Jahrbuch Des Oberaargaus 1972
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JAHRBUCH DES OBERAARGAUS 1972 Mondnacht und Auto. Oelgemälde von Ernst Morgenthaler. Geschenk der Familie Mor- genthaler an die Schulgemeinde Ursenbach anlässlich der Schulhauseinweihung1960. JAHRBUCH DES OBERAARGAUS 1972 Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Fünfzehnter Jahrgang Herausgeber: Jahrbuch-Vereinigung Oberaargau Druck und Gestaltung: Fritz Kuert AG, Langenthal Klischees: Henzi AG, Bern Umschlag: Paul Herzig, Niederbipp; die Klus von Balsthal INHALTSVERZEICHNIS Vorwort (Karl Stettler, Lehrer, Lotzwil). 7 Ein Edelstein, aber ein ungeschliffener. Landschaft und Poesie des Emmentals. 9 (Dr. Valentin Binggeli, Seminarlehrer, Langenthal) Die Heiligkreuz-Kapelle auf dem Lünisberg. 17 (Hans Würgler, alt Lehrer, Rüegsau) Vom Drangsalenstock zu Herzogenbuchsee . 26 (Hans Henzi, alt Sekundarlehrer, Herzogenbuchsee) Aus der Geschichte der Familie Morgenthaler. 37 (Dr. Heinz Balmer, Konolfingen) Gedichte. 94 (J. R. Meyer †, Langenthal) Ita von Huttwil — eine Mystikerin des 13. Jahrhunderts. 99 (Dr. Karl H. Flatt, Gymnasiallehrer, Solothurn) Die oberaargauischen Kirchen und ihre Pfarrer im 15. Jahrhundert. 103 (Dr. Karl H. Flatt, Gymnasiallehrer, Solothurn) Heidenstöcke (Walter Bieri, Ingenieur agr., Langenthal). 113 Geschichtliches über den Mumenthaler-Weiher. 126 (Dr. Hans Leist, Oberrichter, Wynau/Bern) Das Chlepfibeerimoos. 129 (Dr. Fritz Aeberhard, Herzogenbuchsee) Geschichtliches über Alt-Kleindietwil: V. Das Spätmittelalter. 137 (Walter Meyer, Sekundarlehrer, Kleindietwil) Rudolf Pfister (1882—1971. 188 (Werner Staub, Schulinspektor, Herzogenbuchsee) Alt Ständerat Rudolf Weber, Grasswil (1887—1972. 193 (Dewet Buri, alt Ständerat, Etzelkofen) Robert Studer (1884—1971. 197 (Dr. Karl H. Flatt, Gymnasiallehrer, Solothurn) Tätigkeitsbericht 1971 der Heimatschutzgruppe Oberaargau. 200 (Fritz Lanz, Roggwil/Ulrich Kuhn, Langenthal) 5 VORWORT Prof. Dr. Georges Grosjean schreibt in der Kolumne im Bund Nr. 200 vom 27. August 1972 u.a.: «So ist auch der Existentialismus popig geworden und reduziert sich auf die einfache Formel, dass nur das existiert und wirklich ist, was jetzt gerade ist — nicht, was war und nicht, was sein wird. Deshalb gibt es keine Verpflichtung gegenüber der Vergangenheit und keine Hoffnung auf eine Zukunft. Das ist im Grunde der Kern dessen, dem wir als geistiger Situa- tion gegenüberstehen.» Obschon der Autor seine Kolumne als «Satire» und «masslos übertrieben» bezeichnet, spüren wir in den Zeilen den Schmerz über manche Aspekte unse- rer Zeit. Auch wir vom Jahrbuch betonen bewusst seit jeher — manche werden uns vorwerfen: stereotyp —was Prof. J. R. von Salis im Vorwort zu seiner «Welt- geschichte der neuesten Zeit» schreibt: «Vergangenheit, Gegenwart und Zu- kunft stehen im Geiste des Geschichtsschreibers in einem engen Zusammen- hang. Geschichte ist das einzige, obwohl unvollkommene Mittel, die Gegen - wart zu verstehen, in die Probleme des Staates, der Gesellschaft und der Politik einzudringen und die grossen treibenden Kräfte zu erkennen, die von der Vergangenheit über die Gegenwart die Menschheit in die Zukunft ge- leiten.» Aus dieser Einsicht heraus hoffen wir, mit unserm Jahrbuch eine notwen- dige Anstrengung für heutige und zukünftige Zeiten zu tun. Im Berichtsjahr hat in unserer Schriftleitung ein Wechsel stattgefunden: Dr. K. H. Flatt, der verdiente Sekretär, hat das Präsidium übernommen. Der bisherige Präsident Dr. Robert Obrecht bleibt Präsident der Jahrbuch-Ver- einigung. Den austretenden Redaktionsmitgliedern Hans Henzi und Hans Huber danken wir sehr für ihre bisherige wertvolle Mitarbeit. Hans Moser, Gemeindeschreiber, Wiedlisbach, hat sich in verdankenswer- ter Weise als Sekretär der Jahrbuch-Vereinigung und der Redaktion zur Ver- fügung gestellt. 7 Leider hat auch dieses Jahr eine grosse Zahl an Todesfällen unser Werk betroffen. Wir beklagen den Verlust unserer Ehrenmitglieder Rudolf Pfister, Mitgründer des Jahrbuchs und langjähriger Präsident der Heimatschutz- gruppe Oberaargau, Langenthal, und Robert Studer, ebenfalls Mitgründer des Jahrbuchs und verdienter Förderer oberaargauischen Kulturlebens, ehemals Sekundarlehrer in Wangen a.d.A. An Mitarbeitern und Gönnern sind verschieden: Lydia Eymann, Langen- thal, Louis Zingg, Aarwangen, Alfred Klaus, Buchdrucker, Herzogenbuchsee, Dr. H. Schlunegger, Grindelwald, ehemals Sekundarlehrer in Huttwil, und Emil Meyer, Archivar, Bern. Dank besonderer Spende konnte eine Farbtafel eines Kunstwerkes des be- kannten Schweizer Künstlers Ernst Morgenthaler — das Original des Bildes befindet sich im Schulhaus Ursenbach — in unsern 15. Band aufgenommen werden. Und endlich: Wer sich für ein Abonnement oder die Mitgliedschaft der Jahrbuch-Vereinigung Oberaargau interessiert, wende sich bitte an die Ge- schäftsstelle, Hans Indermühle, in Herzogenbuchsee. Lotzwil, im Oktober 1972 Karl Stettler Redaktionskommission Dr. Karl H. Flatt, Solothurn/Wangen a.d.A., Präsident Dr. Valentin Binggeli, Langenthal Otto Holenweg, Ursenbach Hans Indermühle, Herzogenbuchsee Hans Moser, Wiedlisbach, Sekretär Dr. Robert Obrecht, Wiedlisbach, Präsident der Jahrbuch-Vereinigung Werner Staub, Herzogenbuchsee Karl Stettler, Lotzwil Geschäftsstelle: Hans Indermühle, Herzogenbuchsee 8 Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 15 (1972) EIN EDELSTEIN — ABER EIN UNGESCHLIFFENER Landschaft und Poesie des Emmentals VALENTIN BINGGELI «Dieses Tal, durch welches die Emme fliesst, bis sie in die Aare sich mün- det, also das eigentliche Emmental, ist eines der schönsten und lieblichsten im Schosse der Schweiz; und gar manches Kleinod des Landes erhebt sich auf den massigen Emmehügeln und luegt freundlich übers Land.» Mit diesen Worten beginnt Gotthelf in der «Wassernot» eine poetische Geographie sei- ner Lebenslandschaft, um die sie hochberühmte Gegenden beneiden können. Manch einer wird trotz Pietät dem grossen Lob mit einem Lächeln antworten. Wer aber mit der ersten Sonne eines tauglitzernden Sommermorgens oder in der Lautlosigkeit der weichen Winterwellen über eine dieser Höhen wandert, wird die Worte unterstützen, unterstützen müssen. Wohl ragt hier keine Weltpracht, steigen keine Sensationen, doch in manch verborgenem Winkel warten heimliche Schönheiten dem, der sich Musse und offnen Sinn erhalten hat. Vom Hohgant zur Aare zieht die Emme quer durchs ganze Mittelland und sammelt eine ungezählte Zahl von Nebenflüsschen, vor allem aus dem West- abfall des Napfs. Dies ist das eigentliche Emmental, das wald- und weiden- grüne Hügelland. Das weitgeöffnete Gebiet von Burgdorf niederwärts — vom prächtig durch die Burg- und Kirchenhüge] überhöhten Städtchen, das zu Recht das Tor zum Emmental geheissen wird — dies «Land der untern Emme» wird vom Landschaftlichen aus zumeist nicht eingerechnet. Gotthelf schildert es als «eine der schönsten Ebenen der Schweiz, begrenzt von niedern Bergen, hinter ihnen die hehren weissen Häupter».1 Wer sich unterhaltsam, doch im tiefern Wesen Land und Leuten nähern will, der nehme die Erzählungen von Jeremias Gotthelf und Simon Gfeller zur Hand. Ihr Wissen kann von keiner Wissenschaft geboten werden. Indes, wenn dem und jenem unsre Streifblicke auf Geschichte und Gesicht der Landschaft Hinweise zu solchem Lesen geben können, so wird ihr Dienst doch sinnvoll sein. 9 Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 15 (1972) Gräben und Eggen, Tannen und Käse Aus den jungen Alpen wurde Grund und Boden hier gebaut. Urflüsse tru- gen ihren Schutt ins Meer des Mittellandes, der in Jahrmillionen verfestigte zu Nagelfluh und Sandstein. Aus dem riesigen Geröllfächer der Uraare entstand das Napfmassiv. Es schaute später inselartig aus dem Eis der grossen Gletscher- zeit. Hier begann deshalb das Sägewerk der Wasserrinnen, Bäche, Flüsse früher als im tiefern Mittelland. So entstand das zierlich ziselierte Bild der kleinen Täler, Krachen, Runsen, der Gräte, Hubel, Buhle. Das ist das Land der Gräben und der Eggen, «wo der Napf mit sine Stockwürze is Land ahe gryft» (Simon Gfeller).2 Noch belebter wird das Formenbild durch die ungleich widerständigen Gesteine: Sandsteinrippen bilden Fluhabstürze zwischen lehmigfeuchten Hal- den. Die Steilhänge überlässt der Mensch dem Wald. Ein rechtes Waldland ist das Emmental und manches Holzgewerbe nutzt vom «grünen Gold des Em- mentals» — wobei nicht das früher aus den Napfbächen gewaschene gemeint ist. Aus dem Waldland blickt das helle Grün der Rodungssiede lungen. * «Mitten fast im Kanton Bern erhebt sich das Emmental ..., das von Gott in Natur und Menschen begabte und von den Menschen in Natur und Menschen noch vernachlässigte, das so gerne stolze und schweigsame, das bedächtige und etwas allzu vorsichtige oder misstrauische, ein Edelstein des Kantons, aber ein ungeschliffener.» (Gotthelf).3 «Das Emmental ist ein Hügelland, düster aussehend von weitem, aber lieblich und heimelig in der Nähe; es strotzt nicht in üppiger Fülle der Pflan- zenwuchs, aber kräftig sind die Kräuter seiner Hügel, von ihrem Dufte zeugen die schweren Emmentaler Käse ... Eng begrenzt ist der Horizont von waldigen Hügeln, an deren Fuss die unzähligen Täler sich ziehen, von rauschenden Bächen bewässert, die in stillem Murmeln ihr Geschiebe wälzen, bis sie den Schoss der Emme finden». (Gotthelf)4 «Wir haben auch Berge, Berg an Berg, so weit man sieht. Aber sagt mir, welcher ist der grösste, welcher grösser als der andere? … Aber wie hoch ei- ner auch ist, er ist fruchtbar bis obenaus. Freilich ist es ein streitbar Wesen auf denselben, aber sie gehorchen doch der tätigen Hand und lohnen und nähren den Arbeiter, und ist keiner zu stolz, den Menschen Frucht zu tragen, 10 Jahrbuch des Oberaargaus, Bd.