Jungen Welt« Vom 18

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Jungen Welt« Vom 18 G B M Nr. 45 Schriftenreihe zur Kultur Zeitzeichen Ausstellung der GBM in der Ladengalerie der »jungen Welt« vom 18. Juni bis 31. August 2019 Inhaltsverzeichnis Einführung S. 2 Rede zur Eröffnung der Ausstellung Martina Dost S. 4 Kein häßlicher Regentropfen der Geschichte Dr. Peter Michel S. 17 1 Blick in die Ladengalerie während der Eröffnungsrede Rede zur Eröffnung der Ausstellung Martina Dost Am 31. August 2019 schließt die vermutlich letzte Ausstellung der GBM. Da wir seit der Aufgabe unserer Geschäftsräume keine originalen Kunstwerke mehr zeigen konnten, bot es sich an, in der Ladengalerie der Tageszeitung »junge Welt« noch einmal über 30 Werke »unserer« bildenden Künstler der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die »junge Welt« zieht am gleichen Strang und zeigt ebenfalls regelmäßig fortschrittliche Kunst. Es war eine erfreuliche Zusammenarbeit, die durch großes Besucherinteresse belohnt wurde. Erfahrener Kurator war Peter Michel, der mit seiner Frau Maria die Fäden der Organisation in der Hand hielt. Aber ohne die körperliche Arbeit des Aufhängens, die von den Profis der Zeitung erledigt wurde, ohne die Einladungen und umfangreiche Kleinarbeit, die viele Helfer der GBM und der »jungen Welt« im Hintergrund leisteten, hätten wir nicht solchen Erfolg verzeichnen können. 2 Galeriegespräch: Andreas Wessel, Peter Michel, Arnold Schölzel, Martina Dost, von links Am 18. Juni eröffneten wir die Ausstellung im vollbesetzten Raum mit einer Begrüßung von Helga Hörnig, der Vorsitzenden der GBM, mit einer Rede von Stefan Huth, dem Chefredakteur der »jungen Welt« und einer Eröffnungsrede von mir, Martina Dost. Stefan Huth erinnerte an die unermüdliche Arbeit der GBM, der Abwertung und dem angestrebten »Vergessen« der DDR-Künste ein Podium entgegenzusetzen. Er bedankte sich nochmals für die Schenkung einer Reihe von Grafiken aus dem Besitz von Maria und Peter Michel im Jahr 2017, die nun den Bestand der »jungen Welt« erweitern. Am 11. Juli luden wir zu einem Galeriegespräch zum Thema »Es geht auch anders! Über den Umgang mit Kunst der DDR«, welches Arnold Schölzel1 moderierte. Die »junge Welt« fasste den Abend so zusammen: 1 Arnold Schölzel, langjähriger Chefradakteur der jungen Welt, nun Chefredakteur des »Rotfuchs« 3 »Auf dem Podium sprach der Initiator der jW-Kunstedition Wessel mit Michel und mit der Malerin Martina Dost, Vorsitzende des Arbeitskreises Kultur der GBM, auch das Publikum meldete sich immer wieder zu Wort. Michel argumentierte, die Bilderstürmerei der 90er sei weitgehend vorüber und langsam wieder ein positiver Bezug auf die DDR-Kunst möglich. Eine prominente Ausstellung im neuen von Mäzenen gestifteten Museum Barberini in Potsdam sei sogar vom Bundespräsidenten eröffnet worden. Dost sah das als Ausnahme – eine Ausstellung wie »Point of No Return. Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst«, die ab dem 23. Juli im Leipziger Museum der bildenden Künste gezeigt wird, lasse dagegen die Rückkehr zu »alten Kämpfen« befürchten. Offenkundig ist allerdings bei aller »Unbildung« (Heidrun Hegewald) des heutigen Publikums bezüglich der Verhältnisse im Sozialismus dessen neu erwachendes Interesse an der DDR-Kunst. Wer nun das Gefühl hat, kunsthistorischen Nachholbedarf zu haben, greift vielleicht zum aktuellen Heft der Marxistischen Blätter (Schwerpunkt »Kulturstaat DDR«),2 oder – noch einfacher – weiterhin zur jungen Welt.«3 Aus den »Marxistischen Blättern« übernahmen wir den Beitrag von Peter Michel in unser Heft. Andreas Wessel betreut für die »junge Welt« die neuaufgelegte Edition von Original-Grafiken. Wir freuen uns auf die Finissage am 30. August mit dem Liedermacher Frank Viehweg und Peter Michel, der aus seinen zwei Bänden »Künstler in der Zeitenwende« lesen wird. Martina Dost Rede zur Ausstellungseröffnung in der »jungen Welt«, 18. Juni 2019 Liebe Freunde der »jungen Welt«, liebe Mitglieder der GBM, liebe Künstlerkollegen, liebe Gäste! Vor reichlich 25 Jahren, im Dezember 1993, fand in Berlin ein zweitägiges Symposium statt, auf dem beraten wurde, ob man die Kunstwerke aus der DDR, die nicht in Museen hingen, gleich mitsamt 2 Marxistische Blätter 4_2019 3 »junge Welt«, Ausgabe vom 13.07.2019, Seite 10 / Feuilleton, Auszug 4 Heidrun Hegewald · Als Nadine starb · Hommage à Käthe Kollwitz Grafit · 2012 den Immobilien »verwertet« - oder ob man sie aufbewahrt und wofür man sie ideologisch nutzen kann. Es ging um die Werke, die zum Vermögen der Parteien und Massenorganisationen gehörten und in unseren Ferienheimen sowie in Betrieben oder LPG-en hingen. Das Symposium hieß »Auf der Suche nach dem verlorenen Staat«. Veranstalter war das Deutsche Historische Museum, unterstützt von der Veruntreuungsanstalt des DDR-Vermögens. Die Linie der Treuhand stand fest: »... schließlich geht es um Kunst eines letztlich unsäglich fehlgeleiteten und fehlgeschlagenen StaatesDDR ... Denn Kunst der DDR war entweder – und zwar ganz überwiegend - offizielle Auftragskunst im Stile des vom Staat verordneten sozialistischen Realismus, oder es war Nischenkunst«4. Deshalb sollte die Erbmasse bewahrt werden, soweit sich nicht schon vernichtet war, »damit immer wieder gezeigt und bezeugt werden 4 Auf der Suche nach dem verlorenen Staat, 1994 DHM und ARS NICOLAI GmbH, ISBN: 3-89479-042-3 5 Willi Sitte · Hercules ringt mit Cacus · Farb- zinkografie · 1993 kann, ... wie skrupellos privilegierte Klassen, herrschende Schichten – und dazu gehören zum großen Teil auch die Künstler mit ihren Auftraggebern – solche Luft- und Lügengebilde produzieren und ihrem Volk als bestehende Realität verkaufen.«5 Sieben Rednern aus der BRD standen nur drei aus der DDR gegenüber. Von denen bliesen zwei in das gleiche Horn. Nur Christa- Maria Mosch aus der GBM setzte dem mutig etwas entgegen, indem sie das Wesen und das Ziel der Kunstförderung, vorwiegend des FDGB, ihrer Arbeitsstelle, erläuterte. Ob das jemand verstanden hat? »Vor allem die erste Hälfte der Neunzigerjahre war eine Zeit des gezielten Abbruchs von kulturellen Strukturen, die in der DDR gewachsen waren und dem nicht nur der Palast der Republik, viele 5 ebenda 6 Theater, Orchester, Verlage, Bibliotheken und Kulturhäuser zum Opfer fielen, sondern auch kommunale Ausstellungsstätten und Galerien des Kulturbundes. ... Doch wir als Menschenrechtsorganisation haben dem etwas entgegengesetzt, … das war nichtkommerziell, war von Solidarität getragen und wurde ehrenamtlich über fast zwei Jahrzehnte verwirklicht. ... Der damalige Vorstand mit seinem Vorsitzenden Wolfgang Richter und seinem Stellvertreter Horst Kolodziej eröffnete in unseren schönen, hellen Räumen in der Weitlingstraße die GBM-Galerie. Horst Kolodziej war in der DDR 1. Sekretär des Verbandes Bildender Künstler. So war es nur natürlich, dass er in der GBM für einen festen Platz der bildenden und angewandten Künste sorgte und den Arbeitskreis ›Kultur‹ ins Leben rief. Die Ausstellungen hatten das Ziel, vor allem jenen ein Wirkungsfeld zu bieten, die nach 1989/90 kaum noch Gelegenheit hatten, ihre Werke öffentlich zu zeigen«6. Heidrun Hegewald erklärte auf der Festveranstaltung zum 20. Jahrestag der GBM: »Die GBM hat mir … für mein geistig-künstlerisches Überleben eine Heimat gegeben. Ob mit Bild oder Wort, sie wurde mein Forum und Ihr meine Freunde. Ich konnte mir meiner Würde wieder bewusst werden. In unwürdigen Verhältnissen. Und das betrifft mich nicht allein«7. Viele unserer Künstler leben inzwischen nicht mehr. Solange sie noch bei uns waren, bekamen sie Gelegenheit, ihre Bilder einem wirklich interessierten Publikum vorzustellen. Unsere Ausstellungen waren immer sehr gut besucht. Auch progressive Kunst aus dem Ausland stellten wir aus, und wir versuchten mit der Sommergalerie, an die Traditionen des bildnerischen Volksschaffens in der DDR anzuknüpfen. Bei uns hingen Werke von Ronald Paris und Lea und Hans Grundig, wir zeigten Graphiken von Max Lingner und Leo Haas, der mehrere KZ überlebte, Plakate von Rudolf Grüttner, Fotos von Gabriele Senft, Skulpturen von Gerhard Rommel und Martin Wetzel, Malerei und Grafik aus Kuba, Nikaragua und Mallorca. In Heft 40 unseres Arbeitskreises Kultur, was hier ausliegt, können Sie das nachlesen. 87 Ausstellungen in 17 Jahren, dazu Lesungen, Kunstdiskussionen, Filmvorführungen und andere Veranstaltungen, alles ehrenamtlich organisiert, das ist unsere Erfolgsbilanz. In kaum 6 Peter Michel in seiner Rede zur Galeriefinissage der GBM, 3. November 2016, Heft 40 des AK Kultur 7 20 Jahre GBM in ICARUS 3/2011S. 25 7 Walter Womacka Blaue Rose · Öl auf Leinwand 1999 einem Verein, der sich nach 1990 gründete, spielt die Kunst eine so große Rolle wie in der GBM, in den meisten Vereinen kommt sie gar nicht vor. Aber Kampf um Menschenrechte heißt auch, Kunst und Kultur zu bewahren und der Massenverdummung etwas entgegenzusetzen. Unsere Räume in der Weitlingstraße mussten wir aus ökonomischen Gründen Ende 2016 aufgeben, die neue Unterkunft im ND-Gebäude erlaubt uns keine Ausstellungen originaler Kunst mehr. Wenn wir jetzt den bevorstehenden 70. Gründungstag der DDR feiern und die anderen 30 Jahre »Freiheit« bejubeln, dann werden uns zum großen Teil die gängigen Vorurteile und Verunglimpfungen begleiten. Allerdings gibt es inzwischen auch andere Töne: das Barberini- Museum Potsdam zeigte die Gemälde aus dem Palast der Republik und viele andere Werke der DDR, wenn auch meist mit dümmlichen 8 Peter Michel meldet sich zu Wort, im Hintergrund rechts das Gemälde von Gudrun Brüne »Bernhard Heisig vor dem brennenden Breslau« · Ol auf Leinwand · 2013 Texten versehen. Die Kunsthalle Rostock stellt regelmäßig Kunst aus der DDR aus und trotzt
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