Friedrich Christian Lesser Historie Der
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FRIEDRICH CHRISTIAN LESSER HISTORIE DER GRAFSCHAFT HOHNSTEIN Nach dem Manuskript im Thüringischen Hauptstaatsarchiv zu Weimar herausgegeben von Peter Kuhlbrodt Schriftenreihe der FRIEDRICH-CHRISTIAN-LESSER-STIFTUNG Nordhausen 1997 Band 5 Friedrich Christian Lesser (Bearbeitet nach einem Manuskript im Thüringischen Hauptstaatsarchiv in Weimar): Historie der Grafschaft Hohenstein Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung, Nordhausen 1997 ISBN 3-930558-04-1 2 Einleitung Verfasser der vorliegenden „Historie der Grafschaft Hohnstein“ ist Friedrich Christian Lesser (1692-1754), Pastor, Physicotheologe und Polyhistor1 in der Freien Reichsstadt Nordhau- sen. Das Manuskript muß im Jahre 1748 im wesentlichen vorgelegen haben, wie aus dem Brief- wechsel mit dem Weimarer Hofrat und Archivar Gottlieb Adolph Heinrich Heidenreich her- vorgeht. Letzterer arbeitete selbst an einer Geschichte der Grafschaft Honstein2 , und F. C. Les- ser antwortet ihm am 7. März 1748 auf eine diesbezügliche Anfrage: „Ich bin zur Zeit noch nicht gesonnen gewesen eine Historie der Grafen von Hohnstein herauszugeben, und ist vielleicht die Muthmaßung daher entstanden, weil ich viel anecdoten zu meiner Nachricht und Belustigung gesamlet.“3 Er unterstützte daher auch Heidenreichs Forschungen und zerstreute noch einmal am 25. September 1748 dessen Befürchtungen.4 Heidenreich, der inzwischen ein umfangreiches Manuskript zur Geschichte der Grafschaft Honstein erarbeitet hatte, wandte sich sechs Jahre nach dem Ableben des Pastors Lesser an dessen Sohn Johann Philipp Friedrich mit der Bitte, ihm die Arbeit auszuleihen. Noch im Frühjahr 1760 ging das Manuskript nach Weimar, wo es bis in die Gegenwart unbeachtet geblieben und erst aus Anlaß des 300. Geburtstages F. C. Les- sers wieder einer größeren Beachtung gewürdigt worden ist.5 Die Handschrift befindet sich unter der Signatur F 19 im Thüringischen Hauptstaatsar- chiv Weimar. Der Text gibt weder einen Autor noch einen Titel an. Auf dem oberen Buchrücken ist aber noch schwach die Aufschrift „Hohnsteinsche Geschichte von Lesser“ zu entziffern. Die Maße des Bandes betragen 21 x 17,5 cm. Der Einband besteht aus fester Pappe, Rücken und Ecken sind außen durch Pergament verstärkt. In ihm sind 280 Blatt festen Papieres von unglei- cher Größe eingeheftet, von denen 275 Blatt beschrieben sind. Die ältere Foliierung weicht von der jüngeren Blattzählung um wenige Seiten ab, da eingeklebte Zettel von beiden nur teilweise berücksichtigt wurden. Eine Notiz auf dem inneren Einband nennt 275 Blatt, datiert vom 23. Juli 1917. Darüber befinden sich drei Vermerke zur Frage der Autorschaft des Werkes. Der Schreiber hat die Blätter längsseitig gefaltet und jeweils die innere Hälfte beschrie- ben. Anmerkungen und Ergänzungen wurden auf der äußeren, ein wenig schmaleren Hälfte notiert. Das Schriftbild weist beim Übergang von Blatt 17 zum folgenden einen Unterschied aus. Der folgende, größte Teil des Manuskriptes ist in einer etwas größeren Schrift abgefaßt. Ver- schiedentlich sind Anmerkungen in der zierlichen Handschrift des Pastors, wie wir sie aus sei- nen im Stadtarchiv aufbewahrten Briefen kennen, hinzugefügt worden. Zwischen dem ersten und den folgenden Teilen hat offenbar ein längerer Zeitabschnitt gelegen, was auch in einer moderneren Ausdrucksweise und Orthographie deutlich wird. Die Arbeit ist jedenfalls das Ergebnis eines längeren Schaffensprozesses. Der Anfang ist sorgfältiger ausgeführt als der nach- folgende Teil, indem er in Kapitel mit Überschriften untergliedert und mit zahlreichen Anmer- kungen versehen wurde. Hier wendet sich der Autor auch persönlich an den Leser, wenn er im zweiten Kapitel schreibt, daß man am Kohnstein allerhand Muscheln und Schnecken finden könne, „die ich alle zuerst entdecket“. Nachträge wurden später teils mit eingebunden, teils am 1 So der Titel der neuesten und bisher umfassendsten Studie von S. Rein, Friedrich Christian Lesser (1692-1754), Pastor, Phy- sicotheologe und Polyhistor. Schriftenreihe der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung, Bd.1, o.O. 1993. 2 Honstein ist eigentlich die korrekte Schreibweise, wie sie von den Grafen von Honstein in den Urkunden gebraucht wird. 3 Thüringisches Hauptstaatsachiv Weimar, F 15, Bl. 167v. 4 Ebenda, Bl. 191 v/r 5 Vgl. S. Rein (wie Anm. 1), S. 93; ferner: P. Kuhlbrodt, Hohnsteinsche Geschichtsschreiber aus älterer Zeit, in : Beiträge zur Heimatkunde aus Stadt und Kreis Nordhausen, 18/1993, S.72-74 3 Rand notiert. Im weiteren Verlauf der Darstellung werden Literaturhinweise immer seltener, bisweilen noch im Text angeführt. Der fragmentarische Charakter verstärkt sich, wenn z.B. an- gekündigte Quellentexte nicht zitiert werden. In einer Anmerkung im fünften Kapitel verweist der Autor auf seine „Historischen Nachrichten“, so daß dieser Teil erst nach 1740 entstanden sein kann. Hinweise zur vorliegenden Edition: Unsichere Lesungen wurden durch [?] kenntlich gemacht. Die Blattzahl des Originals ist am Rand angegeben. Der Beginn einer neuen Seite wird zusätzlich durch einen Absatz markiert. Einzelwörter, die in der Vorlage in lateinischer Schrift hervorgehoben wurden, werden kursiv gedruckt. Kursiv gedruckt werden ebenfalls die vom Herausgeber zum Teil hinzugefügten Ka- pitelüberschriften. Andere Zusätze werden in eckige Klammern gesetzt. Längere Zitate in Form eingefügter deutscher und lateinischer Urkunden u.a. erscheinen in einem kleineren Schrift- grad. In den lateinischen Texten werden i und j vereinheitlichend als i wiedergegeben. Ansons- ten bleiben die lateinischen Texte unverändert, auch die Groß- und Kleinschreibung folgt dem Lesserschen Original. Alle Eigennamen werden entsprechend der Vorlage geschrieben. Inkonsequente Schrei- bung, z.B. Elrich - Ellrich, Hohn-Hohnstein, wurde unverändert übernommen. Konsonanten- häufungen wurden reduziert und dem heutigen Sprachgebrauch angepaßt. Im Satzinneren großgeschriebene Personalpronomen wurden entsprechend heutigem Gebrauch kleingeschrie- ben. Im übrigen wurde sowohl bei der Groß- und Kleinschreibung, der Getrennt- und Zusam- menschreibung als auch der Interpunktion und der Schreibung einzelner Begriffe, z.B. Margraf > Markgraf, eine vorsichtige Annäherung an heutige Sprachgewohnheiten vorgenommen, ebenso bei der Rektion der Verba. Die Anmerkungen wurden originalgetreu wiedergegeben. Dem Thüringer Hauptstaatsarchiv, und namentlich seinem Direktor, Herrn Dr. Volker Wahl, sei für die zeitweilige Ausleihe des Manuskriptes an das Stadtarchiv Nordhausen und die Zustimmung zur Veröffentlichung herzlich gedankt. 4 Das erste Capitel Von der alten Grafschaft Hohnstein Lage Die alte Grafschaft Hohnstein ist vor Alters, als Thüringen noch ein Königreich war, mit darin 1 v gerechnet worden. Dieses Königreich wurde in vier Theile getheilet. Der Theil gegen den Mor- gen, welcher jenseit der Saale sich anfieng, und biß an die böhmischen Berge sich erstreckete, hieß Ost-Thüringen, welches Libonotriam und das so genante Oster-Land in sich begrieff,6 so jezo zu Meißen gerechnet wird. Der Theil gegen den Mittag hieß Süd-Thüringen, und begriff das jezige Thüringer Land, wozu auch wol ein Theil des Franken-Landes mag gehöret haben. Dieses wurde von Nord-Thüringen durch die Helm und Unstrut unterschieden, dahero auch die beyden Örther Schiedungen, davon eines an der Unstrut, und eines an der Helm lieget, ihre Nahmen haben. Und da beyde jenseit dieser Flüße gegen den Mittag zu liegen, gleichwol aber in alten Schriften so wol, als auch Bleicheroda zu Süd-Thüringen gezehlet werden7 so siehet man, daß derjenige Strich der Grafschaft Hohnstein so gegen den Mittag jenseit der Helm siehet, zu Süd-Thüringen gerechnet worden. Der Theil gegen den Abend hieß West- Thüringen, welches jezo Heßen, sonderlich aber die Buchau ist.8 Der Theil von der Unstrut und Helm an dißeits, biß 1 r an die Elbe jenseits des Harzwaldes hieß Nord-Thüringen. Man findet in alten Documenten, daß nicht nur der Fluß Zorge, sondern auch die Örther Branderode, Ellrich, Gudersleben, Cletten- berg, Sachse und Woffleben zu Nord-Thüringen gehöret haben: Da nun diese alle dießeits der Helm nach Mitternacht zu liegen9 so erhellet daraus, daß der Strich der Grafschaft Hohnstein, so dießeits der Helm nach Norden zu gelegen, nach Nord-Thüringen gehöret. Weil aber das alte Thüringen in gewiße Gaue10 oder Striche Landes, (die von einem Richter, so ein Gau-Grafe genennet wurde, regiret wurden) eingetheilet worden, so wird es nicht undien- lich seyn, die Lage der alten Grafschaft Hohnstein desto beßer zu begreifen, wenn ich die Gaue, an welche sie gegränzet, und welche in ihrem Bezirk gelegen, anführen werde. Die Gauen an welche sie gegränzet waren folgende: Gegen den Morgen gränzete sie an den Hosgau, welcher nach der veränderlichen Schreib-Arth derer alten auch Hoßgow, Husgowe, Huisgau, Huisga, Huisgowe genennet wird. Er lag zwischen der Sala Willerbek und Wipper, gieng von dem Unter-Harze durch das Manßfeldische und Merseburgische nach denen jezigen Thüringischen Gränzen zu, und stoß gegen den Abend an den hohnsteinischen Helmen- gau.11 Dahero D. Meibomius irret, welcher To. III Rer. German. f. 102 ihn bey Heßen an die 2 v braunschweigischen Gräntzen setzet. Sonst muß er nicht verwechselt werden mit dem fast gleich lautenden Haßegau.12 Gegen Mitternacht lag der Harz-Gau, oder wie er in denen alten Schriften genennet wird, der Hartingau, Hardgo, Hardago, Hartago, Hartingoue, Hardegowe, und s.f.13 Dieser führete seinen Nahmen von dem nah liegenden Harz-Walde, und stoß an Nord-Thüringen. Daß der Schwabgau auch nicht weit von der Grafschaft Hohnstein gelegen, ist aus vielen Urkunden