerk ist häufig und besonders auf den Wetterseiten mit Schieferbehang verkleidet. Auch Stehfalzbleche wurden verwendet.

Gelegentlich sind die Gefache mit Ziegelstein ausgemauert, was den Straßenzügen zusammen mit den Ziegelmassivbauten einen eigenen städtebaulichen Charakter verleiht.

Bei den jüngeren massiven Ziegelbauten wurden teilweise Schmuckbänder und Lisenen zur Fassa- dengliederung eingefügt. Das Ziegelmauerwerk ist traditionell unverputzt. Fachwerkgebäude wurden teilweise mit Ziegelmauerwerk unterfangen.

Massive, aus Natursteinen errichtete Gebäude sind selten vertreten. Die Fassaden jüngerer repräsen- tativer Bürgerhäuser sind teilweise verputzt, teilweise mit farbigen Schmuckornamenten zur besonde- ren Fassadenstrukturierung versehen.

Nebengebäude tragen mitunter querliegende oder senkrechte Stülpschalungen aus Holz oder gepräg- te, mit Mustern versehene Stehfalzbleche sowie Schiefer als Wetterschutz. Auffallend sind die verzier- ten Dachkonstruktionen an Krüppelwalmdächern und die großen zweiteiligen Hoftore an den Scheu- nengebäuden, die häufig durch ausgeprägte Vordächer geschützt sind.

Die Gebäudesockel sind unterschiedlich hoch. Es gibt in Abhängigkeit von den topographischen Ver- hältnissen niedrige bis geschosshohe Sockel. Sie sind meist unverputzt, aus Kalkstein oder auch Werkstein, es kommt auch Ziegelmauerwerk vor.

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Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen Art der Bauweise: Massivbau verputzt, konstruktives Fachwerk, Holzbauweise: Holzständer/ Holz- rahmenbau oder Ziegelbau, unverputzt. Fachwerkbau: Als Fachwerk bezeichnet man eine Bauweise, bei der die Wände aus einem tragenden Holzgerüst bestehen und die Zwischenräume, die Gefache, mit Lehm oder Steinen ausgefüllt sind. Auf dem Land war Fachwerk bis ins späte 19. Jahrhundert die vorherrschende Bauweise. In dieser Zeit wurde auch der Großteil der rund 2 Mio. Fachwerkgebäude in Deutschland errichtet. Eine letzte, wenn auch bescheidene, Blüte erlebte der Fachwerkbau in den 1920er und 1930er Jahren. In Anknüpfung an den Heimatstil der Kaiserzeit entstanden noch einfache Fachwerkwohnhäuser. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Neubau von Fachwerkhäusern praktisch zum Erliegen. Mit Aufkommen des Denk- malschutzes in den 1970er Jahren gewann die Sanierung von Fachwerk gleichfalls zunehmend an Bedeutung. Viele Fachwerkgebäude stehen unter Denkmalschutz. Bauliche Maßnahmen an diesen Gebäuden, die das Erscheinungsbild verändern (z. B. neue Dacheindeckung, Fenster, Putz, Farban- strich), müssen von der zuständigen „Unteren Denkmalschutzbehörde“ genehmigt werden. Im Vorfeld der Sanierung ist eine bauphysikalische Substanzbewertung ratsam. Das betrifft den Wärme-, Feuch- te-, Schall- und Brandschutz, wovon nachfolgend die beiden erstgenannten Kriterien näher betrachtet werden sollen. Sanierungsplanung: Bei Fassadensanierungen ist grundsätzlich die Energieeinsparverordnung (EnEV) zu beachten. Bei denkmalgeschützten Objekten kann die Befreiung von den Auflagen der EnEV bei der „Unteren Denkmalschutzbehörde“ beantragt werden. Für alle anderen Gebäude gilt, dass bei baulichen Änderungen, die mehr als zehn Prozent der Fassadenfläche betreffen, die Aufla- gen der EnEV einzuhalten sind. Das bedeutet, dass nur die Erneuerung des Fassadenanstrichs und geringe Reparaturen an Putz oder Holzwerk ohne Berücksichtigung der EnEV zulässig sind. Zur Bewertung der Feuchtebelastung von Fachwerkfassaden wird auf das WTA-Merkblatt 8-1-03/D verwiesen. Es wird empfohlen, die Wetterseiten von Fachwerkgebäuden bei hoher Schlagregenbelas- tung zu verkleiden oder bereits vorhandene Verkleidungen zu erhalten. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Sichtfachwerkfassade wegen der Anschlussfugen zwischen Holzwerk und Gefach nicht schlagregendicht ist. Daher darf auch nicht jedes Fachwerk von Verkleidungen befreit werden, selbst wenn der Bauherr dies aus optischen Gründen wünscht. Neben dem konstruktiven Feuchteschutz durch Verkleidungen oder Dachüberstände sollte die Wasserführung an der Fassade kritisch geprüft werden. Das Regenwasser muss ungehindert ablaufen können und darf nicht an vor- stehenden Putz- oder Holzkanten aufgestaut werden. Mauerwerkbau: Ab dem 18. Jahrhundert setzte sich zunehmend der Massivbau durch. Das gilt vor allem für große repräsentative Gebäude. Putzbau: Fachwerkgebäude, die auch aus Kostengründen nach wie vor in großer Zahl entstanden, wurden häufig verputzt oder verkleidet. Ausschlusskriterien: Fachwerkfassaden, die mit Teerpappe verkleidet wurden. Diese Fassadenver- kleidung sollte im Zuge der Dorfentwicklung durch eine Schieferverkleidung oder Holzverschalung ausgetauscht werden.

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Gestaltungsbeispiele

4.2 Gebäudeproportion (Geschosse, Grundriss)

Bestandsaufnahme

Die herausgehobenen Gebäude stehen allein oder im Hofverbund mit niedrigeren Remisen. Die Grundformen der Gebäude sind rechteckig, sie stehen allein oder im Verbund mit Nebengebäuden. Die privaten Einzelgebäude und Anwesen zeigen eine bauliche und städtebauliche Vielgestaltigkeit. Trauf- und giebelständige Gebäude mit meist zwei Vollgeschossen in Anpassung an die topographi- schen Gegebenheiten kommen gleichermaßen vor. Hofanwesen bestehen aus zwei bis drei Gebäu- den, es gibt auch langgestreckte Einhäuser mit Wohn- und Wirtschaftsfunktionen unter einem Dach.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen Gebäudeproportion und Grundriss: in Abhängigkeit von der direkten baulichen Umgebung. Recht- eckige Grundrisse. Geschossigkeit: Die Anzahl der Geschosse soll die vorherrschende Zweigeschossigkeit in der Stra- ße nicht überschreiten und nur in Ausnahmefällen, u. a. bei Siedlungshäusern aus den 1950er Jahren, unterschreiten. Gebäudehöhe: Die Gebäudehöhe bei Wohnhausneubauten im Ortskern ist in Abstimmung mit den Nachbargebäuden festzusetzen. Die Gebäudehöhe sollte die des benachbarten Wohngebäudes um nicht mehr als 1,00 m über- bzw. unterschreiten. Straßenflucht, Firstrichtung, Gebäudebreite: Die Stellung der Gebäude zur Straße bzw. die First- richtung muss erhalten bleiben. Bei giebelständig zur Straße stehenden Neubauten ist die vorhandene Straßenflucht einzuhalten, die Giebelbreite sollte an die der Nachbargebäude angelehnt sein. Ausschlusskriterien: Dreigeschossigkeit von neuen Gebäuden

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Gestaltungsbeispiele:

4.3 Dächer (Form, Neigung, Eindeckung, Überstand, Aufbauten etc.)

4.3.1 Dachform und Dachneigung

Bestandsaufnahme

Die ortstypische Dachform in der Gemeinde ist eine Satteldachkonstruktion mit einer Dachneigung von 45°, im Urzustand ohne Dachaufbauten bzw. Dachgauben. Vereinzelt, allerdings nur in Ausnah- mefällen tritt das Krüppelwalmdach auf. Die Dachüberstände an den Ortgängen und an den Traufsei- ten sind gering. Die Dacheindeckung erfolgt, anschließend an das Sauerland, teilweise mit Schiefer und dunklen Tonziegeln, ansonsten überwiegen die naturroten Tonziegel. Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Dachform und Dachneigung: Wohn- und Wirtschaftsgebäude besitzen üblicherweise ein Satteldach, mit einer Neigung von 40° bis 60°, in einigen Fällen auch weniger, abhängig von der umgebenen Be- standsbebauung. In der Ortsmitte sollten für den Hauptbaukörper auch Krüppelwalmdächer, in Aus- nahmefällen Pultdächer, möglich sein. Bei Schuppen und Anbauten überwiegen in der Gemeinde Diemelsee leicht geneigte Pultdächer oder Flachdächer.

Ausschlusskriterien: Im Ortskern sollte der Bau von Flachdächern unterbunden werden. Gestaltungsbeispiele:

Besonderheit durch naheliegende Ziegelei:

Es existieren vergleichsweise viele massiv gemauerte Ziegelgebäude (bedingt durch eine ortsansässige Ziegelei). Ortstypisch ist hierbei ebenfalls das steil geneigte Satteldach. Daneben gibt es Walm- und Mansarddächer, die Satteldächer haben z. T. Krüppelwalmansätze.

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4.3.2 Dacheindeckung, Dachfenster und Kaminköpfe

Bestandsaufnahme

Als Dacheindeckungsmaterial wurde bei den Gebäuden mit öffentlicher Funktion i. d. R. Schiefer in altdeutscher Deckung benutzt. In den Ortsteilen haben nur noch wenige private Gebäude Schieferein- deckungen.

Privatgebäude haben i. d. R. rote oder grauschwarze Tonziegeleindeckungen, wobei traditionell Dop- pelmuldenfalzziegel verwendet wurden. Vereinzelt sind auch Biberschwanzeindeckungen anzutreffen. Nebengebäude sind auch mit Falzblechen eingedeckt.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Dacheindeckung: Dächer sollten grundsätzlich dem Ortsbild entsprechend mit naturroten oder dunk- len Tonziegeln (Doppelmuldenfalzziegel und Biberschwänze) eingedeckt werden. Bei Siedlerhäusern werden Flachziegeln verwendet. Für landwirtschaftliche Nebengebäude sind auch Betondachsteine als Dachdeckungsmaterial möglich. Leicht geneigte Pultdächer, deren Dachtragwerke statisch nur eine leichte Bedachung zulassen, sollten mit Metallstegplatten (farblich angepasst) oder Zinkblech eingedeckt werden.

Dachflächenfenster: Nur kleine, stehende und einheitliche Fensterformate.

Kaminköpfe: Sind gemauert herzustellen. Schieferverkleidungen in senkrechter Form. Bei Siedler- häusern: Zinkblechverkleidung.

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An Nebengebäuden und Vordächern: Auch Stehfalzbleche möglich, optional rot eingefärbt.

Bei Scheunenvordächern sind Trapezprofilbleche mit niedriger Profilhöhe möglich.

Ausschlusskriterien: Glänzende Dachziegeln

4.3.3 Dachüberstand

Bestandsaufnahme

Ortsüblich sind geringe Dachüberstände an Traufe und Ortgang.

Eine Besonderheit der Region beim Krüppelwalm sind die verzierten Balkenköpfe im Bereich der Ort- gänge.

Zierwerk Krüppelwalm

An den Traufen sind die Sparren entweder sichtbar oder mit unauffälligen Gesimskästen verkleidet.

Nur an sehr wenigen Gebäuden kann man noch die traditionellen Ortgangabschlüsse mit Windbrettern erkennen. Es überwiegen neuere Ortgangbleche oder –ziegeln. Dachuntersichten an den Traufen und Ortgängen sind mitunter in Kontrast zu den Schieferbehängen weiß gestrichen. Auffällige Holzschnit- zereien in den Giebeln, wie z. B. Friese mit Zahnschnitt, stellen im Einzelfall die besondere Bedeutung von Gebäuden dar.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Dachüberstand: Generell geringe Überstände von ca. 1 ½ Ziegelbreiten. Die Dachüberstände sollen sich auf das ortsübliche Maß beschränken, am Ortgang soll das Maß von 0,40 m, an der Traufe das Maß von 0,70 m nicht überschritten werden. Bei Siedlerhäusern: Ortgang mit Zinkblech möglich.

Ausschlusskriterien: Dachüberstände >1,00 m

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Gestaltungsbeispiele:

4.3.4 Gauben, Dachaufbauten und Belichtung

Bestandsaufnahme

In der Regel benötigten frühere Dachräume keine Gauben, ausgenommen Gauben, deren Öffnungen zur Beförderung von Korn, Stroh und Heu verwendet wurden. Im Zuge der Wohnraumschaffung wur- den zur Belichtung der Räume Schleppdach- und Giebeldachgauben ausgebildet. Dies kann man auch in den Ortsteilen von Diemelsee erkennen. Nachträglich wurden große Schlepp- und Giebelgau- ben eingebaut.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Gauben: Grundsätzlich sind in den Ortskernen vorrangig Schleppgauben, Giebelgauben, Walm- so- wie Zwerchgauben vorgesehen. Wichtig ist, die Gauben nicht zu groß auszubilden. Zum Gebäude passende Flachdach- und Zinkblechgauben sollten ebenfalls möglich sein.

Zwerchhäuser und Giebelgauben: Mittige Anordnung. Der First der Zwerchhäuser darf nicht über den Hauptfirst hinausragen.

Belichtung und Dachaufbauten: Hauptbelichtung über Gebäudegiebel beim Ausbau eines Daches oder Umnutzung von landwirtschaftlichen Gebäuden. Weitere Belichtungsmöglichkeiten über Gauben oder Dachaufbauten. Aufbauten sollten sich aus der Gliederung der Fassade ergeben, Verhältnis zur Gesamtdachfläche beachten.

Ausschlusskriterien: Gauben, die über die gesamte Dachfläche eingebaut werden

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Gestaltungsbeispiele:

4.3.5 Dachausbauten

Bestandsaufnahme

Dachräume wurden früher vielfach nicht zu Wohnzwecken, sondern zur Lagerung und Trocknung verwendet.

Bis in die 1950er Jahre bestand die Bekleidung des Dachstuhls meist nur aus dünnen, verputzten Holzwolle-Leichtbauplatten. Mittlerweile werden Dachräume als vollwertige oder sogar besonders attraktive Wohnräume angesehen und entsprechend ausgestattet. Im Gegensatz zu den Außenwän- den eines Hauses stellt sich beim Dach in vielen Fällen die Frage, ob es sinnvoll ist, das alte Dach zu erhalten oder durch ein neues zu ersetzen. Bei dieser Entscheidung sind neben dem Zustand der vorhandenen Konstruktion auch die spätere Nutzung sowie die baurechtliche Situation entscheidend. Es empfiehlt sich eine Kosten-Nutzen-Vergleichsrechnung zu erstellen.

Bei vielen Mehrgenerationshäusern in den Ortschaften von Diemelsee kann man feststellen, dass zur Wohnraumschaffung der ehemalige Dachboden genutzt wurde. Hier wurden längere Schleppgauben in die Dachfläche eingebaut. Vereinzelt wurde die Luke des Zwerchgiebels zur Fensterfläche umge- baut.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Dachausbauten: Zwischensparrendämmung, in Ausnahmefällen auch Aufsparrendämmung. Dach- rinnen und Schneefanggitter sollten in Zink und Kupfer errichtet werden. Photovoltaikanlagen sind generell möglich, wenn der Aufbau in nicht sichtexponierter Lage erfolgt.

Ausschlusskriterien: Ausbildung eines Drempels bei einem bestehenden Gebäude

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Gestaltungsbeispiele:

4.3.6 Dachneubauten, -umbauten und anbauten

Bestandsaufnahme

Bleibt ein Dachstuhl erhalten, sollte der Bestand nach folgenden Kriterien bewertet werden. Die Trag- konstruktion (Sparren- oder Pfettendach), Lage und Höhe von Pfetten oder Kehlbalken, die zur Einhal- tung der Mindestraumhöhe eventuell umgelegt werden müssen, ist zu überprüfen sowie die Standfes- tigkeit des gesamten Dachstuhls einschließlich der obersten Geschoßdecke. Diese müssen die höhe- ren Lasten des Dachausbaus aufnehmen können. Die Abmessung der vorhandenen Sparren be- stimmt die Tragfähigkeit sowie die anzustrebenden Dämmstärken. In den meisten Fällen reicht die Sparrenhöhe nicht aus, um die notwendige Dämmung unterzubringen. Die somit erforderliche Auf- doppelung lässt sich hervorragend mit einer eventuell notwendigen Verstärkung der Sparren verbin- den.

Zur Wohnraumschaffung ist der Ausbau des Dachgeschosses eine günstige Alternative zum Neubau. Bei keinem Bauteil des Gebäudes lassen sich mit vergleichsweise geringem Aufwand so hohe Dämmstandards erreichen wie beim Dach. Da nahezu alle Dächer nach innen oder außen aufgedop- pelt werden müssen, sollte an dieser Schicht nicht gespart werden.

In den Ortsteilen von Diemelsee gibt es hier an fast allen Gebäuden große Ausbaumöglichkeiten.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Dacherneuerung: Dächer sind grundsätzlich so zu ersetzen oder auszubessern, dass Neigung, Form und Material der zur Zeit der Entstehung des Bauwerkes üblichen Gestaltung entsprechen.

Dachgestaltung bei Neubauten: Neubauten müssen sich hinsichtlich Dachform und Gestaltung der Dachaufbauten in den historischen Bestand einfügen. Für den Hauptbaukörper bei Wohngebäuden sollten Dachneigungen von 40° bis 50° angestrebt werden. Für untergeordnete Gebäude, Gebäudetei- le und Anbauten sind auch flach geneigte Sattel- bzw. Pultdächer mit mind. 10° Neigung möglich. Auch hier sind individuelle Abstimmungen möglich.

Neubauten, Umbauten: Durch Umbauten und Instandsetzungsarbeiten darf weder die typische Er- scheinungsform der Gebäude noch der Charakter des vorhandenen Straßenbildes geändert werden.

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Anbauten: Anbauten sind dem Hauptkörper unterzuordnen. Form, Material und Farbe können auf den Hauptkörper abgestimmt werden, bei der Anwendung moderner Architektur kann bewusst eine andere Formensprache gewählt werden. Dies ist im Einzelfall abzustimmen.

Ausschlusskriterien: Gebäudeanbauten, deren Proportionen nicht zum Bestand passen

4.4 Fassaden (Gliederung, Putz, Farbe, Verkleidung)

Bestandsaufnahme Eine Fassadengliederung erfolgte durch die verschiedenen Geschosse sowie die verwendeten und eingesetzten Materialien. Das Erd- und Obergeschoss bestanden aus Fachwerk, teilweise verkleidet mit Schiefer. So war es auch möglich, das Fachwerk im EG und OG sichtbar zu machen und das Gie- beldreieck mit Schiefer zu verkleiden. Die Stallgebäude wurden kombiniert gebaut. Der Bereich, in dem sich die Ställe befanden, war massiv ausgebildet (Ziegelmauerwerk, Bruchsteinmauerwerk), das Obergeschoss in Fachwerk gehalten.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Gliederung: Eine waagerechte Gliederung der Fassade bei Bestandsgebäuden entsteht durch die unterschiedlich verwendeten Baumaterialien. Bei Neubauten kann man diese Aufteilung durch die Verwendung von unterschiedlichen Materiale erreichen.

Anbauten sollte man farblich absetzen oder durch unterschiedliche Materialien trennen.

Verkleidung: Ortsüblich werden Schieferbehänge und Holzverschalungen für Wandverkleidungen verwendet. Untergeordnete Gebäude wurden auch mit Metallstegplatten verkleidet.

Proportionen: Bei Veränderungen der Proportionen von Fassaden sollten die historischen Fassaden beibehalten werden. Es ist auch zu beachten, dass der Wandanteil größer ist als der Anteil der Öff- nungen (z. B. Fenster) (=flächige Lochfassaden). Umbauten sollten dem historischen Vorbild ange- passt sein.

Fassaden: Traditionelles Ziegelmauerwerk und Bruchstein unverputzt belassen.

Außenwände: Die Gestaltung der Außenwände sollte das Ortsbild prägen. Entsprechend sollte dies als sichtbares oder ortsüblich verkleidetes Fachwerk erfolgen oder als verputztes Mauerwerk, teilwei- se auch mit roten Ziegelsteinen gemauert.

Fachwerkhölzer: Farbige Gestaltung in Braun, Rotbraun- und Olivgrüntönen.

Gefache: Die Gefache des Sichtfachwerks können auf traditioneller oder gemauerter Unterlage ver- putzt oder mit Ziegelstein holzbündisch ausgemauert werden, ohne anschließenden Verputz. Sand- farbene Farbgebung mit unauffälligen, wenig abgesetzten Begleitern.

Außenwandverkleidungen: Naturschiefer, senkrechte Holzverbretterungen in Form von Deckleisten- oder Deckbrettschalungen sind möglich, an Nebengebäuden auch Holzstülpschalungen oder vorbe-

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witterte Zink-Stehfalzbleche. Dekorative Deckungen können bei Naturschiefer zur Anwendung kom- men.

Handwerklich hergestellte Schmuckornamente an Ziegelmauerwerk in Form von Bändern und Lisenen oder im Schieferbehang in Form von Schuppen, Bändern, Eckenverstärkungen und „Knöpfen“ sind in Anlehnung an historische Vorbilder möglich.

Nebengebäude können in Sockel- und Untergeschossen offene Holzgitter z. B. zur Durchlüftung von Holzlagern etc. erhalten.

Putz: Die Erneuerung von Putz und/ oder Anstrich ist im Rahmen der Dorfentwicklung möglich. Putz ist als mineralischer Putz auszuführen und sollte nicht dem Farbton reinweiß entsprechen, sondern leicht abgetönt sein.

Farbe: Die Putzfassaden sind in hellen Naturtönen wie sand-, zartgrau- oder elfenbeinfarben zu hal- ten.

Dämmung: Dämmmaßnahmen im Zusammenhang mit der Dacheindeckung bzw. der Fassadener- neuerung (außen oder innen) sind im Rahmen der Dorfentwicklung förderfähig. Die Stärke der Däm- mung hat sich nach der gültigen ENEV zu richten.

Ausschlusskriterien: Verwendung von Faserzementplatten zur Verkleidung, Sandwich- Dämmelemente in Klinkeroptik, Fassadenpaneele aus Faserzement, Kratzputz

4.5 Fenster (Format, Material, Farbe)

Bestandsaufnahme Die Fenster waren als stehende Formate, zweiflügelig mit einer Sprossenteilung ausgebildet. Das verwendete Material war Holz oder Stahl.

Die traditionellen Bauten weisen eine axiale Fensteranordnung in individueller Ausprägung auf.

Die Fenster sind häufig mit abgeplatteten Bekleidungen umfasst und mit mehrfacher Sprossenteilung versehen. Die Holzfenster sind traditionell weiß gestrichen. Sie haben ein stehendes Format und sind i. d. R. dreigeteilt (Oberlicht, zwei Flügel). Ältere Fenster haben zusätzliche Sprossenteilungen in den Oberlichtern und den Fensterflügeln. In Einzelfällen gibt es segmentbogige Fensterformate und sogar noch Bleisprossen.

Das Ende der traditionellen Bauweise stellte sich in den 1920er und 1930er Jahren ein. Die Bauten dieser Zeit sind kleinere, meist verputzte massive Ein- und Zweifamilienhäuser, oft mit einem Kleinstall im Sockel oder Nebengebäude, mit Walm- und Satteldächern und meist Schleppgauben. Fassadentei- le aus Fachwerk, mit Schieferbehang oder auch Ziegelmauerwerk, Klappläden und Holztüren wurden ebenso genutzt.

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Die Funktion von Fenstern ist das Belichten und Belüften der Gebäude, dennoch besitzen Fenster auch einen gestalterischen Zweck. Bei Renovierung oder Ersatz der Fenster ist auf die Baugeschichte und die Konstruktion des Gebäudes zu achten, vor allem bei unter Denkmalschutz liegenden Gebäu- den.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Format: Stehende Fensterformate sind zu verwenden. Liegende Fensterformate werden durch senk- rechte Pfosten geteilt.

Gestaltung: Die historischen Maßstäbe sind bei Sanierungen zu beachten, d. h., dass die Teilungen und das Format der stehenden Rechtecke zu übernehmen sind. Fenstergliederungen sollen mit kon- struktiven Sprossen (nicht zulässig sind vorgesetzte oder innenliegende) entstehen. Es sind Wetter- schenkel anzubringen. Vorhandene waagerechte liegende Fenster sollten in stehende Formate ver- ändert werden.

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Material: Grundsätzlich ist Holz (Fichte, Kiefer, Eiche, aber kein Tropenholz) als Material zu verwen- den. Nur in Ausnahmefällen können Stahl- oder Eisenfenster verwendet werden. Aluminium ist unzu- lässig. Die Verwendung von Kunststofffenstern sollte nur in Ausnahmefällen zulässig sein, wenn Bau- art, Charakter und Umgebung eines Gebäudes dies rechtfertigen. Dies gilt jedoch nur bei Gebäuden, die nach 1945 errichtet wurden sowie insbesondere bei der Errichtung von Neubauten im Dorf.

Farbgebung: I. d. R. sollen Fenster in hellen Farben gestrichen werden.

Technik: Folgende Konstruktionsarten haben sich bewährt: das Verbundfenster mit gemeinsamen Blendrahmen, das Kastenfenster, das Dreh-Kippfenster mit zwei- bis dreiteiliger Gliederung, das zwei- bis dreiteilige Fenster unter Verwendung von Wiener Sprossen sowie das einflügelige Fenster.

Fensterbänke: Auszuführen in Holz, Zinkblech oder Steinmaterial.

Klappläden: Klappläden sollten erhalten bleiben oder aus Holz wiederhergestellt werden. Rolladen- kästen, die vorgesetzt und von außen sichtbar sind, werden in Ausnahmefällen genehmigt.

Ausschlusskriterien: Liegende Fensterformate Gestaltungsbeispiele (negativ):

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4.6 Sockel (Material, Farbe)

Bestandsaufnahme

Das Sockelgeschoss ist überwiegend aus Naturstein, im Bereich des Diemelsees aus Kalkstein. Teil- weise wurde der Sockel verputzt. Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Sockel: Anlage als niedrige bis geschosshohe Sockel in Anlehnung an die topographischen Bedin- gungen. Sockel sollten als Putz gestaltet oder mit Naturstein verkleidet werden.

Material: Materialien sind Bruchstein, Werkstein, Ziegelstein unverputzt.

Farbe: Die Sockelfläche sollte einen dunkleren Farbton als die Putzfassade erhalten.

Ausschlusskriterien: Die Verwendung von Kunststoff-Putzen wird nicht erlaubt. Gestaltungsbeispiele:

4.7 Hauseingänge (Türen, Vorbauten, Überdachungen)

Bestandsaufnahme

Aus historischer Sicht kann die Haustür als Statussymbol betrachtet werden, oft stellten Sie handwerk- liches Geschick oder den Reichtum ihres Besitzers dar. Auch heutzutage gilt die Haustür als Visiten- karte eines Hauses und ist häufig ein Schmuckelement.

Verbreitet sind Freitreppen, die zum Eingang im Sockelgeschoss führen. Sie sind sehr häufig zweiläu- fig und mit einem schmiedeeisernen Geländer versehen. Offene oder geschlossene Windfänge mit Schlepp- oder Walmdächer und Teilverglasungen auf den Podesten der Außentreppen schützen die Hauseingänge. Eingangstüren als Rahmen-Füllungstür sind ein- oder auch zweiflügelig mit Teilvergla- sungen und Oberlicht. Sie haben mitunter aufwendige Schmuckformen, farbige Gestaltungen, rund- bogige Verglasungen oder Schmucklaibungen aus Ziegelstein.

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Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Vordächer und Hauseingänge: Vordächer und Hauseingänge können in geneigter Konstruktion und mit roter oder dunkler Dacheindeckung ausgeführt werden. Möglich sind auch moderne Formen als Stahl- oder Glaskonstruktion.

Türen:

Gestaltung: Historische Haustüren bzw. Hauseingänge sollten weitestgehend erhalten werden. Neue Haustüren müssen sich in den Gebäudekomplex einfügen. Nebentüren sind in Form und Farbgebung schlicht zu halten. Auch bei Umnutzungen von z. B. Scheunen, ist die Gliederung einer Fassade zu erhalten, um die Geschichte des jeweiligen Wirtschaftsgebäudes weitestgehend darzustellen.

Material: Die Eingangstüren eines Gebäudes liegen in der Ebene der Fassade und werden zumeist aus heimischen Hölzern hergestellt. Türen aus Kunststoff und Aluminium sollten nur in Ausnahmefäl- len zulässig sein, wenn Bauart, Charakter und Umgebung eines Gebäudes dies rechtfertigen. Dies gilt jedoch nur bei Gebäuden, die nach 1945 errichtet wurden sowie insbesondere bei der Errichtung von Neubauten im Dorf.

Farbgebung: Neben der Orientierung am historischen Vorbild, sollten sich Türen und Tore grundsätz- lich farblich von der Fassade absetzen.

Konstruktion: Der Rahmen der Tür ist aus Holz und kann mit Füllungen oder Aufdoppelungen (mit Brettern oder Bohlen senkrecht, waagerecht, fischgrät- oder sternförmig) versehen werden. Mehrfül- lungen mit kräftigem Profil, kleinteiligen Schmuckformen und strengen Profilierungen sind ebenfalls üblich. Dabei sollte auf die handwerksgerechte Gestaltung Acht gegeben werden, Vortäuschungen von Mehrfüllungstüren sind zu vermeiden.

Vorbauten: Vorbauten sind meist gleichzeitig der Hauseingang oder ein Windfang. Bei Fachwerkhäu- sern sind sie meist aus Holz. Sie sollten bestehen lassen oder ausgebessert werden. Die Proportionen des Hauses sind dabei zu bewahren.

Überdachungen: Architektonisch filigran gestaltete Vorbauten aus Glas sind förderfähig, sowie mas- siv gestaltete Vorbauten mit Sattel-, Pult- oder Walmdach und Ziegel- bzw. Schiefereindeckung.

Ausschlusskriterien: Schmiedeeiserne verschnörkelte Überdachungen werden nicht gestattet.

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Gestaltungsbeispiele:

4.8 Treppen und Geländer

Bestandsaufnahme

Seit dem Mittelalter baute man zunehmend mehrgeschossig wodurch der Treppe eine immer größere Bedeutung zukam. Im Gebäude wurden die Treppen aus Holz gebaut. Im Außenbereich wurden meist Blockstufen aus Naturstein verwendet. Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Hauseingangstreppen: Alle Außentreppen in ortstypischer Gestaltung sind zu erhalten. Bei Ausbes- serungen oder Wiederherstellungen sollte darauf geachtet werden, das gleiche Material zu verwen- den.

Ausschlusskriterien: Verwendung nicht regionaltypischer Materialien, wie z. B. Marmor Gestaltungsbeispiele:

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4.9 Tore (Keller, Garten, Nebengebäude)

Bestandsaufnahme

Tore wurden gebaut, um die Nebengebäude wie Stall und Scheune, mit den Fahrzeugen besser errei- chen zu können. Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Hoftore: Hoftore wurden früher erbaut, um die Straße von dem innenliegenden Hof abzugrenzen. Sie sind historisch sehr wertvoll und zu erhalten. Falls sie ersetzt werden müssen, sollten sie in Art, Maß- stab und Gliederung ähnlich sein. Der Einbau von Sektionaltoren in angepasstem Farbton wird er- laubt.

Ausschlusskriterien: Metalltore mit Doppelstegfalzbeplankung Gestaltungsbeispiele:

4.10 Anbauten (Balkon, Freisitz, Terrasse etc.)

Bestandsaufnahme

Im Laufe der Jahre wurden an die vorhandenen Wohnhäuser verschiedene Vorbauten, Terrassen und Freisitze angebaut. Materialien wie Holz, Metall und Stein wurden verwendet. Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen

Erker, Balkone, Loggien, Wintergärten: Die historische Bauweise in Diemelsee kennt in unter- schiedlichen Zusammenhängen Erker, Windfänge, Wintergärten und Balkone. An Fassaden zu öffent- lichen Straßen und Plätzen sind sie zu vermeiden, ansonsten in die Fassadengliederung einzubinden. Bei Balkonen sollten einfache, vor das Gebäude gestellte, Konstruktionen aus Holz oder Stahl in pas- sender Anordnung sein. Wintergärten mit hochrechteckigen Teilungen sind mit den Materialien Holz oder Stahl zulässig.

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Ausschlusskriterien: Alu-Wintergärten sowie Wintergärten mit Flachdach sollten nicht genehmigt werden. Gestaltungsbeispiele:

4.11 Umfriedungen und Einfahrten (Mauern, Zäune, Hecken, Pflaster)

Bestandsaufnahme

Zäune sind in unterschiedlicher Ausführung vorhanden. Größere Einfriedungen wurden durch Ma- schendrahtzaun oder Naturhecken hergestellt. Im Vorgartenbereich sind auch Holzstaketenzäune vorhanden.

Kriterien für eine ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlungen Bei befestigten Flächen sollte Natursteinpflaster oder Betonsteinpflaster mit Natursteinvorsatz ver- wendet werden. Ausschlusskriterien: Der Bau von Jägerzäunen und schmiedeeisernen Zaunsystemen sollte nicht gestattet werden. Gestaltungsbeispiele:

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4.12 Hofflächen/Freiflächen (Gehwege, Zufahrten und Parkplätze)

Bestandserfassung

Freiflächen zwischen Gebäuden bzw. Gebäudekomplexen überwiegend begrünt, teilweise als Streu- obstwiese genutzt. Befestigte Freiflächen sind, insbesondere an landwirtschaftlich genutzten Hofanla- gen, überwiegend geteert, geschottert und nur zum Teil gepflastert.

Kriterien für eine Ortstypische Bauweise und Gestaltungsempfehlung

Grundsätzliche Bevorzugung von Naturpflaster bzw. Natur- und Betonsteinen, welche mit unbefestig- ten Elementen kombiniert werden, wie z. B. Beete mit Naturstein-Einfassung, wobei die Fugen offen zu setzen sind. Die unterschiedlichen Nutzungen sollten sich durch verschiedene Steinformate, die Art des Materials sowie die Farbe unterscheiden. Zur Auflockerung kann z. B. vor Gebäuden das Pflaster ausgespart werden, um typische Bäume oder Gehölze anzupflanzen. Des Weiteren können Flächen wie Parkplätze eine wassergebundene Decke erhalten. Insgesamt wird mit diesen Maßnahmen dazu beigetragen, die ortstypische Freiflächengestaltung zu erhalten, gebäudenahe Freiflächen zu begrü- nen und weiterzuentwickeln, das Grundwasser durch die Möglichkeit der Oberflächenwasserversicke- rung zu gewährleisten.

Ausschlusskriterien: Eine Komplettversiegelung der Hof- bzw. Freiflächen sollte nicht gestattet werden

Gestaltungsbeispiele:

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4.13 Regionaltypische Baumaterialien (Holz, Lehm, Naturstein, Ton, Schiefer etc.)

In allen Ortsteilen wurden traditionell die aus den naturräumlichen Gegebenheiten vorgegebenen Baumaterialien eingesetzt:

Holz aus den umgebenden Wäldern

Holzarten: Überwiegend Eiche, Buche, Fichte, teilweise Kiefer Lärche

Verwendung: Fachwerkhölzer, Balkenkonstruktion, Füllbretter, Türen, Fenster, Klappläden, Tore, Holzverschalungen

Form: Schmuckformen, Rundbögen

Ton

Verwendung: Dachziegel, Formziegel Form: Falzziegel, Doppelmuldenziegel in den Farben naturrot, grau und anthrazit, Biber- schwanzziegel Ziegelmauerwerk

Verwendung: Mauerwerk, Gefachefüllungen und Laibungen

Form: Eher schlicht gehaltenes Mauerwerk, wenig Schmuckformen

Durch die Nähe der ehemaligen Ziegelei in Vasbeck wurden viele Häuser der Umgebung mit Ziegeln gemauert.

Kalkstein, Buntsandstein

Verwendung: Mauerwerk, niedrige bis geschosshohe Sockel, Laibungen

Schiefer

Verwendung: Dacheindeckung, Fassadenverkleidung

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Lehm

Verwendung: Gefachefüllungen, Putze

Sand/Kalk

Verwendung: Putz

Glas

Verwendung: Fenster, Türen, Windfänge

Metalle/Eisen

Verwendung: Einfriedungen, Geländer, teilweise Fenster

Stehfalzbleche

Verwendung: Behänge/Platten, Dacheindeckungen

4.14 Historische Bergwerks-, Gewerbe- und Mühlenanlagen, Forsthäuser

Frühe Bergbau- und Gewerbeanlagen haben die wirtschaftliche Entwicklung geprägt. Die dortige Bauweise und die Gebäudegrößen sind wie bei Mühlen funktional begründet und daher nicht mit der landwirtschaftlichen Bauweise oder den späteren Siedlerhäusern zu vergleichen. Die große Bedeutung von Forst und Jagd spiegelt sich in den zahlreichen (ehemals) forstwirtschaftli- chen Anwesen innerhalb und außerhalb der Ortslagen in der Gemeinde Diemelsee wieder. Als Baumaterialien dieser verschiedenartigen „Sondergebäude“ sind sehr traditionell Fachwerk, Schie- fer, verputztes Mauerwerk, Ziegelmauerwerk und Bruchstein sowie weiß gestrichene Holzfenster zur Anwendung gekommen.

4.15 Siedlungsanlagen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts

In allen Dörfern finden sich in unterschiedlicher Größe planmäßig angelegte Einfamilienhaus- Siedlungsanlagen aus der Mitte des 20. Jahrhundert, zur Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebe- nen. Diese Häuser weisen die folgenden Merkmale auf:

. Steile Satteldächer (Dachneigung >45°) . verputzte Massivbauten . 1 ½ Geschossigkeit mit ausgebautem Dachgeschoss, oft mit hohem Sockelgeschoss bei Hanglage, zur Unterbringung von Kleinvieh oder Geräten . Orientierung an den traditionellen Baumaterialien: − Bruchstein- oder Werksteinsockel aus dem heimischen Kalkstein − Rote Tonziegel . Trauf- oder Giebelständigkeit . langgezogene Schleppgauben . ursprünglich einheitliches Erscheinungsbild mit Prägung der Straßenzüge

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Die baulichen Überprägungen dieser Siedlungshäuser sind unterschiedlich stark. Anbauten, Einzug eines Drempels, Balkone und Veränderungen in den Dachaufbauten haben dazu geführt, dass die ehemals einheitliche Erscheinung der Siedlungen aufgelöst und nur noch in Teilen spürbar erhalten geblieben ist.

4.16 Lokale Besonderheiten und Denkmalwerte

Über die regionaltypische Bauweise und die Ortsbildcharaktere hinaus gibt es lokal-spezifische Be- sonderheiten in den baulichen und städtebaulichen Merkmalen, die nachfolgend besondere Erwäh- nung finden. Ebenso werden die lokalen Denkmalwerte zusammengefasst dargestellt. Anzumerken ist, dass die Gebäude der Ortschaften eher zweckmäßig und einfach gebaut wurden. Schmuckformen und Zierrat an Balkenköpfen und Sparren sind selten.

Ortsteil Adorf Baudetails: Große Einzelgebäude, kleine bescheidene Bürgerhäuser, Zwei-, Drei- und Vierseithofan- lagen mit großen Scheunen und häufig schmalen langgestreckten eingeschossigen Remisen. Gebäu- destellung trauf- und giebelständig, in Anlehnung an den Straßenverlauf. Auffallend verzierte Ortgänge bei Krüppelwalmdächern. An diesen Gebäuden mit Heimatstilelementen treten größere Dachüberstände auf, mit verzierten Balkenköpfen oder Sparren.

Gebäude: Verputzte, meist zweigeschossige, in Einzelfällen auch dreigeschossige Massivbauten mit Ziegellaibungen und –lisenen, Risaliten und Ziegelmauerwerksbauten und Fachwerkhäuser mit Schie- ferverkleidungen, geprägte Blechplatten mit Mauerwerks- oder Schuppenstruktur. Auffallende Fens- tererker, Zwerchhäuser. Verschieden hohe Sockel und ein-, häufiger zweiläufige Freitreppen zu den Hauseingängen mit schmiedeeisernen Geländern in Anpassung an die topographischen Bedingun- gen. Natursteinmauern zur Grundstückseinfassung.

Steile Satteldächer, Mansardgeschosse, Walmdächer, Giebel- und Schleppgauben. Balkone mit schmiedeeisernen Brüstungen an den jüngeren Ziegelbauten aus der Zeit der industriellen Entwick- lung.

Kulturdenkmale: 25 erfasste Fachwerkwohnhäuser, Toreinfahrten und Besucherbergwerk als Einzel- kulturdenkmäler. 75 Hofanlagen als geschützte Gesamtanlagen im „historischen Ortskern“.

Ortsteil Benkhausen

Baudetails: Einfache schmucklose Fachwerkgebäude und massive Ziegelgebäude, jedoch zu großen Hofanlagen zusammengefügt.

Kulturdenkmale: Ein Fachwerkwohnhaus als Einzeldenkmal. Fünf Hofanlagen als geschützte Ge- samtanlagen des „historischen Kerns“.

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Ortsteil Deisfeld

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhaus – Fachwerk oder Massivbau aus Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Drei Einzeldenkmale, elf Hofanlagen und ein Kapellengebäude in der Gesamtanla- ge „historischer Ortskern“.

Ortsteil Flechtdorf

Baudetails: Klosteranlage bestehend aus zweigeschossigen Fachwerkgebäuden, Scheunenanlagen und der Klosterkirche. Weitere historisch wichtige Gebäude stehen in der Klosterstraße und in der Niederen Straße.

Kulturdenkmale: Sieben eingetragene Kulturdenkmale. 24 Gebäude in der Gesamtanlage im „histori- schen Ortskern“ rund um die Klosterkirche.

Ortsteil Giebringhausen

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhaus – Fachwerk oder Massivbau aus Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Drei Einzeldenkmale, 23 Gebäude in der Gesamtanlage im „historischen Ortskern“.

Ortsteil Heringhausen

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhaus – Massivbau aus Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Drei Einzeldenkmale, 20 Hofanlagen in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

Ortsteil Ottlar

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhäuser – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Zwei Einzeldenkmale, eine Hofanlage in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

Ortsteil Rhenegge

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhaus – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk um die große Hofanlage Meierhof ge- baut.

Kulturdenkmale: Fünf Einzeldenkmale, 26 Hofanlagen in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

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Ortsteil Schweinsbühl

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhäuser – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Zwei Einzeldenkmale, keine Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

Ortsteil Stormbruch

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhäuser – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Vier Einzeldenkmale, 29 Hofanlagen in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

Ortsteil Sudeck

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhäuser – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Sechs Einzeldenkmale, 13 Hofanlagen in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

Ortsteil Vasbeck

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhäuser – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: Vier Einzeldenkmale, 29 Hofanlagen in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

Ortsteil Wirmighausen

Baudetails: Einfache historische Fachwerkgebäude und massive zweigeschossige Ziegelbauten. Wohnhäuser – Massivbau aus Fachwerk oder Ziegelmauerwerk.

Kulturdenkmale: 13 Einzeldenkmale, 62 Hofanlagen in der Gesamtanlage „historischer Ortskern“.

4.17 Gestaltungsmöglichkeiten im Gebäudebestand

Die nachfolgenden Fotos zeigen ergänzend zu der Vorlage „Regionales Bauen in Hessen“ (2012) beispielhaft auf, wie neue Bauteile und -elemente an vorhandene Gebäude so angefügt werden kön- nen, dass sich eine Förderfähigkeit ergibt. Sie geben außerdem vor, wie Neubauten gestaltet sein sollten, damit sie sich in die vorhandene Hauslandschaft eingliedern und somit eine Förderfähigkeit erlangen können.

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4.18 Neu- und Ersatzbauten und bauliche Erweiterungen

Neubauten und Ersatzbauten in den Ortskerngebieten sollen sich in die vorhandene städtebauliche Umgebung einfügen. Dies betrifft neben der Materialwahl, die Größe und die Kubatur des Gebäudes, die Dachneigung, die Fassadengestaltung wie auch die Hausöffnungen. Dabei kann es sich um grö- ßere liegende Gebäude handeln, die den traditionellen landwirtschaftlichen Gebäuden entsprechen, aber auch um kleine schmale Gebäude, die innerörtliche Baulücken füllen. Mitunter sollen kleine Anbauten zur Funktionsverbesserung zusammengeführt werden. Auch solche Maßnahmen sollten unter Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Dimensionen geschehen. An- und Ausbauten an vorhandenem Altbaubestand sollten den gleichen Regeln folgen. Neue, mo- derne Akzente sind ebenfalls zulässig und erwünscht, jedoch muss die Gesamtwirkung von alt und neu harmonisch sein. Auch die Siedlungshäuser des 20. Jahrhunderts können im Rahmen von Modernisierungs- und Um- baumaßnahmen neue bauliche Akzente erhalten. Diese sollten jedoch auf die eigene Architekturspra-

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che dieser Gebäude eingehen, die Größenvorgaben und den Baucharakter aufgreifen und weiterent- wickeln. Dies gilt auch für mögliche Ersatzbauten. Gebäudeöffnungen: Bei Scheunenausbauten kann die alte Toröffnung zur Belichtung geöffnet wer- den. Das alte Tor sollte ablesbar bleiben.

Windfänge, Eingänge, Vordächer und Treppen: Als Material bieten sich Glas, Zink, Stahl, Holz und Ziegel an.

Anbauten an Siedlungshäusern

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Das ursprüngliche Erscheinungsbild des Siedlungshauses kann auf moderne Weise interpretiert wer- den. Dies ist im Einzelfall mit dem Fachdienst abzustimmen.

5. Abgrenzung der Fördergebiete

Die Fördergebiete in den einzelnen Ortsteilen sind auf den beigefügten Einzel-Karten dargestellt. Die kartografischen Empfehlungen der WI Bank wurden übernommen. Der alte Ortskern (bis zum Jahr 1950) eines Dorfes ist grün markiert, zu dem alten Ortskern gehörende Gesamtanlagen Kulturdenk- mal sind rosa markiert. Siedlungsgebiete, welche nach 1950 entwickelt und über einen nicht überpräg- ten Charakter verfügen, sind gelb markiert. Denkmalgeschützte Einzelgebäude haben eine rote Mar- kierung. Die Dorfentwicklungs- bzw. die Fördergebiete wurden mit einer grünen unterbrochenen Linie begrenzt. Baugebiete sind durch eine blaue, unterbrochene Linie begrenzt und mit dem Ausweisungsdatum versehen. Siedlungsgebiete außerhalb der Grenzen rechtsgültiger Bebauungspläne wurden weiß belassen. Die in das Fördergebiet aufgenommenen blau markierten historischen Außenbereichsge-

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bäude (Höfe, Mühlen) und gelb markierten Siedlungsgebiete, welche einen nachweisbaren Bezug zur Innenentwicklung der Ortsteile haben, wurden in den jeweiligen Ortsteilbeschreibungen erläutert und sind über eine Kürzel dem Textteil zuzuordnen. Im Rahmen der Bestandserfassung wurden aktuelle Leerstände in den einzelnen Orten erhoben, die- se wurden blau schraffiert. Aufgrund der geringen Einwohnerzahl der 13 Diemelseer Ortsteile ist keine Abgrenzung zur Städtebauförderung erforderlich.

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6. Literatur- und Quellenverzeichnis

Denkmaltopographie Landkreis-Waldeck-Frankenberg

Fachwerkhäuser restaurieren – sanieren – modernisieren

Gemeinde Diemelsee: Dorfentwicklungsplan Flechtdorf und Deisfeld

Gemeindearchiv Diemelsee

Materialien und Verfahren für eine dauerhafte Instandsetzung, Wolfgang Lenze

Ortsgeschichte Benkhausen, Giebringhausen, Rhenegge, Schweinsbühl

Regionales Bauen in Hessen; Grundlagen zum Bauen im ländlichen Raum; Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlicher Raum und Verbraucherschutz

Siedlungshäuser der 1930er bis 1960er Jahre modernisieren von Johannes Kottje

Vom Altbau zum Effizienzhaus Hrsg. Ingo Gabriel, Heinz Ladener

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