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Jobst C. Knigge Feltrinelli – Sein Weg in den Terrorismus Humboldt Universität (open access) Berlin 2010 1 2 3 4 INHALTSVERZEICHNIS.............................................................................5 EINLEITUNG................................................................................................7 HERKUNFT Eine der reichsten Familien Italiens..............................................................11 Die Eltern......................................................................................................12 Der Millionenerbe.........................................................................................16 SUCHE NACH DEM EIGENEN WEG Politische Anfänge........................................................................................17 Der eigene Verlag.........................................................................................18 Das Feltrinelli-Institut...................................................................................20 Enttäuschung über die KPI...........................................................................20 Der Fall „Doktor Schiwago”.........................................................................21 „Der Leopard” – Nostalgie eines Landadligen..............................................22 Erfolgreiche Jahre des Verlages....................................................................23 Vier Ehefrauen...............................................................................................26 KUBA UND GUERILLA Kuba..............................................................................................................29 Bolivien.........................................................................................................33 Vorbild Che Guevara..........................................................................................37 Vorbild Tupamaros.......................................................................................39 AUFGABE DER BÜRGERLICHEN EXISTENZ Die Wende.....................................................................................................41 Der Niedergang des Verlags..........................................................................43 Sardinien - ein Kuba im Mittelmeer?............................................................45 Studentenrevolte............................................................................................48 Feltrinelli und Rudi Dutschke.......................................................................50 „Sturz des Kapitalismus”...............................................................................61 Der „Heiße Herbst“ von 1969...........................................................................63 5 WEG IN DEN UNTERGRUND Lehren der Resistenza: Die Gründung der GAP...........................................67 Das Mailänder Attentat....................................................................................72 Die Strategie der Spannung...........................................................................76 Staatsstreichversuch............................................................................................78 Im Untergrund…...........................................................................................79 Kontakt zur Familie........................................................................................82 Die GAP in Aktion.........................................................................................83 KONTAKT ZU ANDEREN GRUPPEN Nur eine Gruppe unter vielen........................................................................87 Die Bande des XXII. Oktober.......................................................................89 Potere Operaio...............................................................................................91 Lotta Continua..............................................................................................98 Rote Brigaden..............................................................................................100 Die RAF.......................................................................................................106 Manifesto.....................................................................................................110 WEG IN DEN TOD Attentat auf US-Botschaft in Athen.............................................................113 Feltrinellis Pistole und das Attentat auf den Guevara-Jäger.......................113 Tamara Bunke...............................................................................................120 Spurensuche im Untergrund.........................................................................121 Das Attentat von Segrate..............................................................................124 War es Mord?................................................................................................130 Die Beerdigung.............................................................................................139 ZUSAMMENFASSUNG.............................................................................141 LITERATURVERZEICHNIS......................................................................149 PERSONENVERZEICHNIS........................................................................153 6 EINLEITUNG In keinem anderen europäischen Land hat der politische Terrorismus eine so tiefe und so lang andauernde Verbreitung gefunden wie in Italien. Einer der Hauptgründe war der starke Rückhalt der kommunistischen Partei in der Bevölkerung. Im Unterschied zu Deutschland gab es hier noch eine echte Arbeiterklasse, von der Teile zum Klassenkampf bereit waren. Etwa ein Drittel der Italiener, darunter auch ein beträchtlicher Teil des Linksbürgertums, bezeichnete sich Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Kommunisten. Darunter waren viele Jugendliche, die sich, von der offiziellen Parteilinie der KPI enttäuscht, außerparlamen- tarischen, linksradikalen Gruppen anschlossen, die ihre revolutionären Ziele auch unter dem Einsatz von Gewalt erreichen wollten. Dagegen war Ulrike Meinhof mit einer Vergangenheit als Mitglied der illegalen Kommunistischen Partei unter den deutschen Terroristen eine große Ausnahme.1 Auch wenn sich die KPI klar vom gewaltsamen Kampf distanzierte, gab es in Italien wesentlich mehr Sympathisanten mit den Terroristen als entsprechende Bewegungen in Deutschland fanden. Da sich auch die Terroristen auf den Marxismus beriefen, sahen viele KPI-Mitglieder in ihnen radikale Compagni, auch wenn sie deren Mittel nicht billigten.2 Auch existierte in Italien noch aus der Zeit der Resistenza gegen den Nazi- Faschismus eine anti-faschistische Widerstandstradition mit der Verherrlichung der Partisanen. Echte Partisanen und ihre Ideen beeinflussten direkt den italienischen Terrorismus. In Deutschland verlief die Entwicklung über einen Umweg. Vom Nationalsozialismus in die Emigration getriebene Autoren der Frankfurter Schule wie Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und Herbert Marcuse wirkten auf die Protestbewegung der 60er Jahre. In Italien hatte das gesamte politische Parteiensystem versagt, das aufkommende italienische Wirtschaftswunder mit den notwendigen sozialen Reformen zu begleiten. Die Politiker - auch die Kommunisten - waren vor allem mit dem Streit untereinander oder damit beschäftigt, Vorteile für ihre Parteimitglieder herauszuholen. Die große Koalition der Linken Mitte aus Christdemokraten und 1 Ulrike Meinhof war seit 1959 Mitglied der illegalen KPD. (siehe Jürgen Seifert, Ulrike Meinhof , in: Wolfgang Kraushaar (Hrg.): Die RAF und der linke Terrorismus, Bd. 1, Hamburg 2006, S. 350 ff . ) 2 Johannes Hürter zieht aus all diesen Gründen den Schluss: „Das gab den italienischen Linksterroristen eine deutlich breitere soziale wie moralische Basis und ermöglichte es ihnen ‚effizienter„ zu agieren als ihre Genossen in der westdeutschen ‚Stadtguerilla„.” (Hürter: Anti- Terrorismus-Politik, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 3 (2009), S. 331. 7 Sozialisten mit einer Gruppe kleinerer Partner hatte sich fest etabliert. Ein grundsätzlicher Wandel schien aussichtslos. Soziale Gerechtigkeit war für das politische System ein Fremdwort. Der Staat repräsentierte keine moralische Kraft, und gegen ihn und seine Institutionen gab es ein tiefes Misstrauen in der Bevölkerung. Für viele Italiener war der Staat seit jeher der Feind. Der italienische Kapitalismus, basierend auf geringen Löhnen, geringen Sozialleistungen und der Bereitstellung massenweiser ungelernter Arbeiter aus dem unterentwickelt zurückgelassenen Süditalien geriet Ende der 60er Jahre in die Krise, die im „Heißen Herbst” von 1969 gipfelt. Die sozial Randständigen und Benachteiligten rebellierten. Der Terrorismus war „ein Produkt der italienischen Gesellschaft”, schreibt Severino Galante.3 Seine Wurzeln lagen in den ungelösten sozialen Problemen des Landes, in der Enttäuschung vieler Anhänger der KPI über den Verzicht der Partei auf eine wirkliche Revolution, in der Frustration, dass die Studentenbewegung von 1968 keine wirklichen Fortschritte gebracht hatte und in der vor allem durch studentische Ideologen angeheizten Unruhe in industriellen Großbetrieben Norditaliens, aus denen sich viele Terroristen rekrutierten. Im Universum der tausende Anhänger zählenden Gruppen, die den Weg zum gewaltsamen Umsturz des Systems einschlugen, war Giangiacomo Feltrinelli eine Ausnahmepersönlichkeit. Die anderen Führer entstammten fast sämtlich aus der Kriegs- oder Nachkriegsgeneration. Der