Nach Dem Spiel Ist Vor Dem Spiel Was Ein Fußball-Trainer Heute Können Muss Von Marcus Schwandner
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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Wissen Nach dem Spiel ist vor dem Spiel Was ein Fußball-Trainer heute können muss Von Marcus Schwandner Sendung: Mittwoch, 16. Dezember 2015, 08.30 Uhr Redaktion: Sonja Striegl Regie: Autorenproduktion Produktion: SWR 2015 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Wissen können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Die Manuskripte von SWR2 Wissen gibt es auch als E-Books für mobile Endgeräte im sogenannten EPUB-Format. Sie benötigen ein geeignetes Endgerät und eine entsprechende "App" oder Software zum Lesen der Dokumente. Für das iPhone oder das iPad gibt es z.B. die kostenlose App "iBooks", für die Android-Plattform den in der Basisversion kostenlosen Moon-Reader. Für Webbrowser wie z.B. Firefox gibt es auch sogenannte Addons oder Plugins zum Betrachten von E-Books: Mitschnitte aller Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen sind auf CD erhältlich beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden zum Preis von 12,50 Euro. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de MANUSKRIPT Atmo 01: Geräusche aus den Büros des Trainingszentrums Autor: Montagvormittag im Geißbockheim in Köln. Fußballtrainer Boris Schommers, Jeans, dicker Pullover, schwarze Haare, Dreitagebart, sitzt mit einer Tasse Cappuccino vor seinem Laptop. Atmo 02: FC Videoanalyse „Ja, bei der Nachbereitung des Spiels sieht man halt sehr schön unser erstes Tor nach einer Ecke, weg vom Tor geschlagen und wie wir sehr schön in den freien Raum reinlaufen und unser Zielspieler halt die Führung köpft zum 1:0 und gerade in solchen Situationen gehen wir dann halt auch nach dem Spiel her mit den Jungs und geben ihnen natürlich auch positive Rückmeldungen.“ Autor: Schommers bereitet Videoszenen des letzten Spiels vor. Die wird er seinen Spielern der höchsten Nachwuchsklasse im Fußball, der U19-Mannschaft des 1. FC Köln, bei der nächsten Besprechung zeigen. Sprecherin: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - Was ein Fußball-Trainer heute können muss“. Eine Sendung von Marcus Schwandner. Autor: Videos auseinander schneiden und die Szenen anschließend den Spielern präsentieren, das mussten die Trainer früher nicht machen. Heinz Lucas etwa, der heute über 95 Jahre alt ist, trainierte bis 1981 Mannschaften der Bundesliga wie Fortuna Düsseldorf, 1860 München und Eintracht Braunschweig. Er erinnert sich: Trenner: Pfiff und Abschlag Wort-Take 01 - Heinz Lucas: Der Trainer musste damals auf dem Sportplatz mehr arbeiten als heute, denn heute haben die Trainer einen Konditionstrainer, dann haben sie jemand, der die verletzten Spieler wieder fit macht, dann haben sie einen Torwarttrainer, dafür haben wir längere Zeit auf dem Sportplatz gestanden. Autor: 35 Jahre später hat sich die Arbeit der Top-Trainer extrem professionalisiert. Wort-Take 02 - Boris Schommers: Allein wenn man sich jetzt mittlerweile die Teams, die Trainerteams bzw. das Team um das Team oder um den Trainer anschaut: früher hattest du einen Cheftrainer und hattest dann noch einen Co-Trainer auch in den höchsten Ligen oder auch in der Bundesliga. Heutzutage besteht so ein Team ja aus einem Cheftrainer, aus zwei Co- Trainern, aus einem Torwarttrainer, aus einem Individualtrainer, aus einem Techniktrainer, aus einem Sportpsychologen, aus zwei bis drei Zeugwarten, aus drei Physiotherapeuten, das heißt, ich glaube schon, dass man, wie soll man es so 2 ausdrücken, als Trainer eben nicht nur noch für den sportlichen Bereich zuständig ist, natürlich primär, dass man aber auch in Sachen Führung, Teamführung immer mehr dazulernen kann, muss und sollte. Autor: Das Unternehmen ‚Fußball‘ ist schon lange nicht mehr nur einfach ein ‚Spiel‘. Pro Jahr werden in der 1. Bundesliga über 2 Milliarden Euro umgesetzt. Der ökonomische Druck ist immens. Daher kümmern sich immer mehr Spezialisten um die Mannschaft. Der Manager dieses Teams ist der Cheftrainer. Seine Persönlichkeit, seine Stimmungen wirken auf alle Beteiligten. Boris Schommers strahlt eine enorme Ruhe und Freundlichkeit aus. Wort-Take 03 - Boris Schommers: Ich glaube, es ist wichtig, dass jeder in seinem speziellen Bereich ein Spezialist ist und dass man auch dort Vertrauen in die jeweiligen Personen hat, dass sie ihre Aufgaben eigenständig zu 100 % erledigen und dann die Resultate zusammenführt, diese Mosaiksteinchen zusammensetzt zu einem großen Ganzen, um eben in diesem Bereich das Wettkampfspiel am Wochenende erfolgreich gestalten zu können, dazu gehört jedes Einzelne, sei es die Analyse, sei es, dass die Spieler mental top eingestellt sind, sei es, dass sie aber vom Taktischen sehr gut vorbereitet sind. Und das Ganze, glaube ich, ist auch meine Aufgabe als Cheftrainer, das dann in die richtigen Wege zu leiten und dann eben zu einem großen Ganzen zusammen zu setzen. Autor: Wer in einer der obersten drei Ligen Trainer sein will, muss die höchste Trainerlizenz A haben und anschließend eine zehnmonatige Ausbildung des DFB durchlaufen. Atmo 03: Akademie außen Autor: Die Hennes-Weisweiler-Akademie liegt im Grünen am Rande des kleinen Städtchens Hennef in Nordrhein-Westfalen. Umgeben von Wald können sich hier jedes Jahr 24 angehende „Fußball-Lehrer“ auf die Ausbildung konzentrieren. Die entspricht - trotz des deutschen Namens ‚Fußball-Lehrer’ - der höchsten Ausbildungsstufe: der UEFA Pro-Lizenz. Wer diesen Abschluss hat, darf in allen UEFA Verbänden Trainer in den höchsten Spielklassen Europas werden. In mittlerweile über 60 Lehrgängen wurden mehr als 1500 Fußball-Lehrer und bald 30 Fußball-Lehrerinnen ausgebildet. Der Psychologe Werner Mickler wählt gemeinsam mit den anderen Ausbildern geeignete Kandidaten aus. Wort-Take 04 - Werner Mickler: Dazu ist es wichtig, entweder eine hohe Eigenerfahrung zu haben, damit ich einfach auch etwas vor- und nachmachen kann, das ist einfach normal; ne hohe Trainererfahrung haben soll, d.h. also, wenn er die A-Lizenz gemacht hat, soll er ja mindestens ein, nach Möglichkeit zwei, drei Jahre im Spitzenbereich schon gearbeitet haben, Amateurbereich, hoher Amateurbereich, oder Jugendbereich, um einfach die Erfahrung hier mitzubringen, damit wir damit arbeiten können. Der dritte Punkt ist, sie machen eine schriftliche Klausur, sie machen eine Lehrprobe, sie machen ein mündliches Gespräch. 3 Autor: Dann kann es losgehen. Neben den Fußballplätzen und Hallen gibt es im Wald rund um die Hennes-Weisweiler-Akademie Wohnhäuser für die ‚Azubis’. Sie lernen alles über Trainingssteuerung, die Spielanalyse, das Coaching, die Talentsichtung und Spielerbewertung. Mit Gastmannschaften proben sie, das Training zu steuern oder bestimmte Aufgaben umzusetzen. In Rollenspielen werden Mannschaftsführung, Teamgeist oder Management geübt. Auch der Cheftrainer der U19-Mannschaft des 1. FC Köln hat hier gelernt. Wort-Take 05 - Boris Schommers: Die Ausbildung war super interessant für mich, einfach um diesen zehnmonatigen Austausch auch mit den Kollegen über den Fußball zu haben, täglich zehn, zwölf Stunden über Fußball zu diskutieren, im praktischen als auch im theoretischen Bereich, und natürlich auch in der Lehre ein paar neue Denkanstöße mitzubekommen im Bereich der Trainingslehre. Wir hatten Psychologie, wir hatten Trainingslehre, wir hatten Trainingswissenschaft als drei große Säulen und da muss man dann halt als Trainer für sich rausziehen, was man dann als Trainer aus dieser Ausbildung im praktischen Bereich umsetzen kann. Autor: Ob die Trainer wirklich genau das lernen, was sie später für ihren Beruf brauchen oder ob die Ausbildung noch besser an die Praxis angepasst werden sollte, war die Fragestellung einer wissenschaftlichen Studie 2013 an der Deutschen Sporthochschule Köln. Die Psychologin Dr. Babett Lobinger hat die Studie geleitet und die Ergebnisse als Ausbilderin an der Hennes-Weisweiler-Akademie umgesetzt. Wort-Take 06 - Babett Lobinger: Der DFB hat das Projekt unterstützt, es lief über drei Jahre, wir haben sehr viele Interviews geführt und Fragebogendaten gesammelt und haben dann eben in dem Zuge mit 24 Chef- und Co-Trainern der ersten und zweiten Bundesliga, die eben die Ausbildung durchlaufen haben, Interviews geführt und haben sie eben gefragt, so rückblickend, was hast du mitgenommen, was hast du damals gelernt? Und wenn du das jetzt vergleichst mit den Anforderungen, die dein Beruf auch jetzt an dich stellt, was würdest du dir anders wünschen und erwarten? Autor: Ein Ergebnis: die Teilnehmer wünschten sich mehr Praxis. Folglich müssen angehende Fußballlehrer nun als Übung eine Bundesligamannschaft übernehmen, die Taktik, die Trainingsgestaltung und die Mannschaftsführung organisieren und begründen. Ein weiteres Ergebnis der Studie wurde ebenfalls schnell umgesetzt. Mittlerweile analysieren die Teilnehmer häufiger Spiele der Bundesliga oder internationaler Wettbewerbe gemeinsam. In Dreiergruppen verfolgen sie Partien und präsentieren ihre Analyse den anderen Teilnehmern. Genau das bereitet der Kölner Chef-Nachwuchstrainer Boris Schommers