Obstruktion : Politische Praktiken Im Senat Und in Der Volksversammlung Der Ausgehenden Romischen¨ Republik (70-49 V
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Universität Potsdam Loretana de Libero Obstruktion : politische Praktiken im Senat und in der Volksversammlung der ausgehenden romischen¨ Republik (70-49 v. Chr.) first published in: Obstruktion : politische Praktiken im Senat und in der Volksversammlung der ausgehenden romischen¨ Republik (70 - 49 v. Chr.) / Loretana de Libero. - Stuttgart : Steiner, 1992. - (Hermes : Einzelschriften ; 59) ISBN 3-515-06180-0 Postprint published at the Institutional Repository of the Potsdam University: In: Postprints der Universitat¨ Potsdam Philosophische Reihe ; 75 http://opus.kobv.de/ubp/volltexte/2010/4509/ http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:517-opus-45092 Postprints der Universitat¨ Potsdam Philosophische Reihe ; 75 Loretana de Libero Obstruktion Politische Praktiken im Senat und in der Volksversammlung der ausgehenden römischen Republik (70-49 v.Chr.) LORETANA DE LIBERO OBSTRUKTION HERMES ZEITSCHRIFT FÜR KLASSISCHE PHILOLOGIE EINZELSCHRIFTEN HERAUSGEGEBEN VON JÜRGEN BLÄNSDORF JOCHEN BLEICKEN WOLFGANG KULLMANN HEFT 59 FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART 1992 LORETANA DE LIBERO OBSTRUKTION POLITISCHE PRAKTIKEN IM SENAT UND IN DER VOLKSVERSAMMLUNG DER AUSGEHENDEN RÖMISCHEN REPUBLIK (70-49 V.CHR.) FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART 1992 CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Libero, Loretana de: Obstruktion: politische Praktiken im Senat und in der Volksversammlung der ausgehenden römischen Republik (70 — 49 v. Chr.) / Loretana de Libero. - Stuttgart: Steiner, 1992 (Hermes : Einzelschriften ; H. 59) Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1991 ISBN3-515-06180-0 NE: Hermes / Einzelschriften Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzuläs• sig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 1992by Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart. Druck: Druckerei Peter Proff, Eurasburg Printed in Germany MEINEN ELTERN INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 9 EINLEITUNG 11 I. VERSCHLEPPUNGSMASSNAHMEN . 15 a. ) Longa Oratio 15 b. ) Aktive und passive Art der Verschleppung 23 IL FORMALE VERHINDERUNGSTECHNIKEN 29 a. ) Intercession 29 b. )Das Aufdecken und Herbeiführen von Formfehlern 49 in. SAKRALE OBSTRUKTIONSMÖGLICHKEITEN 53 a. ) Manipulationen im Kalender 53 b. )Servatio und Obnuntiatio 56 c. ) Mißachtung, Verbot und gesetzliche Restriktionen 64 IV. VERWEIGERUNGSHALTUNG 69 a. ) Verweigerung der Beschlußfassung durch den Gesamtsenat 69 b. ) Boykott des Senats durch Senatoren 72 c. ) Magistratische Verweigerung 79 V. KASSATION 87 SCHLUSSBETRACHTUNG 105 EXKURS: CAESAR UND DIE GALLIA NARBONENSIS 107 LITERATURHINWEISE 111 NAMEN- UND SACHREGISTER 119 QUELLENREGISTER 122 VORWORT Die vorliegende Arbeit stellt die unveränderte Fassung meiner im Sommer• semester 1991 vom Fachbereich Historisch-Philologische Wissenschaften der Uni• versität Göttingen angenommenen Dissertation dar. Zu großem Dank verpflichtet bin ich in erster Linie meinem verehrten Lehrer Prof.Dr. Jochen Bleicken, dessen wertvolle Hinweise und stete Förderung zum Gelingen der Arbeit wesentlich beigetragen haben. Er hat mir gezeigt, daß die Antike bei weitem nicht nur trockene, wissenschaftliche Materie, sondern vor allem lebendige Geschichte ist, deren Inhalte und Ereignisse wir uns konkret vorstellen müssen, um sie zu begreifen oder um ihnen überhaupt nahe zu kommen. Weiterhin habe ich für ihre freundliche Unterstützung zu danken den Damen und Herren Proff. Theodora Hantos als Koreferentin, Wolfram Ax, Marianne Bergmann und Fidel Rädle. Dank gebührt auch der Bischöflichen Studienstiftung, dem Cusanuswerk, wel• ches mich über neun Semester mit einem Grund- und Promotionsstipendium unter• stützt hat. Den Herausgebern der Hermes Einzelschriften, den Herren Proff. Jochen Bleic• ken, Jürgen Blänsdorf und Wolfgang Kullmann, danke ich für die Aufnahme in diese Reihe. Zuletzt bleibt mir Dank zu sagen für humorvolle und ernste Diskussionen nicht nur über die Herrschaften um Cato den Herren candd.phil. Michael Hundt, Dirk Lucius und besonders Hartwig Todt, der mir zudem eine große Stütze gewesen ist. Hamburg, im April 1992 Loretana de Libero EINLEITUNG Verhinderung, Verweigerung, Verschleppung: Obstruktion war nicht nur in den letzten beiden Jahrzehnten der römischen Republik, aber dort nun sehr intensiv, ein starkes, vielschichtiges Instrument zum Austrag politischer Gegensätze. Sie umfaßt als Begriff jegliche Verhinderungstechniken und charakterisiert im Gegen• satz zu dem eher vagen Ausdruck „Opposition", hinter dem nach modernem Ver• ständnis eine geschlossene Partei steht, das Vorhaben einzelner Personen oder Gruppen gegen ihnen mißliebige politische Entscheidungen, insbesondere Geset• zesinitiativen, d.h. für die späte Republik gegen Senatsbeschlüsse und Volksent• scheide im Gesetzgebungsprozeß.1 Die Obstruktionsmittel beruhen auf der öffent• lichen Rechtsordnung oder auf mos und sind als solche als Teil der Verfassung anzusehen und in ihr legitimiert, wie etwa die Intercession der Volkstribunen, die Obnuntiation der Magistrate und andere formal- und sakralrechtliche Verhinde• rungstechniken kleineren Maßstabes. Hinzu tritt seit ungefähr 100 v.Chr. der An• spruch des Senats auf Kassation, der gegen viele Gesetze maßgeblich aufrühreri• scher Tribüne durchgesetzt wird. Andere obstruktionistische Methoden, wie die Verschleppung oder die Verweigerung, entspringen den Schwächen der verfas• sungsrechtlichen Ordnung, insbesondere wie sie sich in der Geschäftsordnung des Senats darbietet. Im Blickpunkt der Betrachtungen über die Obstruktion stehen in dieser Ab• handlung die letzten beiden Jahrzehnte der römischen Republik. Die Eingrenzung auf die Zeit zwischen den beiden Eckdaten 70 und 49 v.Chr. läßt sich zum einen mit der geschichtlichen Entwicklung und zum anderen mit der für diese Zeit besonders günstigen Quellenlage begründen, die einen tiefen Einblick in den Entscheidungs- findungsprozeß im Senat und in der Volksversammlung ermöglicht. Seit dem Jahr 70 v.Chr. war nach einer allmählichen Aushöhlung wichtiger Grundfesten der sullanischen Verfassung das freie Spiel der Kräfte wieder möglich: Das Volkstribu- nat, deren Inhaber von Sulla von der weiteren Ämterlaufbahn abgeschnitten und deren Gesetzgebungsinitiativen an die Autorisierung des Senats gebunden wurden, stand nach Aufhebung der politischen Beschränkungen in den Jahren 75 und 70 v.Chr. den verschiedenen politischen Gruppierungen wieder voll einsatzfähig zur Verfügung. Die Gruppe der politisch Aktiven war durch die sullanischen Proskrip• tionen stark dezimiert und durch die Verdopplung der Senatorenschaft im Verhält• nis kleiner geworden, die politische Dynamik polarisierte sich nun auf einige wenige entschlossene Nobiles.2 Eine Situation war entstanden, die im politischen Entscheidungsfindungsprozeß zu Reibungen mit eigensinnigen, ihre Machtinteres• sen rücksichtslos verfolgenden Einzelpersönlichkeiten führen konnte, die die Do• minanz dieser Gruppe auch verstärkt über die Gesetzgebungsmaschinerie zu bre- 1 Zur Obstruktion allgemein vgl. die lesenswerte Abhandlung von E.Brandenburg, Die parla• mentarische Obstruktion, Dresden 1904. 2 Vgl. hierzu die Ausführungen von Th.Hantos, Res publica constituía, 56-60.74-89.130-147. 12 Einleitung chen suchten. Das Jahr 49 v.Chr. dagegen markiert das Ende der Republik, die Zerstörung der gegebenen Ordnung durch den als Dictator auftretenden Caesar, angesichts dessen sich jedes Verhinderungsbestreben von vornherein erübrigen mußte. Theodor Mommsen hat in seinem Staatsrecht die Obstruktion nicht abgehan• delt bzw. nur im Rahmen der einzelnen Institutionen, so die Magistratur mit ihrem Auspicien- und Vetorecht, kurz auf sie verwiesen. Entsprechend eines dem institu• tionellen Wesen verpflichteten Staatsrechts ist dies auch nicht erforderlich. Unbe• rücksichtigt blieben daher die Praktiken des magistratischen Handelns im politi• schen Geschehen, die verschiedenartige Nutzung einzelner verfügbarer Instrumen• tarien, dessen Anwendung von allgemein anerkannten Verhaltensnormen abhängig waren. Von der Institutionenlehre weg hin zur „politischen Grammatik"3 innerhalb des konkreten politischen Geschehens verweisen andererseits Abhandlungen wie Christian Meiers Res publica amissa oder Erich S.Gruens The Last Generation of the Roman Republic, von denen die Obstruktionsmittel nur im politischen Ablauf bewertet und hierbei nicht selten ihr Funktionswert verzerrt wiedergegeben wird. In der vorliegenden Arbeit dagegen soll die Obstruktion aus dem politischen Gesche• hen herausgenommen und - zu einer schärferen Erfassung - in eine Systematik hineingesetzt werden, die aus der Betrachtung der jeweiligen Verhaltensregeln resultiert. Ziel soll dabei sein, eine Gesamtdarstellung aller bekannten römischen Obstruktionstechniken und -methoden gegen die Beschlußfassung im Senat und gegen die Abstimmung über Gesetze in der Volksversammlung vorzulegen und die Bedeutung und den Wert der einzelnen Instrumentarien in den politischen Ausein• andersetzungen dieser ereignisreichen Zeit aufzuzeigen. Hierbei wird sich dann erweisen, daß die Ergebnisse dieser Betrachtung oftmals zu den in der Forschung bisher gängigen Vorstellungen konträr stehen: Es muß zum Beispiel das Bild von einem im politischen Kampf verschlissenen und wertlosen Veto der Volkstribunen revidiert werden; besonders aber der Gedanke von einem von Chaos, Anarchie und Gewalt beherrschten Rom, einer verhöhnten und gebeutelten Verfassung, einer Lähmung des politischen Lebens4 trifft in dieser Weise nicht zu: Der Gang der politischen