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PDF-Dokument A-1014 Wien, Ballhausplatz 2 Tel. +43 (1) 531 15-4271 Fax +43 (1) 531 15-4285 BUNDESKOMMUNIKATIONSSENAT e-mail: [email protected] www.bks.gv.at GZ 611.922/0003-BKS/2008 B E S C H E I D Der Bundeskommunikationssenat hat durch den Vorsitzenden Dr. PÖSCHL, die weiteren Mitglieder Dr. PRIMUS, Dr. GITSCHTHALER, Dr. HOLOUBEK und Dr. KARASEK über die Beschwerde von Mag. M. P. ua gegen den ORF wegen Verletzung des ORF-Gesetzes wie folgt entschieden: Spruch: I. Der Beschwerde wird gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b iVm § 5 iVm § 3 Abs. 1 Z 1 und § 3 Abs. 1 zweiter Satz ORF-G teilweise Folge gegeben; es wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G festgestellt, dass der ORF gegen § 5 Abs. 1 ORF-G iVm § 3 Abs. 1 ORF-G dadurch verstoßen hat, dass er es im Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 30. Juni 2007 unterlassen hat, im Rahmen der gemäß § 3 ORF-G verbreiteten Programme angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen der Slowenen, der Slowaken, der Tschechen und der Ungarn zu erstellen. II. Die Beschwerde, festzustellen, dass der ORF gegen § 5 Abs. 1 ORF-G auch dadurch verstoßen habe, dass er es im Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 30. Juni 2007 unterlassen habe, im Rahmen der gemäß § 3 ORF-G verbreiteten Programme angemessene Anteile in den Volksgruppensprachen der Kroaten und der Roma zu erstellen sowie Sendungen in den Sprachen aller (auch der unter I.) genannten Volksgruppen an angemessenen Sendeplätzen zu verbreiten, wird gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit b iVm § 37 Abs. 1 iVm §§ 3 und 5 ORF-G abgewiesen. III. - 2 - Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf den Zeitraum 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2005 bezieht, gemäß § 36 Abs. 4 iVm § 5 Abs. 1 ORF-G zurückgewiesen. IV. Dem ORF wird aufgetragen, den Spruchpunkt I. innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung in der Nachrichtensendung um 19 Uhr 30 in ORF 2 und in den Nachrichtensendungen zwischen 12 und 13 Uhr in den bundesweiten Hörfunkprogrammen Ö1 oder Ö3 jeweils durch Verlesung des folgenden Textes auf Deutsch, Slowenisch, Slowakisch, Tschechisch und Ungarisch zu veröffentlichen: „Der Bundeskommunikationssenat hat Folgendes festgestellt: Der ORF hat in der Zeit vom 1. Jänner 2006 bis 30. Juni 2007 gegen seine gesetzliche Verpflichtung verstoßen, in Hörfunk und Fernsehen angemessene Programmanteile in den Volksgruppensprachen der Slowenen, der Slowaken, der Tschechen und der Ungarn zu verbreiten.“ Dem ORF wird gemäß § 11 KOG iVm § 36 Abs 5 ORF-G aufgetragen, binnen weiterer zwei Wochen über die Veröffentlichung einen Nachweis in Form der Übermittlung von Aufzeichnungen zu erbringen. Begründung: 1. Vorbringen der Parteien: 1.1. Der Beschwerdeführer Mag. M. P. hat zur Begründung seiner am 20.07.2007 eingebrachten, durch andere Rundfunkteilnehmer unterstützten Beschwerde vorgebracht, dass der ORF im Zeitraum vom 01.01.2004 bis 30.06.2007 weder Hörfunk- noch Fernsehsendungen in Tschechisch und Slowakisch ausgestrahlt habe. Er habe in dieser Zeit auch keine in den Siedlungsgebieten der Slowenen in der Steiermark auf terrestrischem Weg empfangbaren Hörfunksendungen in Slowenisch gesendet. Die Ausstrahlung von Sendungen in Volksgruppensprachen auf „Radio 1476“ erfülle den Versorgungsauftrag des § 5 ORF-G nicht, weil der Sender wenig bekannt sei und nur nachts sende. Die Empfangsqualität auf Mittelwelle sei schlechter als auf Ultrakurzwelle. Viele handelsübliche Radio-Empfangseinrichtungen könnten Signale auf Mittelwelle nicht wiedergeben. Aus der öffentlichen Finanzierung des ORF durch Rundfunkgebühren ergebe sich eine klare Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Diese erlaube die Anwendung eines strengen Prüfungsmaßstabs in der Frage, in welcher Quantität etwa Sendungen in Volksgruppensprachen zu verbreiten seien. Bei einer „angemessenen Versorgung“ mit - 3 - volksgruppensprachlichen Rundfunksendungen könne das Fernsehen aufgrund seiner besonders großen gesellschaftlichen Bedeutung nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Spracherwerb geschehe in verstärktem Maße durch Medienkonsum, vor allem Kinder und Jugendliche seien in höherem Ausmaß Fernseh- als Radiokonsumenten, die Ausklammerung der Volksgruppensprachen aus dem Fernsehbereich sei daher nicht statthaft. Bei den deutschsprachigen Angeboten des ORF, die Themen der Volksgruppen deutschsprachigen Rezipienten näher bringen sollen, handle es sich nicht um Angebote iSd § 5 Abs. 1 ORF-G; diese seien vielmehr Teil des allgemeinen Programmauftrages des ORF und damit auch nicht Beschwerdegegenstand. Die Ausstrahlung von Sendungen in Volksgruppensprachen über Mittelwelle („Radio 1476“) sei lediglich eine „Scheinerfüllung“ des genannten Programmauftrags, weil die Mittelwelle 1476 im Vergleich zu UKW- Sendungen ein Medium „zweiter Klasse“ mit nicht angemessener Empfangsqualität sei. Volksgruppensprachliche Hörfunk- und TV-Sendungen seien überdies für alle autochthonen Volksgruppen in Österreich, unabhängig von deren zahlenmäßigen Stärken und vom Zeitpunkt deren Ansiedlung und Zuwanderung zu erstellen. Gerade eine zahlenmäßig kleine Volksgruppe bedürfe einer besonderen sprachlichen Berücksichtigung, um iSd Art. 8 B-VG vor Assimilation geschützt zu werden. Dies gelte insbesondere für die von der Gefahr gänzlicher Assimilation betroffene slowenische Volksgruppe in der Steiermark. In jedem Fall könne die Versorgung per Satellit, Internet oder Mittelwelle nur eine Ergänzung der terrestrischen Versorgung durch UKW in den angestammten Siedlungsgebieten sein. 1.2. Der ORF als Beschwerdegegner hat Aufzeichnungen über sein gesamtes Angebot an „Volksgruppenprogrammen“ im relevanten Zeitraum vorgelegt. Er bestritt, im angeführten Zeitraum keine Sendungen in Tschechisch und Slowakisch gesendet zu haben. Er strahle vielmehr regelmäßig auf Mittelwelle 1476 kHz Sendungen in diesen Sprachen aus. Die Ausstrahlung dieser Programme erfolge - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - keinesfalls „de facto unter Ausschluss der Öffentlichkeit“. Die Mittelwelle sei eine international übliche Form der Rundfunkübertragung mit hoher technischer Reichweite. Der ORF weise auch im Internet regelmäßig auf diese Sendungen hin. Geräte zum Empfang von Mittelwellen-Sendungen seien in allen Preisklassen im einschlägigen Fachhandel erhältlich, die Möglichkeit der Einstellung der genauen Frequenz sei gegeben. „Radio 1476“ könne grundsätzlich weitgehend störungsfrei empfangen werden. Nach einem (auch vorgelegten) Gutachten der Österreichischen Rundfunksender GmbH & Co KG (ORS) sei „Radio 1476“ in der West-, Ost- und Südsteiermark sowie in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland sogar flächendeckend in guter Qualität zu empfangen. In den Nachtstunden vergrößere sich das Empfangsgebiet noch und erfasse de facto das gesamte Bundesgebiet. Die bessere Klangwiedergabe auf UKW betreffe lediglich Musik, Features und Hörspiele. Sie spiele jedoch bei Nachrichten, Journalen und Interviews keine Rolle. Diese Art von - 4 - Sendungen würde auch in den UKW-Programmen des ORF größtenteils in Mono ausgestrahlt. Der gesetzliche Auftrag des ORF bestehe darin, Volksgruppenprogramme in Hörfunk und/oder Fernsehen auszustrahlen. Mittelwelle sei den in § 5 Abs 1 ORF-G aufgezählten Programmen zuzuordnen, dieses Programm zähle gemäß § 3 Abs. 7 ORF-G ausdrücklich zum Versorgungsauftrag des ORF. Im Burgenland seien mit „Radio MORA“ Gespräche über eine Kooperation, ähnlich der bestehenden Kooperation zwischen ORF und „Radio DVA-AGORA“ in Kärnten, geführt worden, dies jedoch ergebnislos. Bei der Beurteilung der Angemessenheit nach § 5 Abs 1 ORF-G seien die Stärke der hinter den Volksgruppen stehenden gesellschaftlichen Kräfte, die sich unter anderem aus Volkszählungsergebnissen ergeben, die zum Teil erheblich differierenden Subventionen des Bundes für die einzelnen Volksgruppen und die unterschiedliche Entwicklung und Verbreitung der Volksgruppen ebenso zu berücksichtigen wie die zunehmende Binnenmigration und die Landflucht in den angestammten Siedlungsgebieten der Volksgruppen. Der ORF habe bewusst eine Maßnahme auch zur Erfüllung des Volksgruppenauftrags gesetzt, als er ab September 2001 seine Hörfunk- und Fernsehprogramme auch über den Satelliten Astra 1G verfügbar gemacht habe. Zur Versorgung der steirischen Slowenen wies der Beschwerdegegner darauf hin, dass - so ein vorgelegter wissenschaftlicher Artikel - „beim heutigen Stand der wissenschaftlichen Untersuchungen von einem vollkommenen Verschwinden der slowenischen Sprache in den drei autochthonen Siedlungsgebieten der steirischen Slowenen ausgegangen werden müsse“. Für die steirischen Slowenen bestehe die Möglichkeit, via Satellit die Volksgruppenprogramme der anderen Bundesländer zu empfangen. „Radio DVA AGORA“ sei in der Steiermark via Satellit und über Kabel empfangbar. Ein Anspruch auf terrestrische Versorgung bestehe (nach § 5 Abs 1 Satz 1 iVm § 3 ORF-G) nicht. Zu Volksgruppensendungen im Fernsehen vertrat der Beschwerdegegner den Standpunkt, dass es gerechtfertigt sei, den besonderen Programmauftrag primär dem Radio als Medium der Sprache zu übertragen, weil die gesetzlichen Bestimmungen vor allem auf den Erhalt der Sprache der Volksgruppen zielten. Nach § 3 ORF-G seien die Medien Fernsehen und Hörfunk einander völlig gleichgestellt. Weder aus den Gesetzesmaterialien noch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich, dass in beiden Medien zu gleichen Teilen in Volksgruppensprachen gesendet werden müsse. 2. Sachverhalt: 2.1. Der Beschwerdeführer und die mehr als 120 Unterstützer seiner Beschwerde entrichten die Rundfunkgebühr ordnungsgemäß (Auskunft der GIS-Gebühren Info Service GmbH vom 07.08.2007). - 5 - 2.2. Die Erstellung der
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