Plenarprotokoll 18/177

Deutscher

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Inhalt:

Tagesordnungspunkt 28: Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung des von der Bundesregierung a) Erste Beratung des von den Abgeordne- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur ten , , Volker Reform des Bauvertragsrechts und zur Än- Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und derung der kaufrechtlichen Mängelhaftung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 18/8486 ...... 17473 A eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die unabhängige Polizeibeauftrag- , Bundesminister BMJV ...... 17473 B te oder den unabhängigen Polizeibeauf- (DIE LINKE) ...... 17474 D tragten des Bundes (Bundespolizeibe- auftragtengesetz – BPolBeauftrG) Dr. (CDU/CSU) ...... 17476 B Drucksache 18/7616 ...... 17494 A Christian Kühn (Tübingen) b) Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ...... 17478 D Luise Amtsberg, (Köln), Dr. (SPD) ...... 17480 D weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufklärung Alexander Hoffmann (CDU/CSU) ...... 17482 A polizeilichen Fehlverhaltens erleichtern – (SPD) ...... 17483 C Ergänzung zum Entwurf eines Gesetzes über die unabhängige Polizeibeauftragte (Kleinsaara) (CDU/CSU) .... 17484 A oder den unabhängigen Polizeibeauftrag- ten des Bundes (Bundespolizeibeauftrag- tengesetz – BPolBeauftrG) Tagesordnungspunkt 30: Drucksache 18/7617 ...... 17494 A Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und c) Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deutsch-indi- Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weite- sche Bildungs- und Wissenschaftskoopera- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- tion ausbauen NIS 90/DIE GRÜNEN: Änderung der Drucksache 18/8708 ...... 17485 C Geschäftsordnung des Deutschen Bun- destages – hier: Umsetzung des Gesetzes Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) ...... 17485 D über die unabhängige Polizeibeauftragte Dr. (DIE LINKE) ...... 17487 A oder den unabhängigen Polizeibeauftrag- ten des Bundes (Bundespolizeibeauftrag- Dr. Simone Raatz (SPD) ...... 17488 A tengesetz – BPolBeauftrG) (BÜNDNIS 90/ Drucksache 18/7618 ...... 17494 B DIE GRÜNEN) ...... 17489 B Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 17494 B Dr. (CDU/CSU) ...... 17490 C (Weil am Rhein) (Spandau) (SPD) ...... 17491 D (CDU/CSU) ...... 17495 B Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . 17492 D Frank Tempel (DIE LINKE) ...... 17496 D II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Günter Baumann (CDU/CSU) ...... 17497 D Bernhard Kaster (CDU/CSU) ...... 17501 C Wolfgang Gunkel (SPD) ...... 17498 D Dr. (DIE LINKE) ...... 17503 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) ...... 17500 C (SPD) ...... 17504 C Tagesordnungspunkt 31: Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 17505 D Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) ...... 17506 D schäftsordnung (SPD) ...... 17508 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, , Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Nächste Sitzung ...... 17509 D DIE LINKE: Transparenz herstellen – (LQIKUXQJ HLQHV YHUSÀLFKWHQGHQ /RE- byistenregisters – zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Anlage 1 Haßelmann, Volker Beck (Köln), Luise Liste der entschuldigten Abgeordneten ...... Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der 17511 A Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transparenz schaffen – Verbindliches 5HJLVWHU IU /REE\LVWLQQHQ XQG /RE- Anlage 2 byisten einführen Drucksachen 18/3842, 18/3920, 18/8742 .... 17501 C Amtliche Mitteilungen ...... 17511 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17473

(A) (C)

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Beginn: 9.00 Uhr

9L]HSUlVLGHQW3HWHU+LQW]H Zweitens. Wir wollen das Kaufrecht verbessern für Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die den Fall, dass Handwerker mangelhaftes Material kaufen Sitzung ist eröffnet. und bei ihren Kunden einbauen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf: Meine Damen und Herren, für die große Mehrheit der Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Menschen ist der Bau eines eigenen Hauses die größte gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform ¿QDQ]LHOOH,QYHVWLWLRQLKUHV/HEHQV'HU+DXVEDXLVWIU des Bauvertragsrechts und zur Änderung der sie oft mit Risiken verbunden. Verzögerungen oder uner- kaufrechtlichen Mängelhaftung ZDUWHWH0HKUNRVWHQN|QQHQELVDQLKUH¿QDQ]LHOOH([LV- tenz gehen. Trotz dieser Bedeutung gibt es im geltenden Drucksache 18/8486 Recht nur ganz vereinzelt Vorschriften, die den Bauherrn Überweisungsvorschlag: als Verbraucher schützen. Unser Werkvertragsrecht fällt da weit hinter andere Rechtsgebiete zurück, in denen es (B) Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f) (D) Ausschuss für Wirtschaft und Energie einen viel umfassenderen Schutz für Verbraucherinnen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- und Verbraucher gibt. Außerdem sind die Regelungen, heit die wir haben, auch nicht sehr detailliert. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei- Das BGB soll für alle Arten von Werkverträgen pas- nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. sen. Aber der Bau eines Wohnhauses ist nun einmal komplexer als die Reparatur eines Fahrrades. Das führt Ich eröffne die Aussprache. Als Erstem erteile ich das dazu, dass wichtige Fragen im Gesetz eben nicht aus- Wort für die Bundesregierung Bundesminister Heiko reichend geregelt sind. Die Lücken haben die Gerichte Maas. in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung gefüllt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Aber was ist die die Folge davon? Das Bauvertragsrecht der CDU/CSU) ist nicht mehr transparent. Es ergibt sich nicht mehr aus dem Gesetz, was ist und was nicht ist. Das ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher dann auch nicht mehr +HLNR0DDVBundesminister der Justiz und für Ver- zu überblicken. braucherschutz: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- Wir wollen deshalb mit der Reform mehr Schutz für ren! Den Traum von den eigenen vier Wänden haben vie- Verbraucherinnen und Verbraucher erreichen, und wir le Menschen. Für 30 Millionen Deutsche ist er Realität: wollen auch mehr Übersichtlichkeit und Genauigkeit Sie wohnen im eigenen Haus. Auch die ökonomische im Bauvertragsrecht schaffen. Wir fügen dazu ein neues Bedeutung der Bauwirtschaft ist enorm: 175 Milliarden Kapitel zum Verbraucherschutz in das Werkvertragsrecht Euro wurden im vergangenen Jahr im Wohnungsbau in- des Bürgerlichen Gesetzbuches ein. Es enthält vor allen vestiert. Dingen vier große Neuerungen. Weil das Bauwesen sowohl für den Einzelnen als auch Erstens. Wer einen Bauvertrag abschließt, soll über für unsere Wirtschaft so wichtig ist, brauchen wir hier seine Entscheidung noch einmal nachdenken können, so Gesetze, die vor allen Dingen transparent und fair sind. wie in anderen Rechts- und Vertragsgebieten auch. Un- Deshalb wollen wir zwei große Reformen angehen. ser Gesetzentwurf gibt den Verbraucherinnen und Ver- Erstens. Wir wollen die Regelungen für den Bau- brauchern ein Widerrufsrecht. 14 Tage lang können sie vertrag in das Bürgerliche Gesetzbuch aufnehmen. Das GDQQDXFKGLH¿QDQ]LHOOHQ)ROJHQLKUHV7XQVQRFKHLQPDO kommt dann allen Bauherren und Unternehmern zugute. sorgfältig abwägen. 17474 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Bundesminister Heiko Maas (A) =ZHLWHQV :LU YHUSÀLFKWHQ GLH 8QWHUQHKPHU GD]X seinem Händler auch die Kosten für den Aus- und Einbau (C) sich verbindlich auf eine Bauzeit festzulegen. Damit Ver- des Ventils verlangen kann. braucherinnen und Verbraucher mehr Planungssicherheit (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten haben, muss in Bauverträgen künftig verbindlich gere- der CDU/CSU) gelt werden, wann der Bau fertiggestellt wird. Aber wir wollen den Schwarzen Peter nicht einfach 'ULWWHQV 8QWHUQHKPHU VLQG ]XNQIWLJ YHUSÀLFKWHW zum Baustoffhändler weiterschieben. Wir sorgen zu- Unterlagen über das Bauvorhaben zu erstellen und diese gleich dafür, dass dieser leichter bei seinem eigenen dann herauszugeben. Wer einen Förderkredit beantragen Lieferanten Rückgriff nehmen kann. In der Lieferkette will, muss schwarz auf weiß haben, dass er die Förder- kann also die Regressforderung künftig bis zu demje- bedingungen seiner Bank auch einhält. Nach Ende der nigen weitergereicht werden, der den Fehler tatsächlich Bauarbeiten muss der Bauherr belegen können, dass so verursacht hat, das heißt bei Produktionsfehlern bis zum gebaut wurde, wie geplant worden war. Hersteller. 9LHUWHQV:LUZROOHQGDV5HFKWÀH[LEOHUPDFKHQ(LQ Meine Damen und Herren, mit diesem Entwurf ma- Hausbau dauert Monate, manchmal sogar Jahre. In die- chen wir also etwas, was oft als unvereinbar galt. Wir ser Zeit können sich die Wünsche und Bedürfnisse aller stärken den Verbraucherschutz, und wir entlasten den Beteiligten ändern. Deshalb treffen wir faire Regelungen, Mittelstand. Das geht, weil sich durch diesen Entwurf wie die Vertragspartner mit neuen Entwicklungen umge- ein roter Faden zieht: die gerechte Verteilung von Ver- hen können. antwortung.

Meine Damen und Herren, all diese Punkte bedeu- Gerade jetzt, da wir wegen großer Diskussionen und ten nicht nur mehr Verbraucherschutz, sie schaffen auch wegen der Wohnungsnot in Ballungsräumen Wohnraum mehr Rechtssicherheit. Das ist wichtig für die Unterneh- brauchen, ist unser Gesetzentwurf ein wichtiges Signal men. Bislang werden Bauunternehmer oft unnötig stark an Eigentümer und Unternehmer. Ihr baut, und wir sor- belastet. Das gilt etwa, wenn Änderungen angeordnet gen dafür, dass es dabei fair zugeht. werden, die zu Mehrkosten führen. Für solche Fälle ha- Schönen Dank. ben wir in unserem Entwurf die Berechnungsgrundlagen überarbeitet, damit Unternehmer auch dann noch zu ei- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) ner angemessenen Vergütung kommen. Das gilt aber auch, wenn der Bauherr Mängel reklamiert. In Zukunft 9L]HSUlVLGHQW3HWHU+LQW]H dürfen Abschlagszahlungen wegen Mängeln nicht mehr Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abge- (B) komplett verweigert werden, sondern nur noch teilweise. ordneten Karin Binder, Fraktion Die Linke. (D) Mit der Reform des Bauvertragsrechtes erreichen wir (Beifall bei der LINKEN) also beides: mehr Verbraucherschutz für den Bauherrn, aber auch mehr Fairness für den Bauunternehmer. .DULQ%LQGHU (DIE LINKE): Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) und Kollegen! Meine Damen und Herren auf den Besu- chertribünen! Zwei Legislaturperioden hat die Bundes- Meine Damen und Herren, um einen fairen Interes- regierung gebraucht, um endlich eine Reform des Bau- senausgleich geht es auch im zweiten Teil unseres Ge- vertragsrechts vorzulegen, um damit Verbraucherinnen setzes. Wir wollen den Handwerkern gegenüber ihren und Verbraucher besser zu schützen. Menschen, die mit Zulieferern mehr Rechte geben. Manchmal verursachen ihrem eigenen Zuhause für ihr Alter vorsorgen, hat man bereits kleine Mängel große Kosten, etwa bei einem Un- bisher im Regen stehen lassen. Das ist unverantwortlich. terputzventil. Das Produkt selbst kostet nur wenige Euro. Gerade beim Baurecht ist der Schutz von Verbraucherin- Aber wenn ein mangelhaftes Ventil erst einmal eingebaut nen und Verbrauchern besonders wichtig. In der Regel ist, dann kann der Aufwand, den Mangel zu beheben, fehlt hier die notwendige Fachkenntnis, um auf Augen- enorm sein. Der Handwerker, der das kaputte Ventil bei K|KHPLW%DXWUlJHUQXQG%DX¿UPHQDXFKNQIWLJH9HU- seinem Baustoffhändler gekauft hat, kann natürlich ein träge auszuhandeln. neues, fehlerfreies Ventil verlangen. Wenn er aber das kaputte Ventil bereits verbaut hat, bringt dem Handwer- Der Bezug der eigenen Wohnung oder des eigenen ker dieses Recht nur wenig; denn er selbst schuldet dem Hauses ist für die meisten Menschen mit der größten Bauherrn ein mangelfreies Werk, und das bedeutet: Er Investition ihres Lebens verbunden. Über die Hälfte der muss die Wand aufstemmen, das Ventil austauschen und Familien hat ein bescheidenes Haushaltseinkommen das Ganze neu verputzen. Bislang musste die Kosten der zwischen 2 500 und 3 500 Euro im Monat. Sie geben für +DQGZHUNHUVHOEVWWUDJHQGHQQKlX¿JWUDIGHQ%DXVWRII- 20 bis 30 Jahre einen Großteil dieses Einkommens in die händler für den Produktmangel keine Schuld, zum Bei- Finanzierung der eigenen Wohnung oder des Häuschens. spiel weil es einen nicht erkennbaren Fehler in der Pro- Das ist für diese Familien mit hohen Risiken und auch duktion gab. Wenn der Handwerker aber alle Kosten für mit Verzicht verbunden. Durch Baumängel entstehen den Einbau selber tragen muss, dann kann das für einen nicht selten unerwartete Mehrkosten, oder der Einzug Mittelständler eine enorme Belastung sein. Und deshalb wird durch eine längere Bauzeit verzögert. Eine Insol- wollen wir an diesem Punkt etwas für viele Handwerker venz des Bauunternehmens kann die ganze Existenz- tun. Wir schlagen vor, dass der Handwerker künftig von grundlage der Häuslebauer vernichten. Bis heute gibt Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17475

Karin Binder (A) es in unserem Baurecht keine allgemeinen Regeln zum streitigkeiten sind das wichtige Faktoren. Wir haben das (C) Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine Ge- zu klären. setzesreform ist daher dringend notwendig. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Auch die Regelungen zu Nachtragsforderungen reichen nicht aus, um die Verbraucher angemessen zu schützen. Laut Experten gehört Pfusch am Bau heute leider zum Durch eine unvollständige oder bewusst ungenaue Be- Alltag und ist mittlerweile eher die Regel als die Ausnah- schreibung kann das Bauunternehmen weiterhin nach- me. Immer öfter geht es auch um Betrug. Durch schlech- träglich den Preis erhöhen. Das treibt Familien in die te Planung und Bauausführungen bleiben Häuslebauer Pleite. jährlich auf Schäden von etwa 5 Milliarden Euro sitzen. ( [CDU/CSU]: Was?) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wahnsinn!) Die weitverbreitete Praxis, dass Unternehmen vom Ver- Etwa 45 000 Bauvorhaben enden pro Jahr im Gerichts- braucher Abschlagszahlungen und zusätzlich noch eine saal. Viele Betroffene werden durch fehlende rechtliche Sicherheit von 100 Prozent des Werklohns verlangen, Regelungen in den Ruin getrieben. Statt in die eigene ohne dass eine Fertigstellungsgarantie gegeben wird, Wohnung zu ziehen, müssen sie Kreditraten für eine muss unterbunden werden. Bauruine zahlen und wohnen weiter zur Miete. Das muss ein Ende haben; das müssen wir ändern. (Beifall bei der LINKEN) Die Höhe der Sicherheitsleistung muss, wie im Refe- (Beifall bei der LINKEN) rentenentwurf vorgesehen war, bei höchstens 20 Prozent gedeckelt werden. Zwingend erforderlich ist außerdem, Nun zum Gesetzentwurf der Bundesregierung. Der GDVVGLH9RUOHLVWXQJVSÀLFKWGHV.XQGHQDXVJHVFKORVVHQ Gesetzentwurf greift zahlreiche Empfehlungen der Run- ZLUG+lX¿JZHUGHQ9HUEUDXFKHULQQHQXQG9HUEUDXFKHU de der Experten für Bauvertragsrecht auf. Bauunterneh- vertraglich genötigt, vor der Schlüsselübergabe 100 Pro- PHU ZHUGHQ ]X HLQHU %DXEHVFKUHLEXQJ YHUSÀLFKWHW (V zent des Vergütungsanspruchs an die Werkunternehmer soll verbindliche Vereinbarungen zur Bauzeit geben. auszuzahlen. Damit bringen sie eine risikoreiche Vor- Auch ein zweiwöchiges Widerrufsrecht für die Verbrau- leistung und können später berechtigte Mängelansprüche cherinnen und Verbraucher soll es geben. Außerdem sol- kaum noch durchsetzen. Das darf so nicht bleiben. len Obergrenzen für die Abschlagszahlungen eingeführt werden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Die Bauunter- (Beifall bei der LINKEN) (B) QHKPHQZHUGHQDXFKYHUSÀLFKWHW%DXXQWHUODJHQDQGLH (D) Bauherren herauszugeben. All das ist in Ordnung. Wir Bauchschmerzen bereitet mir auch die Regelung zur unterstützen außerdem, dass ein Bauunternehmer den Abnahme des Bauwerks. Problematisch ist, dass der Aufwand für den Austausch fehlerhafter Produkte von Bauunternehmer unter bestimmten Umständen allei- den Herstellern erstattet bekommt. Beispielsweise wird ne den Zustand des Bauwerkes beurteilen kann. Nach der beim Austausch eines defekten Heizkörpers entste- § 650f des neuen Gesetzentwurfs soll der unkundige hende Aufwand erstattet, den der Handwerker bisher al- Verbraucher gemeinsam mit dem Bauunternehmer, dem lein zu tragen hatte. Gute Sache! Fachkundigen, das Haus abnehmen. Baumängel, die er bei dieser Gelegenheit nicht angibt, kann er danach kaum Aber leider hat der Gesetzentwurf auch einige Bau- noch geltend machen. mängel zum Nachteil der Verbraucherinnen und Ver- Weiter fordert die Linke: Die Insolvenzversiche- braucher. Der Bundesrat und auch der Baugerichtstag rung des Bauunternehmers sollte von 5 auf 10 Prozent haben bereits darauf hingewiesen. Die Stellung der Ver- der Bausumme erhöht werden; denn das Risiko einer braucherinnen und Verbraucher wird dadurch gegenüber Firmeninsolvenz ist nicht unerheblich und stellt für die dem bisherigen Gesetzeszustand sogar verschlechtert. Verbraucherinnen und Verbraucher, für die Familien eine So ist völlig unzureichend beschrieben, was eigentlich existenzgefährdende Situation dar. der sogenannte Verbrauchervertrag ist. Es ist auch völlig inakzeptabel, dass Verbraucherschutzregelungen nur bei Ferner sollten auch die Bauträgerverträge gemäß erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden § 650t, bei denen neben der Einrichtung des Hauses auch Gebäude greifen sollen. Was ist denn dann zum Beispiel ein Grundstück geschuldet wird, mit einem außerordent- mit Terrassen, Hofanlagen, Garagen, Carports oder Ne- lichen Kündigungsrecht zum Schutze der Familien und bengebäuden? Auch übliche Einzelleistungen wie der Häuslebauer versehen werden. Rohbau eines Hauses oder der Einbau von Fenstern und Türen werden nicht in das neue Gesetzeswerk einbezo- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- gen. Die Folge wird sein, dass Unternehmer die Bau- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) vorhaben in zahlreiche Einzelverträge für jeden Bauab- Der im Gesetz vorgesehene Ausschluss der Kündigung schnitt aufsplitten. Wollen Sie das wirklich? nimmt dem Bauherren die letzte Möglichkeit, sich in Fäl- len von grob vertragswidrigem Verhalten vom Bauunter- Der Gesetzentwurf schweigt zu weiteren wichtigen nehmen zu trennen. Aspekten des Sachverständigenverfahrens, zum Beispiel zu der Frage: Wer darf als Sachverständiger tätig werden, Dringend erforderlich ist außerdem ein Kündigungs- und wann muss ein Gutachten erstellt sein? Bei Rechts- recht der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Insol- 17476 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Karin Binder (A) venz des Bauunternehmens. Das muss gesetzlich gere- auf ein neues und stabiles Fundament. Zugebenermaßen (C) gelt werden. rechtsästhetisch eher unschön, aber wohl unvermeidbar, ist die Nummerierung der Paragrafen von 650a bis 650u. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Wer des Alphabets mächtig ist, wird feststellen, dass neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nach „u“ nur noch eine Handvoll Buchstaben verbleibt, 'HQQEHLGHU,QVROYHQ]HUK|KHQVLFKGLH¿QDQ]LHOOHQXQG dann sind wir mit dem Alphabet durch. zeitlichen Risiken für die Eigenheimbauer erheblich. Lassen Sie mich zu Beginn auf den Reformbedarf Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass eingehen. Das Werkvertragsrecht des BGB ist bislang in weitere wichtige Regelungen fehlen. Wie beim gewerb- erster Linie auf den kurzfristigen, punktuellen Austausch lichen Bau bereits üblich, sollte der sogenannte Gewähr- von Leistung und Gegenleistung angelegt. Nicht zuletzt leistungseinbehalt von 5 Prozent der Bausumme gesetz- die Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht in der letzten Wahl- lich geregelt werden. Das ist notwendig wegen möglicher periode und der Baugerichtstag haben gezeigt, dass das später auftretender Mängel. Werkvertragsrecht nicht geeignet ist, die Durchführung eines komplexen, auf längere Zeit angelegten Bauvor- (Beifall bei der LINKEN) habens abzubilden. Deshalb wird das Bauvertragsrecht jetzt erstmals ausführlich im BGB geregelt. Für den Bau- 9L]HSUlVLGHQW3HWHU+LQW]H vertrag, den Verbraucherbauvertrag, für den Architekten- Die Uhr! und Ingenieurvertrag werden spezielle Regelungen in das Werkvertragsrecht eingefügt. Das ist die größte Än- derung des BGB seit der Schuldrechtsreform 2002 und .DULQ%LQGHU (DIE LINKE): setzt die Anpassung des BGB an eine immer komplexere Zusammenfassend stelle ich fest: Mit dem hier vor- Lebenswirklichkeit erfolgreich fort. liegenden Entwurf zum Bauvertragsrecht planen Sie ein Haus – das Dach ist allerdings undicht, und die Fenster Meine Damen und Herren, ein Kernpunkt der Reform und Türen schließen nicht. Da sollte noch dringend nach- ist die deutliche Erhöhung des Verbraucherschutzes bei gebessert werden. Lassen Sie uns diese Mängel ausräu- Bauverträgen; der Minister hat es schon angesprochen. men, bevor das Gesetz verabschiedet wird. Weil die meisten Verbraucher nur ein einziges Mal in ih- rem Leben ein Haus bauen und sich dafür zumeist hoch Danke schön. verschulden müssen, sind sie auch besonders schutzbe- (Beifall bei der LINKEN) dürftig. Sie bekommen deshalb ein 14-tägiges Widerrufs- recht, wir begrenzen die Höhe der Abschlagszahlungen, und wir fordern detaillierte Baubeschreibungen, damit (B) 9L]HSUlVLGHQW3HWHU+LQW]H (D) Verbraucher realistisch vergleichen und sich für das qua- Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge- litativ beste Angebot entscheiden können. Das führt im ordneten Dr. Hendrik Hoppenstedt, CDU/CSU-Fraktion. Interesse der Verbraucher zu einem fairen Wettbewerb, (Beifall bei der CDU/CSU) der über die Qualität statt über den Preis geführt wird. 'DYRQSUR¿WLHUHQEULJHQVDXFKLQVEHVRQGHUHGLHVROLGH kalkulierenden Bauunternehmen. 'U+HQGULN+RSSHQVWHGW (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Alle Bauverträge, unabhängig davon, ob ein Verbrau- Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir cher Bauherr ist oder nicht, haben gemeinsam, dass sie befassen uns heute Morgen mit einer zugegebenermaßen auf eine längere Erfüllungszeit angelegt sind. Dieser Tat- relativ komplexen Materie, nämlich dem Bauvertrags- sache soll vor allem durch die Einführung eines einseiti- recht und der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung. gen Anordnungsrechts des Bestellers Rechnung getragen Beide Themen haben strenggenommen nichts miteinan- werden, mit dem zugleich Regelungen zur Preisanpas- der zu tun. Allerdings besteht im Hinblick auf den Adres- sung und zur rechtlichen Durchsetzung verbunden sind. satenkreis doch ein sachlicher Zusammenhang zwischen Wir brauchen einen Dreiklang aus Anordnung, Vergü- beiden Regelungsmaterien: Es sind jeweils Werkunter- tungsanspruch und zügiger Rechtsdurchsetzung. nehmer beteiligt, die durch das eine Vorhaben begünstigt Zum größten Knackpunkt, dem Anordnungsrecht: und durch das andere Vorhaben belastet werden; mög- Kaum ein Bauprojekt wird so gebaut, wie es geplant licherweise hilft das, die Kompromissfähigkeit zu erhö- wird. Während der Bauausführung können sich Wünsche hen. und Bedürfnisse verändern. Die geplanten Neuregelun- Sie gestatten mir zu Beginn einige Bemerkungen zur gen erleichtern es dem Bauherrn, den Vertragsinhalt – Reform des Bauvertragsrechtes, bevor ich zu den geplan- idealerweise im Einvernehmen mit dem Bauunterneh- ten Änderungen der Gewährleistung im Kaufrecht kom- men – an den sich ändernden Bedarf anzupassen. Da eine me. Einigung nicht immer gelingt, wird das einseitige Anord- nungsrecht des Bauherrn eingeführt. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verstän- digt, den Verbraucherschutz bei Bau- und Dienstleistun- Dabei ist völlig klar, dass das Anordnungsrecht ein gen für Bauherren und Immobilieneigentümer auszubau- scharfes Schwert und auch ein massiver Eingriff in die en, insbesondere im Bauvertragsrecht. Mit der Reform Vertragsfreiheit ist, und aus diesem Grund äußert die des Bauvertragsrechtes stellt die Koalition die rechtli- Bauwirtschaft auch deutliche Kritik. Im Interesse der zü- chen Rahmenbedingungen für Bauvorhaben insgesamt gigen Abwicklung von Bauvorhaben ist das Anordnungs- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17477

Dr. Hendrik Hoppenstedt (A) recht meines Erachtens jedoch sinnvoll und gerade noch Hinzu kommt: Verfahren in Bau- und Architektensa- (C) verhältnismäßig. Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass chen sind extrem komplex. Selbstverständlich sind alle gar nicht das einseitige Anordnungsrecht an sich so pro- unsere Richterinnen und Richter exzellente Juristen. blematisch gesehen wird – nicht ohne Grund wird es ja Aber nicht alle können logischerweise automatisch Bau- in der VOB/B bereits seit vielen Jahren so praktiziert –; vertragsrechtsexperten sein; wie auch? Es bleibt damit vielmehr steht hinter der Kritik die verständliche Be- unsicher, ob der Richter am Landgericht, bei dem der fürchtung der Bauunternehmer, für ihre Leistungen nicht Antrag auf einstweilige Verfügung landet, in kurzer Zeit schnell und ordentlich bezahlt zu werden oder im Streit- den Streitgegenstand sachgerecht entscheiden kann, ins- fall keine zügige Rechtsentscheidung zu bekommen. besondere dann, wenn das Landgericht gar keine Bau- Damit komme ich zum zweiten Knackpunkt, zur Fra- kammern eingeführt hat. ge der Vergütung. Damit der Unternehmer die infolge Die Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht hat deshalb zur der Änderung gegebenenfalls geschuldete Mehrleistung VFKQHOOHQXQGHI¿]LHQWHQ6WUHLWEHLOHJXQJGLH(LQIKUXQJ nicht ohne Vergütung erbringen muss und um ihn vor Li- einer sogenannten Bauverfügung empfohlen. In einem quiditätsengpässen zu schützen, kann er eine 80-prozen- EHVFKOHXQLJWHQYRUOlX¿JHQJHULFKWOLFKHQ(UNHQQWQLVYHU- tige Abschlagszahlung, basierend auf seinem ursprüng- fahren würden die Streitigkeiten kurzfristig geklärt. Zur lichen Angebot, fordern. Dahinter steht die Idee, dass Entscheidung berufen wären in jedem OLG-Bezirk be- der Unternehmer zumindest einen Teil der geschuldeten VRQGHUVTXDOL¿]LHUWH5LFKWHULQQHQXQG5LFKWHU,FKKDOWH Mehrvergütung auf jeden Fall zügig erhalten soll. diese Idee zumindest für bedenkenswert. Allerdings stellt sich die Frage, wie erreicht werden kann, dass das ursprüngliche Angebot des Unternehmers (Beifall bei der CDU/CSU) angemessen ist. Der vorangegangene Einigungsversuch ist ja gerade deswegen gescheitert, weil dem Bauherrn Meine Damen und Herren, ich komme nun zum zwei- die Preisvorstellung des Unternehmers zu hoch war. Hier ten Teil des Gesetzentwurfs, zur kaufrechtlichen Mängel- PVVHQZLUQRFK5HJHOXQJHQ¿QGHQGLH]XHLQHPDQJH- gewährleistung. Mit dem Gesetzentwurf verbessern wir messenen interessengerechten Ausgleich führen. die Rechtsstellung der Handwerker und der sonstigen Werkunternehmer. Der Verkäufer einer mangelhaften Sa- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- che, die bestimmungsgemäß verbaut worden ist, ist künf- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) WLJLP5DKPHQGHU1DFKHUIOOXQJYHUSÀLFKWHWHQWZHGHU – Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. deren Ausbau sowie den Einbau einer mangelfreien Sa- che selbst vorzunehmen oder die entsprechenden Kosten (Heiterkeit bei der LINKEN) zu tragen. Da der Verkäufer den betreffenden Produkt- (B) (D) Aber Sie sind stets eingeladen, zu applaudieren. fehler regelmäßig ebenfalls nicht zu vertreten hat, be- kommt er eine Regressmöglichkeit gegenüber seinem (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Herr Vorlieferanten. Kollege Hoppenstedt, jetzt haben wir ein Pro- blem!) Ziel meiner Fraktion ist es, die ungerechte Haftungs- falle für Handwerker zu beseitigen, aber zugleich auch Schönen Dank! den berechtigten Interessen anderer Branchen, insbe- (Zuruf von der CDU/CSU: Die Linke ist auf- sondere des Handels, des produzierenden Mittelstandes gewacht! – Heiterkeit bei der SPD und der sowie der Industrie, Rechnung zu tragen. Bei dieser LINKEN) Zuweisung von Haftungsrisiken geht es darum, dass im Regelfall derjenige die Kosten zu tragen hat, der für den – Das sollten Sie öfter tun, bei der Union zu applaudie- Produktmangel verantwortlich ist. Deshalb legen wir im ren. Hinblick auf abweichende Vertragsklauseln in allgemei- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU], an die nen Geschäftsbedingungen fest, dass ein Ausschluss oder LINKE gewandt: Das war nicht fair!) eine Begrenzung dieser Haftung gegenüber Verbrauchern unwirksam ist. Dies wird aufgrund der Indizwirkung des Dritter Diskussionspunkt ist die Frage der zügigen § 309 BGB grundsätzlich auch für allgemeine Geschäfts- Streitbeilegung. Jeder Tag Stillstand auf der Baustelle bedingungen gelten, die gegenüber Unternehmern ver- kostet viel Geld. Längere Streitigkeiten sind für private wendet werden. +lXVOHEDXHUNDXP¿QDQ]LHUEDU$EHUDXFKIUNOHLQHXQG mittelständische Bauunternehmen und Bauhandwerker Dem Handwerk geht das aber nicht weit genug. Es sind langwierige und kostenintensive Streitigkeiten ein möchte darüber hinaus die vorgeschlagene Regelung zu- Insolvenzrisiko. Deswegen muss die Rechtsdurchset- sätzlich AGB-fest machen, das heißt, eine ausdrückliche zung schneller werden. Regelung haben, nach der der Verkäufer auch im unter- (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Johannes nehmerischen Geschäftsverkehr keine Klausel in seine Fechner [SPD]: Aufgewacht!) $*% DXIQHKPHQ GDUI GLH VHLQH 1DFKHUIOOXQJVSÀLFKW auf die Lieferung einer mangelfreien Sache begrenzt. Ich bin skeptisch, ob der im Gesetzentwurf geübte Ver- zicht auf die Erforderlichkeit der Glaubhaftmachung des Unser Koalitionspartner steht laut einer Pressemittei- Anordnungsgrundes in einer einstweiligen Verfügung lung vom 31. Mai dieses Jahres, also vor kurzer Zeit, die- nun so unbedingt der große Wurf ist. sem Anliegen aufgeschlossen gegenüber und stellt sich 17478 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Dr. Hendrik Hoppenstedt (A) somit gegen den Gesetzentwurf des eigenen Bundesmi- werden und zulässig sein. Mit der geplanten Regelung (C) nisters. wird der kleine Handwerksbetrieb ausreichend geschützt. (Dr. Johannes Fechner [SPD]: Soll vorkom- Es müssen aber bei der Bewertung der AGB-Klau- men! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Schämt seln die besonderen Verhältnisse des unternehmerischen euch!) Geschäftsverkehrs zumindest im Einzelfall möglich bleiben. Es wäre doch beispielsweise absurd, wenn ein So viel fast schon revolutionäres Eigenleben sind wir in Restpostenhändler, der Fliesen aus Insolvenzmassen zu letzter Zeit von Ihnen gar nicht gewohnt gewesen. Das einem Spottpreis verkauft, die Übernahme der Aus- und kommt nicht unbedingt jeden Tag vor. Einbaukosten nicht abbedingen und von seinem Käufer (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so- in Regress genommen werden könnte, obwohl er selbst wie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ aufgrund der Insolvenz seines Lieferanten diese Regress- DIE GRÜNEN) kette ja nicht nutzen kann. Der Bundesrat hat sich übrigens Ihrer Forderung ange- Deswegen setzt sich die Union dafür ein, dass zu- schlossen. Heiko Maas hat diese Forderung in seiner mindest ein gewisses Maß an Gestaltungsspielraum, das Stellungnahme und Erwiderung abgelehnt. Ich muss sa- heißt Vertragsfreiheit, erhalten bleibt. Zugleich halten gen: Wo der Mann recht hat, hat er recht. wir gegenüber den Handwerkern Wort und lassen sie bei den Aus- und Einbaukosten nicht im Stich. (Dr. Johannes Fechner [SPD]: Welcher? Er oder ich?) (Dr. Johannes Fechner [SPD]: Doch, genau das machen Sie!) Auch der Handel, der produzierende Mittelstand und die Industrie sprechen sich dagegen aus, die Forderung des Alles in allem ist der von Ihnen, Herr Minister Maas, Handwerkes und des Bundesrates aufzugreifen. vorgelegte Gesetzentwurf eine gute Diskussionsgrundla- Nachdem die Beseitigung der Haftungsfalle für Hand- ge. Ich möchte den vielen Mitarbeiterinnen und Mitar- werker ein Anliegen ist, das auf Initiative der Union in beitern Ihres Hauses, die dafür gearbeitet haben, einmal den Koalitionsvertrag hineingekommen ist – das darf ich danken. Jetzt kommt es darauf an, dass wir in diesem Ho- in aller Bescheidenheit anmerken –, hen Haus ein gutes Gesetz daraus machen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Johannes Herzlichen Dank. Fechner [SPD]: Das habe ich aber anders in (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Erinnerung!) ordneten der SPD) (B) (D) verstehen wir ganz gut, dass die Kollegen von der SPD versuchen, beim Handwerk wieder Boden gutzumachen, 9L]HSUlVLGHQW3HWHU+LQW]H und sich deswegen der Forderung nach AGB-Festigkeit anschließen. Aber das ist rechtsdogmatisch leider der fal- Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge- VFKH:HJXQGUHFKWVSROLWLVFKEHUÀVVLJ ordneten Christian Kühn, Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen. (Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ihre eigenen Leute wollen das doch!) &KULVWLDQ .KQ (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE Das ist spätestens dann zu erkennen, wenn man sich GRÜNEN): das von Sigmar Gabriels Wirtschaftsministerium heraus- Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Besuche- gegebene Ergebnispapier der AG „Rechtliche Rahmen- rinnen und Besucher auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen bedingungen“ der Plattform Industrie 4.0 anschaut. Darin und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Heiko Maas, steht, dass die ausufernde Anwendung von AGB-rechtli- LFK¿QGHHVHUVWHLQPDOVFK|QGDVV6LH]XU.HUQ]HLWGH- chen Restriktionen im B2B-Bereich, also innerhalb der batte hier im Plenum anwesend sind. Wirtschaft, kritisiert wird. Die Industrie erwartet deshalb negative Auswirkungen auf die Attraktivität des deut- (Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das ist schen Rechts im grenzüberschreitenden unternehmeri- selbstverständlich!) schen Geschäftsverkehr und damit Schaden für den deut- Das ist in den letzten Wochen nicht bei allen Ministe- schen Wirtschaftsstandort insgesamt. rinnen und Ministern so gewesen. Und jetzt möchte ich Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag haben nicht, dass Sie erschrecken; denn hier ist heute ja schon wir uns darauf verständigt, dass Handwerker nicht pau- Einiges passiert, was nicht alltäglich ist. Auch meine schal auf den Folgekosten von Produktmängeln sitzen Rede beginnt heute nicht alltäglich – zumindest in Zeiten bleiben sollen. Das heißt umgekehrt aber nicht, dass Un- der Großen Koalition. ternehmer und auch Handwerker Verbrauchern pauschal gleichgestellt werden sollten. Es gibt zweifelsfrei viele (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was?) schutzwürdige Unternehmen. Für die gilt die Indizwir- Wo Sie sich ja in der Großen Koalition eher durch Ge- kung. Wegen der besonderen Interessen und Bedürfnis- zänk und Streit auszeichnen, se des unternehmerischen Geschäftsverkehrs kann eine entsprechende Klausel zwischen Unternehmern jedoch (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt im Einzelfall ausnahmsweise als angemessen angesehen aber!) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17479

Christian Kühn (Tübingen) (A) möchte ich Sie persönlich – nicht nur die Mitarbeiterin- löchern, dass Sie das nicht verzögern und nicht auf die (C) nen und Mitarbeiter Ihres Hauses, sondern Sie persön- lange Bank schieben, sodass es dann vielleicht doch lich – heute hier loben. nicht mehr in dieser Legislaturperiode zustande kommt. Bleiben Sie als Koalition hier standhaft, verfahren Sie (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- hier nicht nach Art von Let’s Dance, sondern halten Sie SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuru- Kurs – sowohl im parlamentarischen Verfahren als auch fe von der SPD: Oh! – Volker Kauder [CDU/ in den Wortmeldungen in der Presse. Ich glaube, das CSU]: Weiter so!) wäre ganz gut. Ich will Sie loben, weil Sie dieses Lob auch verdient ha- ben – und das ist ernst gemeint –, Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich glau- be, hier müssen Sie auch aufpassen. Sie dürfen sich hier, (Dr. [DIE LINKE]: Auch auch wenn die Worte jetzt ganz schön klingen, nicht über das noch!) den Tisch ziehen lassen, wie das in der Vergangenheit weil Sie das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts zum Beispiel bei der Mietpreisbremse zwar langsam und sicherlich nicht in allen Detailrege- (Dr. Johannes Fechner [SPD]: Funktio- lungen in der Form, die man sich wünschen würde, aber niert doch! Was wollen Sie denn? – Michael eben doch auf den Weg gebracht haben, und das ist ein Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nun mischen Fortschritt im Verbraucherschutz. Ich glaube, das muss Sie sich mal nicht ein!) auch Opposition einmal anerkennen, dass diese Regie- rung zwar nicht alles und nicht vieles, aber manchmal ein oder bei anderen Gesetzen der Fall war. bisschen was ganz gut macht. Wir brauchen ein starkes Bauvertragsrecht. Bleiben Sie (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- deshalb auch hier standhaft! SES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Reicht jetzt!) (Dr. Johannes Fechner [SPD]: Na, logo!) Ich fände es schön, wenn auch der eine oder andere Ich habe nicht nur die heutige Debatte, sondern den Kollege aus der Union und auch der SPD jetzt hier klat- ganzen Prozess der Reform des Bauvertragsrechts so ver- schen würde, wenn die Opposition einmal etwas Positi- standen, dass sich eigentlich alle Experten einig sind: Es ves über diese Regierung sagt. ist ein gutes Gesetz, es bringt Klarheit und Schutz für (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr Verbraucher, und es schützt Handwerker vor Regressfor- gut!) derungen. Deswegen sollten wir es in einem schnellen Verfahren einvernehmlich durch das Parlament bringen. (B) Und dennoch: (D) (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Aha!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Der politische Prozess zum Bauvertragsrecht war lang, XQGGDVLVWHLJHQWOLFKV\PSWRPDWLVFKZLHLFK¿QGHIU 2015 wurden in Deutschland Baugenehmigungen für die Themen Bauen und Wohnen, für das Thema Verbrau- 115 000 Ein- und Zweifamilienhäuser und 66 000 für Ei- FKHUVFKXW]VRZLHGDV7KHPD,PPRELOLHQ,FK¿QGHEHL gentumswohnungen erteilt. Und das ist – das ist heute diesen Themen hat Ihre Regierung die Entdeckung der schon mehrfach hier gesagt worden – für viele Menschen Langsamkeit zu einem Prinzip gemacht. Diese Entde- das Investment ihres Lebens. Ich glaube, hier braucht es ckung der Langsamkeit, die Sie da sozusagen zelebrie- einen besonderen Schutz. Gerade in der derzeitigen Nie- ren, haben Sie bühnenreif umgesetzt. Sie bewegen sich drigzinsphase, in einer Zeit, in der die Immobilienmärkte einmal in die eine Richtung, dann wieder in die andere. überhitzt sind und das Bauen immer teurer wird, muss der Staat einen besonderen Schutz vorsehen. Ich glaube, dass (Zurufe von der CDU/CSU) wir das mit diesem Gesetz ein Stück weit hinbekommen. Sie wanken hin und her, gehen ein bisschen vor, dann gibt Doch es fehlt noch relativ viel. Damit sind wir wieder bei es eine Wortmeldung von Herrn Luczak zu irgendeinem der Politik. Sie machen zwar einen kleinen Schritt nach Thema, dann gibt es eine Pressemitteilung oder ein Po- vorne, aber er hätte eigentlich viel größer sein müssen. sitionspapier der SPD oder des SPD-Ministers. Aber an Die Aktivitäten von Bauträgern auf den überhitzten sich kommen Sie eigentlich bei fast allen Themen nicht Immobilienmärkten in Baden-Württemberg und anders- richtig vorwärts. Sie sollten mit diesen Trippelschritten wo zurzeit erinnern mich nicht an die soziale Marktwirt- vielleicht eher bei Let’s Dance auftreten, als vorzugeben, schaft; dass Sie wirklich etwas für Verbraucherinnen und Ver- braucher auf den Weg bringen. Ich glaube, das muss man (Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Da muss an dieser Stelle schon auch festhalten. der Ministerpräsident in Baden-Württemberg (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) etwas machen!) Darum hoffe ich jetzt inständig, dass mein Lob auch sie legen vielmehr eine Wildwestmanier an den Tag, bei etwas bewirkt, nämlich, dass Sie sich jetzt nicht beirren der auch Verbraucher über den Tisch gezogen werden. lassen von denjenigen, die versuchen, dieses gute Ver- Hier bedarf es endlich einer Änderung beim Bauträger- braucherschutzgesetz, das zukünftige Eigentümerinnen recht. Wir brauchen ein eigenständiges Bauträgerrecht, und Eigentümer in Deutschland schützen soll, zu durch- das Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland 17480 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Christian Kühn (Tübingen) (A) effektiv schützt. Hier haben wir eine Gesetzeslücke, und Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Da haben (C) diese muss endlich geschlossen werden. Sie recht! Das wollen wir auch nicht!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Nun zur Union: Ihr zentrales Wahlkampfversprechen beim Thema Mieten und Wohnen in Deutschland war die Wenn wir über Eigentümer in Deutschland reden, Mietpreisbremse. dann müssen wir auch diejenigen miteinbeziehen, die be- reits eine Eigentumswohnung haben. (Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Die haben wir auch eingeführt, Herr Kollege!) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Was?) Die Kanzlerin selbst hat versprochen, dass sie die Miet- Ich warte im Augenblick nicht nur darauf, dass wir das steigerungen in Deutschland bremsen wird. Die Studi- 9HUIDKUHQDXIGHQ:HJEULQJHQXP4XDOL¿]LHUXQJVYR- en zur Mietpreisbremse zeigen aber klar: Sie haben die raussetzungen für WEG-Verwalter festzulegen, sondern Mietpreisbremse verzögert und durchlöchert. Deswegen auch darauf, dass endlich das WEG-Recht angepackt funktioniert sie nicht. wird. In einer Niedrigzinsphase mit überhitzten Märkten muss es doch mehr Informationsrechte und mehr Trans- Erinnern Sie sich an die Worte der Kanzlerin vom parenz geben, wenn man eine Eigentumswohnung als Sommer 2013, dass sie die Mietsteigerungen in Deutsch- %HVWDQGVLPPRELOLHNDXIW$OOGDV¿QGHWQLFKWVWDWW'HV- land bremsen will! Gehen Sie in einer zweiten Miet- wegen muss, glaube ich, auch beim WEG-Recht deutlich rechtsnovelle gemeinsam mit der SPD den Weg, endlich nachgebessert werden. zu einer funktionsfähigen Mietpreisbremse in Deutsch- (Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Darüber land zu kommen. Dabei werden wir Sie unterstützen; reden wir heute Morgen aber nicht!) denn das brauchen wir, damit die Immobilienmärk- te nicht weiter aus dem Ruder laufen und damit weder Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie schüt- zukünftige Eigentümer und Eigentümerinnen noch die teln gerade den Kopf. Hier könnten Sie etwas für Eigen- Mieterinnen und Mieter belastet werden. tümer in Deutschland tun. Es reicht nicht, nur über die Wiedereinführung der Eigenheimzulage zu philosophie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ren, sondern der Verbraucherschutz muss beim Thema sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuru- Eigentum endlich richtig durchdekliniert werden. fe von der CDU/CSU) (Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das Ich hoffe, dass Sie bei dem vorliegenden Gesetz nicht machen wir ständig!) versagen. Es ist ein guter Anfang. Sie müssen jetzt stand- haft bleiben. Ich hoffe, dass Sie das Prinzip der Lang- Sie sollten hier nicht nur einen kleinen Schritt vorange- samkeit, das Sie auszeichnet, und den Streit, für den Sie (B) (D) hen, sondern wirklich einmal ein paar Schritte; denn das stehen, beim Thema Bauen, Wohnen und Verbraucher- ist absolut notwendig. schutz abstreifen können. Fangen Sie endlich an, zu han- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GHOQ,FK¿QGHGHU'UXFNLVWHQRUP/|VHQ6LHHQGOLFK Ihr Versprechen bei den Verbrauchern und beim Mieter- Wenn wir über Verbraucherschutz bei den Themen schutz ein! Dann gibt es vielleicht öfter ein Lob der Op- Wohnen und Immobilieneigentum reden, dann muss man position, sowohl Applaus von der Linken als auch von auf jeden Fall auch das Mietrecht miteinbeziehen. Gera- hier vorne am Rednerpult. de in einer Kernzeitdebatte gehört das dazu. Danke schön. Mieterinnen und Mieter sind Verbraucher, und Miet- recht ist letztlich auch ein Recht, das Mieterinnen und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mieter schützt, und damit auch Teil des Verbraucher- schutzes. Wann kommt eigentlich die von Ihnen verspro- 9L]HSUlVLGHQW3HWHU+LQW]H chene Reduzierung der Modernisierungsumlage, die Sie Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge- im Koalitionsvertrag gemeinsam beschlossen haben? ordneten Dr. Johannes Fechner, SPD-Fraktion. Wann kommt das endlich? Ich sehe es leider nicht. Die Union blockiert das. Ich glaube, wenn man in Großstäd- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ten Wahlen gewinnen will, dann muss man sich auch der CDU/CSU) Gedanken darüber machen, wie man die Probleme der Menschen dort aufgreift. 'U-RKDQQHV)HFKQHU (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie- (Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Es geht be Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Nach aber nicht nur um Wahlkampfgeschenke, son- in der Tat intensiven Vorbereitungen und Gesprächen in dern um vernünftige Politik!) den verschiedensten Gremien können wir heute in ers- Deswegen rate ich Ihnen: Machen Sie sich darüber Ge- ter Lesung über den Entwurf eines Gesetzes beraten, das danken, wie Sie die Modernisierungsumlage so refor- für Verbraucher, Handwerker, Bauunternehmer und vor mieren, dass niemand mehr von dieser asozialen Praxis allem für Bauherren viele Verbesserungen bringen wird, des Heraussanierens betroffen ist – weder in Berlin noch und zwar so viele, dass ich mich in meiner Rede auf eini- anderswo! ge wenige beschränken muss. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir geben mit diesem Gesetz Verbrauchern, die Bau- sowie bei Abgeordneten der LINKEN – material verbauen, das sich hinterher als mangelhaft Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17481

Dr. Johannes Fechner (A) erweist, endlich einen Rechtsanspruch, dass sie vom Wittlers Baushow Einsatz in 4 Wänden, eine dem Fach- (C) Verkäufer des mangelhaften Materials nicht nur neues, publikum bekannte Sendung, angesehen. mangelfreies Material fordern können, sondern auch den Ersatz der Kosten für Aus- und Wiedereinbau. Das ist nur (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) UHFKWXQGELOOLJGHQQHVLVWZLHLFK¿QGH6DFKHGHV9HU- Dort sah sie ein Treppenhaus, das sie unbedingt haben käufers, dafür zu sorgen, dass seine gelieferte Ware keine wollte. Ich erhielt sofort den Auftrag von ihr, mit dem Mängel hat. Bauunternehmer nachzuverhandeln und eine Änderung Wie sieht es nun aber aus, wenn ein Handwerker die durchzusetzen. mangelhafte Ware bei einem Verbraucher eingebaut hat? (Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Klare Bislang bleibt der Handwerker auf seinen Aus- und Ein- Rollenverteilung!) baukosten sitzen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das nun geändert werden, und nicht nur dem Ver- Wir haben das dann einvernehmlich hinbekommen. Aber braucher, sondern gerade auch dem Handwerker – uns in der Praxis ist es oft so, dass ein solcher Änderungs- als SPD ist das besonders wichtig – wird gegenüber sei- wunsch nicht einvernehmlich umgesetzt wird. Deswe- QHP%DXVWRIÀLHIHUDQWHQHLQ$QVSUXFKDXI(UVDW]GLHVHU gen, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir eine Kosten eingeräumt. Das ist nur gerecht. Deswegen soll- gesetzliche Grundlage, um von dem eigentlich geltenden ten wir das so machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Grundsatz „Verträge sind einzuhalten“ – pacta sunt ser- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten vanda – abzuweichen. der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD) In der Tat sieht der Gesetzentwurf zu unserem Miss- Immobilien nutzt man ja Jahrzehnte bzw. ein Leben lang. fallen vor – Kollege Hoppenstedt hat es angesprochen –, Deswegen muss es möglich sein, auch nach dem Bauver- GDVV GHU %DXVWRIÀLHIHUDQW JHJHQEHU GHP +DQGZHUNHU tragsabschluss solche Änderungswünsche umzusetzen. die Haftung für die genannten Kosten abbedingen kann. Das ist wiederum nicht gerecht; denn gerade kleine und Im Sinne der Bauunternehmen haben wir die Rege- mittlere Betriebe haben oft nicht die Stellung und die lung vorgesehen, dass ein Rechtsanspruch auf Umset- Position, um entsprechende Klauseln in den AGBs ihrer zung eines Änderungswunschs nur dann besteht, wenn es Lieferanten wegverhandeln zu können. für den Bauunternehmer zumutbar ist und wenn er eine Der Gesetzentwurf geht zwar davon aus, dass Ge- entsprechende Mehrvergütung bekommt. richte zu dem Ergebnis kommen mögen, dass entspre- Diese Regelung ist also sinnvoll. Wir sollten die Erfül- chende AGB-Gestaltungen unwirksam sind. Aber das (B) lung von Änderungswünschen auch nach Bauvertragsab- (D) müssen die Handwerker erst in langwierigen und oft teu- schluss ermöglichen, liebe Kolleginnen und Kollegen. UHQ3UR]HVVHQHUVWUHLWHQ,FK¿QGHZLUN|QQHQHVQLFKW zulassen, dass aufgrund einer solchen Regelung gerade (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der kleine und mittlere Betriebe ihrem Geld hinterherrennen CDU/CSU) müssen. Das kann ja, wenn die Forderung eine gewis- se Höhe erreicht, wirklich existenzbedrohend sein. Ich Gerade im Bauvertragsrecht haben alle Beteiligten ein ¿QGHHVGHVKDOEJXWGDVV+HUU%LOOHQVFKRQDQJHGHXWHW großes Interesse daran, dass es nicht zu Bauverzögerun- hat, für einvernehmliche Vorschläge aus den Fraktionen gen kommt. Gut ist deshalb am vorliegenden Gesetzent- offen zu sein. Ich habe auch mit Interesse zur Kenntnis wurf, dass wir ausdrücklich Regelungen zur Beschleu- genommen, dass Sie, Frau Kollegin Strothmann, unsere nigung und zur Lösung von Streitigkeiten vorsehen. Position teilen und sich dafür offensichtlich einsetzen. :LU KDEHQ HUVWPDOV HLQH 'H¿QLWLRQ ZDV EHUKDXSW HLQ So falsch, Herr Kollege Hoppenstedt, können wir also Werkvertrag ist. Verbraucher bekommen einen Rechtsan- da nicht liegen. spruch auf Übersendung einer Baubeschreibung. Es wird das Widerrufsrecht – genauso wie bei vielen anderen Abschließend zu diesem Punkt: Wir brauchen letzt- Vertragstypen – geregelt. Und es muss zudem eine ver- lich für das Handwerk die klare Regelung, dass Ein- und bindliche Angabe zur Bauzeit geben. Das sind wichtige Ausbaukosten vom Lieferanten der mangelhaften Ware Verbesserungen, die wir hiermit vornehmen. Wenn selbst zu tragen sind. die Linke hier zustimmend nickt, dann muss es ja wohl (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ein guter Gesetzentwurf sein. der CDU/CSU und der LINKEN) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- Im Bauvertragsrecht schaffen wir wesentliche Ver- ten der LINKEN – Dr. Dietmar Bartsch [DIE besserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. LINKE]: Das ist ein Gütesiegel! – Zuruf von Kernstück ist das Anordnungsrecht des Bauherrn. Gele- der CDU/CSU): Welche Logik!) gentlich wird bezweifelt, dass wir so etwas brauchen. Ich :LFKWLJLVWGDVVZLUSUDNWLNDEOH5HJHOXQJHQ¿QGHQ möchte Ihnen anhand eines Beispiels aus meiner eigenen ,FK¿QGHZLUVROOWHQSUIHQREHVQLFKWVLQQYROOLVWHLQH Bautätigkeit den Grund nennen, warum wir ein solches Schriftform für den Änderungswunsch zu festzulegen, Anordnungsrecht brauchen. klare Fristen für die Abgabe und die Annahme der Än- Meine Gattin und ich haben im letzten Februar einen derungswünsche zu setzen und sich anzuschauen, ob wir Bauvertrag unterschrieben. Wenige Wochen danach hat das System zur Berechnung der Mehrvergütung klarer sie, als ich in einer Sitzungswoche in Berlin war, Tine regeln. 17482 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Dr. Johannes Fechner (A) Insgesamt, meine Damen und Herren, enthält dieser Drittens ist es nicht nur im Hause Fechner so, dass im (C) Gesetzentwurf also zahlreiche Verbesserungen für Ver- Rahmen der Bauerbringung dem Auftraggeber oder der braucher, für Handwerker, für Bauunternehmen und für Auftraggeberin immer wieder neue Ideen kommen, was die Bauherren. Jetzt gilt es, diesen Entwurf an einigen man noch alles machen könnte. wenigen Stellen noch zu verbessern. Für mich und die Viertens dreht es sich – das ist, glaube ich, ganz wich- SPD gehören hierzu ganz eindeutig die AGB-feste Rege- tig – vor allem für Bauherren immer um eine Rahmen- lung, dass Handwerker ihre Ein- und Ausbaukosten auch größe, die letztendlich ein existenzielles Ausmaß an- im B2B-Verhältnis umsetzen können, und die Präzisie- nimmt. Viele Menschen bauen nur einmal im Leben und rung des Genehmigungsrechts an manchen Stellen. wenden dafür dann einen Großteil ihres Vermögens auf.

3UlVLGHQW'U1RUEHUW/DPPHUW Handlungsfeld Nummer zwei ist das Kaufrecht. Die Herr Kollege. dort vorhandene Lücke geht seit Jahren zulasten des Handwerks. Stellen Sie sich folgenden Fall vor – diese Konstellation ist vorhin schon dargestellt worden –: Eine 'U-RKDQQHV)HFKQHU (SPD): 7URFNHQEDX¿UPDKDWGHQ$XIWUDJHLQ'DFKJHVFKRVV]X Insgesamt ist es ein gelungener Gesetzentwurf. Herz- dämmen und auszubauen. Der Auftrag wird erledigt, lichen Dank an das Justizministerium und an alle, die in XQGGLH7URFNHQEDX¿UPDEH]LHKWHLQH'DPSIVSHUUHGLH den verschiedensten Gremien dazu Vorarbeit geleistet fehlerhaft ist. Sie hat Löcher, ist damit luftdurchlässig, haben. sodass Feuchtigkeit in die Dämmung eindringen kann. Vielen Dank. Das wird entdeckt, nachdem eingebaut worden ist. Dann KDW GHU %DXKHUU JHJHQ GLH 7URFNHQEDX¿UPD $QVSUXFK (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten auf Lieferung einer neuen Dampfsperre, aber auch auf der CDU/CSU) Aus- und Einbau und Tragung der Kosten. Das Problem ist, dass dann kein Rückgriff möglich ist. Die Trocken- 3UlVLGHQW'U1RUEHUW/DPPHUW EDX¿UPD KDW JHJHQ GHQ /LHIHUDQWHQ QXU$QVSUXFK DXI Das Wort erhält nun der Kollege Alexander Hoffmann Lieferung einer mangelfreien Dampfsperre. Das ist eine für die CDU/CSU-Fraktion. Lücke, die es zu schließen gilt. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich freue mich, dass die Forderung der Union, diese Lücke zu schließen – Kollege Hoppenstedt hat es vorhin schon dargestellt –, durch unseren Impuls Niederschlag $OH[DQGHU+RIIPDQQ (CDU/CSU): im Koalitionsvertrag gefunden hat. Heute können wir, (B) Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen wenn wir den vorliegenden Gesetzentwurf anschauen, (D) und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! sagen: Jawohl, wir liefern. Wir regeln hier die Rechts- Kollege Kühn, Sie haben zu sehr vielem gesprochen – verhältnisse ähnlich wie im Verbrauchsgüterkauf. Es gibt ich würde sagen, es war eher ein bisschen Wahlkampf –: eine eigene Anspruchsgrundlage, ein echtes Rückgriffs- etwa zum Wohnungseigentumsgesetz und zum Miet- recht. Deswegen sage ich: Allein die Vorlage dieses Ge- preismarkt. Ich habe an dieser Stelle etwas ganz Verrück- setzentwurfs macht diesen Tag zu einem guten Tag für tes vor. Ich will nämlich tatsächlich zum vorliegenden die Handwerker. Gesetzentwurf sprechen. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir sollten das parlamentarische Verfahren selbstver- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie kennen den ständlich nutzen, um uns noch einmal gründlich das Für Satz: Das Handwerk hat goldenen Boden. Damit dieser und Wider vor Augen zu führen, inwieweit hier nun noch Satz Geltung beanspruchen kann, brauchen wir zwei Din- eine AGB-Festigkeit erforderlich ist oder die Rechtspre- ge: Wir brauchen eine prosperierende Wirtschafts- und chung in diesem Bereich, insbesondere die Indizwirkung Marktlage, und wir brauchen praxistaugliche gesetzliche von § 307 BGB – Sie haben es vorhin angesprochen –, Rahmenbedingungen. Gerade für Letzteres sind hier im ausreichend ist. Hause die Rechtspolitiker zuständig. Nach der Schuld- rechtsreform im Jahr 2000 gilt es, zwei Handlungsfelder Nun zurück zum ersten Themenfeld: die bessere An- zu beleuchten und uns für die dort vorhandenen Pro- passung des Werkvertragsrechts an die Erfordernisse bleme Lösungen zu überlegen. im Baubereich. Ich will auf zwei Themen eingehen, zu- nächst auf die Abschlagszahlungen, § 632a BGB. Bisher Handlungsfeld Nummer eins ist das Werkvertrags- ist es so, dass sich die Höhe der Abschlagszahlungen am recht. Wenn man genauer hinschaut, muss man fest- Wertzuwachs orientiert, den der Auftraggeber durch die stellen, dass das Werkvertragsrecht – es ist heute schon Lieferung und den Einbau der Sache erlangt. Das ist im angeklungen – noch nicht tauglich ist für die speziellen Einzelfall bisweilen schwierig zu beurteilen, weil natür- Anforderungen im Baubereich. Das liegt vor allem an lich gerade der Verbindungs- oder Einbauvorgang eine vier Komponenten. ganz andere Wertentwicklung mit sich bringen kann. Deswegen, glaube ich, ist die vorgeschlagene Neurege- Erstens ist es so, dass die Werkerbringung im Baube- lung ein guter Schritt. Jetzt soll sich die Abschlagszah- UHLFKRIWPDOVEHUHLQHQOlQJHUHQ=HLWUDXPVWDWW¿QGHW lung an dem Wert der erbrachten Leistung orientieren. Zweitens ist die Erbringung oftmals gegliedert in eine Das ist im Einzelfall zweifelsfrei festzustellen; denn es Vielzahl von Abschnitten. ergibt sich letztendlich aus dem Leistungsverzeichnis. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17483

Alexander Hoffmann (A) Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister, Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (C) wir sollten eine Stelle der Neuregelung unbedingt hin- terfragen und uns überlegen, ob wir sie so beibehalten (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- wollen. In der Neufassung ist die frühere Regelung ge- ordneten der SPD) strichen, dass die Verweigerung einer Abschlagszahlung wegen unwesentlicher Mängel nicht möglich sein soll. 3UlVLGHQW'U1RUEHUW/DPPHUW Das war in der Vergangenheit eine ganz wichtige Klar- Sabine Poschmann ist die nächste Rednerin für die stellung. Ich bekomme aus meinem Wahlkreis und gera- SPD-Fraktion. de auch aus der Handwerkerschaft in Bayern sehr viele Rückmeldungen. Dort besteht die große Angst, dass man, (Beifall bei der SPD) wenn man diese Klarstellung streicht, dem Missbrauch Tür und Tor öffnet, dass dann nämlich wegen unwesent- 6DELQH3RVFKPDQQ (SPD): licher Mängel Abschlagszahlungen verweigert werden. Das sollten wir dringend überdenken. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Als Mittelstandsbeauftragte Das zweite Thema, auf das ich im Bereich des Werk- der SPD-Bundestagfraktion begrüße ich den Gesetzent- vertragsrechts noch eingehen will, ist die Abnahme, ge- wurf ausdrücklich. Auf vielen Veranstaltungen, die ich regelt in § 640 BGB. Bisher ist es so, dass die Fälligkeit besuchte, wurde gerade der Punkt „Wer übernimmt die der Werklohnforderung dann hinausgeschoben wurde, Folgekosten bei Produktmängeln?“ als Problem darge- wenn der Auftraggeber fristgerecht die Verweigerung der stellt. Aus meiner Aussage auf den Veranstaltungen „Wir Abnahme erklärt hat. Dafür brauchte er in der Vergan- arbeiten daran“ ist heute ein „Wir haben fertig“ gewor- JHQKHLWDEHUNHLQH*UQGHDQ]XJHEHQ'HVZHJHQ¿QGH den. So ganz fertig sind wir jedoch meiner Meinung nach ich es im Interesse der Handwerkerschaft sehr gut, dass nicht. Denn wenn wir tatsächlich dafür sorgen wollen, die Neuregelung fordert, dass die Verweigerung auch die dass zum Beispiel der Handwerker nicht mehr auf den Benennung der Gründe beinhalten muss. Damit können Folgekosten für den Ein- und Ausbau fehlerhafter Pro- wir letztendlich, ich sage jetzt mal, bestimmte Winkel- dukte sitzen bleibt, dürfen wir keine abweichenden Re- züge, bestimmte Missbräuche, die nur dazu dienen, am gelungen zulassen. Schluss die Fälligkeit der Werklohnforderung hinauszu- zögern, verhindern. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Karin Binder Noch eine Ergänzung: Wenn die Verweigerung der [DIE LINKE]) Abnahme mit der Benennung der Mängel formuliert LVWGDQQ±GDVKDOWHLFKIUVHKUJHOXQJHQ±¿QGHWHLQ Unternehmen untereinander haben bisher die Mög- (B) (D) ich sage jetzt mal, Wechselspiel statt. Der Handwerker lichkeit, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat nämlich dann einen Anspruch auf Zustandsfeststel- abweichende Regelungen zu treffen. Für sie gilt das so- lung. Ich glaube, das ist für die Praxis ein ganz wichtiger genannte Klauselverbot nicht. Die Marktmacht größerer Punkt. Es wird der Zustand, der Status quo, draußen auf Unternehmen birgt damit die Gefahr, dass diese sich ihrer der Baustelle festgestellt. Das schafft letztendlich Klar- Verantwortung entziehen und der Kleine auf den Kosten heit für den Fall, dass später die Diskussion aufkommt: sitzen bleibt. Wer trägt die Verantwortung für später entdeckte Män- gel? Ich glaube, das ist ein weiteres wirklich praxistaug- Wenn zum Beispiel ein Handwerker Parkett verlegen liches Instrument. soll, muss er Dämmmaterial und Parkett kaufen; klar. Dabei wird er den Geschäftsbedingungen des Händlers Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich am zustimmen. Stellt der Kunde später fest, dass die unter Ende zusammenfassen: Ich glaube, wir haben mit diesem dem Parkett verlegte Dämmung keinerlei Wirkung zeigt, Entwurf eine gute Arbeitsgrundlage. Er bringt vor allem wird er Nachbesserung verlangen. Das zu ersetzende für die Handwerkerschaft viele Pluspunkte. Es gibt den Material ist relativ günstig; der zeitliche Aufwand, das 5FNJULIIVDQVSUXFK(VJLEWGLH%HJUQGXQJVSÀLFKWEHL Ganze wieder herauszureißen, ist relativ hoch. Deshalb der Abnahmeverweigerung. Es gibt den Anspruch auf ist es richtig, dass der Handwerker eine Erstattung des Zustandsfeststellung. Es gibt darüber hinaus noch die Materials und der Ein- und Ausbaukosten vom Händler Sicherungshypothek und die Bauhandwerkersicherung. verlangen kann. Daneben bekommt aber auch der Kunde als Verbraucher viele Schutzkomponenten neu eingeräumt. Zu nennen ist Hat der Händler in seinen Allgemeinen Geschäftsbe- GLHXPIDVVHQGH,QIRUPDWLRQVSÀLFKWLQGHU%DXEHVFKUHL- dingungen eine Erstattung der Kosten für den Ein- und bung. Es gibt das Widerrufsrecht; das ist schon angeklun- Ausbau ausgeschlossen, bleibt dem Handwerker im bes- gen. Und es gibt den Mindestinhalt beim Bauvertrag. Als ten Fall eine Kulanzregelung oder der Klageweg. Aber, Mindestinhalt müssen zukünftig der Zeitplan und der meine Damen und Herren: Kann sich der Handwerker in Fertigstellungstermin aufgenommen werden. Ich glau- diesem Fall gegenüber dem Händler durchsetzen? be, auch das ist eine praxistaugliche Ergänzung, die am Bleiben wir beim Beispiel Parkettverleger. Ein durch- Schluss den Verbraucherinnen und Verbrauchern in un- schnittlicher Betrieb erwirtschaftet einen Jahresumsatz serem Land hilft. von rund 250 000 Euro. Der Marktführer unter den Bau- Alles in allem, meine Damen, meine Herren, ein guter märkten machte 2015 in Deutschland rund 3,9 Milliar- Anfang! Bringen wir es im vor uns liegenden parlamen- den Euro Umsatz. Die Verteilung der Kräfte zwischen tarischen Verfahren gut voran und gut zu Ende! den Vertragspartnern könnte folglich nicht größer sein. 17484 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016

Sabine Poschmann (A) Wir haben jetzt die Gelegenheit, mit einer AGB-festen den Fachgremien miteinander auf einige Prinzipien, auf (C) Regelung Rechtssicherheit zu schaffen. In diesem Punkt die ich im Folgenden eingehe, verständigen sollten. Die würden wir auch die Position des Bundesrates stützen. Vertragsfreiheit ist in unserer Gesetzgebung ein wichti- Ich lade Sie ein, gemeinsam an einer Formulierung zu ges Gut. Wir sollten also nur das regeln, was notwendig arbeiten, sodass wir im weiteren Verfahren noch zu ent- ist, und nichts überzogen regeln. Vielmehr sollten wir, sprechenden Änderungen kommen. soweit es geht, die Möglichkeit geben, dass Partner ihren Vertrag frei miteinander regeln können. Aber es gibt na- Herzlichen Dank. türlich Dinge, die wir regeln müssen. Wir müssen dafür (Beifall bei der SPD) sorgen, dass wir gleiches Recht für alle gelten lassen. Das gilt für den Auftraggeber, also für den Bauherrn, genauso 3UlVLGHQW'U1RUEHUW/DPPHUW wie für das Bauunternehmen, das in den allermeisten Fäl- len sorgfältig und termingerecht den Bau ausführt. Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Volkmar Vogel für die CDU/CSU-Fraktion. Wir sollten darauf achten, dass wir den Grundsatz des (Beifall bei der CDU/CSU) Verbindenden zwischen den beiden Vertragspartnern he- rausstellen und nicht zwingend das Trennende. Genauso gehört dazu, möglichst dafür Sorge zu tragen, dass die 9RONPDU9RJHO (Kleinsaara) (CDU/CSU): Einigung der Vertragspartner ohne Rechtsstreit und ohne Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! andere Auseinandersetzungen im Mittelpunkt stehen Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Baupo- muss. litiker, der die Debatte eben sehr intensiv verfolgt hat, kann ich sagen: Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Risiken bestehen auf beiden Seiten: Einerseits steht Die Feinjustierung, die noch notwendig ist, werden wir vielleicht die Existenz des Verbrauchers, des Auftragge- hinbekommen. Wir sprechen ja über die Änderung der bers auf dem Spiel, wenn man unfair miteinander um- kaufrechtlichen Mängelhaftung und die Reform des Bau- geht. Andererseits muss man vor allen Dingen auch die vertragsrechts. Das sind zwei wesentliche Punkte, die vielen kleinen Handwerker, die kleinen Bauunternehmen zum einen mit dem Verbraucherschutz und zum anderen sehen und nicht zuletzt auch die Mitarbeiter, die 2, 3, 5, natürlich auch mit der Rechtssicherheit in der Bauwirt- 10 oder 20 Mitarbeiter eines Bauunternehmens, deren schaft zu tun haben. Existenz, wenn es zu unbilligen Härten kommt, unter Umständen auch auf dem Spiel stehen kann. Deswegen Lassen Sie mich als Baupolitiker sagen: Die Bauwirt- sind die Verbesserungen bei den Ein- und Ausbaukosten schaft ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige, den für die Handwerker und für die kleinen Bauunternehmen wir in unserem Land haben. Die Bauwirtschaft ist die so wichtig und existenziell. (B) Konjunkturlokomotive in unserem Land oder – wenn (D) wir hier die falschen Entscheidungen treffen – eben auch Meine Bitte an uns alle, so, wie wir hier zusammen nicht. Die Diskussionen über die Mietpreisbremse und sind, ist, dass wir dieses Gesetzesvorhaben, das jetzt in die Modernisierungsumlage, die wir geführt haben, sind die Ausschüsse geht, nicht verzögern, sondern es zügig sicherlich wichtig und richtig. Aber diese Instrumen- zum Abschluss bringen. Das hilft den Unternehmen. te dienen nur dazu, die Symptome, die wir spüren, zu Es ist richtig und gut, dass wir mit den Änderungen im mildern. Am Ende ist es wichtig, dass wir bauen, bauen, Bereich der Ein- und Ausbaukosten die Geschäftsbezie- bauen und dafür Sorge tragen, dass sich der Markt ent- hung – ich sage jetzt nicht Business, denn wir sind ja hier spannt und auf ihm tatsächlich auch alle Akteure arbeiten im Deutschen Bundestag – zwischen dem gewerblichen können. Bereich und den Endkunden, aber auch zwischen den Gewerblichen untereinander geregelt haben, und zwar (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. innerhalb der gesamten Lieferkette bis hin zu den Ver- Dr. Johannes Fechner [SPD]) ursachern. Natürlich gehören zum Bauen Auftraggeber. Sie müs- Natürlich ist es so – auch wenn ich sage, dass wir das sen wir besonders schützen. Verbraucherschutz hat für nicht in die Länge ziehen, sondern zügig zum Abschluss uns oberste Priorität. Gerade im Baubereich, in dem es bringen sollten –, dass wir sicherlich noch Feinjustie- um langfristige Investitionsentscheidungen geht, viel rungs- und Diskussionsbedarf im Bereich des Bauver- Geld in die Hand genommen wird und die Bauherren, tragsrechts haben. Es ist erst einmal richtig, dass wir dort gerade Familien, ein hohes Risiko eingehen, kommt es Regelungen treffen. Denn – einer meiner Vorredner hat darauf an, sie zu schützen und ihnen dabei zu helfen, die- es gesagt – wir haben zwar das Werkvertragsrecht, aber ses Risiko zu minimieren. das ist ja eher terminlich, punktuell ausgelegt, wohinge- Oft ist es so, dass Familien an Mehrkosten verzwei- gen das Bauvertragsrecht den gesamten Zeitablauf, der feln oder der Bauträger bzw. das Bauunternehmen in die im Baubereich ja nun einmal über einen längeren Zeit- Insolvenz geht. In solchen Fällen benötigen sie unsere raum geht, besser abbildet. Daher ist es sinnvoll, die Re- Hilfe. Deswegen ist es auch richtig, dass wir diese beiden gelungen dort zu treffen. Vorhaben – die Änderung der kaufrechtlichen Mängel- Aus meiner Sicht ist weitgehend unstrittig – natürlich haftung und die Reform des Bauvertragsrechts – mitei- kam dazu Kritik aus der Bauindustrie –, dass wir Festle- nander verknüpft haben. gungen zu Mindestanforderungen treffen müssen, auch Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir uns in der zu terminlichen. Ich glaube, das hilft allen und am Ende jetzt anstehenden Debatte und in den Diskussionen in auch dem Bauunternehmer, weil mehr Rechtssicherheit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Juni 2016 17485

Volkmar Vogel (Kleinsaara) (A) gegeben ist. Dies bildet die Grundlage, auf der man sich Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, (C) fair untereinander einigen kann, ohne dass es zu Ausein- SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN andersetzungen kommt. Deutsch-indische Bildungs- und Wissen- (Beifall des Abg. Christian Kühn [Tübingen] schaftskooperation ausbauen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Drucksache 18/8708 Ich bin auch der Meinung, dass es ein Anordnungs- Überweisungsvorschlag: recht geben muss. Das ist ganz unstrittig. Wer das Risiko Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät- auf sich nimmt und eine Investition tätigt, muss auch die zung (f) Möglichkeit haben, Änderungen durchzusetzen. Aber es Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Energie muss auf der anderen Seite – das meine ich mit fairem Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausgleich – für denjenigen, der es umsetzen muss, ver- Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- hältnismäßig bleiben. Das heißt, er muss tatsächlich auch lung die Befähigung haben. Er muss die notwendige Technik Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien dafür haben. Er muss vielleicht auch das Personal dafür Haushaltsausschuss haben. Es muss auch in seinen sonstigen Bauablauf hi- neinpassen. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass All denen, die sich jetzt auf dem Umweg über das man an der Stelle genau hinschaut, sodass eine sinnvolle Büro auf den Weg ins Wochenende begeben, wünsche Regelung für beide Seiten herauskommt. Wir reden in ich ein sonniges und gemütliches Wochenende. der Baukostensenkungskommission natürlich auch über GLH6HQNXQJGHU%DXNRVWHQ(LQJUR‰HU7HLOVLQG9RU¿- Nachdem diejenigen, die an der Debatte zu diesem Ta- nanzierungskosten, die letztendlich der Bauunternehmer gesordnungspunkt teilnehmen wollen, die wenigen noch tragen muss. Das kann man nicht überziehen. Da muss es freien Plätze eingenommen haben, eröffne ich nun die einen fairen Ausgleich untereinander geben. Aussprache, für die nach einer interfraktionellen Verein- barung 38 Minuten vorgesehen sind. – Einwände höre (Beifall bei der CDU/CSU) ich keine. Also können wir so verfahren. Was ich noch ein bisschen kritisch sehe, gerade wenn Ich erteile das Wort dem Kollegen Stefan Kaufmann es um das Anordnungsrecht geht – ich glaube, Kollege für die CDU/CSU-Fraktion. Hoffmann hat es schon angesprochen –, ist, dass trotz al- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ledem Abschlagszahlungen in sinnvoller Art und Weise ordneten der SPD) möglich sein müssen; die vorher vereinbarte Möglichkeit (B) der Abschlagszahlung darf nicht über die einseitige An- (D) ordnungserlaubnis ausgehebelt werden. Hier muss also 'U6WHIDQ.DXIPDQQ (CDU/CSU): auch eine Regelung her, die für beide Seiten vernünftig Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! und vertretbar ist. Meine Damen und Herren! Aus aktuellem Anlass darf ich als Obmann zunächst dem Sprecher der CDU/CSU-Frak- Lassen Sie mich ganz zum Schluss noch eines sagen: tion für Bildung und Forschung ganz herzlich zum heuti- Wir haben auf der einen Seite marktstarke Auftragneh- gen Geburtstag gratulieren. Lieber Albert, ich denke, das mer, also Bauunternehmen, die das vielleicht ausnutzen tue ich auch im Namen des ganzen Hauses. wollen, auf der anderen Seite haben wir unter Umständen aber auch sehr marktstarke Auftraggeber, die das natür- (Beifall) lich auch in ihrem Sinne ausnutzen wollen. Deswegen ist Indien ist ein Land der Extreme, aber auch extrem es unsere Aufgabe als Gesetzgeber, hier dafür zu sorgen, spannend. Auf der einen Seite ist es ein Hightechland auf dass es sowohl für die Verbraucher, den Endkunden, als Weltniveau mit erfolgreichen Raketensystemen, einer DXFKIUGLHYLHOHQVHUL|VHQÀHL‰LJHQ%DXXQWHUQHKPHQ eigenen Raumfahrtagentur und rund 700 000 ITlern in die jeden Tag in Deutschland tätig sind und für uns arbei- HLQHU6WDGWZLH%DQJDORUHDXIGHUDQGHUHQ6HLWH¿QGHQ ten, fair und gerecht zugeht. sich dort Armut – 30 Prozent der Menschen in Indien le- Danke schön. ben von weniger als 1,25 Dollar pro Tag –, Schmutz und heilige Kühe auf den Straßen. Dritte Welt! Es ist also ein (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Land der zwei Geschwindigkeiten. Das ist meine Kurz- ordneten der SPD) beschreibung unserer sehr harmonischen Delegationsrei- se nach Indien im letzten Jahr, die unserem Antrag heute ja auch zugrunde liegt. 3UlVLGHQW'U1RUEHUW/DPPHUW Ich schließe die Aussprache. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und Erkenntnisse!) Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent- wurfs auf der Drucksache 18/8486 an die in der Tages- Wie viel Potenzial in diesem Land steckt, kann man ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt sehr gut an einer Zahl ablesen: Weniger als 5 Prozent aller es dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann Personen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, haben wir die Überweisung so beschlossen. YHUIJHQ QDFK 5HJLHUXQJVDQJDEHQ EHU HLQH EHUXÀLFKH 4XDOL¿NDWLRQ)UGLHMlKUOLFKUXQG0LOOLRQHQMXQJHQ Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 30: Menschen, die neu auf den Arbeitsmarkt kommen, gibt