Jürgen Schreiber SiestarbwieCheGuevara Die Geschichte der Monika Ertl

Artemis & Winkler Archivrechtliche Bestimmungen machten es notwendig, das Gros der mit dem Mordfall Quintanilla befassten Personen zu anonymisieren. Aus Gründen des Informations- schutzes sind die Namen von Gesprächspartnern aus der linken Szene durch Kürzel ersetzt.

Bildnachweis: Seite 137-146, 151f.: ą Privat Seite 147 f.: ą SouthAmericanPressService,LaPaz

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ą 2009 Patmos Verlag GmbH & Co. KG Artemis & Winkler, Düsseldorf Alle Rechte vorbehalten. Autorenfoto Umschlagklappe: ą Oliver Jung Umschlagmotiv: ą Privat Umschlaggestaltung: Hauptmann und Kompanie Werbeagentur, München – Zürich Printed in ISBN 978-3-538-07274-9 www.patmos.de »La Dolorida« Meine Suche nach Monika Ertl beginnt in der Bibliothek des Münchner Franziskanerklosters St. Anna. Zugegeben, die Fährte eines Kapitalverbrechens im Kloster aufzunehmen, ist zunächst befremdlich. Ebenso paradox erscheint es, in München die Um- stände der grässlichen Bescherung in der Hamburger Heilwig- straße ergründen zu wollen. Ich hatte aber gelesen, die bayeri- schen Ordensbrüder seien seit 1951 in Bolivien missionarisch tätig. In St. Anna suche ich Kontakt zu Reinaldo Brumberger von der bolivianischen Pfarrei Concepcion, ´ einem Bekannten der deutschen Auswandererfamilie Ertl. Bruder Augustin an der Pforte frohlockt: »Da hams Glück.« Der Pater sei auf Heimat- urlaub in München. Er habe sogar eine Handynummer. Ihm, Bruder Augustin, sei erlaubt, diese auch herauszugeben. Am anderen Tag bin ich mit Reinaldo Brumberger verabre- det. Wenige Ausgangspunkte für Reportagen können es an Reiz mit St. Anna aufnehmen. Die Kanzel des Rokoko-Baus ist von Christus als Weltenrichter bekrönt. Über dem Altarblatt jubilie- ren weihrauchschwenkende Engel. Indianer repräsentieren die Neue Welt. Es wimmelt von Heiligen, die vom reflektierenden Licht in goldenen Schimmer getaucht werden. Beichtstühle gemahnen an unsere Sünden. Ich hatte einen Mönch in brauner Kutte und mit Tonsur erwartet. Brumberger kommt in Zivil durch den Bogengang, im blauen Hemd mit Schulterklappen. Der stattliche Hirte überragt seine Schäfchen meist um Haup- teslänge. Reinaldos gediegenes Münchnerisch hat einen spani- schen Einschlag. Wir tauschen E-Mail-Adressen aus. Der Pater verspricht, auf Post rasch zu antworten. Er versteht, worum es geht. Um Monika Ertl, um Imilla. Im Antoniuskalender 2005 hatte der Geistliche zwischen Ar- tikeln zu Meditation und Heilermönchen einen Aufsatz über » und die Wirren der revolutionären Vergangen-

20 heit« publiziert. Dabei war er auf Monika Ertl und ihre »Na- tionale Befreiungsarmee«, eln, zu sprechen gekommen. Am be- wussten 1. April trug die eln den Dschungelkampf nach Ham- burg. Indem sie Quintanilla zu ihrem ersten Opfer in Europa machte, weitete sie ihren Radius »ins Herz des Imperialismus« aus. Wir sind überall und auch hier, bedeutete das. Für die Akteu- re fügt sich der Mord in »weltrevolutionäre Zusammenhänge«. Jeder Anschlag ist sein eigenes Modell, Nuancen anders als das Muster, dem er nachempfunden ist. Die politische Lage in Bolivien durch die Exekution einer Symbolfigur erklären zu wol- len, ist so eine Sache. Quintanillas Tod fern der Heimat sollte den Focus auf regierungsamtliche Morde und Folterungen richten, ein Licht auf die inneren Zustände werfen, die hierzulande herz- lich wenig interessierten. Deshalb gingen Ches Nachfolger in die Offensive, spekulierten auf Stimulans für den Krieg im Landesin- neren und die Schlagzeilen, die sie bekamen. Die Welt kennt ihr Verbrechen. Die Brutalität, mit der Quintanilla gemeuchelt wurde, war bei einem Diplomaten kaum erklärbar. Wohl aber bei einem ehemaligen Geheimdienstchef. Wie sich nach und nach heraus- stellte, gehörte der Anschlag zum zeitlosen Märtyrerdrama um Ernesto Guevara. Deshalb hallen die drei Schüsse aus der Heil- wigstraße 125 bis heute nach. Beim ersten Gespräch mit dem Franziskaner konnte ich nicht ahnen, in welche Unglückstrilogie Monikas Geschichte aus- ufern und wohin sie mich führen würde. Und dass am Ende die gängigen Storys über den Mord an Roberto Quintanilla Pereira umgeschrieben werden müssten. Ebenso geschmäcklerische Schmonzetten über eine Kriegerin ohne Uniform aus Guevaras »Nationaler Befreiungsarmee«. An der Elbe hätte 1971 jedoch kein Polizist zu behaupten ge- wagt: »Ich kenne die eln.« Die erste Agenturmeldung drückte den Tatbestand umständlich aus: »In diplomatischen Kreisen der Hansestadt wurde die Ansicht geäußert, dass der Anschlag

21 möglicherweise politische Hintergründe habe.« Die europäi- sche Öffentlichkeit hatte den im Dschungel gestrandeten Che fast schon wieder vergessen. Niemand hätte der Kriminalpolizei außer in Schlagwörtern sagen können, was die Guerilla mit einem spektakulären Attentat in ihrem Zuständigkeitsbereich letztlich erreichen wollte. Bis dahin hatte die eln nur daheim be- wiesen, bei der Wahl ihrer Mittel nicht wählerisch zu sein. Auf einen Mord kam es ihr nicht an. Auch der ddr-Staatssicherheit, die den Befreiungsbewegungen näherstand, fiel zum Stichwort eln wenig ein. Sie nannte Guevaras Verein »Sozialrevolutionär- nationalistisch«,wasnichtserklärt. Wie für den Erdkunde-Unterricht der Oberstufe liest sich denn auch eine zu den Akten genommene Handreichung für die Mordkommission: Bolivien liege zwischen dem 10. und 23. Grad südlicher Breite und dem 58. und 69. Grad westlicher Länge, hat 3 852 000 Einwohner, davon über 450 000 in La Paz. National- feiertag am 6. August. Die Landessprache sei Spanisch, gespro- chen werde auch Quechua und Aymara. Der am 7. Oktober 1970 gewählte Präsident heiße Juan Jose ´ Torres. Die auf »ca. 80 Mann« geschätzte eln sei »castroistisch«. Ihr Operationsgebiet liege in den Provinzen Beni, La Paz und Santa Cruz. Nach wie vor halte sie an der ideologischen und taktischen Linie Guevaras fest. Dann folgt eine bemerkenswerte Einschätzung, die zwischen den Zeilen Raum für Sympathien lässt: »Alleingelassen und einem entbehrungsreichen wie gnadenlosen Leben in den stadtfernen Zonen ausgesetzt, versucht die eln einen Kampf, dem z. Zt. keine große Bedeutung zugemessen werden kann.« Von möglichen Hintermännern ist nicht die Rede. Zu Quintanilla hat die Kripo immerhin mitzuteilen: »An- geblich« solle der ermordete Generalkonsul Chef des boliviani- schen Geheimdienstes gewesen sein. »Dieser leitete auch später die Jagd nach der Guerilla-Truppe, bei der am 7. Oktober 1967 Che Guevara gefasst wurde.« Che wurde am 8. Oktober gefasst. Niemand kannte Monika Ertl. Wer sie kannte, hätte ihr bis zu

22 diesem Zeitpunkt das Talent nie zugetraut, sich unsichtbar zu machen. Erstmals hörte Pater Reinaldo ihren Namen, als er den schwermütigen Erzählungen ihres Vaters lauschte. Endlos habe der über den Untergang seiner Monika klagen können. Nach ihrer Erschießung 1973 lebte der gebürtige Bayer nur noch in seiner eigenen Vorstellungswelt auf der im - nischen Tiefland versteckten Farm »La Dolorida«. Die Hacien- da zählte neben drei Dutzend entlegenen Indianer-Dörfern zur riesigen Pfarrei Concepcion ´ mit der zum Weltkulturerbe ge- hörenden »Kirche der Unbefleckten Empfängnis«. Der aus Kol- bermoor stammende Ertl war ein grandioser Alpinist, Filme- macher, »Wochenschau«-Reporter und Buchautor gewesen. Er taucht in sämtlichen Annalen bezwungener Gipfel auf. Berichte kürten ihn nachträglich zum »Messner der 30er Jahre«. Athle- ten wie der »Hannes« setzten Maßstäbe, schafften, was vor ihnen keinem gewöhnlichen Sterblichen gelungen war. Hoch- kletterer bleiben Helden, an ihrem Status ist nicht zu kratzen. Nach Anfangsjahren in La Paz verkroch sich Ertl 1960 im Dschungel. Eigenhändig rang er dem unzugänglichen Landstrich am Südrand des Amazonasbeckens die Koppeln für seine Farm ab. Wer einen dermaßen entlegenen Standort wählt, wünscht keinen Umgang mit der brodelnden Welt. Die Bolivien-Akten im Berliner Außenministerium lokalisierten den Außenposten fol- gendermaßen: »einige Jeep-Stunden von Concepcion ´ entfernt, das seinerzeit in etwa einer Flugstunde von Santa Cruz aus zu erreichen« war. Man könnte hinzufügen, in vierstündiger Schlin- gerfahrt mit dem Jeep über Schlaglochpisten. Bei Ertls Einwan- derung verzeichnete die klappbare Landkarte des Reiseführers kaum asphaltierte Straßen. Dafür lockten Fundplätze für »Gold«, »Silber«, »Heilkräuter« und »Gummi-Arabicum«. Wochen vergehen. Dann kommt aus Santa Cruz de la Sierra ein dicker Luftpostbrief mit rot-gelb-grünen Streifen. Außen prächtige Briefmarken mit dem Zwergsultanhuhn, »Porphyrula

23 martinica«, das Köpfchen purpurfarben mit hellblauem Stirn- schild. Drinnen Fotos von Ertls Beerdigung. Im Herbst 2000 zelebrierte Reinaldo für den fast Vergessenen morgens um zehn die Totenmesse. Knapp dreißig Menschen scharten sich um den Pater. Sie blickten auf ein schlichtes Kreuz, an der Wand span- nen sich Kaiman- und Anakonda-Häute in ihrer prähistorischen Struktur zu einem seltsamen Ensemble. Mittendrin Brumberger, würdevoll mit lila Stola, umgeben von etlichen in farbenfrohe Stoffe gehüllten Frauen und Männern indianischen Einschlags. FürsiewarHansErtl»DonJuan«. Der aufgebockte Sarg des 92-Jährigen war eher eine mit Hibiskusblüten geschmückte Kiste – die Lieblingsblume seiner Monika. Wer am 21. Februar 1908 in Deutschland geboren wird und am 23. Oktober 2000 in Bolivien stirbt, hat den Aus- bruch des Ersten Weltkriegs miterlebt, den Zweiten mitge- macht, Throne stürzen, Imperien samt Ideologien untergehen, Atombomben explodieren, Astronauten auf dem Mond landen sehen. Der im Kloster geschreinerte Sarg kommt mir auf den Bil- dern überraschend klein vor für eine Person, die Monikas wegen in meiner Vorstellung sehr viel Platz einnimmt. Die sagenumwobene Gestalt starb in den Armen der jüngsten Tochter Beatrix. Seit über dreißig Jahren war Trixi – »alle nennen mich Trixi« – nicht mehr in Deutschland, trotzdem beherrscht sie ein lupenreines, zumal kehlig aus dem Telefon herüberschallen- des Bayerisch; unterlegt mit diesem Knistern von Billignummern und dem Gebell ihrer fünf Hunde. Ich nahm es als ein gutes Omen, dass sie just in der deutschen Botschaft stand, als ich dort nach ihr fragte. Mit Sinn für Atmosphärisches machte Trixi aus dem Fernsprecher ein Gerät tiefer Resonanzen. In den vielen Mo- naten sind mir ihre gesundheitlichen Schwankungen und Krisen nicht entgangen. Erinnerungen an Monika krochen durchs Ka- bel, die sie lange mit sich herumgetragen hatte und die uns in die fragliche Zeit versetzten. Nach vielen Jahren öffneten sich die Schleusen. Ich habe ein Vermögen vertelefoniert, sie schickte flei-

24 ßig Fotos und Filmdokumente. Ein dickes Kuvert trug die Son- dermarken zu Guevaras 40. Todestag. Trixi organisierte die Beerdigung. Ein einfacher Holztisch diente als Altar. Weiße Kerzen brannten. Den Leichnam be- deckte die bayerische Rautenfahne. Ertls spitze Nase lugte her- vor, sein schlohweißer Vollbart. Auf dem Kopf saß die Gebirgs- jägermütze mit Edelweiß, die er auch für den Tod nicht abnahm. Sein letztes Hemd war eine fleckige Bundeswehrjacke, die Füße steckten in derbem Schuhzeug. Er wurde in den Kleidern beerdigt, die man an ihm in Filmen über sein bizarres Leben sah. Sein beklagenswertes Äußeres ließ nur den Schluss zu, der Träger habe jeden Ehrgeiz aufgegeben, nach was aussehen zu wollen. Er fand auf einer von Araukarien markierten Erhebung seine letzte Ruhe. Die Bäume, Fichten ähnelnd, hatte er selbst gesetzt, Monika könnte dabei gewesen sein. Das Grab hatte er in seinem Beisein ausschaufeln und mit roten Backsteinen ausmauern lassen. Ein Beutelchen Heimat- erde streute er schon hinein – im weiß-blauen Säckchen aus München per Luftpost in den Urwald geschickt. Rundum wogt »Jesuitengras«. Zu der Sorte rieten ihm die Franziskaner. Die treuen Verbündeten hatten ihm zu der Hacienda verholfen, eine Investition von 300 Dollar. Dafür nannte er gut 2500 Hektar Grund sein Eigen. Die Farm hieß »La Dolorosa«, die Schmerz- volle, wurde in »La Dolorida« umgetauft, die Schmerzende. Beides traf zu. Man musste schon was für Räuberhöhlen übrig haben, um sich in Ertls provisorisch anmutende Kate zu trauen. Für den Urwald war es ein Palast. Eine Hütte ist es für jemand gewesen, der als Fil- memacher in wohlbestellten Häusern willkommen war. Seine Hacienda befand sich im Stadium pittoresken Verfalls. Nicht um- sonst zog es Hippies, meist weibliche, zu ihm. Am Wegesrand begrüßte das Schild »Mein Freistaat Bayern« die Besucher und betonte die Zugehörigkeit, vor der er doch geflohen war. Er um- gab sich mit einem Dutzend Schäferhunden, die ungute Assozia-

25 tion »Deutsch« stellte sich ein, zumal Ertl von »meiner Leib- garde« sprach. Klar,die»Dolorida«hattebessereTagegesehen.Gleichgültigge- genüber der Gegenwart hatte der Eremit hingenommen, wie sein mühsam errichteter Besitz verkam. Der Regenwald verleibte sich dieFarmwiederein.EinststelltesieeinenVorpostendesFortschritts mit holpriger Landepiste dar. Für Piloten schwer anzupeilen, trotz der aufs Hausdach gepinselten rot-weißen Signalmarkierung. Boten aus Concepcion ´ mussten zeitig die Ankunft von Fliegern melden, damit Ertl seine Kühe von der Bahn räumen konnte. Tochter Beatrix, ein kleines Mädchen, als die Familie Bayern hinter sich ließ, hatte die ersten fünf »Dolorida«-Jahre miter- lebt. Das Gras wuchs zweieinhalb Meter hoch. Keine Kuh fraß die dicken Stängel. Mückenschwärme prasselten auf die Zelt- planen. Noch heute ekelt sie sich beim Erzählen vor den Schlan- gen und Viechern, die im Blattwerk kreuchten und fleuchten. Unter der Woche besuchte Ertls Jüngste die von strengen Schwes- tern geführte Nonnenschule in Concepcion. ´ Trotz brütender Temperaturen waren ärmellose Kleider verboten. Die Schülerin- nen trugen weiße Einheitskittel. Ihr Vater hatte die schlanken Muskeln des Bergkönigs behal- ten. Die brauchte er nun, um dem Vieh mit einem Eisen sein Brandzeichen in die Flanken einzubrennen. Die Jahre verwan- delten ihn zusehends in einen redseligen Kauz. Ertl setzte seinen Zuhörern weit ausholend Monikas schier unglaubliche Vita aus deutschen und bayerischen Bruchstücken zusammen. Auf müden Füßen schlurfte er am Spazierstock neben Repor- tern durch das ewige Provisorium seiner Hexenküche. Abge- rissen, wie er war, konnte man sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er in den Dreißigern Leni Riefenstahls Favorit ge- wesen war und das Wohlbefinden eines Champions ausgestrahlt hatte. Besucher kamen in ein schlimmes Durcheinander. Unge- waschenes Geschirr stapelte sich. Dazwischen strichen Katzen herum. Ein Jaguarschädel hing an der Zimmerwand. Über allem

26 der peinigende Geruch von Fäulnis und Zerfall. Ertl konnte nichts wegschmeißen, als ertrüge er nach Monikas Tod keinen weiteren Verlust. Mit der Zeit hatte die Hacienda etwas Verwunschenes. Jeder Winkel war mit grauen Spinnweben behangen. Tausend Sachen lagen verstreut, Yahama-Motoren, aufgebockte Autos, Achsen, zerschlissene Sessel, Konservendosen, verrostete Seilwinden, Kübel voller Nägel, zerbeulte Kanister, Kabel liefen ins Nichts. Er ließ alles stehen und liegen. In Weingläsern mit Kristallschliff badeten Mücken. An der »Tippa«-Reiseschreibmaschine blät- terte der Lack. Sein Kreiselstativ vom Olympiafilm 1936 drehte sich aber noch. Der Ausschuss eines Lebens. Trödler hätten ihre Freude daran gehabt. In einer Rumpelkammer musste der weit gereiste Silberpokal aus Como für Ertls Winterolympia-Werbefilm sein, ein Über- bleibsel des Erfolgs, der nicht nur Monika beeindruckt hatte. Wo war die auf Holz gemalte Madonna mit dem Jesuskind geblie- ben? Die schenkte ihm 1943 eine Bäuerin aus dem russischen Pri- morski, der »Wochenschau«-Filmer hatte ihr seine Filzstiefel abgetreten. Ertl hortete Souvenirs, wie sie Emigranten einpa- cken, die für immer gehen, aber ein paar Devotionalien ins Exil retten wollen. Er hatte zwanzig Dollar in der Geldtasche, nicht viel, bei einem Sarg für hundertfünfzig Dollar. Der Dorfpfarrer hatte noch einiges Geld von Tochter Heidi für ihn gespart.

Abschied ohne Wiederkehr

In den Ruinen seiner Träume monologisierte Ertl in einem fort über Monika. Man hätte meinen können, die Reden seien an die Sittiche, Grillen, Papageien, Schmetterlinge, Wasserschweine gerichtet gewesen. Auch an Myriaden von Mücken und sonstige

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