Historische Sozialkunde Geschichte – Fachdidaktik – Politische Bildung 3/2008

Die Kelten Angenommene Ahnen?

Verein für Geschichte und Sozialkunde 38. Jg./Nr. 3 Juli–September 2008 AU ISSN 004-1618 Historische Sozialkunde. Geschichte – Fachdidaktik – Politische Bildung. Zeitschrift für Lehrerfortbildung. Inhaber, Herausgeber, Re- daktion: Verein für Geschichte und Sozialkunde (VGS) in Kooperation mit dem Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Dr. Karl Lueger Ring 1, 1010 Wien.

Chefredaktion: Ilja Steffelbauer (Wien)

Fachdidaktik: Zentrale Arbeitsstelle für Geschichtsdidaktik und Politische Bildung, FB Geschichte/ Universität Salzburg, Rudolfskai 42, 5020 Salzburg ([email protected])

Preise Jahresabonnement o 16,– (Studenten o 12,–), Einzelheft o 5,–, Sondernummer o 7,– zuzügl. Porto. Bankverbindungen: Bank-Austria Kto. Nr. 601 718 703, Bankleitzahl 20151 Wien; Deutschland: Hypo Bank München Bankleitzahl 70020001; Kto. 6060714949

Herausgeber (Bestelladresse): Verein für Geschichte und Sozialkunde, c/o Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien, Dr. Karl Lueger- Ring 1, A-1010 Wien Tel.: +43-1-4277/41330 (41301), Fax: +43-1-4277/9413 Aboverwaltung: +43-1-4277/41305 (Marianne Oppel) E-mail: [email protected] http://vgs/univie.ac.at

Trotz intensiver Bemühungen konnten nicht alle Inhaber von Text- und Bildrechten ausfindig gemacht werden. Für entsprechende Hinweise ist der Verein für Geschichte und Sozialkunde dankbar. Sollten Urheberrechte verletzt worden sein, werden wir diese nach Anmeldung berechtigter Ansprüche abgelten.

Titelbild: Coverentwurf: Ilja Steffelbauer Collage, ‚Blauer Pikte vor irisch-grünem Tartan‘, die Figur entstammt einem Gemälde von John White (ca. 1540–1606). Er malte neben seinen ‚Pikten‘ (=Kelten) in exakt derselben klassischen Pose auch zahlreiche Bilder amerikanischer Ureinwohner. Die optische wie die ideelle Ähnlichkeit zwischen diesen ‚Edlen Wilden‘ war dabei klar beabsichtigt. Der Tartan, Irland und die Farbe Grün sind heute ebenso irrige Chiffres für „keltisch“ wie es seinerzeit die legendenhafte blaue Körperbemalung war.

Heftredaktion: Regina Kaufmann Layout/Satz: Marianne Oppel

AutorInnen: PD Mag. Dr. Raimund Karl, FSA FSAscot Mifa, ist Senior Lecturer an der Bangor University, Wales, und gegenwärtig Vorstand der School of History, Welsh History and Archaeology.

Regina Kaufmann, Keltologin, Wien.

Mag. Theresa-Susanna Illés, Institut für Anglistik und Amerikanistik, Universität Wien.

Jutta Leskovar, Archäologin, Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz.

Gerit Schwenzer, Keltologin, Wien.

Kerstin Kowarik, Archäologin und Kulturvermittlerin, Linz.

Petra Schnöll, (Dipl.-Päd.) absolvierte das Diplomstudium für das Lehramt an Hauptschulen mit den Studienfächern Englisch, Geschichte und Sozialkunde und Interkulturelles Lernen an der PH Salzburg. Derzeit unterrichtet sie an der HS Kuchl.

Elfriede Windischbauer, Didaktikerin in den Bereichen Geschichte und Interkulturelles Lernen an der Pädagogischen Hochschule in Salzburg. Sie leitet an der PH das Institut für Didaktik und Unterrichtsentwicklung (Schwerpunkt Politische Bildung). Aktuelle Arbeitsschwerpunkte: Offene Lernformen, Geschlechtergeschichte, Politische Bildung.

Die wissenschaftliche Redaktion der „Historischen Sozialkunde“ wird auch im Jahr 2008 durch eine Förderung der Magistrats- abteilung 7, Gruppe Wissenschaft, unterstützt.

Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, Plus.Zeitung 06Z036815P Inhaltsverzeichnis

Raimund Karl 2 Die Kelten – eine Begriffsbestimmung Der Keltenbegriff in der Antike – Der Keltenbegriff im Mittelalter – Der Keltenbegriff in der Neu- zeit – Der populäre Keltenbegriff in Neuzeit und Gegenwart – Der wissenschaftliche Keltenbegriff in der Gegenwart – Zusammenfassung

Regina Kaufmann 8 Die antiken Kelten Eine Ortsbestimmung – Ursprung des modernen Keltenbegriffes – Antike Verortungen – Chronologische Einordnung – Eisenzeitkultur

Theresa-Susanna Illés 16 Die keltischen Sprachen Einführung – Gemeinsamkeiten und Verwandtschaft – Kontinentalkeltisch – Inselkeltisch – Beispiele – Ausblick

Jutta Leskovar 22 Die Hallstattzeit und Mitterkirchen Fundort Mitterkirchen

Gerit Schwenzer 26 Die Kelten in Österreich – Noricum Was ist Noricum? Die Entstehung Noricums und seine Entwicklung im 2. Jahrhundert v. Chr. – Unruhige Zeiten – Das erste vorchristliche Jahrhundert bis 16 v. Chr. – Die Zeit der Annexion: 15 v. Chr. bis 41 n. Chr. – Noricum, eine Bestandsaufnahme

Regina Kaufmann 30 ‚Beim Teutates!‘ – Die keltische Götterwelt Interpretatio Romana – Quellen – Welche Funktion hatten die Götter? – Keltische Göttervorstellun- gen – Wo wirkten Gott oder Göttin? – Was lässt sich schlussendlich zur keltischen Religion sagen?

Kerstin Kowarik 35 Zur Rezeptionsgeschichte der Druiden Druiden - eine Standortbestimmung – Elemente alternativer Druidenbilder – Eine lange Rezeptions- geschichte – Die Entdeckung der Druiden – Die Druiden der Romantik – Blutige Druiden – Druiden und Stonehenge – Moderne Druiden – Faszination Druiden – Antike Quellen zu den Druiden

Fachdidaktik 41 Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen Am Beispiel der „Kelten“

Weiteres Material zu diesem Thema finden Sie auf unserer Homepage: http://vgs.univie.ac.at Raimund Karl achter nordwestlich ihres eigenen Siedlungsgebiets lag oder mit denen sie dort in Berührung kamen. Die Kelten – eine Begriffsbestimmung Diese verschiedenen Begriffe für jene Gruppen, die wir heute gerne unter dem Begriff ‚Kelten‘ zusammenfassen, wurden in der Antike teilweise als ‚Volksbegriffe‘ verstanden. So schreibt zum Bei- spiel Strabo (Geogr. 2.5.28): „Viele Völker (éthne) bewohnen diese Ber- Wenn Sie den Begriff ‚die Kelten‘ vorzuheben, um mit den populären ge (die Alpen, Anm. RK), alle davon auf dem Cover dieses Heftes lesen, Missverständnissen aufzuräumen. Kelten, ausgenommen die Ligurer, glauben Sie aller Wahrscheinlich- Die moderne Keltenforschung ist aber obgleich diese zu einem ande- keit nach, dass es sich dabei um den sich aber in jedem Fall einig, dass die ren Volk (hetero-ethneîs) gehören, Namen eines der ursprünglichen populäre Bedeutung des Keltenbe- gleichen sie in ihrer Lebensart den Völker Europas handelt. So haben griffs wenigstens missverständlich, Kelten“. Gleichzeitig stehen aber Sie es vermutlich in der Schule ideologisch vorbelastet und in na- meistens neben den allgemeinen gelernt oder in den Medien und hezu jeder Hinsicht vollkommen an Begriffen für das, was wir heute üb- populären Büchern gelesen. Selbst der antiken und modernen Realität licherweise als ‚Kelten‘ bezeichnen, in populärer Fachliteratur wird vorbeigeht, also eben falsch ist. auch konkretere Begriffe für ver- der Begriff immer noch gerne so Was also soll der Terminus „Kel- schiedene keltische Völker, wie z.B. verwendet, so zum Beispiel von ten“ bedeuten? Seine Komplexität Arverner, Haeduer, Noriker, Boier Rupert Gebhard (1993, 2) in seiner macht die Beantwortung der Frage etc. Selbst diese Gruppen setzen sich Einleitung zum Ausstellungskatalog nicht einfach. wiederum teilweise aus kleineren einer Großausstellung in Rosen- Beginnen wir auf der Ebene des Gruppen zusammen, so z. B. sind heim: „Die Kelten, von den Griechen kleinsten gemeinsamen Nenners. die Ambisontes und die Ambidravi auch Galater, von den Römern Allen Definitionen des Keltenbegriffs Untergruppen der Noriker. Gallier genannt, sind neben den ist gemein, dass sie eine Gruppe von Darüber hinaus werden die Be- Germanen das andere große Urvolk Menschen (oder Dingen) beschrei- griffe Keltoí, Celtae, Galli und im prähistorischen Europa nördlich ben, die durch bestimmte, beobacht- Galatai bereits in der Antike von der Alpen, das immer wieder nicht bare Eigenschaften gekennzeichnet verschiedenen Autoren unterschied- nur die Altertumswissenschaften ist. Um welche Eigenschaft(en) es lich verwendet: So sind zum Beispiel fasziniert hat.“ sich dabei handelt, und von wem für Caesar manche Gallier Kelten, Doch so populär diese Verwen- diese Eigenschaften beobachtet andere Gallier hingegen nicht, wäh- dung des Begriffs auch sein mag, ist werden, unterscheidet sich jedoch rend z.B. für Pausanias Kelten und sie dennoch gemäß dem modernen von Definition zu Definition. Um Gallier ein und dasselbe sind und wissenschaftlichen Verständnis des diese verschiedenen Definitionen sich bei Poseidonius und Diodorus Keltenbegriffs falsch. Tatsächlich zu verstehen ist es notwendig, sich Siculus die Begriffe Kelten und ist der Keltenbegriff vielschichtig die historische Entwicklung des Gallier gegenseitig ausschließen, und auch sehr umstritten: Eine Keltenbegriffs anzusehen. also keinerlei Überschneidung zwi- bedeutende Anzahl der wichtigsten schen den beiden Begriffen – jeweils Keltenforscher der Gegenwart ist Der Keltenbegriff in der Antike in ihren antiken Formen – besteht der Ansicht, dass der Begriff inzwi- (Collis 2003: 101). Bereits die antike schen so missverständlich geworden Die Bezeichnung, aus der sich letzt- Bestimmung des Keltenbegriffs war ist, dass er am besten gar nicht mehr endlich der moderne Keltenbegriff also alles andere als eindeutig. oder zumindest eingeschränkter ver- ableitet – altgriechisch Keltoí – ist Neben der Verwendung durch wendet werden oder durch deutlich zum ersten Mal in der Antike belegt. klassische Autoren im Mittelmeer- neutralere Begriffe ersetzt werden Der Begriff gehört gemeinsam mit raum dürfte es auch einen eigenen sollte (siehe dazu z.B. James 1999; lat. Celtae, Galli und altgriechisch Keltenbegriff in den von mediterra- Collis 2003). Andere sind dagegen Galatai zu einer Gruppe von Be- nen Autoren als ‚keltisch‘ betrachte- der Meinung, dass der Begriff ein- griffen, mit denen die klassischen ten Regionen Europas gegeben ha- fach zu populär ist, als dass man ihn antiken Gesellschaften Menschen- ben. Dieser ‚indigene‘ Keltenbegriff, abschaffen könnte, und treten daher gruppen bezeichneten, deren ‚ur- der wohl in den festlandkeltischen dafür ein, seine Vielschichtigkeit in sprüngliches Herkunftsgebiet‘ nach Sprachen *Keltoi gewesen sein der Öffentlichkeit deutlicher her- Ansicht der mediterranen Beob- dürfte, ist z.B. in Eigennamen wie historische s ozialkunde • 3

häufig verwendet wurde, ausge- nommen als rein geographische Bezeichnung; so konnte z. B. Gal- lien weiterhin als Gallia bezeichnet werden, das jedoch dann gewöhnlich nicht mehr als von Galli bewohnt betrachtet wurde, sondern dessen Bevölkerungen dann z. B. als Fran- ken verstanden wurden. Für die Einwohner jener Regio- nen Europas, in denen im Mittel- alter weiterhin keltische Sprachen gesprochen wurden, d.h. haupt- sächlich Irland, Schottland, die Insel Man, Wales, Cornwall und die Breta- gne, scheint kein Begriff bestanden zu haben, der dem antiken oder modernen Keltenbegriff entsprach. Das heißt die mittelalterlichen keltischsprachigen Bevölkerungen im Westen Europas wurden weder Abb 1. Antikes ‚Keltenbild‘: Sterbender Gallier, Römische Marmorkopie einer Bronze- von anderssprachigen Gesellschaf- statue von ca. 220 v. Chr., heute Vatikanische Museen (Quelle: Wikipedia commons: ten ihrer Zeit als ‚Kelten‘ oder mit Dying .jpg) einem ähnlichen Sammelbegriff

Celtillus (der Vater von Vercinge- staates). Genauso sind die Kelten torix, siehe Gallischer Krieg 7, 4.1) etwas anderes als die Keltoí und belegt. Allerdings wissen wir nicht, diese wiederum etwas anderes als ob dieser Keltenbegriff tatsächlich die Celtae. Streng genommen gibt eine ursprüngliche Selbstbezeich- es in der Antike keine Kelten, weil nung der antiken Bevölkerungen dies ein durch und durch moderner in der westlichen Hälfte Europas Begriff ist. gewesen ist, oder ob er nicht viel- mehr von der Fremdbezeichnung Der Keltenbegriff im Mittelalter entlehnt und gegenüber Menschen aus dem Mediterranraum im Sinne Zwischen Antike und Neuzeit ge- von „ich bin das, was Du als einen raten die verschiedenen antiken ‚Kelten‘ bezeichnen würdest,“ ver- Begriffe für jene Menschengrup- wendet wurde. pen, die heute üblicherweise als Ebenfalls wichtig zu bemerken Kelten bezeichnet werden, also ist, dass der moderne Keltenbegriff, Keltoí, Celtae, Galli und Galatai, obgleich er vom antiken Begriff weitgehend in Vergessenheit. Zwar Keltoí abgeleitet ist, seinerseits werden sie gelegentlich weiterhin wiederum keineswegs deckungs- verwendet, hauptsächlich unter gleich bzw. gleichbedeutend mit Berufung auf antike Quellen bzw. den antiken Bezeichnungen Keltoí, in Fortsetzung antiker Erklärungs- Celtae, Galli und Galatai ist. Dies muster. D.h. jeder, der nach An- verhält sich nicht anders als bei sicht der mittelalterlichen – nun vergleichbaren Begriffen: So sind meist mediterranen – Beobachter z.B. die Graikoí (die Bewohner der aus der westlichen Hälfte Europas Stadt Graia) etwas anderes als die stammt, kann unter Rückblick auf Abb 2. Mittelalterliches ‚Keltenbild‘: Graeci (der Name der Römer für die antiken Autoren weiterhin als Menschendarstellung aus dem Book alle Griechen) und beide wiederum ‚Kelte‘ bezeichnet werden. Es gibt of Kells, Irland, frühes 9. Jahrhundert etwas anderes als die Griechen (die jedoch kaum Hinweise darauf, dass (Quelle: Wikipedia commons: KellsFol- Bewohner des modernen National- irgendeiner dieser Begriffe noch 029rIncipitMatthew.jpg) 4 • historische s ozialkunde bezeichnet, noch hatten sie einen Historia (publiziert 1582) auf eine Glossography , die der Darstellung derartigen Sammelbegriff für sich Gruppe verwandter Sprachen stieß, der Sprachen der westlichen Regio- selbst. Zwar gibt es in manchen zu denen das schottische Gälisch nen der britischen Inseln gewidmet der weiter bestehenden keltischen zählte, und die er unter Bezug auf war, die Llwyd, wohl in Anlehnung Sprachen weiterhin Eigennamen, die antike Überlieferung als ‚Gallic‘ an Pezrons kurz zuvor erschienene die das Element Celt- enthalten, so bezeichnete. Arbeit, ebenfalls als ‚keltisch‘ be- z.B. der altirische Name Celtchar, Von weitaus größerer Bedeu- zeichnete. Llwyds Glossography ist nachdem aber zahlreiche Texte aus tung waren jedoch zwei Autoren insofern eines der bedeutendsten dem Mittelalter in keltischen Spra- des frühen 18. Jahrhunderts, der Werke in der Entstehung des Kel- chen vorliegen, von denen keiner bretonische Abbé Paul-Yves Pezron tenbegriffs, als er in ihm eindeutig eine Äquivalentbezeichnung als (1639–1706) und der walisische An- die Verwandtschaft zwischen jenen Selbstbezeichnung für ‚keltische‘ tiquar Edward Llwyd (1660–1709) Sprachen zu beweisen vermochte, Bevölkerungsgruppen verwendet, (Collis 2003: 48-52). die wir bis heute als die ‚keltischen ist davon auszugehen, dass diese Ei- Pezron publizierte 1703 ein Werk Sprachen‘ bezeichnen. gennamen sich unabhängig sprach- unter dem Titel L‘Antiquité de la Der Begriff ‚keltisch‘ setzte sich lich erhalten haben, während ein Nation et de la Langue Celtique, daraufhin relativ rasch in den lang- allgemeiner ‚Keltenbegriff‘ zu dieser in dem er, aufbauend auf biblischer sam entstehenden Altertumswissen- Zeit nicht existierte. Mittelalterliche Geschichtsschreibung, die Entste- schaften als Sammelbegriff für alle Selbstbezeichnungen ‚keltischer‘ hung der Bretonen nachzuzeichnen Überbleibsel prähistorischer Bevöl- Völker sind sehr kleinräumig und versuchte. Er ging von der (heute kerungen in Mittel- und Westeuropa beziehen sich entweder auf dyna- als weitgehend falsch erachteten) durch. Antiquare begannen zweifel- stische Namen – z. B. Eoganacht, Annahme aus, dass das Bretonische los vorrömische Bodendenkmale in „die Nachkommen Eogans“ – oder seiner Zeit die Nachfolgesprache diesen Regionen Europas summa- sind regionale Bezeichnungen – z.B. der antiken Bewohner der Halbinsel risch als ‚keltisch‘ zu bezeichnen, Gwynedd, Dyfed etc. – bzw. beziehen Aremorica (der heutigen Bretagne) so z.B. beschrieb William Stukeley sich auf die bereits oben genannten war. Nachdem die Bewohner der (1687–1765) Stonehenge als einen Regionen Europas – z.B. Cymru für antiken Aremorica von Caesar als „Tempel der keltischen Druiden“. die Waliser. Kelten bezeichnet worden waren, Im 19. Jahrhundert kam es zu musste nach Pezrons Schlussfolge- einer zunehmenden Aufspaltung der Der Keltenbegriff in der Neuzeit rungen das Bretonische seiner Zeit historischen Wissenschaften in ver- die ‚Tochtersprache‘ der Sprache der schiedene Disziplinen. So trennten In der Moderne entsteht ein neuer antiken Bewohner der Aremorica sich zum Beispiel die Geschichte, die Keltenbegriff, der für den Groß- und in diesem Sinn eben eine ‚kel- historische Sprachwissenschaft, die teil der Neuzeit zwei hauptsäch- tische‘ Sprache sein. Archäologie aber auch die physische liche Bedeutungen hat, nämlich Llwyd war der Kurator des Ashmo- und kulturelle Anthropologie und eine ‚wissenschaftliche‘ und eine lean Museum in Oxford und führte die Soziologie mehr oder minder ‚populär-nationale‘. Diese beiden eine längere Untersuchung der deutlich voneinander ab, versuch- Bedeutungen wurden und werden westlichen Teile der britischen ten aber dennoch weiterhin, mehr nicht immer klar voneinander ge- Inseln durch, wobei seine Studien oder minder ‚allgemeingültige‘ trennt, woraus viele der Probleme sowohl naturkundlich als auch an- Erklärungen über die Entstehung resultieren, die mit dem modernen tiquarischer Art waren, nachdem er verschiedener Menschengruppen in Keltenbegriff verbunden sind. Die gebeten worden war, Beiträge über der Vergangenheit und ihrer kultu- Situation wird zusätzlich dadurch diese Region für eine überarbeitete, rellen Verhaltensmuster abzugeben. erschwert, dass gerade in der frühen von Edmund Gibson herausgegebe- Dadurch kam es zu einer langsamen Neuzeit beide Begriffe konzeptionell ne Neuauflage von CamdensBritan - Auseinanderentwicklung zuneh- nicht klar voneinander getrennt nia, die im Jahr 1695 erschien, zu mend schärfer gefasster diszipli- wurden, und daher die Entwicklung verfassen. Seine Ergebnisse plante närer Keltenbegriffe, die man aber beider Begriffe eng miteinander er in einem mehrbändigen Werk gleichzeitig auf einer allgemeinen verbunden ist. unter dem Titel Archaeo logia Bri- Ebene der Diskussion wieder mit- Der erste neuzeitliche Autor, der tannica vorzulegen, das sowohl die einander zu verschmelzen bzw. zu Beobachtungen machte, die zur Sprachen als auch die Bodendenk- verbinden suchte. Die so entstande- Entwicklung des modernen wissen- male und die Natur dieser Regionen nen spezifischeren Keltenbegriffe in schaftlichen Keltenbegriffs führten, der britischen Inseln beschreiben allen diesen Wissenschaften wurden war der Schotte George Buchanan und klassifizieren sollte. Vor seinem letztendlich nicht als unterschied- (1506–1582), der durch Sprachstu- unerwartet frühen Tod erschien liche Begriffe, sondern nur als dien für seine Rerum Scottorum jedoch nur der erste Band, die Teile eines gesamten Keltenbegriffs historische s ozialkunde • 5 verstanden. Gleichzeitig führten die Ideen zur Entstehung und Verbrei- tung von Völkern, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert dominant waren und die ihren extremsten Ausdruck in der Ideologie des Na- tionalsozialismus fanden, dazu, dass auch in der Wissenschaft die Vorstellung populär wurde, dass die von verschiedenen Disziplinen mit ein und demselben (als Volksbegriff verstandenen) Begriff bezeichneten Eigenschaften jeweils direkt mitein- ander korreliert wären. Die Idee des ‚Volkes‘ mit gemeinsamer biologi- scher Abstammung von ‚ursprüng- lichen‘ Vorfahren, mit gemeinsamer Sprache, Psyche, materieller Kultur, Abb 3. Modernes ‚Keltenbild‘: Vercingetorix wirft seine Waffen Julius Caesar zu Füßen, Charaktereigenschaften, einem 1899 von Lionel-Noël Royer (Quelle: Wikipedia commons: Siege-alesia-vercingetorix- bestimmten Ursprungsgebiet und jules-cesar.jpg) einem ‚angestammten‘ Territorium etc. wurde zur dominanten Idee, und diese Idee wurde auch auf den die ‚modernen keltischen Länder‘ betrachtet ihn als einen Begriff für Keltenbegriff angewandt: Die Kelten Irland, Schottland, die Insel Man, eine bestimmte Identität (Collis seien nicht nur ein Volk, sondern Wales, Cornwall und die Bretagne 2003), die zweite als Sammelbegriff auch eine Menschenrasse, die eben zusammengeschrumpft ist. für beobachtbare Eigenschaften, die über bestimmte, charakteristische sich jedoch nur teilweise und kei- Eigenschaften verfüge, die sich in Der wissenschaftliche Kelten- neswegs eindeutig überschneiden einer bestimmten Sprache, einer be- begriff in der Gegenwart (Karl 2004; 2008). stimmten Kultur, einem bestimm- Die erste moderne wissenschaftli- ten Territorium etc. äußerten. In der Wissenschaft hingegen wird che Bestimmung des Keltenbegriffs diese Vorstellung nicht mehr als geht also davon aus, dass es sich korrekt angesehen, sondern gilt als Der populäre Keltenbegriff in dabei um einen Begriff handelt, der vollständig widerlegt. Tatsächlich Neuzeit und Gegenwart eine selbst- oder fremdbestimmte lässt sich durch jede beliebige Kar- Identität einer bestimmten Men- Es ist dieser Keltenbegriff, der sich tierung von verschiedenen als ‚kel- schengruppe darstellt (Collis 2003: in der öffentlichen Wahrnehmung tisch‘ angesehenen Eigenschaften 226-30). Der moderne wissenschaftli- in der Neuzeit durchsetzte und diese sehr leicht zeigen, dass es zu keiner che ‚Volksbegriff‘ beinhaltet, dass die bis in die Gegenwart dominiert (vgl. Zeit in der Geschichte tatsächlich Bestimmung einer Menschengruppe Eingangszitat). Letztendlich handelt die vom ‚populären Volksbegriff‘ als ‚zusammengehörig‘ eine reine es sich dabei jedoch um einen Volks- als gegeben erachtete eindeutige soziale Konstruktion ist, die nicht begriff, der tief in rassistisch-natio- Überscheidung ‚charakteristisch auf irgendwelchen real existierenden nalistischer Ideologie verwurzelt keltischer‘ Eigenschaften real gab: unterschiedlichen Eigenschaften, ist, und der die ‚völkische‘ Ideologie was auch immer man kartiert, man die diese verschiedenen Menschen- des Dritten Reiches weiter fortsetzt. stellt sehr rasch fest, dass keine gruppen charakterisieren, beruht. ‚Die Kelten‘ sind in der populären zwei ‚charakteristisch keltischen‘ Im Sinne dieser Definition ist jede Wahrnehmung in der Gegenwart Eigenschaften das selbe Verbrei- Person ein Kelte, die sich selbst für eben ein solches Volk (bzw. auch tungsgebiet aufweisen, nicht ein- einen Kelten hält oder von anderen eine ‚Rasse‘), das durch bestimmte mal zu verschiedenen Zeiten in Personen für einen Kelten gehalten körperliche, geistige, moralische, der Geschichte, geschweige denn wird. Jemand, der sich selbst für kulturelle etc. Eigenschaften ge- gleichzeitig (Koch u. a. 2007). einen Kelten hält (und vielleicht kennzeichnet ist, ein bestimmtes In den modernen wissenschaftli- sogar auch noch von anderen als Ursprungsgebiet hat, seine ‚größte chen Vorstellungen haben sich da- solcher anerkannt wird) wäre in Verbreitung‘ in der Antike hatte her zwei verschiedene Strömungen diesem Sinn ein selbstbestimmter und dessen Territorium seitdem auf entwickelt, wie der Keltenbegriff Kelte, jemand, der (nur oder haupt- den westlichen Rand Europas, eben verstanden werden kann. Die erste sächlich) von anderen Menschen für 6 • historische s ozialkunde

haben, muss und wird meistens für zwei beliebige Wissenschafter aus unterschiedlichen Forschungsge- bieten ‚keltisch‘ nicht gleich ‚kel- tisch‘ sein: ein Sprachwissenschafter wird eben keltische Sprachen als ‚keltisch‘ betrachten, während ein Archäologe bestimmte Erschei- nungen in der Materialkultur als ‚keltisch‘ bezeichnen wird, wobei sich diese beiden Eigenschaften (be- stimmte ‚keltische‘ Sprache und be- stimmte ‚keltische‘ Materialkultur) weder zeitlich noch räumlich dek- ken müssen und das meistens auch nicht tun. Konkret mag sich zum Beispiel der Sprachwissenschafter Abb 4. Heutiges populäres ‚Keltenbild‘ beim Versuch sich mit der Wissenschaft zu mit Sprechern der walisischen Spra- treffen: KeltologInnen der Universität Wien bei der Science Week 2003 (Privatfoto) che in der Gegenwart in Patagonien in Südamerika befassen, während der Archäologe sich mit dem eisen- einen Kelten gehalten wird, wäre ein Hauptsächlich Menschen in den zeitlichen europäischen Latènestil fremdbestimmter Kelte. Besonders westlichen Randgebieten Europas beschäftigt. Ihre Forschungsgebiete in der Gegenwart, in der man andere werden als Kelten bezeichnet oder sind also mehr als 2.000 Jahre und Menschen fragen kann, wofür sie sich definieren sich selbst als solche. mehr als 10.000 Kilometer von selbst und andere halten, ist dies eine Die zweite moderne wissenschaft- einander entfernt, trotzdem ist für sehr günstige Bestimmungsmöglich- liche Bestimmung des Keltenbe- beide ihr jeweiliger Untersuchungs- keit und weitgehend problemlos. In griffs geht hingegen davon aus, dass gegenstand ‚keltisch‘. Bezug auf die Vergangenheit ist sie dieser Begriff zur Gänze ein modern jedoch problematisch, weil mit Aus- bestimmter Begriff ist (also im Zusammenfassung nahme einiger weniger historischer Sinne der ersten Definition ein Texte, in denen uns seit langem ver- rein fremdbestimmter Begriff), den Der Keltenbegriff ist also ein viel- storbene Menschen verraten, wofür Wissenschafter der Gegenwart als schichtiger Begriff, der für ver- sie sich selbst und andere hielten, Sammelbegriff für bestimmte, be- schiedene Menschen verschiedene keine Daten vorliegen, auf deren Ba- obachtbare Eigenschaften in ihrem Bedeutungen hat. In der öffent- sis wir eine solche Frage beantworten Forschungsgebiet gebrauchen. Be- lichen Wahrnehmung wird er im- könnten. sonders in der Sprachwissenschaft mer noch – in Fortsetzung ‚völ- Geht man daher von einer solchen ist diese Bestimmung weit verbrei- kischer‘ Vorstellungen, wie sie das Bestimmung des Keltenbegriffs aus, tet. Für die meisten Sprachwissen- Dritte Reich kennzeichneten – als gab es in der Antike – auf Basis der schafter ist jede Person ein ‚Kelte‘, ‚Volksbegriff‘ bzw. ‚Rassenbegriff‘ uns vorliegenden Texte – primär ei- die regelmäßig eine oder mehrere verstanden. Er bezeichnet eine nen fremdbestimmten Keltenbegriff keltische Sprachen spricht. Wenn bestimmte Menschengruppe mit (bzw. genauer einen Keltoí-Begriff), Sie also ein gebürtiger Österreicher bestimmten körperlichen, geistigen, mit dem einige antike Autoren sind, der jedoch in Wales lebt und moralischen, kulturellen etc. Eigen- hauptsächlich in Mittel- und West- regelmäßig auf Walisisch kommuni- schaften, einem bestimmten Ur- europa lebende Menschen bezeich- ziert, dann sind Sie im Sinne dieser sprungsgebiet und einem bestimm- neten. Im Mittelalter existierten im Definition ein Kelte (auch wenn ten Territorium am westlichen Rand Sinne dieser Definition überhaupt Ihre Muttersprache Deutsch und Europas in der Gegenwart, die ‚mo- keine Kelten, weil weder Menschen- damit eine germanische Sprache dernen keltischen Länder‘ Irland, gruppen sich selbst als Kelten sahen sein mag, und Sie daher im Sinne Schottland, die Insel Man, Wales, noch andere Menschen irgendwel- der Sprachwissenschaft durch Ihren Cornwall und die Bretagne. che Menschengruppen als Kelten regelmäßigen Deutschgebrauch Dieser ‚populäre‘ Keltenbegriff bezeichneten. In der Neuzeit und auch ein Germane sind). wird heute in der Wissenschaft als Gegenwart hin gegen gab und gibt Nachdem mehrere Wissenschaf- grundsätzlich falsch abgelehnt. es wieder Kelten und zwar sowohl ten jeweils für sich bestimmte Ei- Stattdessen gibt es in der Wissen- selbst- als auch fremdbestimmte. genschaften als ‚keltisch‘ definiert schaft heutzutage zwei hauptsächli- historische s ozialkunde • 7 che Vorstellungen: Eine, die davon man den Begriff weiterhin ver- um sichergehen zu können, dass ausgeht, dass ‚Kelten‘ eine selbst- wenden – schon alleine aufgrund man von seinen Gesprächspartnern oder fremdbestimmte Identität be- seines langen Gebrauchs ist er auch richtig verstanden wird. Tut zeichnet, die sozial konstruiert ist nützlich – aber wenn man ihn ver- man das nämlich nicht, kann es und auf keinerlei realen Grundlagen wendet, sollte man sehr genau dazu leicht passieren, dass man vollstän- beruht (ein Kelte ist, wer glaubt oder sagen, was man selbst damit meint, dig aneinander vorbei redet. von dem andere glauben, dass er ein Kelte ist). Eine andere, die davon LITERATUR ausgeht, dass der Keltenbegriff ein reiner Sammelbegriff ist, unter J. r. collis, the . origins, Myths & inventions. tempus 2003, stroud. dem bestimmte durch die Wissen- r. Gebhard, 1993. die kelten – ein Volk alteuropas, in: h. dannheimer/r. Gebhard (hg.), schaften definierte Eigenschaften das keltische Jahrtausend. ausstellungskataloge der prähistorischen staatssammlung bezeichnet werden, die aber weder München band 23/1993, 2-6. einen gemeinsamen Ursprung noch s. JaMes, the atlantic celts. ancient People or Modern invention? british Museum Press, ein sich überschneidendes Verbrei- london 1999. tungsgebiet haben müssen. r. karl, erwachen aus dem langen schlaf der theorie? ansätze zu einer keltologischen Bei der Verwendung des Kelten- Wissenschaftstheorie, in: e. Poppe (hg.), keltologie heute. themen und Fragestellungen. begriffs ist daher höchste Vorsicht studien und texte zur keltologie 6, Münster 2004, nodus Publikationen, 291-303. angebracht: Seine populäre Be- r. karl, Feine unterschiede. zu „keltengenese“ und ethnogenetischen Prozessen in der stimmung ist ideologisch schwer keltiké. Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft Wien 138, Wien, in Vorbereitung, bedenklich, die wissenschaftliche 2008. Bestimmung uneindeutig und oft J. t. koch, in collaboration with r. karl, a. Minard and s. Ó Faoláin. an atlas for celtic von Wissenschafter zu Wissen- studies. archaeology and names in ancient europe and early Medieval ireland, britain and brittany. oxford 2007, oxbow books. schafter unterschiedlich. Zwar kann

Historische Sozialkunde Zum Thema „Alte Welt“ sind bereits erschienen:

Heft 1/2006: Römer und Kelten im Donautal. 2000 Jahre Carnuntum Die Herausgeber: Römer und Kelten im Donautal. Vor 2000 Jahren kamen die Römer an die Donau / R. Kaufmann/H. Mautendorfer: Bevor die Römer kamen / C. Chitta: Family Business – Die römische Eroberung im Donauraum / Säulen der Macht / G. Dobesch: Das „regnum Noricum“ und die römische Okkupation / C. Chitta: Marc Aurel. Der Philosoph auf dem Kaiserthron / E. Weber: Reform und Niedergang / F. Humer: Der Archäologische Park Carnuntum / M. Wachter: Jubiläumsjahr 2006: 2000 Jahre Carnuntum / F. Beutler: Inschriften – Direkte Zeugnisse aus dem römischen Reich / R. Selinger: Sex in Carnuntum / R. Kauf- mann: Was bei den Römern auf den Tisch kam

Heft 1/2007: Athener Klassik. Konstrukt und Realität Die Autoren: Alte Griechen / G. Mandl: Das Werden der ‚Athener Klassik‘ / I. Steffelbauer: Ásty – Politik und gesellschaftliches Leben / E. Specht: Eulen nach Athen tragen … / I. Steffelbauer: Tempel – Mythos und Kult / E. Specht: Stadion – Ernste Spiele und heilige Spektakel / G. Mandl: Das Diónysos-Theater / Design aus Athen – eine Erfolgsgeschichte / Philosophie – Ein aristokratisches Hobby

Verein für Geschichte und Sozialkunde, c/o Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien, A-1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 1, Tel.: +43/1/4277-41330, Fax: +43/1/4277-9413 E-Mail: [email protected] http://vgs/univie.ac.at Regina Kaufmann unzugänglichen Westen Britanniens hatten die walisische (kymrische) und cornische Sprache sowie die Die antiken Kelten Sprache der Isle of Man (Manx) sowohl die Zeit der römischen Herrschaft als auch die Anglisierung in den folgenden Jahrhunderten überlebt. Diese Sprachen finden ihre Entsprechung auf dem Kontinent in drei ausgestorbenen Sprachen in Gallien, Spanien und am Südrand Eine Ortsbestimmung gen, zu denen keine seriöse Aussage der Alpen, die alle drei allerdings mehr möglich ist, und lässt sie dann nur in Orts- und Personennamen Auf die Frage woher die Kelten ka- ‚aus dem Dunkeln‘ erscheinen. Be- sowie einigen Inschriften erhalten men findet sich in vielen Buchtiteln sonders dem Wunsch nach einem geblieben sind. eine Antwort: Aus dem Dunkeln! möglichst hohen Alter des ‚Volkes‘ Mit der Annahme des Keltenbe- In den meisten Köpfen spukt das wurde so entsprochen. griffes für diese Sprachgruppe hatte Bild eines aus seiner Urheimat Heute scheint es sich durch- die Linguistik unbemerkt eine eth- einreitenden Volkes mit eigener gesetzt zu haben, dass die Kelten nische Bezeichnung auf eine lingu- Kultur, Sprache, Religion und Sit- nicht einfach erschienen – nicht istische Klassifikation übertragen – ten. Mit aus ‚dem Dunkeln‘ kann einmal aus dem Dunkeln – sondern mit verhängnisvollen Folgen für die man für den populären Gebrauch schon da waren. Es ist im Grunde so, Archäologie. Um dies zu verstehen, viel beantworten, was nicht wirklich dass endbronzezeitliche Völker mit braucht man sich nur vorzustellen, leicht erklärbar ist. Mythologien einem in wesentlichen Zügen über- dass ein Sprachforscher in 2000 haben damit keine Probleme – die einstimmenden Hintergrund, die Jahren alle Gruppen, die eine deut- Wissenschaft schon. Zur Herkunft in ähnlicher Weise auf Stimuli von sche Sprache benutzten – Deutsche, der Kelten kamen daher im Laufe außen reagierten, egal ob sie östlich, Nordschweizer, Österreicher, Südti- der Zeit die unterschiedlichsten westlich oder nördlich der Alpen roler, Siebenbürgener Sachsen – als Theorien auf, von denen einige saßen zu einer mehr oder minder »Kasachen« bezeichnet – die ne- schnell wieder verworfen wurden einheitlichen Kultur fanden. benbei bemerkt bekanntlich ein und andere sich weit dauerhafter in Turkvolk sind – nachdem er zufällig den Köpfen festsetzen konnten. Ursprung des modernen Kelten- die im Land Kasachstan ansässigen Bis in die siebziger Jahre versuch- begriffes Wolgadeutschen entdeckt hätte! ten Experten die Entstehung eines An diesem Gedankenspielchen soll ‚Volkes‘ der Kelten (vgl. Karl oben) Eine Ursache für die oben geschil- deutlich werden, dass man Sprache zeitlich und räumlich festzulegen. derten Probleme war sicher die und Ethnie nicht so einfach in einen Das Ergebnis: unzählige, verwirren- an fängliche Ausrichtung der archäo- Topf werfen kann. de und einander widersprechende logischen Erforschung der antiken Theorien, die gerne als gesicherte ‚Kelten‘ an der Sprachwissenschaft, Antike Verortungen Tatsachen dargestellt wurden. Die der es sonst möglich ist sich an Ansätze reichen von ‚aus Steppen- schriftlichen Quellen und den Spra- Woher der Begriff „keltisch“ ei- gebieten Asiens am Ende der indo- chen selbst zu orientieren. gentlich stammt, ist bis heute nicht europäischen Wanderungen‘ bis zu Im 18. Jahrhundert war es gelun- eindeutig geklärt. Erstmals taucht ‚aus Südwestdeutschland in der jün- gen, eine vorrömische indoeuropä- er in den Schriften antiker Autoren geren Steinzeit‘. Manche weigerten ische Sprachgruppe zu rekonstru- auf. Interessant ist, dass damit die sich auch die Bezeichnung ‚Kelten‘ ieren, die in einigen Randgebieten heute so genannten Festlandkelten vor dem ersten gesicherten Auftre- Europas überlebt hatte: den kel- bezeichnet wurden und niemals die ten der historischen Kelten (ab 500 tischen Zweig der indoeuropäischen Iren und britannischen Völker. Für v. Chr) zu verwenden, weil davor Sprachen. In Nordwesteuropa waren diese kam der Keltenbegriff erst im alles ungewiss erschien – es wurde einzig Irland und das schottische 17. und 18. Jahrhundert auf. dann einfach von ‚Proto-Kelten‘ Hochland der römischen Koloni- Neben der Sprachwissenschaft gesprochen. Eine Lösung schien, sation entgangen, so dass sich die und der Archäologie liefern diese das ‚Werden‘ der Kelten möglichst Sprache der ei senzeitlichen Bevöl- antiken Autoren einige Hinweise weit in der Vergangenheit anzuset- kerung Irlands (Goidelisch) und das darauf, wo die von ihnen als Kelten zen. Man versucht also die Spur der von ihr abstammende schottische bezeichneten Menschen siedelten. Kelten bis in Zeiten zurückzuverfol- Gälisch dort erhalten konnten. Im Den ältesten finden wir bei Herodot, historische s ozialkunde • 9

Abb.: Die Verbreitung der keltischen Sprachen in der Moderne und der Antike 10 • historische s ozialkunde der schrieb: „Der Istros, der von den ganz Europa fließt. Probleme be- danach von den britischen Inseln Kelten und der Stadt Pyrene her- reitet die Stadt Pyrene, die nicht über die iberische Halbinsel und kommt, fließt mitten durch Europa. lokalisierbar ist. Mit den Säulen des Mitteleuropa bis Kleinasien, wo sie Die Kelten sitzen aber jenseits der Herakles wird der Fels von Gibraltar Galater genannt wurden. Schwierig Säulen des Herakles, den Kynesiern bezeichnet und die Kynesier wer- ist eine Abgrenzung des keltischen benachbart, den am weitesten im den auf der iberischen Halbinsel Gebietes im Norden Mitteleuropas, Westen beheimateten Bewohnern angesiedelt. Diese Beschreibung wo eine Unterscheidung zwischen Europas‘“ (Herodot II 33: 3-4) Der des Siedlungsgebietes der Kelten Germanen und Kelten sehr schwer Text dürfte um die Mitte des 6. erscheint uns heute verwirrend, ist bis unmöglich ist. Jahrhunderts entstanden sein. Der aber angesichts der eingeschränkten In sehr vielen populärwissen- Istros ist die Donau, die im heutigen Kenntnisse des Autors gar nicht so schaftlichen Werken würde nun Deutschland – im Schwarzwald – falsch. Nachweisen lassen sich Nen- der Satz folgen: „Ihre größte Aus- entspringt und wirklich durch fast nungen der antiken Kelten nämlich dehnung erreichten die Kelten

Gallien zur Zeit Caesars (Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Map_Gallia_Tribes_Towns.png) historische s ozialkunde • 11 im 3. Jahrhundert vor Christus.“ heutigen Oberitalien) unter dem An- Die Grenzen des keltisch be- Die Vorstellung von den Kelten führer Brennos 386 v. Chr. bis nach siedelten Gebietes änderten sich als einem einheitlichen Volk ist Rom vor, bei der zweiten plünderten weiterhin ständig, bis es Stück für immer noch üblich. Der Satz: „Die 279 v. Chr. die keltischen Horden das Stück im Imperium Romanum Kelten, das geheimnisvolle Volk, Orakel von Delphi, überschritten aufging. Ausnahmen blieben nur das aus dem Dunkel der Geschichte ein Jahr später den Bosporus und Irland und Schottland, obwohl auch trat,“ verliert an Bedeutung, wenn ließen sich in Kleinasien nieder, um dort römische Importware gefunden man sich überlegt, was den Begriff dort als die schon vorher genannten wurde. Volk ausmacht. Man denkt an ge- Galater sesshaft zu werden. meinsame Sprache, gemeinsames Brauchtum und Sitten und eine gemeinsame eigene Namensge- bung. Die keltischen Sprachen sind durchaus miteinander verwandt, aber das sind Rumänisch und Fran- Keltische Einwanderung in Italien zösisch – um räumlich ähnlich (Polybios 2, 17, 1–18, Üs. nach kurt tomaschitz) weit gestreute moderne Sprachen Diese Ebenen (sc. des Po) bewohnten jedoch früher die Tyrrhener (Etrusker), als Beispiel heranzuziehen – auch zu dieser Zeit auch die einstmals Phle gräische genannten (Ebenen) um Capua und keiner, vor allem nicht die und Nola herum, die deshalb, weil sie für viele am Wege liegen und bekannt Sprecher der Sprache selbst, käme sind, großen Ruhm für ihre Fruchtbarkeit erworben haben. Daher dürfen die, die auf die Idee Rumänen als Franzosen die Macht der Etrusker erforschen, nicht nur auf das heute von ihnen besessene zu bezeichnen und umgekehrt. Die Land Bezug nehmen, sondern auch auf die vorher genannten Ebenen und die daraus gewonnenen Mittel. Kelten waren also keineswegs eine Die Kelten, die aufgrund der Nachbarschaft mit ihnen Umgang pflegten und homogene Völkerfamilie, die sich denen angesichts der Schönheit des Landes die Augen über gingen, fielen mit einer einzigen ethnischen Identität einem großen Heer unter einem geringen Vorwand unerwartet ein, vertrieben bewusst gewesen wäre. Ebenso we- die Tyrrhener aus dem Land am Po und nahmen die Ebenen selbst in Besitz. nig kann man von einem einzigen Die am nächsten gelege nen Gebiete an den Ursprüngen des Po besetzten die keltischen Reich oder auch nur Laoi und Lebekioi, nach diesen wohnten die Insubrer, die der größte Stamm von ihnen waren; diesen folgend entlang des Flusses die Cenomanen. Die sich einer universellen und exklusiven schon bis zur Adria hin erstreckenden (Ebenen) behauptete ein anderes, sehr keltischen Kultur sprechen. altes Volk: sie werden Veneter genannt und unterscheiden sich in den Sitten Auf der Karte Galliens sieht man, und in der Kleidung wenig von den Kelten, sprechen aber eine andere Sprache*. dass selbst die Kelten dieser Region Über sie haben die Tragö dien dichter viel gesprochen und viel Auf schnei derei in zahlreiche verschiedene kleinere verbreitet. Das Land jenseits des Po am Fuß des Appennin besiedelten als erste Stämme unterteilt werden, die die Anaren, nach diesen die Boier; diesen folgend zur Adria hin die Lingonen und die äußersten, am Meer gelegenen Gebiete die Senonen. nebeneinander und miteinander Diese sind die bedeutendsten unter den Völkern, die die genannten Gegenden lebten, voneinander wirtschaftlich besetzt haben. Sie wohnten in unbe festigten Dörfern, im übrigen armselig abhängig waren und einander auch ausgestattet. Da sie auf Stroh schliefen und Fleisch aßen, überdies nur das bekriegten. Und obwohl sie nahe Kriegshandwerk und den Feldbau ausübten, war ihr Leben sehr einfach und beieinander lebten und sicher viele weder andere Kenntnisse noch Kunstfertigkeiten waren ihnen über haupt be­ Gemeinsamkeiten hatten, gab es kannt. An Besitz hatte gleichwohl jeder Vieh und Gold, weil sie nur diese unter selbst innerhalb dieser Region der allen Umständen leicht überallhin mit sich nehmen und nach ihrer Neigung von einem Ort zum anderen bringen konnten. Für die Gefolgschaft machten keltischen Welt deutliche Unter- sie die größten Anstrengungen, weil bei ihnen der jenige der Gefürchtetste und schiede in Religion, Tracht, Brauch- Mächtigste war, der die meisten Klienten und ständigen Begleiter bei sich zu tum und Sprache. Es ist also sehr haben scheint. unwahrscheinlich, dass sich diese Anfangs beherrschten sie nicht nur ihr Land, sondern machten sich auch viele Gruppen selbst, geschweige denn der Nachbarn unter tänig, die sie durch ihre Kühnheit in Schrecken versetzten. entfernter lebende, als „keltisch“ Nach einiger Zeit besiegten sie die Römer und die mit ihnen Kämpfenden in einer Schlacht, verfolgten die Fliehenden und besetzten drei Tage später Rom bezeichneten oder gar einen pankel- selbst mit Ausnahme des Kapitols. Es kam zu einem Gegenschlag, als die Veneter tischen Identitätsbegriff hatten. in ihr Land einfielen und sie schlossen damals einen Vertrag mit den Römern, Die größte Ausbreitungen von übergaben die Stadt und kehrten in die Heimat zurück. Danach waren sie mit keltischen Gruppen war vor allem Bürgerkriegen beschäftigt und auch einige von den Alpenbewohnern unternah­ nach zwei ‚großen Wanderungen‘ in men Angriffe und sammel ten sich oft gegen sie, da sie aus der Nachbarschaft historischer Zeit in Richtung Süden den Reichtum sahen, zu dem sie gekommen waren. gegeben. Bei der ersten stießen * ein gutes beispiel dafür, dass Materialkultur und sprache nicht übereinstimmen keltische Gruppen nach der Be- müssen. siedelung der Gallia Cisalpina (des 12 • historische s ozialkunde

Keltische Einfälle in Griechenland (Pausanias 1, 4, 1–4, Üs. nach kurt tomaschitz) Diese Galater bewohnen die äußersten Gegenden Europas, an einem großen Meer, das nicht bis zu seinen Enden schiffbar ist; es gibt auch Ebbe und Flut sowie Tiere, die denen im übrigen Meer in nichts gleichen. Durch ihr Land fließt der Eridanos, an dem die Töchter des Helios, so glaubt man, das Schicksal ihres Bruders Phaëton beweinen. Erst spät setzte es sich durch, dass sie Galater genannt wurden, denn von Alters her hießen sie bei sich und den anderen Kelten. Von diesen sammelte sich ein Heer und wandte sich nach dem Ionischen (= Adriatischen) Meer, unter warfen das Volk der Illyrer und alles, was bis Makedonien hin wohnte und die Makedonen selbst. Und als sie in die Nähe der Thermopylen kamen, erwarteten die meisten der Griechen den Ansturm der Barbaren gefasst, da sie durch Alexan der und vorher durch Philipp viel Übles erlitten hatten. Und auch Antipater und Kassander überwältigten später das hellenische (Volk), sodass es alle aus Schwäche nicht für verwerflich hielten, ihrerseits die Hilfeleistung zu unterlassen. Die Athener waren von den Griechen am meisten erschöpft wegen der Länge des makedo nischen Krieges und der vielen in den Schlachten erlittenen Niederlagen, und doch brachen sie mit denen von den Griechen, die willig waren, zu den Thermopylen auf, nachdem sie den Kallipos zum Kommandanten gewählt hatten. Sie besetzten die engste Stelle und hielten die Barbaren vom Ein dringen in Griechen­ land ab; nachdem die Kelten aber den Pfad, auf den einst der Trachinier Ephialtes die Meder geführt hatte, gefunden und die Phokäer, die ihn besetzt hielten, überwältigt hatten, überschritten sie unbe merkt von den Griechen den Oita. Da zeigten sich die Athener selbst am meisten der Griechen würdig, indem sie, von allen Seiten um ringt, die Barbaren abwehrten; am meisten in Be drängnis gerieten die auf den Schiffen, weil der Lamische Golf bei den Thermopylen ein Sumpf ist; der Grund ist, wie mir scheint, das warme Wasser, das dort ins Meer fließt. Diese hatten die größere Mühe, denn sie nahmen die Griechen an Deck und erzwangen sich mit den von den Rüstungen und Männern beschwerten Schiffen die Fahrt durch den Morast. Diese retteten die Hellenen in besagter Weise, die Galater aber waren innerhalb der Thermo pylen; sie trachteten nicht da­ nach, die übrigen Städte einzunehmen, am meisten hatten sie es darauf abge sehen, die Delpher und die Schätze des Gottes zu plündern. Ihnen stellten sich die Delpher selbst und jene Phokäer entgegen, die das Land um den Parnaß bewohnten, auch ein Heer der Ätoler traf ein; denn die Ätoler ragten damals durch die Blüte ihrer Jung mannschaft heraus. Als sie nun handgemein wurden, da fuhren Blitze und vom Parnaß abge brochene Felsen in die Galater und Schreckbilder bewaffneter Männer traten den Bar baren entgegen. Von diesen sind, so sagt man, Hyperochos und Ama dokos von den Hyperboreern gekommen und der dritte war Pyrrhos, der Sohn des Achilleus. Seit diesem Beistand bringen die Delpher dem Pyrrhos Totenopfer, während sie vorher, weil er ein Feind war, selbst sein Grabmal in Unehren hielten.

Der Übergang nach Anatolien (livius 38, 16, Üs. nach kurt tomaschitz) Die Gallier, eine große Menschenmenge, gelangten, sei es aus Mangel an Ackerland, sei es aus Hoffnung auf Beute, im Glauben, kein Stamm, durch dessen Gebiet sie zogen, könne gegen sie mit Waffen bestehen, unter dem Anführer Brennus ins Gebiet der Dardaner. Hier kam es zu einem Aufstand; an die 20.000 Menschen unter den Fürsten Lonorius und Lutarius sonderten sich von Brennus ab und bogen nach Thrakien. Hier kämpften sie gegen die Widerstand Leistenden und erlegten denen, die um Frieden baten, Tribut auf, und als sie Byzanz erreicht hatten, behaupteten sie eine Zeitlang die Küste der Propontis, indem sie Steuern von den Städten dieser Region eintrieben. Dann ergriff sie das Verlangen, nach Asien überzu­ setzen, da sie aus der Nähe hörten, wie groß der Reichtum dieses Landes war; und nachdem Lysimacheia durch eine List eingenommen und die ganze Halbinsel mit Waffen gewalt in Besitz genommen war, gingen sie zum Hellespont hinab. Dort sahen sie, dass Asien nur durch eine schmale Meeresstraße getrennt war, wodurch ihr Wunsch zum Übersetzen noch viel mehr gesteigert wurde; und sie schickten wegen des Über gangs Gesandte an Antipater, den Komman danten dieser Küste. Als sich die Sache zäher hinzog, als sie selbst erhofft hatten, kam es zwischen den Anführern zu einem neuen Zerwürfnis. Lonorios zog mit dem größeren Teil der Menschen zurück nach Byzanz, woher er gekommen war. Lutarios nahm den Makedonen, die unter dem Anschein einer Gesandtschaft von Antipatros ausgeschickt worden waren, um Erkundungen einzu ziehen, zwei gedeckte Schiffe und drei Lemben (kleinere Schiffe) ab. Mit diesen brachte er, indem er die einen nach den anderen bei Tag und Nacht übersetzte, seine gesamten Truppen innert weniger Tage hinüber. Nicht viel später ging Lonorius mit Hilfe des bithynischen Königs Nikomedes von Byzanz aus hinüber. Die Gallier vereinigten sich schließlich wieder und stellten dem Nikomedes Hilfstruppen, der gegen Ziboetes, welcher einen Teil Bithyniens hielt, Krieg führte. Und vor allem durch ihren Einsatz wurde Ziboetes besiegt und ganz Bithynien kam in die Gewalt des Nikomedes. Von Bithynien aufgebrochen, rückten sie weiter nach Asien vor. Von den zwanzigtausend waren nicht mehr als zehntausend be­ waffnet. Dennoch flößten sie allen Völkern, die diesseits des Taurus wohnten, solchen Schrecken ein, dass sowohl die, auf die sie losgingen, als auch die, auf die sie nicht losgingen, die Fernsten in gleicher Weise wie die Nahen, ihrem Befehl gehorchten. Zuletzt teilten sie, da es drei Stämme – die Tolistobogier, Trogmer und die Tectosagen – waren, Asien in drei Teile auf, wo es welchem ihrer Völker tributpflichtig sein sollte. Den Trogmern wurde die Küste des Hellespont gegeben, den Tolistobogiern die Aiolis und Ionien, den Tectosagen das mittelländische Asien zugelost. Und sie trieben Tribut aus ganz Asien diesseits des Taurus ein, selbst aber nahmen sie den Wohnsitz um den Fluß Halys herum. So groß war der Schrecken ihre Namens, da ihre Zahl sich auch durch zahlreiche Nachkommenschaft vermehrt hatte, dass zuletzt selbst die Könige Syriens sich nicht weigerten, Tribut zu leisten. Der erste unter den Bewohnern Asiens, der sich weigerte, war Attalus, der Vater des Königs Eumenes. Dem kühnen Unter nehmen war, entgegen der Erwartung aller, Glück beschieden und er behielt in einer förmlichen Schlacht die Oberhand. Dennoch schwächte er ihren Mut nicht so sehr, dass sie von der Herrschaft abließen. Sie behaupteten dieselbe Macht bis zum Krieg des Antiochus gegen die Römer. Und auch damals hatten sie, nach der Niederlage des Antiochus, große Hoff nung, dass das römische Heer nicht zu ihnen gelangen werde, weil sie ja weit weg vom Meer wohnten. historische s ozialkunde • 13

Die größte Ausdehnung keltischer Gruppen

Chronologische Einordnung paar Jahrhunderte, ja vielleicht um mehr als In vielen Schulbüchern findet man ein Jahrtausend älter die Kelten unter dem Kapitel Ur- ist, darüber lässt sich und Frühgeschichte zusammen mit mehr oder weniger der Bronze- und Steinzeit – manch- nur raten,“ hatte sein mal sogar auf einer Doppelseite. Es Nachfolger schon be- lässt sich eine Tendenz beobachten, gonnen, die Funde zu alle vor den Römern und Griechen ordnen. behandelten Kulturen pauschal in Christian Jürgensen einen Topf zu werfen. Dass sie damit, Thomsen (1788–1865) um bei dem Bild zu bleiben, recht machte sich daran, die rasch zu einem undifferenzierten umfangreiche Samm- Brei vermengt werden, wird nicht lung des königlichen überraschen. Um eine genauere Dif- Museums für Nor- ferenzierung üben zu können, ist es dische Altertümer zu notwendig, sich über den Ursprung systematisieren. Dabei der heute üblichen Begrifflichkeit gliederte er zunächst für die prähistorischen Kulturen einmal nach Artefakt- Europas Gedanken zu machen. typen. Das heißt Ge- Der Beginn der heute üblichen fäße zu Gefäßen, Einteilung der Ur- und Frühge- über die Vorzeit noch schrieb „alles Schmuck zu Schmuck und Waffen schichte in verschiedene Perioden was aus der ältesten, heidnischen zu Waffen. Scheinbar hat er sein liegt in Dänemark. Während der Zeit stammt schwebt gleichsam in Gliederungsprinzip später revidiert Begründer des dänischen National- einem dichten Nebel, in einem un- und auch versucht, nach chronolo- museums Rasmus Nyerup (*1759, ermesslichen Zeitraum. Wir wissen, gischen Gesichtspunkten zu ordnen. †1829) 1806 in einem Memorandum dass es älter ist als das Christentum, Er selbst legte seine Vorstellungen für die Errichtung dieses Museums doch ob es ein paar Jahre oder ein über die ‚heidnische Zeit‘ und ihre 14 • historische s ozialkunde

Periodisierung erst 1836 in einem chronologische Einordnung eines bestimmte Eigenheiten von Ob- kleinen Führer dar. beliebigen Fundobjektes entsprach jektgruppen zu Ordnungskriterien, Thomsen setzt sich darin mit der dem systematisierenden und ord- klammern aber andere bewusst relativen Chronologie der so ge- nenden Geist der Aufklärung und aus. Hildebrand war damit auch nannten „heidnischen Altertümer“ des frühen 19. Jahrhunderts, der der Urheber der Unterteilung der auseinander. Er unterscheidet als sich ähnlich auch in den Natur- Eisenzeit in Hallstatt und La Tène erster ein Stein-Zeitalter, ein Bron- wissenschaften niederschlug. Ein (oder Latène) nach den beiden pro- ze-Zeitalter und ein Eisen-Zeitalter. weiteres bald sichtbares Problem minentesten Fundorten. Es ging ihm dabei keines wegs nur bei der Einteilung der Epochen Der namengebende Ort für die um die kennzeichnenden Grund- war, dass regionale Unterschiede jüngere Eisenzeit ist La Tène am werkstoffe der ein zelnen Perioden, bemerkt wurden. Schon der Beginn Neuenburgersee in der Schweiz, ein sondern er erörtert auch die ihm für der Materialzeiten, z.B. der Eisenzeit Platz, der bis heute Rätsel aufgibt. Es jede Periode typisch erscheinenden etwa, ist von Region zu Region un- steht außer Frage, dass er bedeutend Kleinfunde. Überdies kommen- terschiedlich. Im Grunde beginnt war, aber was er genau war – Mili- tierte er die im Laufe der Zeit fest- sie im Südosten früher, in der Ägäis tärlager, Zollstation oder, wie in den stellbare Veränderung der jeweils z. B. im 11. Jahrhundert v. Chr., in neueren Theorien vorherrschend, charakteristischen Grabdenkmäler Mittelitalien in der Mitte des 10. Kultplatz – kann nicht entschieden genauso wie die entsprechende Ver- Jahrhunderts v. Chr., in Mitteleuro- werden. änderung des Bestattungsritus. Er pa um 750 v. Chr. und in Nordeuropa Paul Reinecke hat 1911 das süd- betonte wiederholt, dass es wichtig um 550 vor Christus. In manchen deutsche Fundmaterial sortiert, sei, die „Verbindung“ der Altertümer Gebieten der Erde fehlt eine dieser bestimmte Objektgruppen gebildet untereinander zu kennen. drei Perioden gänzlich, z. B. in Afri- und zum ersten Mal versucht, die Man kann davon ausgehen, dass ka die Bronzezeit und in Amerika die Hallstattzeit nochmals chronolo- die Gelehrten des 18. und 19. Jahr- von Eisen dominierte Periode. gisch zu untergliedern. Seine Ar- hunderts die antike Welt durch die beiten bildeten die Basis für das bis Augen der antiken Autoren, die sie Eisenzeitkultur heute gültige System. 1959 unterteilt schon in der Oberschule ausführ- Georg Kossack Hallstatt C nochmals lich gelesen hatten, sahen und bald Die für die Keltologie wichtige Perio- in C1 und C2. 1979 merkt Walter feststellten, dass sich archäolo- de ist die, in der Eisen als wichtigstes Torbrügge an, dass Hallstatt C2 in gische Funde und die überlieferten Material gilt – also die Eisenzeit. Sie Wirklichkeit schon Hallstatt D ist Berichte nur schwer unter einen wird heute zunächst in zwei Perioden und somit einfach Hallstatt C als Hut bringen ließen. Man kann die unterteilt: Und zwar in die ältere Ei- Bezeichnung reichen würde. Der Archäologie dieser Zeit natürlich sen- oder Hallstattzeit, ab etwa 750 v. Übergang von HaD3 zu LaTène A ist nicht mit der heutigen vergleichen. Chr. und die jüngere Eisenzeit oder fließend. Archäologie half in erster Linie die Latènezeit ab etwa 450 v. Chr. Wich- Die LaTènezeit hatte Otto Tischler Kuriositätenkabinette der Reichen tig ist anzumerken, dass die beiden 1885 in 3 Stufen unterteilt – nämlich und Herrschenden aufzufüllen, in ersten Stufen der Hallstattzeit noch in die ältere, mittlere und jüngere La denen sich wertvolle Gegenstän- der Bronzezeit zugerechnet werden, Tènezeit. 1902 schließlich hat Paul de der Vergangenheit ebenso wie weswegen sie im beistehenden Sche- Reinecke die jüngere Eisenzeit in Einhornhörner befanden, und die ma nicht erscheinen. vier Stufen unterteilt, nämlich in gewissen Repräsentationszwecken 1874 wird zum ersten Mal der LaTène A, B, C und D. Zwischen dienten. Beliebt waren wertvolle Begriff ‚Hallstatt‘ für die frühe HaD3 und LTA und LtB2 und LtC1 Gegenstände – vorzugsweise aus Eisenzeit vom nordischen Archäo- gibt es noch Übergangsstufen. Metall – die auch relativ leicht zu logen Hans Hildebrand verwendet. Für die Chronologie gibt es bergen waren. Der Umgebungsbe- Namengebender Fundort ist Hall- im Grunde zwei Quellen: Für die fund war zunächst nebensächlich. statt in Oberösterreich, der von Frühlatènezeit stehen in erster Linie Das Dreiperiodensystem zur Ein- einem großen Gräberfeld und dem Grabfunde, für die Spätlatènezeit teilung der Ur- und Frühgeschichte Salzbergbau bestimmt wird. Hilde- Siedlungsfunde zur Verfügung. Die kennt man im Prinzip. Dass diese brand hatte erkannt, dass bestimmte Definition dieser archäologischen einfache Dreiteilung nicht reicht Fundstücke aus einem bestimmten Stufen ist nur über Materialgruppen um das umfangreiche Fundmaterial Gebiet die gleichen Verzierungen möglich und birgt einige Schwie- einzuordnen, muss aber auch jedem aufweisen. Eine Möglichkeit für die rigkeiten. Eine exakte Datierung klar sein. Eine zeitliche Unterdiffe- räumliche Unterdifferenzierung der und Abgrenzung der Stufen ist renzierung der einzelnen Material- Fundbestände war damit eröffnet. nicht möglich – da die Übergänge perioden ließ also nicht lange auf Wie jedes Ordnungssystem erhebten immer verschwommen sind. Im sich warten. Die möglichst genaue diese so genannten ‚Typologien‘ Prinzip ist zu erkennen, dass sich historische s ozialkunde • 15

nungssystem um ein Konstrukt han- Alle Leittypen für die Epoche der delt, ein anerkanntes zwar, das auch Eisenzeit aufzuzählen, ist in diesem im Laufe der Zeit Veränderungen Rahmen zuviel des Guten. Natürlich zugelassen hat und vielleicht auch gibt es in ähnlicher Weise auch be- noch zulassen wird, aber trotzdem stimmte Typen für die anderen Peri- ein modernes Konstrukt, das auf oden der Ur- und Frühgeschichte. Kahnfibel folgender Überlegung beruht: Typologien sind in erster Linie Alle Gegenstände des profanen eine einfache Möglichkeit einen und religiösen Lebensbereiches Fund zeitlich einzuordnen. Ein fik- unterliegen einer gewissen Mode. tives Beispiel um dies anschaulicher Wie sich heute die Schuh- bzw. Au- zu machen: Bei der Moorleichenaus- tomodelle ändern, waren auch die stellung des Naturhistorischen Mu- Utensilien des prähistorischen Men- seums in Wien gab es eine Station, schen einer ‚Mode‘ unterworfen. So bei der es dem Publikum möglich änderte sich zum Bespiel alle paar war eigenhändig so viel wie mög- Nauheimer Fibel Jahre die Form der Fibeln, wie man lich über einen Moorleichenfund anhand der Tabelle sehen kann, der herauszufinden. Wird die Mumie in Bewaffnung und vielleicht auch der einer Bodenschicht gefunden über Glaubensvorstellungen, auf jeden der eine Nauheimer Fibel und unter Fall aber der Bestattungsformen. der eine Omegafibel gefunden wird, Man kann also beobachten, dass kann im positivsten Fall gesagt wer- in bestimmten Zeiten einzelne Ge- den, dass sie wohl in der Zeit von LT Schlangenfibel genstände eine größere Bedeutung A oder B versenkt wurde. Exaktere hatten als andere, und dass diese Be- Datierungen lässt der Ansatz der die Wissenschaft bemüht, möglichst deutung sich veränderte. Die Gründe Typologie nicht zu. Mit Hilfe natur- kurze Zeiteinteilungen zu finden dafür sind vielfältig. Technische wissenschaftlichen Methoden wie und eine möglichst kurze Zeitspanne Fertigkeiten wurden verbessert, der Dendrochronologie oder der möglichst genau durch Objekteigen- neue Einflüsse durch verschiedene Radiocarbonmethode ist es uns aber schaften zu definieren. Die Genau- Kontakte mit anderen Kulturen, mittlerweile möglich, Funde chro- igkeit des Systems stößt trotz allem Lebensumstände verändern sich nologisch genauer einzuordnen. an seine Grenzen. Es sagt vor allem z.B. durch vermehrte kriegerische etwas über die Herstellungszeit eines Auseinandersetzungen. Man darf nun aber nicht dem Trugschluss Objektes aus. Man kann aber nicht LITERATUR sagen wann ein Fund niedergelegt unterliegen, dass z. B. einfache wurde, d.h. in den Kontext (Grab, Formen und Schlichtheit einzelner M. eGGert, Prähistorische archäologie. Siedlung, Depot etc.) gelangte, in Gegenstände gleichbedeutend mit tübingen 1992. dem er dann aufgefunden wurde. einer älteren Periode sind – sie also Man sollte immer im Gedächtnis von einer ‚primitiveren‘ Gesellschaft behalten, dass es sich bei diesem Ord- hergestellt wurden.

Absolute Chronologie Fibeltyp A Urnenfelderkultur Spätbronzezeit B 1 Bogen-, Kahnfibel C 800/750-630/620 v. Chr. 2 Hallstattzeit 1 Schlangen-, D 2 630/620-500/475 v. Chr. Paukenfibel 3 1 Figürl., Maskenfibel A 500/475-425/400 v. Chr. 2 Eisenzeit 1 Duxer, Münsinger Fibel B 425/400-300/275 v. Chr. 2 1 LaTène C 300/275-150 v. Chr. Fibel nach Mittellatèneschema 2 1 Nauheimer Fibel D 150 v. Chr. – Röm. Kaiserzeit 2 Geschweifte Fibel Theresa-Susanna Illés Überleben und im Falle von Bre- tonisch sogar um die bloße Aner- kennung als Minderheitensprache Die keltischen Sprachen kämpfen (vgl. Broudic 1999, und http://www.ofis-bzh.org/fr/langue_ bretonne/index.php). Es gibt prak- tisch keine monolingualen Sprecher einer keltischen Sprache, was den sozialen Druck noch erhöht. Die modernen keltischen Spra- chen sind einander in mancher Einführung indogermanischen Sprachfamilie Hinsicht ähnlich, jedoch im Allge- nach zeitlichen und geografischen meinen nur bedingt bis gar nicht Die Keltischen Sprachen bilden eine Gesichtspunkten unterteilt, da eine gegenseitig verständlich. Die vor- Untergruppe der indogermanischen eingehendere linguistische Differen- handenen Ähnlichkeiten liegen vor (indoeuropäischen) Sprachfamilie, zierung den Rahmen dieses Beitrags allem in der Struktur; so steht das der sie aufgrund eindeutiger, aus- sicher sprengen würde. Verb grundsätzlich am Satzanfang schließlich linguistischer Kriterien, Die erste Gruppe bilden die ‚kon- (vgl. Schottisch-Gälisch Ruith iad und nicht etwa aufgrund irgendwel- tinentalkeltischen Sprachen‘, die ‚Liefen sie‘ = ‚Sie liefen‘), der Wort- cher angenommener kultureller in einem Zeitraum von etwa 1000 anlaut durchläuft regelmäßige oder gar ethnischer Ähnlichkeiten Jahren (ca. 600 v. Chr. bis ca. 400 Ver änderungen (die sogenannten ihrer Sprecher, zugerechnet werden. n. Chr.) in großen Teilen Zentraleu- Anlautmutationen: z.B. Kymrisch Die Bezeichnung indogermanisch ropas und einer Region Kleinasiens (= Walisisch) tad ‚Vater‘ > fy nhad wird im Deutschen verwendet und (vom heutigen Spanien bis nach Ana- ‚mein Vater‘, ei thad ‚ihr (w.) Vater‘), bezieht sich auf die zur Zeit der tolien und von der flandrischen Küs- es gibt konjugierte Präpositionen Prägung dieses Begriffs bekannten te bis nach Norditalien) gebraucht (etwa Irisch orm ‚auf mir‘, ort ‚auf westlichsten (i.e. isländisch = ger- wurden. Die Sprachen der zweiten dir‘, air ‚auf ihm‘, uirthi ‚auf ihr‘, manisch) und östlichsten (indische Gruppe werden als ‚inselkeltische etc. zu ar ‚auf’) aber kein Wort für Sprachen), alles Nachfahren einer Sprachen‘ bezeichnet, da sie auf den ‚haben‘, und dergleichen. rekonstruierten „Ursprache“. Es sei britischen Inseln beheimatet sind Bei den keltischen Sprachen an dieser Stelle mit Nachdruck dar- und von etwa 400 n. Chr. z. T. bis in allgemein liegen die Ähnlichkeiten auf hingewiesen, dass der von Laien die heutige Zeit Verwendung finden zueinander eher in ihrer gemein- gebetsmühlenartig vorgebrachte (vgl. Stifter 2006: 3-7). Während kel- samen Entwicklungsgeschichte: So Vorwurf des indogermanistischen tische Sprachen auf dem Kontinent ist z. B. allen keltischen Sprachen Eurozentrismus ins Leere läuft – also in erster Linie aus antiker Zeit der Verlust des Lautes /p/ gemein, Urindogermanisch wird nicht als bekannt sind, liegen die frühesten der später durch Entlehnung oder Sprache eines Urvolkes angesehen Belege auf den britischen Inseln weitere Entwicklungen erneut ent- (da, wie allgemein bekannt, Sprache hauptsächlich im frühen Mittelalter. steht. Demgemäß ist die Entspre- und ethnische Zugehörigkeit nicht Es ist daher nicht unproblematisch, chung des deutschen Wortes Furt ursächlich zusammenhängen), ja direkte Verbindungen zwischen (English ford, Lateinisch portus) nicht einmal als einheitliche Spra- europäischen Kelten (im Sinne von Kymrisch: rhyd und Gallisch: ritu-. che, sondern es handelt sich dabei keltischsprachigen Bevölkerungen) Das griechische platýs (deutsch – um ein weitgehend ‚mathematisches‘ und den modernen keltischen Spra- entlehnt – platt) entspricht: Irisch Konstrukt, das, so man es unbedingt chen und deren Sprechern und Kul- leathan, Kymrisch llydan und Gal- auf die tatsächliche Welt umlegen turen in Großbritannien, Irland und lisch litano- (vgl. Russell 1995: 12; will, eine ganze Reihe von Varietäten Westfrankreich herzustellen. siehe auch Lambert 1997: 16-7). jeglicher Couleurs umfasst. Dass Einen stark vereinfachten Über- dieses System einer hypothetischen Gemeinsamkeiten und blick über die Verwandtschaftsver- Ursprache als Arbeitswerkzeug funk- Verwandtschaft hältnisse unter den einzelnen kel- tioniert, belegen unter anderem die tischen Sprachen bietet die folgende erfolgreichen Interpretationsver- Gemeinsam ist allen noch lebenden Aufstellung († = ausgestorben): suche z.B. des Keltiberischen (Zur keltischen, also inselkeltischen, Entwicklung der Nomenklatur siehe Sprachen, dass sie als Sprachinseln z.B. Wachter 1997). innerhalb der Verbreitungsgebiete Im Folgenden werden die Spra- deutlich dominanter Weltsprachen chen der ‚keltischen‘ Subgruppe der (Englisch und Französisch) ums historische s ozialkunde • 17

1 Kumbrisch war eine mit dem Walisischen näher verwandte Sprache aus Südschottland, die dort von (Schottisch-)Gälisch im Laufe des frühen Mittelalters verdrängt wurde. Nach Stifter (2006: 1). Alternative Darstellungen und eine Zusammenfassung der verschiedenen Verwandtschafts- und Abstam- mungstheorien finden sich u. a. in Russell (1995: 16-20).

Kontinentalkeltisch keltischen: es gibt keine erkenn- auch als gallischer Dialekt ange- baren Anlautmutationsmuster, und sehen. Das sog. Lugano-Alphabet, Dieser Begriff bezieht sich auf die die Wortstellung scheint auch im in dem auch das cisalpine Gallisch antiken keltischen Sprachen, die Allgemeinen eher dem in indoger- geschrieben wurde, ist eine Vari- allesamt keine direkten Nachfahren manischen Sprachen üblicheren ante des Etruskischen (vgl. Uhlich in heutiger Zeit besitzen. Deshalb Subjekt-Verb-Objekt-Muster zu 1999). Es ist unter anderem durch gehören die Berichte antiker (und entsprechen (Eska & Evans 1993: Weihe- und Grabinschriften sowie nachantiker) Autoren zu den wich- 33-45). Sie werden in mindestens Münzlegenden belegt. tigsten Quellen für diese Sprachen, vier Untergruppen gegliedert: Keltiberisch schließlich ist eine welche selber meist nur fragmenta- Gallisch nennt man die Sprache keltische Sprache im heutigen risch belegt sind (das allerdings eben oder Sprachen, die auf das heutige Nordspanien, belegt aus dem 3. bis quer durch Europa bis nach Kleina- Frankreich/Belgien (transalpines 1. Jh. v. Chr., und unterscheidet sien). Ein weiteres Problem ist die Gallisch) und das nördliche Ita- sich merklich von den anderen Tatsache, dass viele klassische Au- lien (cisalpines Gallisch) verteilt kontinentalkeltischen Sprachen. toren den Begriff Celtae oder Keltoi war(en). Transalpines Gallisch ist in Die meisten der größtenteils in ibe- oft gleichbedeutend mit „Barbaren“ griechischer und lateinischer Schrift rischer Schrift verfassten Texte (vor benutzten, sodass die Zuweisung belegt; dabei handelt es sich meist allem die Botorrita Tafeln I, III und einer dieser Bezeichnungen noch um Grab- oder Weiheinschriften, IV) wurden erst in den letzten 30 nicht notwendigerweise bedeutet, flotte Sprüche auf Spinnwirteln Jahren entdeckt (vgl. Stifter 2006: dass es sich dabei auch um eine oder Trinkgefäßen sowie sonstige 6-7; Jordán Cólera 1998: 1-2). keltischsprachige Bevölkerung ge- Graffiti und Münzlegenden. Der Das aus Kleinasien bekannte handelt haben muss – von etwaiger Kalender von Coligny (vgl. Lambert Galatisch ist nur äußerst bruch- ethnischer Zugehörigkeit ganz zu 1997: 109-15) ist dabei besonders stückhaft und durch Vermittlung schweigen (vgl. Russell 1995: 3). hervorzuheben. römischer und griechischer Auto- Die kontinentalkeltischen Spra- Lepontisch ist eine frühe Sprache ren belegt (Freeman 2001; Stifter chen unterscheiden sich in ihrer (ca. 700–400 v.Chr.) aus der Gegend 2006: 6), weshalb es schwierig ist, Struktur noch stark von den insel- der Stadt Lugano (CH), und wird es zu anderen keltischen Sprachen 18 • historische s ozialkunde in Relation zu setzen. Es scheint wobei es sich hauptsächlich um der allerdings, obwohl die Grundlage aber dem Gallischen recht ähnlich Namensnennungen im Genitiv des Irischunterrichts an den Schulen gewesen zu sein. Die direkten und handelt. Ogamsteine finden sich sowie (theoretisch) die Sprache der indirekten Belege weisen auf den in Irland, auf der Insel Man und in Verwaltung, von Muttersprachlern Gebrauch des Galatischen von etwa Teilen von Wales etwa vom späten 4. gemeinhin eher abgelehnt wird, 280 v. Chr. bis ins 6. Jh. n. Chr. (vgl. bis ins 7. Jh. n. Chr. – Meldungen, und sich auch hauptsächlich als Freeman 2001: 1-12). wonach z. T. noch ältere Inschriften geschriebener Standard versteht. in Amerika entdeckt worden sein Irisch Gälisch als Muttersprache Inselkeltisch sollen, entspringen esoterischem existiert hauptsächlich in den soge- Wunschdenken und sind nicht ernst nannten -Gebieten, offiziell Dieser Begriff beinhaltet die mo- zu nehmen (vgl. McManus 1991). irischsprachigen Gegenden vor allem dernen keltischen Sprachen und entlang der West- und Südküste Ir- deren Vorstufen. Innerhalb dieser irisch-Gälisch (IG) trennt sich etwa im lands (vgl. Ó Siadhail 1989: 2-8), wo Gruppe wird zwischen gälischen (goi- 13. Jhdt. von Schottisch Gälisch und die Sprache jedoch mehr und mehr delischen) und britannischen (bri- Manx (Broderick 1993: 229). Nach an Sprechern verliert. In Nordirland, tischen) Sprachen unterschieden. der Eroberung durch die Engländer wo Irisch Gälisch mittlerweile auch lange Zeit verboten oder bestenfalls einen halboffiziellen Status besitzt, Goidelisch geduldet, sollte Irisch Gälisch nach haben sich vor allem in Belfast in den Hierzu gehören jene Sprachen, die der Unabhängigkeit 1922 offiziell als letzten Jahrzehnten einige Sprecher- sich aus dem Altirischen entwickelt erste Staatssprache wiedereingesetzt gemeinschaften gegründet, die eine haben: Irisch Gälisch (Gaeilge, werden, was jedoch nur in der Theo- eigene Varietät bevorzugen, welche Gáidh lic, Gaeluinn), Schottisch Gä- rie gelungen ist (Zur Geschichte u.a. auf dem Ulsteririschen basiert (Siehe lisch (Gàidhlig) und Manx (Gaelg). Ó Breasláin & Dwyer 1995). Trotz http://www.ultach.org/). Mit dem Ul- Das Altirische entsteht in Irland, seines offiziellen Status fristet es tach Trust existiert eine Vereinigung von wo es sich nach Schottland nach wie vor eher ein Schattendasein, zur Förderung der irischen Sprache (über die irische Kolonie Dal Riada, denn wenn auch das Interesse in den in Nordirland (Zu IG in Belfast vgl. etwa 500 n. Chr.) und auf die Insel letzten Jahren zu steigen scheint, so Maguire 1991 und O’Reilly 1998: Man (etwa 4.–5. Jh.) ausbreitet. sinkt die Zahl der kompetenten Spre- 22-4). Durch den Friedensprozess Altirisch zeichnet sich durch ein cher doch weiterhin. Irisch Gälisch des letzten Jahrzehnts hat sich auch extrem komplexes Verbalsystem wird in drei traditionelle Hauptdia- die Situation des Irischen Gälisch aus, sowie durch eine eigene Or- lekte aufgeteilt, nämlich Munster- etwas verbessert; die Gründung der thographie, die auf einer britischen oder Südirisch, Connacht- oder Schreibung des Lateinischen be- Westirisch, und Donegal-, Ulster- ruht. Das früheste Gälisch wurde oder Nordirisch; daneben in einer eigenen Schrift, dem so gibt es einen offiziellen genannten Ogham oder Ogam (cf. Standard, den sogenann- Russell 1995: 208-11) geschrieben, ten Caighdeán Oifigiúil,

Ein Ogham-Stein bei Craig in der Grafschaft Ogham-Schrift Tyrone, Irland (Privatfoto) historische s ozialkunde • 19 grenzüberschreitenden Vereinigung 1974. Andererseits gab und gibt es schreibung der Geschichte des W ist Foras na Gaeilge 1999 vereinfachte eine ungebrochene Tradition des u.a. in Davies 1999 zu finden). Heute die Kommunikation zwischen den Manx als Zweitsprache, so dass man wird Walisisch von etwa 600.000 diversen Organisationen, und das auch nicht von einer echten Wie- (immerhin ca. 22% der Gesamtbe- Erziehungsministerium finanziert derbelebung sprechen kann. Manx völkerung; Board mittlerweile Irischkurse in Nord - zeigt stärkere Einflüsse des Nor- 2006: 7) Menschen gesprochen, irland. wegischen, hat aber auch sehr viel aufgeteilt auf zwei Hauptdialekte Im Laufe seiner Geschichte hat Material aus dem Französischen, (Norden und Süden), die sich aber das Irische eine Unzahl von Lehn- Englischen und den britannischen im Großen und Ganzen nicht allzu wörtern aufgenommen, beginnend Sprachen übernommen (Broderick sehr voneinander unterscheiden. mit Elementen aus dem Lateini- 1993: 282-3). Es unterscheidet sich Dazu kommen noch eine Anzahl schen, dem Altnordischen, dem von Irisch und Schottisch Gälisch von Muttersprachlern außerhalb Französischen und zuletzt vor allem zunächst und am offensichtlichs- von Wales, z.B. im argentinischen dem Englischen, aus dem bis heu- ten durch die (frühneu-)englische Patagonien. te massiv entlehnt wird, bis hin Orthographie. Traditionelles Manx Um Bretonisch (B) steht es wesent- zu echter Sprachmischung. Der wird in die zwei Dialekte Nord und lich schlechter. Die französische Ver- Volkszählung 2006 zufolge gibt es Süd-Manx geteilt; die derzeitige fassung sieht keinerlei Minderheiten- in Irland derzeit etwa 1,7 Mio. Men- Sprecherzahl ist aber unsicher sprachen oder von der französischen schen mit Irischkenntnissen (ca. und liegt wohl bei einigen hundert abweichende Kulturen vor, weshalb 41%), von denen jedoch bei weitem Personen. 1985 wurde Manx (wenn Bretonisch bis heute keine voll an- nicht alle die Sprache auch täglich auch in eingeschränktem Maße) als erkannte Sprache ist. Die UNESCO verwenden (Stationary Office 2007: eine offizielle Sprache der Insel Man stuft es daher mit seinen auf zwei 29-30). anerkannt. Hauptdialektgebiete (eine westliche und eine östliche Gruppe) verteilten schottisch-Gälisch (SG) existiert Britannisch ca. 270.000 Sprechern als extrem in unterschiedlichen Dialekten, Diese Gruppe umfasst Walisisch oder gefährdete Sprache ein (vgl. http:// die aber meistens zu zwei großen Kymrisch (Cymraeg), das im 18. Jh. www.ofis-bzh.org/fr/langue_breto- Gruppen zusammengefasst werden ausgestorbene und mittlerweile nne/index.php). Das Hauptproblem (westliches Hochland und westliche wiederbelebte Kornisch (Kernewek) des Bretonischen ist dabei, dass die Inseln gegenüber den Gegenden im in Cornwall, sowie das ebenfalls einzelnen Sprecher mehr und mehr äußersten Norden, Osten und Sü- zu den inselkeltischen Sprachen voneinander isoliert sind und das den, vgl. Gillies 1993: 146). Durch zählende Bretonisch (Brezhoneg) Sprachgebiet massiv von Französisch die zunehmende Popularität als in Frankreich. durchsetzt ist – auch wenn die neuen Identifikationssymbol der Autono- Kymrisch (oder Walisisch, W) ist Medien sich als probates Mittel zur miebewegung beginnt sich eine Art im Hinblick auf Sprecherzahlen und Knüpfung von Sprechernetzwerken Standard herauszukristallisieren, Verwendung wohl eine der besser erweisen dürften. Seit den siebziger da seit der Wiedererstehung eines gestellten keltischen, mit Sicherheit Jahren ist es Schulen in der Bretagne schottischen Parlaments in Edin- aber die am besten gestellte britan- immerhin gestattet, bretonischspra- burgh Schottisch Gälisch auch in nische Sprache. Dabei kam dem Wa- chigen Unterricht anzubieten, bzw. Schottland wieder halboffiziellen lisisch zugute, dass seine Sprecher gibt es seit 1977 eine Reihe rein bre- Status genießt (vgl. Office of Public dem protestantischen Glauben (in tonischsprachiger Schulen, die soge- Sector Information 2005). Doch verschiedenen Ausprägungen) ange- nannten -Schulen („Knospe“) auch diese Sprache verliert laufend hören – so blieb ihm das Schicksal (Humphreys 1993: 635). Bretonisch an Sprechern; derzeit liegt die des Irisch Gälisch erspart, als Identi- wird zu den inselkeltischen Sprachen Zahl bei etwa 59.000, die Mehrheit fikationssymbol einer abweichenden gezählt, obwohl es auf dem Konti- davon jedoch fortgeschritteneren Glaubensrichtung angefeindet zu nent gesprochen wird, denn generell Alters. Etwa 92.000 Personen (2% werden. Der Übergang von Britan- gilt es als die Sprache britischer der Gesamtbevölkerung) geben nisch zu Walisisch erfolgte etwa Einwanderer im frühen Mittelalter. an, irgendwelche Kenntnisse des im 5. oder 6. Jh. n. Chr. Aus der Inwieweit noch kontinentalkeltische Schottisch Gälisch zu besitzen (Ge- frühesten Geschichte ist recht wenig Einflüsse im Bretonischen zu finden neral Register Office for Scotland Material belegt. Seit dem Mittelalter sind, ja ob es sich nicht überhaupt 2005: 15). gerät Walisisch jedoch zunehmend um eine Mischsprache handelt, ist in Konflikt mit Englisch, wobei vor viel und hitzig diskutiert worden, Manx-Gälisch (MG) gilt offiziell als allem die Industrialisierung des konnte aber bis heute nicht eindeu- im 20. Jh. ausgestorben. Der letzte 18./19. Jahrhunderts große Auswir- tig geklärt werden (vgl. Humphreys Muttersprachler Ned Maddrell starb kungen hatte (Eine ausführliche Be- 1993: 609-10). 20 • historische s ozialkunde

Kornisch (K) hat das mögliche http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/ seien an dieser Stelle einige kleine Schicksal des Bretonischen bereits england/cornwall/7408686.stm und Kostproben aufgeführt. hinter sich – die Sprache gilt seit http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/ dem späten 18. Jahrhundert offi- england/cornwall/7074487.stm). Aus Ausblick ziell als ausgestorben (die letzte diesem Grund unterscheidet man Muttersprachlerin soll eine gewisse auch zwischen dem so genannten Die Zukunft des keltischen Zweigs Dolly Pentreath gewesen sein, wel- „Neokornischen“ (d. h. der Sprache der indogermanischen Sprachfa- che 1777 starb), obgleich es noch in ihrer jüngst wiederbelebten Form) milie ist nach wie vor unsicher, längere Zeit danach eine Gruppe und dem Spätkornischen, eben jener auch wenn sich die Vorzeichen und von Gelehrten gab, die die Sprache verlorenen Sprachform des späten Bedingungen etwas zum Positiven am Leben oder zumindest für die 18. Jahrhunderts (vgl. Wmffre 1998). gewandelt haben. Das größte Pro- Nachwelt erhalten wollten (Geor- blem ist nach wie vor der stetige ge & Broderick 1993: 644-54; vgl. Beispiele Rückgang der traditionellen Spre- Tschirschky 2006: 105-123;). Seit cher bei bestenfalls nur geringer dem späten 19. Jahrhundert gibt es Da auch die modernen keltischen Zunahme an neuen Sprechern in allerdings vermehrte Anstrengungen Sprachen den wenigsten Mitteleuro- den dominantsprachigen Gebieten. die Sprache (auch als Muttersprache) päern vertraut sind (welcher „Laie“ Dennoch scheint es, als wäre diesen wiederzubeleben – so hat man sich würde eine dieser Sprachen als Sprachen trotz aller Widrigkeiten in jüngster Zeit endlich auf eine „keltisch“ erkennen, sollte er uner- eine Zukunft beschieden. Standardschriftsprache geeinigt (vgl. wartet damit konfrontiert werden?),

Guten Morgen! Wie geht’s? (Mir geht’s) gut. Danke! Cad é mar atá tú? (Tá mé) go maith. Cén chaoi a bhfuil tú? (Táim) go maith. Maidin mhaith! Go raibh maith agat! IG Conas taoi? Dia dhuit ar mhaidin! Go raibh maith ‘ad! Conas tánn tú? Conas atá tú? Dè mar a tha thu? (Tha mi) gu math. Teapadh leat! SG Madainn mhath! Ciamar a tha thu? Gu rabh math agad! Cionnas tha thu? Moghrey mie! MG Kys t’ou? (Ta mee) braew. Gura mie ayd! Maddin vie! Sut wyt ti? (Rydw) yn dda. W Bore da! Shw mae? Da iawn. Diolch! Pa hwyl? Mont a ra mat (ganit)? ➞ Ya, mont a ra mat ganin. B Demat!* Mat an traoù (ganit)? ➞ Ya, mat-tre. Trugarez! Penaos ‘mañ ar bed ganit? Mat-tre. Yn poynt da. Meur ras! K+ Myttin da! Fatla genes? Da lowr.

* eigentlich „Guten Tag!“ + Kernewek Kemmyn, oder Gemeinkornisch, eine der drei sich bis vor Kurzem im Umlauf befindlichen Versionen. historische s ozialkunde • 21

LITERATUR

(die online-ressourcen sind auf dem stand vom 27.6.2008)

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Internetlinks: http://www.learnmanx.com/ (MG online lernen) http://www.gaelg.iofm.net/eMenu.html (infos zu MG) http://titus.uni-frankfurt.de (infos und links zu allen indo-germanischen sprachen) http://www.linguae-celticae.org/lernen.htm (infos zum lernen keltischer sprachen) http://www.ofis-bzh.org/index.php (bretonische sprachbewegung) http://www.uni-due.de/di/ (seite über iG, von raymond hickey) http://www.bbc.co.uk/scotland/ http://www.bbc.co.uk/scotland/alba/radio/ (unter „Èist beò“ gibt’s sG im radio) http://www.rte.ie/rnag/index.html (unter „r na G beo“ kann man iG radio hören) http://www.tg4.ie/ oder www.tg4.tv (iG im Fernsehen) http://www.s4c.co.uk/ (W im Fernsehen) http://www.bbc.co.uk/wales/ oder http://www.bbc.co.uk/cymru/ (unter „Gwrando’n fyw“ gibt’s W im radio) http://www.radiofrance.fr/chaines/france-bleu/?tag=Breiz (B im radio)

Ausgewählte weiterführende Literatur auf unserer Homepage: http://vgs/univie.ac.at Jutta Leskovar Zeitraum ab: Von ungefähr 750 bis ungefähr 450 v. Chr. blühte die ältere Eisenzeit, die in einem bestimmten Die Hallstattzeit und Mitterkirchen Raum tatsächlich ‚hallstättisch’ ist. Dieser bestimmte Raum erstreckt sich, und das können naturgemäß nur ungefähre geographische An- gaben sein, von Ostfrankreich über die Nordschweiz, Südwest- und Südostdeutschland, Böhmen, Mäh- ren, Ober- und Niederösterreich, Den Beginn der Forschungsge- ropa nach eben diesem Fundort als das Burgenland, Westungarn, den schichte der Hallstattzeit könnte „hallstattzeitlich“ zu benennen. Dies inneralpinen Raum von Tirol bis zur man mit dem Auftreten der ersten bürgerte sich ab sofort innerhalb der Steiermark und bis in den Südosten Funde im namengebenden Fund- Forschung ein. nach Slowenien. ort Hallstatt markieren (30er Jahre Bestimmte Objektgruppen wie Ein so großer Raum muss in sich des 19. Jahrhunderts) oder aber, Schwerter bzw. Dolche, Messer, gegliedert sein, nicht nur um Archäo- und vielleicht passender, mit dem Schmuckgegenstände und Keramik logInnen die Arbeit zu erleichtern. Jahr 1874, als ein gewisser Hans liefern seither dem auch nur mäßig Es gibt sichtbare Unterschiede in Hildebrand auf einem Kongress in geübten Blick die gedanklichen der materiellen Kultur, die teilweise Stockholm vorschlug, das Material Folien für „Hallstattzeit“. Diese Ob- so groß sind, dass man mittlerweile der älteren Eisenzeit in Mitteleu- jekte stecken den (derzeit gültigen) bereits von „Hallstattkulturen“ statt von „Hallstattkultur“ spricht, denn letztere verführt allzu leicht zur Vorstellung einer Einheitlichkeit, die von der archäologischen Evi- denz nicht ableitbar ist. Trotzdem herrscht innerhalb des „Hallstatt- raumes“ untereinander größere kulturelle Ähnlichkeit als zum Be- reich außerhalb, was letztlich nach wie vor die Rechtfertigung für den verbindenden Terminus „Hallstatt“ als Bezeichnung für eine archäolo- gische Erscheinung liefert. Die aktuelle Gliederung teilt vor- erst in Ost und West. Die geogra- phischen Ränder haben es mit der eigenen Zuweisung hier einfach: Niederösterreich liegt natürlich im Ostkreis, Südwestdeutschland natürlich im Westkreis. Schwieriger wird es für die archäologischen Regionen in der Mitte, denn eine Grenzziehung zwischen „archäo- logischen Kreisen“ ist alles andere als einfach. Das Material deutet auf eine Grenzzone irgendwo in oder bei Oberösterreich. Die Ähnlichkeiten zwischen böhmischem, südostdeut- schem und oberösterreichischem Material und die Unterschiede zu den Hallstatt-Regionen weiter westlich und östlich haben jedoch auch schon Zeichnung von Gräbern in Hallstadt (Johann Georg Ramsauer) die Diskussion über einen möglichen Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Hallstatt_culture_ramsauer.jpg „mittleren Hallstattkreis“ entfacht. historische s ozialkunde • 23

Hallstatt selbst, gelegen in den waren, bevor man den Hügel auf- leider nicht mehr nachvollziehbar. oberösterreichischen Alpen, liegt schüttete, waren durch die spätere Auch die Mitte der Kammer diente nicht nur in einer Grenzzone zwi- landwirtschaftliche Tätigkeit in meistens der Aufbewahrung von schen Osten und Westen, sondern Mittelalter und Neuzeit und nach Essbarem: Knochen deuten auf auch zwischen Norden und Süden. dementsprechender Abtragung Speisebeigaben hin, häufig begleitet Der inneralpine Bereich stellt neben der Grabhügel bereits schwer in von einem nützlichen Messer. Zu be- dem „Ostkreis“ und dem „West- Mitleidenschaft gezogen. Teilweise denken ist der Gedankenfehler, der kreis“ ein teilweise eigens davon zu lagen die Funde in der Ackerschicht, häufig zum Glauben an das Fehlen beurteilendes Phänomen dar – von und alte Mitterkirchner erzählten von Speisebeigaben führt, wenn kei- dem Hallstatt als prähistorischer von ganzen Scherbenfeldern nach ne Knochen mehr vorhanden sind: Sonderfall ein Teil ist. Die Bedeutung besonders tiefen Ackerungen. Die Schweinsmedaillons hinterlassen des Ortes Hallstatt soll nur kurz trauernde Archäologie hat sich auf als qualitativ hochwertiges Fleisch umrissen werden: An das älteste die Dinge zu konzentrieren, die sie weniger Spuren als Ripperl … Salzbergwerk der Welt mit der ältes- noch retten konnte … Für die Archäologie wichtig sind ten erhaltenen Stiege der Welt samt Gerettet wurden um die 1000 jene Objekte, die von den toten Men- unzähligen gut erhaltenen Funden, Objekte – vor allem Keramik, aber schen am Leib getragen wurden – welche eine dichte Rekonstruktion auch viele Metallgegenstände. Die die sogenannten Trachtbestandteile. der technischen Abläufe im Bergwerk Menschen, die in Mitterkirchen Mitterkirchen lieferte Bernstein- ermöglichen, schließt sich eines der ihre (vor-)letzte Ruhe fanden, wa- ketten, Fuß- und Armringe, Gürtel, reichsten Gräberfelder des Hallstat- ren jeweils an der Südwand ihrer Fibeln, Nadeln, Toilettbesteck usw. traumes an, dessen Erforschung bei Grabkammer niedergelegt worden. Waffen wie Lanzenspitzen und weitem noch nicht abgeschlossen In der Nordostecke hatten ihre Schwerter, außerdem Helme ergän- ist. Das Salz hatte spätestens seit Angehörigen den Geschirrsatz, zen das umfangreiche Spektrum. der Bronzezeit Menschen in diese der aus bis zu 20 Gefäßen beste- Kleine Kinder erhielten ebenfalls abgelegene Gegend gezogen, und hen konnte, abgestellt. Das Gefäß dem Schema entsprechende Grab- dieses Salz musste seit frühester Zeit im äußersten Eck war dabei fast ausstattungen, wenn auch mit we- transportiert werden. Eine Route immer sehr groß – ideal geeignet niger Material. Eine Besonderheit führt über die Traun nach Norden zur zur Aufbewahrung von Getränken. in ihren Gräbern sind kleine tönerne Donau, von dort donauabwärts. Hier, Diese Interpretation wird noch Kugeln mit rasselndem Inhalt. am Nordufer der Donau, im heutigen gestützt durch kleine Trinkschalen, Was Mitterkirchen allerdings be- Bezirk Perg, liegt Mitterkirchen. die sich häufig in diesen großen rühmt machte, ist die Ausstattung Gefäßen fanden. Welche Speisen zweier Gräber mit Wagen. Eines da- Fundort Mitterkirchen und Getränke in diesen und anderen von dürfte bereits in der Hallstattzeit Gefäßen aufgewahrt wurden, ist bedeutend genug gewesen sein, um 1980 ackerte ein Landwirt ein grünes Objekt aus, das die Zuständigen im Oberösterreichischen Landesmuse- um auf den Plan rief. 10 Jahre und 10 Grabungskampagnen später war ein aus mindestens 80 Gräbern bestehendes Gräberfeld freigelegt. Teilweise einzeln, teilweise in Grup- pen waren in der frühen Hallstatt- zeit (Stufe Hallstatt C) so genannte Kammergräber unter Grabhügeln errichtet worden. Für einige dieser aus schweren Holzbohlen gezim- merten Kammern waren zuerst Gruben ausgehoben worden, bevor man die Kammer hineinsetzte, mit ihrem Inhalt füllte, verschloss und den Hügel darüber aufschüttete. Diese Grabkammern zeigten sich während der Grabung als sehr gut Rekonstruktion des Grabes erhalten. Die anderen, die nur auf Quelle: Manfred Pertelwieser, Dr. Vlasta Tovornik, Führer Urgeschichtliches Freilicht- die Erdoberfläche aufgesetzt worden museum Mitterkirchen, Mitterkirchen 1985 24 • historische s ozialkunde es wieder zu öffnen und den Inhalt daraus zum großen Teil zu entfernen. Ob die dahinterliegende Absicht nur Bereicherung war, oder ob andere Motive angenommen werden müs- sen, ist leider nicht mehr nachvoll- ziehbar. Das zweite Grab blieb in der Hallstattzeit unberührt und konnte archäologisch untersucht werden, obwohl es wie viele andere bereits durch den Pflug arg in Mitleiden- schaft gezogen worden war. Grab X/1 war die Kammer einer Frau. Ihr Geschlecht wurde mittels DNA-Analysen belegt. Die häufig von ForscherInnen gepflegte Praxis, toten Menschen anhand ihrer Beiga- ben ein biologisches Geschlecht zu- zuweisen (typische „Gleichungen“ wären hier „Spinnwirtel = Frau“ Begräbniswagen von Mitterkirchen (Privatfoto) oder „Schwert = Mann“), ist grund- sätzlich abzulehnen. Nur die Ergeb- erkannt wurden, weil die Wagen sich Wagens gewesen sein müssen, waren nisse der physischen Anthropologie spurlos aufgelöst hatten. bereits schwarz gefärbt. In Analogie oder, wie in diesem Fall, der Analyse In Mitterkirchen jedoch bot sich zur typischen schwarz-roten Ke- von vorhandener alter DNA können durch die sorgfältige Dokumenta- ramik der westlichen Hallstattwelt einigermaßen gesicherte Ergebnisse tion der Lage aller Metallteile und gab Pertlwieser „seinem“ Wagen erbringen. Auch hier kann es durch ihre sofortige Bergung und Kon- diese beiden Farben. Es ist eine mangelnde Erhaltung zu Problemen servierung die Chance, den Wagen Rekonstruktion, aber eine durchaus kommen. Bei der Mitterkirchnerin zu rekonstruieren. Beim ersten wahrscheinliche. im reichen Wagengrab lautet das Versuch wurden Teile der Verzierung Ob der Wagen in der Hallstattzeit Ergebnis „zu 80% weiblich“, was bei noch als Bestandteile eines auf dem nun rot war oder nicht – er war si- alter DNA ein ausgesprochen hoher Wagenkasten stehenden Stuhles cherlich ein eindrucksvolles Gefährt. Prozentsatz ist. interpretiert und dementsprechend Abnutzungsspuren belegen, dass er Sie war nicht wie ihre Zeitge- nachgebaut. Weitere Studien erga- nicht nur für eine einzelne Fahrt ins nossInnen auf dem Kammerboden, ben aber die höhere Wahrscheinlich- Grab, sondern durchaus häufiger sondern auf einem Wagenkasten keit einer erhöhten Rückwand des benutzt worden war. Die konkreten bestattet worden. Die Räder des Wagenkastens, auf dem die Zierteile Gelegenheiten lassen sich nicht Gefährts waren abgenommen und in der Rekonstruktion ebenfalls Platz mehr rekonstruieren, doch häufig an der Kammerwand aufgestellt fanden. Einige Zier elemente wiesen werden sie mit der Idee von Prozessi- worden. Der Wagen bestand zum kleine Nägelchen auf der Rückseite onsfahrten in Verbindung gebracht. überwiegenden Großteil aus Holz, auf – sie waren also direkt am Holz Intensiv diskutierbar ist natürlich nur stark beanspruchte Teile wie festgenagelt gewesen. Dies führte der soziale Status der Personen, de- Radreifen und Radnaben waren den Ausgräber und Rekonstrukteur nen ein solcher Wagen mit ins Grab aus Eisen, zahlreiche Zierteile am des Wagens, Manfred Pertlwieser, gegeben worden war. Handelt es sich Wagenkasten aus Bronze. Technisch zur berechtigten Annahme, das Holz um „die Herrschaft“? Oder um eine gesehen benötigt ein solcher Wagen sei farblich gestaltet gewesen: Glän- Art PriesterInnenschaft? Oder ein- keinerlei Metallteile. Archäologisch zende Bronze auf unbehandeltem fach um reiche Leute? Stecken völlig gesehen ist man für jedes Metallob- Holz stellt einfach zu wenig Kontrast andere gesellschaftliche Zustände jekt dankbar, das Aufschluss über dar. Diesen Gedanken hatten auch dahinter, die wir uns überhaupt das ursprüngliche Aussehen geben schon andere ArchäologInnen, wes- nicht mehr vorstellen, dement- kann, wenn nach 2700 Jahren sämt- wegen es in der modernen „rekons- sprechend auch nie rekonstruieren liches Holz bereits vergangen ist. In- truierten Hallstattwelt“ zahlreiche können? Der Mangel dieser Epoche sofern besteht die Möglichkeit, dass schwarz gebeizte Hallstattwagen an Schriftquellen, die uns als einzige im Laufe der Forschungsgeschichte gibt. Pertlwieser entschied sich aller- Quellengattung mehr Aufschluss zahlreiche Wagengräber im gesam- dings für Rot. Denn die Lederstrei- über diese Fragen geben könnten, ten Hallstattraum nicht als solche fen, die laut Befund ebenfalls Teil des wird hier schmerzlich deutlich. historische s ozialkunde • 25

und Kelten, und tatsächlich hielten sich beide sehr lange recht hartnä- ckig als „Hallstattvölker“. Die Illyrer wurden erst in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts als forschungs- geschichtlicher Irrtum entlarvt, der sich nichtsdestotrotz noch in so manchem Buch wiederfindet. Die Kelten jedoch werden teilwei- se bis heute noch als jenes „Volk“ betrachtet, das zumindest in der späten Hallstattzeit (Stufe Hallstatt D) die Hallstattregionen bevölkerte. Ob diese Betrachtung stimmt lässt Museumsdorf Mitterkirchen Quelle: Manfred Pertelwieser, Dr. Vlasta Tovornik, Führer Urgeschichtliches Freilicht- sich nur bedingt beantworten. Denn museum Mitterkirchen, Mitterkirchen 1985 die Thematik hängt eng mit der Fra- gestellung nach der Definition von „Volk“ ganz allgemein und der von Das Wagengrab der Frau enthielt te wie damals allerdings unendlich „Kelten“ im Speziellen zusammen. noch ein weiteres spannendes Ob- vielfältiger. Die Archäologie definiert ihre jekt, bzw. ein Objektpaar. Zwei auf Kulturen über das Material, das sie den ersten Blick unscheinbare Ge- Die Menschen von Mitterkirchen ausgräbt und bestimmt. Die Sprach- fäße waren neben und unter dem wissenschaft sortiert Sprachen und Wagenkasten abgestellt worden. Zum Abschluss ergibt sich daraus all ihre Teile. Die Numismatik tut Ihre kulturhistorische Bedeutung eine weitere spannende Frage, die dasselbe mit Münzen. Und Caesar ist allerdings groß: Es handelt sich auch deshalb spannend bleibt, weil und seine Zeitgenossen sowie einige um zwei so genannte Kalenderberg- sie ebenfalls nicht zu beantworten vor und nach ihnen sprachen von gefäße. Die Kalenderbergkultur ist ist: Wer waren die Bewohnerinnen „Galli“, „Keltoi“ und „Galatern“ eine der östlichen Hallstattkulturen, und Bewohner des hallstattzeit- in einem Zeit- und Lebensraum, benannt nach dem Kalenderberg lichen Mitterkirchen? Diese Frage den wir Heutigen teilweise mit der bei Mödling. Diese beiden Gefäße ist nicht nur auf diesen Ort oder das jüngereisenzeitlichen Latènekultur, müssen irgendwie ihren Weg in östliche Oberösterreich beschränkt, teilweise mit der vorherigen Hall- dieses Grab gefunden haben, das sondern sie betrifft ganz allgemein stattkultur in Verbindung bringen. ansonsten nur typisch westhallstät- die Hallstattkultur(en). Und sie Die genannten Wissenschaften – Ar- tisches Material erbrachte – wie im wurde bereits von den Zeitgenossen chäologie, Numismatik, Sprach- übrigen auch alle anderen Gräber jenes Hans Hildebrand gestellt, dem wissenschaft – verwenden alle in, von Mitterkirchen, bis auf ganz die Hallstattkultur ihren Namen wie ich meine, leichtfertiger Weise wenige Ausnahmen. Zu diesen Aus- verdankt. Die frühen Archäologen diesen Keltenbegriff und stülpen nahmen zählen zwei Helme, die mit (allesamt Männer) hatten alle ihre ihn über ihre Funde, Sprachen und Sicherheit aus dem heutigen Slowe- klassischen Autoren gelesen und Münzen. Am Ende bleibt die Vorstel- nien, also einer weiteren östlichen waren deshalb vertraut mit den lung von einem einheitlichen Volk „Hallstattprovinz“ stammen. wenigen antiken „Völkernamen“, mit einheitlicher materieller Kultur Mitterkirchen ist also nach derzei- die sie zu bieten hatten: Illyrer, und Sprache. Diese Vorstellung ist, tigem Kenntnisstand das östlichste Kelten, Germanen. Abwechselnd so meine ich, nicht nur methodisch typisch westhallstättische Gräber- applizierten sie diese Namen auf falsch. Volkszuweisungen stehen der feld, in dem einige wenige Objekte die damals neue Hallstattkultur und Archäologie (und auch anderen Fä- die Kontakte weiter in den Süden stellten sich die jeweiligen „Völker“ chern), die nur das Material sortiert, bzw. Osten verdeutlichen. Die Art als Träger dieser Kultur und damit nicht gut an. Jene, die vor der An- dieser Kontakte ist wiederum nur konkrete TrägerInnen von Mindel- kunft der Römer in unseren Breiten über unbelegbare Phantasien zu er- heimschwertern und Brillenfibeln lebten, haben keine Schriftquellen fassen: Familiäre Kontakte, Reisen, vor. Es dauerte nicht lange und die und damit keine Selbstzuweisungen Handelsbeziehungen, kriegerische Germanen schieden als Variante hinterlassen. Wir können nicht wis- Handlungen sind die Beispiele, die aus – zu rasch hatte man das chro- sen, wer sie waren, weswegen wir sie sofort einfallen. Die Gründe, warum nologische Missverhältnis entdeckt, auch nicht flächendeckend einfach Menschen sich und Objekte durch „Germanen“ waren schließlich „Kelten“ nennen können. die Landschaften bewegen, sind heu- nachchristlich. Also blieben Illyrer Gerit Schwenzer Verhandlungen als auch der Abzug friedlich verlaufen zu sein). Im Jahr 170 v. Chr. wurde ein hospitium pub- Die Kelten in Österreich – Noricum licum mit Rom geschlossen. Dies ist eine Art Freundschaftsvertrag. Er ge- währleistete die Sicherheit und den Schutz von Händlern und Reisenden des einen Gemeinwesens im anderen und basierte wahrscheinlich auf „Kelten in Österreich? Die kommen Burgenland sowie Teile Sloweni- wirtschaftlichen Interessen. Dieser doch aus Irland und von da oben?!“, ens, Bayerns, Ungarns und Italiens. Vertrag sollte ca. 170 Jahre Bestand so oft der verblüffte und energisch Noricum leitet sich vom Namen des haben. Es handelt sich hierbei aber protestierende Kommentar histo- keltischen Stammes der Norici ab, nicht um ein klassisches Bündnis; rischer Laien zum Thema Kelten welche wohl die mächtigste Gruppe Noricum war Rom gegenüber zu in Österreich. Dass es sich eher dieses Gebietes waren. Außerdem keinen Abgaben oder militärischen umgekehrt verhält, wird erst lang- bewohnten wahrscheinlich noch Diensten verpflichtet (Dobesch sam allgemein bekannt. Derzeitiger 13 weitere keltische Stämme, die 1980). Nicht lange vorher dürften Stand der Forschung ist tatsächlich, als Klientelverband von den Norici die keltischen Stämme Noricums dass das Ursprungsgebiet keltischer teilabhängig waren, dieses Gebiet. ein Klientelbündnis untereinander Kultur den Raum Österreich, Süd- geschlossen haben. Ein keltisches deutschland und Schweiz umfasste, Die Entstehung Noricums und Bündnis, welches fast zwei Jahrhun- von wo sie sich im Laufe der Jahr- seine Entwicklung im 2. Jahrhun- derte überdauerte, ist einmalig in der hunderte über weite Teile Europas dert v. Chr. über zweitausendjährigen Geschich- eben auch bis nach Irland und te der Kelten. Was sie jedoch dazu Kleinasien ausbreitete. Seit wann die Noriker und ihre veranlasste, ist bis heute ungeklärt. Klientelstämme in diesem Gebiet Fest steht, dass das Bündnissystem Was ist Noricum? ansässig waren, ist unbekannt. Er- tatsächlich von einer Art König re- wähnt werden sie zum ersten Mal zu giert wurde, also ein Königreich war Bei Noricum handelt es sich um ein Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr., (allerdings nicht im feudalen Sinne), Gebiet, welches den größten Teil des als sie in das Gebiet der späteren daher der von den Römern verwen- heutigen Österreich einnahm, näm- Stadt Aquileia in Venetien einwan- dete Name regnum noricum. lich die Steiermark, Kärnten, Salz- dern, was Rom nicht gerne sah und Damit die Noriker den Römern burg, die südlichen Teile Ober- und sie wieder hinauskomplimentierte aber nicht zu nahe kamen – es Niederösterreichs, das nördliche (tatsächlich schienen sowohl die hatte, wie bereits erwähnt, in den

Regnum Noricum und benachbarte Stämme im Ostalpen-Donau-Raum Quelle: © Ilja Steffelbauer historische s ozialkunde • 27

80er Jahren des 2. Jahrhunderts v. ■ In der zweiten Hälfte des 2. Hauptstadt Noreia vor, welche sie Chr. Einwanderungseinfälle kel- Jahrhunderts v. Chr. wurde im belagerten (DBG I, 5,4). Die Lage tischer Stämme auf norditalischem norischen Gebiet (Taurisker) von Noreia ist bis heute unklar, vieles Gebiet (Venetien) gegeben – grün- Gold in großen Mengen gefun- aus zeitgenössischer Literatur und dete Rom vorsichtshalber 181 v. den und löste einen regelrechten archäologischen Ausgrabungen des Chr. die Kolonie Aquileia, die als Gold rausch aus. Auf dem Magda- 20. Jahrhunderts lässt noch immer militärisches Bollwerk gegen eben lensberg in Kärnten, einer lange Raum für Spekulationen. Der an diese nördlichen Barbaren dienen bestehenden ‚römischen’ Händ- der Grenze zu Italien stationierte sollte. Abgesehen davon florierte sie lerkolonie im norischen Gebiet, römische Konsul Carbo sah sich jedoch auch bald als Handels- und wurde eine große, gesicherte zum Schutze Roms dazu veranlasst, Verkehrszentrum, da sie günstig Goldschmelze des 1. Jahrhun- gegen die Kimbern militärisch ein- an der Adria und verschiedenen derts n. Chr. gefunden. zuschreiten, musste aber 113 v. Chr. Verkehrswegen gelegen war. All diese Güter waren äußerst wert- bei Noreia eine bittere Niederlage Überhaupt schien es rege Handels- voll, und durch jene, die sich derer- hinnehmen. beziehungen zwischen Römern und lei Luxus leisten konnten, blühte Norikern, sowie darüber hinaus auch der Handel. Siedlungen wurden zu Das erste vorchristliche zu Gebieten nördlich der Donau, Handelszentren, Handelszentren zu Jahrhundert bis 16 v. Chr. gegeben zu haben. Wein und feine befestigten, stadtähnlichen Gebilden, Keramik (terra sigillata) sowie Glas oppida (sg. oppidum) genannt. Diese Mit dem Abzug der Germanen gen und allgemein Handelsgüter aus waren durch immer bessere, befe- Westen zur Jahrhundertwende dem Süden fanden bei der norischen stigte Handelswege (auch Flüsse, z.B. wurde es allgemein etwas ruhiger, Oberschicht Anklang, während Salz, die Donau) miteinander verbunden. nur an den nördlichen Grenzen Nori- Wolle, Pferde sowie das heiß begehr- Natürlich musste man sich damals cums gab es immer wieder Ein- und te ferrum noricum (das ‚norische im Gegensatz zu heute dem Gelände Überfälle germanischer Stämme, Eisen‘) und später auch Gold zu den anpassen, und so musste man z.B. die aber ohne weiteren größeren norischen Exportgütern gehörten. Umwege über Furten in Kauf neh- Einfluss blieben. Für die erste Hälf- ■ Salz wurde in Bergwerken wie men (Ertl 1965). Auch eine Art Zoll te des ersten Jahrhunderts v. Chr. Hallstatt oder Dürrnberg abgebaut wurde hie und da schon eingeho- finden sich keine Erwähnungen in und war ein wichtiges Handelsgut, ben. Die bestehenden Handelswege der zeitgenössischen Literatur. Dies da Salz lebensnotwendig ist. Es wurden in der Römerzeit ausgebaut, ändert sich mit einem Vorläufer des wurde vor allem nach Norden sofern sie für die Römer von Nutzen Gallischen Krieges (58–51 v. Chr.). exportiert; Rom bezog sein Salz waren, und Handel und Verkehr Fast sechzig Jahre nach der aus dem Meer vor der Haustür. strikter organisiert (Alföldy 1979). Schlacht bei Noreia wurde die Stadt ■ Wolle, vor allem zu farbenfrohen wieder belagert, diesmal von einem Stoffen verarbeitet, galten bei Unruhige Zeiten Teil der keltischen Boier. Diese zogen Römern als Luxusware. ‚Norische durch Noricum auf der Suche nach Mäntel‘ finden sich noch auf dem Das norische Gebiet war reich an Land. Von Böhmen, ihrem Stammes- Preisedikt des Kaisers Diokletian Bodenschätzen und Rohstoffen, be- gebiet, kommend, wurden sie von Jahrhunderte später. trieb einen florierenden Handel und den Dakern aufgerieben, die sie um ■ Im Noricum wurden gute Ar- hatte, gerade im Norden und Osten, 50 v. Chr. bei Bratislava, wohl ihrer beitspferde gezüchtet; die heutige fruchtbares Ackerland. Dies werden Hauptstadt, vernichtend geschlagen Pferderasse „Noriker“ stammt von sicherlich Gründe, wenn vermutlich hatten. Jedenfalls werden die Boier diesen Pferden ab und erlebt seit auch nicht die einzigen, für Einfälle nach 50 v. Chr. nicht mehr erwähnt. ca. 15 Jahren eine Renaissance. und Niederlassungsversuche anderer Die boische Belagerung Noreias fin- ■ Beim ferrum noricum handelt Gruppen, vor allem der Boier und det im „Gallischen Krieg“ des Julius es sich um Eisen, das mit einem Germanen, gewesen sein. Die Zeiten Cäsar Erwähnung. Sie misslang, und speziellen Härteverfahren behan- waren unsicher, und so wie keltische die Boier zogen weiter gen Westen, delt wurde. So war es härter als Stämme aus Noricum dann und wo sie sich den Helvetiern in der anderes Eisen zu dieser Zeit, und wann nach neuen Siedlungsgebieten heutigen Schweiz anschlossen, wel- das Wissen um dieses Verfahren suchten, taten dies auch andere Völ- che mit ihrer eigenen Wanderschaft wurde speziell den Norikern zuge- kergruppen, darunter die Kimbern letztendlich den Gallischen Krieg schrieben. Das Verfahren ähnelt und Teutonen, germanische Stämme und die Reaktion Roms, welche zur angeblich dem Damaszieren von aus Jütland, die gen Süden drangen. Eroberung Galliens führen sollte, Eisen, wie es im Nahen Osten des Ab etwa 120 v. Chr. fielen die Kim- auslösten. Caesar hatte mit diesem frühen Mittelalters entwickelt bern im Noricum ein, plünderten weitgehend eigenmächtigen Han- wurde. und drangen bis zu dessen damaliger deln, das mit der Eingliederung eines 28 • historische s ozialkunde großen Teiles der festlandkeltischen der verschiedenen keltischen aber erscheint, obwohl er, sofern man Gebiete in das römische Reich endete, auch germanischen Stämme galt als die historischen Quellen in Betracht die römische Expansion nach Nord- höchst effizient und war bei den Rö- zieht, einer der wichtigsten Regenten west- und Mitteleuropa eingeleitet, mern gefürchtet. Bei den römischen Noricums gewesen zu sein scheint. der schließlich fast alle keltischen Eroberungszügen der kommenden Münzen wurden dort nämlich bereits Stämme zum Opfer fallen sollten. Jahrhunderte, in denen oft Kontin- seit dem Ende des 2. Jahrhunderts Das westliche Gebiet der Boier, das gente bereits unterworfener Völker v. Chr. geprägt. Sie zeigten anschei- Wiener Becken, das Marchfeld und beteiligt waren, wurde sie dement- nend Lokalfürsten und später auch die Donauauen, fielen nach ihrem sprechend oft als Hilfstruppenkon- lateinische Inschriften. Abzug an Noricum, wodurch es zu tingent eingesetzt. Nach Cäsars Tod 44 v. Chr. und noch mehr Reichtum und Macht Ein interessanter diplomatischer weiteren Jahren des das Land zer- kam. In dieser Region kreuzten Zug des Voccio war auch, trotz rüttenden Bürgerkrieges in Italien sich nämlich die Bernsteinstraße, der guten Beziehungen zu Rom, kam dessen Großneffe Octavian welche vom Baltikum gen Süden ein Freundschaftsbündnis mit den an die Macht; besser bekannt als zur Adria verläuft, und die Ost-West- germanischen Stämmen, vor allem Kaiser Augustus. Er war ab 31 v. Verbindung mit der Donau als alte den Sueben, die wenige Jahre zuvor Chr. Kaiser, führte aber 27 v. Chr. Wasserstraße. Es handelt sich hierbei ebenso eine Rolle im Gallischen die Staatsform des Prinzipats ein, um zwei der ältesten und wichtigsten Krieg gespielt hatten und mit Rom eine Art (und ein Vorläufer unseres Handelsstraßen Europas. Bernstein verfeindet waren, anzubahnen. Der Verständnisses von) monarchischer war wichtiges und wertvolles Han- bedeutende Germanenführer Ario- Herrschaft. Trotz der internen Wir- delsgut, und von den Römern sehr vist besiedelte das linksrheinische ren Roms scheinen die Handelsbe- begehrt. Über die Donau handelte Land, das dem gallischen Stamm ziehungen extern in keiner Weise man vom Gebiet der südlichen Ger- der Sequaner gehört hatte, welche darunter gelitten zu haben. Auch manenstämme bis zum Schwarzen sich zuvor Rom unterworfen hatten. das Verhältnis zwischen Noricum Meer; eine beachtliche Strecke. Dies rief Julius Cäsar gegen ihn auf und Rom blieb beständig, bis es 16 Wie eng der Freundschaftsvertrag den Plan. Dennoch schickte Voccio v. Chr. zu Konflikten und schließlich und die guten Handelsbeziehungen seine Schwester zur Verehelichung zu Kampfhandlungen zwischen der Noriker mit Rom waren, und das zu Ariovist, welcher bereits mit einer Römern und keltischen Stämmen nach über einhundert Jahren seit Germanin verheiratet war (DBG I, Noricums kam. seinem Entstehen, zeigt die Erwäh- 53,4). Dies sollte eine Bedrohung nung in zeitgenössischen Aufzeich- Noricums aus dem germanischen Die Zeit der Annexion: nungen um 49 v. Chr. Der Gallische Norden verhindern. Dadurch war 15 v. Chr. bis 41 n. Chr. Krieg war vorüber, doch durch Caius Voccio sicherlich in einer schwie- Julius Cäsars Machtambitionen rigen politischen Lage, doch die Nach der Befriedung der inneren und die Opposition im Senat, allen Rechnung dieser Schaukelpolitik Konflikte Roms strebte Augustus eine voran des Pompeius, brach in Rom zwischen Rom und den wandernden Expansionspolitik an. Ihm schwebte ein Bürgerkrieg aus. Der damalige Stämmen Mitteleuropas schien auf- die Erweiterung des Reiches nach norische König, wahrscheinlich zugehen. Voccio geriet weder mit den Norden (Germanien), Osten (Pan- Voccio, schickte zur Unterstützung Römern noch mit den Germanen in nonien) und Süden (Dalmatien, Cäsars 300 norische Reiter nach Konflikt, zumindest gibt es keine Istrien) vor. Er unterwarf Rätien, Rom. Diese Reiter wurden nicht nur zeitgenössischen Erwähnungen. hatte aber seine liebe Not mit den von den Norikern selbst, sondern Es ist bemerkenswert, dass Voc- germanischen Stämmen östlich des wahrscheinlich auch von den Klien- cio als König auf keiner Münze Rheins. Er konnte zwar bis zur Elbe telstämmen der Noriker gestellt und stellten vermutlich einen Großteil des möglichen Aufgebots der Reiterei im regnum noricum. Der Dienst in der Reiterei blieb der höher gestellten sozialen Schicht, einem vorfeudalen Adel, vorbehalten (ähnlich einem mittelalterlichen Ritter), die Caesar auch in Gallien als equites als eine der drei sozialen Klassen der kel- tischen Gesellschaft erwähnt. Die Norische Tetradrachme des ‚Fürsten‘ Svicca, ca. 100 v. Chr. Reiterei war der kostspieligste Teil Quelle: Österreichische Nationalbank, http://www.oenb.at/de/ueber_die_ der Armee, und gerade die Reiterei oenb/geldmuseum/oesterr_geldgeschichte/antike/antike_geldwirtschaft.jsp historische s ozialkunde • 29 vordringen, doch dies war nur ein und Jahrhunderte vollendet wer- Noreia, einer Lokal- und Schutzgott- kurzes Unterfangen (Varusschlacht den. heit Noricums. 9 n. Chr.). Insgesamt blieben die Das bereits vorhandene Straßen- Römer südlich des Mains. netz wurde ausgebaut (befestigt), Noricum, eine Bestandsaufnahme Ähnlich schwierig, wenn auch von Siedlungen romanisiert (Steingebäu- dauerhafterem Erfolg gekrönt, gestal- de anstatt Holz- und Lehmhütten, ge- Durch die historischen Quellen er- tete sich die Eroberung Pannoniens. pflasterte Straßen) und permanente fahren wir leider nicht allzu viel über Um überhaupt dorthin zu gelangen, Lager eingerichtet (z.B. Carnun- die keltische Bevölkerung Noricums mussten die Römer durch fremdes tum) sowie Grenzen eingerichtet in vorrömischer Zeit. Es handelt Gebiet, eben durch Noricum. Es war (Donaulimes mit Wachtürmen und sich lediglich um Hinweise und Er- nur eine Frage der Zeit und der Ge- Kastellen). Hauptstadt war wahr- wähnungen. Durch archäologische legenheit auch dieses zu annektieren. scheinlich zuerst Virunum im heu- Funde wurde das karge Wissen um Die römischen Truppen mussten tigen Kärnten. In der Provinzial zeit die Kelten in Österreich deutlich ungehindert passieren können, und scheint sich dies geändert zu haben erweitert und das Interesse an ihnen der Nachschub an Verpflegung, Män- und Lauriacum (Lorch a.d. Donau bei intensiviert. Dennoch haben die nern und Waffen musste gesichert Enns, im heutigen Oberösterreich) Römer so tiefe Spuren hinterlassen, sein. Deshalb wurde Noricum wahr- wurde Hauptstadt. Durch die Donau dass vielen heute die vorrömische scheinlich 15 v. Chr. faktisch unter war die Provinz Noricum anfangs Zeit kein Begriff ist. Vielleicht hat römische Kontrolle gebracht. Was relativ leicht zu schützen, daher lag man schon mal was von Hallstatt auf den ersten Blick verwundert, ist die größere militärische Präsenz ent- gehört, und da war ja auch noch die Tatsache, dass sich in den zeitge- lang der Donaugrenze in Pannonien, Ötzi, aber der chronologische Hin- nössischen Quellen kaum Hinweise wo es immer wieder Unruhen gab. tergrund, der es ermöglichen würde, auf Kampfhandlungen, außer ein Das Wiener Becken mit Marchfeld, die vorgeschichtlichen Verhältnisse paar kleineren unbedeutenden lo- Vindobona (dem heutigen Wien) in Österreich halbwegs einzuordnen, kalen Scharmützeln, finden lassen. und Carnuntum wurde daher vom ist kaum vorhanden und wird durch Noricum scheint friedlich und ohne Noricum abgetrennt und Pannonien den Verzicht auf die Vorgeschichte viel Aufhebens besetzt worden zu zugeteilt. Es handelt sich hierbei in im aktuellen Geschichtsunterricht sein. Durch die guten politischen und allen Fällen um starke militärische sicher nicht gefördert werden. Heute wirtschaftlichen Beziehungen, die Lager und wichtige Siedlungen der bieten Landesmuseen gute Aus- Rom seit ca. 170 Jahren mit Noricum Römer, und von hier aus konnte leicht stellungen und Überblicke über die pflegte und vertieft hatte, scheinen Nachschub in die Provinz Pannonien Vorgeschichte Österreichs, und auch sich Volk und Elite still und leise gebracht werden. Selbstverständlich Museen an wichtigen Fundorten unterworfen zu haben. Ob es danach litt im Zuge der Romanisierung die (z.B. Magdalensberg/Kärtnen) infor- noch weiterhin einen norischen Kö- Kultur und Religion der keltischen mieren über das Zeitgeschehen. An nig gab – Noricum also ähnlich wie Bevölkerung, verschmolz mit der ihnen scheint es hängen zu bleiben, z.B. Judäa oder andere Vasallen ein römischen und erlosch schließlich diesen Teil der Vergangenheit am Klientelstaat Roms war – oder ob das ganz. Ein Überbleibsel fand sich vor Leben zu erhalten. politische System sofort gänzlich rö- allem in der Religion – so im Namen mischen Vorstellungen entsprechend geändert wurde, ist unbekannt. Trotz des intensiven Kontaktes mit Rom über einen so langen LITERATUR Zeitraum und der permanenten G. alFÖldY, noricum. london (u.a.) 1974. Präsenz römischer Kaufleute in Noricum färbte bis dahin wohl nur B. BerGMann, als die Barbaren baden gingen. das leben der kelten und römer in der steiermark. Graz 2004. wenig von der römischen Kultur auf die keltische Bevölkerung ab G. doBesch, die kelten in Österreich nach den ältesten Berichten der antike. das norische königreich und seine Beziehungen zu rom im 2. Jahrhundert v. chr. Wien (u.a.) 1980. (wahrscheinlich nur auf jene, die F. ertl, topographia norici. die römischen siedlungen, strassen und kastelle im ostaplen- es sich auch leisten konnten). Dies raum. kremsmünster 1965. änderte sich mit der Annexion über F. ertl, topographia norici ii . Von noreia und hallstatt zur stammesheimat der Bayern. die nächsten Jahrzehnte und sollte kremsmünster 1969. mit der Einverleibung Noricums in t. Fischer, noricum, aus der reihe orbis Provinciacum, zaberns Bildbände zur archäo- das Römische Reich als Provinz No- logie. Mainz 2002. ricum ca. 41 n. Chr. durch Claudius dBG, de Bello Gallico, G. Julius cäsar’s kriegsbericht über die ereignisse in und um Gallien und eine komplette Romanisierung 58-51 v. chr. im Laufe der nächsten Jahrzehnte Regina Kaufmann haben wir zwei verschiedene Quel- lentypen. Da wären in erster Linie die archäologischen Funde, bei ‚Beim Teutates!‘ – Die keltische Götterwelt denen es sich um Heiligtümer, Op- fergaben, Statuen, aber vor allem nach der römischen Eroberung keltischer Gebiete und der damit einhergehenden Ausbreitung der la- teinischen Schrift und Sprache um Inschriften handelte. In zweiter Li- nie existieren literarische Aussagen Den ersten Kontakt mit keltischen Interpretatio Romana antiker Zeitgenossen, die in ihren Göttern – bzw. deren Namen – ma- Werken auch auf fremde Religionen chen die meisten wohl mit Hilfe des Als interpretatio romana (lat. etwa: bzw. Götter eingingen. Julius Caesar bekannten kleinen Galliers Asterix „römische Übersetzung“) bezeichnet fügte z.B. seinen Kommentaren und seiner Freunde. Leider fehlen man per Definition die römische Sit- zum Gallischen Krieg Exkurse über in den allermeisten Fällen die Er- te, fremde Gottheiten durch Identifi- Religion und Kult bei, aber auch klärungen zu den Namen und die kation Gottheiten der eigenen Reli- zahlreiche andere Autoren haben Funktion des angerufenen Gottes. gion gleichzusetzen und sie damit in im Laufe der Antike – meist eher Sind die seltsam klingenden Namen das eigene mythologische Weltbild nebenher – Angaben zur keltischen vielleicht sogar nur Erfindungen der zu integrieren. Später erleichterte Religion gemacht. Autoren oder hat es diese Götter die einmal erfolgte Gleichsetzung Bei allen schriftlich fixierten wirklich gegeben? Was wissen wir die Einverleibung der Kulte fremder Quellen darf man nicht verges- wirklich über die Keltischen Götter Götter in die religiöse Vielfalt des sen, dass diese meist tendenziös oder die keltische Religion? Reiches. Der Begriff selbst geht auf aus römischer oder christlicher Im Grunde ist es so, dass wir viel den römischen Historiker Tacitus Perspektive geschrieben sind. Das weniger wissen, als uns vor allem zurück. dahinterstehende Interesse, die Kel- die esoterische Literatur Glauben Die interpretatio romana trug als ten als für das Imperium Romanum machen möchte. Es ist nun mal Methode aneignender Integration bedrohlich darzustellen, um die einfacher, etwas in eine Religi- zum Religionsfrieden im römischen römischen Expansionen zu legiti- on hineinzuinterpretieren, wenn Reich bei, sie ist jedenfalls ein be- mieren, muss immer mitbedacht die Quellenlage keine Strukturen sonders bezeichnender Ausdruck werden. Erschwerend kommt hinzu, und Regeln vorgibt. Man muss des pragmatischen Umgangs der dass die Angaben nur jeweils lokale etwa bedenken, dass die spärlich römischen Eroberer mit kulturellen Gültigkeit haben, da die Kelten in vorhandenen Quellen die Rekons- und religiösen Fragen in den unter- losen Stammesverbänden mit nicht truktion eines einheitlichen Pan- worfenen Kulturen. Wo freilich eine unerheblichen kulturellen Unter- theons – etwa nach dem Vorbild interpretatio romana unmöglich schieden lebten. der griechisch-römischen Mytho- war, weil eine Gottes- und Kult- Ähnliche Probleme werfen die logie – nicht zulassen, sondern im vorstellung fundamental von den mittelalterlichen Quellen aus dem Wesentlichen nur Angaben über römischen Vorstellungen abwich inselkeltisch-britischen Raum auf. die grundlegenden Funktionen und (man denke nur an die Probleme der Von christlichen Mönchen verfasst, Erscheinungsformen der Götter und Juden und Christen im römischen sind die Helden und Elfenkönige Göttinnen ermöglichen. Reich), zeigten sich auf römischer in den aufgezeichneten Sagen aus Bei der griechischen und rö- Seite Misstrauen und Vorurteile. Irland und Wales nur noch an- mischen Götterwelt lässt sich eine Probleme gab es natürlich auch deutungsweise als die Götter zu Art Familienstruktur feststellen. Der bei Götterwelten, bei denen die erkennen, die sie in den früheren Götterfamilie steht das oberste Göt- römische bzw. griechische Famili- religiösen Mythen einmal gewesen terpaar /Hera bzw. Juno/Jupiter enstruktur fehlte – darunter fallen waren. vor. Danach kommen all die anderen auch die keltischen Götter. Archäologische Funde sind mit legitimen und nicht legitimen gött- Sicherheit eine relativ vorurteils- lichen Familienmitglieder und ‚Ver- Quellen freie Quellenform, stellen uns aber wandten‘. Die keltische Götterwelt vor ein ganz anderes Problem: Den scheint anders organisiert gewesen Quellen über die keltische Religion Fundstücken liegt keine Gebrauchs- zu sein, oder zumindest fehlen uns in ihren verschiedensten Erschei- anweisung bei, was zu der unter Belege für eine parallele Struktur. nungs- und Entwicklungsformen Archäologen gängigen selbstkri- sind insgesamt rar. Im Grunde tisch-spöttischen Bemerkung: ‚Was historische s ozialkunde • 31

Lukian, Herakles 1-7 (Üs. nach Andreas Hofender) Den Herakles nennen die Kelten in ihrer einheimischen Sprache Ogmios, das Bild des Gottes aber stellen sie ganz un- gewöhnlich dar. Für sie ist er ein Greis im höchsten Alter, mit kahlem Vorderhaupt und vollständig ergrauten Haaren, soweit noch welche vorhanden sind. Die Haut ist runzelig und ganz schwarz verbrannt wie die alter Seeleute. Man würde vermuten, es sei eher Charon oder irgendein Iapetos aus der Unterwelt und alles eher als Herakles. Aber ist er auch von solchem Aussehen, hat er doch die Ausrüstung des Herakles. Denn er hat sich das Löwenfell umgeworfen, hält die Keule in der Rechten, hat sich den Köcher seitlich umgebunden und die Linke streckt den gespannten Bogen vor, und insoweit ist er ganz Herakles. Ich vermutete daher, die Kelten würden sich zum Hohn auf die griechischen Götter derartig an der Gestalt des Herakles vergehen, um mit diesem Bild an ihm Rache zu üben, weil er einst plündernd in ihr Land gekommen war, damals als er auf der Suche nach den Rindern des Geryoneus über viele der westlichen Völker verheerend einfiel. Nun aber habe ich das Son- derbarste an diesem Bild noch gar nicht erwähnt: Jener greise Herakles zieht nämlich eine sehr große Menge von Menschen nach sich, die alle an ihren Ohren festgebunden sind. Als Fesseln dienen feine, aus Gold und Elektron gearbeitete Ketten, den schönsten Halsketten vergleichbar. Und obwohl sie an so schwachen Fesseln geführt werden, wollen sie weder fliehen – sie könnten es problemlos –, noch widersetzen sie sich überhaupt oder stemmen sich mit den Füßen in die Gegenrichtung des Zuges, sondern fröhlich und freudig folgen sie und preisen den Führer, wobei sie alle drängeln und im Streben vorwärts zu kommen, die Fessel locker werden lassen, ganz als ob sie ungehalten darüber wären, wenn man sie befreien sollte. Was mir aber von allem am seltsamsten zu sein schien, will ich nicht zögern, gleichfalls zu sagen: Da der Maler keine (rechte) Stelle frei hatte, wo er die Anfänge für die Ketten befestigen konnte – hielt doch die Rechte bereits die Keule, die Linke den Bogen –, durchbohrte er die Zungenspitze des Gottes und ließ von ihr aus die Menschen gezogen werden, wobei sich der Gott lächelnd zu den (von ihm) Gezogenen umwendet. Lange bin ich dieses Gemälde betrachtend dagestanden, verwundert, ratlos und verärgert gleichermaßen. Da trat ein Kelte an meine Seite, nicht ungebildet in unseren Dingen, was sich an seinen perfekten Griechischkenntnissen erwies, ein Philosoph, wie ich glaube, in den einheimischen Verhältnissen, und sagte: „Ich will dir, Fremder, das Rätsel des Bildes lösen, denn du scheinst ihm gegenüber ja ganz verwirrt. Die Beredsamkeit halten wir Kelten nicht wie ihr Griechen für Hermes, sondern setzen ihn mit Herakles gleich, weil dieser um vieles stärker als Hermes ist. Wundere dich auch nicht, wenn er als Greis dargestellt ist: Denn einzig der Verstand pflegt erst im Alter seine vollendete Reife zu zeigen, wenn denn eure Dichter die Wahrheit sagen, daß nämlich von ‚jüngeren (Männern) die Sinne [stets] flatterhaft sind‘, das Alter aber ‚etwas Weiseres als die Jungen zu sagen hat‘. So fließt denn für euch Honig von Nestors Zunge und die Redner der Troer geben ihre lilienzarte Stimme wie eine Blüte von sich: Lilien werden nämlich, wenn ich mich recht entsinne, die Blumen genannt. Dass dieser greise Herakles-Logos die Menschen mit ihren Ohren an seine Zunge gebunden nach sich zieht, soll dich nicht verwundern, kennst du doch die Verwandtschaft von Ohren und Zunge. Und nicht aus Hohn gegen ihn ist es, wenn er auf diese Weise durchbohrt ist. Jedenfalls erinnere ich mich,“ sagte er, „einiger komischer Iamben, die ich bei euch gelernt habe, denn den Rednern ‚ist allen die Zunge durchbohrt‘ an der Spitze. Überhaupt sind wir der Ansicht, dass Herakles selbst, nachdem er weise geworden, alles durch den Logos bewirkt und das meiste durch Überredungskunst bezwungen hat. Und seine Geschoße sind die Worte, meine ich, scharf und treffend, schnell und die Seelen durchdringend. Denn dass Worte ‚geflügelt‘ seien, sagt auch ihr.“ Soweit der Kelte.

Der Schädelkult der Skordisker (Florus 1, 39, Üs. nach Andreas Hofender) Nach den Makedoniern (wenn es den Göttern gefällt) rebellierten die Thraker*, die selbst einst den Makedoniern tributpflichtig waren. Sie begnügten sich nicht damit, in die benachbarten Provinzen Thessalien und Dalmatien einzufallen, sondern kamen sogar bis zur Adria. Weil sie durch diese Grenze aufgehalten wur- den, da die Natur gleichsam dazwischentrat, schwangen sie ihre Geschoße gegen die Fluten selbst. (2) Während dieses ganzen Zeitraumes ließen die Wütenden keine Grausamkeit gegen ihre Gefangenen unversucht. Sie opferten den Göttern Menschenblut, tranken aus Schädeln, und mit Spott jeglicher Art befleckten sie den Tod selbst, sowohl mit Feuer als auch mit Rauch. Sogar die Schwangeren marterten sie derartig, daß sie gebaren. (3) Die wildesten von allen Thrakern waren die Skordisker, zu deren Stärke noch Verschlagenheit hinzutrat. * Florus rechnet die skordisker fälschlich den thrakern zu. tatsächlich waren sie ein keltischer stamm auf dem Gebiet des heutigen serbien, der aber illyrische, thrakische und andere elemente in sich aufgenommen hatte.

Abb. 1: Statue des ‚Fürsten‘ vom Glauberg: http://www.hlmd.de/data/k/Keltenfurst_BDP_OK.jpg 32 • historische s ozialkunde ich mir nicht erklären kann, seh‘ ich Spender der Fruchtbarkeit, wobei an eine Gottheit wenden. Das zeigen mal als kultisch an!‘ führte. Inter- diese Funktion für die weitgehend römerzeitliche Fluchtäfelchen (defi- pretationen unterliegen immer der agrarisch bestimmte keltische Kul- xiones), wie sie etwa für die Götter Persönlichkeit des Menschen, der tur zu allen Zeiten und in allen Ogmius, Moltinus, Nodons und Sulis interpretiert, und so gibt es zu vie- Regionen von zentraler Bedeutung bezeugt sind. Beachten sollte man len Funden die unterschiedlichsten gewesen sein muss. Der wichtigste aber, dass dieses Phänomen ebenso Interpretationen. Während wir bei Hinweis dafür ist die Häufigkeit der wie die Weihung von Inschriften auf den gallorömischen Darstellungen, Opfer für erdverbundene Gottheiten, mediterrane Einflüsse zurückgeht die oft noch mit einer Inschrift die man in der Regel in Flüssen, und daher für die vorrömische Zeit versehen sind, relativ sicher sein Seen, Mooren sowie Opfergruben nicht vorausgesetzt werden kann. können, dass es sich um eine Gott- und -schächten versenkte. Für einen Dass die Fluchtäfelchen einem heit handelt, hat man mit Menschen Zusammenhang mit dem Ackerbau Verwünschten nicht nur einen bzw. Götterabbildungen aus der und der Viehzucht als den bei- Pickel wünschten, zeigt eine Fluch- vorrömischen Zeit deutlich mehr den wichtigsten Lebensgrundlagen tafel aus Bregenz, deren Verfasser Probleme. Handelt es sich bei solch spricht dabei insbesondere die Op- wünscht, dass Ogmius, hier als einer Statue um die Darstellungen ferung von Haustieren und Acker- Totengott gedeutet, einer ‚AMC‘ eines Gottes oder um das Denkmal gerät, dem dabei zweifellos eine genannten, weiblichen Person, eines Stammesfürsten? Oder um symbolische Bedeutung zukam. etwas an der Gesundheit – spezi- etwas ganz was anderes? Sehr gut nachvollziehen kann ell am Anus, den Nieren und den man auch die Heilfunktion kel- Genitalien, vielleicht auch an den Welche Funktionen hatten tischer Gottheiten, für die besonders Fersen – was ihrem Gang sicher die die Götter? aus dem römischen Gallien und Grazie genommen hätte, am Herzen Britannien sehr viele Belege vor- und den Ohren antun solle. Erklärungen für die Funktion einer liegen. In solchen ‚Heil‘igtümern, Gottheit ergeben sich in erster Linie manchmal auch von überregionaler Keltische Göttervorstellungen aus den archäologisch nachweis- Bedeutung – also regelrechte Wall- baren Einzelheiten ihres Kultes. Es fahrtsorte – findet man Weihin- Die Kelten stellten sich ihre Götter ist eine weit verbreitete Methode, al- schriften, häufig auch Votivgaben weithin in menschlicher Gestalt vor. lein aus dem Namen oder Beinamen in Form erkrankter Organe oder Das bezeugen am eindrucksvollsten einer Gottheit auf deren Funktion Gliedmaßen. Kultbilder in Menschengestalt, wie zu schließen. Bei dieser Methode sie in großer Zahl aus römischer gibt es aber Unsicherheitsfaktoren, Zeit, vereinzelt aber auch schon zu- da zum einen für zahlreiche Göt- vor belegt sind und in Schriftquellen ternamen mehrere konkurrierende Abb. 2: Votivgabe, Hand: Seine-Quelle, häufig erwähnt werden. Dass man Deutungsversuche vorliegen, wäh- Musée Archéologique, Dijon. S. & P. sich auch schon in vorrömischer rend andere ohne einleuchtende Botheroyd, Keltische Mythologie von Zeit Götter in Menschenform vor- A-Z (Wien, 2004), S. 356 Etymologie sind. Zum anderen stellte, lässt sich dadurch zeigen, können die erst in römischer Zeit Abgesehen von diesen beiden grund- dass z. B. das menschliche Prinzip bezeugten Namen um so vieles legenden Funktionen rief man die von Gabe und Gegengabe durch älter sein als ihr erster Beleg, dass Götter um Schutz und Beistand bei archäologische Befunde von Opfer- zwischen der Etymologie und der besonderen Unternehmungen an, stätten belegbar ist. Funktion einer Gottheit kein en- wobei scheinbar Krieg im Hinblick Die keltische Gottheit ist folglich ger Zusammenhang zu bestehen auf die Anzahl der Erwähnungen in auch männlichen oder weiblichen braucht. Sicherer erscheint es, von den Schriftquellen und die Menge Geschlechts und wird mit einem gallorömischen Darstellungen und des archäologischen Fundguts an individuellen Namen benannt. Die der Vergesellschaftung mit besser erster Stelle steht. Häufig erwähnt weitaus meisten dieser Namen sind bekannten römischen Göttern und wird die Opferung der Kriegsbeute zwar erst durch Inschriften aus rö- Göttinnen auf die Funktion einer und der Kriegsgefangenen, wobei mischer Zeit bekannt, doch gehen keltischen Gottheit zu schließen, neuere archäologische Funde in den sie zumindest teilweise zweifellos wobei dann wieder das Problem latènezeitlichen Heiligtümern Nord- auf die vorrömische Zeit zurück. entsteht, ob diese Erkenntnisse auch frankreichs die ob ihrer Blutrünstig- Analog zum menschlichen Leben auf die vorrömische Zeit anzuwen- keit oft angezweifelten Mitteilungen sind auch in der Götterwelt familiäre den sind. Wir stehen also erneut vor der antiken Autoren in wesentlichen Bindungen zu erkennen, natürlich einem Dilemma. Punkten bestätigt haben. nicht im selben Ausmaß wie bei Die keltischen Götter spielten mit Natürlich konnte man sich auch Griechen und Römern. Den frühes- Sicherheit eine wichtige Rolle als mit persönlichen Angelegenheiten ten literarischen Beleg dafür bietet historische s ozialkunde • 33

Timaios von Tauromenion (bei Di- des Bären in den Formen Andarta odor von Sizilien), demzufolge die (eine britannisch-keltische Sieges- Kelten an der Küste des Ozeans von und Kriegsgöttin) und Artio. den Göttern am meisten die Dios- Eine bedeutende Rolle spielte kuren, also zwei als Brüder gedachte neben dem Bären der Hirsch, des- Götter (hier eine interpretatio grae- sen Geweih von zahlreichen, sonst ca sozusagen), verehrten, da sie der menschenähnlichen Götterbildern Überlieferung zufolge in alter Zeit der vorrömischen und römischen aus dem Meer zu ihnen gekommen Periode getragen wird. Die be- seien. Ein früher literarischer Beleg kannteste Abbildung einer solchen für ein Mutter-Tochter-Verhältnis ist Gottheit findet sich auf einer der Artemidoros’ Hinweis auf eine Insel Silberplatten des Kessels von Gun- vor der Küste Britanniens, auf der destrup. Letztere zeigt eine mit ein Kult ähnlich dem der Demeter untergeschlagenen Beinen zwischen und ihrer Tochter Kore bestanden Tieren sitzende Gestalt, die durch habe. Eine Vater-Sohn-Beziehung den Torques um ihren Hals als Gott- dagegen lässt sich aus dem Neben- heit gekennzeichnet ist und auf dem einander der Götternamen Taranus Kopf ein Hirschgeweih trägt. In der und Taranucnus erschließen. erhobenen Rechten hält sie einen Häufiger ist jedoch die Verbin- weiteren Torques, die erhobene dung männlicher und weiblicher Abb. 3: Nantosvelta und Sucellos: Linke umklammert eine Schlange Gottheiten zu Paaren, wie sie vor http://upload.wikimedia.org/wikipedia/ mit Widderkopf. allem durch gallorömische In- commons/9/90/Nantosuelta-Sucellus.jpg schriften und bildliche Darstellun- gen bezeugt sind. In manchen Fäl- Dass eine besondere Ver- len tragen dabei beide Partner ent- bindung der Gottheiten zu sprechend der interpretatio romana Tieren bestand, lässt sich die Namen römischer Gottheiten, aus zahlreichen Darstel- begegnen jedoch in einer für klas- lungen, Etymologien ei- sische Verhältnisse ungewohnten niger Götternamen, sowie Verbindung. Daneben kennt man vereinzelten Hinweisen in Inschriften, in denen beide Partner den inselkeltischen Lite- einen keltischen Namen tragen, raturen des Mittelalters wie etwa Sucellus und Nantosuelta. herauslesen. Ob die Tiere Wenn nur einer des Pärchens den dabei als Erscheinungs- keltischen Namen behält, ist dies in formen, Sinnbilder oder aller Regel die Frau. Ihr Begleiter Attribute der betreffenden Abb. 4: Gundestrupkessel: Gottheiten galten, ist den bekommt häufig nur einen zusätz- http://doormann.tripod.com/indogerm.htm lichen römischen Namen. Beispiele Quellen meistens nicht zu dafür sind die Paare Mercurius und entnehmen. Rosmerta, Apollo Grannus und Wichtige Tiere in die- Sirona. Es ist möglich, dass die un- sem Zusammenhang sind: terschiedliche Behandlung der Na- Der Bär, dessen altkel- men dazu diente, die Unterordnung tische Bezeichnung artos der einheimischen Göttin unter (lateinisch ursus)uns in den fremden römischen Gott zum zahlreichen Personen- Ausdruck zu bringen. Sie entspricht namen, wobei irisch art aber auch der in den Inschriften jedoch nicht mehr das und Grabreliefs aus römischer Zeit Tier, sondern nur noch zu beobachtenden Eigenart, dass im metaphorischen Sinn Namen und Tracht der Frauen län- den Krieger bezeichnete, ger traditionell ‚keltisch‘ bleiben, was auch für die älteren während Männer – vor allem der gallischen Belege nicht Oberschicht – schon sehr rasch auszuschließen ist, be- Abb. 5: : römische Namen und Kleidung gegnet. In Götternamen http://content.answers.com/main/content/wp/en/b/ annehmen. begegnet die Bezeichnung bc/Cernunnos.jpg (2008-09-09) 34 • historische s ozialkunde

Den Namen des gehörnten Gottes Daneben spielten noch zahlreiche kennt man Weihungen für Belenus bietet nur die unvollständig erhal- andere Tiere wie Pferde, Hunde, nur noch aus anderen Orten Italiens tene Abbildung auf dem Nauten- Vögel etc. ein Rolle. und Südfrankreichs. pfeiler von Paris, die den Gott, mit Sehr selten, aber belegt, sind Davon abgesehen sind jedoch einem nur hier bezeugten Namen, Gott heiten, deren Namen auch geo- auch Fälle, in denen derselbe Name als Cernunnos bezeichnet. graphische Einheiten bezeichnen, auf Inschriften in weit voneinander Das Schwein begegnet uns in wie z. B. Flussnamen. Bekannt sind entfernten Gegenden vorkommt, zahlreichen Darstellungen der un- Danuvius für die Donau, Rhenus für nicht durchweg als Beispiele für mittelbar vorrömischen und rö- den Rhein, Sequana für die Seine. die überregionale Bedeutung der mischen Zeit, zum Beispiel bei der Für die Ardennen steht die schon betreffenden Gottheit anzusehen. So eines Reiters auf der Eberjagd aus vorher erwähnte Arduinna. erklärt sich z. B. eine Weihung für Merida in Spanien, auf gallischen Arduinna aus Rom (CIL VI 46) neben Münzen, als Helmzier in einer Wo wirkten Gott oder Göttin? einer weiteren aus Gey bei Düren Darstellung keltischer Krieger auf (CIL XIII 7848) aus dem Umstand, dem Kessel von Gundestrup und Die bereits erwähnten Flussnamen dass der Stifter des römischen Mo- als Votivgabe in gallorömischen zeigen, dass der Wirkungsbereich numents nach Ausweis der Inschrift Tempeln. Als mutmaßliches Attribut keltischer Götter lokal oder regional aus der gallischen Heimat der Göttin einer Gottheit finden wir den Eber gebunden ist. Bestätigt wird dieser stammte. als Reittier der Göttin Diana, die mit Umstand dadurch, dass die weitaus der einheimischen gallischen Göttin meisten Götternamen überhaupt Was lässt sich schlussendlich zur Arduinna identifiziert wurde. nur ein einziges Mal inschriftlich be- keltischen Religion sagen? Im Unterschied zum Eber spielt legt sind, oder aber ausnahmslos auf der Stier bereits in der hallstatt- Inschriften aus ein und derselben Im Prinzip weniger, als die esote- zeitlichen Kunst eine bedeutende Region bzw. ein und demselben Ort rische Literatur vermuten lässt. Rolle. Wir finden Rinder in allen vorkommen. Ausdrücklich erwähnt Dennoch wissen wir sehr viel, wir möglichen Formen und aus allen wird eine solche regionale Gebun- stehen nur sehr oft vor dem Pro- möglichen Materialien, z.B. die denheit im Fall des Gottes Belenus, blem, dass wir sehr viele Dinge nicht Statue eines Stiers aus der Byci den Tertullian als Gott der Provinz erklären können, weil uns detail- Skala-Höhle und die plastische Dar- Noricum bezeichnet, während He- lierte schriftliche Überlieferungen stellung einer Kuh und ihres Kalbs rodianos und die Historia Augusta bzw. Erklärungen fehlen und daher an einer Bronzeschale aus Hallstatt, ihn als Schutzgottheit der Stadt unzählige Theorien und Interpre- aber auch auf dem Gundestrupkessel Aquileia nennen. Bestätigt werden tationen im Raum stehen, die sich und als Keramikgefäße im Osthall- diese Hinweise durch das Zeugnis nicht beweisen, aber auch nicht wi- stattkreis. Unter den inschriftlich der Inschriften, von denen eine aus derlegen lassen. Beim Studium der bezeugten Götternamen ist in die- dem Ostalpenraum stammt, wäh- Literatur zur keltischen Religion ist sem Zusammenhang auf die Göttin rend die meisten in und um Aquileia also nach wie vor Vorsicht geboten Damona hinzuweisen, deren Name gefunden wurden. Darüber hinaus und Kritik gefragt. von einer Bezeichnung des Rindes (vgl. irisch dam „Ochse, Kuh“) abge- LITERATUR leitet sein dürfte. Nach dem Zeugnis der Weihungen verehrte man die h. Birkhan, kelten: Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer kultur. Wien 1999. Göttin teils allein, teils als Partnerin s. u. P. BotheroYd, keltische Mythologie von a-z. Wien 2004. z. B. mit dem Gott Borvo. Ihr werden B. Maier, die religion der kelten. München 2001. heilende Kräfte zugeschrieben. Kerstin Kowarik lichkeiten handelt, die während der Jüngeren Eisenzeit West- und Mit- teleuropas (ca. 450 v. Chr. bis Christi Zur Rezeptionsgeschichte der Druiden Geburt) und möglicherweise bis in römische Zeit hinein, bestimmte re- ligiöse, politische und intellektuelle Funktionen innehatten (Druidae 1967; Collis 2003; Müller 2002). Weitestgehend unumstritten ist auch, dass sie zumindest in Gallien (heutiges Frankreich, Belgien und Die Vorstellungen darüber, was die eine geschickte Mischung aus Deutschland westlich des Rheins) Druiden waren oder sind, gehen historisch belegten Elementen (u.a. und in Britannien verbreitet waren weit auseinander (Abb. 1). Neben goldene Sichel) und gängigen Kli- (Collis 2003). dem Bild, das die Altertums- und schees (u.a. weißer Bart) darstellt, Über alles Weitere gehen die An- Sprachwissenschaften zeichnen, ist groß. Welche Druidenbilder gibt sichten auseinander. Dies ist zum existieren in unserer Gesellschaft es darüber hinaus? Wo kommen sie einen darauf zurückzuführen, dass zahlreiche, von diesem deutlich her und warum wird von allen prä- die Druiden Forschungsgegenstand abweichende bzw. „alternative“ historischen Menschengruppen, die verschiedener Disziplinen (Alte Vorstellungen. An dieser Stelle sei wir kennen, gerade den Druiden so Geschichte, Klassische Archäolo- nur an Miraculix, den Dorfdruiden viel Interesse entgegengebracht? gie, Prähistorische Archäologie, aus der Comicreihe „Asterix und Sprachwissenschaften) mit sehr Obelix“ erinnert. Die Figur des Druiden – unterschiedlichen Methoden sind; weisen, gelehrten, alten Mannes eine Standortbestimmung zum anderen besteht bereits bei mit weißem Bart und weißer Robe, der Frage, welche Quellen herange- der mit einer goldenen Sichel Mistel- Unumstritten innerhalb der Alter- zogen werden dürfen, Uneinigkeit zweige schneidet, illustriert einige tums- und Sprachwissenschaften (Cain/Rieckhoff 2002; Collis 2003). der populärsten Vorstellungen über ist, dass es sich bei den Druiden, um Als direkte Quellen stehen aus- Druiden. Die Wirkkraft dieser Figur, eine Gruppe bedeutender Persön- schließlich Schriftzeugnisse zur

Abb. 1: Die Vorstellungen darüber, was Druiden waren oder sind, gehen weit auseinander. Linz. Foto Alexandra Bruckböck, OÖ. Landesmuseen. 36 • historische s ozialkunde

das die Altertums- und Sprachwis- senschaften zeichnen, denn der hohe Bildungsstand und das große Wissen der Druiden finden in den antiken Schriftquellen mehrfach Erwähnung (Druidae 1967, Müller 2002). Allerdings kreisen die mo- dernen Vorstellungen zum Wissen der Druiden zumeist weniger um Gelehrsamkeit, Bildung und Aus- bildung als vielmehr um Begriffe wie „uralt“, „geheimnisvoll“ und „magisch“ (bsp. Carr-Ghomm 2004; Markale 2005; Sills-Fuchs 1983). Dieses Bild geht Hand in Hand mit der Vorstellung von der großen Naturnähe der Druiden. So werden sie häufig als Priester und Prieste- rinnen einer naturnahen, das Leben heiligenden Religion porträtiert. Besonders hervorzuheben ist hier- bei die Vorstellung von der „Fried- fertigkeit und Unblutigkeit“ ihrer Zeremonien und Glaubensinhalte (bsp. Carr-Ghomm 2004; Markale 2005; Sills-Fuchs 1983). Neben diesen positiv besetzten Vorstellungen existiert auch ein Abb. 2: Das „typische“ Erscheinungsbild eines Druiden (alt, ehrwürdig, langer Bart und Robe) entwickelt sich im 18. Jahr- dunkleres Druidenbild. So werden hundert. „Old England: A Pictorial Museum“ (1845). sie mit blutigen und grausamen Riten, besonders mit Tier- und Menschenopfern, in Zusammen- hang gebracht (Hutton 2007). Es Verfügung: Die antiken Berichte darauf abzielen, die Realität abzu- geht vor allem auf Julius Cäsars aus der Zeit zwischen dem 3./2. Jh. bilden (Collis 2003; Cain/Rieckhoff Darstellung der Druiden im „Gal- v. Chr. und dem 4. Jahrhundert n. 2002). lischen Krieg“ zurück. Dieser Aspekt Chr. sowie jene Texte, die zwischen wäre damit im Gegensatz zu den dem 9. und 12. Jahrhundert n. Chr. Elemente alternativer Vorstellungen über die druidische in Irland von Mönchen niederge- Druidenbilder Naturnähe und Friedfertigkeit tat- schrieben wurden, wobei wiederum sächlich zum einen direkt durch die Gültigkeit der letztgenannten Bereits das Erscheinungsbild des antike Berichte belegbar – wobei die Textgruppe von einem Teil der „typischen Druiden“ – ein alter Bewertung des Wahrheitsgehaltes Forschung angezweifelt wird (Biel Mann mit langem weißem Bart in der entsprechenden Textstellen 2001). Dass diese Texte tatsächlich einer (weißen) Robe – geht nicht sehr unterschiedlich ausfällt (Collis vorchristliche Elemente enthalten auf die historischen Quellen zurück, 2003; Müller 2002); zum anderen und wiedergeben, ist weitestge- sondern entstand im 18. Jahrhun- indirekt durch archäologische Quel- hend anerkannt. Doch ob diese dert in Großbritannien zum Zwecke len zu untermauern, die jedoch nur tatsächlich der Jüngeren Eisenzeit der Illustration eines Buches über allgemein über die Kultpraktiken zuzuordnen sind, die 800 Jahre Druiden (Hutton 2007) (Abb. 2). der Jüngeren Eisenzeit und nicht vor der Niederschrift dieser Texte Geht es um die charakteristischen unbedingt die der Druiden im Spezi- endete, ist umstritten (Collis 2003; Merkmale populärer Druidenvor- ellen Auskunft geben (Müller 2002; Cain/Rieckhoff 2002). stellungen, stehen Weisheit und Cain/Rieckhoff 2002). Aber auch schon die antiken Gelehrtheit häufig an erster Stelle Ein letzter zentraler Aspekt ist die Berichte sind problematisch, da (Cain/Rieckhoff 2002; Osterwalder vermeintliche Verbindung zwischen umstritten ist, inwiefern diese Texte Maier 1991; Winkler 2006). Dies Druiden und einer besonderen die Realität abbilden bzw. überhaupt entspricht durchaus auch dem Bild, Gruppe archäologischer Denkmäler, historische s ozialkunde • 37 den Megalithbauten, deren promi- nentester Vertreter das britische Stonehenge ist. Nicht selten werden Druiden als Erbauer dieser Denkmä- ler genannt (Holtorf 1993; Hutton 2007). Dies findet weder in den Schriftquellen noch im archäolo- gischen Befund eine Begründung.

Eine lange Rezeptionsgeschichte Die Gründe für die Existenz der un- terschiedlichen und von der allge- meingültigen Forschungsmeinung abweichenden Druidenbilder sind vielschichtig. Die Vorstellungen zu den Druiden entstammen nicht ei- ner einzigen Epoche, sondern haben sich zu verschiedenen Zeiten und vor unterschiedlichen politischen und ideologischen Hintergründen entwickelt (Cain/Rieckhoff 2002; Hutton 2007). Auch heute befassen sich neben Altertumswissenschaft- lern etliche weitere Gruppen inten- Abb. 3: Seit dem 18. Jh. sagt man den Druiden eine besondere Naturnähe nach. Auch siv mit den Druiden: vom historisch in der heutigen Druidenrezeption nimmt diese Vorstellung einen breiten Raum ein. interessierten Bildungsbürger über „Old England: A Pictorial Museum“ (1845). Autoren historischer Romane, Co- miczeichner und Reenactmentgrup- pen bis hin zu Neuheiden. gangenheit sowie die beginnende (Abb. 3). Sie ist aber auch nicht auf Bereits seit dem ausgehenden 15. Herausbildung eines nationalen die Druiden beschränkt. Vielmehr Jahrhundert sind die Druiden Ge- Bewusstseins führten nördlich der werden prähistorische Menschen genstand wissenschaftlicher und ge- Alpen, neben einer Beschäftigung allgemein als Eingeweihte in die sellschaftlicher Diskussion (Hutton mit den antiken Hochkulturen, auch Mysterien der Natur und des Lebens 2007; Cain/Rieckhoff 2002). Doch zu einer Auseinandersetzung mit porträtiert (Cain/Rieckhoff 2002; die archäologischen Wissenschaften den eigenen Wurzeln (Rieckhoff/Biel Rieckhoff/Biel 2001; Winkler 2006). können erst gegen Ende des 19. 2001). Der Beginn dieser Vorstellung liegt Jahrhunderts, in dessen Laufe sie Hier stieß man nun auf Germa- in der Zeit der Romantik, deren sich etablieren, an dieser Diskussi- nen, Kelten und Druiden. Zwischen Streben nach dem Echten und Er- on teilhaben; auch weil den Alter- dem ausgehenden 15. und 18. Jahr- habenen sich sowohl in einer Ver- tumswissenschaften bis zu diesem hundert wurden die Druiden im ehrung der Natur als auch in einer Zeitpunkt kein Instrumentarium gesamten nordwestlichen Europa Begeisterung für die „graue Vorzeit“ zur exakten zeitlichen Einordnung als bedeutende Figuren der eigenen ausdrückte und beide Ideen mitein- von historischen Objekten und Frühgeschichte etabliert. Beson- ander verband (Cain/Rieckhoff 2002; Ereignissen zur Verfügung stand ders das späte 18. und das frühe 19. Hutton 2007). Die Urgeschichte des (Winkler 2006). Jahrhundert zeigten sich begeistert Menschen wurde als eine Epoche von den Druiden (Hutton 2007; verstanden, in der das Leben einfach, Die Entdeckung der Druiden Cain/Rieckhoff 2002). natürlich und unverdorben gewesen sei; im Gegensatz zu der unnatür- Bereits im 15. Jahrhundert begann Die Druiden der Romantik lichen Lebensweise des modernen, die intensive Auseinandersetzung zivilisierten Menschen (Hutton mit den Druiden. Die Erfindung Die Vorstellung, dass sich die Dru- 2007; Kowarik/Leskovar 2003). des Buchdrucks sowie die Wieder- iden durch eine besondere Natur- Unter dem Eindruck der begin- entdeckung antiker Schriften waren nähe und ein tiefgehendes Wissen nenden Kolonialisierung verstärkte Motoren dieser Entwicklung. Das um natürliche Zusammenhänge sich diese Entwicklung. Mit der erwachende Interesse an der Ver- ausgezeichnet hätten, ist nicht neu Entdeckung von Kulturgruppen, 38 • historische s ozialkunde

Abb. 4: „Götterdienst der Druiden“ von Johann Rudolf Weiss zwischen 1893 und 1909. von denen man annahm, sie lebten Druidenbild des 18. Jahrhunderts als Schon in der zweiten Hälfte des in einem Zustand „paradiesischer auch unserem zeitgenössischen ent- 19. Jahrhunderts gewinnt diese Unschuld“, entstand das Bild des gegen, entspricht aber den üblichen dunkle Bildseite die Oberhand. „Edlen Wilden“ – weise, gut und na- Praktiken aller antiken Kulturen. In Das Bild des „edlen Wilden“ gerät turverbunden. Auch im „primitiven“ der romantischen Verklärung sieht ins Wanken. Die idealisierenden prähistorischen Menschen glaubte man die Druiden eher Blumen und Vorstellungen vom paradiesischen man diesen Zustand der Unschuld Früchte opfern. Dennoch ist das Bild Zustand der Unzivilisiertheit müs- und Weisheit zu erkennen (Hutton der naturverehrenden, friedfertigen, sen dem ausgeprägten Fortschritts- 2007). unblutigen druidischen Religion und Evolutionsdenken dieser Zeit Doch nur wenige antike Berichte heute wie damals enorm erfolgreich weichen. Die Vorstellungen von deuten irgendeinen Naturbezug der (Kowarik/Leskovar 2003). Weisheit, Naturnähe und Fried- Druiden an. Dabei handelt es sich fertigkeit werden im Laufe des 19. um eine kleine Gruppe von Autoren Blutige Druiden Jahrhunderts in den Hintergrund aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., zu gedrängt, verschwinden jedoch denen Pomponius Mela, der Poet Doch aller Begeisterung zum Trotz nicht vollständig (Cain/Rieckhoff Lucan und vor allem Plinius der blieb die Bewertung der Druiden 2002; Hutton 2007). Ältere zählen (Collis 2003; Hutton immer zwiespältig. Von Beginn Mit der Einteilung der mensch- 2007). Zusammenfassend ist die- der Druidenrezeption an gab es lichen Entwicklung in Stufen wur- sen Berichten zu entnehmen, dass Stimmen, die auf ihre dunklen den die ursprünglichen Bewohner Druiden ihre Riten gelegentlich Seiten verwiesen: blutige Rituale, der kolonisierten Gebiete ebenso in Höhlen und Wäldern abhielten, Menschenopfer! (Abb. 4). Dies ist wie der prähistorische Mensch dass auf Eichen wachsende Mistel- zum einen auf die Tatsache zu- niedrigeren Entwicklungsstufen zweige mit einer goldenen Sichel rückzuführen, dass die Druiden in zugeordnet. Die eigene zeitgenös- geschnitten wurden und ihnen eine ihrer Funktion als Priester einer sische europäische Kultur wird nun besondere Wirkkraft zugeschrieben vorchristlichen, und somit heid- als Krönung eines langen Entwick- wurde. Zusätzlich findet sich bei nischen, Religion Misstrauen und lungsprozesses empfunden. Dem- Plinius ein Hinweis auf Tieropfer. Furcht erregten (Hutton 2007); entsprechend werden die Druiden Was sich aus diesen Textstellen zum anderen existieren antike Be- als wild, primitiv und dämonisch allerdings nicht herausfiltern lässt, richte über von Druiden ausgeführte dargestellt. Man wendet sich nun ist eine besondere Naturverehrung Menschenopfer (Collis 2003; Hutton auf der Suche nach Weisheit nicht (Hutton 2007). Das bei Plinius er- 2007). Allerdings ist die Bewertung mehr der Vergangenheit zu (Hutton wähnte Tieropfer steht sowohl dem dieser Texte wie gesagt umstritten. 2007). historische s ozialkunde • 39

Druiden und Stonehenge Druiden. Das Moderne Druidentum und Deutschland (Winkler 2006). ( bzw. Neodruidentum) wird Viele Moderne Druiden, wie auch Die Verbindung der Druiden (und dem Neuheidentum zugerechnet. viele andere Neuheiden, glauben fest teilweise auch der Kelten) mit Unter diesem Begriff versteht man an eine ungebrochene Kontinuität Megalithbauten, wie beispielsweise eine äußerst heterogen zusammen- zwischen der Vergangenheit und Stonehenge oder Carnac, ist in den gesetzte Gruppe weltanschaulicher Gegenwart und sehen sich als Nach- Köpfen vieler Menschen unauflös- und religiöser Strömungen, deren folger der urgeschichtlichen Dru- lich. Im 18. Jahrhundert erkannte nahezu einziges verbindendes Ele- iden. Zeremonien werden zumeist man, dass es sich bei diesen Mo- ment eine unterschiedlich stark naturnah (z. B. in Wäldern) bzw. an numenten um Bauwerke aus vor- ausgeprägte Ablehnung des Chris- archäologischen Bodendenkmälern christlicher, ja gar aus vorrömischer tentums darstellt (Bischofber- (z. B. an Steinkreisen) durchgeführt. Zeit handelte (Hutton 2007). Diese ger/Hölzle/Schnurbein 1996). Ihr Tieropfer u. ä. sind nicht üblich, im vorrömischen Bauwerke schrieb Hauptkritikpunkt ist die Diesseits- Gegenteil sehen die meisten Moder- man in weiterer Folge einer Per- feindlichkeit der christlichen Leh- nen Druiden und viele Neuheiden sonengruppe zu, von der man aus ren bzw. der christlichen Kirchen. den Respekt vor der Natur und allen antiken Berichten wusste, dass sie Die Gruppierungen, die unter dem Lebewesen als zentrales Element in Großbritannien bereits vor der Begriff neuheidnisch zusammen- ihres Glaubens und ihrer Riten Zeit der Römer existiert hatte – den gefasst werden, unterscheiden sich (Bischofberger/Hölzle/Schnurbein Druiden. Zwei Briten, John Aubrey deutlich in politischer Überzeugung, 1996; Kowarik/Leskovar 2003). und William Stukeley, waren hier- Glaubensinhalten, Glaubensformen, für verantwortlich. Ab der zweiten Ritualen und Organisationsstruktu- Faszination Druiden Hälfte des 18. Jahrhunderts galt es ren. Von rechtsextremen bis hin zu als anerkannte Tatsache, dass die erklärt antifaschistischen Überzeu- Druiden, wie auch die Kelten, er- britischen Steinkreise und vor allem gungen ist hier alles anzutreffen (Bi- freuen sich in der Öffentlichkeit Stonehenge Tempel der Druiden schofberger/Hölzle/von Schnurbein eines wesentlich höheren Bekannt- gewesen waren. Diese Annahme 1996; Kowarik/Leskovar 2003). Zu heitsgrades und größerer Beliebt- hielt sich als wissenschaftliche Lehr- den bekanntesten neuheidnischen heit als andere Vertreter der frühen meinung ein gutes Jahrhundert, bis Gruppierungen zählen u. a. die Menschheitsgeschichte Europas sie durch weitere Forschungen ins Neukelten, die Modernen Druiden, (also z.B.: Menschen der Jungstein- Wanken geriet (Hutton 2007). Heute die Neugermanen und die Wicca- zeit, Germanen, frühe Christen weiß man, dass Megalithbauten wie Bewegung (Bischofberger/Hölzle/ etc. Allein die Römer sind in der Stonehenge in die Zeit zwischen Schnurbein 1996; Winkler 2006). Öffentlichkeit vergleichbar gut ver- 4500 und 2500 v. Chr. datieren. Keine dieser Gruppen ist älter als treten, Osterwalder Maier 1991). Die Die Druiden gehören hingegen 200 Jahre. Anziehungskraft, die sie auf unsere der Jüngeren Eisenzeit an, also der Die Bewegung des Modernen moderne Gesellschaft ausüben, ist Zeit zwischen ca. 450 v. Chr. und Druidentums wurzelt vor allem in auf verschiedene Gründe zurück- Christi Geburt. Modernen Druiden der britischen Freimaurerei und der zuführen: gilt Stonehenge heute noch als Keltenbegeisterung der Romantik Zum einen befinden wir uns mit Heiligtum, wenngleich die meisten und des 19. Jahrhunderts, erfuhr Kelten und Druiden im vorchrist- unter ihnen nicht mehr davon aus- jedoch in den frühen 70er Jahren lichen Europa. Der zunehmende gehen, dass Stonehenge und andere des 20. Jahrhunderts durch die Autoritätsverlust der christlichen Megalithbauten von den Druiden New Age-Bewegung wesentliche Kirchen seit dem 19. Jahrhundert errichtet wurden. So fand seit 1904 Impulse und starken Zulauf. Der bewegte viele Menschen zur Suche das Treffen des „Ancient Order of erste moderne Druidenorden wurde nach „spirituellen Alternativen“. the “ in Stonehenge statt. 1772 in Großbritannien gegründet. Diese finden sich teilweise in au- Später kamen verschiedene andere Es folgten zahlreiche weitere Grün- ßer- und vorchristlichen Religionen Großveranstaltungen hinzu. Auf- dungen. Am einflussreichsten und (Bischofberger/Hölzle/Schnurbein grund des Massenandrangs wurden bekanntesten ist heute der „Order 1996). schließlich Großveranstaltungen of Bards Ovates and Druids“, der Zum anderen sind uns aus dem bei den Steinen verboten (Holtorf 1964 als Abspaltung vom „Ancient prähistorischen Europa nur wenige 1993). Order“ gegründet wurde und Gruppen namentlich bekannt. Aus zur Zeit von Philip Carr-Gomm Mitteleuropa kennen wir im We- geleitet wird (Hutton 2007). Es sentlichen drei: Druiden, Kelten und Moderne Druiden existieren zahlreiche Orden und Ver- Germanen. Steinzeit, Bronzezeit Ein weiterer Aspekt der Druidenre- einigungen u. a. in Großbritannien, und weite Teile der Eisenzeit blei- zeption ist die Existenz „moderner“ den USA, Frankreich, der Schweiz ben anonym. Doch ein Name ist ein 40 • historische s ozialkunde bedeutendes Identifikations- und Vermarktungselement. Die Germa- nen sind, aufgrund ihrer Bedeutung für die Völkische Bewegung und den Nationalsozialismus, bis heute be- lastet, Kelten und Druiden hingegen nicht (Osterwalder Maier 1991). Vergangenheit, vor allem wenn nur äußerst lückenhaft bekannt, ist immer eine exzellente Projekti- onsfläche für Wünsche, Ideale und Utopien (Hobsbawm/Ranger 2006) (Abb. 5). Kritikpunkte an der Ge- genwart gibt es schließlich genug: Umweltverschmutzung, Kriege, Diskriminierung, Urbanisierung, Materialismus etc (Bischofberger/ Hölzle/Schnurbein 1996). So erfül- len Kelten und Druiden seit etwa 150 Jahren in unserer Gesellschaft Abb. 5: Vergangenheit als Utopie und Fluchtpunkt: Hier eine idyllische Vision des Lebens in einer jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung. „Bilder der Schweizergeschichte“ (1903). eine spezifische Funktion als Projek- tionsfläche von Gesellschafts- und Zivilisationskritik, als utopische Gegenwelt. LITERATUR Dies dürfte erklären, wieso vom populären Druidenbild abweichende h. Birkhan, kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer kultur. Wien 1997. Erkenntnisse der Altertumswissen- o. BischoFBerGer/P. hÖlzle/s. Von schnurBein, das neue heidentum. rückkehr schaften nur in so geringem Maße in zu den alten Göttern oder neue heilsbotschaft. Weltanschauungen im Gespräch 14. Frei- der Öffentlichkeit rezipiert werden. burg/schweiz 1996. Hinzu kommen eine bis vor kurzem h. cain/s. rieckhoFF (hG.), die religion der kelten. Fromm, fremd, barbarisch. Mainz nur mangelhafte betriebene Öffent- 2002. lichkeitsarbeit von Seiten der Wis- P. carr-GoMM, die Weisheit der druiden. eine einführung in die keltische spiritualität. stuttgart 2004. senschaften sowie die Schwierigkeit, dass die Altertumswissenschaften J. collis, the celts. origins, Myths, traditions. Gloucestershire 2003. in den seltensten Fällen eindeutige druidae, in: k. ziegler/W. sontheimer (hg.), der kleine Pauly Bd. 2. stuttgart 1967, und endgültige Antworten liefern 167-168. können. e. hoBsBaWM/t. ranGer, the invention of tradition. cambridge 2006. c. holtorF, tatort stonehenge – ein archäologisches denkmal als moderner Bedeutungs- träger, in: s. Wolfram/u. sommer (hg.), Macht der Vergangenheit – Wer macht Vergangen- Antike Quellen zu den Druiden heit. Beitr. ur- u. Frühgesch. Mitteleuropa 3. Wilkau-hasslau 1993, 53-65. Cäsar (100–44 v. Chr.): Der Gal- r. hutton, the stations of the sun. a history of the ritual Year in Britain. new York 1996. lische Krieg (Commentarii de bello r. hutton, the druids. london 2007. Gallico) Lucan (39–65 n. Chr.): Der Bürger- k. koWarik/J. leskoVar, orte der kraft – kraft der einbildung? esoterik und archäologie. eine ausstellung im heimatmuseum Freistadt, in: J. leskovar/ch. schwanzar/G. Winkler krieg (Bellum Civile) (hg.), Worauf wir stehen. archäologie in oberösterreich. kat. oberösterr. landesmus. n. Plinius der Ältere (23/24–79 n. F. 195. Weitra 2003, 219–224. Chr.): Naturgeschichte (Naturalis J. Markale, die druiden. Gesellschaft und Götter der kelten. 2005. historia) F. Müller, Götter – Gaben – rituale. religion in der Frühgeschichte europas. Mainz Pomponius Mela (1. Hälfte 1. Jahr- 2002. hundert n. Chr.): Länderbeschrei- ch. osterWalder Maier, die rache der unterlegenen: keltische siege im mystischen bung (De chorographia libri tres) nebel. arch. schweiz 14/1, 1991, 53-60. s. rieckhoFF/J. Biel, die kelten in deutschland. stuttgart 2001. M. sills-Fuchs, die Wiederkehr der kelten. München 1983. e.-M. Winkler, kelten heute. das keltenbild in der Moderne von der Wissenschaft bis zur esoterik. Wien 2006. historische s ozialkunde • 41

Beiträge zur Fachdidaktik 3/2008

Elfriede Windischbauer Aufbau von qualitätsvollen Dar- Petra Schnöll stellungen über die Vergangenheit (vgl.: Schreiber u.a. 2006).

Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenes Lernen und historische Offenen Lernen Kompetenzen Am Beispiel der „Kelten“ Offene Lernformen beruhen in erster Linie auf Selbsttätigkeit: Die Schü- lerInnen arbeiten auf der Grundlage eines Planes möglichst selbstständig besseren Verstehen von Gegen- Historische Kompetenzen im ihnen entsprechenden Lerntem- wartsphänomenen und von zu- po und in der von ihnen gewählten Das internationale Forschungspro- künftigen Herausforderungen bei- Sozialform. jekt „FUER Geschichtsbewusstsein“, tragen. Die sich daraus ergebenden Manche Materialformen, die sich in dem WissenschafterInnen und Synergien mit der politischen für offene Lernformen besonders LehrerInnen zusammenarbeiten, Bildung sind zu berücksichtigen. anbieten, verführen zum Abfragen hat sich im Jahr 2000 die Förderung 4. Historische Sachkompetenz: Im von Wissensbeständen. Da dies aber eines reflektierten und (selbst-) re- Unterricht dienen Begriffe und die Ziele eines kompetenzorientierten flexiven Umgangs mit Geschichte Konzepte zur Erfassung von histo- Geschichtsunterrichts nicht erfüllt, im Unterricht zum Ziel gesetzt. In rischen Sachverhalten. Neben all- stellt sich die Frage, wie historische ihren Grundlagenarbeiten haben die gemeinen Begriffen und Konzepten Kompetenzen in Materialien für Of- VertreterInnen von FUER Geschichts- wie z.B. Religion oder Herrschaft fene Lernformen angebahnt werden bewusstsein vier domänenspezifische sollen Begriffe mit historischem können. Am Beispiel der „Kelten“ sol- Kompetenzen identifiziert: Charakter wie z. B. Ritter, Polis in len im Folgenden einige Materialien 1. Historische Fragekompetenz: Ge- altersgemäßer Form eingeführt vorgestellt werden, die Entwicklung schichte gibt Antworten auf Fragen, und bearbeitet werden. Prinzipien historischer Kompetenzen in der die an die Vergangenheit gestellt wie Multiperspektivität und Ge- 6. Schul stufe fördern sollen. werden. Unterricht soll vorhandene genwartsgebundenheit dienen dem Fragestellungen in Geschichtsdar- stellungen aufzeigen und die Schü- Ein entsprechender Arbeitsplan könnte folgendermaßen aussehen (unvollständig): lerinnen und Schüler befähigen, die kelten Fragen an die Vergangenheit zu Offenes Lernen – GS, 2. Kl., Zeitrahmen: 4 Stunden erkennen und zu formulieren. 2. Historische Methodenkompetenz: Aufträge Material Kompetenz P/W erl g. Die keltische Gesellschaft Sie fördert die Eigenständigkeit im Merktext, Legespiel, Schwerpunkt Lies den Text. Löse das Legespiel. Schreib die P Umgang mit historischen Quellen Heft Sachkomp. richtigen Sätze in dein Heft. zum Aufbau einer Vorstellung Aussehen und Kleidung Schwerpunkt über die Vergangenheit (Re-Kons- Suche die 10 Wörter. Ergänze den Lückentext. AB, Heft P Sachkomp. truktion), sowie einen kritischen Klebe das AB in dein Heft. Umgang mit historischen Darstel- Der Fürst von Hochdorf Schwerpunkt AB, Heft P lungen wie Ausstellungen, Spiel- Löse die Aufgaben. Klebe das AB in dein Heft. Fragekomp. filmen mit historischen Inhalten, Die Schnabelkanne vom Dürrnberg Geschichtserzählungen (De-Kons- Schwerpunkt Lest den Text. Notiert Fragen und sucht Ant- Merktext, AB, Heft P Methodenk. truktion). Es werden Methoden worten darauf. vermittelt, damit die SchülerInnen …… Analysen und Interpretationen …… vornehmen können. 3. Historische Orientierungskompe- P ➞ Pflichtaufgabe; W ➞ Wahlaufgabe; erl = die Aufgabe wurde erledigt, Schüler hakt ab; tenz: Historisches Lernen soll zum g= gesehen, LehrerIn gibt sein/ihr Zeichen 42 • Fachdidaktik

Begriffe klären (sachkompetenz) auf Karton kopiert und foliert. Das mögliche Antworten sollen durch Bild wird entlang der eingezeichne- eine Internet-Recherche gefunden Begriffe klären, verstehen und ad- ten Linien in 12 Teile zerschnitten, und für eine Klassendiskussion in der äquat anwenden zu können, ist ein sodass diese später als Puzzleteile folgenden gebundenen Stunde notiert wesentlicher Bereich der Sachkom- richtig zugeordnet werden können. werden (Arbeitsblatt 5). petenz. Den RezipientInnen dieses Beitrags mögen die ausgewählten Beispiel 2 (Arbeitsblatt 4) Mit historischen darstellungen kritisch Begriffe zu einfach erscheinen – die umgehen (Methodenkompetenz) Realität in Hauptschulklassen zeigt, Auch im zweiten Beispiel geht es um dass manchen 12-Jährigen selbst die Vermittlung von Sachkompetenz: In Geschichtsschulbüchern oder po- einfache Begriffe Probleme bereiten. Die SchülerInnen lesen einen In- pulärwissenschaftlichen historischen Verschärft wird das Problem durch formationstext, in dem Begriffe wie Sachbüchern werden Rekonstrukti- die Tatsache, dass viele Begriffe aus Amulette, Tätowierungen und Fibeln onszeichnungen häufig als Illustra- dem Bereich der Geschichte – in fehlen. Die fehlenden Begriffe können tionen eingesetzt. Die vermittelten teils verwässerter Bedeutung – in der im Suchrätsel gefunden werden. Sie Inhalte werden kaum infrage gestellt, Alltagssprache verwendet werden. Aus sind aber auch in der Tabelle darunter sie werden meist als feststehende diesen Gründen scheint die Klärung zu finden: Hier werden die Schüler- Tatsachen betrachtet. von Begriffen zum Themenbereich Innen aufgefordert, im Wörterbuch Wie andere Geschichtsdarstellungen sinnvoll. Im Folgenden seien einige die entsprechenden Erklärungen zu (Filme, Jugendbücher, Sachbücher) Methoden angeführt: finden. rekonstruieren Rekonstruktionszeich- nungen Geschichte(n), manche auf einer breiteren, manche auf schmaler Beispiel 1 (Arbeitsblätter 1-3) Fragen an die Vergangenheit stellen wissenschaftlicher Basis. Diesen Re- (Fragekompetenz) Im ersten Beispiel lesen die Schüler- konstruktionscharakter deutlich zu Innen zuerst einen Informationstext Je nachdem, welche Fragen His- machen, ist ein Bereich der Methoden- über die keltische Gesellschaft, der torikerInnen stellen, wird die Ver- kompetenz. (Arbeitsblatt 6) Begriffe wie Ritual, Barde, Druide, gangenheit neu bewertet, von einer Astrologie, Magie usw. enthält. Im anderen Perspektive betrachtet, neue Besonderer Dank gebührt den Schü- Folgenden ordnen die SchülerInnen Geschichte(n) werden geschrieben. lerinnen Bettina Schinwald, Marina den Begriffen Erklärungen zu, die Im Unterricht werden Schüler- Kreuzhuber und Christiane Wond- ihnen in Form von Multiple Choice- Innen überwiegend dazu angehalten, ratsch (PTS Mattsee/Fachbereich Aufgaben angeboten werden. Zur Fragen zu beantworten. Selbst Fragen Dienstleistung) für die Illustration Selbstkontrolle erscheint bei rich- zu formulieren fällt mangels Praxis der Unterrichtsmaterialien. tiger Zuordnung der Puzzleteile oft gar nicht so leicht. ein Bild der Comic-Figur Miraculix. In diesem Auftrag werden die Schü- Die Lösungen zu den beiliegenden Zur Festigung werden die Begriffe lerInnen dazu aufgefordert, Fragen Arbeitsblättern finden Sie unter: und richtigen Erklärungen ins Heft zu formulieren und aufzuschreiben, http://vgs.univie.ac.at/ geschrieben. Einige SchülerInnen könnten in Versuchung kommen, die Aufgabe nicht durch Nachdenken zu lösen, LITERATUR sondern die Puzzleteile ausschließ- lich aufgrund des Bildes zuzuordnen. W. schreiBer/a. kÖrBer/B. V. Borries/r. kraMMer/s. leutner-raMMe/s. eBus/ In der Regel ist hier ein Gespräch a. schÖner/B. zieGler, historisches denken. ein kompetenz-strukturmodell. neuried 22006. mit den SchülerInnen über Sinn und e. WindischBauer, offene lernformen im Geschichtsunterricht, in: J. rohlfes/M. sauer/ Unsinn von Schummelversuchen W. schulze (hg.): Geschichte in Wissenschaft und unterricht. zeitschrift des Verbandes der hilfreich. Geschichtslehrer deutschlands. 11/2006, Jg. 37. erhard Friedrich Verlag in zusammenar- beit mit ernst klett schulbuchverlag, 628-649. Hinweise zur Herstellung des Mate- e. WindischBauer, Planarbeit, in: Günther-arndt, hilke (hg.): Geschichtsmethodik. rials: Die Vorlage mit den Antwort- oldenburg, 2007, 99-102. möglichkeiten und das Bild werden Arbeitsblatt 1 der Bevölkerung.DieUnfreienhattengarkeineRechte. Besonders geschickteHandwerker(z.B.Schmiede)warenjedochauchsehrangesehenin Handwerker, BauernundHändlerhattenvielwenigerRechtealsGelehrteKrieger. Ihr Wissenwargeheimunddurftenurmündlichweitergegebenwerden. der HerrscherdesStammes.DieAusbildungzumDruidendauerteetwazwanzigJahre. In derGemeinschaftwarensiesehrangesehen.Manchmalsogarmächtigerals den Göttern.DruidenwarennichtnurPriester, sondernauchMedizinmännerundRichter. gie, HeilkundeundReligionwarenihreSpezialgebiete.SiehieltenRitualeabopferten Ma Astrologie, Kelten. die für Männer heilige waren Druiden Die sangsübungen machenmussten. sie währendihrerAusbildungjahrelangindunklenRäumenGe- und nichtsaufschreibendurften.VieleBardenwarenblind,da dauerte sehrlange,weilsiealleTexteauswendiglernenmussten sangen von keltischen Helden und Göttern. Ihre Ausbildung breiteten keltischeSagenundunterhieltendieMenschen.Sie Druiden undBardenwarenkeltischeGelehrte.Diever- oder Häuptling,gefolgtvondenDruiden,BardenundKriegern. An derSpitzemeistenkeltischenStämmestandeinFürst Arbeitsauftrag: 3) Schreibe die richtigen Erklärungen in dein Heft. dein in Erklärungen richtigen die Schreibe 3)

2) Erkläre schwierige Wörter aus dem Text mit Hilfe des Legepuzzles: des Hilfe mit Text dem aus Wörter schwierige Erkläre 2) 1) Lies dir den folgenden Text über die keltische Gesellschaft durch. Gesellschaft keltische die über Text folgenden den dir Lies 1) alle Aussagen richtig gebildet hast, entsteht ein Bild. ein entsteht hast, gebildet richtig Aussagen alle mit der richtigen Nummer und lege ihn auf das Kästchen mit der Frage. Wenn du du Wenn Frage. der mit Kästchen das auf ihn lege und Nummer richtigen der mit Klammer neben den Antwortmöglichkeiten stehen Nummern. Nimm den Puzzleteil Puzzleteil den Nimm Nummern. stehen Antwortmöglichkeiten den neben Klammer Lies dir die Sätze durch und überlege, welche Erklärungen richtig sind. In der der In sind. richtig Erklärungen welche überlege, und durch Sätze die dir Lies Die keltische Gesellschaft -

Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll: Arbeitsblätter zu „Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen. Am Beispiel der ‚Kelten‘“, S. 41-42 Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll: Arbeitsblätter zu „Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen. Am Beispiel der ‚Kelten‘“, S. 41-42 Arbeitsblatt 2 ➭ ➭ ➭ stellen zwischen herzu- eine Verbindung 10) EinPriester ➭ ➭ ➭ 7) Magieist ➭ ➭ ➭ der StellungSterne 4) Die ➭ ➭ ➭ Stammes standein der 1) An Gott. (11) den Menschenund Fürst undBauern.(10) sich streiten.(9) zwei Menschen,die ein Mädchenname.(7) Zauberei. (6) eine Suppe.(5) Ereignisse finden.(3) Menschen und Hinweise auf vorhersagen. (2) das Wetter lesen. (1) den WillenGottes Fürst. (5) Krieger. (4) Druide. (3) Astrologie Spitze eines versucht willaus ➭ ➭ ➭ 11) EinRitualist ➭ ➭ ➭ anderes Wortfür 8) 5) ➭ ➭ ➭ die 2) ð➭ ➭ ➭ Richter und sind Geschichten,Sagen sind Druiden ein Tanz.(9) ein Streit.(8) eine festliche, Geografie. (4) Religion. (3) Medizin. (2) genauso passiertsind. die einenwahrenKern völlig freierfunden Bauern. (2) Medizinmänner. (1) (7) feierliche Handlung. (10) enthalten. (9) und vielErfundenes sind. (8) istein Heilkunde Fürsten. (3) waren Priester, waren ➭ ➭ ➭ 12) Ein ➭ ➭ ➭ daher nur es Weitergegeben wurde und Barden Druiden 9) DasWissender ➭ ➭ ➭ Magie, Heilkundeund sehr viel überAstrologie, ➭ ➭ ➭ 3) DieBarden 6) Die entscheidet, werim Kinder. unterrichtet kaputte repariert mündlich. (12) in geheimenBüchern. in einergeheimen Salzabbau. (9) Religion. (8) Viehzucht. (7) Krieger. (6) Ärzte. (5) Sänger. (4) (10) Streitfall Rechthat. (9) Häuser. (8) (11) Schrift. (10) Richter Druiden wargeheim. waren wussten Arbeitsblatt 3

Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll: Arbeitsblätter zu „Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen. Am Beispiel der ‚Kelten‘“, S. 41-42 Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll: Arbeitsblätter zu „Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen. Am Beispiel der ‚Kelten‘“, S. 41-42 Erkläre mitHilfedesWörterbuchsdie folgenden Wörter Bronze, B______,GlasoderGold gefertigt. Halsketten undA______.Jenach ReichtumwarderSchmuckausKupfer, Schmuck. AußerFibelntrugensieTorques(Halsreifen), Arm-undFußreifen,Ringe, Knöpfe kannte,dientenF______zumVerschließen derGewänder.DieKeltenliebten einem Hemd.GegenRegen,WindundKälteschützte einlangerUmhang.Damannochkeine geschnittene KleidermiteinemGürtelausLeder oderB______,dieMännerHosenmit verwebte manhäufigzugestreiftenoderkariertenStoffen.DieFrauentrugeneinfach Die KleidungderKeltenwarausWolleoderL______.DieseMaterialien Fingernagelschneider,P______undBronze R______, spiegel. Auch sonstachtetendieKeltensehraufihrÄußeres.InGräbernfandmanz.B.Kämme, oder schmückten sichmiteineraufwändigenKörperbemalung. gewesen sein.MännerundFrauenwarensehrfarbenfroh.VielehattenT______sollen sehrschön kel tischen Frauen Färbemittel. Die einem unbekannten K______, Fettoder hatte, färb oder rötlichenHaare Wer keinehellen blond undhell großgewachsen, rot tischen Männerals be chische Autoren undgrie- Römische Arbeitsauftrag: Arbeitsblatt 4 Bronze: Leinen: Tätowierung: Kalk: schrieben diekel- 1) 1) 3) 3) 2) 2) Im Suchrätsel sind 8 schwierige Wörter rund um Aussehen und und Aussehen um rund Wörter schwierige 8 sind Suchrätsel Im Kleidung der Kelten versteckt. (Suche von links nach rechts und und rechts nach links von (Suche versteckt. Kelten der Kleidung dein Heft. dein Vergleiche mit dem Lösungsblatt und klebe das Arbeitsblatt in in Arbeitsblatt das klebe und Lösungsblatt dem mit Vergleiche Erkläre mit Hilfe des Wörterbuchs die Wörter aus dem Rätsel, Rätsel, dem aus Wörter die Wörterbuchs des Hilfe mit Erkläre von oben nach unten) Finde sie und trage sie in den Merktext Merktext den in sie trage und sie Finde unten) nach oben von die du unter dem Text findest. Text dem unter du die ein. te sie mit te siemit häutig. häutig. - Aussehen undKleidung R S T Z U U I E O P E Y X W H J L A N S L D E F B E I G F H K J L N W E E S N O H N Z T R V N H B F N E T W M Q A L N K S E D J S H F G G U E N W Q M L K Z J H I G F O K B L W E R T P Z U R I O A C I X Y T P O E I U E Z T R G F D S A M E Z N O R B Y E V E C X N E N I E L A Y P E G E H J E K L T Q W M E R E J H G F G R A K M U D S A T B R K L A K N N M A S S D T F T D S L A M T N B R V C I Pinzette: Kalk: Amulett: Fibel: : vom_duerrnberg www.keltenmuseum.at/de/museumsrundgang/1_obergeschoss/die_schnabelkanne_ www.diekelten.at/S-schnabelkanne.htm, auch dieAntworten: Versucht anschließend,imInternetAntwortenaufeureFragenzufindenundnotiert einfallen. Schnabelkanne vomDürrnbergundnotiertalleFragen,dieeuchzudiesemFundstück Geschichtsforschers. BetrachtetdieGroß-undDetailaufnahmender Partnerarbeit: in Salzburg. Einer derbedeutendsten Fundeaus der Keltenzeitist die Schnabelkannevom Dürrnberg Streitwägen, stoßen, stellensiezunächsteineReihevonFragen. von Reste Metallfiguren, und solchen Fund auf einen WissenschafterInnenWenn menschliche u.a.gefunden. Skelette Stein- kleine Tontöpfen, von Überreste gibt. Durch Zufall oder beigeplanten Ausgrabungen wurdenWaffen, Schmuckstücke, Funde angewiesen,daesselbst noch der KeltInnen keine schriftlichenAufzeichnungen Bei derErforschung der keltischen Zeit sinddieWissenschafterInnenhauptsächlich auf Arbeitsblatt 5 SchlüpftindieRolleeinerGeschichtsforscherin/eines Die SchnabelkannevomDürrnberg

Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll: Arbeitsblätter zu „Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen. Am Beispiel der ‚Kelten‘“, S. 41-42 Elfriede Windischbauer/Petra Schnöll: Arbeitsblätter zu „Vermittlung historischer Kompetenzen im Offenen Lernen. Am Beispiel der ‚Kelten‘“, S. 41-42 ______Form einesTextes? deiner Meinung nach gegenüber einerBeschreibungin eine Rekonstruktionszeichnung gemacht? hat Welche Vorteile solche Rekonstruktionszeichnungen Warum werden Künstlerin hatdiesesBildnachAngabenvon WissenschafterInnengemalt. EinKünstler/eine der Kleidung oderdesHolzes verrottet. des Prunkwagensbereits Teile sind ebenso übrig, lediglich Skeletteile Menschensind aufgezeichnet. Vonden genauen Fundorte menschliche soweitwiemöglich die Überreste wiederhergestellt, der Gräbervorsichtiggeborgen,zerbrocheneGegenständeund die Überreste lagen, geschafft, haben sieUnmengenvonErde,dieüber denFundenbeiseite ihr Wissen aufgrund vielerGrabfunde aus keltischer Zeit. Inmühsamer Arbeit ausgesehen haben solche Grabkammer eine sie zeigt,wie Rekonstruktionszeichnung, Grabkammer isteine der 4) Dasvon Bild ______nach demTodziehen?NotieredeineVorschläge: Schlüsse kann man daraus bezüglich der keltischen Vorstellungen übereinLeben 3) Du weißt nun,welche Grabbeigaben dieKeltenihrenTotenmitgaben. Welche ______du sonstnoch?Schreibesieauf. 2) WelcheGrabbeigabensiehst Rädchen derLiege e) d) Speisegeschirr Torques (Halsreif) c) b) das größteTrinkhorn a) 1) Suche folgende Gegenständeundmalesiean: Hochdorf, bezeichnetmanalsFürstengräber. kostbar ausgestattete Nahrung mit.BesondersGräber,wiedasGrabaus Geschirr und (=WeltderToten)gabWaffen, Für ihreReiseindieAnderswelt mandenVerstorbenen Grabhügel. war, destogrößerwarenGrabkammerund angesehener Verstorbene und der Grabhügeln. Jereicher Grabkammern unter bestattete mandieTotenin Zeit dieser In Das vonHochdorf(Deutschland)stammtausspätenHallstattzeit. Grab desFürsten der Arbeitsblatt 6 löwenverzierter Bronzekessel löwenverzierter Der FürstvonHochdorf . Die WissenschafterInnen haben WissenschafterInnen könnte. Die KONZEPTE & KONTROVERSEN

Werner Dreier, Eduard Fuchs, Verena Radkau, Hans Utz (Hg.)

Schlüsselbilder des Nationalsozialismus Fotohistorische und didaktische Überlegungen

Band 6, 978-3-7065-4688-1, Studien Verlag, Verein zur Förderung transdisziplinärer Forschung und Lehre in Kooperation mit dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, www.erinnern.at und der Pädagogischen Hochschule in Aarau (Fachhochschule Nordwestschweiz)

Einleitung Theoretische und methodische Überlegungen Hanno Loewy: Zum Gebrauch antisemitischer Fantasien. Bildpropaganda und Bildproduktion im Nationalsozialismus Christoph Hamann: Wechselrahmen. Narrativierungen von Schlüsselbil- dern – das Beispiel vom Foto des kleinen Jungen aus dem Warschauer Ghetto Reinhard Krammer: Historisches Lernen mit Bildern „Ikonen“ in Vergangenheit und Gegenwart Hans Petschar: Bekannt und unbekannt. Fotografische Ikonen zum „An- schluss“ Österreichs an das Dritte Reich Dominik Sauerländer: Fotografien aus der Zeit zwischen 1930 und 1945 in orts- und regionalgeschichtlichen Publikationen aus der Schweiz Arno Gisinger: Die Vergangenheit in der Gegenwart Pädagogische Umsetzung Christine Althaus/Mirjam Bertschi/Barbara Schnell/Hans Utz: Von der Wissenschaft in den Unterricht Auswahl, Aufbereitung und Einsatz von Fotografien über den Holocaust Alexandra Binnenkade: Lehrmittel gestalten, Lernprozesse anregen. Bilder und Emotionen Cornelia Gyapong: Aus Fotos wird Geschichte. Zur Arbeit mit Fotos zum Nationalsozialismus als historische Quellen in der Sekundarstufe I, Schwerpunkt Hauptschule Angelika Rieber: „Mit diesem Foto verbinde ich …“ – Fotos zur NS-Zeit im Geschichtsunterricht. Beobach- tungen, Erfahrungen und methodische Überlegungen zur Arbeit mit Fotos des Nationalsozialismus in mul- tikulturellen Klassen und in der Lehrerfortbildung Martin Krist: „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr“. Die Bildikone zum Warschauer Ghettoaufstand im Unterricht der Oberstufe Werner Dreier/Eduard Fuchs/Verena Radkau/Hans Utz: Glossar Hans Utz: Kommentierte Literaturliste Eduard Fuchs: Internetlinks

Bestellungen an: Tel.: +43/1/4277-41330 E-Mail: [email protected] VGS – Verein für Geschichte und Sozialkunde c/o Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien Universitätsring 1, A-1010 Wien Tel. ++43/1/4277-41330, Fax ++43/1/4277-9413 e-mail: [email protected], http://vgs.univie.ac.at

Von Lier nach Brüssel: Schlüsseljahre österreichischer Geschichte (1496–1995) Martin Scheutz/Arno Strohmeyer (Hg.) ISBN 978-3-7065-5016-1, Wien 2010, 368 Seiten Namhafte Historikerinnen und Historiker stellen vierzehn Schlüsseljahre österreichischer Geschichte vor: ein jeweils markantes Ereignis, das einen tiefen Einschnitt bedeutete und grundlegende Wei- chen für die weitere Entwicklung stellte. Die Zeitspanne reicht von den Anfängen des Weltreichs der Habsburger 1496 bis zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995. Basierend auf dem letzten Stand der Forschung wird das Zusammentreffen von Vergangenheit und Zukunft in einem einzelnen Ereignis in seinen österreichischen und europäischen Zusammenhängen dargestellt. Er- läutert werden zudem alternative Entwicklungsmöglichkeiten und strukturelle Rahmenbedingungen der Zäsur als „Erinnerungsort“ im Gedächtnisspeicher verschiedener Epochen. Eine kurze, thema- tisch gegliederte Auswahlbibliographie zu jedem Schlüsseljahr erleichtert den Leserinnen und Lesern eine individuelle Vertiefung.

Wirtschaft und Gesellschaft. Europa 1000–2000 Markus Cerman/Franz X. Eder/Peter Eigner/Andrea Komlosy/ Erich Landsteiner (Hg.) ISBN 978-3-7065-5023-9, Wien 2011, 440 Seiten Dieses Studienbuch bietet einen Überblick über die Wirtschafts- und Sozialgeschichte Europas in den letzten tausend Jahren und eine Einführung in die wichtigsten Forschungsfragen und -debatten in diesem Feld. Es wendet sich an Studierende und Lehrende von Bakkalaureats- und Master-Stu- diengängen der Geschichte und anderer wirtschafts-, sozial- und kulturwissenschaftlicher Diszipli- nen sowie ein an wirtschafts- und sozialhistorischen Synthesen und Zusammenhängen interessier- tes Publikum. Neben räumlich-zeitlichen Konzepten und theoretischen Perspektiven behandelt es die großen Themen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens: Wirtschaftswachstum, In- dustrialisierung, Bevölkerung, Technik, Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie, Arbeitsverhältnisse, Mi- grationen, Konsum, Zusammenleben in Haus und Familie, gesellschaftliche Schichtung, Klassenunterschiede, Geschlechterdif- ferenz, soziale Bewegungen und Europa im globalen Kontext. Die Autorinnen und Autoren forschen und lehren am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien bzw. stehen mit dem Institut in einem engen Kooperationsverhältnis.

Alte Geschichte. Der Vordere Orient und der mediterrane Raum vom 4. Jahrtausend v. Chr. bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. Wolfgang Hameter/Sven Tost (Hg.) ISBN 978-3-7065-5295-0, Wien 2012, 336 Seiten Die vorliegende Publikation verfolgt einen mehrfachen Zweck: Zum einen soll ein grundlegender, chronologisch aufbauender Überblick über die Geschichte des Altertums vermittelt werden, der sich in seiner zeitlichen und räumlichen Ausdehnung nicht allein auf die klassische Antike, d.h. auf die griechisch-römische Welt beschränkt, sondern auch deren Vorläuferkulturen im Vorderen Orient und Alten Ägypten berücksichtigt. Zum anderen soll dieser chronologische Überblick durch wesentliche, diachron und überregional zu behandelnde Aspekte ergänzt werden. Das Schema des Buches sieht eine Gliederung in zwei größere Abschnitte vor: Abschnitt I behandelt in zehn Kapiteln „Epochen und Räume“ der Alten Geschichte, die eine sinnvolle Einheit bilden und deshalb keinesfalls voneinander losgelöst betrachtet werden können; Abschnitt II stellt in fünf Kapiteln ausgewählte „Aspekte“ vor, die in ihrer thematischen Ausrichtung auf spezifische Grundlagen, Fragestellungen und Teilbereiche historischer Forschung Bezug nehmen. Die als programmatisch zu verstehende Einleitung unternimmt den Versuch einer Synthese und soll den Lese- rInnen als Leitfaden für die nachfolgenden Kapitel dienen.

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