Die Unteraargauer Rebellion Gegen Das Berner Aufgebot Zur Franzosenabwehr 1798 : Mit Zum Teil 1986 Erstmals Editierten Quellen

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Die Unteraargauer Rebellion Gegen Das Berner Aufgebot Zur Franzosenabwehr 1798 : Mit Zum Teil 1986 Erstmals Editierten Quellen Die Unteraargauer Rebellion gegen das Berner Aufgebot zur Franzosenabwehr 1798 : mit zum Teil 1986 erstmals editierten Quellen Autor(en): Pestalozzi, Martin Objekttyp: Article Zeitschrift: Aarauer Neujahrsblätter Band (Jahr): 72 (1998) PDF erstellt am: 24.09.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-559057 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. 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Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch Martin Pestalozzi Die Unteraargauer Rebellion gegen das Berner Aufgebot zur Franzosenabwehr 1798 Mit zum Teil 1986 erstmals edierten Quellen Einleitung 1798 haben Revolutionäre und gegensteu- schloss sich 1111 Frühjahr 1798 — wenn auch ernde Aarauer und Aargauer vieles schritt- zögernd -, sich und 1 lelvetien gegen allfäl- lieh festgehalten,jedoch auch wieder nicht lige Franzoseneinmärsche militärisch zu genug, um alle Schritte zu erkennen. verteidigen. Diesem Beispiel folgten die Nach dem Abfall der Waadt gärte es im andern Schweizer Stände teilweise, teil- Unteraargau. Obschon Aarau gesamt- weise nicht. Selbst innerhalb der Eidgenös- schweizerischer Tagsatzungs-, d. h. Konfe- sischen Orte fehlte manchen die Motiva- renzort war. zeigte steh, dass der Zusam- don. Somit ging die Alte Schweiz unter. menhalt unter den Ständen verblasst und Seit dem 29. 1. 1798 weigerte sich die Stadt der Kitt zwischen Volk und Regierungen Aarau, dem Berner Aufgebot zur Franzo- ausgetrocknet war. Dies erkennend, spielte senabwehr Folge zu leisten. Ihr auf rund Frankreich mit Erfolg auf den Gewinn der 200 Mann bezifferter Auszug marschierte Schweiz 111 Form eines Vasallenstaates. Den nicht. Dies geschah auf Bcschluss der seit 1 agsatzungsgesandten muss um die Jahres- rund 230 Jahren erstmals wieder zur wende 1797/98 in Aarau die Stimmung Beschlussfassung versammelten Burgerge- klar geworden sein. memde. Viele Schweizer hatten längst erkannt, dass Solche Haltung der Städter galt nichts we- sie nur mit solcher Hilfe von außen den niger denn als Hochverrat. Dass dieses Staat genügend reformieren und moderm- ideologisch begründete Sonder verbal teil sieren konnten. In echter Sorge um ihr Va- zu schlimmen Folgen bei den Verantwort- terland nannten sie sich 'Patrioten». Eine liehen hätte führen können, zeigt jeder großteils neue Elite drängte darauf, zumin- Überblick über die Protest- und Abfallbe- dest Mitverantwortung zu übernehmen. wegungen in der Schweiz des nS.Jahrhun- Ihr Werk führte — obgleich 1803 vorerst derts. Immerhin milderten sich nach der verworfen - in direkter Linie zum demo- Französischen Revolution die ausgefällten kultischen Verfassungsstaat von 1848, der, Strafen deutlich. Zürich z. B. ließ 1796 ver- 1874 und in Teilen laufend erneuert, 1111- hängte Todesstrafen nicht mehr vollziehen. 111er noch kräftig weiterlebt. Die Aarauer begaben sich 111 den bloß pa- Die Republik Bern, deren Kriegswesen 111 pierenen Schutz der vom französischen der Schweiz unter dem Ancien Régime Gesandten Mengaud ausgestellten Schutz- das umfangreichste und fortgeschrittenste briete. Wie wenig sie selber diesen «Sauve- war (das auch in Fachkreisen des Auslandes gardes» trauten, zeigten sie, indem die etliche Bewunderung erregt hatte), eilt- wichtigeren Politiker großteils beim Ein- 44 marsch der Berner Truppen und des sie den seine neue Gesinnung auszudrücken. begleitenden Landvolkes nach Liestal und Uber deren Auswahl schrieben zwei Au- Basel flohen. 1 Dort starb der eine der beiden genzeugen zwei Versionen nieder: Pfarrer Aarauer Schultheißen, Johann Jakob Roth- Fisch (Basler Vorbild) und Hiirncrs Rats- pletz. Der andere, Gabriel Seiler, blieb das Protokoll (Berns und Aaraus Farben) wi- Haupt der Gegenpartei; er zog bald nach dersprechen sich (Schwarz-Rot/Schwarz- Bern. Der einmütig gewählte erste Stadt- Weiß-Rot). - In dieser Frage nimmt der amin.inn war 1 Dragonermajor Daniel Pfle- Verfasser die zweite Version als lnstorisch ger, Gutsbesitzer im Rombach und eine richtig an. weil die Basler Farben kein Rot Art Baugeneralunternehmer, wie das die zeigten, die erste Kokarde aber genau Baugeschichte ties «Schlossgartens» zeigt. unsere Stadtfarben. Eine grün-rot-gelbe Auch Aarau hat aus Frankreich den Brauch mit den gesamthelvetischen Farben ist erst übernommen, mittels runder Stoffkokar- Monate danach eingeführt worden. Die bewaffnete Sezession der Tagsatzungsstadt Aarau Am 30. 1. 1798 hatte sich 111 Aarau wie in der zu beschäftigen begonnen hatte. Das anderen Municipalstädten des damals ber- Comitéprotokoll und die Aufzeichnungen nischen Unteraargaus die Bürgerschaft zu des berntreu gesinnten, amtierenden einer außerordentlichen Gemeindever- Stadtschreibers Hürner hielten überein- Sammlung zusammengefunden. Sie diente stimmend fest, dass ein «Sicherheitsaus- nicht nur der Beratung darüber, wie man schuss» sich «unumschränkte Gewalt» habe der drohenden Kriegsgefahr ausweichen übertragen lassen. Alsogleich wurde dem könne. Da die «Altgesinnten» fernblieben, Schultheißen Seiler das Amtssiegel abge- beschlossen die Bürger einstimmig, «kei- fordert und beim Comitéprâsidenten, Ma- tien Mann aus den Mauern ziehen zu las- jor und Rittergutsbesitzer Daniel Pfleger, seil».' Gleichzeitig ergriff eine neue Fiih- deponiert". In frohlockendem Ton fuhr das runsschicht die Initiative. Sie vereinigte Protokoll des Comités fort: «woraus sich ihre Häupter 111 einem «Comité» und ge- dann der Schluss ergibt, dass hiesige Stadt wann an dieser Versammlung die vollstän- nun sich selbst überlassen ist und in der dige Kontrolle über das Gemeinwesen, das nöthigen Umschaffung der Dinge keine sich zumindest in Gedanken 1111t der Sou- höhere Hilfe zu erwarten hat».' veräntität einer «freien Reichsstadt» wie- Physischen Rückhalt für dieses Vorgehen 45 bot die Anwesenheit des Emissärs der mandanten in Hüningen die beiden Rei- französischen Revolutionsregierung, Men- tereinheiten. Doch fand er es für nötig, gaud, in Aarau, wo er der Tagsatzung hal- mindestens in der Öffentlichkeit einen an- her weilte. Er versprach den revolutions- deren Grund für den Beizug der französi- freudigen Aarauern französische Einheiten sehen Kavalleristen vorzuschieben. Dazu zur Bedeckung sowie weitern Schutz in diente ihm die «Sorge um seine eigene Form von «Schutzbriefen» der Grande Na- Sicherheit». Er spielte dabei auf den Vorfall tion. Unbefugterweise bedrohte Mengaud von rhierrens in der Waadt an, wo am jeden, der für Bern auszöge, mit Einzug 25. 1. 1798 zwei Franzosen, die emeu Par- seines Vermögens, was das Comité zum lamentär begleiteten, m der Dunkelheit Beschluss erhob'. Soweit erkennbar, wirk- von der Wache erschossen worden warenL te diese geballte Ladung. Nur zwei Aarau- Das Aarauer Comité verdankte das Hilfs- er, die Hauptleute Seiler und 1 lässig, angebot Mengauds am 30. 1. 1798 «wärm- mochten sich der Achtung aussetzen und stens». Also wusste die Führungsschicht rückten aus\ Das Comité hatte sie zuvor um jenen Glauben ties Geschäftsträgers, er vorgeladen und zusätzlich mit dem Entzug könnte die Berner Regierung unter Um- des Bürgerrechtes bedroht, falls sie den ständen zu einem raschen Nachgeben ge- Volkswillen, d.h. den Beschluss der Mit- geniiber den politischen Forderungen biirgersehaft, missachteten''. Frankreichs bewegen. «Il s'agit donc de sai- sir cette occasion afin d'exciter une insur- rection dans ce pays-ci. |...J Je ne néglige Mengauds Spiel aucun moyen à ma disposition pour accélérer par l'effet seul de la terreur l'ac- Es scheint die Idee Mengauds gewesen complissement des vœux du Directoire. zu sein, zwei Schwadronen französischer [... I Je reçois à l'instant une députation de Husaren nach Aarau zu verlegen'. Sie soll- Berne qui me prouve que nous y sommes teil sich, wie er selber dem Direktorium attendus et que sitôt que l'on nous eilten- rapportierte, unter der Führung seines tira chanter la carmagnole tout le monde la ebenfalls in Aarau anwesenden Bruders, dansera V» des Generals François Xavier Mengaud, Die Aarauer meldeten am 30. 1. 1798 ihren auch der Festung Aarburg bemächtigen Entschluss, sich wie Basel nicht gegen ei- und die strategisch wichtige Aarelinie zwi- neu allfälligen Einmarsch der Franzosen zu sehen Bern und Zürich unterbrechen. verteidigen, schriftlich 111 die Hauptstadt Durch seinen Legationssekretär in Basel, des ersten revolutionierten Standes der Baron Bignon, verlangte er beim Koni- Schweiz. Auch bat es Basel 11111 «brüderli- che Unterstützung» für den «Fall wir die- Prompt ergrimmte Mengaud
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