Deutscher Bundestag Drucksache V/1032 5. Wahlperiode

Bundesrepublik Deutschland Der Bundeskanzler Bonn, den 25. Oktober 1966 I 2 - 31109 - 2876 - 66

An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages

Hiermit übersende ich den von der Bundesregierung be-- schlossenen

Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 23. November 1964 zwischen der Bundesrepu blik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Tiber die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet

nebst Begründung mit der Bitte, die Beschlußfassung des Deut- schen Bundestages herbeizuführen.

Der Vertrag und das dazugehörige Schlußprotokoll in deutscher Sprache sowie eine Denkschrift nebst einer Anlage sind bei- gefügt.

Federführend ist der Bundesminister des Auswärtigen.

Der Bundesrat hat in seiner 299. Sitzung am 14. Oktober 1966 gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben. Er ist der Ansicht, daß das Gesetz seiner Zustimmung bedarf.

Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Mende Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 23. November 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- rates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1 Dem in im Breisgau am 23. November 1964 unterzeichneten Vertrag zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Schweizerischen Eid- genossenschaft über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zoll- gebiet nebst Schlußprotokoll und Anlage wird zu- gestimmt. Der Vertrag, das Schlußprotokoll und die Anlage werden nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2 Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes fest- stellt. Artikel 3 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Ver- kündung in Kraft. (2) Der Tag, an dem der Vertrag nach seinem Artikel 44 Abs. 2 sowie das Schlußprotokoll und die Anlage in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt be- kanntzugeben.

Begründung

Zu Artikel 1 Zu Artikel 3 Der Vertrag nebst Schlußprotokoll und Anlage be- Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Er- dürfen nach Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grund- fordernis des Artikels 82 Abs. 2 des Grundgesetzes. gesetzes der Zustimmung der für die Bundesgesetz- gebung zuständigen Körperschaften in der Form Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem der Ver- eines Bundesgesetzes, da sie sich auf Gegenstände trag nach seinem Artikel 44 Abs. 2 sowie das der Bundesgesetzgebung beziehen. Schlußprotokoll und die Anlage für die Bundes- republik Deutschland in Kraft treten, im Bundes- Die Zustimmung des Bundesrates ist nach Arti- gesetzblatt bekanntzugeben. kel 105 Abs. 3 des Grundgesetzes erforderlich, da der Vertrag in seinem Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe i eine Regelung über die Biersteuer enthält, deren Aufkommen gemäß Artikel 106 Abs. 2 Nr. 5 des Grundgesetzes den Ländern zufließt. Schlußbemerkung Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Zu Artikel 2 Ausführung des Gesetzes nicht mit Kosten belastet, Der Vertrag soll auch auf das Land Berlin Anwen- weil der Vertrag lediglich den faktisch bereits seit dung finden; das Gesetz enthält daher die übliche 1947 vollzogenen Zollanschluß Büsingens an das Berlin-Klausel. schweizerische Zollgebiet legalisiert. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

Vertrag

zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet

DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND und DER SCHWEIZERISCHE BUNDESRAT,

von dem Wunsche geleitet, die sich aus der besonderen geographischen Lage der Gemeinde Büsingen am Hochrhein ergebenden Beziehungen zur schweize- rischen Eidgenossenschaft den beiderseitigen Interessen anzupassen, sind über- eingekommen, einen Vertrag über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet zu schließen.

Sie haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland Herrn Ministerialdirektor a.D. Gerrit von Haeften Der Schweizerische Bundesrat: Herrn Minister Professor Dr. Rudolf L. Bindschedler. Rechtsberater des Eidgenössischen Politischen Departement.

die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben:

I. TEIL 7. Dünge- und Futtermittel, Sämereien, Pflanzen- schutz- und Unkrautvertilgungsmittel sowie son- Zollanschluß und Anwendung stige landwirtschaftliche Hilfsstoffe; schweizerischen Rechts H. landwirtschaftlicher Pflanzenschutz, ausgenommen staatliche Kostenbeteiligung im Zusammenhang 1. Abschnitt mit Hagel- und anderen Elementarschäden; Allgemeine Regelung 9. forstliches Saatgut und Forst pflanzen ; 10, Kartoffel Verwertung ; Artikel 1 11, Tierseuchenbekämpfung ; Das \ on der Schweiz umgebene Gebiet der Gemeinde 12, Treibstoffvergünstigung für die Landwirtschaft : Busingen am Hochrhein, im folgenden „Büsingen" ge- nannt, das vom deutschen Zollgebiet ausgeschlossen dl aus dem Bereich des Gesundheitswesens: bleibt, wird unbeschadet der politischen Zugehörigkeit I. Grenzsanitätsdienst; zur Bundesrepublik Deutschland dem schweizerischen Zoll- gebiet angeschlossen. 2. Leichentransporte, ausgenommen solche innerhalb einer Gemeinde; Artikel 2 3. Arzneimittelwesen und Heilmittelverkehr; (1) In Büsingen finden, soweit im folgenden nicht Son- 4. Sera und Impfstoffe; derregelungen vorgesehen sind, die schweizerischen (eid- 5. Arsenderivate; genössischen und kantonalen) Rechts- und Verwaltungs- 6. Verkehr mit Giften; vorschriften Anwendung, die sich auf folgende Gegen- 7. Betäubungsmittelwesen ; stände beziehen : 8. Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände; a) Zölle; 9. Absinth und anisierte Getränke; b) Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren; 10. Kunstwein und Kunstmost; c) aus dem Bereich der Landwirtschaft: e) wirtschaftliche Kriegsvorsorge und Kriegswirtschaft 1. Brotgetreidewirtschaft; (Versorgung der Zivilbevölkerung im Notstandsfall); 2. Erhaltung des Ackerbaus und Anpassung der land- f) technische Kontrolle \ on Erzeugnissen der Uhrenindu- wirtschaftlichen Produktion an die Absatzmöglich- strie; keiten, ausgenommen Pflanzenzüchtung, Saatgut- produktion und Zuckerrüben; gl Warenumsatzsteuer; 3. Tierzucht; h) fiskalische Belastung des Tabaks; 4. Verwertung, Abnahme und Preise landwirtschaft- licher Erzeugnisse sowie sonstige Vergünstigun- i) Steuern auf Bier und sonstige Getränke, soweit in gen; beiden Vertragsstaaten der Bund für die Gesetzgebung zuständig ist; 5. Milch und Milchprodukte; 6. Geflügelhaltung und Eierwirtschaft; k) gebrannte Wasser (Branntwein); Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode l) Kontrolle des Verkehrs mit Edelmetallen und Edel- (6) Besitzt ein Einwohner von Büsingen Vermögens- metallwaren; werte in der Schweiz, so kann die schweizerische Behörde gegen ihn wegen Forderungen gemäß Absatz 1 die Bei- m| Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs; treibung (Betreibung) auch in der Schweiz nach schweize- n) staatsgefährliches Propagandamaterial; rischem Recht vornehmen. Hierbei gilt die Stadt Schaft- hausen als Betreibungsort. o| Herstellung von Münzen (einschließlich Goldmünzen), die den schweizerischen Münzen in Gepräge, Gewicht oder Große gleich oder ähnlich sind. 2. Abschnitt. Die tür diese Gegenstände in der Bundesrepublik Sonderregelungen Deutschland geltenden Rechts- und Verwallungsvorschrit- ten finden in Büsingen keine Anwendung. Artikel 4 (2) Soweit nach Absatz 1 schweizerisches Recht An- Soll ein Gegenstand, an dem das schweizerische Zoll- wendung findet und im folgenden nichts anderes be- pfandrecht besteht, dem Inhaber ohne seine Einwilligung stimmt ist, steht Büsingen Schafthauser Gebiet gleich und weggenommen werden, so hat der ausführende schweize- kommt der Gemeinde Busingen am Hochrhein die gleiche rische Zollbeamte einen deutschen Zollbeamten hinzu- Rechtsstellung wie einer Gemeinde des Kantons Schatt- zuziehen, der darüber zu wachen hat, daß sich die Maß- hausen zu. nahme nicht von ihrem Zweck entfernt. (3) Soweit nach den in Absatz 1 für anwendbar er- klärten schweizerischen Rechts- und Verwaltungsvor- Artikel 5 schriften die Anwendung dieser Vorschriften oder die Erteilung von Bewilligungen an das Vorliegen von recht- (1) Folgende aus dem deutschen Zollgebiet nach Büsin- lichen Voraussetzungen gebunden ist, die die Einwohner gen v erbrachten und von Büsingen in das deutsche Zoll- von Busingen nicht erfüllen können, gelten diese Vor- gebiet zurückgebrachten Waren, die aus dem freien deut- aussetzungen als erfüllt, wenn sie nach den deutschen schen Verkehr stammen, sind von schweizerischen Ein- Rechtsvorschritten vorliegen oder nicht erforderlich sind. und Ausgangsabgaben einschließlich Warenumsatzsteuer sowie von wirtschaftlichen Ein- und Ausfuhrverboten und (4) Soweit nach Absatz 1 schweizerisches Recht An- -beschränkringen befreit: wendung findet und im folgenden nichts anderes bestimmt ist, wird es von schweizerischen Behörden vollzogen. Per- I Waren, die deutsche Bundes-, Landes- und Kreis- sonen, die von den in Büsingen anzuwendenden schweize- behörden zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben rischen Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder durch in Büsingen benötigen, ausgenommen Lebensmittel, den Vollzug solcher Vorschriften betroffen werden, stehen Genußmittel, Getränke und Futtermittel; in bezug aut Rechtsbehelfe und Rechtsschutzinstanzen den 1. amiliche Vordrucke (Formulare), Gesetzesblätter und schweizerischen Einwohnern des übrigen schweizerischen Literatur, die die Gemeinde Büsingen am Hochrhein Zollgebietes gleich. zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigt;

3. Lehr- und Lernmittel für öffentliche Schulen, soweit A r t i k e I 3 ihre besondere Art von den deutschen Schulbehörden (1) Forderungen, die von schweizerischem Behörden auf vorgeschrieben ist; Grund der in Artikel 2 Abs, 1 genannten Vorschriften 4. andere Waren, welche die Gemeinde Büsingen am gegen Einwohner von Büsingen erhoben werden, werden Hochrhein zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben auf Ersuchen der zuständigen schweizerischen Behörde benötigt, sofern sie für diese Waren von einer deut- von dem für Büsingen zuständigen deutschen Finanzamt schen öffentlich-rechtlichen Körperschaft außerhalb von nach den für die Beitreibung von Abgabenforderungen Büsingen einen Zuschuß erhält oder diese Waren auf maßgebenden deutschen Vorschriften beigetrieben. Weisung ihrer zuständigen Aufsichtsbehörde im deut- (2) Grundlage für die Beitreibung in Gegenstände, an schen Zollgebiet beschaffen muß. denen ein Zollpfandrecht nicht besteht, bildet die rechts- (2) Von schweizerischen Eingangsabgaben und wirt- kräftige und vollstreckbare Entscheidung der zuständigen schaftlichen Einfuhrverboten und -beschränkungen sind schweizerischen Behörde. Auf der Entscheidung müssen befreit Waren, die zum Pfandverkauf von deutschen Be- die Zuständigkeit der entscheidenden Behörde, die Rechts- hörden oder Gerichtsvollziehern aus Büsingen in das kraft und die Vollstreckbarkeit von der gemäß Schluß- deutsche Zollgebiet verbracht worden sind und unver- protokoll zu bezeichnenden schweizerischen Behörde be- kauft nach Büsingen zurückgebracht werden. Entrichtete scheinigt sein. schweizerische Ausgangsabgaben werden zurückerstattet. |3) Die schweizerische Entscheidung unterliegt nicht (Un- Die Erfüllung der Voraussetzungen ist durch amtliche sachlichen Nachprüfung durch die deutschen Behörden. Bescheinigung nachzuweisen. Stellen diese jedoch fest, daß die Entscheidung offensicht- lich Unrichtigkeiten enthält, so können sie die Entschei- Artikel 6 dung der schweizerischen Behörde zurückgeben. Diese entscheidet endgültig und verbindlich über die Berichti- Die zuständige schweizerische Behörde erteilt für Busin- gung. gen die Milchverkaufsbewilligung ohne Berücksichtigung der Bedürfnistrage. |4) Einwendungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Anspruch, dessen Erfüllung erzwungen werden soll, Artikel 7 sind außerhalb des Zwangsverfahrens vor der zuständi- Die Errichtung neuer Geflügelhöfe und Gellugeltarmen gen schweizerischen Behörde zu verfolgen. Die Zwangs- mit 150 oder mehr ausgewachsenen Tieren oder die Er- vollstreckung wird dadurch nicht aufgehalten, solange weiterung solcher Geflügelhöfe und Geflügelfarmen be- nicht die schweizerische Behörde um die Einstellung er- darf einer Bewilligung durch die zuständige schweize- sucht. rische Behörde. Die Bewilligung kann nur aus Gründen (5) Die in Absatz 1 genannten Ansprüche schweizeri- des allgemeinen Wohls, insbesondere wenn die Errich- scher Behörden stehen bei der Zwangsvollstreckung und tung oder Erweiterung den schweizerischen Markt ge- im Konkurs entsprechenden Ansprüchen deutscher Be- fährden würde, verweigert oder mit Aullagen verbunden hörden gleich. werden. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

Artikel 8 (2) Für die Gesamtstrafenbildung stehen deutsche und schweizerische Entscheidungen einander gleich. Die deut- Die gemäß den Bestimmungen der schweizerischen schen Behörden vollstrecken die von deutschen, die Alkoholgesetzgebung betreffend die Kartoffelverwertung schweizerischen Behörden die von schweizerischen Ge- für die Übernahme in Betracht kommende Menge wird richten verhängten Strafen. Jedoch darf in dem Staat, in in dem Sinne begrenzt, daß nicht mehr Kartoffeln aus dem zuletzt die Vollstreckung durchgeführt wird, nur der Büsingen in die Überschußverwertung einzubeziehen sind, sich aus der Gesamtstrafenentscheidung ergebende Straf- als dies der Ablieferung aus Gemeinden des Kantons rest vollstreckt werden; eine bedingt erlassene oder be- mit ähnlichen Produktionsverhältnissen ent- dingt ausgesetzte Strafe steht insoweit einer vollstreckten spricht. Die zuständigen schweizerischen Behörden sind Strafe gleich. berechtigt, eine dementsprechende Höchstmenge festzu- setzen. Artikel 15 A r t i k e 1 9 (1) Für in Büsingen von schweizerischen Behörden vor- Dre Erteilung der Erlaubnis zur Herstellung von Arznei- zunehmende Strafverfolgungshandlungen gelten die fol- mitteln, eingeschlossen Sera und Impfstoffe, außerhalb genden Besonderheiten: der Apotheken richtet sich nur nach deutschem Recht. In bezug auf den Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb a) Der wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung der Apotheken findet das deutsche Recht Anwendung, Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Fest- soweit es strengere Bestimmungen enthält. nahme dem zum Erlaß von Haftbefehlen zuständigen Richter von Schaffhausen vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen Artikel 10 und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben und Die nach deutschem Recht in Büsingen zur Berufsaus- der hierauf unverzüglich einen mit Gründen versehe- übung zugelassenen Personen stehen hinsichtlich der An- nen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Frei- wendung der schweizerischen Betäubungsmittelgesetz- lassung anzuordnen hat. Gegen die Verhaftung oder gebung den nach schweizerischem Recht zugelassenen die Verweigerung der Haftentlassung ist gemäß der Personen gleich. Strafprozeßordnung für den Kanton Schaffhausen die Beschwerde an das Obergericht gegeben. Artikel 11 Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anord- (1) Den bei einem in der Schweiz konzessionierten nung oder Fortdauer einer Flaft ist unverzüglich ein Lohnbrenner im Brennauftrag hergestellten Branntwein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person erhalten Einwohner von Büsingen, die Stoffbesitzer sind, seines Vertrauens zu benachrichtigen. zu ihrer Verfügung, nachdem sie die durch die schweize- Die Verhaftung eines Deutschen ist dem Landratsamt rische Alkoholverwaltung festzusetzende Steuer entrichtet innerhalb 24 Stunden mitzuteilen. haben. b) Die Durchsuchung einer Wohnung darf nur durch den (2) Dem Produzenten, der als Landwirt einen Landwirt- nach Schaffhauser Recht zuständigen Richter angeord- schaftsbetrieb führt und ausschließlich Eigengewächs oder net werden; ist Gefahr im Verzug, so darf eine Woh- selbstgesammeltes Wildgewächs brennen läßt, wird für nung von den zuständigen Beamten auch ohne lichter- den Haushalt und den Landwirtschaftsbetrieb ein steuer- lichen Befehl durchsucht werden. freier Eigenbedarf von zehn Litern (größere Betriebe Zu jeder Durchsuchung einer Wohnung ist ein deut- zwranzig Liter) Branntwein pauschal zugebilligt und bei scher Beamter beizuziehen, der darüber wacht, daß der Steuerfestsetzung in Abzug gebracht. sich die Maßnahme nicht von ihrem Zweck entfernt. (3) In Büsingen werden die Funktionen der örtlichen Brennereiaufsichtsstellen durch die Brennereiaufsichts- c) Obliegt die Untersuchung nicht einer richterlichen Be- stelle der Stadt Schaffhausen ausgeübt. hörde, so darf der untersuchende Beamte Papiere und Handelsbücher nur einsehen, wenn und soweit ihm ein besonderes gesetzliches Nachschaurecht zusteht Artikel 12 oder wenn es der Inhaber genehmigt. Auf Verlangen des Inhabers hat der Beamte die Papiere und Handels- Personen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bücher, deren Durchsicht er für geboten hält, in Gegen- sind in Büsingen zum Erwerb von Waffen, für die ein wart des Inhabers oder seines Vertreters mit dem Waffenerwerbsschein erforderlich ist, nicht berechtigt, Amtssiegel in einem Umschlag zu verschließen und auch wenn sie einen Waffenerwerbsschein besitzen. Solche dem nach Schaffhauser Recht zuständigen Richter ab- Waffen dürfen an sie nicht abgegeben werden. zuliefern. Dieser hat Papiere und Handelsbücher, die für die Untersuchung Bedeutung haben, der unter- Artikel 13 suchenden Behörde auszuhändigen oder mitzuteilen, soweit nicht gesetzliche Hinderungsgründe bestehen. Eine Erlaubnis für die Herstellung von Pulver und Sprengstoffen, die nicht unter das Kriegswaffenkontroll- d) Will der zuständige schweizerische Beamte einen Ge- gesetz fallen, berechtigt in Büsingen nur zur Herstellung genstand, der beschlagnahmt werden soll oder be- dieser Erzeugnisse für den dortigen Bedarf. Eine Erlaub- schlagnahmt worden ist, dem Inhaber ohne seine Ein- nis für den Vertrieb dieser Erzeugnisse berechtigt nur zur willigung wegnehmen, so hat der Beamte einen deut- Abgabe für die Verwendung in Büsingen. schen Beamten beizuziehen, der darüber wacht, daß sich die Maßnahme nicht von ihrem Zweck entfernt. Artikel 14 (2) Ist der nach Absatz 1 Buchstabe b oder d beizuzie- (1) Eine Zuwiderhandlung auf den in Artikel 2 Abs. 1 hende deutsche Beamte der Auffassung, daß eine nach genannten Sachgebieten wird auch dann nach schweizeri- diesen Absätzen getroffene Maßnahme des untersuchen- schem Recht beurteilt, wenn der maßgebende Straftat- den schweizerischen Beamten sich von ihrem Zweck ent- bestand dem schweizerischen Strafgesetzbuch zu entneh- fernt, so entscheidet der Verhörrichter in Schaffhausen men ist; sie ist nur nach schweizerischem Recht strafbar, im Einvernehmen mit dem Landrat in Konstanz. Sicher- auch soweit sie zugleich eine strafbare Handlung nach gestellte Gegenstände sind bis zu dieser Entscheidung dem deutschen Strafgesetzbuch darstellt. auf dem Bürgermeisteramt in Büsingen zu hinterlegen. Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode

(3) Kann nach dem schweizerischen Recht eine Straf- Wartelrist angerechnet, sofern er nicht fremdenpoli- verfügung der Verwaltung nur mit Verwaltungs- zeilich aus der Schweiz weggewiesen worden ist oder beschwerde angefochten werden, so hat der Betroffene, die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme bei wenn er Einwohner von Büsingen ist und die Zuwider- seinem Wegzug aus der Schweiz vorgelegen haben. handlung in Büsingen begangen hat, das Recht, gegen c) Der Aufenthalt wird nicht als unterbrochen ange- die Strafverfügung des zuständigen Departements gemäß sehen, wenn Büsingen zu einem seiner Natur nach Artikel 300 ff. des Bundesgesetzes über die Bundesstraf- vorübergehenden Zweck (z. B. Studium, Ausbildung, rechtspflege die gerichtliche Beurteilung anzurufen; der Wehrdienst) verlassen wird. Gerichtsstand ist bei den für Schaffhausen zuständigen Gerichten begründet. d) Deutsche und deren Ehegatten sowie die im gemein- samen Haushalt lebenden minderjährigen Kinder (ein- (4) Hinsichtlich der Wiedergutmachung von zu Unrecht schließlich Pflege- und Adoptivkinder) erlangen die erlittenen Nachteilen finden die Bestimmungen des Vergünstigungen ohne Wartezeit, wenn sie in Büsin- schweizerischen Rechts in gleicher Weise Anwendung gen Wohnsitz und Aufenthalt nehmen, um wie in der Schweiz. 1. die eheliche Gemeinschaft mit einem in Büsingen wohnhaften Deutschen aufzunehmen; II. TEIL 2. auf einem durch Erbgang zufallenden Grundstück Grenzübertritt; zu wohnen; fremdenpolizeiliche, arbeitsrechtliche 3. einen Erwerbsbetrieb weiterzuführen, den sie von und gewerberechtliche Regelungen in Büsingen wohnhaften Verwandten übernommen haben oder der ihnen durch Erbgang zugefallen ist; Artikel 16 4. den Erwerbsbetrieb eines nach Buchstaben a und b begünstigten Deutschen zu übernehmen und weiter- (1) Im Verkehr zwischen Büsingen und der Schweiz ist zuführen, der diesen aus persönlichen Gründen für Deutsche und Schweizerbürger ein Grenzübertritts- nicht weiter betreiben kann, es sei denn, daß der papier nicht erforderlich. Eine Grenzabfertigung findet bisherige Inhaber ein gleichwertiges Angebot eines nicht statt. begünstigten Deutschen ausgeschlagen hat. (2) Das Recht auf die Durchführung polizeilicher Kon- Bei Zuzug aus anderen als den in den Ziffern 1 bis 3 trollen bleibt unberührt. erwähnten familiären Gründen wird die Zuerkennung der Vergünstigungen ohne Wartezeit oder vor deren Artikel 17 Ablauf wohlwollend geprüft.

(1) Deutsche, die die Voraussetzungen von Artikel 19 (2) Schweizerbürger erhalten in Büsingen diese Ver- Abs. 1 erfüllen, sind bei Arbeitsaufnahme in dem in günstigungen, wenn sie in dem in Absatz 1 bezeichneten Artikel 19 bezeichneten schweizerischen Gebiet der schweizerischen Gebiet Wohnsitz und Aufenthalt haben. schweizerischen grenzsanitarischen Überwachung nicht Absatz 1 Buchstaben a bis d gelten entsprechend, wobei unterworfen. Desgleichen sind Deutsche, die sich aus dem anstelle des Gebietes von Büsingen das in Absatz 1 übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Ar- bezeichnete schweizerische Gebiet tritt. beit nach Büsingen begeben, deswegen keiner schweize- rischen grenzsanitarischen Überwachung unterworfen.

(2) Deutsche mit Wohnsitz in Büsingen sind hinsichtlich der grenzsanitarischen Überwachung an der schweizerisch- Artikel 20 deutschen Zollgrenze Schweizerbürgern mit Wohnsitz in (1) a) Deutsche, die die Voraussetzungen des Arti- der Schweiz gleichgestellt. kels 19 Abs. 1 erfüllen, erhalten auf Gesuch hin die fremdenpolizeiliche Bewilligung, in dem in Artikel 18 Artikel 19 bezeichneten schweizerischen Gebiet Drittausländer, die für ihren Aufenthalt im Bundes- unter den gleichen Voraussetzungen wie Schwei- gebiet eine Aufenthaltserlaubnis benötigen, bedürfen zerbürger als Arbeitnehmer tätig zu sein. Berufe, einer zusätzlichen Aufenthaltserlaubnis für den Aufent- die von Gesetzes wegen Schweizerbürgern vor- halt in Büsingen, die das Landratsamt Konstanz nach An- behalten sind, bleiben ausgenommen. hörung der zuständigen schweizerischen Behörden erteilt. b) Sie werden in gleicher Weise wie Schweizer- bürger zu Lehrstellen in jedem Beruf, soweit er nicht von Gesetzes wegen Schweizerbürgern vor- Artikel 19 behalten ist, zugelassen und erhalten die erfor- (1) Die in diesem Vertrag vorgesehenen fremdenpoli- derliche fremdenpolizeiliche Bewilligung. zeilichen, arbeitsrechtlichen und gewerblichen Vergünsti- c) Die öffentliche Stellenvermittlung steht ihnen gungen stehen Deutschen, die die nachfolgenden Voraus- im Rahmen ihrer Sonderstellung in gleicher setzungen erfüllen, im Kanton Schaffhausen sowie in den Weise wie Schweizerbürgern offen. Die Möglich- in der Anlage zu diesem Vertrag bezeichneten Gebieten keit, sich selbst eine Arbeitsstelle zu suchen, der Kantone und Zürich zu. wird hierdurch nicht berührt. a) Die Vergünstigungen werden allen Deutschen gewährt, (2) Schweizerbürger, die die Voraussetzungen des Arti- die am 1. Januar 1963 in Büsingen Wohnsitz und Auf- kels 19 Abs. 2 erfüllen, erhalten für die Ausübung einer enthalt hatten und seither ununterbrochen beibehalten unselbständigen Tätigkeit in Büsingen die gleichen Ver- haben. günstigungen, die Deutschen mit Wohnsitz und Aufenthalt b) Deutsche, die nach dem 1. Januar 1963 in Büsingen in Büsingen unter den Voraussetzungen des Artikels 19 Wohnsitz und Aufenthalt genommen haben oder neh- Abs. 1 für eine entsprechende Tätigkeit in der Schweiz men, erwerben den Anspruch auf die Vergünstigungen eingeräumt werden. Berufe, die von Gesetzes wegen nach einem ununterbrochenen Aufenthalt in Büsingen Deutschen vorbehalten sind, bleiben ausgenommen. von 10 Jahren. Beim unmittelbaren Zuzug eines Deut- schen aus dem in Satz 1 bezeichneten schweizerischen (3) a) Die Bewilligung wird für fünf Jahre erteilt. Nach Gebiet nach Büsingen wird die Zeit seines ununter- Ablauf der Geltungsdauer wird sie auf Antrag brochenen Aufenthaltes in diesem Gebiet auf die jeweils um die gleiche Dauer verlängert. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

b) Die Erteilung oder Verlängerung der Arbeits- b) Die Arbeitserlaubnis erhalten auch ihre Arbeit- bewilligung kann verweigert, eine erteilte Be- nehmer und die im Unternehmen mitarbeitenden willigung kann widerrufen werden, wenn Familienangehörigen, sofern sie die Voraus- 1. nach schweizerischem Recht oder für schwei- setzungen des Artikels 19 Abs. 2 erfüllen. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, zerische Grenzgänger in Büsingen nach deut- wird die Arbeitserlaubnis erteilt, sofern nicht schem Recht die Voraussetzungen für den Er- schwerwiegende Gründe entgegenstehen. laß einer Ausweisungsverfügung oder einer Einreisesperre erfüllt sind; c) Der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätig- 2. die Bewilligung durch falsche Angaben über keit gemäß Buchstabe a ist gleichgestellt die für die Bewilligung maßgebliche Tatsachen er- Tätigkeit juristischer Personen, Handelsgesell- schlichen wurde. schaften sowie aller anderen Gesellschaften, Genossenschaften und sonstiger Vereinigungen mit Sitz in dem in Artikel 19 bezeichneten Artikel 21 schweizerischen Gebiet, an denen solche Per- (1) In Büsingen wohnende, in der Schweiz erwerbs- sonen ein überwiegendes wirtschaftliches Inter- tätige Arbeitnehmer sind in bezug auf die nach den eid- esse haben, die die Voraussetzungen des Arti- genössischen und kantonalen Gesetzgebungen gewährten kels 19 Abs. 2 erfüllen. Familienzulagen den in der Schweiz wohnenden Arbeit- d) Die Anzeige gemäß Buchstabe a berechtigt ohne nehmern gleichgestellt. besondere gewerberechtliche Erlaubnis zur Aus- (2) In der Schweiz wohnende, in Büsingen erwerbs- übung der gewerblichen Tätigkeit in Büsingen tätige Arbeitnehmer sind in bezug auf die nach der deut- für die Dauer von fünf Jahren nach Erstattung schen Kindergeldgesetzgebung zu gewährenden Leistun- der Anzeige. Die Anzeige ist nach Ablauf dieses gen den in Büsingen wohnenden Arbeitnehmern gleich- Zeitraumes zu wiederholen, wenn die Tätigkeit gestellt. in Büsingen fortgesetzt werden soll. Artikel 22 e) Die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätig- keit kann untersagt werden, wenn die Vergünsti- (1) a) Deutsche, die in Büsingen eine selbständige gungen mißbräuchlich ausgenutzt werden. Erwerbstätigkeit befugt ausüben und die Vor- aussetzungen des Artikels 19 Abs. 1 erfüllen, erhalten auf Gesuch hin die fremdenpolizeiliche Artikel 23 Bewilligung, in dem in Artikel 19 bezeichneten (1) Motorfahrzeuge und Anhänger mit Standort in schweizerischen Gebiet ihre Erwerbstätigkeit Büsingen erhalten deutsche Kennzeichen mit einem be- ohne Begründung einer gewerblichen Niederlas- sonderen, den Standort Büsingen anzeigenden Merkmal. sung unter den für Schweizerbürger geltenden Die zuständige deutsche Zulassungsstelle unterrichtet Voraussetzungen auszuüben. Erwerbstätigkeiten, die Zollkreisdirektion Schaffhausen über jede Zulassung die von Gesetzes wegen Schweizerbürgern vor- eines solchen Fahrzeuges. behalten sind, bleiben ausgenommen. b) Die Bewilligung erhalten auch ihre Arbeitnehmer (2) Motorfahrzeuge und Anhänger mit Standort in und die im Unternehmen mitarbeitenden Fa- Büsingen sind für den Verkehr nach, von und in der milienangehörigen, sofern sie die Voraussetzun- Schweiz den schweizerischen Fahrzeugen gleichgestellt. gen des Artikels 19 Abs. 1 erfüllen. Auch wenn Motorfahrzeuge und Anhänger des gewerbsmäßigen Per- diese Voraussetzungen nicht vorliegen, wird die sonen- und Güterverkehrs mit Standort in Büsingen, die Bewilligung erteilt, sofern nicht schwerwiegende Personen gehören, welche die Voraussetzungen des Ar- Gründe entgegenstehen. tikels 19 Abs. 1 erfüllen, erhalten durch die zuständigen Behörden des Kantons Schaffhausen die Bewilligung zum c) Der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätig- Verkehr in der Schweiz. Diese Bewilligung kann verwei- keit gemäß Buchstabe a ist gleichgestellt die gert werden, wenn der Bestand an solchen Fahrzeugen Tätigkeit für juristische Personen, Handelsgesell- in Büsingen sich unverhältnismäßig erhöhen oder wenn schaften sowie für alle anderen Gesellschaften, die Sonderstellung von Büsingen mißbräuchlich aus- für Genossenschaften und sonstige Vereinigun- genutzt würde. gen mit Sitz in Büsingen, an denen Personen, die die Voraussetzungen des Artikels 19 Abs. 1 (3) Bestehende und zukünftige deutsch-schweizerische erfüllen, ein überwiegendes wirtschaftliches In- Vereinbarungen über den grenzüberschreitenden Per- teresse haben. sonen- und Güterverkehr gelten, mit Ausnahme von Be- d) Die Bewilligung gemäß den Buchstaben a bis c stimmungen über den Linienverkehr — einschließlich wird für fünf Jahre erteilt. Nach Ablauf der Ferienziel-Reiseverkehr (Pendelverkehr) —, soweit nichts Geltungsdauer wird sie auf Gesuch hin jeweils anderes bestimmt ist, nicht für Beförderungen zwischen um die gleiche Dauer verlängert. der Bundesrepublik Deutschland und Büsingen auf den Straßen Büsingen-Neudörflingen Randegg und Büsingen- e) Die Bewilligung gemäß den Buchstaben a bis c Dörflingen/Loog-Gailingen sowie auf dem Rhein. kann verweigert oder widerrufen werden, wenn die Sonderstellung von Büsingen mißbräuchlich ausgenutzt wird. III. TEIL (2) a) Schweizerbürger, die in dem in Artikel 19 be- zeichneten Gebiet eine selbständige Erwerbs- Verfolgung wegen Zuwiderhandlungen tätigkeit befugt ausüben und die Voraussetzun- auf den nicht in Artikel 2 aufgeführten Sachgebieten; gen des Artikels 19 Abs. 2 erfüllen, werden zur Rechtshilfe Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit in Büsingen ohne Begründung einer gewerblichen Nieder- Artikel 24 lassung unter den für Deutsche geltenden Vor- aussetzungen zugelassen. Der Beginn einer Er- (1) Die Strafhoheit der Vertragstaaten, insbesondere werbstätigkeit ist dem Bürgermeisteramt in hinsichtlich der auf ihrem Gebiet begangenen strafbaren Büsingen anzuzeigen. Erwerbstätigkeiten, die Handlungen, bleibt grundsätzlich unberührt. Deutschen von Gesetzes wegen vorbehalten sind, (2) Für Handlungen eines Einwohners der Schweiz, die bleiben ausgenommen. in Büsingen begangen werden und nach den dort anwend- Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode baren deutschen Vorschriften geahndet werden können, (7) Die nach Artikel 24 Abs. 2 bis 5 stellvertretend gilt bei einer Verfolgung in der Schweiz stellvertretend ergehenden Entscheidungen des einen Vertragsstaates das schweizerische Strafrecht, sofern es nicht ohnehin stehen den Entscheidungen des anderen Vertragsstaates anwendbar ist. gleich. Artikel 14 Abs. 2 ist entsprechend anwendbar. (3) Für Handlungen eines Einwohners von Büsingen, (8) Kosten, die in einem auf Grund der Bestimmungen die in der Schweiz begangen werden und nach schweize- dieses Artikels durchgeführten Verfahren entstehen, wer- rischen Vorschriften geahndet werden können, gilt bei den nicht erstattet. einer Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland stellvertretend das deutsche Strafrecht, sofern es nicht Artikel 26 ohnehin anwendbar ist. (1) Leistet ein Zeuge, der sich in Büsingen authalt, in (4) Für Handlungen eines Einwohners von Büsingen einem im Rahmen dieses Teiles durchgeführten Verfahren schweizerischer Staatsangehörigkeit, die in der Bundes- einer ordnungsgemäßen Vorladung der schweizerischen republik Deutschland begangen werden und nach den Behörde keine Folge, so kann diese Behörde das für deutschen Vorschriften geahndet werden können, gilt bei Büsingen zuständige Amtsgericht ersuchen, die nach der einer Verfolgung in der Schweiz stellvertretend das deutschen Strafprozeßordnung in Betracht kommenden schweizerische Strafrecht, sofern es nicht ohnehin an- Maßnahmen anzuordnen. Ordnet das Amtsgericht die wendbar ist. Vorführung des Zeugen an, so veranlaßt es dessen Über- stellung an die schweizerische Behörde. (5) Für Handlungen eines Schweizerbürgers, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen werden und nach (2) Kein Zeuge oder Sachverständiger, gleich welcher den deutschen Vorschriften geahndet werden können, gilt, Staatsangehörigkeit, der in einem im Rahmen dieses wenn der Beschuldigte, ohne Einwohner von Büsingen Teiles durchgeführten Verfahren nach Vorladung vor der zu sein, dort festgenommen wird, bei einer Verfolgung schweizerischen Behörde erscheint, darf von den schwei- in der Schweiz stellvertretend das schweizerische Straf- zerischen Behörden wegen Handlungen oder Verurteilun- recht, sofern es nicht ohnehin anwendbar ist. gen oder aus anderen, vor seiner Ausreise aus dem deutschen Hoheitsgebiet eingetretenen Gründen verfolgt, (6) Ausgenommen von den Bestimmungen der Ab- in Haft gehalten oder einer sonstigen Beschränkung sei- sätze 2 bis 5 sind Handlungen militärischen, fiskalischen ner persönlichen Freiheit unterworfen werden. oder vorwiegend politischen Charakters. (3) Der Schutz nach Absatz 2 endet drei Tage nach der Entlassung durch die schweizerische Behörde, sofern der Zeuge oder Sachverständige die Möglichkeit gehabt hat, Artikel 25 das schweizerische Hoheitsgebiet zu verlassen. (1) Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, soweit nach Artikel 24 stellvertretend sein Strafrecht gilt, auf Ersuchen des anderen Vertragsstaates die auf dessen Gebiet be- Artikel 27 gangenen Zuwiderhandlungen nach Maßgabe seiner Ge- setze zu verfolgen, wenn der Täter zur Zeit der Stellung (1) Schweizerbürger, die nicht zugleich Deutsche sind des Ersuchens sich im Gebiet des ersuchten Staates und die wegen einer nach deutschem Recht strafbaren, dauernd aufhält, sich der Strafgewalt des ersuchenden nicht politischen Handlung in Büsingen von deutschen Staates nicht unterzieht und nicht ausgeliefert wird. Beamten festgenommen worden sind, werden unter schriftlicher Mitteilung des die Festnahme begründenden (2) Soweit nach Artikel 24 stellvertretend schweizeri- Sachverhalts den schweizerischen Behörden übergeben. sches Strafrecht gilt, besteht für die Schweiz die Ver- pflichtung zur Übernahme der Strafverfolgung von (2) Personen, die nicht Deutsche sind, können aufgrund Schweizerbürgern, die nicht zugleich Deutsche sind, auch- eines Haftbefehls der zuständigen schweizerischen Be- dann, wenn der Beschuldigte sich in Büsingen aufhält. hörden wegen einer nicht politischen, auch nach deut- Eines förmlichen Übernahmeersuchens bedarf es in diesem schem Recht strafbaren Handlung von der Polizei des Fall nicht. Kantons Schaffhausen in Büsingen verhaftet und auf schweizerisches Gebiet gebracht werden. Die schweize- (3) Ist der Beschuldigte ein Einwohner von Büsingen, rische Polizei hat in diesem Fall einen deutschen Beamten der Schweizerbürger ist, ohne Deutscher zu sein, und ist beizuziehen, der darüber wacht, daß die vertraglichen für die Tat nicht allein Geldstrafe oder Geldbuße an- Voraussetzungen beachtet werden. gedroht, so ist die Bundesrepublik Deutschland nicht ver- pflichtet, die Strafverfolgung nach Absatz 1 zu überneh- men. Artikel 28 (4) Dem Ersuchen werden die Akten in Urschrift oder beglaubigter Abschrift, etwaige Beweisgegenstände und (1) Ist wegen einer der in Artikel 24 Abs. 2 bis 5 er- eine Darstellung des Sachverhalts beigefügt, ferner eine wähnten Handlungen von den zuständigen Behörden Abschrift der Bestimmungen, die nach dem Recht des eines Vertragsstaates eine Verfolgung durchgeführt wor- ersuchenden Staates auf die Tat anzuwenden wären. den, so sehen die Behörden des anderen Vertragsstaates von weiteren Verfolgungs- oder Vollstreckungsmaßnah- (5) Das Ersuchen kann unmittelbar von der Strafver- men wegen derselben Handlung gegen denselben Täter folgungsbehörde des einen Vertragsstaates an die Straf- ab, verfolgungsbehörde des anderen Vertragsstaates gerichtet werden. Ist die ersuchte Behörde nicht zuständig, so leitet a) wenn aus materiell-rechtlichen Gründen das Verfahren sie das Ersuchen an die zuständige Stelle weiter und rechtskräftig eingestellt oder die Eröffnung des Haupt- verständigt hiervon die ersuchende Behörde. verfahrens rechtskräftig abgelehnt worden ist;

(6) Die ersuchte Strafverfolgungsbehörde teilt der er- b) wenn er rechtskräftig freigesprochen worden ist; suchenden Behörde sobald wie möglich das von ihr Ver- c) wenn die gegen ihn verhängte Sanktion vollstreckt, anlaßte mit und übermittelt ihr zu gegebener Zeit eine erlassen oder verjährt ist; Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der abschließen- den Entscheidung. Die überlassenen Gegenstände werden d) solange die Vollstreckung der Sanktion zur Bewährung nach Abschluß des Verfahrens der ersuchenden Behörde ausgesetzt (der Vollzug der Sanktion aufgeschoben) zurückgegeben, sofern nicht darauf verzichtet wird. oder der Täter bedingt entlassen ist. Deutscher Bundestag -— 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

(2) Wird der Täter, der im Gebiet des einen Vertrags- (6) Auf einer der bestimmten Durchgangsstrecken staates rechtskräftig verurteilt worden ist, jedoch nicht dürfen sich gleichzeitig höchstens zehn deutsche unifor- die ganze Strafe verbüßt oder bezahlt hat, wegen der- mierte und bewaffnete Bedienstete befinden. selben Handlung im Gebiet des anderen Vertragsstaates (7) Die Zahl der gleichzeitig in Büsingen anwesenden erneut bestraft, so ist die aufgrund des ersten Urteils deutschen uniformierten Exekutivorgane darf nicht mehr vollstreckte Strafe auf die zu erkennende Strafe anzu- als 3 pro 100 Einwohner betragen. rechnen. Entsprechendes gilt sinngemäß für Sanktionen anderer Art. Artikel 33 Artikel 29 Die Behörden jedes Vertragsstaates gewähren den Be- Personen, die nicht Schweizerbürger sind und von deut- amten des anderen Staates bei der Ausübung ihrer Be- schen Behörden wegen einer nach deutschem Recht straf- fugnisse auf ihrem Gebiet im Rahmen dieses Vertrages baren Handlung oder aufgrund eines deutschen Vor- den gleichen Schutz, und Beistand wie den entsprechen- führungsbefehls oder eines deutschen Haftbefehls fest- den eigenen Beamten. genommen worden sind, dürfen von deutschen Beamten ohne weiteres auf der Straße zwischen Büsingen und Gai- Artikel 34 lingen durch das schweizerische Gebiet durchgeführt wer- In einem im Rahmen dieses Vertrages durchgeführten den. Personen, die neben der deutschen auch die schweize- Strafverfahren gelten die Strafbestimmungen des einen rische Staatsangehörigkeit besitzen, sind nicht Schweizer- Vertragsstaates auch für Handlungen, die gegen entspre- bürger im Sinne dieser Bestimmung. chende Einrichtungen oder Maßnahmen der öffentlichen Gewalt oder der Rechtspflege des anderen Staates oder Artikel 30 gegenüber dessen Beamten begangen werden, soweit diese Rechts- oder Amtshilfeersuchen der zuständigen Behör- in Ausübung ihrer Befugnisse nach diesem Vertrag ge- den eines Vertragsstaates in Verfahren, die aufgrund handelt haben. Artikel 28 ist entsprechend anwendbar. des Artikels 25 durchgeführt werden, sind von den Be- hörden des anderen Vertragsstaates so zu erledigen, wie Artikel 35 wenn sie von den entsprechenden eigenen Behörden ge- (1) Hinsichtlich der Ansprüche wegen Schäden, die sich stellt worden wären. aus Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Durch- führung dieses Vertrages ergeben, sowie bei ihrer Geltendmachung stehen die Angehörigen des einen Ver- IV. TEIL tragsstaates denen des anderen Vertragsstaates gleich. Besondere Rechte und Pflichten der Behörden (2) Die Haftung tür einen Schaden, den ein Beamter und ihrer Angehörigen des einen Vertragsstaates in Ausübung seines Dienstes im Gebiet des anderen Vertragsstaates verursacht, be- Artikel 31 stimmt sich in gleicher Weise wie wenn die schädigende (1) Schweizerische Beamte, die in Anwendung dieses Handlung oder Unterlassung am Dienstort dieses Beam- Vertrages in Büsingen tätig werden, dürfen dabei ihre ten begangen worden wäre. Dienstkleidung tragen und ihre Dienstausrüstung (Dienst- waffen, Munition, Dienstfahrzeuge, Nachrichtengeräte und Artikel 3G Diensthunde) mit sich führen, sofern dies aus Gründen des Dienstbetriebes erforderlich ist. Die schweizerischen Behörden können, soweit sie auf- grund dieses Vertrages ein Verwaltungs- oder ein Straf- (2) Der Aufenthalt in Büsingen hat sich auf die für verfahren durchführen, die in diesem Verfahren ausge- die dienstliche Verrichtung notwendige Zeit zu beschrän- henden Schriftstücke mit jedem nach schweizerischem ken. Recht zulässigen Inhalt auch durch die Deutsche Bundes- (3) Als Beweis für den Grenzübertritt und das Tätig- post in Büsingen rechtswirksam zustellen. werden in Büsingen gilt der Dienstausweis. (4) Die Zahl der gleichzeitig in Büsingen anwesenden Artikel 37 schweizerischen uniformierten und bewaffneten Beamten Der schriftliche Verkehr zwischen den deutschen und darf zehn nicht übersteigen. schweizerischen Behörden kann unmittelbar und ohne Inanspruchnahme des diplomatischen Weges erfolgen, so- Artikel 32 fern er die Anwendung des vorliegenden Vertrages be- (1) Deutschen Beamten, die in Büsingen Dienstobliegen- trifft und nicht politische oder grundsätzliche Fragen be- heiten zu erfüllen haben, ist gestattet, jederzeit einzeln rührt. oder in Gruppen von höchstens zehn Mann die Strecken Artikel 38 Büsingen-Neudörflingen-Randegg sowie Büsingen-Dörf- lingen Loog-Gailingen zu benutzen, um sich nach Büsin- Wer in amtlicher oder beruflicher Eigenschaft in einem gen zu begeben. aufgrund dieses Vertrages durchgeführten Verfahren mit- wirkt oder mitgewirkt hat, hat Schriftstücke, Tatsachen (2) Sie dürfen dabei ihre Dienstkleidung tragen und und Vorgänge, die ihm bei oder gelegentlich dieses Ver- ihre Dienstausrüstung (Dienstwaffen, Munition, Dienstfahr- fahrens bekannt werden oder bekannt geworden sind, zeuge, Nachrichtengeräte und Diensthunde) mit sich füh- nach dem Recht seines Heimatstaates geheimzuhalten. ren, sofern dies aus Gründen des Dienstbetriebes erfor- derlich ist. (3) Sie haben sich auf schweizerischem Gebiet jeder V. TEIL Amtshandlung zu enthalten. Unberührt bleibt Artikel 29. Schlußbestimmungen (4) Der Aufenthalt auf schweizerischem Gebiet hat sich auf die für den Durchgang nötige Zeit zu beschränken. Artikel 39 (5) Als Ausweis für den Grenzübertritt gilt der Dienst- Das Recht der Vertragsstaaten, den Grenzübertritt und ausweis. den Aufenthalt nach Maßgabe der geltenden Gesetze Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode durch persönliche Einreise- und Aufenthaltsverbote zu kann die Kommission durch Ersuchen an den Vorsitzen- versagen, bleibt unberührt. den der anderen Delegation zu einer Sitzung einberu- fen, die auf seinen Wunsch spätestens innerhalb eines A r t i k e 1 40 Monats nach Zugang dieses Ersuchens stattfinden muß. (3) Die Kommission kann sich eine Verfahrensordnung Für die Geltung der nach Artikel 2 Abs. 1 anwendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften in Büsingen ist deren geben. Veröffentlichung in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze und in der Gesetzessammlung für den Kanton Artikel 42 Schaffhausen maßgebend. Diese Veröffentlichung gilt als Mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages tritt die Über- Verkündung im Sinne des deutschen Rechts. Die in Satz 1 einkunft zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz genannten Gesetzessammlungen werden der Gemeinde betreffend die Gemeinde Büsingen vom 21. September 1895 Büsingen am Hochrhein durch die Schweizerische Bundes- außer Kraft. kanzlei und die Staatskanzlei des Kantons Schaffhausen in gleicher Weise wie den eigenne Behörden zugestellt. Artikel 43

Artikel 41 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland (1) Die Vertragsstaaten errichten hiermit eine Ge- gegenüber dem Schweizerischen Bundesrat innerhalb von mischte deutsch-schweizerische Kommission mit der Auf- drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages eine gabe, gegenteilige Erklärung abgibt. a) Fragen zu erörtern, die sich im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrages ergeben; Artikel 44 b) den beiden Regierungen Empfehlungen, auch über etwaige Abänderungen dieses Vertrages zu unter- (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratiiikation; die Ratifi- breiten; kationsurkunden sollen sobald wie möglich in ausgetauscht werden. c) zur Beseitigung von Schwierigkeiten den zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen zu empfehlen. (2) Dieser Vertrag tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. (2) Die Kommission besteht aus fünf deutschen und fünf schweizerischen Mitgliedern, die sich von Sachver- (3) Dieser Vertrag gilt zunächst für zwölf Jahre. Nach ständigen begleiten lassen können. Die Regierung jedes Ablauf dieser Frist gilt er für unbestimmte Zeit weiter; Vertragsslaates bestellt ein Mitglied ihrer Delegation jeder Vertragsstaat hat jedoch das Recht, ihn mit einer zu deren Vorsitzenden. Jeder Delegationsvorsitzende Frist von zwei Jahren zu kündigen.

ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln ver- sehen.

GESCHEHEN zu Freiburg im Breisgau am 23. November 1964 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

FÜR DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND: G. v. Haeften

FÜR DIE SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT: Bindschedler Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

Schlußprotokoll

Bei der Unterzeichnung des heute zwischen der Bundes- auf Vorschriften über die Zulassung, sondern nui republik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenos- auf Vorschriften über die Ausübung einer selb- senschaft abgeschlossenen Vertrages über die Einbe- ständigen Erwerbstätigkeit beziehen. ziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das 6. Zu Artikel 40: schweizerische Zollgebiet haben die unterzeichneten Be- vollmächtigten folgende übereinstimmenden Erklärungen a) Das eidgenössische Poli tische Departement wird bei abgegeben, welche einen integrierenden Bestandteil des Inkrafttreten dieses Vertrages dem Auswärtigen Vertrages bilden: Amt zum Zweck der Unterrichtung eine Liste der nach diesem Vertrag in Büsingen anzuwendenden 1. Begriffsbestimmung: Rechtsvorschriften übermitteln, die vom Inkraft- Es besteht Einverständnis darüber, daß im Rahmen treten dieses Vertrages an in Büsingen Anwen- dieses Vertrages sinngemäß zu verstehen ist unter: dung finden werden. Entsprechende Mitteilungen über später in Kraft tretende schweizerische a) „Behörden": Behörden und Stellen der öffentlichen Rechtsvorschriften werden in gleicher Weise ge- Verwaltung und der Rechtspflege sowie außerhalb macht werden. der öffentlichen Verwaltung stehende Organisatio- b) Das Eidgenössische Politische Departement wird der nen, soweit sie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben Gemeinde Büsingen am Hochrhein auf Anfrage hin betraut sind; jederzeit Auskunft darüber erteilen, ob ein be- b) „Beamte": Personen, soweit ihnen die Ausübung stimmter eidgenössischer oder kantonaler Erlaß in eines öffentlichen Amtes der Verwaltung oder der Büsingen Anwendung findet. Rechtspflege übertragen ist; 7. Gesundheitswesen: c) Behörden oder Beamte „eines Vertragsstaates": die Behörden oder Beamten sowohl des Bundes a) Seuchenbekämpfung: als auch der Länder oder Kantone, Bezirke, Kreise Die nach den deutschen Vorschriften zu erstatten- und Gemeinden sowie die unter Buchstabe a er- den Meldungen sind von den zur Meldung ver- wähnten Organisationen mit Sitz in einem Ver- pflichteten Personen auch den zuständigen Behör- tragsstaat und deren Angehörige. den in Schaffhausen zu übermitteln. Schweizerische Ärzte, die in Büsingen behandeln, haben ein Dop- 2. Zu Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe n: pel ihrer Meldungen dem Staatlichen Gesundheits- Diese Bestimmung schließt die deutschen Staatsschutz- amt in Konstanz zu übersenden. vorschriften und ihre Anwendung durch die deutschen b| Heilberufe: Behörden nicht aus. Richtet sich das Propaganda- material ausschließlich gegen die Schweizerische Eid- Heilpraktiker, die nach dem Inkrafttreten dieses genossenschaft, so werden nur die schweizerischen Vertrages eine Berufstätigkeit in Büsingen auf- Behörden tätig. nehmen, sind nicht befugt, Personen zu behandeln, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. 3. Zu Artikel 3 Abs. 2: 8. Gewerbliche Wirtschaft: Bezüglich der Beitreibung in Gegenstände, an denen ein Zollpfandrecht nicht besteht, wird bei Inkrafttreten a) Vorbehaltlich der in Artikel 2 Abs. 1 aufgeführten dieses Vertrages ein Verzeichnis der bescheinigenden Gegenstände finden in Büsingen die in der Bundes- schweizerischen Behörden übergeben. republik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften über die Kontrolle von Kriegswatfen Anwendung 4. Zu Artikel 19 Abs. 1 Buchstabe d Ziff. 4: b) Es wird nicht genehmigt werden, daß Pulver und Der Veräußerung aus persönlichen Gründen ist gleich- Sprengstoffe, die unter das Kriegswaffenkontroll- gestellt die Verwertung im Wege der Zwangsvoll- gesetz fallen, in Büsingen hergestellt werden, es streckung oder des Konkurses. sei denn, das Eidgenössische Politische Departement erkläre, daß gegen die Erteilung der Genehmigung 5. Zu Artikel 22: keine Bedenken bestehen. a) Ein überwiegendes wirtschaftliches Interesse im Sinne der Buchstaben c der Absätze 1 und 2 ist 9. Stempelabgaben: insbesondere anzunehmen, wenn Für den Fall, daß in einem der beiden Vertragsstaaten aa) bei Personengesellschaften oder Genossen- die steuerliche Belastung durch gesetzliche Maßnah- schaften Angehörige des begünstigten Per- men so geändert wird, daß hierdurch im Verhältnis sonenkreises gemäß Artikel 19 die Mehrzahl zwischen Büsingen und der Schweiz eine Verzerrung der Mitglieder stellen; der Wettbewerbsverhältnisse mit erheblichen wirt- bb) bei Kapitalgesellschaften die Mehrheit der schaftlichen Nachteilen für das eine oder andere die- Kapitalanteile den Angehörigen des begün- ser beiden Gebiete entsteht, sowie für den Fall, daß stigten Personenkreises gemäß Artikel 19 ge- der Status von Büsingen zu Steuerumgehungen miß- hört. braucht werden sollte, erklären sich die Regierungen der Vertragsstaaten bereit, Verhandlungen darüber Indessen kann ein überwiegendes wirtschaftliches aufzunehmen, wie diese Nachteile oder die Möglich- Interesse nicht angenommen werden, wenn auf keit solcher Steuerumgehungen beseitigt werden kön- eine unter die Buchstaben aa oder bb fallende Ver- nen. Dies gilt nicht für Steuern, die in Artikel 2 dieses einigung ein beherrschender Einfluß von Personen Vertrages oder in dem jeweils zwischen den Vertrags- ausgeübt wird, die nicht zu dem begünstigten Per- staaten geltenden Abkommen zur Vermeidung der sonenkreis gemäß Artikel 19 gehören. Doppelbesteuerung genannt sind. b) Es besteht Einverständnis darüber, daß die Worte: unter den für Schweizerbürger geltenden Vor- 10. Forstwirtschaftlicher Pflanzenschutz: aussetzungen ..." (Absatz 1 Buchstabe a) und die a) Werden Maßnahmen auf dem Gebiet des forst- Worte unter den für Deutsche geltenden Vor- wirtschaftlichen Pflanzenschutzes notw-endig, so aussetzungen ..." (Absatz 2 Buchstabe a) sich nicht haben sich die zuständigen deutschen und schwei- Drucksache Y/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode

zerischen Behörden unverzüglich und unmittelbar gen Bekämpfungsmaßnahmen nach Unterrichtung über die zu ergreifenden Maßnahmen in Verbin- der zuständigen deutschen Behörden auch für dung zu setzen und diese abzustimmen. Büsingen anordnen.

b) Ist sofortiges Handeln zur Abwendung einer un- 11. Spielbank: mittelbaren Gefahr unerläßlich, so können die zu- Eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in ständigen schweizerischen Behörden die notwendi- Büsingen wird nicht erteilt werden.

GESCHEHEN zu Freiburg im Breisgau am 23. November 1964 in zwei Urschriften in deutscher Sprache

FÜR DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND: G. v. H a e f t e n

FÜR DIE SCHWEIZER1SCFIE EIDGENOSSENSCHAFT: Bindschedler

Anlage zu Artikel 19

Schweizerische Gemeinden, in denen Deutsche, die in — Oberstammheim Büsingen Wohnsitz und Aufenthalt haben, gemäß diesem — Ossingen Vertrag fremdenpolizeiliche, arbeitsrechtliche und gewerb- — Rheinau liche Vergünstigungen erhalten: — Trüllikon Kanton Schaffhausen: - Truttikon alle Gemeinden — Unterstammheim

Kanton Zürich: — Waltalingen alle Gemeinden nördlich der Thür, nämlich: sowie die Gemeinde Großandelfingen — Benken Kanton Thurgau: — Dachsen Bezirk Dießenhofen mit den Munizipalgemeinden: — Feuerthalen — Basadingen — Flurlingen — Dießenhofen - Kleinandelfingen aus dem Bezirk Steckborn die Munizipalgemeinden: — Laufen-Uhwiesen — Wagenhausen — Marthalen — Eschenz Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

Denkschrift

I. Allgemeines Anders liegen die Dinge auf dem wirtschaftlichen Gebiet und vor allem auf dem Gebiet der Zollhoheit. Die etwa 7,5 qkm große Exklave Büsingen liegt am rechten Ufer des Hochrheins in der Höhe von Schaff- Zum Wirtschaftlichen ist nur so viel zu sagen, daß hausen und ist auf allen Seiten von Schweizer Ge- etwa 60% der arbeitenden Bevölkerung in be- biet umgeben. Von der deutsch-schweizerischen nachbarten Schweizer Betrieben beschäftigt sind, Grenze ist sie durch einen 700 bis 2 500 m breiten während etwa 20% Landwirtschaft betreiben und Streifen schweizerischen Hoheitsgebietes getrennt. weitere 10% als Handwerker und Kaufleute tätig Am 31. Dezember 1964 belief sich die Einwohner- sind. Die in Büsingen erzeugten Landprodukte wer- schaft Büsingens auf 900. Uber die Hälfte der be- den praktisch fast alle nach Schaffhausen verkauft. rufstätigen Bevölkerung arbeitet in der benachbar- Was die Zollhoheit anbelangt, so wurde Büsingen ten Schweizer Industrie; die Büsinger Landwirte nach dem Beitritt des Großherzogtums Baden zum verkaufen ihre Erzeugnisse überwiegend in Schaff- Deutschen Zollverein (1835) zum Zollausschluß- hausen. Andererseits beziehen die Bewohner Büsin- gebiet. Diese Maßnahme wurde zu dem Zweck ge- gens fast alle Waren für ihren Lebensbedarf in der troffen, um von einer schwierigen und kostspieli- Schweiz. gen, ja faktisch kaum durchführbaren Grenzkon- trolle durch deutsche Zollorgane absehen zu kön- Bauern und Geschäftsleute erhalten für ihre Waren nen. Die schweizerische Zollkontrolle wurde da- Schweizer Franken, die Arbeiter werden in dieser gegen aufrechterhalten. Mit anderen Worten erhob Währung entlohnt. die Schweiz auf die aus Büsingen eingeführten Verkehrsverbindungen von Büsingen in das übrige Erzeugnisse den nach den geltenden Tarifbestim- Bundesgebiet bilden die Straßen Büsingen—Gailin- mungen errechneten Zoll, während die Einfuhr gen und Büsingen—Dörflingen—Randegg. Die schweizerischer Waren nach Büsingen zollfrei er- nächste Eisenbahnstation für Büsingen ist Schaff- folgte. Dieser unbefriedigende Zustand belastete hausen. die Büsinger Landwirtschaft nicht unerheblich; trotzdem schuf erst eine Übereinkunft zwischen Diese Exklave verdankt ihre besondere Position dem Deutschen Reich und der Schweiz vom 21. Sep- nicht — wie etwa die Insel Helgoland, die in man- tember 1895 gewisse Erleichterungen, die allerdings cher Beziehung ähnliche Probleme aufwirft — geo- auch dazu führten, daß sich die Gemeinde nun wirt- graphischen Gegebenheiten, sondern kann nur schaftlich völlig nach Schaffhausen ausrichtete. als historisches Zufallsprodukt bezeichnet werden.

Es würde zu weit führen, alle geschichtlichen Ein- Diese enge wirtschaftliche Verflechtung schritt zelheiten auch nur zu erwähnen, die zu der gegen- trotz gewissen Unzuträglichkeiten, die sich z. B. in wärtigen Lage geführt haben. Hier sei vielmehr den zwanziger bis dreißiger Jahren dieses Jahr- nur angeführt, daß die Stadt Schaffhausen gegen hunderts durch autonome schweizerische Zollmaß- Mitte des 17. Jahrhunderts von Österreich durch nahmen ergaben, weiterhin fort. Ernsthafte Schwie- Verpfändung die „Hohe Gerichtsbarkeit" — mit rigkeiten aus der besonderen Lage Büsingens er- anderen Worte die Verwaltungshoheit — über eine gaben sich erst wieder während dos 2.. Weltkrieges, ganze Reihe umliegender Landgemeinden, darunter vor allem hinsichtlich der kriegswirtschaftlichen Ge- auch Büsingen, erhalten hat, die bisher zum Besitz setze und Verordnungen, da ein Teil der Gemeinde- des Hauses Habsburg gehörten. In der zweiten einwohner den schweizerischen, ein anderer den Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte sich in diesen deutschen Rationierungsmaßnahmen unterstanden. Gemeinden die durch; ein Umstand, Daß die schweizerische Zollkontrolle die Ausfuhr der zwangsläufig zu Spannungen zwischen dem in der Schweiz gekaufter Waren nach Deutschland katholischen Erzhause und der protestantischen Ge- zu verhindern trachtete, trug auch nicht zur Er- meinde Schaffhausen führen mußte, in deren Ver- leichterung der Lage bei. folg Österreich die für Büsingen erhaltene Pfand- Verbrauchssteuerrechtlich war das Zollausschluß- summe zurückzahlte und somit die „Hohe Gerichts- gebiet Büsingen in der Zeit vor 1871 vom Geltungs- barkeit" wieder erlangte. Während in der Folgezeit bereich der damals im Zollvereinsgebiet erhobenen (1723) die Stadt Schaffhausen die übrigen vormals Verbrauchssteuern für Zucker, Salz und Tabak aus- verpfändeten Gemeinden für 215 000 Gulden von geschlossen. In den späteren Jahren bis 1923 wur- Österreich käuflich erworben und damit ihre Ver- den jedoch das Spielkartenstempelgesetz (1878), waltung endgültig übernehmen konnte, wurde Bü- das Leuchtmittelsteuergesetz (1909), das Biersteuer- allein ausgenommen, blieb also österrei- gesetz (1918), das Gesetz über das Branntwein- chisch. Auch alle späteren Bemühungen Schaffhau- monopol (1922) und das Tabaksteuergesetz (1923) sens, wiederum in den Besitz der Gemeinde zu ge- in Büsingen eingeführt. 1925 wurde Büsingen gene- langen, blieben erfolglos. Nach kurzer Zugehörig- rell in den Geltungsbereich der deutschen Ver- keit zum Königreich Württemberg (1805—1810) brauchssteuer- und Monopolgesetze einbezogen; wurde Büsingen dem Großherzogtum Baden zuge- eine Ausnahme bildete nur das Mineralölsteuer- teilt, als dessen Staatsgebiet es 1871 politisch Be- gesetz vom 15. April 1930 (Reichsgesetzbl. I S. 131), standteil des Deutschen Reiches wurde. Heute bildet das in Büsingen keine Geltung erlangte. Büsingen innerhalb des Landkreises Konstanz eine Gemeinde des Landes Baden-Württemberg. An die- Nach dem als Folge des verlorenen 2. Weltkrieges sem politischen Status etwas zu ändern liegt weder eingetretenen Zusammenbruch des Deutschen Rei- in deutschem noch in schweizerischem Interesse. ches trachtete die Büsinger Bevölkerung danach, Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode ihre Lage durch noch engeren Anschluß an die Besatzungsmacht, wie kaum näher ausgeführt zu Schweiz, wie z. B. die vollständige Einbeziehung in werden braucht, nicht ersetzt werden konnte, ist die die dortige Lebensmittelversorgung, zu verbessern. Gemeinde Büsingen de jure nicht in das schweize- Die wirtschaftliche Ausrichtung der Exklave auf die rische Zollgebiet einbezogen worden. Schweiz war nun praktisch vollständig. Daß dieser Zustand für die Bundesrepublik Deutsch- Man kann es der Gemeinde unter diesen Umständen land unbefriedigend und unhaltbar war, liegt auf kaum zum Vorwurf machen, wenn sie im März 1946 der Hand. Es sei nur darauf hingewiesen, daß als durch eine Eingabe an die Bundesbehörden in Bern Folge der einseitigen Aufhebung des Zollkordons um wirtschaftlichen Anschluß an die Schweiz bat. schweizerisches Recht in Büsingen Eingang gefun- Mit Wirkung vom 1. Januar 1947 hob die Zollkreis- den hat, ohne daß dadurch natürlich das auf diesem direktion Schaffhausen mit Zustimmung der fran- Sachgebiet bestehende deutsche Zollrecht außer zösischen Besatzungsmacht, zu deren Bereich Baden Kraft gesetzt werden konnte. Dies war nur eine der und damit auch Büsingen gehörten, die Zollkon- verschiedenen Fragen, die sich aus dem einseitigen trolle zwischen der Gemeinde und der Schweiz ein- Akt der Schweiz ergeben haben und nicht befriedi- seitig auf. gend gelöst werden konnten. Auch allgemeine rechtsstaatliche Erwägungen verlangten deshalb Der Wegfall des Schweizer Zollkordons um Büsin- eine umfassende zwischenstaatliche Regelung der gen hat sich auch auf die Anwendung der deutschen die Exklave berührenden Verhältnisse. Verbrauchssteuer- und Monopolgesetze ausgewirkt. Solange der Zollkordon um Büsingen bestanden Aus deutscher Sicht wäre an drei Lösungsmöglich- hatte, sind die Bewohner der Gemeinde aus wirt- keiten zu denken gewesen: schaftlichen und allgemein steuerrechtlichen Erwä- 1. Gänzliche Einbeziehung Büsingens, das ja, um gungen im Rahmen der Verbrauchsbesteuerung dies zu wiederholen, politisch stets deutsches ebenso behandelt worden wie die Bewohner des Gebiet geblieben ist, in das deutsche Zoll- deutschen Zollgebiets. Nach dem 1. Januar 1947 wa- gebiet. ren aber die Voraussetzungen für die Anwendung 2. Wiederherstellung des de-jure-Zustandes vor der deutschen Verbrauchssteuergesetze praktisch 1947, d. h., Büsingen wird aus dem deutschen nicht mehr gegeben. Zollgebiet ausgeschlossen, ohne in das schwei- Nach den gegenwärtig geltenden Fassungen der zerische Zollgebiet einbezogen zu werden. Verbrauchssteuergesetze und des Gesetzes über das 3. Institutionalisierung des de-facto-Zustandes, Branntweinmonopol wird Büsingen mit dem Inkraft- d. h., die tatsächliche Einbeziehung Büsingens treten des Vertrages als Zollausschluß auch nicht in das schweizerische Zollgebiet wird durch mehr zum Geltungsbereich (Erhebungs- bzw. Mono- einen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepu- polgebiet) dieser Gesetze gehören. Lediglich das blik Deutschland und der Schweizerischen Eid- Zündwarenmonopolgesetz vom 29. Januar 1930, das genossenschaft legalisiert. nach dem 2. Weltkrieg nicht geändert worden ist, bezieht Büsingen noch in seinen Geltungsbereich Hierzu wäre folgendes zu bemerken: ein. Das ist jedoch ohne Belang, weil in Büsingen Lösung 1. wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn keine Hersteller von Zündwaren ansässig sind. zwischen dem übrigen Bundesgebiet und Büsingen Die Verbrauchssteuergesetze (mit Ausnahme des im Austausch gegen andere deutsche Gebietsteile Mineralölsteuergesetzes) sowie das Gesetz über eine deutsche Landverbindung herzustellen gewesen das Branntweinmonopol sehen allerdings eine Er- wäre, wie sie vor dem 2. Weltkrieg, allerdings ohne mächtigung für den Bundesminister der Finanzen greifbares Ergebnis, mehrfach erwogen worden ist. vor, Zollausschüsse (wie nach dem Inkrafttreten Das Hauptargument für eine solche gänzliche Ein- des Vertrages z. B. Büsingen) durch Rechtsverord- beziehung Büsingens war ein nationales: Der be- nung in das Erhebungs- bzw. Monopolgebiet einzu- reits stark vorgeschrittenen „Verschweizerung" der beziehen. Büsinger Bevölkerung sollte ein Riegel vorgescho- ben und ihre Bindung an Deutschland verstärkt Umsatzsteuerrechtlich wird Büsingen als Ausland werden. behandelt. Dagegen sprachen jedoch immer wieder fiskalische Der Exklave brachte der Wegfall des Schweizer Gesichtspunkte. Die Kosten der mit der Einbezie- Zollkordons natürlich große wirtschaftliche Vor- hung notwendig verbundenen Grenzüberwachung teile: So konnten sich die Büsinger, die aus Schaff- — wenn eine solche überhaupt technisch durch- hausen auch seit eh und je Wasser und Strom be- führbar gewesen wäre — hätten sich als unver- zogen hatten, nunmehr völlig frei und ungehindert hältnismäßig hoch erweisen müssen und in gar in beiden Richtungen bewegen. Was das für den keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Zoll- einzelnen bedeutet, ergibt sich schon z. B. auch dar- einnahmen stehen können. Zudem widersetzte sich aus, daß die nächste Eisenbahnstation wie die die Schweiz einer deutschen Landverbindung, die nächste höhere Schule in Schaffhausen liegen. ja auch in der Tat erneut komplizierte Grenzpro- Aber alle Vorteile, die Büsingen wie umgekehrt bleme hervorgerufen hätte, in einer Gegend, wo auch in gewissem Sinne die Stadt Schaffhausen aus man vielmehr schon seit langem an eine Grenz- der Aufhebung der Zollgrenze zogen, ändern nichts bereinigung und -begradigung dachte. Nicht zuletzt an der Tatsache, daß es sich bei dieser von der mußten aber auch die Interessen der Büsinger Be- Schweiz getroffenen Maßnahme um einen einseiti- völkerung die Beachtung finden, auf die bei aller gen Akt handelte. Mangels zwischenstaatlicher Eini- Achtung vor nationalen Gesichtspunkten in der gung, die durch die Zustimmung der französischen Demokratie der einzelne Staatsbürger Anspruch er- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032 heben darf. Und in Büsingen, auf dessen enge Ver- Unter diesen Umständen ist es nur natürlich, daß die flechtung mit dem Schweizer Verkehrs-, Finanz- und Initiative zu einer Legalisierung des status quo von Wirtschaftswesen bereits hingewiesen wurde, gab deutscher Seite ausging. Bereits seit längerem lau- es kaum jemanden, der an einer Änderung der be- fende Verhandlungen zur Bereinigung der Grenze stehenden Verhältnisse auch nur das leiseste Inter- im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall esse gehabt hätte. boten der deutschen Delegation die Möglichkeit, auf Lösung 2., nämlich die Wiederausklammerung Bü- eine vertragliche Regelung des bestehenden Zu- singens aus dem Schweizer Zollverband ohne Hin- standes zu drängen. Die Schweizer Delegation nahm gliederung in das deutsche Zollgebiet, wäre aus diese Anregung positiv auf, ebenso wie sie sich mit dem gleichen Grund auf heiligsten Widerstand der einem junetim der Art einverstanden erklärte, daß Büsinger Bevölkerung gestoßen, und auch der der Vertrag über die Grenzbereinigung gleichzeitig Schweiz wäre eine solche Lösung, die das Rad der mit dem Vertrag über die Exklave Büsingen unter- Entwicklung gewaltsam um fast 20 Jahre zurück- zeichnet und ratiziert werden sollte. drehen müßte, höchst unwillkommen gewesen. Es Die Verhandlungen über den rechtlichen Zollan- bedarf keiner näheren Erläuterung, daß die Wieder- schluß der Gemeinde Büsingen an die Schweiz, des- aufrichtung des 1947 aufgehobenen Zollkordons für sen Durchführung naturgemäß eine Reihe diffiziler die Schweiz mit unverhältnismäßig großen Kosten Probleme aulwirft, begannen im September 1957 in und Mühen verbunden gewesen wäre; umgekehrt Locarno. Am 15. Dezember 1962 wurden sie durch hätte die Wiedereinführung Schweizer Zölle insbe- Paraphierung des Staatsvertrages über die Einbe- sondere die Büsinger Landwil lschaft empfindlich ge- ziehung der Gemeinde Büsingen in das schweizeri- troffen, deren praktisch einziger Abnehmer die sche Zollgebiet beendet. Der Vertrag wurde schließ- Stadt Schaffhausen ist. lich gleichzeitig mit dem o. a. Grenzvertrag und Auf der anderen Seite wäre der Gewinn, den sich zusammen mil einem Schlußprotokoll am 23.Novem- die Bundesrepublik Deutschland von einer derarti- ber 1964 in Freiburg Breisgau von den beiden Dele- gen Lösung hätte versprochen können, nur gering gationsleitern unterzeichnet. gewesen. Das gilt insbesondere von den Verbrauchs- Aus der Zeitspanne von über sieben Jahren zwi- steuern, die mangels steuerpflichtiger Betriebe auf schen Beginn der Verhandlungen und Unterzeich- Büsinger Gebiet fast ausschließlich bei der Einfuhr nung des Vertrages ergibt sich, über welche Vielfalt verbrauchssteuerpflichtiger Waren aus der Schweiz von Fragen zu verhandeln war, ehe eine für alle hätten anfallen können. Eine wirksame Steuerauf- Beteiligten annehmbare Gesamtlösung gefunden sicht hätte infolge Fehlens einer deutschen Grenz- werden konnte. überwachung nicht ausgeübt werden können. Der maßgebliche Gesichtspunkt war jedoch, daß Büsingen so tief im Schweizer Wirtschaftsleben ver- II. Besonderes wurzelt ist, daß eine wie immer geartete Heraus- lösung nicht ohne schwere Störungserscheinungen A. Übersicht möglich ist. Daher war die 3. Lösung — Institutionalisierung des Während Büsingen seit 1947 nur taktisch innerhalb de-facto-Zustandes — vorzuziehen. der schweizerischen Zollgrenze lag, soll auf Grund des Vertrages in Zukunft die Einbeziehung der Ge- Um dem Vertrag jeden Schein einer Abtretung zu meinde in das schweizerische Zollgebiet juristisch nehmen, wurde seine Geltung zunächst auf 12 Jahre sanktioniert worden. Das bedeutet, daß die gesamte begrenzt; nach Ablauf dieses Zeitraums kann er von schweizerische Zollgesetzgebung in Büsingen An- beiden Seiten mit einer Frist von 2 Jahren gekün- wendung findet. Aber es ergibt sich daraus auch die digt werden. Einführung anderer Schweizer Rechtsnormen. Denn Die nunmehr auch rechtliche Eingliederung Büsin- der Verkehr von Personen, Tieren und Sachen soll gens in das Schweizer Zollgebiet hat den großen ohne jede Kontrolle in beiden Richtungen frei sein. Vorzug, daß endlich klare Verhältnisse geschaffen werden: Die Exklave bleibt zwar deutsches Hoheits- In erster Linie bedeutet dies, daß alle Schweizer gebiet, erhält aber reinen Zollauslandscharakter. Ein-, Aus- und Durchfuhrbestimmungen nunmehr Eine Grenzkontrolle zwischen Büsingen und der ohne weiteres auch für Büsingen gelten. Auch eine Schweiz findet auch in Zukunft nicht statt. Der Büsin- teilweise Einführung des Schweizer Gesundheits- ger Bevölkerung bleiben so die Schweizer Absatz- und Veterinärrechts ist unumgänglich, ebenso wie gebiete ungemindert erhalten. Von besonderer Be- die Erhebung der in der Schweiz bestehenden indi- deutung ist die rechtliche Gleichstellung der mehr rekten Steuern (Warenumsatzsteuer, fiskalische Be- als zweihundert meist in Schaffhausen beschäftigten lastung des Tabaks, Steuern auf Bier und sonstige Büsinger Arbeitnehmer deutscher Staatsangehörig- Getränke sowie auf Branntwein). Für die Einnah- keit mit Schweizerbürgern. Auf die von ihr ur- men, die sich aus den genannten Zöllen, Gebühren sprünglich geforderte sogenannte Krisenklausel, und anderen Abgaben ergeben, braucht die Schweiz nach der ein Dienstvertrag mit deutschen Arbeit- an die Bundesrepublik Deutschland einen Anteil nehmern unter gewissen Bedingungen leichter künd- nicht zu entrichten. bar sein sollte, hat die Schweiz verzichtet. Damit Angesichts des bäuerlichen Charakters der Ge- entspricht die jetzt gefundene Regelung den Wün- meinde ist die Einführung der schweizerischen Land- schen der Büsinger Bevölkerung ebenso wie den wirtschaftsgesetzgebung vordringlich. Büsinger Pro- wohlverstandenen Interessen der Bundesrepublik dukte werden nunmehr zu denselben Bedingungen Deutschland. wie die Erzeugnisse der Schweizer Bauern auf Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode

Schweizer Gebiet abgesetzt werden können. Damit Schaffhausen, sowie einigen Gemeinden der Kan- ist ein besonderes Anliegen der Büsinger Bevölke- tone Zürich und Thurgau, den Anspruch auf frem- rung erfüllt worden. denpolizeiliche Arbeitsbewilligung, die sie inso- fern den Schweizer Staatsangehörigen gleichstellt, Die übrigen, in Zukunft von schweizerischem Recht und der auch die Bewilligung zum Stellenwechsel geregelten Gebiete wie z. B. Kontrolle von Erzeug- umfaßt. Das Verlangen der Schweizer Delegation nissen der Uhr-Industrie sowie des Verkehrs mit nach einem Vorbehalt im Falle tiefgreifender Än- Edelmetallwaren oder etwa die Herstellung von derungen der Wirtschaftslage, verbunden mit er- Münzen, sind von geringerer Bedeutung. heblicher Arbeitslosigkeit, wurde deutscherseits ab- Auf Sachgebieten, bei denen schweizerisches Recht gelehnt. Die Schweizer verzichteten daraufhin auf anwendbar wird, finden deutsche Rechts- und Ver- eine solche Notstandsklausel. waltungsvorschriften keine Anwendung mehr. Alle Selbständige Unternehmer in Büsingen erhalten für Gebiete dagegen, die nicht ausdrücklich laut Vertrag ihre Tätigkeit auf schweizerischem Gebiet eine unter die Schweizer Gesetzgebung fallen, bleiben fremdenpolizeiliche Bewilligung ohne Begründung uneingeschränkt der deutschen Rechtshoheit unter- einer gewerblichen Niederlassung, die nur verwei- stellt. Technisch soll der Übergang von bisher gel- gert oder widerrufen werden darf, wenn diese Son- tenden deutschen auf schweizerische Rechtsnormen derstellung von Büsingen mißbraucht wird. Eine derart erfolgen, daß von Schweizer Seite bei Inkraft- entsprechende Bestimmung regelt den gewerbsmäßi- treten des Vertrages der Bundesregierung eine Liste gen Personen- und Güterverkehr nach der Schweiz aller zukünftig in Büsingen anzuwendender Schwei- mit Kraftwagen mit dem Standort Büsingen. Die zer Rechtsvorschriften übergeben wird, die durch hierfür erteilte Bewilligung gilt sogar zum Verkehr laufende Mitteilung etwa später inkrafttretender in der ganzen Schweiz. Bestimmungen zu ergänzen wäre. Da es in Büsingen weder ein deutsches Gericht noch Ein diffiziler Punkt war die Begrenzung der schwei- eine Strafanstalt gibt, mußte die Frage der polizei- zerischen Strafverfolgungskompetenzen gegenüber lichen und der Strafverfolgung sowohl der in Büsin- den deutschen Staatsangehörigen in Büsingen. Diese gen wohnhaften Schweizer Staatsangehörigen, als nach Lage der Dinge unerläßliche Ausübung der auch der Personen, die in der Schweiz wohnhaft Strafhoheit wurde von deutscher Seite zunächst aus sind, aber in Büsingen eine Straftat begangen haben, verfassungsrechtlichen Bedenken abgelehnt. Die genau geregelt werden. Da die Auslieferung eigener Schweizer Delegation bestand jedoch mit solchem Staatsangehöriger für beide Seiten unzulässig ist, Nachdruck auf diesem Erfordernis, daß daran die mußte eine Lösung in der Ausdehnung des örtlichen Verhandlungen zu scheitern drohten. Um das zu Geltungsbereiches des Strafrechts beider Staaten vermeiden, erklärte sich die deutsche Delegation gefunden werden. Ebenso waren Einzelfragen, wie schließlich mit dem schweizerischen Vorschlag ein- die Vorführung von Zeugen aus Büsingen vor eine verstanden. Dafür stimmte die Schweizer Delegation schweizerische Behörde, die Verhaftung sich dort der von der deutschen im Hinblick auf die im Grund- aufhaltender Personen durch Schweizer Behörden, gesetz garantierten Grundrechte und auf die von der der Ausschluß der doppelten Bestrafung, wie auch Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Menschen- das Recht der deutschen Behörden zur Überführung rechtskonvention geforderten Aufnahme bestimmter verhafteter Personen von Büsingen nach der übrigen Garantien bei Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren Bundesrepublik oder umgekehrt, genau zu regeln. zu. Sie betreffen vor allem den Erlaß und Durch- führung von Haftbefehlen, sowie Hausdurchsuchun- Die durch die tatsächlichen Verhältnisse, insbeson- gen in Büsingen. dere die überaus enge wirtschaftliche Verflechtung der Einwohner von Büsingen mit der Schweiz, sowie Von grundlegender Bedeutung sind ferner eine durch die Rechtsvorschriften des Vertrages geschaf- Reihe von fremdenpolizeilichen, arbeits- und gewer- fene besondere Lage macht es notwendig, auch die berechtlichen Vergünstigungen für deutsche Staats- Stellung der Beamten beider Vertragsstaaten in angehörige, die am 1. Januar 1963 in Büsingen Büsingen möglichst genau festzulegen. Bei Erfüllung Wohnsitz oder Aufenthalt hatten. Deutsche Staats- ihrer Aufgaben, die sich aus der Durchführung die- angehörige, die später dorthin zogen, erwerben ses Vertrages, insbesondere beim Vollzug des in einen entsprechenden Anspruch erst nach einem un- Büsingen anwendbaren schweizerischen Rechts, er- unterbrochenen Aufenthalt in Büsingen von 10 Jah- geben, dürfen schweizerische Beamte ihre Dienst- ren. Individuelle Einreiseverbote gegen Staatsange- kleidung tragen und ihre Dienstausrüstung mit sich hörige der beiden Vertragsstaaten bleiben ebenso führen. Die Zahl der gleichzeitig in Büsingen an- wie administrative und gerichtliche Ausweisungen wesenden uniformierten und bewaffneten Beamten ausdrücklich vorbehalten. ist jedoch auf höchstens 10 begrenzt. Umgekehrt Da die Einwohner von Büsingen last alle in der haben uniformierte und bewaffnete deutsche Be- Schweiz Arbeit gefunden haben, war es ein wichti- amte, sofern sie in Büsingen Dienstobligenheiten zu ges deutsches Anliegen, ihnen unter sozialen Ge- erfüllen haben, das Recht, sich jederzeit einzeln sichtspunkten die Gleichstellung mit den Schweizer oder in Gruppen bis höchstens 10 Mann auf be- Staatsangehörigen auf diesem Gebiet vertraglich zu stimmten Straßen aus dem eigentlichen Bundesge- sichern. Dieser Punkt erforderte auch langwierige biet durch die Schweiz nach Büsingen und zurück zu Besprechungen, bis schließlich eine den deutschen begeben. Der Aufenthalt in der Schweiz hat sich auf Belangen rechnungtragende Lösung gefunden wurde: die für den Durchgang nötige Zeit zu beschränken. Die Begünstigten haben in dem umliegenden schwei- Die Zahl der in Büsingen gleichzeitig anwesenden zerischen Gebiet, nämlich dem ganzen Kanton uniformierten deutschen Beamten ist auf höchstens Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

3 pro hundert, d. h. bei dem heutigen Bevölkerungs- nicht betrieben werden und kein Bedürfnis besteht, stand etwa 27, begrenzt. Schließlich regelt der Ver- sie durch schweizerische Förderungsmaßnahmen ins trag den Verkehr zwischen den beidseitigen Behör- Leben zu rufen. den sowie die Verantwortlichkeit für Amtshand- Die in Nummer 8 von der Einführung schweizeri- lungen und die Geheimhaltungspflicht. schen Rechts ausgenommene staatliche Kostenbetei- Trotz aller Präzision, mit der die beiden Verhand- ligung bei Hagel- und anderen Elementarschäden lungs-Delegationen den Text des Vertrages und des bedeutet für die deutschen Landwirte in Büsingen Schlußabkommens abgefaßt haben, werden sich in keine Schlechterstellung gegenüber den Landwirten der Praxis zwangsläufig hier und da Unklarheiten in der Bundesrepublik Deutschland, da auch sie in ergeben. Für solche Fälle soll eine Gemischte den genannten Fällen keinen Rechtsanspruch auf deutsch-schweizerische Kommission gebildet wer- eine staatliche Kostenbeteiligung haben. den, zu deren Aufgabenkreis es auch gehört, den Artikel 3 befaßt sich mit Forderungen Schweizer beiden Regierungen Empfehlungen, ggf. über et- Behörden gegen Einwohner Büsingens auf Grund waige Abänderungen dieses Vortrages, zu unter- des neu eingeführten schweizerischen Rechts. Grund- breiten sowie den zuständigen Behörden Maßnah- sätzlich sieht er die Anwendung des deutschen Voll- men zur Beseitigung etwaiger Schwierigkeiten vor- streckungsrechts in diesen Fällen vor. zuschlagen. Eine Entscheidungsbefugnis kommt der Kommission allerdings nicht zu. Im 2. Abschnitt „Sonderregelungen" befassen sich die Artikel 4—14 mit einzelnen, u. a. landwirtschaft- Anders als der bereits erwähnte Grenzbereinigungs- liche und Fragen des Gesundheitswesens betreffen- vertrag, der seiner Natur nach unkündbar ist, den Materien. schließt der Vertrag über die Exklave Büsingen die Möglichkeit einer Kündigung nicht aus: Zunächst Artikel 4 besagt, daß schweizerische Zollbeamte gilt der Vertrag 12 Jahre von Inkrafttreten an; erst zwar einen Gegenstand, an dem das schweizerische dann könnte er mit einer Frist von 2 Jahren gekün- Zollpfandrecht besteht, wegnehmen können, ohne digt werden. Damit wurde dem deutschen Stand- Einwilligung des Inhabers jedoch nur, wenn ein punkt, wonach der Vertrag für eine längere Zeit- deutscher Zollbeamter hinzugezogen wird, der dar- spanne gelten sollte, Rechnung getragen. Sollte es über zu wachen hat, daß die Maßnahme nicht über nach 12 Jahren etwa zu einer Kündigung kommen, den gebotenen Zweck hinausgeht. so gäbe die verhälnismäßig lange Kündigungs- Da Büsingen weiterhin politisch zu Deutschland ge- Frist von 2 Jahren der Gemeinde Büsingen Zeit, sich hört, wird es zwangsläufig bestimmte Waren zur auf einen neuen Status vorzubereiten. Erfüllung öffentlicher Aufgaben aus Deutschland beziehen. In Artikel 5 ist deshalb festgelegt worden, B. Erläuterungen daß diese Waren frei von Eingangsabgaben und wirtschaftlichen Einfuhrbeschränkungen in die Der 44 Artikel umfassende Vertrag wurde der bes- Schweiz eingeführt werden können. Frei von den seren Übersicht halber in fünf Teile gegliedert; dazu genannten Abgaben und Beschränkungen sind fer- kommen ein Schlußprotokoll und eine Anlage zu ner Waren, die aus Büsingen zunächst nach Deutsch- Artikel 19, die ebenfalls als Bestandteil des Vertra- land im Rahmen einer Zwangsvollstreckung oder ges gelten. zum Pfandverkauf ausgeführt und dann unverkauft Der aus zwei Abschnitten bestehende I. Teil (Arti- wieder zurückgebracht werden. Etwaige bei der Aus- kel 1—15) betrifft den Zollanschluß und die Anwen- fuhr entrichtete Ausgangsabgaben werden bei der dung schweizerischen Rechts in Büsingen. Wiedereinführung erstattet. Kernpunkt ist im 1. Abschnitt „Allgemeine Rege- Soweit schweizerische Bestimmungen mit dem lung" der Artikel 1, der den Grundsatz verankert, Grundgesetz nicht vereinbar sind, sind sie den Er- daß die Gemeinde Büsingen unbeschadet ihrer poli- fordernissen des deutschen Rechts angepaßt worden tischen Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutsch- (Artikel 6, 7, 8 und 11); soweit zum Zwecke des land dem schweizerischen Zollgebiet angeschlossen forstwirtschaftlichen Pflanzenschutzes Maßnahmen wird. zur Schädlingsbekämpfung unverzüglich ergriffen Artikel 2 führt im einzelnen die Sachgebiete an, auf werden müssen, bietet dafür Nummer 10 des Schluß- die in Zukunft schweizerisches Recht anzuwenden protokolls die Rechtsgrundlage. ist, so vor allem beim grenzüberschreitenden Waren- Artikel 6 regelt die Milchverkaufsbewilligung. Nach verkehr Zoll- und Überwachungsmaßnahmen (Arti- Artikel 21 Abs. 1 des schweizerischen Milchbeschlus- kel 2 Abs. 1 Buchstaben a, b, m und n). Ferner fin- ses vom 29. September 1963 ist der gewerbsmäßige den die schweizerische Warenumsatzsteuer sowie Verkauf von Konsummilch von einer behördlichen die Verbrauchsteuern auf Tabak, Bier und sonstige Bewilligung abhängig, die nach Absatz 2 Satz 1 nur Getränke sowie auf Branntwein Anwendung (Arti- erteilt werden darf, wenn seitens der Konsumenten kel 2 Abs. 1 Buchstaben g, h, i und k). Im übrigen ein Bedürfnis besteht. Da die Prüfung der Bedürfnis- bleibt die deutsche Steuerhoheit unberührt, insbe- frage mit dem deutschen Verfassungsrecht nicht ver- sondere die Besitz- und die in Artikel 2 nicht ge- einbar ist, mußten in soweit die nach Artikel 2 nannten Verkehrsteuern. Abs. 1 Buchstabe c Nr. 5 des Vertrages eingeführten Die in Nummer 2 Abs. 1 Buchstabe c getroffene Aus- schweizerischen Vorschriften über Milch und Milch- nahmeregelung für Pflanzenzüchtung, Saatgutpro- produkte geändert werden. duktion und Zuckerrüben trägt dem Umstände Rech- Die Sonderregelung des Artikels 7 bewirkt, daß die nung, daß diese Produktionszweige in Büsingen in Artikel 2 Abs. 1 der schweizerischen Eierordnung Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode vom 19. Februar 1954 vorgeschriebene, mit dem gung der Strafgerichtsbarkeit auf den ihr überlasse- Grundgesetz jedoch nicht vereinbare Prüfung der nen Sachgebieten, weil die Sicherung des Vollzugs Bedürfnisfrage in Büsingen nicht vorgenommen wer- des schweizerischen Rechts und insbesondere die den darf. Einheit der Rechtsanwendung bei der von der deut- schen Delegation vorgeschlagenen Regelung in Frage Durch die in Artikel 8 getroffene Regelung soll die gestellt wäre. Erst zum Schluß der Verhandlungen Kartollelerzeugung in Büsingen an das Produk- erklärte sich die deutsche Delegation zur Annahme tionsausmaß vergleichbarer Nachbargemeinden an- der schweizerischen Forderungen bereit, die Straf- geglichen und so verhindert werden, daß aus Büsin- gerichtsbarkeit den schweizerischen Behörden in vol- gen unverhältnismäßig große Mengen in die nach lem Umfang zu übertragen, um nicht den Abschluß Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe c Nr. 10 des Vertrages des Vertrages an dieser Frage scheitern zu lassen. auch in Büsingen geltende Überschußverwertung Die schweizerische Seite hat in bezug auf die Über- einbezogen werden müssen. Damit soll zugleich die tragung der Strafgerichtshoheit auf die schweize- von der schweizerischen Landwirtschaftsgesetzge- rischen Behörden die in Artikel 15 des Vertrages bung angestrebte Vielseitigkeit der landwirtschaft- (siehe unten) niedergelegten Garantien für die Fälle lichen Erzeugung gesichert werden. von Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren zuge- Zu Artikel 9 wäre zu bemerken, daß in der Schweiz sichert. Artikel 15 entspricht seinem Inhalt nach den ebenso wie in Deutschland das Prinzip besteht, die Garantien, die das Grundgesetz und die Menschen- Abgabe bestimmter Arzneimittel in Einzelhandels- rechtskonvention in dieser Beziehung gewähren. geschäften den Apotheken vorzubehalten. Soweit Artikel 14 Abs. 1 besagt, daß nicht nur diejenigen ein Arzneimittel nach deutschen Vorschriften Zuwiderhandlungen gegen die schweizerischen Ge- apothekenpflichtig ist, nach schweizerischen Vor- setze, Verordnungen und Vorschriften nach schwei- schriften jedoch nicht, gilt insoweit die — strengere zerischem Recht geahndet werden, die als Sonder- - deutsche Bestimmung. Die einschlägigen deut- bestimmung zur Regelung der in Artikel 2 aufge- schen Vorschriften sind in den §§ 28 bis 32 sowie — führten Gebiete erlassen worden sind, sondern auch als Übergangsvorschrift — in § 63 Abs. 7 dos Arz- die Zuwiderhandlungen auf den der Schweiz über- neimittelgesetzes enthalten. lassenen Sachgebieten, die nach den Bestimmungen Zu Artikel 10 sei erläuternd bemerkt, daß nach dem des schweizerischen Strafgesetzbuches strafbar sind. schweizerischen Bundesgesetz über Betäubungsmit- So wird z. B. ein Büsinger Einwohner, der mittels tel vom 3. Oktober 1951 zugelassene Ärzte und im einer Urkundenfälschung eine Zollhinterziehung be- einzelnen aufgeführte Personen der Heilkundeberufe geht, ausschließlich von den schweizerischen Justiz- Betäubungsmittel nach Maßgabe des Bedarfs der behörden nach schweizerischem Recht strafrechtlich vorschriftsmäßigen Berufsausübung ohne besondere verfolgt. Zuwiderhandlungen auf den in Artikel 2 Bewilligung beziehen, lagern, verwenden und ab- aulgeführten Sachgebieten, die von einem Büsinger geben können. Dieses Privileg wird durch den Ver- Einwohner deutscher Staatsangehörigkeit in Büsin- trag auch deutschen Ärzten usw. zuteil. gen begangen werden, werden so angesehen, als ob sie von einem schweizerischen Staatsangehörigen Die Bestimmung des Artikels 11 paßt die sich aus auf schweizerischem Hoheitsgebiet begangen wor- Artikel 19 des schweizerischen Alkoholgesetzes in den wären. der Fassung vom 25. Oktober 1940 ergebende Rechts- lage den in Büsingen bestehenden Bedürfnissen an. Durch die Übertragung der Strafjustizhoheit auf die Schweiz sollen die deutschen Staatsangehörigen, die Die Artikel 12 und 13 befassen sich mit dem Erwerb in Büsingen wohnen, nicht ungünstiger gestellt wer- von Waffen und der Herstellung von Pulver- und den als sie stehen würden, wenn sie eine von den Brennstoffen. Der Inhalt beider Artikel geht auf deutschen Justizbehörden strafrechtlich zu verfol- einen Wunsch der Schweiz zurück. gende Tat begangen hätten. Daher bestimmt Ar- Artikel 12 dient dem Schutz der schweizerischen tikel 14 Abs. 2, daß für die Gesamtstrafenbildung Waffenhersteller: An Personen, die ihren Wohnsitz die deutschen und die schweizerischen Entscheidun- in der Schweiz haben, dürfen in Büsingen keine gen einander gleichstehen. Die in der Schweiz erlas- Waffen abgegeben werden sene Strafentscheidung ist von den deutschen Ge- richten und Justizbehörden wie eine von einem Artikel 13 schützt ebenfalls die schweizerische In- deutschen Gericht erlassene Strafentscheidung zu dustrie: Pulver- und Sprengstoffe dürfen in Büsin- behandeln. Umgekehrt erkennen die schweizerischen gen nur für den dortigen Bedarf hergestellt werden; Gerichte und Justizbehörden eine in Deutschland eine Erlaubnis für den Vertrieb dieser Erzeugnisse ergangene Strafentscheidung in vollem Umfang an, berechtigt nur zur Abgabe für die Verwendung in wenn eine Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt. Büsingen. Solange noch keine Gesamtstrafe gebildet worden Aus Artikel 14 ergibt sich, daß die Einbeziehung ist, ist eine Strafe in dem Gebiet zu vollstrecken, in Büsingens in das schweizerische Zollgebiet nach Ar- dem sie erkannt worden ist. Ist eine Gesamtstrafe tikel 1 sich auch auf die strafrechtliche Gerichtsbar- gebildet worden, wird sie in vollem Umfang von keit erstreckt. Deutscherseits war zunächst der Stand- den zuständigen Behörden desjenigen Staates voll- punkt vertreten worden, daß die Strafgerichtsbar- streckt, dessen Gericht die Gesamtstrafe gebildet keit auch bei Zuwiderhandlungen gegen die in Ar- hat. Zur Bildung der Gesamtstrafe ist dasjenige Ge- tikel 2 erwähnten schweizerischen Rechts- und Ver- richt zuständig, das das letzte Strafurteil erläßt oder waltungsvorschriften den deutschen Justizbehörden erlassen hat. Bei der Vollstreckung ist die in dem zustände. Die Schweiz jedoch forderte die Übertra- anderen Gebiet verbüßte Strafe anzurechnen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

Artikel 15 enthält die von der Schweiz zugesicher- trages erfolgte strafprozessuale Handlung Nachteile ten Garantien bei der Strafverfolgung von Einwoh- erlitten hat, dieselben Ansprüche auf Wiedergut- nern der Gemeinde Büsingen. Sie gründen sich teils machung, wie sie einem Schweizerbürger zustehen. auf das geltende Strafrecht des eidgenössischen Bun- Als strafprozessuale Maßnahmen gelten auch die des und des Kantons Schaffhausen, teils auf die für gleichartigen Maßnahmen der Verwaltungsbe- die Neuordnung des Verwaltungsstrafverfahrens im hörden. eidgenössischen Bund vorgesehenen Regeln. Sie er- Durch den II. Teil (Artikel 16 bis 23) wird die Stel- strecken sich vor allem auf den Erlaß eines Haft- lung der deutschen Bürger von Büsingen in verschie- befehls und dessen Vollzug und auf die Durch- dener Hinsicht derjenigen der Einwohner des Kan- suchung einer Wohnung in Büsingen. tons Schaffhausen angepaßt. Dieser Teil des Abkom- Die Bestimmung des Artikels 15 Abs. 1 Buchstabe a mens liegt besonders im Interesse der Büsinger Ein- gewährt dem Büsinger Einwohner die sich aus Ar- wohner. Diese werden hinsichtlich des Grenzüber- tikel 104 GG ergebenden Garantien. Die Verhaftung tritts, der fremdenpolizeilichen Behandlung sowie in eines deutschen Staatsangehörigen in Büsingen ist bezug auf arbeitsrechtliche und gewerberechtliche nicht nur einem Angehörigen des Verhafteten oder Regelungen Vergünstigungen erhalten, so daß sie in einer Person seines Vertrauens mitzuteilen, sondern den benachbarten Schweizer Landesteilen im Grund- auch dem Landratsamt Konstanz. satz wie Schweizerbürger arbeiten können.

Um sicherzustellen, daß eine Durchsuchung einer Die geographische Lage der Gemeinde Büsingen, Wohnung sich in den notwendigen Grenzen hält, be- um deretwillen die Einbeziehung in das schweize- stimmt Absatz 1 Buchstabe b, daß zu jeder Durch- rische Zollgebiet erfolgt, begründet auch ein beson- suchung ein deutscher Beamter herangezogen wer- deres Interesse am freien Personenverkehr zwischen den muß, gleichgültig, ob sie von einem Richter Büsingen und der Schweiz. Mehr noch als für die angeordnet worden ist oder bei Gefahr im Verzug Schweiz ist es für Büsingen wichtig, daß Artikel 16 ohne richterliche Anordnung von einem schweize- den freien Grenzübertritt — ohne Grenzabfertigung rischen Beamten vorgenommen wird. — für Deutsche und Schweizerbürger zwischen Bü- In Übereinstimmung mit den deutschen Vorschriften singen und der Schweiz vorsieht. Dieser freie Per- (§ 110 StPO) sieht Absatz 1 Buchstabe c vor, daß sonenverkehr neben dem — grundsätzlich — freien die Einsicht von Urkunden durch einen schweize- Warenverkehr sind das geeignetste Mittel, um Bü- rischen Beamten nur mit dem Einverständnis des Be- singen vor den wirtschaftlichen Nachteilen seiner sitzers erfolgen darf. Andernfalls müssen sie in Ge- Insellage zu bewahren. genwart des Besitzers oder seines Vertreters in Artikel 17 bestimmt, daß deutsche Einwohner von einem amtlich zu versiegelnden Umschlag verpackt Büsingen bei Arbeitsaufnahme in den benachbarten und dem zuständigen schweizerischen Richter abge- Schweizer Landesteilen keiner grenzsanitarischen liefert werden. Dieser entscheidet über die endgül- Überwachung unterworfen sind. tige Sicherstellung der Urkunden. Nicht nur bei der Wegnahme von Urkunden ohne Artikel 18 dient dem Schutz der Schweiz. Wegen der Einwilligung des Inhabers zum Zwecke der Be- fehlenden Grenzkontrolle zwischen Büsingen und schlagnahme, sondern bei jeder Beschlagnahme der Schweiz legt die Schweiz mit Recht Wert darauf, eines Gegenstandes, der sich der Besitzer wider- daß nicht für sie unerwünschte Drittausländer eine setzt, muß ein deutscher Beamter herangezogen Aufenthaltserlaubnis für Büsingen erhalten, von wo werden, der darüber zu wachen hat, daß sich die aus sie unkontrolliert in die Schweiz einreisen könn- Maßnahme in dem notwendigen Rahmen hält. Hat ten. der deutsche Beamte, der bei der Durchführung einer Artikel 19 bestimmt den Personenkreis, dem die be- Maßnahme nach Absatz 1 herangezogen wird, Be- sonderen fremdenpolizeilichen, arbeits- und ge- denken, daß die Maßnahme über den gebotenen werberechtlichen Vergünstigungen in den angren- Zweck hinausgeht, so hat er den Landrat in Konstanz zenden Schweizer Landesteilen zustehen. Im Inter- zu unterrichten. Die abschließende Entscheidung wird esse der Schweiz soll verhindert werden, daß Per- von dem zuständigen Richter in Schaffhausen im sonen, die nicht Büsinger Einwohner sind, in der Einvernehmen mit dem Landrat in Konstanz getrof- Schweiz Vorteile in Anspruch nehmen können, die fen. Bedenken gegen eine Maßnahme, die sich im nach Sinn und Zweck des Vertrages den Büsinger Rahmen einer von einem schweizerischen Richter Einwohnern vorbehalten sind. erlassenen Anordnung hält, hat der deutsche Be- Artikel 20 verschafft Büsinger Einwohnern gleichen amte nicht zu erheben. Es bleibt dem Betroffenen Zugang zu Lehrstellen, zur öffentlichen Stellenver- überlassen, falls er Bedenken gegen die richterliche mittlung und zur Tätigkeit als Arbeitnehmer in den Anordnung hat, die nach schweizerischem Recht vor- benachbarten Schweizer Landesteilen wie Schweizer- gesehene Beschwerde einzulegen. bürgern; die fremdenpolizeiliche Bewilligung wird Um dem Artikel 19 GG gerecht zu werden, bestimmt in diesem Zusammenhang stets gewährt. Nur in der Absatz 3, daß der Büsinger Einwohner, der in Büsin- Person des Antragstellers liegende Gründe können gen eine Zuwiderhandlung begangen hat, die mit zur Verweigerung oder zum Widerruf führen. Die einer Verwaltungsstrafverfügung geahndet wird, Bewilligung wird auf fünf Jahre erteilt; auf Antrag hiergegen nicht nur Verwaltungsbeschwerde ein- ist sie jeweils um weitere fünf Jahre zu verlängern. fegen, sondern auch Antrag auf gerichtliche Entschei- Schweizerbürger erhalten für die Ausübung einer dung stellen kann. Nach Absatz 4 hat der Büsinger unselbständigen Tätigkeit in Büsingen die gleichen Einwohner, der durch eine auf Grund dieses Ver- Vergünstigungen. Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode

Büsinger Einwohner, die in der Schweiz erwerbstätig rischem Hoheitsgebiet umgeben ist, daß die Aus- sind, erhalten nach Artikel 21 die gleichen Familien- lieferung und Durchlieferung eigener Staatsange- zulagen wie in der Schweiz wohnende Arbeitneh- höriger in beiden Staaten gesetzlich verboten ist mer. Umgekehrt sind die in der Schweiz wohnenden, und daß auf dem Gebiet der Gemeinde Büsingen in Büsingen erwerbstätigen Arbeitnehmer hinsicht- sich weder ein deutsches Gericht noch eine Straf- lich des deutschen Kindergeldes den in Büsingen anstalt befindet. Die Artikel 24 ff. dienen dem Zweck, wohnenden Arbeitnehmern gleichgestellt. die Strafverfolgung wegen einer in Büsingen oder von einem Büsinger Einwohner in der Schweiz be- Artikel 22 regelt die fremdenpolizeiliche Bewilligung gangenen Straftat zu sichern. Um dieses Ziel zu er- für Deutsche, die in Büsingen eine selbständige Er- reichen, sind die Möglichkeiten der Übernahme der werbstätigkeit ausüben, sowie für ihre Arbeitneh- Strafverfolgung sowie der Auslieferung erweitert mer und für im Unternehmen mitarbeitende Fami- worden. lienangehörige, die in dem oben bezeichneten schweizerischen Gebiet ihre Erwerbstätigkeit ohne Es wurde für notwendig befunden, in Artikel 24 Begründung einer gewerblichen Niederlassung un- Abs. 1 ausdrücklich klarzustellen, daß die Strafhoheit ter den für die Schweizer Staatsangehörigen gelten- der Vertragsstaaten wegen der auf ihrem Gebiet den Voraussetzungen ausüben. Auch juristische Per- begangenen strafbaren Handlungen grundsätzlich sonen, Handelsgesellschaften, Genossenschaften usw. unberührt bleibt und nur hinsichtlich der in Büsin- erhalten diese Bewilligung, sofern durch den Ver- gen begangenen Zuwiderhandlungen gegen Vor- trag begünstigte Einzelpersonen an ihnen ein über- schriften auf den in Artikel 2 erwähnten Rechtsge- wiegendes wirtschaftliches Interesse haben. Im bieten ein Wechsel der Gerichtsbarkeit eintritt. Schlußprotokoll Nummer 5 wird dieser Begriff näher Da ein Einwohner der Schweiz wegen einer in Bü- erläutert. Auf das „überwiegend wirtschaftliche In- singen begangenen strafbaren Handlung aus der teresse" legte die Schweizer Seite besonderen Wert, Schweiz nicht ausgeliefert werden kann, bestimmt damit die Sonderstellung Büsingens nicht etwa zur Absatz 2, daß die Strafverfolgung von den schwei- Begründung fiktiver Gesellschaftssitze mißbraucht zerischen Behörden in Stellvertretung der deutschen wird. Für die Dauer gelten dem Artikel 20 analoge Justizbehörden nach schweizerischem Strafrecht Bestimmungen. durchgeführt wird. Umgekehrt wird ein deutscher Artikel 23 bestimmt, daß Kraftfahrzeuge mit Stand- Einwohner von Büsingen nach deutschem Strafrecht ort Büsingen für den Verkehr nach, von und in der verfolgt, wenn er eine Straftat in der Schweiz be- Schweiz den schweizerischen Fahrzeugen gleichge- gangen hat. Dies gilt auch dann, wenn der Beschul- stellt sind. Um sie von den übrigen in der Bundes- digte nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt republik Deutschland zugelassenen Fahrzeugen zu und die Schweiz ihre eigene Gerichtsbarkeit nicht unterscheiden, erhalten sie ein amtliches Kennzei- ausüben kann. chen, das den Standort Büsingen anzeigt. Deutsche Hat ein Einwohner von Büsingen, der die schweize- Transportunternehmer, die am 1. Januar 1963 in rische Staatsangehörigkeit besitzt, im Bundesgebiet Büsingen ihren Wohnsitz und Aufenthalt hatten, eine nach deutschem Recht strafbare Handlung be- oder die sonst in Artikel 19 Abs. 1 aufgezählte Vor- gangen, so wird er von den schweizerischen Justiz- aussetzungen erfüllen, erhalten auf Antrag die behörden nach schweizerischem Recht strafrechtlich schweizerische Einwilligung zum gewerbsmäßigen verfolgt (Absatz 4). Das gleiche gilt auch nach Ab- Personen- und Güterverkehr in der ganzen Schweiz. satz 5, wenn ein Schweizerbürger, der nicht Einwoh- Nur in bestimmten Ausnahmefällen darf die Bewilli- ner von Büsingen ist, dort wegen einer im Bundes- gung verweigert werden. gebiet begangenen strafbaren Handlung festgenom- Die bilateralen Vereinbarungen über den grenz- men wird. Da eine Durchbeförderung des Täters von überschreitenden Personen- und Güterverkehr gelten Büsingen in das Bundesgebiet wegen seiner schwei- — abgesehen von einigen unbedeutenden Ausnah- zerischen Staatsangehörigkeit nicht möglich ist, men — nicht für Beförderungen von der Bundesre- würde ohne diese Regelung die Gefahr bestehen, publik Deutschland nach Büsingen. Das bedeutet, daß der Beschuldigte wegen Delikten, die mit einer daß die für den grenzüberschreitenden Verkehr vor- Freiheitsstrafe oder Ersatzfreiheitsstrafe bedroht geschriebenen Genehmigungen und Ausweise im sind, nicht abgeurteilt oder die Freiheitsstrafe nicht Verkehr nach Büsingen auf den vorgesehenen Strek- vollstreckt werden kann. ken nicht erforderlich sind. In allen vorgenannten Fällen übernimmt der eine Der III. Teil (Artikel 24 bis 30) betrifft die Verfol- Vertragsstaat die Strafverfolgung stellvertretend für gung von Straftaten, soweit sie nicht durch Ar- den anderen. Das bedeutet zunächst, daß die Be- tikel 2 geregelt ist. stimmungen des Artikels 24 nicht anwendbar sind, wenn der Tatortstaat in der Lage ist, die Zuwider- Während Artikel 14 und 15 auf die strafrechtlichen handlungen selbst zu verfolgen; z. B. wenn sich der und strafverfahrensrechtlichen Fragen Anwendung Täter den Behörden des Tatortstaates stellt. finden, die sich aus der Übertragung der Strafjustiz- hoheit auf den der Schweiz nach Artikel 2 überlas- Wird ein Staat stellvertretend tätig, so hat das zur senen Sachgebieten ergeben, befaßt sich der III. Teil Folge, daß die von einem Staat stellvertretend aus- mit denjenigen Fragen, die zur Durchführung der geübte Strafgerichtsbarkeit von dem anderen Staat deutschen Strafgerichtsbarkeit wegen auf Büsinger weitgehend anerkannt werden muß und die Behör- Gebiet begangener Zuwiderhandlungen geregelt den der Vertragsstaaten sich in diesen Fällen in werden mußten. Hierbei war zu berücksichtigen, daß dem gleichen Umfang Rechtshilfe zu leisten haben, die Gemeinde Büsingen vollständig von schweize- wie sie den eigenen Behörden geleistet wird. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

Ausgenommen von der stellvertretenden Gerichts- angeordnet werden können, der einer Vorladung barkeit sind nach Absatz 6 Handlungen militärischen, vor ein deutsches Gericht nicht Folge leistet. Das fiskalischen oder vorwiegend politischen Charakters. deutsche Amtsgericht kann nach Absatz 1 auch an- Derjenige Staat, der stellvertretend die Strafver- ordnen, daß der Zeuge dem schweizerischen Gericht folgung übernehmen soll, entscheidet nach eigenem vorgeführt wird. Ermessen darüber, ob die Straftat unter diese Aus- Nach Absatz 2 hat jeder Zeuge oder Sachverstän- nahmebestimmung fällt. dige, der in einem nach Artikel 24 und 25 stellver- Artikel 25 regelt Sonderfragen, die mit der Über- tretend durchgeführten Verfahren vor den schweize- nahme der Strafverfolgung zusammenhängen. rischen Behörden erscheint, die Garantie, daß er von den schweizerischen Behörden wegen Handlungen, Absatz 1 enthält die Verpflichtung zur Übernahme die er vor seiner Ausreise in die Schweiz begangen der Strafverfolgung und begründet gleichzeitig die hat, weder in Haft gehalten noch einer sonstigen Zuständigkeit zur Strafverfolgung, sofern sie dem Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unter- ersuchten Staat nicht nach den innerstaatlichen Ge- worfen wird. setzen zusteht. Die Verpflichtung setzt voraus, daß der Täter z. Z. der Stellung des Übernahmeersuchens Absatz 3 legt fest, daß dieser Schutz drei Tage nach sich im Gebiet des ersuchten Staates dauernd auf- seiner Entlassung durch die schweizerischen Behör- hält und sich nicht bereitfindet, sich den Justiz- den endet, vorausgesetzt, daß der Zeuge oder Sach- behörden des Tatortstaates zu stellen. Ist die Straf- verständige die Schweiz ohne Schwierigkeiten ver- tat von einem Schweizerbürger begangen worden, lassen konnte. der sich dauernd oder vorübergehend in Büsingen Artikel 27 regelt in Absatz 1, wenn auch in anderen aulhält, so haben die schweizerischen Justizbehörden Worten, entsprechend Artikel 2 Absätze 2 und 3 der von Amts wegen über die Straftat zu befinden. deutsch-schweizerischen Übereinkunft betreffend die Absatz 3 enthält eine Ausnahme von Absatz 1. An Großherzoglich badische Gemeinde Büsingen vom sich gehört ein Einwohner von Büsingen, der Schwei- 21. September 1895 (Reichsgesetzbl. 1896 S. 1) die zerbürger ist, zu den Personen, die sich dauernd in Übergabe eines in Büsingen von deutschen Beamten der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Es wegen einer strafbaren Handlung festgenommenen wäre aber sinnlos, in einem solchen Fall die Bundes- Schweizerbürgers an die schweizerischen Behörden. republik Deutschland zu verpflichten, nach Absatz 1 Zusätzlich wird der Polizei des Kantons Schaffhau- die Verfolgung wegen einer in der Schweiz began- sen das Recht eingeräumt, einen nichtdeutschen genen Handlung zu übernehmen. Die deutschen Be- Beschuldigten, gegen den von den zuständigen hörden wären, wenn der Täter sich nicht freiwillig schweizerischen Behörden ein Haftbefehl erlassen bei ihnen stellt, nicht zu einer Strafverfolgung in worden ist, zu verhaften und auf schweizerisches der Lage. Daher entfällt in solchen Fällen die Ver- Gebiet zu bringen. Voraussetzung ist, daß er einer pflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Über- Tat beschuldigt wird, die auch nach deutschem Recht nahme der Strafverfolgung, es sei denn, daß die Tat strafbar ist und keinen politischen Charakter hat. nur mit einer Geldstrafe oder einer Geldbuße ge- Die Verhaftung darf nur in Gegenwart eines deut- ahndet werden kann. schen Beamten stattfinden, der die vertraglichen Die Absätze 4 bis 6 enthalten technische Vorschriften. Voraussetzungen, d. h. die Ordnungsmäßigkeit des Um jede Verzögerung in der Strafverfolgung zu Haftbefehls, die Staatsangehörigkeit des Betroffe- vermeiden, sieht Absatz 5 den unmittelbaren Ver- nen, die beiderseitige Strafbarkeit und den nicht- kehr zwischen den zuständigen Strafverfolgungs- politischen Charakter der Straftat zu prüfen hat. behörden vor. Wird ein Beschuldigter nach Artikel 24 Absätze 2 Eine Besonderheit enthält Absatz 7. Hiernach ist bis 5 stellvertretend strafrechtlich verfolgt, so sind jede Entscheidung, die in Stellvertretung des Tat- die von den Strafverfolgungsbehörden erlassenen ortstaates erlassen worden ist, in diesem Staat wie Entscheidungen unter den in Artikel 28 Abs. 1 auf- eine Entscheidung der eigenen Justizbehörden anzu- geführten Voraussetzungen anzuerkennen. sehen. Als Beispiel hierfür ist auf Artikel 2 des Kann der Tatortstaat einen Täter, der nach rechts- Vertrages hingewiesen worden, der die Gesamt- kräftiger Verurteilung durch den anderen Staat seine strafenbildung regelt. Strafe noch nicht verbüßt oder bezahlt hat, selbst Da die Strafverfolgung stellvertretend für den Tat- verfolgen, so ist die auf Grund des ersten Urteils ortstaat von dem anderen Staat durchgeführt wird, vollstreckte Strafe auf eine etwaige vom Gericht schien es erforderlich zu sein, ausdrücklich festzu- des Tatortstaates erkannte Strafe anzurechnen. legen, daß die Kosten für das in Vertretung des In Übereinstimmung mit Artikel 2 Abs. 1 des Tatortstaates durchgeführte Verfahren nicht erstattet deutsch-schweizerischen Vertrages vom 21. Septem- werden. ber 1895 erhalten die deutschen Behörden das Recht, Um die ordnungsgemäße Durchführung eines stell- eine Person, die nicht Schweizerbürger ist und in vertretend für die deutschen Justizbehörden von Büsingen festgenommen wird, ohne besondere For- den schweizerischen Justizbehörden durchgeführten malitäten auf der Straße zwischen Büsingen und Verfahrens zu sichern, sieht Artikel 26 vor, daß die Gailingen durch schweizerisches Gebiet zu transpor- schweizerischen Behörden die Möglichkeit haben, bei tieren. Die frühere Vereinbarung ist durch die Er- dem für Büsingen zuständigen deutschen Amtsgericht wähnung des Vorführungsbefehls ergänzt worden. diejenigen Maßnahmen zu erwirken, die nach der Ferner regelt Artikel 29 Abs. 2 die außerordentlich deutschen Strafprozeßordnung gegen einen Zeugen schwierige Frage, wie mit Personen verfahren wer- Drucksache V/1032 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode den kann, die sowohl die deutsche wie auch die Nachteil des anderen Staates begangen worden schweizerische Staatsangehörigkeit besitzen. Um zu sind. Hat z. B. ein Einwohner Büsingens deutscher verhindern, daß infolge der doppelten Staatsange- Staatsangehörigkeit ein von einem schweizerischen hörigkeit jede Strafverfolgung unterbleiben muß, Zollbeamten angebrachtes Siegel unbefugt abgelöst hat sich die schweizerische Regierung bereitgefun- oder eine von diesen Beamten in Beschlag genom- den, die Auffassung anzuerkennen, daß diese Per- mene Sache zerstört, so wird er von deutschen sonen nicht als Schweizerbürger im Sinne dieser Justizbehörden so verfolgt, als ob es sich bei dem Bestimmung gelten und sie daher ebenfalls von schweizerischen Siegel um ein deutsches Siegel und Büsingen in das übrige Bundesgebiet befördert bei dem schweizerischen Beamten um einen deut- werden dürfen. schen Beamten gehandelt hätte. Ebenso wird der deutsche Einwohner von Büsingen wegen eines Die durch diesen Vertrag begründeten engen Rechts- Eidesdeliktes von den deutschen Justizbehörden beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutsch- strafrechtlich verfolgt, das er in Büsingen gegen- land und der Schweiz haben es notwendig erschei- über einem schweizerischen Gericht begangen hat. nen lassen, auf die Einschränkungen der Verpflich- Weiterhin werden die deutschen Strafjustizbehörden tung zur Leistung von Rechtshilfe in Strafsachen zu tätig, wenn ein Einwohner von Büsingen einen verzichten, wie sie in Artikel 12 bis 14 des deutsch- schweizerischen Beamten, der in Ausübung seiner schweizerischen Auslieferungsvertrages vom 24. Ja- Befugnisse nach diesem Vertrag tätig wird, be- nuar 1874 (Reichsgesetzbl. 1874 S. 113) vorgesehen stochen hat. Die in derartigen Fällen ergehenden sind. Jedes Rechts- und Amtshilfeersuchen der zu- Entscheidungen müssen unter den Veraussetzungen ständigen Behörden eines Vertragsstaates in einer des Artikels 28 in dem anderen Staat anerkannt Strafsache nach Artikel 24 und 25 ist von dem werden. ersuchten Staat wie ein Ersuchen seiner eigenen Behörden zu erledigen. Dies ergibt sich schon dar- Während Artikel 35 die Verantwortlichkeitsan- aus, daß der ersuchte Staat das Verfahren in Stell- sprüche regelt, ordnen die Artikel 36 und 37 die vertretung des anderen Staates durchführt, es also Postzustellung schweizerischer Schriftstücke in Bü- im Interesse dieses Staates liegt, daß der ersuchte singen sowie den schriftlichen Verkehr zwischen Staat die Strafverfolgung ohne Schwierigkeiten den deutschen und schweizerischen Behörden. Dieser durchführen kann. kann unmittelbar und ohne Inanspruchnahme des diplomatischen Weges erfolgen, sofern er die An- Im IV. Teil (Artikel 31 bis 38) werden die besonderen wendung des vorliegenden Vertrages betrifft und Rechte und Pflichten der beiderseitigen Behörden nicht politische oder grundsätzliche Fragen berührt. und Beamten niedergelegt. Diese Bestimmung erleichtert und beschleunigt die Abwicklung aller Angelegenheiten, die nach dem Artikel 31 regelt die Frage, in welcher Weise schwei- Vertrag zwischen den beiderseitigen Behörden zu zerische Beamte, die in Anwendung dieses Vertrages regeln sind. in Büsingen tätig werden, auf deutschem Gebiet auftreten dürfen. Die Beamten können ihre Dienst- Da der Vertrag in gewissem Umfange den Organen kleidung tragen und ihre Dienstausrüstung mit sich (einschließlich der Landes-, Kantonal- und Kom- führen. munalbeamten) der vertragschließenden Staaten die Vornahme von Amtshandlungen im Nachbar- Artikel 32 gibt deutschen Beamten ein Durchgangs- gebiet gestattet, hat sich das Bedürfnis nach einer recht vom Bundesgebiet aus durch die Schweiz nach Regelung der Amtshaftung für Schäden ergeben, Büsingen und regelt die Frage des Auftretens deut- die durch solche Amtshandlungen auf dem fremden scher Beamter auf schweizerischem Gebiet, ähnlich, Staatsgebiet verursacht werden. wie es in Artikel 31 für die schweizerischen Beam- ten geschieht. Zu diesem Zweck wird in Artikel 35 Abs. 1 hinsicht- lich der materiellen Amtshaftungsansprüche und Nach Artikel 33 gewähren die Behörden jedes Ver- hinsichtlich der prozessualen Geltendmachung dieser tragsstaates den Beamten des anderen Vertrags- Ansprüche die Gegenseitigkeit hergestellt. staates bei der Ausübung ihrer Befugnisse auf ihrem Gebiet im Rahmen dieses Vertrages den gleichen Absatz 2 enthält die grundsätzliche Regelung, daß Schutz und Bestand wie den entsprechenden eige- für Ansprüche auf Grund von Amtshandlungen eines nen Beamten. Beamten auf fremdem Hoheitsgebiet derjenige Ver- tragsstaat haftet, dem der Beamte angehört, und Artikel 34 stellt vor allem die Beamten des einen zwar in gleicher Weise, wie wenn der Schaden auf Vertragsstaates, soweit sie in Ausübung ihrer seinem Gebiet verursacht worden wäre. Befugnisse nach diesem Vertrag gehandelt haben, den Beamten des anderen Vertragsstaates in straf- Da es nach der deutschen Auffassung einen unzu- rechtlicher Hinsicht völlig gleich. Da nach den lässigen Eingriff in die Hoheitsrechte bedeutet, Artikel 14, 15 und 24 ff. des Vertrages die Rechts- wenn eine ausländische Behörde unmittelbar einer beziehungen auf dem Gebiet des Strafrechts sehr im Bundesgebiet wohnhaften Person eine amtliche eng geworden sind, insbesondere die Beamten und Urkunde zustellt, mußte in den Vertrag eine Bestim- Justizbehörden des einen Vertragsstaates weitge- mung aufgenommen werden, die eine unmittelbare hend für den anderen Vertragsstaat tätig werden, Zustellung einer schweizerischen Urkunde an eine war es notwendig, die Bestimmungen zum Schutze in Büsingen wohnhafte Person zuläßt. Artikel 36 der Einrichtungen oder Maßnahmen der öffentlichen des Vertrages gibt den schweizerischen Behörden Gewalt oder der Rechtspflege auf die entsprechen- jedoch nur das Recht, in einem Verwaltungs- oder den strafbaren Handlungen anzuwenden, die zum Strafverfahren, das im Rahmen der der Schweiz Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode Drucksache V/1032

übertragenen Rechte von den schweizerischen Be- Wert sein, weil sie es ermöglicht, eventuell auftre- hörden durchgeführt wird, Zustellungen durch die tende Meinungsverschiedenheiten von vornherein Deutsche Bundespost in Büsingen zu bewirken. Um auszuräumen, und wesentlich dazu beiträgt, daß der Mißverständnisse auszuräumen, ist am 6. März 1963 Sinn und Zweck dieses Abkommens, nämlich die in einem Briefwechsel zwischen den für diese Be- gutnachbarliche Zusammenarbeit beider Länder im stimmung zuständigen Delegierten der beiden Ver- Grenzgebiet, auch erreicht wird. tragsparteien geklärt worden, daß die Worte „mit Während Artikel 42 die deutsch-schweizerische jedem nach schweizerischem Recht zulässigen In- Übereinkunft von 1895 außer Kraft setzt, enthält halt" sich nur auf den Wortlaut des zuzustellenden Artikel 43 die Berlin-Klausel; Artikel 44 legt schließ- Schriftstückes beziehen. Auf keinen Fall sollten in lich Ratifikation und Inkrafttreten des Vertrages fest, irgendeiner Weise die Vorschriften der Deutschen bestimmt die zunächst zwölfjährige Dauer und läßt Bundespost über Zustellungen und die von ihr be- danach die Möglichkeit einer Kündigung offen. nutzten Formulare durch den Artikel 36 beeinflußt oder sogar geändert werden. III. Schlußprotokoll Artikel 38 legt den beiderseitigen Beamten auf, Schriftstücke, Tatsachen und Vorgänge, die ihnen Mit gleichem Datum wie der Vertrag wurde auch auf Grund eines nach diesem Vertrag durchgeführ- ein Schlußprotokoll zu diesem erstellt, das aus- ten Verfahrens bekannt geworden sind, geheim- drücklich als integrierender Bestandteil des Vertra- zuhalten. ges bezeichnet wird. Es besteht aus elf Nummern, Im V. Teil, den Schlußbestimmungen (Artikel 39 die einige Begriffe wie z. B. „Behörde" oder „Be- bis 44), behalten sich zunächst beide Staaten das amte" näher bestimmen, Erläuterungen zu einzel- Recht zum Erlaß von persönlichen Einreise- und nen Artikeln geben, darüberhinaus aber auch er- Aufenthaltsverboten vor; denn es ist für sie wichtig, gänzend zu dem Vertrage weitere Regelungen wie daß sie trotz der Freizügigkeit usw. zwischen Bü- z. B. auf dem Gebiet des Gesundheitswesens (Num- singen und der Schweiz im Einzelfall persönliche mer 7), der gewerblichen Wirtschaft (Nummer 8) Verbote verhängen können. oder des forstwirtschaftlichen Pflanzenschutzes (Nummer 10) treffen. Artikel 40 legt aus Gründen der Rechtssicherheit fest, wo die nach diesem Vertrag in Büsingen an- Nummer 5 definiert den in Artikel 22 des Vertrages wendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften zu aufgestellten Begriff „überwiegendes wirtschaft- veröffentlichen sind. liches Interesse" näher, während Nummer 9 die Bereitschaft beider beteiligten Regierungen zum Artikel 41 setzt die bereits erwähnte „Gemischte Inhalt hat, für gewisse Fälle (Wettbewerbsverzer- deutsch-schweizerische Kommission" ein. Die Schaf- rung oder Steuerumgehung) wenn notwendig neue fung einer solchen gemeinsamen Stelle erschien Verhandlungen aufzunehmen. wegen der zum Teil komplizierten Bestimmungen dieses Vertrages notwendig, da alle etwaigen Streit- Nummer 11 stellt schließlich — einem besonderen punkte, die sich bei der Durchführung ergeben könn- Wunsch der schweizerischen Delegation entspre- ten, nicht vorauszusehen sind. Der Kommission ist chend — fest, daß eine Konzession für den Betrieb die Aufgabe übertragen, Fragen zu erörtern, die sich einer Spielbank in Büsingen nicht erteilt wird. bei Durchführung dieses Vertrages ergeben, notfalls Abschließend wäre die Anlage zu Artikel 19 zu Abänderungen dieses Vertrages zu empfehlen oder erwähnen, die die schweizerischen Gemeinden ge- zur Beseitigung von Schwierigkeiten den zuständi- nau aufzählt, in denen die Büsinger Deutschen gen Behörden geeignete Maßnahmen vorzuschlagen. gemäß diesem Vertrage fremdenpolizeiliche, arbeits- Die Vorschrift des Artikels 41 wird für die Aus- rechtliche und gewerbliche Vergünstigungen erhal- führung des Vertrages voraussichtlich von großem ten.