Geomorphologischer Exkursionsführer

im Gebiet der Lombachalp bei Habkern BE

Exkursionsführer

Daniela Lüthi

Abteilung für Geomorphologie Geografisches Institut Universität Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ...... 4

1. Verortung und Beschreibung des Gebiets 1.1 Geografische Lage...... 6 1.2 Geologie...... ….. 9 1.3 Tektonik...... 15 1.4 Klimatologie...... 16 1.5 Hydrologie...... ….. 17 1.6 Pedologie...... 18

2. Allgemeine Hinweise 2.1 Anfahrt...... 20 2.2 Exkursionsausrüstung...... 21

3. Exkursion 3.1 Übersichtskarte...... 22 3.2 Posten 1: Flyschgestein (Lägerstutz)...... 23 3.3 Posten 2: Flachmoor (Gräber)...... 26 3.4 Posten 3: Hochmoor (Färrich/Saagiegg)...... 31 3.5 Posten 4: Rutschung (Läger)...... 35 3.6 Posten 5: Felssturz (Suggiture)...... 40 3.7 Andere interessante Erscheinungen...... 46

Abb. 1 (Titelblatt): Sicht von der Alp Horet auf den Suggiture und das Augstmatthorn

2

3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Sicht von der Alp Horet auf den Suggiture und das Augstmatthorn (eigene Fotografie)...... 1 Abbildung 2: Lage des Untersuchungsgebiets (http://www.reliefs.ch)...... 6 Abbildung 3: Habkern und die Lombachalp (Swiss Map 25, Bundesamt für Landestopographie)...... 6 Abbildung 4: Die Lage der Moorlandschaft Habkern-Sörenberg (MHS) (Gnägi 2006:11)...... 7 Abbildung 5: Gemeindeanteile an der Moorlandschaft Habkern-Sörenberg (MHS) (Gnägi 2004:16)...... 7 Abbildung 6: Pflanzengesellschaften – Bergschaften Lombach, Bol (Leibundgut 1992:Anhang, Karte 5)...... 8 Abbildung 7: Tektonisch-morphologische Gliederung des Untersuchungsgebietes (Gnägi 2004:52)...... 10 Abbildung 8: Geologische Karte des Habkerntales (Gnägi 2004:Anhang; nach W. Gigon)...... 14 Abbildung 9: Niederschlagsgradient Eggiwil – Hohgant – Augstmatthorn (Gnägi 2006:96)...... 16 Abbildung 10: Wasserscheide Emme – Lombach (http://www.sportgruppe-wiedlisbach.ch)...... 17 Abbildung 11: Anfahrtsweg zur Lombachalp (http://www.lombachalp.tcnet.li)...... 20 Abbildung 12: Das Exkursionsgebiet auf der Lombachalp mit der Exkursionsroute und den Haltepunkten (Blatt 1208, 2008, 1:25’000; verändert durch die Autorin)...... 22 Abbildung 13: Karmulde auf der nördlichen Seite des Augstmatthorns (eigene Fotografie)...... 23 Abbildung 14: Steiler Bacheinhang mit Rutschungen an der Strasse von Färrich nach Lägerstutz (eigene Fotografie)...... 24 Abbildung 15: Die Entstehung von Flysch (Gnägi 2004:25)...... 24 Abbildung 16: Glazialterrassen von Habkern (Gnägi 2004:57)...... 25 Abbildung 17: Flachmoor unterhalb Gräber (eigene Fotografie)...... 27 Abbildung 18: Hochmoorflecken mit Torfmoos beim Aufstieg nach Winterröscht (eigene Fotografie)...... 29 Abbildung 19: Entstehung der Flach- und Hochmoore seit der letzten Eiszeit (Hammer 2003:108)...... 30 Abbildung 20: Hochmoor Färrich (http://www.lombachalp.ch)...... 31

4 Abbildung 21: Strukturelemente in einem naturnahen Hochmoor (Gnägi 2004:35)...... 32 Abbildung 22: Ökosysteme entlang der Höhenstufen (Gnägi 2006:101)...... 35 Abbildung 23: Schuttrutschung unterhalb Bodmisegg (eigene Fotografie)...... 36 Abbildung 24: Prinzipskizze zum Gleiten/Rutschen (Zepp 2008:110)...... 36 Abbildung 25: Schuttrutschung (Press&Siever 2008:453)...... 37 Abbildung 26: Kräfte, die auf ein Bodenteilchen wirken (Zepp 2008:106)...... 38 Abbildung 27: Typisierung der Massenschwerebewegungen (Zepp 2008:104)...... 39 Abbildung 28: Abrisskante des Felssturzes unterhalb des Suggiture (eigene Fotografie)...... 41 Abbildung 29: Schuttkegel des Felssturzes unterhalb des Suggiture (eigene Fotografie)...... 41 Abbildung 30: Profil Suggiture (Gnägi 2004:124)...... 42 Abbildung 31: Bergsturz (Press&Siever 2008:448)...... 43 Abbildung 32: Blick nach Norden über die Lombachalp mit dem Hohgant im Hintergrund (eigene Fotografie)...... 44 Abbildung 33: Blick nach Osten über die Talebene von (eigene Fotografie)...... 44 Abbildung 34: Blick nach Westen über die Harder-Brienzergrat-Kette (eigene Fotografie)...... 45

Tabelle 1: Stratigraphisches Profil der Niederhorn-Hohgant-Kette (verändert nach Gnägi 2004:59ff)...... 12 Tabelle 2: Schichtfolge im Habkern-Mélange (verändert nach Gnägi 2004:63f)...... 13 Tabelle 3: Stratigraphisches Profil der Harder-Brienzergrat-Kette (verändert nach Gnägi 2004:59ff)...... 13

5 1. Verortung und Beschreibung des Gebiets

1.1 Geografische Lage

Das für diesen geomorphologischen Exkursionsführer definierte Untersuchungsgebiet befindet sich auf der Lombachalp, die der Gemeinde Habkern angehört und nördlich von im voralpinen Raum des Kantons Bern liegt. Habkern grenzt an die bernischen Gemeinden Oberried, Niederried, -Goldswil, , Beatenberg, Eritz, und das luzernische Flühli und hat eine Fläche von 5114 ha. Das Gemeindegebiet liegt mehrheitlich über 1000 m ü.M. und die Bergketten im Norden, Süden und Westen erreichen gar Höhen von mehr als 2000 m.

Habkern und das östlich davon liegende Lombachtal befinden sich in der Habkern-Mulde, die zwischen zwei Gebirgsketten eingebettet ist. Im Südosten wird das Lombachtal von der parallel zum Brienzersee verlaufenden Harder-Brienzergrat-Kette abgetrennt, zu der das Augstmatthorn (2137 m ü.M.) und der Suggiture (2085 m ü.M.) gehören. Im Nordwesten ist die Habkern-Mulde von der Niederhorn- Abb. 2: Lage des Untersuchungsgebiets Hohgant-Kette begrenzt, wo sich das (http://www.reliefs.ch) Niederhorn (1963 m ü.M.) und der Hohgant (2163 m ü.M) befinden. Das Lombachtal ist im Nord- osten von der Wasser- scheide Augstmatthorn – Winterröscht – Bolberg – Hohgant und im Südwesten vom Thunersee begrenzt.

Abb. 3: Habkern und die Lombachalp (Swiss Map 25, Bundesamt für Landestopografie)

6 Die Lombachalp befindet sich im Teilgebiet Nollen/Lombachalp der zweitgrössten Moor- landschaft der Schweiz, der Moorlandschaft Habkern-Sörenberg (MHS), die zu zwei Dritteln im Berner Oberland, im Grenzgebiet zwischen dem Kanton Bern und dem Kanton Luzern, liegt. Die ganze Moorlandschaft nimmt eine Fläche von 8585 ha ein, wobei 85 % (4361 ha) der 51 km 2 grossen Gemeindefläche von Habkern zur Moorlandschaft gehören (Gnägi 2004:15f).

Abb. 4: Die Lage der Moorlandschaft Habkern- Sörenberg (MHS) (Gnägi 2006:11)

Abb. 5: Gemeindeanteile an der Moorlandschaft Habkern-Sörenberg (MHS) (Gnägi 2004:16)

Das Untersuchungsgebiet der Exkursion befindet sich zwischen dem Grat Suggiture – Augstmatthorn und Winterröst und wird ungefähr von den Koordinaten-Punkten 637/177 – 636/175 – 634/178 – 636/178 eingeschlossen.

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Verbreitung der Hoch- und Flachmoorflächen. Flachmoorflächen. und Hoch- der Verbreitung

Bol. bach,

Abb. 6: Pflanzengesellschaften – Bergschaften Lom – Bergschaften Pflanzengesellschaften 6: Abb. 5) Karte 1992:Anhang, (Leibundgut

8 1.2 Geologie

Im Raum zwischen Thuner-/Brienzersee und dem Hohgant, in welchem sich das Exkursionsgebiet befindet, sind vielfältige geologische und tektonische Verhältnisse anzutreffen. In den folgenden zwei Kapiteln werden die wichtigsten Erscheinungen kurz beschrieben, da sie als Grundlageninformation für die spätere Auseinandersetzung mit der Geomorphologie dienen sollen (siehe Kapitel 3) 1. Die Informationen der Kapitel 1.2 und 1.3 sind grösstenteils der Arbeit von Christian Gnägi (2004:59ff) entnommen. Für die Gegend um Habkern lässt sich von Nord nach Süd folgende Einteilung vornehmen, die aus drei tektonisch-morphologischen Räumen besteht (Niederhorn-Hohgant-Kette, Habkern-Mulde, Harder-Brienzergrat-Kette):

1 Detaillierte geologische Beschreibungen sind in den Arbeiten von W. Gigon (1952), U. J. Teuscher (1967), A. A. Bayer (1982) und Ch. Gnägi (2004) zu finden. 9

52) 52) Querprofil durch das Berner Oberland. (Gnägi 2004: (Gnägi Oberland. Berner das durch Querprofil tersuchungsgebietes. Un des Gliederung Tektonisch-morphologische Abb. 7:

10 Der geologische Untergrund wurde in der Kreide und im Alttertiär gebildet und anschliessend durch die Alpenfaltung verändert. Im Folgenden werden die dabei beteiligten Prozesse stichwortartig zusammengefasst (Gnägi 2004:53ff): • In der unteren Kreide wurden im Mittelhelvetikum (ca. 70-100 km südlich des heutigen Standorts) Kreidegesteine (Kiesel- und Schrattenkalke) abgelagert, die heute die Nordwände der Niederhorn-Hohgant-Kette aufbauen. • Durch die Alpenfaltung erfolgte ab der Oberkreide mehrmals eine Veränderung der Tiefe der Ablagerungsräume, wodurch Erosion und nicht mehr Ablagerung stattfand. • Im Eozän gab es zahlreiche Transgression-Regressions-Zyklen des Meeres, wodurch das heutige Gebiet immer mehr oder weniger im Küstenbereich lag und Sümpfe bzw. Lagunen entstanden. Aus den Überresten dieser Sumpfpflanzen bildeten sich Kohleschichten (Abbau am Niederhorn und Gemmenalp). Durch eine Flussmündung wurden Sandbänke abgelagert die heute als Hohgant-Sandstein die Kuppen zwischen Niederhorn und Hohgant bilden. • Aufgrund eines Meeresanstiegs am Ende des Eozäns wurden die Globigerinenmergel abgelagert. • Die Flyschgesteine der Habkern-Mulde wurden an einem anderen Ort abgelagert und sind erst während der Alpenfaltung auf die Drusberg-Decke überschoben worden (Tertiär: ultra-, mittel- und nordhelvetische Flysche; Oberkreide: südpenninischer Schlierenflysch). • Die Drusberg-Decke wurde im jüngeren Tertiär vom Penninikum überfahren und an ihren heutigen Platz geschoben. Südhelvetischer und penninischer Flysch wurden dabei zwischen das Helvetikum und das Penninikum eingefaltet. • Durch einen erneuten Schub im Miozän wurde das Aarmassiv gehoben, die helvetischen Decken steilgestellt und die davorliegende Subalpine Molasse abgeschert. • Ende Tertiär befanden sich die Bergketten dort, wo sie heute noch sind, wobei sich ihr Aussehen nur noch durch Verwitterung und Erosion veränderte (ostalpine und penninische Decken wurden soweit abgetragen, dass die helvetischen Decken an die Oberfläche kamen).

Für einen besseren Überblick wird im Folgenden die Lithostratigraphie der drei Räume vereinfachend dargestellt.

11 1. Niederhorn-Hohgant-Kette (NHK) (Drusberg-Decke): Verläuft vom Niederhorn über Güggisgrat, Gemmenalphorn und Siebe Hängste bis zum Hohgant und bildet zusammen mit dem Sigriswilgrat den Alpenrand, d.h. den Grenzbereich, in dem das Helvetikum auf die Molasse stösst (Gnägi 2004:53).

Tab. 1: Stratigraphisches Profil der Niederhorn -Hohgant -Kette (verändert nach Gnägi 2004:59ff) NHK: Niederhorn-Hohgant-Kette HSV: Hohgant-Sundlauenen-Verwerfung NHK, Drusberg-Decke Member, Schichten und/oder NHK, Drusberg-Decke nordwestlich der HSV Charakteristika südöstlich der HSV (Formation) (** siehe Tabelle 2) (Formation) Flysch Sörenberg-Mélange ** Sörenberg-Mélange Über- schiebung Tertiär Globigerinenmergel Globigerinenmergel mit Globigerinenmergel Wängenkalken Hohgant-Formation - Gemmenalp-Kalk Hohgant-Formation (Lithothamnien-Kalk, Discocylinen-Kalk) Wildstrubel-Formation - Hohgant-Sandstein - Hohgant-Schiefer - Küblibad-Schicht Klimsenhorn-Formation - Fruttli-Member (Discus-Schicht) Klimsenhorn-Formation - Fräkmünt-Member (Complanata-Schicht, Unt. Quarzsandstein) Kreide Schrattenkalk-Formation - Obere Orbitolinenschicht Seewer-Kalk-Formation - Oberer Schrattenkalk (dunkel; (helle, dichte, muschelige braune Mergel, weisse Kalke; mergelige Kalkzitvenen) Zwischenlagerungen) - Untere Orbitolinenschicht Garschella-Formation - Unterer Schrattenkalk (hell; sandiger, quarzfreier Kalk) - Brisi-Sandstein Schrattenkalk-Formation

Drusberg-Formation - Altmann-Schichten (Glaukonit, Drusberg-Formation Phosphorit, Wechsellagerung Mergelschiefer-Kalke; ver- witterungsanfällig) - Drusberg-Schichten (Wechsellagerung von Mergeln und Kalken) Helvetische Kieselkalk- hart, dunkel, gebankt Helvetische Kieselkalk- Formation - oberer Kieselkalk (v.o.n.u.: Ob. Formation Echinodermenbreccie, Ob. Kieselkalk, Ob. Kieselkalk- Schiefer, Lidernen-Schichten - unterer Kieselkalk (v.o.n.u.: Unt. Echinodermenbreccie, Unt. Kieselkalk, Unt. Kieselkalk- Schiefer, Gemsmättli-Schicht Sichel-Kalk Sichel-Kalk Palfris-Vitznau-Mergel weich Palfris-Vitznau-Mergel - Vitznau-Mergel - Palfris-Mergel

12 2. Habkern-Mulde: Zwischen der Niederhorn-Hohgant-Kette und der Harder-Brienzergrat-Kette ein- gebettete Mulde mit Flyschgesteinen. Da sie flächenhaft durch Glazialerosion geprägt wurde, sind über dem Schlierenflysch häufig Grundmoränenablagerungen (quartäre Sedimente von Lokalgletschern) und Hangschutt vorhanden. Die Flyschgesteine sind während der Gebirgsbildung als marine Ablagerungsgesteine entstanden und dann auf die Drusberg-Decke überschoben worden.

Tab. 2: Schichtfolge im Habkern -Mélange (verändert nach Gnägi 2004:63f) Sörenberg-Mélange Charakteristik Flysch Basaler Schlieren-Flysch Sandstein, Konglomerate, Barytkugeln, Granodiorite, Tonalite, triassische Vulkanite und jurassische Kalke Leimeren-Mélange Schürflinge; isolierte, linsenförmige Gesteinspakete; aus pelagischen Mergeln, Kalken und Leimeren-Flysch Südhelvetische Flysche mergelreich; mit kalkhaltigen Sandsteinschichten, Granit- Breccien und polygenen Konglomeraten (submarine Rutschpakete) Tertiär Globigerinenmergel Kreide Oberkreide

3. Harder-Brienzergrat-Kette (HBK) (Drusberg-Decke): Erstreckt sich vom Harder über das Augstmatthorn und Tannhorn bis zum Brienzer Rothorn.

Tab. 3: Stratigraphisches Profil der Harder-Brienzergrat-Kette (verändert nach Gnägi 2004:59ff) HBK: Harder-Brienzergrat-Kette BGV: Bachli-Giesenen-Verwerfung HBK, Drusberg-Decke östlich Member, Schichten und/oder der BGV (Formation) Charakteristika (* siehe Tabelle 1, ** siehe Tabelle 2) Flysch Sörenberg-Mélange ** Überschiebung Tertiär Globigerinenmergel * Hohgant-Formation * Wildstrubel-Formation * am Harder Klimsenhorn-Formation * am Harder Kreide Wang-Formation dunkelgraue, dichte, muschelige Kalke bis feinsandige Mergel Amden-Formation fehlt Seewer-Kalk-Formation * selten vorhanden; oft direkt auf dem Schrattenkalk Garschella-Formation fehlt im nördlichen Teil Schrattenkalk-Formation * Drusberg-Formation * Helvetische Kieselkalk- * Formation Sichel-Kalk Palfris-Vitznau-Mergel *

13 (Gnägi 2004:Anhang; nach W. Gigon) W. nach 2004:Anhang; (Gnägi Abb. 8: Geologische Karte des Habkerntales des Karte Geologische 8: Abb.

14 1.3 Tektonik

1. Niederhorn-Hohgant-Kette (NHK): Gehört zur helvetischen Randkette die von der Wildhorn-Decke aufgebaut wird. Diese wiederum besteht aus der Axen-Decke (im Gebiet nicht vorkommend) und der Drusberg-Decke. Im Zuge der Alpenfaltung wurde die Drusberg-Decke von der Axen- Decke abgeschert und auf den subalpinen Flysch und die subalpine Molasse überschoben. Die Randkette baut sich demnach wie folgt auf (v.u.n.o.): Molasse, Subalpiner Flysch, Kreide und Eozän. Die Drusberg-Decke besteht aus Kreide- und Tertiärablagerungen und bildet eine Antiklinale (Justistal) und eine Synklinale (Sigriswilgrat). Die NHK wird durch die Hohgant-Sundlauenen-Verwerfung (HSV), von Südost nach Nordwest verlaufend, in einen südlichen (um 200-500 m abgesunken) und nördlichen Teil zerlegt. Der südliche Teil liegt grösstenteils unter dem Flysch, davon ausgenommen ist das Waldegg-Gewölbe (abgesetzte Antiklinale) und ein Teil des Hohgants. Der nördliche Abschnitt (Gemmenalphorn bis Hohgant) besteht aus Schrattenkalk und Hohgantsandstein und ist von zahlreichen Brüchen durchsetzt. Während drei Episoden sind viele Längs- bzw. Querbrüche entstanden: 1. durch listrische Abschiebungen aufgrund der Extension der europäischen Kruste und der Vertiefung in der Tethys (Kreide) 2. durch die Bildung und den Transport der helvetischen Decken 3. durch die Anordnung der Decken

2. Habkern-Mulde (HM): Ist von verschieden alten Flyschschichten gefüllt (südhelvetische Flysche und Basaler Schlierenflysch). Der Schlierenflysch wurde bei der Alpenfaltung auf die Leimern-Serie des Mittelpenninikums geschoben; das Ganze kam danach auf die Drusberg-Decke und wurde weiter verfaltet. Durch diese Prozesse wurden Schlierenflysch (mit mitgerissener Leimern-Serie), südhelvetische Flysche und Globigerinenmergel ineinander verschuppt, wodurch das Habkern-Mélange entstand.

3. Harder-Brienzergrat-Kette (HBK): Geologen sind sich nicht ganz einig, ob es sich hierbei um eine Synklinale der Drusberg-Decke oder um eine Überschiebung handelt. Es scheint, als verlaufe unter der HBK (parallel zur HSV) eine zweite Störung, die Bachli-Giesenen-Verwerfung (BGV), welche die beiden Ketten in zwei unterschiedliche Fasziesräume teilt (Seewer- Kalk und Wang- und Amdener-Formation). Nach Gigon (1952:78f) handelt es sich bei

15 der HBK um die Stirnregion der Wildhorn-Drusberg-Decke, die auf den Habkern-Flysch hinaufgepresst wurde. Eine erste Falte baut das Gebiet zwischen Harder und Augstmatthorn auf, wobei nur noch der überkippte Nordschenkel vorhanden ist (siehe Kapitel 3.6). Vom Suggiture an wird die erste Falte von zwei weiteren, kleineren Falten überlagert.

1.4 Klimatologie

Nach Leibundgut (1992:43) können über lokale Klimafaktoren keine genauen Angaben gemacht werden, doch lässt sich das Gebiet dem Grossraumklima der nördlichen Voralpen zuordnen. Wegen der sonnigen Lage des Siedlungsgebiets Habkern, dem Einfluss des milden Seeklimas des Thunersees und der häufigen Inversionslagen im Winter ist das Klima etwas milder als es für diese Höhenstufe anzunehmen wäre. Die mittleren Januartemperaturen in Habkern liegen zwischen –2° und –5° C, im Alpgebiet zwischen –2° und –10° C; die mittleren Julitemperaturen liegen in Habkern zwischen 10° und 15° C, im Alpgebiet zwischen 5° und 10° C (Leibundgut 1992:43). Durch Früh- und Spätfröste (bis Juni und ab September) wird die Vegetationszeit etwas beschränkt. Der Stau der niederschlags- reichen Westwindlagen an den Nordseiten der Alpen- randketten bringt dem Gebiet um Habkern recht hohe Niederschläge. So folgt der Niederschlagsgradient prak- tisch parallel dem Relief, vom

Emmental über die Nieder- horn-Hohgant-Kette, die Abb. 9: Niederschlagsgradient Eggiwil – Hohgant – Augstmatthorn (Gnägi 2006:96) Habkern-Mulde bis zur Harder-Brienzergrat-Kette (siehe Abbildung 9) (Gnägi 2004:68f). Die Jahresniederschläge belaufen sich auf 1200-1500 mm im Siedlungsgebiet und 1600-2400 mm im Alpgebiet, wobei der Schneefall hier etwa die Hälfte ausmacht (Leibundgut 1992:43). In den Sommermonaten Juni bis August gibt es eine erste Niederschlagsspitze; ein zweites, kleineres Maximum entsteht durch die Herbstniederschläge im November (Gnägi 2004:69). Auch Gewitter sind infolge der Lage an der Alpenrandkette relativ häufig.

16 Das Lombachtal ist zudem stark den Westwinden ausgesetzt, da der Talkessel gegen Westen weit geöffnet ist. Zusätzliche klimarelevante Faktoren sind die Bise und der Föhn (Leibundgut 1992:43).

1.5 Hydrologie

Die Lombachalp befindet sich im Einzugsgebiet der Emme und des Lombachs, deren Abfluss von der Schneeschmelze und der Niederschlagsverteilung durchs Jahr geprägt ist (Schneetypus) (Gnägi 2004:69). Die Wasserscheide, die vom Augst- matthorn über Winterröst zum Hohgant verläuft (siehe Abbildung 10), teilt die Gemeinde Habkern in zwei Teile. Im hinteren, nordöstlichen Teil entspringt die Emme, die dann nördlich von Harzersboden, auf ca. 1100 m ü.M., das Berner Oberland verlässt und dem zufliesst, um nordöstlich von Solothurn in die Aare zu münden. Im südlicheren Teil fliesst der Traubbach (zwischen Habkern und Schwendi) und andere kleine Bäche in den Lombach, der durch die Gemeinde Unterseen und Abb. 10: Wasserscheide Emme – Lombach (rot) bei Neuhaus dem Thunersee zu- (http://www.sportgruppe-wiedlisbach.ch) fliesst, wo sein Delta mit dem Lütschinendelta das „Bödeli“ bildet (Teuscher 1967:10). „Das Gewässernetz spiegelt den geologischen Unterbau wieder.“ (Teuscher 1967:10). So wird das Gebiet mit wasserstauenden Flyschschichten (Habkern-Mulde) durch ein dichtes Gewässernetz in südwestlicher und östlicher Richtung entwässert. Die Bäche haben Wildbachcharakter und schwellen bei Starkniederschlägen schnell an (Tages- schwankungen). Durch die Kombination von Schneeschmelze und Niederschlägen wird das Abflussminimum im Januar, der Höchstwert im Mai und ein sekundäres Maximum im November erreicht (Gnägi 2004:70). Wegen des schlecht wasserdurchlässigen Bodens versiegen die Bäche und Rinnsale auch im Sommer kaum. Doch sind weder das Einzugsgebiet der Emme noch das des Lombachs hydrologisch geschlossen, denn aus beiden fliesst ein Teil des Niederschlagswassers unterirdisch ab

17 (Gnägi 2004:71). Auch die steil abfliessenden temporären Bäche der Harder-Brienzergrat- Kette dürften, im Gegensatz zur hohen Wasserbindungskapazität der Habkern-Mulde (Flysch- und Moorböden), „ebenfalls Versickerungsverluste erleiden, überfliessen sie doch im Oberlauf die Schichtköpfe des Schrattenkalkes.“ (Teuscher 1967:12). Ebenfalls wurde hier in Bezug auf die nördliche Randkette verwendet, wo Hohgant und Gemmenalphorn, durch die Karrenfelder des Schrattenkalkes, grösstenteils unterirdisch entwässert werden.

1.6 Pedologie

Nach Gnägi (2004:65) sind nicht alle Böden des Untersuchungsgebiets auf Muttergestein (Flysch, Schrattenkalk, Hohgant-Sandstein, Globigerinenmergel, Kieselkalk, Drusberg- schichten, Discocyclinen-Kalk u.a.) entstanden, sondern oft auf darüber liegenden Lockermaterialsedimenten, die aufgrund von Solifluktionsdecken, Schutthalden oder glaziofluvialen Schottern entstanden. Im Folgenden sind die lokalen geologischen Unterlagen und die sich daraus entwickelnden Böden aufgelistet (Gnägi 2004:67):

• Schrattenkalk  Humuskarbonatböden (neutral bis alkalisch, trocken) • Karstspalten  Podsole, Pseudogleye und Terra Fusca • Kieselkalk  Alpine Rendzina (nährstoffreich, feucht) • Hohgant-Sandstein  Quarzsandböden (Podsolprofile, mager, sauer)

Da ein Grossteil des Lombachtales aus einer ausgedehnten Zone mit tonreichen, rasch verwitternden Flyschgesteinen bzw. aus Hohgantsandstein besteht, darf angenommen werden, dass die Bodentypen Gley und Podsol in dieser Region am häufigsten vorkommen. Doch können die Bodenprofile, aufgrund des vielfältigen Ausgangsmaterials, auf kleinem Raum variieren (Leibundgut 1992:44). An trockenen, drainierten Standorten können auf Flysch nährstoffreiche und fruchtbare Braunerden entstehen. Infolge der hohen Niederschläge bilden sich aber häufig wassergesättigte, schlecht durchlässige und saure Gleyböden oder Pseudogleyböden. Neben den Gleyböden begünstigen auch magere Quarzsand- und Podsolböden, die durch starke Auswaschung aus dem Hohgantsandstein entstehen, die Moorbildung (siehe Kapitel 3.3/3.4). Daneben hat die Vergletscherung durch die Abdichtung von Mulden mit tonreichen Grundmoränenböden und die anthropogen bedingte Bodenverdichtung (Rodung, Beweidung) zur Versumpfung beigetragen. Die Gemeinde Habkern hat, aufgrund der oben erwähnten klimatischen und geologischen Voraussetzungen (mildes Klima, hohe Sommerniederschläge, wasserundurchlässige

18 Böden), die grössten Flächen an Hoch- und Flachmooren im Kanton Bern. So nehmen die Hochmoore mit 48,5 ha ca. 1 % der gesamten Gemeindefläche ein, während die Flachmoore mit 3115 ha etwa 20 % der Fläche ausmachen (Leibundgut 1992:45).

19 2. Allgemeine Hinweise

Die Exkursion sollte nur bei gutem Wetter, welches Sichtweiten von mehreren hundert Metern erlaubt, durchgeführt werden, da sonst gewisse geomorphologische Erscheinungen nicht gesehen werden können.

2.1 Anfahrt

Privatauto Die Fahrt geht über Interlaken in Richtung Unterseen, wo man auf der Strasse Richtung Beatenberg rechts nach Habkern abzweigt. Bei der Kreuzung im Dorfzentrum zweigt eine schmale Strasse rechts nach

Schwendi/Lombachalp ab

(Distanz Habkern Dorf – Abb. 11: Anfahrtsweg zur Lombachalp (http://www.lombachalp.tcnet.li) Lombachalp 6 km, Fahr- zeit 15 Minuten). Das Auto kann beim gebührenpflichtigen Hauptparkplatz bei der Käserei Lägerstutz abgestellt werden. Weitere Parkplätze gibt es bei der Saagiegg, der Färrichegg und Schwarzbach. Wenn man die Exkursion in Habkern starten möchte, gäbe es auf dem Dorfplatz (Gemeindeverwaltung) Parkplätze. Die Parkiergebühren können der Homepage http://www.lombachalp.ch (Stand 11.11.2008) entnommen werden. Ist eine Exkursion mit einer grösseren Gruppe geplant, kann die Lombachalp auch mit einem Car angefahren werden.

Öffentliche Verkehrsmittel Die Lombachalp ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen, doch wird die Anfahrt mit ÖV, aufgrund der beschränkten Parkplätze, empfohlen. Von Bern gelangt man mit dem Zug nach Interlaken West, wo ein Postauto nach Habkern fährt (http://www.fahrplanfelder.ch  Habkern oder http://www.sbb.ch, Stand 11.11.2008).

20 Von Habkern aus kann man die Lombachalp entweder zu Fuss erreichen oder man nimmt einen Shuttlebus, welcher an Sonntagen zu festen Zeiten fährt. Auf Voranmeldung sind auch Fahrten ausserhalb des Fahrplans möglich. Die Telefonnummern für Reservationen, die Abfahrtszeiten und Preise sind auf http://www.lombachalp.ch (Stand 11.11.2008) ersichtlich.

Wandervorschläge • Beobachtungsweg Lägerstutz – Winterröst – Färrich – Lägerstutz 1,5 h • Beobachtungsweg Lägerstutz – Augstmatthorn (Hinweg) 1,5 h • Rundwanderung Lägerstutz – Augstmatthorn – Suggiture – Lägerstutz 3,5 h • Harder Kulm – Suggiture – Augstmatthorn – Lombachalp 6 h • Habkern Dorf – Lombachalp 1,5 h • Hohgant – Färrich – Lägerstutz 3 h

Weiterführende Informationen • Informationszentrum Lägerstutz, Aufsichtsperson Andreas Zurbuchen, Tel. 079 488 35 38 • Gemeindeverwaltung Habkern, Tel. 033 843 82 10 • Tourismusbüro Habkern, Tel. 033 843 13 01 • http://www.lombachalp.ch • http://www.habkern.ch • http://www.naturpark-thunersee-hohgant.ch

2.2 Exkursionsausrüstung

Für die mehrstündige Exkursion in teilweise rutschigem und steilem Gebiet braucht es gutes Schuhwerk und dem Wetter sowie der Höhe angemessene Kleidung. Da sich nur bei der Käserei Lägerstutz (Parkplatz) ein Restaurant befindet, wird die Verpflegung aus dem Rucksack empfohlen. Rastplätze und Feuerstellen gibt es bei der Saagiegg, der Färrichegg und dem Schwarzbach. Um die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt zu entdecken (Sonnentau, Alpenrose, Arnika, Steinböcke, Murmeltiere, Raufusshühner, Steinadler, Rothirsche u.a.) lohnt es sich, eine Lupe bzw. einen Feldstecher mitzunehmen. Für kleinere Untersuchungen der Böden und Gesteine können pH-Messstäbchen und Salzsäure mitgenommen werden. Zusätzlich können durch mitgebrachte Gesteins-, Pflanzen- und Tierlexika vertiefende Informationen gewonnen werden.

21 3. Exkursion

3.1 Übersichtskarte

Der Kartenausschnitt wie auch die in dieser Arbeit verwendeten Karten- und Namenangaben sind dem Blatt Beatenberg 1208 (2008), 1:25'000, entnommen.

3

2 Teil I

1

4

1 Teil II

5

Abb. 12: Das Exkursionsgebiet auf der Lombachalp mit der Exkursionsroute (rot) und den Haltepunkten (Stern) (Blatt Beatenberg 1208, 2008, 1:25’000; verändert durch die Autorin)

Die Exkursion besteht aus zwei Teilstrecken, die den beiden oben erwähnten Beobachtungswegen entsprechen. Im ersten Teil geht man von der Käserei Lägerstutz (1) zuerst in nördlicher Richtung und wandert über Standhubel und Gräber (2) nach Winterröscht und von dort aus, über Färrich/Saagiegg (3) und Fahrenegg, zurück nach Lägerstutz.

22 Beim Restaurant der Käserei oder bei der nahe gelegenen Feuerstelle lässt sich eine Mittagsrast einschalten. Der zweite Teil der Exkursion geht in südöstlicher Richtung, wobei man auf dem Bergweg über Läger (4) und Stand zuerst den Suggiture (5) anläuft, um dann über den Brienzergrat auf das Augstmatthorn zu wandern. Vom Augstmatthorn folgt man dem direkten Weg über die Augstmatte hinunter zur Käserei Lägerstutz.

Beim Parkplatz der Käserei Lägerstutz, wo auch ein Besucherinformationszentrum geplant ist, kann man sich anhand der vorhandenen Informationstafeln über die Flora und Fauna des Gebiets informieren.

Weil der Untergrund des ganzen Exkursionsgebiets aus Flyschgesteinen und Grundmoränen besteht und dadurch typische geomorphologische Erscheinungen auftreten, wird im folgenden ersten Posten ein mehr geologisches Thema angesprochen und die Entstehung von Flyschgesteinen erklärt. Da der weiche Flysch der Habkern-Mulde flächenhaft erodiert wird, sind praktisch keine Aufschlüsse zu sehen.

3.2 Posten 1: Flyschgestein (Lägerstutz)

Lokale Erscheinungen An der nördlichen Flanke des Augstmatthorns ist eine ehemalige Karmulde zu sehen, die während der letzten Eiszeit entstand (siehe Abbildung 13). Im ganzen Gebiet deuten nasse, lehmige Stellen wie auch zahlreiche Quellen, die aus Mulden austreten, auf den flyschreichen Unter- grund hin. Die Quellen sind Abb. 13: Karmulde auf der nördlichen Seite des Augstmatthorns besonders gut an der Strasse von Färrich zur Käserei Lägerstutz und bei Läger (Aufstieg zum Augstmatthorn) zu erkennen.

23 Der Lombach und der Traubbach haben sich aufgrund des weichen Untergrundes tief in Stau- schotter, Moränenmaterial oder in den Oberläufen in anstehendes Gestein einge- graben (Rückwärtserosion). Die Bacheinhänge sind daher mehrheitlich steil, rutschig und schlecht zugänglich, und immer Abb. 14: Steiler Bacheinhang mit Rutschungen an der Strasse von Färrich nach Lägerstutz wieder gibt es Rutschungen und Sackungen. Auch dies ist an der Strasse von Färrich zur Käserei Lägerstutz, auf der linken Seite, zu sehen (siehe Abbildung 14). Im Exkursionsgebiet befinden sich zudem einige abgelagerte Gesteinspakete (siehe unter Flyschentstehung). So können bei Läger (neben dem Weg zum Augstmatthorn) und beim Luegiboden (siehe Kapitel 3.7) vereinzelte Habkern-Granitblöcke angeschaut werden, die aus dem Flysch herauswittern.

Flyschentstehung Durch die Auflast der ersten Alpenerhebungen (AE) und der adriatischen Platte (AP) auf den südlichen Rand der europäischen Platte (EP) gab es eine Hebung im nördlichen Bereich (Hochzone) und eine Subsidenz im südlichen Bereich der europäischen Platte (nördlich vor der Alpenfront). So entstanden einerseits Hochzonen über dem Meeresspiegel die dadurch erodiert werden konnten; andererseits gab es nördlich vor der Alpenfront AE tiefe Meeresbecken, die S auf der Südseite von AP N EP Steilküsten gesäumt waren. Durch die folgen- Abb. 15: Die Entstehung von Flysch (Gnägi 2004:25; verändert den Ablagerungen von durch die Autorin) Schlammströmen vom

24 Kontinentalabhang (Turbidite 1) und Gesteinspaketen der Küste im Meeresbecken entstanden die Flyschgesteine. Mit der fortschreitend nach Norden vorrückenden Alpenfront wurde die Vortiefe laufend aufgefüllt, überrollt und in nördlicher Richtung vorgeschoben, wodurch immer neue Flyschgesteine entstanden. Diese bestehen aus einer Wechsellagerung von Sandstein und Mergel (Schlammströme), enthalten aber oft auch Pakete anderer Gesteine, die von den Küsten in die Schlammströme stürzten (Gnägi 2004:23ff).

Glazialerosion Das Lombachtal war während der letzten Eiszeit ganz oder zumindest teilweise vergletschert. Der Aaregletscher verhinderte aber die Ausdehnung des Lombachgletschers, wodurch sich die Glazialterrassen Schwendi und Luegiboden bildeten. Durch die Glazialerosion wurde das Flyschgestein weich modelliert und es entstand eine Muldenform oder Verflachungen. Das Sickerwasser konnte sich in den Mulden ansammeln, was zu Vernässungen und folglich zur Moorbildung führte. Infolge der Vergletscher- ung der letzten Eiszeit hat eine mächtige Moränen- decke (Überreste von Lokalgletschern, Ge- schiebe aus der Habkern- Mulde oder dem an- grenzenden Helvetikum) weite Teile des Gebiets Abb. 16: Glazialterrassen von Habkern. Sie sind primär ein Relikt des überlagert (Leibundgut letzteiszeitlichen Talbodens und bestehen vorwiegend aus 1992:43f). Grundmoränenresten. (Gnägi 2004:57)

Auswirkungen auf die Geländeformen Durch den tonreichen Flysch-Untergrund (aus Mergel und Sandstein bestehend), der viel Wasser aufnehmen kann, neigt ein Grossteil der Böden der Habkern-Mulde zu Vernässungen. Die Geländeformen sind aufgrund des weichen Flyschs sanft und gerundet. Doch ist die Habkern-Mulde infolge dieser Eigenschaft auch instabil, wodurch ein konstanter Talzuschub stattfindet und Sackungsmorphologien auftreten können. Eine weitere Folge ist die relativ grosse Wirkung der fluvialen Denudation.

1 „Klastisches Sediment, das von einem Trübestrom abgelagert worden ist und bei breit gestreuten Korngrössen und mässiger Sortierung eine typische gradierte Schichtung zeigt.“ (Press&Siever 2008: 697). 25 Das anstehende Gestein wird nur von wenig Humus bedeckt, doch konnten sich auf den Flächen nährstoffreiche Feuchtwiesen und entlang der Bachrinnen Flachmoore ausbilden (Gnägi 2004:54ff).

Aufgabe: Beobachten Sie die umliegende Landschaft. Welche geomorphologischen Erscheinungen können Sie erkennen? Welche davon deuten auf den Flysch-Untergrund hin? Notieren Sie Ihre Beobachtungen und kartieren Sie die verschiedenen Erscheinungsformen (z.B. Moorflächen, Quellen) auf einer Karte (1:25'000).

Auf dem Weg vom Lägerstutz nach Gräber haben Sie bei der Alphütte Standhubel einen guten Blick über die Moorlandschaft Habkern. Am Gegenhang, an der Strasse nach Hinderringg, ist ein ausgedehntes Flachmoor zu erkennen. Im Hintergrund sind von rechts nach links folgende Gipfel zu sehen: Augstmatthorn, Gummhorn, Schnierenhörnli, Tannhorn, Kemmeriboden (im Tal dazwischen), Schibengütsch, Hohgant. Ein Hochmoor befindet sich direkt unterhalb des Standpunktes, wo der Baumbestand sehr lückenhaft ist. Wenn Sie dem Weg nach Gräber folgen, erreichen Sie den Posten 2. Dieser wird von Wald und wunderbaren Flachmooren, die auf waldfreien Weidegebieten entstehen und den grössten Teil der Moorflächen der Moorlandschaft Habkern-Sörenberg ausmachen, umgeben.

3.3 Posten 2: Flachmoor (Gräber)

Lokale Erscheinungen In der Umgebung des Postens 2 ist vor allem das Davallseggen-Ried Flachmoor vorherrschend (siehe unten). Auf der gegenüberliegenden Talseite ist an der Strasse nach Hinderringg ein weiteres grosses Flachmoor zu erkennen. Die Flachmoore auf der Lombachalp stehen grösstenteils unter Naturschutz und werden daher sich selbst überlassen. Mindestens einmal pro Jahr müssen sie gemäht werden um der Verbuschung entgegenzuwirken. Dieser Prozess ist beim weiteren Aufstieg nach Winterröscht gut zu beobachten, wo auf den Flachmoorflächen einzelne Jungbäume und Büsche wachsen.

26 Damit die Flachmoore als Feuchtwiesen auch landwirtschaftlich genutzt werden können, gibt es auf dem Feldmoos und bei Läger regelmässig erneuerte Entwässerungsgräben (Leibundgut 1992:116).

Allgemeine Charakteristik Moore sind Böden, die einen Torfhorizont von mindestens 0,3 m Mächtigkeit aufweisen und deren Humushorizonte mindestens 30 % organische Substanz enthalten (Press& Siever 2008:439). Nach Leibundgut (in Gnägi 2004:34) können Feucht- gebiete in Moorlandschaften aufgrund ihrer Vegetations- Abb. 17: Flachmoor unterhalb Gräber zusammensetzung in vier Typen eingeteilt werden:

• Hochmoor • Trittempfindliches Flachmoor (Hochmooranteil ≤ 50 %) • Flachmoor • Feuchtwiese

Die Hochmoore und Feuchtwiesen werden in Kapitel 3.4 näher beschrieben.

Flachmoor Topogene 1 Moore (Flach- oder Niedermoore) entstehen subhydrisch 2, wenn die Aufhöhung der Mooroberfläche durch abgestorbene Pflanzenreste gleich dem Anstieg des Grundwasserspiegels verläuft (Zepp 2008:317). Dafür muss die Niederschlagsrate grösser sein als die Verdunstungsrate und temporäre bzw. dauernde Staunässe bestehen. Oftmals entstehen Flachmoore im Uferbereich als Folge verlandender Seen. Auch sind sie in Hangdruckgebieten, Überschwemmungszonen oder Quellsümpfen anzutreffen. Im Gegensatz zu den Hochmooren sind die Flachmoore nicht gewölbt und haben einen permanent oder wechselnd hohen Grundwasserspiegel. Das heisst, die Pflanzen (hohe

1 Bezeichnung für die reliefbedingte Entstehungsweise von Niedermooren. Topogene Moore beziehen ihre Nährstoffe aus dem Zufluss- bzw. Grundwasser (Martin 2000). 2 unter Wasser 27 Artenvielfalt) haben direkten Kontakt zum nährstoffreichen Grundwasser. Aufgrund der Bodenazidität (sauer oder leicht sauer bis basisch) werden sie in zwei Typen von Kleinseggenrieden eingeteilt: „Das artenreiche Davallseggen-Ried (Caricion davallianae) entsteht auf kalkreichen, wechselfeuchten Böden mit leicht sauer bis alkalischer Bodenreaktion. Oft wirkt das kalkreiche Oberflächenwasser einer Versauerung entgegen und kompensiert durch seinen Nährstoffgehalt die Auswaschung [...]. Das Braunseggen-Ried (Caricion nigrae) liegt auf nährstoffärmeren, sauren und dauernd nassen Böden.“ (Gnägi 2004:74). Die Flachmoore liefern Streumahd, werden als Weide genutzt oder durch Entwässerung in Landwirtschafts- oder Bauland umgewandelt. Ein Grossteil der Flachmoore unterhalb der Waldgrenze war ursprünglich bewaldet und erst durch Rodung feuchter Wälder entstanden. Neben der Verbuschung ist die Existenz von Flachmooren durch Überdüngung und Entwässerung bedroht. Doch durch Mahd, Beweidung, Bewirtschaftungsverträge und der Zuschüttung von Entwässerungsgräben kann solchen Prozessen entgegengewirkt werden.

Übergangsmoor Zwischen den Flach- und Hochmooren gibt es Übergangsmoore, die von Grund- und Regenwasser gespiesen werden. Sie entstehen wenn die Mooroberfläche durch das starke Wachstum der Pflanzen schneller ansteigt als der Grundwasserspiegel und entwickeln sich an oligo 1- bis mesotrophen 2 Gewässern bei stark reduziertem Wasserfluss (Gnägi 2004:36).

Aufgabe: Messen Sie mit den mitgebrachten pH-Messstäbchen den pH-Wert des Bodens und des Wassers eines Flachmoores.

Der weiterführende Aufstieg nach Winterröscht führt durch lockere Fichtenbestände, an kleinen Flachmooren und trockenen Kuppen vorbei. Zuletzt werden saure Feuchtwiesen durchschritten und auch Hochmoorflecken mit Torfmoos sind zu sehen (siehe Abbildung 18). Vom Standpunkt Winterröscht hat man eine wunderbare Rundsicht. Im Süden zieht sich der Brienzergrat vom Harder über den Suggiture, das Augstmatthorn und das Tannhorn bis zum

1 Nährstoffarm und wenig produktiv. Bezeichnet sowohl den Lebensraum (Gewässer, Böden) als auch die Versorgungsansprüche von Organismen. Oligotrophe Lebensräume sind z. B. Moore oder Magerwiesen (Martin 2000). 2 Mittlerer Nährstoffstand, d.h. allgemein ein Lebensraum mit mittlerer Produktivität. Liegt zwischen dem eutrophen und oligotrophen Zustand. In der Moorkunde werden sog. Übergangsmoore mit nährstoffarmem Grundwasser als mesotrophe Moore bezeichnet (Martin 2000). 28 Brienzer Rothorn. Hinter dem Suggiture ist das Wetterhorn, Schreckhorn, Finsteraarhorn, Fiescher Hörner, Eiger, Mönch, Jungfrau, Breithorn und die Blüemlisalp zu sehen (v.r.n.l.). Auf der nördlichen Seite sind folgende Gipfel der Voralpenkette, die vom Thunersee bis in die Gegend von Sörenberg reicht, zu erkennen: Niederhorn (Antenne), Gemmenalphorn, Siebe Hängste, Hohgant und Schrattenfluh (v.l.n.r.). Links unterhalb des Hohgants befindet sich das Innerbärgli mit seinem Karrenfeld 1. Auch die Ausbreitung des Waldes ist an der Ostflanke des Bolbergs, wo auf offenen Flächen Büsche und junge Bäume wachsen, zu erkennen. Der Weg führt, vorbei an den beiden Alphütten von Läger und ausgedehnten Flachmooren, Abb. 18: Hochmoorflecken mit Torfmoos beim Aufstieg nach weiter Richtung Färrich. Dort Winterröscht befindet sich, unterhalb der Strasse von Färrich nach Lägerstutz, in einem abgezäunten Gebiet mit lockerem Baumbestand das Hochmoor „Färrich“. Da Hochmoore sehr trittempfindlich sind und auch vom Vieh nicht betreten werden sollen, ist das Gebiet eingezäunt.

1 Karstform. In abfliessendem Regenwasser enthaltene Säure löst den Schrattenkalk des Gesteins. 29 a) Gletscher hinterlassen wasserundurchlässige Mulden...

b) abgestorbene Pflanzen und Tiere bilden Faulschlamm...

c) in nassen Gelände- kammern bilden sich Flachmoore und es entstehen Torf- schichten...

d) durch die weitere Ablagerung nicht verwester organischer Materialien verlieren Torfmoose den Boden- kontakt und es bilden sich Hochmoore...

e) die über Jahrtausende mehrere Meter hoch werden können...

f) und schliesslich vom Menschen erhalten, geschützt oder abgetragen werden.

Abb. 19: Entstehung der Flach - und Hochmoore seit der letzten Eiszeit (Hammer 2003:108) 30 3.4 Posten 3: Hochmoor (Färrich/Saagiegg)

Hochmoor Ombrogene 1 Moore (Hoch-, Decken- oder Regenwassermoore) entstehen aus Flach- mooren heraus auf wasserundurchlässigen Böden bzw. nassen Böden über wasser- stauendem Untergrund. Dieser besteht in der Moorlandschaft Hab- kern-Sörenberg aus Flysch, postglazialen

Schwemmtonen, Fels- Abb. 20: Hochmoor Färrich (http://www.lombachalp.ch) humusböden auf Hoh- gant-Sandstein, Mergeln und Grundmoränen (Gnägi 2004:73). Daneben bedürfen sie eines kühlen, humiden Klimas (1200-2000 mm Jahresniederschlag, 2-6° C Jahresmitteltemperatur) ohne Trockenperioden und mit geringer Verdunstung. Der typische Torfboden von Hochmooren entsteht durch die geringe Zersetzung abgestorbener Pflanzenteile, aufgrund der nass-sauren und sauerstoffarmen Bedingungen. Mit der Zeit wölbt sich das Torfmoos, die in Hochmooren dominante Pflanze, kuppelartig über den Grundwasserspiegel. Dadurch verlieren die Pflanzen den Kontakt zum Grundwasser und werden nur noch durch Niederschlagswasser versorgt. Um aus dem Boden Nährstoffe aufnehmen zu können, setzen die Moose H +-Ionen frei, wodurch der Boden immer saurer wird (pH 3-4) (Gnägi 2004:34). In ombrogenen Mooren können zwei Torfe unterschieden werden. Der dunkle, stark zersetzte Schwarztorf bildet sich bei guter Durchlüftung und schnellem Pflanzenabbau. Der hellbraune, schwach zersetzte Weisstorf entsteht bei schlechter Durchlüftung aufgrund starker Vernässung. Der Schwarz-Weiss-Torf-Kontakt (SWK) markiert die Grenze zwischen den beiden Torfarten in einem Hochmoor (Zepp 2008:317). Die Nährstoffarmut und der tiefe pH-Wert bewirken, dass Hochmoore nur von wenigen, spezialisierten Pflanzen und Tieren besiedelt werden können (z.B. Torfmoose, Moosbeere,

1 Niederschlagswasserernährt. Bezeichnung für Hochmoore, die nicht mit dem Grundwasser ihrer Umgebung gespeist werden (Martin 2000). 31 Scheidiges Wollgras, Rundblättriger Sonnentau, Hochmoorgelbling, Hochmoorperlfalter u.a.). So ist das Vorkommen von Bäumen (in Färrich sind es Bergföhren), mit Ausnahme von Zwergsträuchern, auf den Rand der Hochmoore beschränkt (Gnägi 2004:35). Hochmoore wachsen nur sehr langsam (Schwarztorf: 1 mm/a, Weisstorf: 2-4 mm/a) und haben sich über Tausende von Jahren entwickelt (Zepp 2008:317). „Ihre Entstehung geht auf die Feuchtphase des Atlantikums zurück.“ (Gnägi 2004:73). Anzutreffen sind sie in Reliefs, die das Wasser am Abfliessen hindern, so in Mulden, Sätteln, auf flachen Kuppen, Hangterrassen, ebenen Flächen und schwach geneigten Hängen. Verschiedene morphologische Strukturen und die damit einhergehenden unterschiedlich hohen Wasserstände bewirken die Ausbildung vielfältiger Pflanzengesellschaften (Gnägi 2004:34f/73). Es wird zwischen primären Hochmooren, die vom Menschen nicht wesentlich beeinflusst wurden, und sekundären Hoch- mooren, deren ursprünglicher Zu- stand durch die menschliche Nutzung verändert wurde, unter- schieden. Aufgrund früherer Nutzungen (Torfabbau, Mülldeponien, militär- isches Übungsgelände, Land- wirtschafts- und Bauland) und den dadurch verursachten Schäden, wird heutzutage die Ausscheidung von Hochmooren als Natur- Abb. 21: Strukturelemente in einem naturnahen Hochmoor. Der mineralische Untergrund ist weiss, der Torfkörper punktiert. schutzgebiete angestrebt. (Gnägi 2004:35) Doch trotzdem können Aus- trocknung, Verheidung, Torfzersetzung, Bodenverdichtung, Eutrophierung und Schad- stoffeintrag die sensiblen Hochmoore beschädigen. Um solche Probleme zu beheben, können folgende Regenerationsmöglichkeiten angewendet werden: Zuschüttung von Entwässerungsgräben, Betretungs- und Nutzungsverbote, Einrichtung von Pufferzonen oder die Wasserstauung durch Dämme (Gnägi 2004:34f).

Feuchtwiese Durch die intensive Nutzung (Düngung und Drainage) von Flachmooren können auf nassen, nährstoffreichen Böden Feuchtwiesen bzw. Fettwiesen (meist Sumpfdotterblumenwiesen)

32 entstehen. Oft befinden sie sich im Umfeld von Alphütten, befahrenen Wegen oder in der Nähe von Siedlungsgebieten. Auch Feuchtwiesen müssen, um nicht zu verbuschen, mindestens einmal pro Jahr gemäht oder beweidet werden. Gülledüngungen und tiefgreifende Entwässerungen bedrohen diese Art der Feuchtgebiete (Gnägi 2004:37/74).

Aufgabe: Messen Sie mit den mitgebrachten pH-Messstäbchen den pH-Wert des Bodens und des Wassers eines Hochmoores und vergleichen Sie diese Werte mit denen des Flachmoores. Aufgrund des Moorschutzes sollte diese Probe nur von einer Person entnommen, oder das Hochmoor darf nur am Rand betreten werden.

Auf dem weiterführenden Weg zur Käserei sind neben zusätzlichen Flachmooren auch noch Feuchtwiesen zu sehen (vor allem beim Feldmoos). Zudem sind zwei weitere geomorphologische Erscheinungen zu beobachten: In der Nähe der Fahrenegg ist auf der rechten Seite die Anrissstelle einer Bodenrutschung zu sehen. Im regenreichen Sommer 2005, als die Erde durch lang anhaltende und heftige Niederschläge zuviel Wasser enthielt, rutschte die Vegetationsdecke mitsamt dem Untergrund auf dem lehmigen Flysch hangabwärts und verschüttete die Strasse und die darunter liegende Weide. Hangrutschungen oder Murgänge kommen auf der Lombachalp immer wieder vor (Kommission Lombachalp 2008:37). Weiter Richtung Lägerstutz, ungefähr beim Feldmoos, gibt es an der rechten Strassenseite eine Quellflur, wo aufgrund der wasserundurchlässigen Flyschhänge zahlreiche Quellen hervortreten. Sind Sie wieder bei der Käserei Lägerstutz angekommen, folgen Sie dem Bergweg Richtung Augstmatthorn, wo Sie gleich nach dem Parkplatz durch ein Flachmoorgebiet laufen. Der Weg liegt im eidgenössischen Jagdbanngebiet Augstmatthorn. Bitte beachten Sie die Bestimmungen. Der Untergrund dieses Aufstiegs beginnt im Flysch und geht, von jüngeren zu älteren Schichten, übers Tertiär bis in die obere Kreide. Nach Gnägi (2004:37/75f) werden von der Lombachalp zum Augstmatthorn auf kurzer Distanz die montane, subalpine und alpine Höhenstufe durchlaufen.

33 Exkurs: Höhenstufen

• Montane Höhenstufe: Misch- und Bergwaldstufe wobei die Obergrenze bei der Grenze der geschlossenen Wälder (auf der Alpennordseite bei 1500-1600 m ü.M.) liegt. In der Habkern-Mulde gibt es Wald in den tief eingeschnittenen Gräben und den unteren Rändern der Ketten. Im unteren Teil gibt es den Laub-Nadel-Mischwald der sich im oberen Teil zu reinem Fichtenwald entwickelt. Dieser wird an trockenen, felsigen oder ganz nassen Stellen hingegen von Föhren abgelöst. Durch Rodung entstanden aus nassen Wäldern Flachmoore und Feuchtwiesen.

• Subalpine Stufe: Zone zwischen Wald- und Baumgrenze mit aufgelockerten Baumbeständen. Die Baumgrenze befindet sich auf ca. 1950 m, d.h. dort, wo die Durchschnittstemperatur nicht mehr an mind. 100 Tagen 5° C beträgt. Der Wald wurde auf der Lombachalp für die Weidewirtschaft gerodet und damit die Baumgrenze künstlich herabgesetzt. Die offenen Flächen werden von Quellfluren, subalpinen Rasen, Feuchtwiesen sowie Hoch- und Flachmooren eingenommen. Ansonsten ergänzen Strauch- und Zwergstrauchunterwuchs den Nadelwald (Fichten und Föhren).

• Alpine Stufe: Reicht bis zur Obergrenze der geschlossenen Rasen. Auf der Lombachalp ist grösstenteils die Zwergstrauchstufe vertreten. Einzig in höheren Lagen (Krete) tritt Kalktrockenrasen in Erscheinung. Wo der Weg zum Augstmatthorn kurz stark nach Westen ausbiegt, gibt es, aufgrund der Beweidung und der Feuchtigkeit, anstatt des alpinen Rasens eine Arnikawiese.

Das hügelige, teilweise verrutschte Gelände Läger besteht aus wasserundurchlässigem Flysch und weist daher viele rutschige, lehmige Stellen, Moore und Wassergräben auf. Über einen Pfad rechts vom Weg kann man nach ca. 35 m einen Habkern-Granitblock erreichen, der an der gelben Geografenflechte (hoher Quarzgehalt) erkennbar ist. Folgt man dem Weg weiter, ist unterhalb der Bodmisegg auf der rechten Seite eine Rutschung zu erkennen.

34 Abb. 22: Ökosysteme entlang der Höhenstufen. Jede Höhenstufe hat ihre typischen Vegetations- gesellschaften und Ökosysteme. Die Baum- und Waldgrenze liegt auf der Nordseite tiefer als auf der Südseite. (Gnägi 2006:101)

3.5 Posten 4: Rutschung (Läger)

Lokale Erscheinungen Die an diesem Posten zu beobachtende Rutschung ist eine Schuttrutschung, wobei die ursprünglichen Lagerungsverhältnisse innerhalb der Rutschmasse in etwa erhalten bleiben, was bei diesem Beispiel gut zu sehen ist. Boden- und Gesteinsmaterial, wie auch ganze Schollen sind auf einer Gleitfläche abgerutscht. Diese entstand hier durch wasserundurchlässige Tonschichten, die infolge des Untergrundes (Flysch) bestehen. Die Rutschung kann daher auch als Translationsrutschung (Rutschung an präformierten Gleitflächen) bezeichnet werden.

Allgemeine Charakteristik Bei einer Rutschung (oder Gleitung) bewegt sich das verlagerte Material als mehr oder weniger geschlossene, kompakte Einheit auf einer Gleitfläche hangabwärts, wobei die ursprünglichen Lagerungsverhältnisse innerhalb der Rutschmasse in etwa erhalten bleiben. Die Geschwindigkeit dieser Prozesse kann sehr unterschiedlich sein, so gibt es schnelle und langsame Bewegungen.

35 Schuttrutschung An dieser Stelle ist eine Schuttrutschung zu er- kennen, die im Gegen- satz zu einer ge- wöhnlichen Rutschung mit einer höheren Geschwindigkeit abläuft. Dabei gleitet das Boden- und Gesteinsmaterial sowie ganze Schollen auf der Schwächezone, innerhalb oder an der Abb. 23: Schuttrutschung unterhalb Bodmisegg Basis der Schuttmasse ab. Dies kann in einem oder auch in mehreren Vorgängen geschehen. Unter Schwächezonen werden Gleitflächen verstanden, die oft aufgrund wasserundurchlässiger Tonschichten entstehen. Nach Zepp (2008:110f) ist der Scherwiderstand nach Wassersättigung so weit herabgesetzt, dass die auf das Material wirkende, oberflächenparallel ansetzende Scherspannung einen kritischen Wert (Grenzscherspannung) übertrifft. Auf breiter Fläche reisst dann der Kontakt zwischen Rutschmasse und unterlagerndem Material ab. Zepp (2008:110f) unterscheidet zwei Arten von Rutschungen. Als Translationsrutschungen werden Rutschungen an präformierten Gleitflächen (Diskontinuitätsflächen des Untergrundmaterials, Schichtgrenzen) bezeichnet. Wenn sich im Gegensatz dazu Rutschungen in homogenem, plastisch verformbarem Material ereignen, ohne dass eine Gleitfläche vorhanden ist, wird dies als Rotationsrutschung bezeichnet. Dabei bilden sich konkav gekrümmte, zylindrische Gleitflächen und die Rutschbewegung ist mit einer Rotation gegen den Hang verbunden.

Abb. 24: Prinzipskizze zum Gleiten/Rutschen. Wegen der en bloc-Verlagerung sind Geschwindig- keiten und Verlagerungsdistanzen an jedem Punkt der Gleitmasse gleich. (Zepp 2008:110)

36

Abb. 25: Schuttrutschung (Press&Siever 2008:453)

Im folgenden Abschnitt wird die Bezeichnung „gravitative Massenbewegung“ kurz erklärt, denn sowohl Rutschungen (Posten 4) als auch Felsstürze (Posten 5) sind dieser Denudationsart zuzuordnen.

Exkurs: Gravitative Massenbewegung Unter einer gravitativen Massenbewegung, die auch als Massen- bzw. Massen- schwerebewegung bezeichnet wird, versteht man „hangabwärtsgerichtete Verlagerungs- vorgänge, die in schwach geneigtem bis steilem Gelände überwiegend unter dem Einfluss der Schwerkraft erfolgen.“ (Zepp 2008:103). Nicht ein Abtragungsfaktor (Wasser, Wind, Gletschereis) bewirkt die Verlagerung von Gesteins- und Bodenmassen, sondern die Schwerkraft wirkt unmittelbar, wodurch die im ursprünglichen Verband benachbarten Teile gemeinsam bewegt oder meist unsortiert abgelagert werden. Eine gravitative Massenbewegung geschieht immer dann, „wenn der innere Reibungswiderstand gegen die Bewegung durch die einwirkende Schwerkraft überwunden wird“ (Press&Siever 2008:441). Der Quotient η ( η = haltende Kräfte / treibende Kräfte; Verhältnis zwischen Reibungswiderstand und Schwerkraft) wird als Sicherheitsfaktor bezeichnet und beschreibt die Stabilität bzw. Instabilität eines Hanges. Im Wesentlichen sind drei Faktoren für den inneren Reibungswiderstand bzw. die Auslösung von Massenbewegungen verantwortlich:

• Beschaffenheit und Eigenschaften des Hangmaterials: Anstehendes Festgestein, Schuttmaterial, abgelagerte Sedimentgesteine, unkonsolidiertes oder konsolidiertes Material. Je nach Material ist der natürliche Böschungswinkel (auch Schüttungswinkel) unterschiedlich, immer aber von mehreren Faktoren abhängig (Grösse und Form der Teilchen, Feuchtigkeitsmenge und

37 Oberflächenspannung bzw. Kohäsion zwischen den Teilchen). Ist die innere Reibung (geringer bei runden als bei eckigen Körnern) und die Kohäsion (siehe unten) gering, werden gravitative Massenbewegungen begünstigt.

• Wassergehalt des Materials: Von der Porosität, den Niederschlagsmengen und anderen Wasserzutritten abhängig. Bei einer Verflüssigung fliesst das Material aufgrund der Wassersättigung des Untergrundes und der damit einhergehenden Verringerung der inneren Reibung.

• Steilheit und Instabilität der Hänge: Die Stabilität von Hängen ist von der Verwitterung und der Auflockerung ihrer Gesteine abhängig oder von der Lagerungsform der Schichten. Durch die Abtragung und Erosion der Hänge unterliegt auch die Hangneigung einer stetigen Veränderung. Steile Hänge sind anfälliger für gravitative Bewegungen. Nach Zepp (2008:105f) sind Hänge stabil, wenn die Kräfte, die auf die einzelnen Bodenpartikel wirken, im Gleichgewicht stehen: - Gewichtskraft: Betrag und Richtung sind gleich, wirkt senkrecht zum Erdmittelpunkt. - Auflagerungskräfte: Gewichtsdruck auflagernder Partikel wird an den Kontaktstellen übertragen, Richtungen sind variabel, Strömungs- druck (Wasser, Luft) gehört hierzu. - Kohäsions- und Adhäsionskräfte: Intermolekulare Kräfte die den Zusammenhalt von Teilchen bewirken Abb. 26: Kräfte, die auf ein Bodenteilchen wirken (Zepp 2008:106) und von verschiedenen Faktoren (physikalisch-chemische Eigenschaften der Partikel und der Umgebung, pH-Wert der Verwitterungs- und Bodenlösung, Art der austauschbaren Kationen, Salzgehalt, Gehalt an organischer Substanz), aber vor allem vom Wassergehalt abhängig sind.

Ist ein Berghang aufgrund oben genannter Faktoren instabil geworden, entstehen gravitative Massenbewegungen mehrheitlich periodisch oder episodisch (aber selten kontinuierlich) meistens durch auslösende Ereignisse oder Prozesse. Neben natürlichen auslösenden Faktoren (Unwetter, hohe Niederschlagsmengen, Erdbeben, Versteilung durch

38 Hangunterschneidung und Küstenerosion) sind auch anthropogene Einwirkungen (Hanganschnitte und Aufschüttungen) für Massenbewegungen verantwortlich. Aufgrund folgender, charakteristischer Merkmale können diese klassifiziert werden, wobei es aber auch Übergangsformen geben kann:

• Art des Materials: Locker- oder Festgestein • Geschwindigkeit der Bewegung: 1 mm/d bis 100 m/s • Art der Bewegung: In der Fachliteratur gibt es unterschiedliche Definitionen. Nach Press&Siever (2008:446) ist es Rutschen und Fliessen; nach Zepp (2008:104) gibt es Stürzen, Gleiten, Fliessen und Abb. 27: Typisierung der Massenschwerebewegungen Versatz (siehe Abbildung 27). (Zepp 2008:104)

Press&Siever (2008:447ff) unterscheiden die Massenbewegungen von Festgesteinen (Berg- und Felssturz, Bergrutsch und Steinlawinen) von jenen in unkonsolidiertem Gesteinsmaterial (Bodenkriechen, Solifluktion, Bodenfliessen, Schutt- und Schlammströme, Muren sowie Rutschungen, Schuttlawinen und -rutschungen).

Aufgabe: Kartieren Sie die räumlichen Ausmasse der Schuttrutschung auf einer Karte (1:25'000). Zeichnen Sie dabei die Abrisskante, die einzelnen Schollen und das Akkumulationsgebiet ein.

Der folgende Wegabschnitt führt über die Bodmisegg, welche die Marchlinie der Alp Lombach und der Alp Bodmi-Horet markiert. Sie stellt die Überschiebungsgrenze zwischen dem Flysch und der Drusberg-Decke (Globigerinenmergel) dar, die jedoch in den letzten Bäumen verborgen ist (Gnägi 2004:124). Gegen Habkern ist das Tälchen von Bodmi zu erkennen, welches zum Eozän gehört, wo auf die Globigerinenmergel mit Wängenkalken die Hohgant-Formation folgt (Gnägi 2004:124).

39 Auch die Felssturzhhalde, auf die im nächsten Posten näher eingegangen wird, ist von hier aus bereits zu sehen. Um Posten 5 zu erreichen, folgen Sie an der Wegverzweigung dem Weg nach rechts, Richtung Harder.

3.6 Posten 5: Felssturz (Suggiture)

Lokale Erscheinungen Die Harder-Brienzergrat-Kette entspricht dem Nordschenkel (überkippter Faltenschenkel) der ersten grossen Falte der Wildhorn-Drusberg-Decke, der Südschenkel fehlt ganz. Somit liegen die jüngsten Schichten der Drusberg-Decke zuunterst und bis zum Grat folgen immer ältere Schichten. Der Nordschenkel (blau) ist beim Augstmatthorn vollständig überkippt, wodurch die Schichten waagrecht liegen und die Bergspitze vom Südschenkel (rot), der hier noch vorhanden ist, aufgebaut wird (siehe Abbildung 30) (Gnägi 2004:123f). Zwischen dem Augstmatthorn und dem Suggiture besteht die Krete aus der Wang-Formation der Oberkreide, wodurch das Relief schroffer und felsiger wird. Wegen der steilen Flanken zu beiden Seiten der Kette und der Querbrüche im Schrattenkalk, sind unterhalb der von Runsen durchzogenen Hängen Kalkschutthalden entstanden und die Wand weicht allmählich zurück. Da die Schutthalden ständig in Bewegung sind, können sich Böden erst bei flacheren Hangabschnitten entwickeln. Aufgrund der genannten geologischen Gegebenheiten (brüchiger Kalk) und auslösender Faktoren hat sich beim markanten Felsband unterhalb des Suggiture ein Felssturz 1 ereignet. Am Westhang der Harder-Brienzergrat-Kette ist in den Wang-Schichten eine ca. 300 m lange Abrisskante zu sehen. Weil hier die Abrissnische (siehe Abbildung 28) gut vom Akkumulationsgebiet (siehe Abbildung 29) zu unterscheiden ist, kann davon ausgegangen werden, dass sie durch kleinere Felsstürze entstanden ist, doch dürften auch Steinschlagprozesse an der Denudation beteiligt gewesen sein. Die Schutthalde mit groben Trümmern reicht ca. 400 m abwärts bis zur Alp Bodmi und zum Teil bereits überwachsene Gesteinstrümmer, sind auf der dem Schuttkegel benachbarten Wiese, zu erkennen (Koch&Ott 1997:11). Es ist zudem gut ersichtlich, wie feinkörniges Material nach dem Absturz verschwemmt wurde. Risse und Spalten deuten auf mögliche weitere Abstürze hin. Immer wieder fällt auch neues Material herunter. Weitere kleine Sturzkegel sind direkt unterhalb des Augstmatthorns zu erkennen.

1 In der Literatur über die Lombachalp wird diese Erscheinung als Bergsturz bezeichnet. Da sie nach dem Erachten der Autorin aber nicht die dafür notwendige Ausdehnung aufweist und diese Klassifizierung, nach Hans Kienholz, veraltet ist, wird sie als Felssturz bezeichnet. 40

Abb. 28: Abrisskante des Felssturzes unterhalb des Suggiture. Von der Weggabelung auf dem Grat aus fotografiert.

Abb. 29: Schuttkegel des Felssturzes unterhalb des Suggiture. Von Horet aus fotografiert.

41 Berg auf. (Gnägi 2004:124) 2004:124) (Gnägi auf. Berg ständig liegend und der Südschenkel (rot) baut den den baut (rot) Südschenkel der und liegend ständig Der Nordschenkel (blau) der Falte ist bereits voll bereits ist Falte der (blau) Nordschenkel Der Abb. 30: Profil Suggiture. Profil Abb. 30:

42 Felssturz Massenbewegungen in Festgesteinen, auch als Sturzdenudationen bezeichnet, treten vor allem an steilen Felswänden in höheren Regionen der Gebirge auf und umfassen Berg- bzw. Felsstürze, Bergrutsche und Steinlawinen (Press&Siever 2008:447). Dabei werden Teilchen, infolge von Verwitterungsprozessen, aus dem festen Gesteins- verband gelockert und stürzen als Grus 1, Steine oder Blöcke hangabwärts. Am Fuss des Hanges entsteht eine Sturz- oder Schutthalde, die häufig als Sturzkegel ausgebildet ist und eine charakteristische Sortierung nach der Korngrösse der Gesteinstrümmer aufweist. „Die groben Blöcke kommen erst am Fusse der Sturzhalde zum Stillstand, weil sie infolge der Trägheit ihrer Masse besonders weit springen.“ (Zepp 2008:107). Durch die Wandabtragung, die aufgrund der Gesteinsstruktur oft auf einzelne Rinnen oder Klüfte konzentriert ist, weicht die Wand allmählich zurück, wodurch sich der Hang nach oben verlängert (Zepp 2008:107f). Felsstürze haben die gleichen Ursachen wie Bergstürze, aber eine kleinere Ausdehnung, d.h. geringere Massen stürzen ab. Voraussetzung für solch kurze, schnelle Massenbewegungen (Sekunden bis Minuten) sind in das Untergrundgestein hineinreichende, vorgezeichnete Schwächezonen. Aufgrund der Labilisierung der Bergflanken, infolge tektonischer Bewegungen oder durch die Durchfeuchtung von Gleitflächen und Schwächezonen kommt es dann zum Absturz von Gesteinsmaterial (Zepp 2008:108).

Steinschlag Der auslösende Faktor von Steinschlägen sind meist Verwitterungsprozesse, die mit tagesperiodischen Tem- peraturschwankungen ver- bunden sind, was in diesem Gebiet der Fall ist. Sporadisch und meist unvorhersehbar geraten dabei einzelne Steine in Bewegung.

Abb. 31: Bergsturz (Press&Siever 2008:448)

1 Kies (Martin 2000) 43 Aufgabe: Versuchen Sie das Volumen der abgestürzten Gesteinsmasse abzuschätzen. Vergleichen Sie die Schätzergebnisse innerhalb der Gruppe.

Wenn Sie dem Wanderweg auf dem Grat Richtung Suggiture weiter folgen, erreichen Sie schlussendlich den Gipfel des Augstmatthorns. Von hier aus haben Sie einen wunderbaren Überblick über die Abb. 32: Blick nach Norden über die Lombachalp mit dem Hohgant im Alpen von Hab- Hintergrund kern, Alp Bodmi- Horet (im Nordosten), Alp Lombach (oberhalb Käserei Lägerstutz), Alp Bol (bei Winterröscht und am Bolberg), Alp Scherpfenberg und Alp Habchegg (am Fusse des Hohgants und am Nollen), Alp Traubach (Seefeld bis Innerbärgli), die Moorlandschaft und die umliegenden Bergketten. Gegen Nordwesten ist wiederum die Nieder- horn – Hohgant – Kette, mit dem Sigriswilgrat (Alpen- randkette) im Hinter- grund, zu sehen (siehe Kapitel 3.3). Gegen Süden sehen Sie weit unten den Brienzersee, der seine milchige Farbe von fein pulverisiertem Gestein, Abb. 33: Blick nach Osten über die Talebene von Brienz das Aare und

44 Lütschine in den See schwemmen, erhält. „Während der letzten Eiszeit war das Tal bis auf mindestens 1500 m ü.M. mit Eis gefüllt. Als der Aaregletscher abschmolz, entstand ein tiefer See von bis über Thun hinaus. Sein Felsboden liegt zum Teil auf Meereshöhe. Die Aare hat die Ebene zwischen Meiringen und Brienz aufgeschottert, die Lütschine und der Lombach das Bödeli bei Interlaken.“ (Kommission Lombachalp 2008:19). Auf der östlichen Seite des Brienzersees ist die Talebene von Brienz zu erkennen (siehe Abbildung 33) und hinter dieser ragen die Gipfel des Berner Oberlandes bzw. des Susten- und Grimselgebiets empor (siehe Kapitel 3.3).

Am Fuss des Augstmatthorns kann man auf der Nordseite (rechts) einen tiefen Graben erkennen, der von Rillen der fluvialen Erosion (Niederschlagswasser) geprägt ist; hier entspringt die Emme. Vom Augstmatthorn nehmen Sie den direkten Weg hinunter zur Käserei Lägerstutz, wo die Exkursion endet.

45 3.7 Andere interessante Erscheinungen

• Teufengraben (Koordinaten 637 720 / 178 750): Zwei grosse Habkern-Granitblöcke sind in den Alluvionen eingebettet (Geotop von kantonaler Bedeutung) (Gnägi 2004:120).

• Interlaken – Habkern (Koordinaten 631 650 / 173 700): Schuppig verwitterter Wildflysch ist auf die Globigerinenmergel der Randkette überschoben; dazwischen gibt es dünne Bänke und Linsen von Sandstein. Oberhalb des Strassenbords ist ein konglomeratischer Block („Murchison-Block“) aus Kristallin- und Sedimentgeröllen im Wildflysch eingelagert (Koch&Ott 1997:9).

• Luegiboden (Koordinaten 633 100 / 174 425): Ein gigantischer (ca. 10'000 m3), aus dem Flysch herausgewitteter Habkern-Granit (Biotitgranit), mit roten Alkalifeldspäten und hohem Bariumgehalt, ist als erratischer Block zu sehen (Geotop von nationaler Bedeutung) (Gnägi 2004:128).

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