Eine Region fördert die vielfältige Kulturlandschaft 25

Seit gut zwanzig Jahren setzen sich Landwirt- die artenreichen Fromentalwiesen. Trockenstein mau - schaft, Forst und Naturschutz gemeinsam für ern, zahlreiche Heckenreihen und Lebhäge in den die Erhaltung der Kulturlandschaft Gebieten der ehemaligen Ackerterrassen sorgen zu- ein. Der FLS unterstützt das innovative und sätzlich für eine Strukturierung der Land schaft. langfristige Projekt seit Beginn im Jahr 1994 mit

namhaften Beiträgen von über zwei Millionen In der Grundlagenstudie von 1990 zur Gründung Projekt Franken. des Fonds Landschaft Schweiz ist festgehalten, dass mit dem Fonds die «Erhaltung der regionalen, Der einzigartige Charakter des Domleschg besticht kulturellen und landschaftlichen Vielfalt» gefördert mit seiner Vielzahl an Elementen der Kulturland- werden soll. Ein weiterer Grundsatz besteht in schaft. Zahlreiche markante Kulturdenkmäler wie der «Erhaltung, Pflege oder Wiederherstellung von Burgen, Schlösser und historische Wege sind Zeu- naturnahen Kulturlandschaften oder einzelner ihrer gen der bewegten Vergangenheit des Tales, das Elemente». Ein wichtiges Prinzip ist zudem die För- an der Durchgangsstrasse zu den Alpenpässen derung der angepassten Nutzung der Land schaft, Splügen, San Bernardino und Julier liegt. Dazu bietet die auf eine langfristige Erhaltung der natürlichen das milde Klima ideale Voraussetzungen für die Ressourcen hinzielt. Das umfassende Projekt «Kultur- Landwirtschaft und eine reich gegliederte Kultur- landschaft Domleschg» zeigt die Umsetzung der ge- landschaft. Ein wichtiges Element sind die ausge- nannten Grundsätze in der Landschaft vor bildlich auf. dehnten Obstgärten, von denen die Dörfer und Schlösser seit Jahrhunderten umgeben sind. Sie Landschaftspflege durch die Landwirtschaft zeugen von der einstigen Bedeutung des Obst an- als Novum baus im Tal, als das Domleschg zu den wichtigen Der FLS unterstützt das Projekt «Kulturlandschaft Obstanbaugebieten der Schweiz zählte. Die quali- Domleschg» seit Planungsbeginn im Jahr 1994. tativ hochstehenden Tafeläpfel wurden damals Das flächendeckende Gesamtprojekt sieht umfas- bis nach St. Petersburg gebracht. sende Aufwertungsmassnahmen in den Bereichen Hochstammobstbäume, Hecken- und Feldgehölze, Weitere prägende Elemente dieser Kulturlandschaft Wiesen, Trockenmauern und Ackerbau vor. Dabei sind die trockenen, steilen Steppengrashalden und liegt der besondere Charakter des Projektes darin,

Obstgarten bei Ortenstein in Tomils Blick über das Domleschg von aus Verger près d’Ortenstein à Tomils Vue sur le Domleschg depuis Scheid Frutteto presso Ortenstein a Tomils Veduta da Scheid sulla Domigliasca

FLS Bulletin – Bollettino FSP, 48/2016 26 dass die Pflege der Kulturlandschaft in die Land- Beitragsmöglichkeiten von Kanton und Bund. Durch wirtschaft integriert wird: Mit den Bauern werden die Umwandlung in ein Vernetzungsprojekt gemäss gesamtbetriebliche Verträge abgeschlossen. Zu den Bundes-Richtlinien der Ökoqualitätsverordnung jener Zeit war dies ein Novum, während heute konnten diese Anteile des Projektes fortan über in der ganzen Schweiz ähnliche Konzepte ange- Gelder von Bund und Kanton finanziert werden. Ins- wendet werden. besondere die Finanzierung von Aufwertungsmass- nahmen kann jedoch nicht oder nur teilweise über In einer ersten Projektphase von 1996 bis 2001 das Instrument der Ökoqualitätsverordnung abgewi- wurden die FLS-Beiträge hauptsächlich zugunsten ckelt werden. Ein weiteres, wenn auch reduziertes von Ökoflächen eingesetzt. Zusätzlich konzen- Engagement des FLS erwies sich deshalb als sinn- trierten sich die ausgeführten Massnahmen neben voll. Als wichtige Elemente der Domleschger Kultur- der Heckenpflege, der Entbuschung von Mager- landschaft sollten Obstbäume, Trockenmauern und wiesen und der Reparatur von Holzzäunen auf die Holzzäune weiterhin gefördert werden. Ab 2002 Renovation von Trockenmauern. Die Pflegearbeiten realisierte der Regionalverband regioViamala einen liefen rasch gut an und in breiten Bevölkerungs- Obstlehrpfad, um die Bevölker ung für die Hoch- kreisen stiess das Projekt auf positives Echo. Auch stamm obstbäume zu sensibilisieren. Im Föhrenwald bei den Beteiligten hatte sich die Idee etabliert, Tomils begannen grossflächige Auflichtungen und so nahmen bereits im dritten Projektjahr vierzig ein Beweidungsprojekt mit Ziegen wurde initiiert. Bauern am Projekt teil. Die Bauern profitierten ge rade in der Anfangsphase von zahlreichen Weiter- Im Jahr 2006 leistete der FLS eine einmalige An- bildungsangeboten wie Heckenkursen und Vogel- schubhilfe an das Projekt «Zoja», das die Vermark - exkursionen. Vermehrt wurden Arbeitseinsätze mit t ung von Domleschger Hochstammpro dukten Schülern, Freiwilligen oder Arbeitslosen durchge- för dert. Das erfolgreiche Projekt des Regionalver- führt. Diese führten Arbeiten aus, die nicht durch ban d es regioViamala will mit dem Domleschger die Landwirte erbracht werden konnten. Hochstammtafelapfel ein qualitativ hochstehendes und attraktives Produkt schaffen und auf dem über- Etabliertes Projekt entwickelt sich weiter regionalen Markt verkaufen. Mit dem Vorhaben wird Um die Kontinuität des Projektes zu gewährleisten, insbesondere die Erhaltung des reichen Bestandes sicherte der FLS seine Unterstützung auch für von Hochstammobstbäumen im Domleschg unter- eine zweite Projektphase von 2002 bis 2007 zu. stützt, der Lebensräume von hoher ökologischer Das Projekt sollte dabei in eine langfristige Or ga ni- Qualität umfasst. Als weiteres Ziel soll mit dem sation und Finanzierung überführt werden. Als Projekt das Bewusstsein der Kon sumenten für die erster Schritt erfolgte ab 2002 die vollständige Sortenvielfalt gefördert werden. Ablösung der Ökoflächenbeiträge über die neuen

Ausbildungswoche für Maurerlehrlinge in Tomils Heckenlandschaft bei Semaine de formation à Tomils pour les apprentis maçons Paysage de haies vers Almens Settimana di formazione per apprendisti muratori a Tomils Paesaggio ricco di siepi presso Almens

FLS Bulletin – Bollettino FSP, 48/2016 27

Trockensteinmauer «Crestabongert» in Fürstenau Zoja-Kiste Mur en pierre sèche « Crestabongert » à Fürstenau Coffret « Zoja » Muro a secco «Crestabongert» a Fürstenau Scatola di degustazione Zoja

Strukturen sprechen für eine erfolgreiche vorgenommen und der Bau von Holzzäunen unter- Weiterführung stützt. Nach dem Abschluss des grossen Kulturland- schaftsprojektes «Kulturlandschaft Domleschg» Die aufgezeigte Entwicklung und der Erfolg des Pro- im Jahr 2008 unterstützte der FLS in den folgenden jektes lassen sich mit Zahlen belegen. So sind im Jahren insbesondere den Wiederaufbau und die Domleschg über 250 Hektaren Trockenstandorte Sanierung von Trockensteinmauern. In Fürstenau, und Streuwiesen mit Verträgen geschützt, seit den Almens und Scharans wurden in den Jahren 2009 90er-Jahren wurden mehrere Hundert Hochstamm- bis 2011 über hundert Quadratmeter Trocken - obstbäume gepflanzt und gegen 1000 Quadratmeter stein mauern erneuert. Trockensteinmauern instand gestellt. Damit leistet das Projekt auch einen Beitrag zur Förderung der Ein im Jahr 2012 vorliegendes Gesamtkonzept für Biodiversität, da gerade in Obstgärten seltene Vogel- die Instandstellung der Trockenmauern entlang arten wie der Wendehals, der Gartenrot schwanz des historischen Verkehrsweges Tomils-- und der Wiedehopf leben. Almens-Scharans von nationaler Bedeutung sieht Sanierungsarbeiten über mehrere Jahre vor. Bis Was in den Anfangsjahren als «Staudenprogramm» ins Jahr 2017 sollen über vierhundert Quadratmeter bezeichnet wurde, hat sich zu einem Vorzeigeprojekt Trockenmauern saniert werden. Mit weiteren Teil- für die Ausgestaltung der Bündner Vernetzungs- projekten werden die Bemühungen zur Erhaltung projekte und der Landschaftsqualitätsbeiträge ent- und Aufwertung einer vielfältigen Kulturlandschaft wickelt. Nach gut zwanzig Jahren hat das Projekt bei im Domleschg fortgesetzt. Neben der weitergeführ- den Landwirten eine beachtliche Beteiligungsquote ten Heckenpflege wurden bereits Auflichtungen erreicht, alle Landwirte im Tal machen mit. Zahl- reiche Teilprojekte widmen sich auch der Öffentlich- keitsarbeit und tragen damit zur Sensibilisierung der Bevölkerung bei. Diese umfangreichen und erfolg- reich umgesetzten Massnahmen hat der FLS zu sein em zehnjährigen Jubiläum mit einem Anerken- nungspreis gewürdigt. Der Trägerschaft regioVia- mala, ab 2016 neu Region Viamala, und allen weite- ren Projektbeteiligten sei bei dieser Gelegen heit herzlich gedankt. Durch das grosse Engage ment ei- ner breit abgestützten Arbeitsgruppe wurde ein Kul- turlandschaftsprojekt über mehr als zwanzig Jahre mit hoher Intensität vorangetrieben und vorbildlich weiterentwickelt. Die gefestigten Strukturen bei der Trägerschaft sprechen für eine erfolgreiche Ziegenweide ob Tomils Weiterführung des Projektes, wobei auch der stets Pâturage à chèvres au-dessus de Tomils guten Zusammenarbeit von Forst, Landwirtschaft Pascolo per capre sopra Tomils und Naturschutz eine wichtige Rolle zukommt.

FLS Bulletin – Bollettino FSP, 48/2016 28 Résumé Riassunto Une région encourage un paysage Una regione promuove la varietà del rural diversifié suo paesaggio rurale tradizionale

Le caractère unique de la vallée du Domleschg (GR) Il carattere unico della Domigliasca GR si deve anche s’exprime au travers de nombreux éléments de son al gran numero di elementi diversificati che contrad- paysage rural traditionnel. Depuis plus d’une ving- distinguono il suo paesaggio rurale tradizionale. Da taine d’années, agriculteurs, bûcherons et protec- oltre vent’anni l’agricoltura, il settore forestale e la teurs de la nature œuvrent ensemble pour maintenir protezione della natura uniscono le forze impegnan- ses biotopes diversifiés. Particularité du projet : l’en- dosi in favore della conservazione degli habitat na- tretien du paysage rural traditionnel a été intégré turali locali, molto variegati. Questo progetto vanta, dans des contrats globaux conclus avec chaque ex- come tratto particolare, l’integrazione della cura del ploitant. S’il y a quelques années, cette démarche paesaggio rurale tradizionale nell’agricoltura, tramite faisait figure de nouveauté, elle est désormais appli- i «contratti concernenti l’insieme delle attività delle quée dans toute la Suisse. aziende agricole». E se nei primi anni del progetto, questo tipo di contratto costituiva una novità, oggi in- Le FSP soutient le projet « Paysage rural du Dom- vece simili concetti sono applicati in tutta la Svizzera. leschg » depuis le début de sa planification en 1994. Outre des contributions écologiques à la surface, Il FSP appoggia il progetto denominato «Paesaggio le projet couvrant l’ensemble du territoire concerné rurale tradizionale Domigliasca» fin dall’inizio della prévoyait des mesures de revalorisation. Durant la sua pianificazione, nel 1994. Il progetto complessivo première phase entre 1996 et 2001, la rénovation des e capillare prevede, oltre ai contributi per le superfici murs en pierres sèches était une des priorités, tout ecologiche, anche misure complete di valorizzazione. comme l’entretien des haies, le débroussaillage des In una prima fase progettuale, dal 1996 al 2001, l’at- prairies maigres et la réparation des barrières en tenzione è stata rivolta alla cura delle siepi, al disbo- bois. Suite à sa transformation en un projet de mise scamento dei prati magri e alla riparazione delle stac- en réseaux des « surfaces de compensation écolo- cionate in legno, così come alla ricostruzione dei

Kreuzzaun in Feldis Clôture en ciseaux à Feldis Staccionata incrociata a Feldis

FLS Bulletin – Bollettino FSP, 48/2016 29

Kurs für vielfältige Obstgärten Cours pour des vergers diversifiés Corso per la gestione di frutteti variegati giques » (directives fédérales selon l’ordonnance muri a secco. Con la trasformazione in progetto di sur la qualité écologique), les contributions à la sur- interconnessione secondo le direttive della Confe- face ont pu être versées dans cette région dès 2002 derazione nell’Ordinanza sulla qualità ecologica, dal par le canton et la Confédé ration. Le soutien du FSP 2002 i contributi per le superfici ecologiche sono sta- s’est ensuite limité aux mesures de revalorisation. ti finanziati con i fondi della Confederazione e del Eléments essentiels du paysage rural traditionnel du Cantone. L’ulteriore sostegno da parte del FSP si è Domleschg, arbres fruitiers, murs en pierres sèches così concentrato sulle misure di valorizzazione: sono et barrières en bois ont ainsi été préservés grâce à stati patrocinati, quali elementi importanti del pae- ce soutien. saggio rurale tradizionale della Domigliasca, in parti- colare gli alberi da frutto, i muri a secco e le staccio- Après clôture en 2008 du vaste projet « Paysage nate di legno. ru ral du Domleschg », le FSP a plus particulièrement soutenu au cours des années suivantes la recons- Dopo la conclusione del grande progetto paesaggisti- truction et l’assainissement de murs en pierres sèch- co «Paesaggio rurale tradizionale Domigliasca» nel es, divers éclaircies forestières et la construction 2008, il FSP negli anni successivi ha appoggiato so- de barrières en bois. prattutto la ricostruzione e il ripristino dei muri a sec- co in pietra, nonché diversi interventi di diradamento Ce projet-modèle a réussi à atteindre, après plus dei boschi e la costruzione di staccionate in legno. d’une vingtaine d’années, un taux de participation Dopo oltre 20 anni, questo progetto particolarmente réjouissant auprès des agriculteurs, tous les paysans esemplare ha conseguito presso i contadini una rag- de la vallée ayant collaboré au réseau. Le riche éven- guardevole percentuale di partecipazione, visto che tail de mesures prises en faveur du maintien d’un tutti gli agricoltori della valle vi hanno aderito. In oc- paysage rural diversifié dans la vallée du Domleschg casione del suo 10° anniversario, il FSP ha premiato a été couronné d’un prix d’encouragement, décerné le ampie misure in favore di un paesaggio rurale tra- à l’occasion du 10e anniversaire du FSP. dizionale variegato nella Domigliasca con un rico- noscimento.

FLS Bulletin – Bollettino FSP, 48/2016