Die Ahr – Ein Echtes Kernstück Der Eifel
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Die Ahr – ein echtes Kernstück der Eifel Dr. Bruno P. Kremer er Blick auf eine hydrographische Karte des tigen Hunsrück legt der nicht weniger enge DRheinlandes, in der nur das weit verzweigte und vielfach gewundene Talzug der Mosel fest. Gewässernetz dargestellt ist, überzeugt sofort Auch der Nachvollzug der Westgrenze gelingt davon, dass die naturräumliche Gliederung zumindest im Südwesten mit einem Talverlauf, in über- und untergeordnete Landschaftsteile nämlich von Our und vor allem Sauer: Deren nach den Eigenheiten des Reliefs sowie vor Tal ist hier gleichzeitig die politische Grenze allem nach Lage und Verlauf der Fließgewäs- zum Nachbarland Luxemburg. Im Nordwesten ser erfolgt. Bei der Eifel lässt sich dies gerade- ist die Abgrenzung der Eifel zu den westlich zu lehrbuchreif klar aufzeigen: Das untere und anschließenden Ardennen bzw. zu Belgien tief eingeschnittene Mittelrhein-Engtal zwi- in der Geländegestalt dagegen unscharf. Die schen Andernach und Bonn, im Rheinischen Nordgrenze ist wiederum eindeutig anzugeben: Schiefergebirge ohnehin die auffälligste Struk- Sie zeichnet sich – ausnahmsweise ganz ohne turachse, markiert klar und eindeutig die Ost- ein hilfreiches Flusstal – lediglich als markante grenze der Eifel. Ihre südliche Begrenzung zum Geländestufe zu den weiten Ebenen des nord- landschaftlich und geologisch völlig andersar- westdeutschen Tieflandes ab. Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2013 u 117 Das Gewässernetz der Eifel stellt sich gänz- lich anders dar als in den benachbarten Mittelgebirgsteilen. Ausschnitt aus: Strub J., Vonderstraß, I., Leibundgut, Ch., Kern, F.-J.: Orohydrogra- phie (Atlastafel 1.1), in: BMU (Hrsg.): Hydrologischer Atlas von Deutschland, 3. Lieferung 2003. Mit freundlicher Genehmi- gung des Bundesamtes für Gewässerkunde (Koblenz) Die hydrographische Karte zeigt ferner, dass verwendet man unter anderem die Flussord- zahlreiche Fließgewässer den nach seinem Ge- nungszahl. Nach der klassischen Flussordnung steinsaufbau so vielfältigen Schiefergebirgs- der Geo- bzw. Hydrographen bezeichnet man block der Eifel durchqueren. Im Vergleich zu die von der Quelle bis zur Mündung direkt dem den rechtsrheinischen Schiefergebirgsteilen Meer zulaufenden Flüsse wie den Rhein als Bergisches Land und Westerwald ist das Ge- Gewässer 1. Ordnung. Deren Nebenflüsse sind wässernetz der Eifel allerdings bemerkenswert entsprechend Gewässer 2. Ordnung, alle wei- weitständig. Darin drückt sich die asymmetrisch teren untergeordneten Nebenbäche oder Zu- verteilte Niederschlagsaktivität links und rechts flüsse Gewässer 3. Ordnung. Allerdings weicht des Rheins aus – die Eifel ist eben großenteils die behördliche Wasserwirtschaft von dieser Leegebiet der atlantischen, regenfeuchten in der Landeskunde immer noch praktizierten Westdrift. Umso auffälliger sind im Kartenbild Einteilung ab: Gemäß §3 des rheinland-pfälzi- daher die vergleichsweise wenigen größeren schen Landeswassergesetzes sind Gewässer 1. und allesamt der Mosel zueilenden Fließwas- Ordnung die Bundeswasserstraßen wie Rhein sersysteme von Sauer/Prüm/Nims, Kyll, Salm, und Mosel sowie andere größere Flüsse wie Lieser, Alf und Üßbach, die bezeichnenderweise Nahe, Sieg und Sauer. Gewässer 2. Ordnung aus den Hochgebieten der Eifel ablaufen, aber sind nach dieser Einteilung Fließgewässer von jeweils nur relativ schmale Einzugsgebiete auf- wasserwirtschaftlich erheblicher Bedeutung. weisen. Nur bei Elz und Nette nehmen diese Hierher gehören alle oben benannten Neben- einen deutlich breiteren Raum ein. Die Rur gewässer der Mosel und auch die Ahr. Alle üb- und das Gewässersystem von Swist/Erft sind rigen gehören nach dieser Einteilung generell im Kartenbild der Eifelgewässer trotz ihrer un- zur Kategorie der Fließgewässer 3. Ordnung. bestrittenen landschaftlichen Bedeutung eher Diese Einteilung ist demnach weniger an na- Randerscheinungen. turkundlichen Kriterien orientiert, sondern re- Um die Bedeutung eines Fließgewässers im gelt in erster Linie Eigentumsverhältnisse und Gewässernetz einer Region zu kennzeichnen, Zuständigkeiten. 118 u Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2013 Die Ahr ist ganz anders km2 (genau 897,468 km2) großes Einzugsgebiet Nach der klassischen wie auch nach der be- die Kennziffer 2-718. Die Ziffer 2 besagt, dass hördlichen Gewässerklassifizierung ist die Ahr sie zum Stromgebiet des Rheins gehört; die in jedem Fall ein Gewässer 2. Ordnung. So stel- Ziffernfolge 718 weist sie als eigenes Flusssys- len es auch der Hydrologische Atlas von Rhein- tem aus. Alle der Ahr zulaufenden Bäche und land-Pfalz und der bundesbehördliche Gewäs- deren Quellverästelungen werden mit 10- bis seratlas (vgl. Abb. S. 118) dar. Diesen Rang 13-stelligen Kennzahlen angegeben. teilt die Ahr unter anderem mit der Kyll, die mit rund 149 km Länge unstrittig das längste Name und Benennung Eifeler Fließgewässer ist, aber auch mit Lieser, Die Kelten, die auch in unserer Region ab et- Elz und Nette. Dennoch kommen der Ahr einige wa 1000 v. Chr. erscheinen und die Träger der bemerkenswerte Alleinstellungsmerkmale zu: eisenzeitlichen Kulturen sind, haben zwar fast • Sie ist das einzige bedeutendere Fließgewäs- kein Schriftgut hinterlassen, aber dennoch wirkt ser der Eifel, das nach Osten in den Mittel- ihre Sprache bis heute in vielen geographischen rhein entwässert. Bezeichnungen nach. So sind die Namen der • Ferner ist sie nicht einfach der Nebenfluss größeren Flüsse im ehemals von den Kelten be- eines Nebenflusses wie Sauer oder Kyll, son- siedelten Gebiet eben keltisch (vorgermanisch- dern ein Direktzufluss des Rheins, des wich- alteuropäisch) und lassen sich vielfach sogar tigsten Vorfluters im westlichen Mitteleuro- auf indoeuropäische Sprachwurzeln zurück- pa. führen. So leitet sich auch die Bezeichnung Ahr • Auf ihrer gesamten Fließstrecke ist die Ahr – ähnlich wie im Fall der schweizerischen Aare ein Bestandteil der Eifel – im Unterschied zur und etlichen weiteren Beispielen aus Mitteleur- Nette, die im Hohe-Acht-Bergland entspringt opa – von ar = Wasser ab. In Rhein und Rhône und zwar ebenfalls nach Osten entwässert, steckt die sprachliche Wurzel re = rinnen, in aber einen großen Teil ihrer Fließstrecke au- Saar und Sauer der Wortbestandteil serre = flie- ßerhalb der Eifel im Mittelrheinischen Becken ßen. Es ist somit überaus verlockend, anhand zurücklegt. sprachgeschichtlicher Ableitungen gleichsam • Schließlich dominiert die Ahr als einziger regionale Archäologie zu betreiben. Fluss eine in der naturräumlichen Gliede- Im heutigen amtlich-landeskundlichen Sprach- rung der Eifel eigens nach ihr benannte Land- gebrauch versteht man unter der Ahr unstrit- schaftseinheit, nämlich die im Aremberg bis tig und einheitlich das Fließgewässer, des- 623 m ü. NN reichende Ahreifel innerhalb sen Quelle unterhalb von Burg Blankenheim der Osteifel, in manchen Darstellungen auch liegt. Aus früherer Zeit sind dagegen andere Ahrgebirge genannt. Bezeichnungen überliefert. Als Aer bzw. Ahr • Während Elz, Üß, Salm oder Lieser, die in wird in den Grenzumgängen der Herrschaft bemerkenswert tief und steilhängig einge- Schmidtheim von 1511 sowie 1563 der heu- schnittenen Tälern verlaufen, eher den Cha- tige Eichholzbach bezeichnet. Er entspringt rakter großer Bäche aufweisen und auch um- im Bereich der rheinland-pfälzisch/nordrhein- gangssprachlich so genannt werden, gilt die westfälischen Landesgrenze beim 594 m hohen Ahr auf einem großen Teil ihrer Fließstrecke Heidenkopf zwischen Dahlem und Waldorf und als kleiner Fluss mit einer Breite bis 25 m oder mündet als Schafbach nahe der Abzweigung sogar mehr. Sie ist somit nach ihrer Stellung der K 43 (Richtung Ripsdorf – Jünkerath) von im Gewässernetz der Eifel etwas Besonderes der B 258 in die Ahr. Auch eine 1687 gefertigte und unstrittig ein echter Eifelfluss. Karte der Herrschaft Jünkerath bezeichnet das • Dieser Sachverhalt kommt zusätzlich in ihrer kleine Fließgewässer ausdrücklich als „Ahr oder amtlichen Fließgewässerkennziffer der Bund/ Eicholsbach“. Eine Karte von 1763 nennt den Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser zum Aus- nördlich von Ripsdorf fließenden Bach Aer. Mo- druck, die man auch Gewässerkennzahl nennt: derne topographische Karten, beispielsweise die Seit 1970 tragen die Ahr und ihr rund 900 Wanderkarte Nr. 12 Blankenheim und Oberes Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2013 u 119 Ahrtal des Eifelvereins (1:25000), verzeichnen den längsten Quellast des Eichholzbaches als Archetsbach. Manfred Konrads deutet diese Bezeichnung als verschliffene Form von Ahr- heltsbach. Held bzw. Helt meint nach Dittmaier (1963) einen sanft ansteigenden Hang. Dem- nach ist Ahrhelt also die Bergflanke, wo die Ahr entspringt. In der berühmten Tranchot- karte ist der Quellbereich als Ahrelt verzeich- net. Und noch eines erscheint bemerkenswert: Am Eichholzbach liegt – fast 5 km westlich der heutigen Ahr – die bis heute so benannte Ahrmühle, die ihren Namen offensichtlich nach den früheren Bachbenennungen erhielt. Noch im „Geschichtlichen Handatlas der deutschen Länder am Rhein“ (Niessen 1950) findet sich ei- ne physische Karte, welche die Ahr im Eichholz nahe Schmidtheim entspringen lässt. Wann die Bezeichnung Ahr erstmals auf den in Blankenheim entspringenden Bach (in einem Blankenheimer Dokument von 1640 übrigens Burgbach bzw. Gippendaller Bach genannt) übertragen und letztlich in dieser Festlegung sogar amtlich wurde, ist bislang unklar. Hier Quellhaus der Ahr im Ortszentrum von Blan- besteht für die heimatkundliche Forschung also kenheim durchaus noch Potenzial. auf der Basis der amtlichen topographischen Hydrographisches zur Ahr Karten mit modernen Mitteln