Heike Krösche

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Heike Krösche Zwischen Vergangenheitsdiskurs und Wiederaufbau. Die Reaktion der deutschen Offentlichkeit¨ auf den Nurnberger¨ Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1945/46, den Ulmer Einsatzgruppenprozess und den Sommer-Prozess 1958 Dissertation zur Erlangung eines Doktorgrades der Philosophie der Fakult¨at IV Human- und Gesellschaftswissenschaften der Carl von Ossietzky Universit¨at Oldenburg vorgelegt von: Heike Kr¨osche geb. am 03. Januar 1975 in Rostock Erstgutachter: Juniorprofessor Dr. Thomas Etzemuller¨ Koreferent: Prof. Dr. Dietmar von Reeken Disputation am: 28.01.2009 3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung6 2 Grundbegriffe und methodisches Konzept 17 2.1 Offentlichkeit¨ und ¨offentliche Meinung.................. 17 2.2 Bev¨olkerungsmeinung als Gegenstand historischer Rekonstruktion... 22 2.3 Medienrealit¨at und Medienwirkung.................... 28 2.4 Geschichte der Presse in Deutschland nach 1945............. 30 2.4.1 Uberregionale¨ Tageszeitungen................... 37 2.4.2 Regionale Tageszeitungen..................... 41 2.4.3 Wochenzeitungen.......................... 43 2.4.4 Zeitschriften............................. 44 3 Der Nurnberger¨ Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1945/46 und die Spaltung der deutschen Nachkriegs¨offentlichkeit 47 3.1 Gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen.......... 47 3.1.1 Die Zusammenbruchgesellschaft.................. 47 3.1.2 Rechtliche Voraussetzungen fur¨ den Nurnberger¨ Prozess..... 52 3.1.3 Das Urteil im Nurnberger¨ Prozess................. 56 3.2 Die Presseberichterstattung uber¨ den Nurnberger¨ Prozess........ 58 3.2.1 Allgemeine Bedingungen der Berichterstattung.......... 58 3.2.2 Strukturelle Merkmale der Presseberichterstattung....... 68 3.2.3 Das Bild des Prozesses als einer Geschichte der Pers¨onlichkeiten\ 81 " 3.2.4 Die Zust¨andigkeit des Gerichtshofes................ 99 3.2.5 Die Kontroverse um die deutsche Schuld............. 114 3.2.6 Reaktionen auf das Urteil..................... 136 3.2.7 Zur Einsch¨atzung der Haltung der deutschen Bev¨olkerung durch die deutschen Pressevertreter................... 149 3.3 Die Haltung der deutschen Bev¨olkerung zum Nurnberger¨ Prozess.... 181 3.3.1 Im Spiegel von Meinungsumfragen und Stimmungsberichten.. 181 3.3.2 Im Spiegel von Briefen an den Internationalen Gerichtshof... 196 4 Inhaltsverzeichnis 4 Die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen und die Sensibilisierung der deutschen Offentlichkeit¨ in den sp¨aten funfziger¨ Jahren 208 4.1 Gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen.......... 208 4.1.1 Die deutsche Gesellschaft in der BRD und der DDR in den funfziger¨ Jahren........................... 208 4.1.2 Rechtshistorischer und vergangenheitspolitischer Rahmen.... 214 4.1.3 Die Verbrechen der Einsatzgruppen und ihre strafrechtliche Ver- folgung nach 1945.......................... 219 4.1.4 Vorgeschichte und Urteil des Ulmer Einsatzgruppenprozesses.. 223 4.1.5 Die Grundung¨ der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltun- " gen zur Aufkl¨arung von NS-Verbrechen\............. 227 4.1.6 Die strafrechtliche Verfolgung von NS-Gewaltverbrechen in La- gern, der Prozess gegen Martin Sommer und der Justizskandal um Hans Eisele........................... 231 4.2 Strukturelle Merkmale der Presseberichterstattung zur strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen 1958.................... 237 4.3 Die Presseberichterstattung uber¨ den Ulmer Einsatzgruppenprozess.. 254 4.3.1 Bestien in Menschengestalt\................... 254 " 4.3.2 Die Bedeutung des Ulmer Prozesses................ 267 4.3.3 Die Reaktion auf das Urteil.................... 275 4.4 Die Bev¨olkerungsreaktion auf den Ulmer Einsatzgruppenprozess.... 286 4.5 Die Pressereaktion auf die Grundung¨ der Zentralen Stelle\....... 300 " 4.6 Die Bev¨olkerungsreaktion auf die Grundung¨ der Zentralen Stelle\... 308 " 4.7 Die Presseberichterstattung uber¨ den Sommer-Prozess.......... 313 4.7.1 Der Henker von Buchenwald.................... 313 4.7.2 Kritik an der Justiz......................... 329 4.7.3 Exkurs: Die Pressereaktion auf den Fall Eisele.......... 334 4.7.4 Die Reaktion auf das Urteil.................... 350 4.8 Die Bev¨olkerungsreaktion auf den Sommer-Prozess........... 354 5 Schluss 364 Quellen und Literatur 378 Archive...................................... 378 Zeitungen und Zeitschriften........................... 379 Nurnberger¨ Prozess............................. 379 Inhaltsverzeichnis 5 Ulmer Einsatzgruppenprozess und Sommer-Prozess........... 379 Gedruckte Quellen und Literatur........................ 380 6 1 Einleitung Auf dem ersten Deutschen Historikertag nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs formulierte Gerhard Ritter 1949 die Forderung: Deutschland aber als das Land, von " dem die zentrale Erschutterung¨ unseres Erdteils ausging, hat das unmittelbarste und dringendste Interesse daran, durch Aufkl¨arung der echten Wahrheit sich vom Alb seiner jungsten¨ Vergangenheit zu befreien.\1 Die Erforschung der Geschichte des National- sozialismus und damit die Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Vergangenheit betrachtete er als die zentrale Aufgabe der deutschen Geschichtswissenschaft fur¨ die zukunftigen¨ Jahre.2 Allerdings hinterl¨asst die implizite Vorstellung, die Deutschen k¨onnen sich von ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit befreien, den Eindruck, dass diese Auseinandersetzung in absehbarer Zeit einen zufrieden stellenden Abschluss finden k¨onnte. Kritischer setzte sich dann zehn Jahre sp¨ater Theodor W. Adorno mit der Frage Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit\ auseinander.3 Zum " gegenw¨artigen Zeitpunkt stehe der Ausdruck Aufarbeitung der Vergangenheit\ fur¨ das " Vergessen des nationalsozialistischen Erbes in Westdeutschland, so Adorno 1959, denn: Aufgearbeitet w¨are die Vergangenheit erst dann, wenn die Ursachen des Vergangenen " beseitigt w¨aren.\4 So sehr er die Notwendigkeit der Aufkl¨arung uber¨ die NS-Zeit betonte, stand er einer erfolgreichen Aufarbeitung der Vergangenheit doch skeptisch gegenuber.¨ Als Adorno seinen Vortrag in den sp¨aten funfziger¨ Jahren hielt, war in der Bundesrepublik bereits ein Prozess in Gang, in dessen Verlauf sich das ¨offentliche Bewusstsein fur¨ die unbew¨altigte\ Vergangenheit und die Notwendigkeit einer in- " 1 Ritter, S. 19. 2 Im selben Jahr nahm das Deutsche Institut fur¨ Geschichte der nationalsozialistischen Zeit\, seit " 1952 Institut fur¨ Zeitgeschichte\, in Munchen¨ seine Arbeit auf. Vgl. M¨oller: 50 Jahre Institut fur¨ " Zeitgeschichte. 3 Adorno hielt 1959 einen Vortrag unter dem Titel Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit\ " vor dem Koordinierungsrat fur¨ Christlich-Judische¨ Zusammenarbeit. Adorno: Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit? 4 Ebd., S. 146. 7 tensiveren Auseinandersetzung sch¨arfte.5 Vergangenheitsbew¨altigung\, das Synonym " zu Aufarbeitung der Vergangenheit\, wurde zum Sammelbegriff fur¨ das Ringen " der westdeutschen Gesellschaft um einen ad¨aquaten Umgang mit ihrer jungsten¨ Vergangenheit, das seinen festen Platz sowohl in der politischen Bildung als auch der Zeitgeschichtsforschung hat.6 Daran konnte auch der Makel, mit dem dieser Begriff von Anfang an behaftet war, nichts ¨andern, denn er suggeriert wie schon die Formulierung Gerhard Ritters, dass Vergangenheit abschließend zu bew¨altigen sei und wird dem prozessualen Charakter einer Besch¨aftigung mit dem NS-Erbe, die immer vom zeitgen¨ossischen gesellschaftspolitischen Klima beeinflusst ist, nicht gerecht. So hatte der terminus technicus fur¨ die Geschichtspolitik der DDR gar keine Relevanz, denn mit dem Verweis auf eine konsequente Entnazifizierung und dem Dogma vom antifaschistischen Staat distanzierte sich der ostdeutsche Staat vom Dritten Reich und betrachtete die Vergangenheit tats¨achlich als bew¨altigt.7 Nach der Wiedervereinigung erfuhr der Begriff Vergangenheitsbew¨altigung\ dann " eine Erweiterung, denn in den Focus der Zeitgeschichtsforschung ruckte¨ fortan auch 5 Vgl. Garbe, Detlef: Außerliche¨ Abkehr, Erinnerungsverweigerung und Vergangenheitsbew¨alti- " gung\. Der Umgang mit dem Nationalsozialismus in der fruhen¨ Bundesrepublik. In: Schildt/Sywottek (Hrsg.), S. 693-716; Schildt: Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in der Offentlichkeit¨ der Nachkriegszeit; Siegfried, Detlef: Zwischen Aufarbeitung und Schlußstrich. Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in den beiden deutschen Staaten 1958-1969. In: Schildt/Siegfried/Lammers (Hrsg.), S. 77-113 und Berghoff: Zwischen Verdr¨angung und Aufarbeitung. 6 Die Literatur zu dem Begriff Vergangenheitsbew¨altigung\ ist inzwischen fast unuberschaubar,¨ " dennoch gibt es bislang keine eindeutige Definition. Zur Begriffsdiskussion vgl. Dudek: Vergangenheitsbew¨altigung\ und Pampel: Was bedeutet Aufarbeitung der Vergangenheit\? " " Jasper betrachtet Vergangenheitsbew¨altigung\ als einen unabgeschlossene[n] und unab- " " schließbare[n] Prozeß\ und unterscheidet fur¨ die Bundesrepublik sechs Phasen. Vgl. Jasper: Vergangenheitsbew¨altigung\, S. 353-369, hier S. 356. W¨oll definiert Vergangenheitsbew¨altigung\ " " als unabschließbare[n] Versuch der politischen und moralischen Selbstverst¨andigung.\ und " unterscheidet ebenfalls sechs Phasen, die er aber zeitlich anders eingrenzt und beschreibt. Vgl. W¨oll: Vergangenheitsbew¨altigung in der Gesellschaftsgeschichte der Bundesrepublik, S. 29-42, hier S. 33. Laut Klingenstein entstand der Begriff Mitte der funfziger¨ Jahre und wurde von Theodor Heuss gepr¨agt. Klingenstein: Uber¨ Herkunft und Verwendung des Wortes Vergangenheitsbew¨altigung\. " 7 Zur vergleichenden Perspektive der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit in beiden deutschen
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