Zeitschrift Für Kunstgeschichte Journal of Art History Revue D’Histoire De L’Art Rivista Di Storia Dell’Arte
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Zeitschrift für Kunstgeschichte Journal of Art History Revue d’histoire de l’art Rivista di Storia dell’Arte 1.2020 Jahrgang 83 Zeitschrift INHALT für Kunstgeschichte Heft 1, 2020 (83. Jahrgang) 1 ABSTRACTS Begründet von Wilhelm Waetzoldt und Ernst Gall, fortgeführt von Margarete Kühn, Georg Kauffmann, Reiner Haussherr, Andreas Beyer, Alexander Markschies, Andreas Tönnesmann und Jeffrey F. Hamburger, bis Ende 2019 3 EDITORIAL herausgegeben von Beate Fricke, Ursula Frohne, Johannes Grave und Michael F. Zimmermann. 7 AUFSÄTZE Redakteur: Gerrit Walczak 7 Angelo Lo Conte: Carlo Antonio and the bottega Anschrift: Procaccini PD Dr. Gerrit Walczak Redaktion der Zeitschrift für Kunstgeschichte 33 Caroline Fowler: Translating images from India to Technische Universität Berlin Amsterdam in the eighteenth century Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik, Sekr. A 56 49 Tobias Kämpf: Leitbild Lebensreform. Harry Graf Straße des 17. Juni 150/152 Kessler und Karl Ernst Osthaus als Museumsgründer D-10623 Berlin E-Mail: [email protected] 91 Susanne König: Fritz Eisels Mosaik Der Mensch bezwingt den Kosmos am Rechenzentrum in Potsdam. Eine kunsthistorische Kontextualisierung von Ort, Werk und Rezeption 117 BUCHBESPRECHUNGEN 117 Ausgekämmt: Julia Saviello, Verlockungen. Haare in der Kunst der frühen Neuzeit (Zephir, Bd. 7) Rezensiert von Ann-Sophie Lehmann 122 Joris Hoefnagel and the Kunstkammer: Thea Vignau- Wilberg, Joris and Jacob Hoef nagel. Art and Science ISSN 0044 - 2992 around 1600 Reviewed by Marisa Anne Bass Jeder Jahrgang erscheint in vier Heften. Preis des Jahrgangs € 98,–. Preis des 135 Adressen der Autorinnen und Autoren Einzelheftes € 30,– + Porto. Abbestellungen nur zum Ende eines Jahrgangs möglich. Bestellungen an den Verlag; Rezensionsexemplare an die Redaktion. Bei Zusendung von Rezensionsexemplaren bitten wir um die Anbringung des Vermerks: »Rezensionsexemplar zu wissenschaftlichen Zwecken / ZOLL- FREI«. Bei unverlangt eingesandten Rezensionsexemplaren gilt der Vorbehalt, dass eine Rezension im Ermessen der Redaktion steht. Eine Garantie, auch für die Rücksendung, wird nicht übernommen. Annual subscription rate € 98,–, payable on receipt of the first issue; subscrip- tion cancellation only possible at the end of the year. Price per single issue € 30,– + postage. Zeitschrift für Kunstgeschichte is indexed, amongst others, in IBA (Internation- al Bibliography of Art, formerly BHA), Arts and Humanities Citation Index and Current Contents/Arts & Humanities (Thomson Reuters Web of Science), SCOPUS, Cambridge Scientific Abstracts (Proquest), Periodicals Index On- line, Art Index, Art Abstracts, as well as in the European Reference Index for the Humanities (ERIH, category A). Druck: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe (Saale) Anzeigenverantwortliche: Nicole Schwarz, Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin/München, Paul-Lincke-Ufer 34, 10999 Berlin, Tel.: +49(0)30/27 90 76-51, E-Mail: [email protected] DEUTSCHER KUNSTVERLAG GmbH Berlin München www.deutscherkunstverlag.de Paul-Lincke-Ufer 34 Tel.: +49(0)30/27 90 76-0 D-10999 Berlin [email protected] Susanne König Fritz Eisels Mosaik Der Mensch bezwingt den Kosmos am Rechenzentrum in Potsdam. Eine kunsthistorische Kontextualisierung von Ort, Werk und Rezeption In Potsdam hat sich die Öffentlichkeit gespalten Beispiel für die baugebundene Kunst der DDR in diejenigen, die den Erhalt des Rechenzen- in einer Zeit technizistischer Utopien. Der 18-tei- trums mit dem Mosaikfries Der Mensch be- lige Fries aus etwa 3 × 3 m großen Platten, der in zwingt den Kosmos (Abb. 1) des DDR-Künstlers seinem kunsthistorischen Kontext und in Bezug Fritz Eisel befürworten, und diejenigen, die auf die schwierigen historischen Gegebenheiten die Rekonstruktion der barocken Garnison- des Ortes untersucht wird, ist nicht nur unge- kirche anstreben. Die Errichtung des Turms wöhnlich groß, sondern er ist auch ein Sinnbild ist schon in vollem Gange und soll 2022 abge- der ›wissenschaftlich-technischen Revolution‹ schlossen sein. Für den Wiederaufbau des und damit der ideologischen Vereinnahmung Kirchenschiffs müsste das 1972 fertiggestellte von Technik und Wissenschaft im ostdeutschen Rechenzentrum abgerissen und für das seit 1991 Sozialismus. unter Denkmalschutz stehende Mosaik von Eisel ein neuer Standort gefunden werden. In der öffentlich geführten Auseinandersetzung I. Aus einer Kirche wird ein kollidieren jedoch nicht nur unterschiedliche Rechenzentrum kunsthistorische Interessen, denn das Areal um das Rechenzentrum ist zu einem Politikum Ein kurzer Blick in die Geschichte verrät die geworden: Rechtsextreme Vereinigungen wollen Brisanz des Ortes: Friedrich Wilhelm I. ließ die hier einen Erinnerungsort preußisch-nationaler Garnisonkirche von 1732 bis 1735 vom Archi- oder nationalsozialistischer Vergangenheit er- tekten Philipp Gerlach für seinen Hofstaat und stehen lassen, während sich die evangelische seine Garnison errichten.1 Im späten 18. Jahr- Kirche einen Ort der Versöhnung und der Er- hundert wurde der Barockbau als Grablege des innerung an die Gräueltaten der Nationalsozia- preußischen Königs und seines Sohnes Friedrich listen wünscht; weniger politisch, wenngleich des Großen genutzt. Im darauffolgenden Jahr- nicht weniger offensiv setzen sich die Vertreter hundert beherbergte die Kirche Beutefahnen des städtischen Tourismusmarketings für die und Siegestrophäen aus den Befreiungs- und Rekonstruktion eines friderizianischen Pots- Reichseinigungskriegen und entwickelte sich zu dams ein, zu dessen Gunsten erst kürzlich das einem nationalen Erinnerungsort. Im 20. Jahr- ehemalige Institut für Lehrerbildung (heute FH hundert schließlich erlangte sie besondere Gel- Potsdam) abgerissen wurde. Relevant für solche tung, als hier am 21. März 1933, dem sogenannten Entscheidungen ist sowohl die gegenwärtige Tag von Potsdam, der Reichspräsident Paul von Situation als auch die mit der Garnisonkirche Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf wie mit dem Rechenzentrum verbundene Ge- Hitler die Hand reichte und so sinnbildlich das schichte. Im Fokus dieses Beitrags steht deshalb Bündnis zwischen der alten Ordnung und dem das Mosaik Der Mensch bezwingt den Kosmos Nationalsozialismus besiegelte.2 Nach ihrer Zer- von Fritz Eisel, ein geradezu paradigmatisches störung im Zweiten Weltkrieg wurde die Gar- https://doi.org/10.1515/ZKG-2020-1004 91 nisonkirche dann im Jahr 1968 gesprengt und an In Potsdam zeitigte der zunächst eingeschlagene ihrem Platz das Rechenzentrum errichtet. neue Kurs eine kurze Phase des Wiederaufbaus Der Standort der beiden Gebäude ist auch in der stark zerstörten Innenstadt.4 Doch mit dem stadtplanerischer Hinsicht historisch von Be- V. Parteitag der SED vom 10. bis zum 16. Juli 1958 lang gewesen. So war die Breite Straße, die zu endete dieser Kurs. Angestrebt wurden fortan DDR-Zeiten in eine repräsentative sozialistische die »Schaffung des neuen Menschen«, festgehal- Magistrale umgebaut wurde, bereits seit 1683 die ten in den »10 Geboten für den sozialistischen Verbindungsstraße zwischen dem Stadtzentrum Menschen«, sowie der »Sieg des Sozialismus«, und dem westlichen Teil der Stadt beziehungs- der durch die Umsetzung eines Siebenjahrespla- weise zwischen dem Stadtschloss und dem nes nach sowjetischem Vorbild erreicht werden Schlosspark. Hier entstand im späten 17. und sollte. Diese Vorstellungen wurden von einer im 18. Jahrhundert neben der Garnisonkirche Wende in der Baupolitik begleitet. Während Sta- (1735) eine Reihe von repräsentativen Gebäuden lins Nachfolger Chruschtschow in der Sowjet- wie der Marstall (1685, heute Filmmuseum), union eine solche Wende bereits 1954 eingeleitet der Lange Stall (1734), das Neustädter Tor (1722 hatte, wurde sie in der DDR vor allem im Vor- und 1752), das Große Militärwaisenhaus (1778) feld und während des 33. Plenums des Zentral- und die Hiller-Brandtschen Häuser (1769). Im komitees der SED vom 16. bis zum 19. Oktober 19. Jahrhundert wurde dieses Panorama mit dem 1957 ausgearbeitet. Der Generalsekretär Walter in Gestalt einer Moschee konzipierten Dampf- Ulbricht strebte durch Wohnkomplexe in indus- maschinenhaus für Sanssouci (1843) ergänzt. trieller Bauweise den Anschluss an den indus- Die in der Nachkriegszeit und zu DDR-Zeiten trialisierten Wohnungsbau Nord- und West- durchgeführten städtebaulichen Veränderungen europas an. Die neuen Baupläne bedingten eine der Breiten Straße, die später in Wilhelm-Külz- Abrisswelle, die ihren Höhepunkt in der finalen Straße umbenannt wurde,3 lassen sich in die Zerstörung der Ruine des Potsdamer Stadt- umfangreiche Baupolitik der DDR einordnen. schlosses (1959/60) fand, das auf Transparenten 92 Zeitschrift für Kunstgeschichte 83. Band / 2020 1 Fritz Eisel, Der Mensch bezwingt den Kosmos, 1969 –1972, Mosaikfries aus 18 Platten, Platte 1 und 18 je 2,76 × 3,23 × 0,08 m, Platte 2 bis 17 je 3,00 × 3,30 × 0,08 m. Potsdam, Rechenzentrum an der Fassade als »Brutstätte des Feudalismus« wenig war die schicksalhafte Aufladung des -Or bezeichnet wurde. Auf der Fläche des zerstörten tes durch das preußisch-nationalsozialistische historischen Stadtkerns sollte ein Zentrum der Bündnis ursächlich für den Abriss, wie in der Kultur und Bildung mit einer Bibliothek, einem Literatur immer wieder kolportiert wird.8 Bildungszentrum (Institut für Lehrerbildung) Ganz im Gegenteil gab es, wie der Historiker und einer Kombination aus Stadthalle und Thea- Martin Sabrow überzeugend darlegt, für die ter entstehen.5 Garnisonkirche ein umfangreiches Sanierungs- Als am 22. Juni 1967 Ulbricht Potsdam be- konzept,