«ZüriSee – Uferleben – Leben am Ufer»

Grundlagen, Folgerungen und Massnahmen zur nachhaltigen Aufwertung

Zürichsee Landschaftsschutz Die Ufer am Zürichsee verdienen unser Interesse

Seelandschaft ist Lebensraum. Seit jeher verändert er sich ständig – durch natürliche Entwicklungen und Eingriffe des Menschen. Wir haben die Chance, den Lebensraum Zürichsee und seine Ufer als Ganzes aktiv mitzugestalten. Weitblick, Wissen um die Zusammenhänge und Interesse für die Belange der Natur schaffen die Voraussetzungen für eine gute Entwicklung.

Dieser Prospekt gibt Einblick in die Forschungsarbeit des Projekts «ZüriSee – Uferleben – Leben am Ufer», verweist auf die ökologischen Zusammenhänge, die Veränderungen und ihre Gründe und zeigt Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf. Zürichsee Landschaftsschutz (ZSL) will damit die Menschen am Zürichsee für die Natur in ihrem Lebensraum sensibilisieren und sie motivieren, aktiv an einer positiven Umgestaltung mitzuwirken. Untersuchungen des Lebens am Ufer

Mit dem starken Rückgang der Schilfbestände am Ufer des Zürichsees wuchs auch die Sorge um die Erhaltung der intakten Landschaft um den See. Seit 1979 wird der Zustand des Röhrichts am Zürcher Ufer des Zürichsees regelmässig untersucht. Im Rahmen des Programms ZSL konnte die Kartierung der Röhrichtbestände auf die Anrainerkantone St. Gallen und Schwyz ausgedehnt wer- den. Jetzt liegt eine einheitliche Bestandesaufnahme der Ufervegetation für den ganzen See vor. Erhebungen zur Tierwelt, vor allem zu Vögeln und Libellen, ergänzen das Bild.

In den letzten vier Jahrzehnten kam aber nicht nur die wissenschaftliche Beobachtung zum Zug. An zahlreichen Stellen des Sees wurden Schutz- und Sanierungsmassnahmen getroffen zur Regenera- tion von Röhrichtbeständen und erodierten Ufern. Allerdings ist der Erfolg dieser Massnahmen noch nicht überall sichtbar.

Erfahrungen aus Regenerationsprojekten am Bodensee und am Bielersee konnten einbezogen wer- den. Erstmals haben alle drei Anrainerkantone eine gemeinsame Bestandesaufnahme des aktuellen Zustands. Auch erste Erkenntnisse aus dem Projekt «Vision Zürichsee 2050» der Baudirektion des Kantons fliessen in die vorliegende Studie ein.

Nähere Projektinfos unter www.zuerichsee-landschaft.ch.

Dank Der ZSL dankt allen Beteiligten herzlich für die Unterstützung. Ein spezieller Dank geht an die Donatoren und Geldgeber: Kantone Zürich, St. Gallen und Schwyz für die grosszügige finanzielle und fachliche Unterstützung, Gemeinden Küsnacht, Männedorf, , Stäfa, Grün Stadt Zürich, Verkehrsverein Höfe am , Regionalrat Zentralschweiz-Zürich COOP Schweiz, KIBAG Management und Logistik.

Bildautoren: Schweizerischer Vogelschutz SVS Zürich, Elvira Angstmann Männedorf, Hansruedi Wildermuth Rüti, Heini Vicentini Zürich, Andreas Rotach und Thomas Oesch OePlan

Vollständige Quellenangaben: siehe Synthesebericht Rapperswil Leuzinger & Benz ASW, Wasserqualität Windenergie und Wellenkraft

Weniger Düngestoffe im See Wind, Wellen und Seestand beein- Bis um 1950 gelangte fast alles Abwasser aus Industrie, Siedlun- flussen das Gedeihen des Röhrichts gen und Landwirtschaft in den See. Der See erhielt zu viele Extreme Sturmwellen richten an Ufern und Ufervegetation Schä- Nährstoffe – besonders Phosphor –, was zu starkem Algen- den an. Die Höhe der Sturmwelle ist von der Streichlänge des wachstum führte. Das war ein Hauptgrund für den massiven Windes über dem See, von Windstärke und Winddauer abhän- Rückgang des Röhrichts und der ursprünglichen Unterwasser- gig. Im Osten des Obersees sind Wellenhöhen über 1,0 m, am flora. Mit dem Bau von Abwasserreinigungsanlagen hat sich die Zürichsee bei Feldbach bis 1,5 m möglich. Weststürme und star- Wasserqualität seit den achtziger Jahren konstant verbessert. ker Föhn können sogar Wirbelstürme erzeugen. In intakten Röh- Von der Abnahme der Nährstoffe und der besseren Durch- richtbeständen «vernarben» Schäden im Verlauf der Jahre wieder. dringung des Tiefenwassers mit Sauerstoff profitieren die See- Werden die extremen Ereignisse aber häufiger – Klimawandel? –, wasserwerke, welche die Gemeinden zu günstigen Preisen mit kommt es zu nachhaltigen Veränderungen am Ufer. Wenn die sauberem Wasser versorgen können. Das Röhricht erholt sich Wassertiefe abnimmt, schwillt die Welle an und wird steiler. Dann und die Unterwasserpflanzen entwickeln sich in Richtung der bricht sie: Der Wellenkamm überschlägt sich und es entsteht eine ursprünglichen Vielfalt. Brandung. Dabei wird der grösste Teil der zerstörerischen Energie Als Lunge des Sees gilt das Flachwasser mit einem feinkörnigen in Wärme umgewandelt. Mit einem natürlichen oder künstlichen Kies- oder Sandstrand: Hier wird das Seewasser mit Sauerstoff Riff wird die Brandung vorzeitig erzwungen. Die Wellenkraft wird angereichert, organische Stoffe werden abgebaut, der See wird draussen im See reduziert und das Ufer bleibt unbeschadet. sauberer. Zu beachten ist dabei der Grundsatz: Die Welle erodiert, die Strö- mung transportiert. Vor allem die Kombination von hohen Wellen Die Wasserqualität des Obersees ist und starker Strömung machen dem Schilf zu schaffen, weil das massgebend für den Zürichsee losgelöste, feinkörnige Sediment laufend abtransportiert wird. Der mit seinen Zuflüssen liefert über 60 Prozent des Phosphorgehalts für den Zürichsee. Dank der Reinigung des Ab- wassers aus den Siedlungen konnte die Phosphorkonzentration

Das neu geschüttete Riff vor dem wirkt: Die Welle überschlägt sich und verliert einen grossen Teil ihrer erodierenden Kraft.

Phosphat und Gesamtphosphor im Obersee 1972 bis 2000. Vögel am Ufer Quelle: Wasserversorgung Zürich 2002. Am Vorkommen bestimmter Vögel kann die Bedeutung der einzelnen Uferabschnitte für die Tier- und Pflanzenwelt gut aber auch hier auf einen Sechstel (von 30 auf 5mg/m3 Wasser) dokumentiert werden. Deshalb wurden 2004/05 rund um den reduziert werden. Der Zürichsee und seine Zuflüsse müssen aber noch sauberer werden. Für eine optimale Wasserqualität sind Zürichsee die sogenannten Indikator-Arten der Seeufer gezählt. die Belastungen durch Düngestoffe – im Obersee aus der - So kommt zum Beispiel der Hauben- ebene und den Seitenbächen – immer noch zu gross: Die ge- taucher mit 435 Brutpaaren am häu- planten Revitalisierungen im Linthgebiet erhalten auch unter figsten vor. Dies entspricht 10 Prozent diesem Aspekt grosse Bedeutung. des schweizerischen Bestandes. Mit sei- nem prächtigen Federkleid und dem auffälligen Balzritual ist der Hauben- taucher eine Zierde. Handlungsmöglichkeiten und Strategien

Interkantonale Zusammenarbeit Einfluss der Seeregulierung intensivieren Der Seespiegel schwankt im durchschnittlichen Jahresverlauf seit 1951 nur • das Reglement für die Seeregulierung überarbeiten noch um 40 cm. Darum treffen die Wellen heute praktisch immer an der- • die Wasserqualität aller Zuflüsse verbessern selben Stelle aufs Ufer. Die mechanische Energie erzeugt am Naturufer mit • die fachgerechte Pflege und den Unterhalt der Ufer för- den Jahren einen senkrechten Abbruch. Es entsteht ein sogenanntes Kliff – dern mit nachteiligen Folgen: Die naturbelassenen Lebensräume im Wasser werden von jenen am Land getrennt und oft geht auch Land verloren (z.B. Hotspots bevorzugt behandeln dokumentiert im Frauenwinkel und am Südufer der Ufnau). • einheitliche Wasserschutzzonen und landseitige Puffer- Weil das Schilfröhricht keine eigentliche Wasserpflanze ist, hat es gerne hie bereiche erlassen und da «trockene Füsse». Ein Seehochstand wie 1999 würde zudem be- • für den Vollzug der Schutzbestimmungen den gemein- schattendes Gehölz wieder vom Ufer wegdrängen. samen Einsatz von Aufsichtspersonen prüfen Im Frühjahr sollte der Wasserspiegel tiefer sein und dann nicht zu rasch ansteigen, im Gleichschritt mit dem Wachstum des Schilfs. Angebot an die Gemeinden • Unterstützung bei der Förderung der Ufervegetation

In Anlehnung an das natürliche Vorbild des Seepegels (Zustand vor 1855) sollten die Seestände im Frühjahr tiefer und im Sommer höher einreguliert werden (siehe Pfeile). = mittlere Jahresganglinie am Bodensee (Vorbild für unregulierten Zustand), mit maximalen Seeständen in den Jahren 1999, 1987 und 1965 (feine und gestrichelte Linie). = mittlere Jahresganglinie am Zürichsee (seit 1951).

Er benötigt Ufer mit geeigneten Nistplätzen, vor allem zone am See. Sie brütet gerne in Boden- Schilfgürtel, und ein ausreichendes Nahrungsangebot an nähe im Übergangsbereich von Schilf- kleinen Fischen. Eine Beunruhigung des Sees durch Boots- röhricht und dahinter liegendem Ried. verkehr und Wassersport reduziert die Bestände. Die Ver- Die Verteilung der Rohrammer deckt teilung des Haubentauchers um den Zürichsee deckt sich sich sehr gut mit den Schutzgebieten mit dem Vorkommen von Schilfröhricht. Er ist am Obersee rund um den See. Seit 1976 ist der gut vertreten. Der Untersee weist aber grosse Verbrei- Bestand mit rund 150 Brutpaaren (ent- tungslücken und viel kleinere Dichten auf. spricht 5 Prozent des CH-Bestandes) etwa gleich geblieben, wobei an den Ufern der Kantone Zürich und Die Rohrammer ist als charakteristischer Vogel der Feucht- St. Gallen eine starke Abnahme und an den Schwyzer Ufern eine deutliche gebiete ein Indikator für eine naturnahe Verlandungs- Zunahme zu verzeichnen ist. «ZüriSee – Uferleben – Uferregeneration, dargelegt anhand von 4 Ufertypen:

Menschen am Ufer» Ufertyp 1: Natürlich bis naturnah Ufertyp 3: Teilweise verbaut, seeseitig flach Ökologischer Wert Beispiele (Referenzbilder) Ökologischer Wert Beispiele guter Seeufer-Gestaltungen (Referenzbilder) Der Zürichsee hat eine zentrale Bedeutung als Naherholungsgebiet. Die Menschen brauchen den See als Ausgleich Wertvoll bis sehr wertvoll: Meist unter Natur- Teilweise wenig wertvoll bis wertvoll: Seeseitig zum Alltag und zum Berufsleben, zur Entspannung und zur sportlichen Betätigung. Das Seeufer ist das wichtigste schutz. flach auslaufende Unterwasserböschung, land- Erholungsgebiet der Region. Leider erzeugen manche Geräte wie lärmige Motorboote oder stinkende Grills so viel seitig wenig Freiraum. Belästigung, dass der Erholungswert häufig wieder abnimmt. Defizit Zur Lebensqualität der Menschen in den Ufergemeinden gehört der Zugang zum Wasser. Öffentliche Ufer- und Gering bis mässig: Negative Einflüsse aus Umge- Defizit Strandzonen machen den See zum Erlebnis – zu allen Jahreszeiten. bung verringern. Mittel bis gross: Ufersicherung meist mit harter Die Aufwertung von Uferabschnitten zugunsten der Erholung erfordert eine ansprechende Gestaltung: Gefragt sind Ufermauer und Blocksatz, zur Landgewinnung intensiv nutzbare, möglichst naturnahe Grünanlagen von hoher Qualität. Es gelingt nicht immer, Ökologie und Aufwertungspotenzial für Siedlung und Verkehrsanlagen erstellt. Bedeutend: Oft ist ein erhöhter Pflegeaufwand Erholung in Einklang zu bringen. Dann muss der Mensch seine Ansprüche zurücknehmen und «draussen» bleiben. Grosse Allmeind nötig, damit die Lebensraumqualität erhalten Aufwertungspotenzial Frauenwinkel bei Pfäffikon SZ: Seebad Pfäffikon SZ: Leider werden neu gestaltete Ufer oft vom Erholungsbetrieb «überrollt». Die neuen Strände sind rasch mit Abfall und : Flachufer mit Buhnen und Riff Attraktiver Kiesstrand bleibt. Landseitig und wasserseitig sind oft zu- Schilfschutzzaun Mittel: Oft seeseitige Aufwertung ergänzt durch Hundekot verdreckt. Dann sind die Gemeinden gefordert: Ein dichtes Netz an Infrastruktur für die Abfallentsorgung sätzliche Puffer- und Wasserschutzzonen nötig. Wellenschutz möglich. und regelmässiger Unterhalt sind nötig. Geologischen Aufbau beachten (instabile Zonen Beispiele mit Aufwertungspotenzial (Referenzbilder) Verbesserungsmöglichkeiten sind am unteren Zürichsee häufig). Schutz und Erhaltung des heutigen Zustands stehen im Vordergrund. Pflege: Regelmässig aus- Verbesserungsmöglichkeiten holzen. Alte Schutzzäune abbrechen. Nach Stür- Anlage eines Riffs als seeseitiger Schutz gegen men und Hochwasser auch in naturnahen Ab- die Ufererosion und als Grundlage einer Auf- schnitten Unterhalt sicherstellen. wertung und Verbreiterung der Ufer. Zugang der Bevölkerung zum See verbessern.

Lido bei Rapperswil: Schwemmholz schädigt Hart verbautes Ufer an der Blocksatz vor Bad Rüschlikon: das Schilf. Seestrasse bei ZH (Risi) Standortfremd, überdimensioniert

Zürich Ufertyp 2: Naturnah, wenig verbaut Ufertyp 4: Hart verbaut, meist überschüttet Ökologischer Wert Beispiele (Referenzbilder) Ökologischer Wert Beispiele (Referenzbilder) Wertvoll: Mit Röhricht und Wasserpflanzen, oft Wenig wertvoll Freiraum auf der Landseite vorhanden (Villen- quartier mit Umschwung, Grün- /Freihaltezone, Defizit Landwirtschaft). Gross: Kaum biologische Werte, seeseitig zu steil, landseitig überbaut. Defizit Mässig bis mittel: Oft ältere bauliche Eingriffe Aufwertungspotenzial vorhanden (kleine Mauern, Blocksatz an Ufer- Gering bis mittel: Spielraum für Aufwertungen Frauenwinkel linie), oft landseitig beeinträchtigt durch Erho- zu mehr Naturnähe lokal nutzen, aber meist mit ( SZ): Lahnung Ufermauer in Küsnacht: lungsbetrieb oder intensive Landwirtschaft. grossem Aufwand verbunden. und Buhne als Schutz für Wenig Spielraum für das erodierende Ufer ökologische Aufwertung Aufwertungspotenzial Verbesserungsmöglichkeiten Mittel bis gross: Generell Übergangszone vom Kleinräumige Verbesserungen besonders für die Wasser zum Land durch landseitige Abflachung Erholungssuchenden unterstützen: Besseren Zu- breiter machen, allenfalls kombiniert mit seesei- gang zum Wasser schaffen. tigem Wellenschutz.

Verbesserungsmöglichkeiten Neben einem wirksamen Uferschutz, der auch Bätzimatt, Insel die Besucherlenkung einschliesst, sind Massnah- ( SZ): Neues men gegen die Erosion und die landseitige Ab- landseitiges Flachufer mit Seeanlage Meilen: Beispiel Küsnacht flachung des Kliffs zu prüfen. Harte Uferver- vorgelagertem Riff aus einer öffentlichen Anlage bauung entfernen. Grobkies unter Wasser mit Zugang zum See

Diese seltenen oder typischen Tier- und

Thalwil Pflanzenarten sollen gefördert werden:

Meilen

Drosselrohrsänger Glänzende Smaragdlibelle Teichrose

Horgen

1 Feldbach Au Stäfa Laube Malermuschel Kolbenente Ausdehnung des Röhrichts Die Breite, mit der das Röhricht in den See hinaus ragt, ist ein Massstab für dessen ökologische Bedeutung. Angegeben sind die mit Schilf und/ oder Seebinsen bewachsenen Uferabschnitte. Es gibt vier Klassen: Ufer ohne Röhricht (rot), Röhrichtbreite 1 bis 10 Meter (feiner grüner Strich), 3 Schmerikon 11 bis 20 Meter (mittlerer grüner Strich) und über 20 Meter (breiter grüner Strich). Rapperswil- Wädenswil Hotspots Einige Uferabschnitte, vor allem im östlichen Teil des Sees, weisen eine 8 überdurchschnittlich hohe natürliche Vielfalt aus, insbesondere kommen seltene und typische Vögel häufig vor. 4 6 Diese besonders wertvollen Uferabschnitte werden Hotspots genannt und sind auf der Karte schwarz umkreist. Die Erhaltung und Aufwertung haben 2 hier Priorität. 7 5 Ufertypen Die vier Ufertypen sind mit Farbstreifen im See bezeichnet Freienbach Nuolen Ufertyp 1 Natürlich bis naturnahUfertyp 2 Naturnah, wenig verbaut Pfäffikon Ufertyp 3 Verbaut, seeseitig flachUfertyp 4 Hart verbaut, meist überschüttet Bezeichnung der Hotspots Delta und Schuttfächer 1 Halbinsel Au In den Mündungen von Bächen und Flüssen sind früher ausgedehnte 2 Frauenwinkel Deltas und Schuttfächer entstanden. Bei den noch vorhandenen Deltas Lachen wird zwischen grosser und kleiner Geschiebeführung unterschieden. 3 Feldbach - Gubel Dynamische Deltas haben einen hohen Wert als Lebensraum. Die Feststoff- 4 Lido - zufuhr (Sand, Kies) in den See ist massgebend für die Qualität der benach- 5 Mündung Wägitaler Aa barten Uferabschnitte. Deltabereiche eignen sich gut für die Regeneration. 6 Stampf - Wurmsbach Angaben zur Richt- und Nutzungsplanung 7 Nuolener Riet 8 Linthmündung Baugebiete Schutzgebiete

Wald Wasserschutzzonen Reproduziert mit Bewilligung der Swisstopo (BA068029) Geschichte der Landschaft am See

Die Landschaft heute Im Vergleich zum 19. Jahrhundert schwankt der See- spiegel nur noch minim und die Flachwasserzonen sind zehnmal weniger breit. Das Siedlungsgebiet umfasst 75 Prozent des ganzen Seeufers. Seine Gestaltung ist entsprechend künstlich: mit senkrechten Ufermauern und Steilböschungen, ohne Röhricht. Etliche ursprüng- lich typische Pflanzen- und Tierarten sind verschwun- den oder sehr selten geworden. Andere profitieren von den neuen Standortverhältnissen.

Die Entwicklung der letzten 80 Jahre: am Beispiel der Insel Ufnau

Leben am Ufer zur Steinzeit.

Seit 16’000 v. Chr. war die Zürichseeregion eisfrei und bald von Wäldern überwachsen. Hier lebten Nomaden als Jäger und Sammler. Sie wurden um 4000 v. Chr. sesshaft und rodeten grosse Waldflächen. Viele Siedlungen entstanden direkt am Seeufer auf Pfählen, wo die Menschen sicher vor Raubtieren waren. Durch die Rodungen erodier- te vermehrt mit organischem Material angereicherter Boden; der See wurde allmählich nährstoffreicher. Erst jetzt breiteten sich Seebinsen- und Schilfröhricht am Seeufer aus. Das Südufer der Insel – einst umsäumt von einem durchgehenden Rund 6000 Jahre lang blieb die Seeufervegetation mit Schwankungen Schilfgürtel. Die Bewohner nutzten das Holz regelmässig. Die hohen Schwankungen des Seespiegels lassen keine Bäume konstant; nur in Siedlungsnähe und an bewaldeten Steilufern bestan- direkt am Ufer zu. (Bild von 1923) den einzelne Lücken. Im Zeitraum von 1800 bis 1930 wurden auf weiten Uferstrecken seichte Seeflächen aufgefüllt, um neue Land- flächen zu gewinnen. So verschwanden über achtzig Prozent der Röhrichte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wächst das Siedlungs- gebiet von der Stadt Zürich aus stetig den See hinauf.

Heute hat der Uferwald das Röhricht durch Beschattung fast vollständig verdrängt. (Bild von 2003) Wo stehen wir heute?

Ausdehnung des Röhrichts im See – Im Frauenwinkel wurde in den letzten Jahren versucht, die Uferdynamik die Ansprüche von Mensch und Tier auf engem Raum zu entflechten. Erste Ergebnisse zeigen: Ein Neben- Jedes Seeufer unterliegt einer gewissen Dynamik: Ufermauern zerfallen einander von Naherholung und seltenen Tieren ist und Kiesufer werden abgetragen. Auch die Lage der sogenannten Schilf- möglich. front, der äussersten Schilfhalme im See, hat sich im Verlauf der Jahre immer wieder verändert. Sie ist ein Mass für den Zustand des Ufers – seiner Pflanzen und der Wasserqualität. Je weiter das Schilf in den See vordringt, desto besser geht es ihm. Vom breiten Röhrichtstreifen profi- Resultate aus dem Projekt tieren die typischen Schilfbewohner wie der Drosselrohrsänger. «Vision Zürichsee 2050» der Wichtig für die Seeanstösser: Ein breiter Schilfbestand stabilisiert das Ufer Baudirektion des Kantons und es geht kein Land verloren. Zürich

Die Entwicklung der Ufer- und Wasserpflanzen am Zürichsee in den letzten 100 Jahren, Auf Zürcher Boden sind noch knapp 6 Prozent der dargestellt am Beispiel eines Uferprofils am Obersee bei Busskirch, Jona. Seeufer naturnah. Die Hälfte der Uferzonen ist aus ökologischer Sicht stark beeinträchtigt und fast ein Drittel künstlich. Trotzdem eignen sich 53 Prozent des Zürcher Ufers gut bis sehr gut für eine ökologi- sche Aufwertung.

1906 Viel Potenzial für die Schaf- fung öffentlicher Erholungs- flächen am Zürcher Ufer Der Anteil des öffentlich zugänglichen Zürichsee- 1978 ufers ist klein; rund 60 Prozent des Seeufers sind privat und nur gerade 40 Prozent sind über Erho- lungsflächen oder Verbindungswege zugänglich. Es gibt aber noch ein Potenzial von 14 Prozent Seeufer in öffentlichem Besitz, das für die Erholung genutzt 1989 werden kann. In diesem errechneten Potenzial sind auch Ufer enthalten, wo eine Wegverbindung, je- doch noch keine Erholungsfläche besteht. Zahlreiche Uferanlagen haben ein Gestaltungsdefizit: Ein attraktiver Wasserzugang fehlt und die Flächen- 2005 gestaltung ist für Erholungssuchende wenig einla- dend. Oft lassen sich Ufermauern durch Flachufer- Die rot bezeichnete Röhrichtfront ist heute sogar wieder etwas weiter im See bereiche ersetzen, um den See besser erlebbar zu draussen als 1978. Das Spektrum der vorgelagerten Wasserpflanzen zeigt die verbesserte Wasserqualität an. machen. Seeufer mit Schutzverordnung 2.7% Seeufer mit Potenzial 13.5% Sehr wenig Röhricht am unteren Zürichsee, mehr am Obersee Drei Viertel der gesamten Uferlänge am Zürichsee sind heute ganz ohne Röhricht und nur gerade 14 Prozent verfügen über einen mehr als 10 Meter breiten Schilfgürtel. Der Schilfbestand ist ausserdem sehr unter- Seeufer mit geringem schiedlich verteilt: Am unteren Zürichsee sind nur 14 Prozent der Ufer Potenzial 49.5% mit Röhricht bewachsen, am Obersee immerhin 43 Prozent. (Uferparzelle nicht im Seeufer mit bestehender öffentlichen Eigentum) öffentlicher Erholungs- fläche 34.2%, Aufwer- tungsmöglichkeiten Landschaft als Erholungsraum teilweise vorhanden. Der moderne Mensch braucht den See als Ausgleich zum Alltag und Berufsleben: Er sucht hier Entspannung und sportliche Betätigung. Aller- dings erzeugen manche Sportgeräte zu viel Betrieb, Lärm und Wellen- schlag und beeinträchtigen den Erholungswert der Landschaft. Gleichzeitig steigen aber Bevölkerungszahl und Mobilität und erhöhen ihrerseits den Potenzial zur Schaffung öffentlicher Erholungsflächen. Quelle: Vision Zürichsee 2050. Erholungsdruck auf den See und die öffentlich zugänglichen Ufer.