Volkskammermehrheit Wischte Verfassungsentwurf Vom Tisch
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Preis 0,55 M /1,20 DM Freitag, B-Ausgabe 27. April 1990 ISSN 0323-4940 sc anc 45. Jahrgang / Nr. 98 SOZIALISTISCHE TAGESZEITUNG TT HEUTE Volkskammermehrheit wischte Lafontaine auf Weg der Besserung # Parlament: An den konkreten Fragen vorbei Verfassungsentwurf vom Tisch DDR empört über das Attentat Von VWE STEMMLER Bonn/Berlin (ADN). Der saarlän- nicht überlebt, sondern wäre ver- .zung über das Attentat zum Aus- Seite 2 dische Ministerpräsident und blutet. Die Mediziner hätten druck und übermittelte dem SPD- B e r 1 i n. Es war gewiß keine Sternstande der Demokratie, als gestern bundesdeutschen Organen zur SPD-Kanzlerkandidat Oskar La- Lafontaine in einem „deutlichen Politiker Genesungswünsche. • Solidarnosc bleibt auf der 5. Volkskammertagung der Verfassungsentwurf der Arbeits- Verfügung gestellt würden. Lo- fontaine befindet sich nach Mit- Schockzustand durch massiven - Die SPD-Bundestagsfraktion gruppe des Zentralen Runden Tisches mit den Stimmen von CDU, DA, thar de Msiziere berichtete, daß teilung der Ärzte auf dem Wege Blutverlust", mit geschwächtem war am Dqnnerstagmorgen in in der Zwickmühle seine Regierung schon einiges der Besserung. Wie am Donners- Kreislauf und „schonender" At- Bonn zu einer Sondersitzung zu- DSU und Liberalen vom Tisch des Parlamentes gewischt wurde. Die tag bekannt wurde, verfehlte die, Seite 5 Abgeordneten der genannten Parteien erachteten es nicht einmal für erreicht habe unld verwies auf mung vorgefunden. sammengekommen. Vor Beginn erforderlich, daß sich der Verfassungsausschuß der Volkskammer damit das Umtauschvenhältnis. 1:1 für Täterin nur um einen Millimeter ' Der Bundestag der BRD und die sagte der SPD-Vorsitzende Hans- • Scheinbare und beschäftigt. Löhne und Gehälter. Im Hin- die zum Gehirn führende Schlag- Volkskammer der DDR haben am Jochen Vogel vor Journalisten, blick auf eine eventuelle NATO- ader. Wäre sie getroffen worden, Donnerstagmorgen das Attentat Oskar Lafontaine sei „über den wirkliche Weltoff enheit 179 zu 167 lautete das Abstim- ten stets diszipliniert und ehren- Mitgliedschaft der jetzigen DDR, hätte Lafontaine keine Uberle- auf Oskar Lafontairie scharf verur- Berg". Er sei bei Bewußtsein, mungsergebnis 'gegen entspre- haft zu erfüllen". Verteidigungs- sagte er, Ziel sei nicht Blockver- benschance gehabt. teilt. „Der Deutsche Bundestag ist habe allerdings „starke Schmer- Seite 6 chende i Anträge der Fraktion minister Rainer Eppelmann (DA) schieburig, sondern -Überwindung. Die als Adelheid Streidel aus zutiefst betroffen von dieser ab- zen am Ohr und im Hals". Er sei Bündnis 90/Grüne. Die eindring- hatte im ersten Teil der Tagung, Mehrheitlich stimmten die Aib- BadNeuenahr identifizierte Atten- scheulichen Tat", hieß es in einer schon kurz aufgestanden und ha- # Geschichtsverlust — ' lichen Worte Dr, Wolf gang Ul- als Mitglieder des- Ministerrates geordineten der Verlängerung der täterin hatte den Politiker am Erklärung, die der Vizepräsident be sogar seinen Humor wiederge- manras über die Notwendigkeit Fragen beantworteten, die Not- Wahlperiode der Schöffen an den Mittwochabend in der Stadthalle des Parlaments, Richard Stück- funden. Auf keinen Fall werde Gesichtsverlust einer neuen Verfassung, um das wendigkeit der Wehrpflicht be- Kreisgerichten und" /der Mtitglie- von Köln-Mülheim bei einer len, zu Beginn der Sitzung ver- der saarländische Ministerpräsi- Seite 9 Eigentum der DDR-Bürger zu gründet. der von Schiedskommissionen, zu. Wahlveranstaltung mit einem las. Man hoffe, daß Oskar Lafon- dent in den nächsten Wochen sei- schützen und nicht dem Ausver- Weitere zeton Minister und. der Die Tagung endete mit einer ak- Messer in den Hals gestochen. In taine seinen Verpflichtungen als ne Regierungs- und Parteigeschäf- kauf preiszugeben, wurden vor Regierungschef standen Rede und tuellen Stunde, angeregt von der einer zweistündigen Operation in Ministerpräsident und seinen an- te wahrnehmen können. Vogel allem rrtit der Begründung, man Antwort, wobei einige — bei- Fraktion Bündnis 90/Grüne, zu der1- Kölner Universitätsklinik deren politischen Verpflichtungen ging aber davon aus, daß Lafon- STANDPUNKT hdbe keine Zeit, in den Wind ge- spielsweise die Ministerin für Ju- Fragen einer möglichen Lieferung rangen drei Chirurgen um das wieder nachkommen kann. Zu taine weiterhin als Kanzlerkandi- schlagen. Statt dessen plädierte gend und Sport, Cordula Schu- von Grundstoffen zur Herstellung Leben des 46jährigen Lafontaine. Beginn der Volkskammertagung dat zur Verfügung stehe. man für ein „paketwei&es Anpas- bert, und der Wirtsehaftenini- chemischer Waffen an den Irak. Die 42jährige, die noch am Tat- erklärte Parlaments-Vizepräsident Spaniens Ministerpräsident Fe- sen der bestehenden Verfassung". ster, Dr. Gerfhard Pohl (beide Grundtenor: Die Vorwürfe ort festgenommen wurde, ist am Dr. Reinhard Höppner (SPD), die lipe Gonzales, Schwedens Mini- Lafontaine Ein „AnpassungBpaket" wurde CDU) — nicht gerade vertrauen- müßten zunächst sachlich unter- Donnerstag in eine psychiatrische Betroffenheit über den Anschlag sterpräsident Ingyar Carlsson und Als das ZDF in seinem gestern auch gleich geschnürt: erweckend wirkten. Innenminfl- sucht werden. Der parlamentari- Klinik im Raum Köln eingewie- gehe über alle Parteiengrenzen der französische Sozialistenchef -Studio 1" am Mittwochabend Der Fahneneid! für die Wehr- ster Dr. Peter-Michael Diestel sche Staatssekretär für Abrü- sen .worden. Nach Meinung von hinweg. „Gemeinsam haben wir Pierre Mauroy kündigten Besu- vorführte, wie in Nprdrhein- pflichtigen wunde geändert. Das (DSU), der bekräftigte, er wolle stung, Dr. Bertram Wieczorek Ärzten, die die Frau untersuch- die Verpflichtung, diese Art von che bei Lafontaine an. Westfalen, wo am 13. Mai ein neue Gelöbnis ist von Fetadbild in seinem Amt keine Parteipoli- (CDU), erklärte, alle, Überprü- ten, leidet sie an „paranoider Gewalt in ihren Ansätzen und Im Endspurt der Wahlkämpfe heuer Landtag gewählt werden und bedingungslosem Gehorsam- tik verfolgen, sondern dem Auf- fungen hätten bisher ergeben, Schizophrenie". Ursachen zu bekämpfen." Na- in Nordrhein-Westfalen und Nie- soll, Wahlkampf geführt wird, gereinigt; es verpflichtet die bau der neuen demokratischen daß die DDR in der Vergangen- Ohne die sofortige Hilfe zweier mens seiner Regierung brachte dersachsen will die gesamte SPD- war man noch gewillt, mild zu Wehrpflichtigen, „getreu dem Ordnung dienen, versicherte auf heit kein Giftgas, keine Chemi- Rettungssanitäter und zweier Not- DDR-Premier Lothar de Maiziere Führung für den verletzten Kanz- lächeln. Pfiffe, Eier und Farb- Recht undi den Gesetzen der eine entsprechende Anfrage, daß kalien und keine Produfctionsan- ärzte hätte Oskar Lafontaine das in einem Telegramm an Oskar lerkandidaten Lafontaine ein- beutel als „Gegenargumente", DDR" ihre „militärischen Pflich- keinerlei ehemalige MfS-Akten / lagen weitergegeben habe. Attentat höchstwahrscheinlich Lafontaine seine große Bestür- springen. (Siehe auch Seite 2) ein Plakat, das Lafontaine und Honecker eng umschlungen zeigte, ein affiger CDU-Werbe- spot — Entgleisungen, wie sie halt in der Hitze des Gefechtes Landarbeiter vor dem Parlament: Wir sind nicht Mägde und Knechte Spielraum für vorkommen. (Vor dem 18. März war da in der DDR Schlimme- Berlln (ND-Fischer). Wieder Volks- Verhandlungen ? res zu erleben.) kammersitzung - wieder Bauern- demonstration. Im Namen der Berlin (ADN). Bei einem Gespräch Groß und allgemein Betrof- 600 000 Mitglieder der Cand- mit DDR-Ministerpräsident Lo- fenheit und Entsetzen, als zur thar de Maiziere hat Kanzler- gewerkschaft wehrten sich im amtsminister Rudolf Seiters das gleichen Stunde der SPD- Lustgarten Arbeiter, Forstleute Bonner Angebot zum Staatsver- Kanzlerkandidat OsfcoT Lafon- und Landtechniker dagegen, an trag als fair und verantwortungs- taine nach einer Wählveran- den Rand der Gesellschaft ge- drängt zu werden. „Wir sind Land- voll gewertet Dies sei von Anfang staltung in Köln von einer Frau arbeiter, Herr Minister! Nicht an kein taktisches Angebot gewe- niedergestochen wurde, die Mägde und Knechte!", hieß es. Ge- sen, sagte er am Donnerstag nach einen Politiker, • „egal wen",, werkschaftsvorsitzende Marianne einem Treffen mit dem Premier umbringen wollte, um Schlag-' in Berlin, aber „wir halben Sandig forderte von der Regie- immer auch gesagt, daß wir Zeilen zu machen. Selbst wenn rung, den unkontrollierten Import die Verhandlungen als gleichbe- es sich offenbar um eine gei- von Nahrungsgütern zu stoppen, rechtigte Partner führen". Nach stig verwirrte Einzeltäterin Außerdem verlangte sie die so- fortige Wiederaufnahme der Ta- Seiters gebe es keine gleichbe- ohne politischen Hintergrund rilverhandlungen mit dem Ziel, rechtigten Verhandlungen, wenn handelt, bleibt eine Reihe von die Löhne um 30 Prozent anzu- es keine Spielräume gibt. Am Fragen offen, von denen die heben. Die Finanzen der Gewerk- Ende der Verhandlungen werde nach den Sicherheitsvorkehrun- ein Vertrag stehen, „der nicht schaft aus Mitgliedsbeiträgen völlig identisch ist mit dem An- gen noch die am einfachsten müßten ebenfalls 1:1 umgewan- gebot". zu beantwortende ist. delt werden, lautete ihr Votum. Das Schrittmaß' der Verhand- Das Attentat kam, auch wenn In einer Parlamentspause hatte lungen zwischen beiden deutschen es den Anschein hat, nicht völ- Dr. Peter Pollack, Minister für Staaten werde nach Auffassung lig aus heiterem Himmel. Ver- Ernährung, Land- und Forstwirt- Lothar de Maizieres vom ge- sagt hat nicht in erster Linie schaft, "eine' 'Gewerkschaftsabord» meinsamen Ziel bestimmt, An- deT Personenschutz Lafontaines.