Die Gesellschaft Zu Schiffleuten in Bern 1342-2017
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DIE GESELLSCHAFT ZU SCHIFFLEUTEN IN BERN 1342-2017 Der Gesellschaft zu Schiffleuten in Bern zum 675-jährigen Bestehen März 2017 Herausgegeben von der Waisenkommission Titelseite Schifflibecher des Berner Goldschmieds Hans Jakob Binder, Mitte 17. Jahrhundert, Silber, teilweise vergoldet, Höhe 35 cm, Gewicht 642 g. Depositum der Gesellschaft zu Schiffleuten im Historischen Museum Bern Inv. Nr. 15100 Aus der Mitte des Schiffs ragt ein Mast mit einem silbernen, geblähten Segel und einem schwarzroten Wimpel hervor. Auf dem kurzen Deck auf der Heckseite steht ein Steuermann in landsknechtartiger Kleidung und bedient ein langes Ruder. Die beiden Seitenwände des Schiffsrumpfes zieren breite ovale Medaillons mit getriebenen Darstellungen von Meeres- gottheiten mit Fischschwänzen: vom Heck aus gesehen auf der rechten Seite ein Triton, der das Horn bläst, auf der linken Seite Poseidon (?) mit bärtigem Haupt und einem Dreizack. Die Medaillons werden seitlich eingefasst von männlichen Maskarons, aus deren Bärten sich Blattvoluten entfalten. Das Schiff ruht auf einem Röhrenschaft, den drei silberne, kräftig ge- gossene Ohrmuschelbügel umfassen. An diesen hängen auf drei Seiten kleine, birnenförmige Bammeln. Das obere Schaftende umgibt ein Kranz von ausgeschnittenen silbernen Spiralblät- tern. Im unteren Teil des ovalen, zweistufigen Fusses winden sich über den Wulst hinweg zwei Meeresungeheuer mit zweiteiligem, schlangenartigem Leib. Der Mast besteht aus einer Röh- re, die unten mit kleinen Löchern versehen ist, so dass bei Entfernung des Wimpels und mit Wein gefülltem Schiff der Mast als Trinkröhrchen verwendet werden kann. Den selben Zweck erfüllt auch das abnehmbare hohle Ruder. Mittels eines kleinen Hahnens kann die Röhre ge- öffnet und geschlossen werden. Zitiert aus Robert L. Wyss, Handwerkskunst in Gold und Siber, herausgegeben von der Burgerbibliothek 1996 Dass, wann es nichts zu schiffen gibt, man sich des fischens notwendig behelfen muss. Bericht der Stubengesellen im Jahr 1697 Geleitwort Wie sah das Leben der Schiffleute bei der Gründung unserer Gesellschaft um 1342 aus? Was wäre in der Gesellschaft zu Schiffleuten heute wohl anders, wenn sich die Gesellen im 14. Jahrhundert in Bern für eine Gesellschaft zu Fischern und nicht zu Schiffleuten entschieden hätten? Wie sähe das Leben der Stubengenossinnen und Stubengenossen heute aus, wenn die Eisenbahn nicht erfunden worden wäre? Und was führte im 18. Jh. dazu, dass die Gesell- schaft überlebt hat? Lesen Sie in der Jubiläumsschrift zum 675. Jahrestag unserer Gesellschaft u. a. nach, warum wir heute eine Gesellschaft zu Schiffleuten und nicht eine Gesellschaft zu Fischern sind; wie die Schifffahrt zur Gründungszeit ausgesehen hat und dass schon im Jahre 1697 die Schiffer unter den 22 Stubengesellen der Schiffleuten in der Minderzahl waren. Die Gesellschaft zu Schiffleuten ist heute die kleinste der dreizehn Zünfte und Gesellschaften der Burgergemeinde Bern. Am 1. Januar 2017 zählte die Gesellschaft 384 Gesellschaftsange- hörige. Die Gesellschaft zu Schiffleuten ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft gemäss kantonal- bernischem Gemeindegesetz. Die Gesellschaft stellt in erster Linie die Fürsorge- und Vor- mundschaftspflege sicher. Sie unterstützt die Aus- und Weiterbildung ihrer Gesellschafter so- wie kulturelle und gemeinnützige Werke und Veranstaltungen Dritter. Wahrscheinlich haben wir heute mehr Stubengenossinnen und Stubengenossen, die in einhei- mischen oder fremden Gewässern fischen, als solche, die Schiffe durch diese steuern. Tat- sache ist, dass sowohl die Berufsfischer wie die Berufsschiffer in unserer Gesellschaft seit längerer Zeit leider ausgestorben sind. Man muss aber wissen, dass die Stubengesellen da- mals in einer drei- bis vierjährigen Lehre nicht nur das Steuern der Schiffe und Flösse, sondern auch das Bedienen der Sägewerke und den Bau von Schiffen und Flössen lernten. Wenn sie die Lehre abgeschlossen und einige Jahre als Schiffsknechte gearbeitet hatten, nahm sie die Gesellschaft als Meister auf. Sehr erfreulich ist es deshalb, dass ein junger Stubengenosse das Handwerk als Bootsbauer am Thunersee erlernt. Der ehemalige Präsident der Gesellschaft zu Schiffleuten und Autor, Heinz Sommer, hat es vortrefflich verstanden, aus seinen beiden umfangreichen, wissenschaftlichen Werken über die Schiffleute, die in jüngster Zeit erschienen sind, eine spannende, kurzweilig zu lesende, unterhaltsame und geschichtlich fundierte Jubiläumsschrift zusammen zu stellen. Ich danke Heinz Sommer dafür, dass er bereit war, noch einmal unzählige Stunden für die vorliegende Zusammenfassung «Die Gesellschaft der Schiffleuten in Bern von 1342 bis 2017» zum 675. Jahrestag der Gesellschaft zu investieren. Bern, im Juli 2017 Der Präsident der Gesellschaft zu Schiffleuten der Burgergemeinde Bern Andreas Urfer Wir dürfen jubilieren ! Im Januar 1342 gründeten in Bern „Vischer und ihr Gesellschaft“ eine Armenstiftung für ihre Mitglieder. Schultheiss Johannes von Bubenberg hängte sein Siegel an die Stiftungsurkunde, in der unsere Gesellschaft erstmals in Erscheinung tritt. Anders als in Basel, wo fast zur gleichen Zeit „die Zunft zu Schiffleuten“ und „die Zunft zu Fi- scheren“ ihre Stiftungsbriefe erhielten und bis heute je für sich weiter existieren, verschwand in Bern die Gesellschaft der Fischer. Mit Recht darf deshalb gefragt werden, warum wir 2017 das 675-jährige Bestehen der „Gesellschaft zu Schiffleuten in Bern“ feiern wollen. Rechtlich gesehen, kann aus der Stiftungsurkunde von 1342 tatsächlich auf den Ursprung un- serer Gesellschaft geschlossen werden. Schon lange bevor die Armenfürsorge den burgerli- chen Gesellschaften 1676 förmlich übertragen wurde, haben unsere Vorfahren freiwillig Vor- sorge für arme Männer und Frauen getroffen. Mit einer Spende sicherten sie sich als erste aller Gesellschaften 1342 im Niederen Spital auf ewigklich zu Hand den Vischern und ihr Ge- sellen der Statt von Berne zwo Bettstatt gelegen in dem Nüwen Spital vor dem Nidern Thor der Statt von Bern, mit namen die nächsten zwo Bettstatt vor dem Allthar Sant Niclausen (dem Schutzpatron der Fischer) zu jetwäderen sythen eine, die gezeichnet sind mit Ihr Zeichen (dem Gesellschaftswappen). Wer in diesem „Altersheim“ als Pfründer wohnen durfte, wurde ge- und verpflegt und gekleidet. Als das Predigerkloster an der Zeughausgasse 1528 wegen der Reformation geschlossen wurde, zogen die Pfründer ins dorthin verlegte Grosse Spital. Schiff- leuten liess sich die Pfrundstiftung bestätigen.1 Damit war die Gesellschaft klar Rechtsnach- folgerin der Gesellschaft der Fischer. Wegen Platzmangel wurden die Pfrunden von etwa 1560 an „herausgegeben“. Die Pfründer und Pfründerinnen zogen nicht mehr ins Spital, sondern erhielten Geld für Wohnung, Essen, Kleidung und Brennholz. Eine Verbesserung brachte der 1742 bezogene Burgerspittel. In ihm fanden und finden bis heute Gesellschaftsangehörige Aufnahme. Zwar ist das nicht gratis. Aber die Spitteldirektion überliess noch bis in die 1980er Jahre der Gesellschaft zwei Gesell- schafts- und eine halbe Spittelpfrund von total Fr. 2‘000.- zur Unterstützung von Bedürftigen. Die Fischer hatten 1342 ihr Geld gut investiert ! Die Waisenkommission hat beschlossen, wie schon vor 25 Jahren das Jubiläum zu feiern. Mit einem Extraschiff fuhr damals Gross und Klein zu den Giessbachfällen, welche die Vorfahren der Familie Dähler-Kehrli zu Beginn des 19. Jh. mit Ruderbooten von Brienz aus für den Tou- rismus erschlossen hatten. Auch diesmal wird es eine Schifffahrt geben, jedoch nach alter Schiffleutenmanier mit von Pontonieren geruderten Weidlingen auf der Aare. Ferner soll eine Jubiläumsschrift verfasst und abgegeben werden, welche das Entstehen der Gesellschaft und ihre Entwicklung skizziert. Da sich aus den Unterlagen zu den beiden von der Gesellschaft 2013 und 2014 herausgegebenen Büchern ohne allzu grossen Aufwand eine stark verkürzte Gesellschaftsgeschichte zusammenstellen lässt, habe ich die Aufgabe gerne übernommen. Heinz Sommer, Bern im Februar 2017 1 Die vischer sollent by brieff und sigel blyben und zwo bettstatten im grossen Spittal besitzen. 1533: Den Schiflüten ein platz im grossen Spittal, wie andern ein stuben oder kamer uffzerichten, nachge- lassen. 1536: Schiffleuten besitzt im Grossen Spital ein Stübli; für den Kauf von Brennholz und Holz zum Kochen stiften sie 50 Pfund. Quellen der folgenden Zusammenfassung sind hauptsächlich Rats-, Kriegsrats- und Venner- kammermanuale, Spruch-, Polizei-, Mandaten-, Missiven- und Rechnungsbücher, Säckel- schreiberprotokolle, sowie die Schiff- und Fisch-Verwalter Ordnungen im Staatsarchiv, auf der Burgerbibliothek und im Staatsarchiv deponierte Tauf- und Totenrödel, die online Datenbank «Berner Geschlechter» und Archivalien der Gesellschaft zu Schiffleuten, sowie Auszüge aus der Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. Für das 19. Jh. habe ich das «Intelligenzblatt für die Stadt Bern» und die «Adressbücher für die Stadt Bern» konsultiert (online unter www. digibern.ch). Freundlicherweise hat mir Herr Peter Simon auch die Geschlechtertafel der Familie Simon zur Verfügung gestellt. Gedruckt sind vorhanden für die Zeit vor dem 20. Jh.: „Die Gesellschaft zu Schiffleuten“ von Stubenschreiber Karl Howald im „Berner Taschenbuch für das Jahr 1874“ (online unter www.digibern.ch). Eine kleine Dokumentation von Fritz Maurer zum 600-Jahrjubiläum 1942/43 u.a. mit Plänen der Anlagen in der Matte und des ersten Gesellschaftshauses an der Gerechtigkeitsgasse. „Die Gesellschaft zu Schiffleuten in Bern, Fischer und Schiffleute im ausgehenden Mittelalter