Terra praehistorica Festschrift für Klaus-Dieter Jäger

Sonderdruck

Archäologische Gesellschaft in Thüringen e. V.

Neue Ausgrabungen und Funde in Thüringen – Sonderband 2007 Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 48

Terra praehistorica Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag

herausgegeben von der Archäologischen Gesellschaft in Thüringen e. V.

Kommissionsverlag Beier & Beran – Archäologische Fachliteratur, Langenweißbach Volker Schimpff Bemerkungen zu den fränkisch-thüringischen Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts

Zwischen dem fränkischen Sieg über die Thüringer 531 531 entlehnt hat. Gleichwohl wird Nordthüringen zu Radulfs (Gregor III c. 7 f.) und der Einsetzung des dux Radulf in Herrschaftsgebiet gehört haben (Böhner 1976 / 1977, 129; Thüringen etwa ein Jahrhundert später (Fredegar IV Schimpff, im Druck), während die Zugehörigkeit der c. 77) ist die fränkische Erfassung Thüringens aus den Mainlande zu seinem Dukat strittig ist.2 Wenn dagegen erzählenden Quellen nur vage erkennbar. Während im der so genannte Fredegar (IV c. 15) zu 595 berichtet, dass archäologischen Fundgut thüringische Besonderheiten Childebert II. die rebellierenden Warnen so besiegt hätte, von Keramik und Schmuck zurückgingen und sich dass nur wenige von ihnen übrig geblieben wären – et ita Thüringen stärker in die allgemeine Entwicklung des Warni trucidati victi sunt, ut parum ex ipsis remansisset –, östlichen Reihengräberkreises einfügte (Hansen 2004, dann wissen wir nicht, wo sich das ereignete und ob es Phase 5), blieb es in den Schriftquellen marginal. Die sich um die mitteldeutschen oder die niederrheinischen Erwähnungen beleuchten zwar viel enger, oft jahrgenau Warnen gehandelt hat (Schlesinger 1968, 319). Ohne datierbare Ereignisse, weisen aber nie eine dem archäo- diese Frage dadurch beweiskräftig entscheiden zu kön- logischen Fund auch nur annähernd vergleichbare räum- nen, wird auf das zu 805 und 806 bezeugte Hwerenofelda liche Zuordenbarkeit auf.1 verwiesen,3 das nach den Beschreibungen etwa südlich Vor welch ein Dilemma das den Historiker stellt, der mittleren Elbe gelegen haben muss (Chron. Moiss. erkennt man, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die ad a. 805, 806); ausweislich der archäologischen Funde Nachricht des Paulus Diaconus (II c. 10), Sigibert I. habe wurde der Raum zwischen und Elbe in der mittle- 562 die Awaren in Thüringen an der Elbe – in Turingia ren Merowingerzeit von den bisherigen germanischen … iuxta Albem fl uvium – geschlagen, eine wie nur sel- Bewohnern aufgelassen (vgl. Schmidt 1983, Abb. 158, ten eindeutige Ortsbestimmung ist. Weder ein Thüringen 168). Von einer Turingia an der Elbe wiederum war seit- südlich des Thüringer Waldes noch niederrheinische her nie mehr die Rede. Dass die Warnen vernichtet, das Thüringer konnten gemeint sein, sondern nur der Streifen ostsaalische Gebiet geräumt und dort ein Hwerenofelda vom Dresdner Elbtal bis Magdeburg, also das ostsaalische erwähnt wurden, passt zueinander. Die widerspruchsfreie Vorfeld des Thüringer Beckens und der Nordthüringgau. und von daher plausible Möglichkeit, dass es so gewe- Die Toringia, in der Dagobert I. den dux Radulf einsetzte sen sein könnte, ist es, was uns wie so oft in den dunklen und von wo dieser die Wenden besiegte (Fredegar IV Jahrhunderten bleibt. Wenn wir diesen Weg, ein hypothe- c. 77), kann südlich des Thüringer Waldes am Main, zwi- tisches Bild zu zeichnen,4 methodisch akzeptieren, ist auch schen Thüringer Wald und oder nördlich des Harzes die nachfolgende Spurensuche im ersten Drittel des 7. Jh. im Nordthüringgau gelegen haben. Nur die Nachricht, gerechtfertigt. dass Radulf 641 eine hölzerne Burg in quondam montem super Unestrude fl uvio in Toringia – auf einem Berg über dem Flusse Unstrut in Thüringen – errichtete (Fredegar IV Austrien und Thüringen c. 87), beweist die zweite dieser Möglichkeiten, falls der so genannte Fredegar den Namen des Flusses nicht nur aus Über dieses meist nur vage zu lokalisierende Thüringen Gregor von Tours’ (III c. 7) Schilderung der Schlacht von erfahren wir zudem wenig. Es gab gelegentliche Auf-

1 Dies ist eine in der Zusammenführung von Bodenaltertümern 2 Dafür u. a. Büttner 1952, 83; Ewig 1954, Anm. 118; Friese 1979, und Schriftzeugnissen als frühgeschichtlicher Quellen oft 24; Steidle 1989, 67 f.; eher zustimmend auch K. F. Werner unterschätzte Eigenart dieser Quellengattungen: »Den For- 1974, 497, Anm. 28; dagegen u. a. Schlesinger 1968, 337; schungsgegenstand der Archäologie bilden im Regelfall Lindner 1972, 58; Störmer 1993, 13 f.; eher offen u. a. Butzen Bodenaltertümer, d. h. Quellen … deren Überlieferung über 1987, 139 ff.; H. Wagner 1999, 17, 21. Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg auf das engste an 3 Schmidt 1983, 506, mit weiterer Literatur; Brachmann 1978, Boden und Bodenverhältnisse gebunden ist«, schrieb der Jubilar 88 f.; zweifelnd Mildenberger 1957, 5. vor einem Jahrzehnt (Jäger 1995, 6). – Die nachfolgenden 4 W. Schlesinger (1968, 341), von dem ich auch die Formulierung Bemerkungen sind einer der Fragen gewidmet, die einst in mei- »dieses … hypothetische … Bild« entlehne, hat das in die ner vom Jubilar betreuten Diplomarbeit (Schimpff 1987b) nicht Worte gefasst: »Der Leser ist eingeladen worden, ein luftiges näher ausgeführt werden konnten. Vice versa sind hier archäo- Hypothesengebäude zu betreten, dessen Haltbarkeit er füg- logische und geographisch-archäologische Gründe nur herbei- lich bezweifeln mag. Die so überaus dürftigen und spröden gezogen, wenn gesichert ist, dass die gegenständlichen und die Quellen dieser Zeit erzwingen den Mut zur Hypothese, wenn schriftlichen Quellen konfundierende Mischargumentationen überhaupt ein historischer Zusammenhang der isolierten und und Zirkelschlüsse vermieden werden können. zufälligen Nachrichten hergestellt werden soll.« V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 401 stände – 555 zusammen mit den Sachsen (Gregor IV Frankoburgund. Seit die Regentin Brunichildis 599 vom c. 10), 595 den der Warnen – mit anschließenden Verwüs- austrasischen Adel vertrieben worden war (Fredegar IV tungen. Schon kurz, nachdem die Awaren 559 ihre Sitze c. 19; ausschlaggebend war wohl die Mündigkeit beider nördlich des Kaukasus verlassen hatten, standen sie 562 Könige: Ewig 1952, Anm. 177), lebte sie – weiterhin, wie in Turingia … iuxta Albem fl uvium und konnten von die ihr durchweg feindlich gesinnten Quellen (Weber Sigibert I. von Reims auf dem Schlachtfeld abgewehrt 2004; Heydemann 2006) wohl nicht ganz falsch dar- werden. 567 gelang ihm dies an denselben Orten – in stellen, Unfrieden stiftend – bei ihrem Lieblingsenkel locis ubi et prius – nicht mehr (Paulus Diaconus II c. 10), Theuderich. und der König konnte sich nur durch Geschenke aus der Etwa 611 scheinen die Awaren erneut in das austra- Gefangenschaft befreien und einen Friedensvertrag erlan- sische Frankenreich eingefallen zu sein. Der westgoti- gen (Gregor IV c. 29). Gregor von Tours sah in beiden sche comes Bulgar ging jedenfalls davon aus, dass ihr awarischen Angriffen keine thüringischen Grenzkämpfe, Angriff auf den Verbündeten der Goten, Theudebert, sondern Einfälle in Gallien. Man kann darauf schließen, von Brunichildis und Theuderich veranlasst worden dass Thüringen auch an der Elbe kein aus Gregors Sicht wäre (Epp. Wisigoth. nr. 12 a. 610–612). Im Mai 612 grif- fernes Vorfeld des Frankenreiches darstellte, sondern fen die Frankoburgunder Austrien an und drangen bis so weit in das Reimser Teilreich eingefügt war, dass der Toul vor, das sie eroberten. Dort trat ihnen Theudebert König selbst den Awaren an der Reichsgrenze und nicht cum Austrasiorum exercitum entgegen und wurde ver- erst bei einer Bedrohung der fränkischen Kernlande nichtend geschlagen – exercitum prostravit. Caesa sunt entgegentrat.5 In den folgenden Jahrzehnten dürften exercitus eodem prilio nimia multitudo virorum fortium sich die awarischen Angriffe auf den südalpinen Raum (Fredegar IV c. 38). Theudebert gelangte in wilder Flucht konzentriert zu haben, falls nicht nur deshalb erst der nach Köln. Nach dem so genannten Fredegar folgte ihm nächste und nur von Paulus Diaconus berichtete Einfall Theuderich mit seinem Heer ganz dicht, insequens,6 in Turingam Erwähnung fand, weil er wie 562 nach dem nach dem freilich in größerem Abstand berichtenden Tode Chlothars I. so jetzt 596 nach dem Childeberts Liber Historiae Francorum (c. 38) setzte Theuderich II. mit einer innenpolitischen Schwäche zusammenfi el nicht ganz so schnell nach, sondern brandschatzend und deshalb so verheerend war: Den Eindringlingen und verwüstend – die terra Riboariense succendens ac stand kein kampfesstarker Herrscher, sondern die für devastans. Jedenfalls waren die Frankoburgunder bis ihre minderjährigen Enkel Theudebert und Theuderich Zülpich vorgedrungen, als ihnen Theudebert mit einem die Regentschaft führende Brunichildis gegenüber, die neuen Heer aus Sachsen, Thüringern und anderen ost- den Abzug der Awaren erkaufen musste: Abares … in rheinischen Stämmen entgegentrat – cum Saxonis, Turingam ingressi, bella gravissima cum Francis gesse- Thoringus vel ceteras gentes, que de ultra Renum vel runt. Brunichildis … a quibus accepta Hunni pecunia undique potuerat adunare (Fredegar IV c. 38).7 Nach revertuntur ad propria (Paulus Diaconus IV c. 11). einem anderen Bericht (Jonas I c. 28) hätte Theuderich Mehrmals schließlich – und dies sind die für die erst nach der Schlacht bei Toul ein großes Heer gesam- frän kische Erfassung Thüringens aussagekräftigsten melt – postque, collecti robore exercitus – und mit ihm Über lie fe rungen – sind die Thüringer unter den ost rhei- seinem Bruder nachgesetzt, der sich auf ähnliche Weise ni schen gentes genannt, deren Kampfkraft in den Aus- mit vielen Völkern umgab – similique modo gentium ein andersetzungen zwischen den merowingischen Köni- multorum … robore vallatus. Niemals, so Fredegar über gen herangezogen wurde. In den zum Untergang des die Schlacht vor Zülpich, sei seit Menschengedenken Hauses Sigiberts I. führenden Wirren von 612 und 613 war ihnen eine wichtige Rolle zugedacht. Wohl in der 6 Gegen eine Verfolgung insequens spricht auf den ersten Blick, Folge des nur durch Zahlungen erlangten Abzuges der dass nach Fredegars Bericht Theudebert auf seiner Flucht die Awaren wurde das austrasisch-burgundische Reich, das Vogesen überschritt, transito Vosago, Theuderich mit seinem Sigibert und sein Sohn Childebert hinterlassen hatten, Heer hingegen über die Ardennen folgte, Ardinnam transiens. zwischen Theudebert und Theuderich geteilt (Fredegar Für Fredegar reichten die Ardennen aber offenbar bis an den IV c. 16). Theudebert II. erhielt Austrien, Theuderich II. Mittelrhein, wie aus einer späteren Stelle hervorgeht, als Dagobert I. mit einem Heer von Metz über die Ardennen nach Mainz zog, um den Rhein zu überschreiten – de Mettis urbem promovens, transita Ardinna, Magancia cum exercito adgre- 5 Dass der Angriff von 562, wie Paulus Diaconus (II c. 10) ditur, disponens Renum transire (Fredegar IV c. 74) –, wäh- und Gregor von Tours (IV c. 11) hervorheben, auf den Tod rend unter Vogesen hier auch Pfälzer Wald und Nordpfälzer Chlothars I. folgte und in einen bellum civile (Gregor) zwi- Bergland zu verstehen sind. schen Sigibert und seinem Halbbruder Chilperich von Soissons 7 R. Butzen (1987, 43) vermutet, dass Theudebert über Worms führte, mag Zufall sein, nicht aber, dass für Sigibert die Gefahr bis nach Thüringen und zu den nordthüringischen Sachsen durch die Awaren schwerer wog und er seine Residenz Reims gekommen wäre und die Truppen von dort mitgebracht hätte. und andere Städte ungeschützt dem Angriff Chilperichs aus- Das ist kaum damit zu vereinbaren, dass Theuderich auf gera- setzte, zunächst den äußeren Feind bekämpfte, sich dann erst dem Wege, wenn auch plündernd, in der gleichen Zeit nur bis um seine Städte kümmerte und Chilperich zurückschlug. Zülpich zog. 402 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag ein Kampf unter den Franken so erbittert gewesen, besiegelte das Schicksal Brunichildis’ und ihrer Familie, der Blutzoll beider Seiten war enorm (das hebt auch und Chlothar wurde, wie zuletzt sein gleichnamiger Jonas hervor). Abermals wurde Theudebert vernichtend Großvater, Herrscher des gesamten Frankenreiches. geschlagen, seine Truppen auf der Flucht nach Köln nie- Wir erfahren aus diesen Wirren zunächst, dass die dergemetzelt. Diesmal erreichte Theuderich noch am rechtsrheinischen gentes nicht zu den Austrasiern gehör- selbigen Tage Köln, Theudebert freilich war bereits mit ten. Theudebert stellte zuerst ein Austrasiorum exerci- wenigen Begleitern ultra Renum gefl ohen – dorthin, tus auf, nach dessen Zerschlagung eines cum Saxonis, woher er sein zweites Heer hatte. Theuderich folgte ihm Thoringos et ceteras gentes … ultra Renum. Als die au- nicht mit dem Heer, sondern blieb in Köln und sandte stra sische Adelspartei um Arnulf und Pippin zu Chlothar seinen Schatzmeister Berthar zur Verfolgung. Dieser überging und sich multus … de Austrasius bereits in sei- löste seine Aufgabe diligenter, wie Fredegar hervor- nem Heere befanden (Fredegar IV c. 42), berührte das in hebt: Dirigensque Theudericus ultra Renum post tergum Thoringia die gentes … ultra Renum nicht. Theudeberti Bertharium cobicularium, qui diligenter Jedoch standen diese gentes nie in einem ande- Theudebertum insequens, cum iam cum paucis fugiret, ren Lager als dem des jeweils in Austrien herrschen- Theudebertum captum Bertharius Coloniam conspectum den Merowingers9 und wurden in problematischen Theuderici presentat exhibetum (Fredegar IV c. 38). Wie Situationen – von Theudebert II. nach der Niederlage bei der darauf reich belohnte Berthar ohne Heer den fl üch- Toul, von Brunichildis im Konfl ikt mit Chlothar – herange- tenden König in seine Gewalt bekommen hatte, erklärt zogen. So war es auch 574, als Sigibert I. (von Reims, also die Vita Columbani (Jonas I c. 28) lapidar: Theudebertum wieder der austrasische Herrscher) einen Krieg gegen sei- … suorum proditione captum, durch den Verrat sei- nen Halbbruder Chilperich begann, indem er die gentes ner eigenen Leute gefangen.8 Unter diesen Seinen sind … ultra Renum aufbot und im Verlaufe des Krieges die nicht die wenigen Männer seiner Begleitung zu verste- Wildheit seiner Truppen nicht bändigen konnte – furo- hen. Gegen den Willen der ostrheinischen gens, in deren rem gentium, quae de ultra Rheni amnis parte vene- Gebiet Theudebert war, hätten sie ihn nicht ausliefern, rant, superare non poterat –, sondern sie schließlich aber mit deren Unterstützung gegen Berthar erfolgreich zurückführte, was in einer Meuterei tunc ex gentibus, Widerstand leisten können. Vielmehr müssen zumindest einiger der Stämme, mündete, weil er sie nicht genug die gentes jenes Bereiches östlich der terra Riboariense habe kämpfen lassen (Gregor IV c. 49). Als Sigiberts von Theudebert abgefallen sein und ihn überwältigt und Gegner im folgenden Jahr erneut zu den Waffen grif- übergeben haben. fen, holte dieser wiederum von den gentibus illis sein Die Sieger wurden dieses Erfolges bekanntlich Heer (Gregor IV c. 50). Auch im weiteren Verlauf des nicht froh. Theuderich starb im folgenden Jahr, als er 7. Jh. sollte sich immer wieder die Sonderstellung der mit seinem Heer gegen Chlothar II. von Neustrien zie- ostrheinischen Gebiete gegenüber Austrien erweisen: In hen wollte. Von seinen vier unmündigen Söhnen erhob dem Feldzug gegen den thüringischen dux Radulf 641 die Urgroßmutter Brunichildis den ältesten, Sigibert II., wurden zuerst alle austrasischen Großen – omnes leu- zum alleinigen König des austrasisch-burgundischen dis Austrasiorum – aufgeboten, die freilich zum Teil eher Teilreiches (Fredegar IV c. 39), während die austrasischen auf Radulfs denn auf der Seite der von den Arnulfi ngern Großen um Arnulf, dem späteren Bischof von Metz, und gelenkten austrasischen Politik standen, dann überschritt Pippin d. Ä. den neustrischen König Chlothar ins Land man den Rhein und vereinigte sich mit den dort versam- riefen. Brunichildis sandte Sigibert mit dem Hausmeier melten gentes aus allen Gebieten seines Reiches jen- Warnachar, Alboin und anderen Großen nach Thüringen, seits des Rheines – undique de universis regni sui pagus um die ostrheinischen gentes gegen Chlothar zu mobi- ultra Renum. Den Austrasiern schlossen sich jedoch mit lisieren – Brunechildis Sigybertum, seniorem fi lium Sicherheit nur einige der gentes an, denn der Krieg rich- Theuderici, in Thoringia diriget, a quem Warnarium tete sich ja gerade gegen die östlich des Rheins herr- maiorem domus et Alboenum cum citeris procerebus schenden Großen, den Agilofi nger Fara zwischen Rhein destinavit, gentes que ultra Renum adtraherint, qua- und Buchonia – der vernichtend geschlagen und getö- liter Chlothario potuissent resistere –, was der bereits tet wurde – und in Toringia an der Unstrut den siegreich für Chlothar gesinnte Warnachar hintertrieb (Fredegar bestehenden dux Radulf (Fredegar IV c. 87). IV c. 40). Der Abfall der burgundischen Großen und der Wer im Einzelnen die ostrheinischen gentes waren, noch im Heer der Theuderichsöhne stehenden Austrasier bleibt unscharf. Hinreichend klar wird nur, dass sowohl beim Aufstand 555 als auch im Heer Theudeberts 612 Sachsen und Thüringer deutlich unterschieden wurden. 8 Dagegen ist die in größerem zeitlichen Abstand entstan- dene Angabe des Liber Historiae Francorum (c. 38), dass die Ripuarier Theudebert in seinem Palast ermordet und Köln 9 Weitergehend Schlesinger (1975, 30): »Es ist wichtig, daß das an Theuderich übergeben hätten, unglaubwürdig (vgl. Ewig gesamte ostrheinische Gebiet stets Austrasien zugewiesen 1952, Anm. 185) und vielleicht durch sagenhafte Überformung war, dem Teilreich, das sich kontinuierlich aus dem 511 gebil- des Verratsmotives entstanden. deten Reichsteil Theuderichs entwickelt hatte.« V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 403

Man kann die Sachsen demnach keineswegs unter die Witwe und der Urenkel Sigiberts I. aufzuopfern. Des nun Thüringer subsumieren. Ist das bei den anderen ostrhei- alleinherrschenden Chlothar Sohn Dagobert, der junge nischen gentes ebenso gewesen? In den Quellen sind Unterkönig in Austrien, wurde bald nach seiner Einset- die Bewohner der Thoringia und die gens der Thüringer zung 623 nur durch das Eingreifen seines Vaters vor einer nicht deckungsgleich, vielmehr war die Thoringia Niederlage gegen die Sachsen und deren aus vielen gen- das Gebiet, in dem man die gentes ultra Renum fand. tes bestehendem Heer – Saxones … exercitum gencium Wahrscheinlich gab es also in Thoringia eine thüringi- plurimarum – unter einem Bertoald – Bertoaldus dux sche gens neben anderen gentes, wobei man sowohl Saxonorum – bewahrt (Liber Historiae Francorum c. 41). an die nordthüringischen Sachsen und Sueben10 und die Es sei schon hier angemerkt, dass 641 schließlich der dux Bewohner Mainfrankens als vielleicht auch rückprojizie- Radulf in Thüringen den Austrasiern widerstehen und rend an einige der ca. 738 von Papst Gregor III. ange- dann eine königsgleiche Stellung an der Ostgrenze des schriebenen Stämme provinciarum Germaniae, Thuringis Merowingerreiches behaupten sollte. et Hessis, Bortharis et Nistrensis, Uuedreciis et Lognais, Für Austrien war Thüringen in allen diesen Kämpfen Suduodis et Graffeltis, denken kann (Epp. Bonif. nr. 43; ein ambivalentes, unruhiges Annex.13 Sowohl die wechsel- vgl. Niemeyer 1952; Grossmann 1956, 236 ff.; mit teil- volle Verteidigung als merowingisches Grenzland gegen weise anderer Lesung H. Wagner 2003, 130 ff.). die Awaren (und später auch die Slawen) als auch die Es scheint, dass sich im Laufe der Zeit die Bindung Beherrschung Thüringens forderten von den Austrasiern der ostrheinischen gentes an den austrasischen Herrscher fortwährend Züge über den Rhein, »la domination sur gelockert hat (so auch Schlesinger 1968, 336): Noch les Thuringiens exigea de continouelles expeditions au- Sigibert I. kämpfte 562 und 567 mit seiner gesamten delà du Rhin«, wie F. Cardot (1987, 192) diese Belastung Macht – und nicht nur mit dem thüringischen Aufgebot – beschreibt. Oft waren sie dafür sichtlich zu schwach in Thüringen an der Elbe gegen die Awaren, 574 und 575 oder gaben diesen Missionen nicht den erforderlichen bot er zum Kampf gegen die anderen Teilkönige aus- Vorrang, dann wurde das Verhältnis Thüringens zum schließlich und sehr erfolgreich die ostrheinischen gentes Frankenreich dem der Sachsen oder des alemannischen auf. Über Kampfesweise, Brandschatzung, Plünderung und des bairischen Dukats ähnlich. und Versklavung im Bürgerkrieg hatten sie freilich ihre eigenen Vorstellungen11 und versuchten sie – auch gegen den König – durchzusetzen.12 Theudebert II. bot 612 die Wie waren die gentes ultra Renum organisiert? gentes erst auf, als sein austrasisches Heer vernichtet war, und konnte sie binnen weniger Tage heranführen. Es sind aus der Zeit zwischen der Unterwerfung Thürin- 613 musste Brunichildis den neuen austrasisch-burgun- gens 531 und der Erhebung Dagoberts I. zum klein- dischen König selbst und weitere Große nach Thüringen austrasischen Unterkönig 623 außer den Namen von schicken, um die ostrheinischen Stämme aufzubieten; Königen (Sigibert I., eventuell Childebert, Theudebert II., wie die Austrasier und Frankoburgunder waren auch Sigibert II.) und Hausmeiern (Warnachar) nur zwei fränki- die gentes aber nicht mehr bereit, sich für die Sache der sche Große namentlich überliefert, die östlich des Rheins tätig wurden. Als Theudebert nach der Niederlage bei 14 10 Erinnert sei an den Brief Theudeberts I. an Kaiser Justinian, Zülpich über den Rhein fl oh, konnte Berthar ihn dili- in dem er von der Erwerbung der Provinzen der Thüringer genter verfolgen und gefangennehmen. Seine besonders nach dem Erlöschen ihrer Könige berichtet und als unter- hervorgehobene Sorgfalt zeigt sich darin, dass er die worfene Völker u. a. Nordsueben und Sachsen erwähnt: Dei Theudebert soeben noch mit Truppen unterstützenden nostri misericordiam feliciter subactis Thoringiis et eorum provinciis adquisitis, extinctis ipsorum tunc tempore regibus, Norsavorum itaque gentem nobis placata maiestate, colla subdentibus edictis ideoque, Deo propitio, Wesigotis, incolo- 12 Diese Meuterei einiger unzufriedener Truppen ist nicht zu mes Franciae, septentrionalem plagam Italiaeque Pannoniae vergleichen mit der Rebellion der Warnen 595; ob deren cum Saxonibus, Euciis, qui se nobis voluntate propria tradi- Vernichtung durch ein Heer Childeberts II. die Niederlage 596 derunt, per Danubium et limitem Pannoniae usque in oceanis in den bella gravissima mit den Awaren mit hervorgerufen litoribus custodiente Deo dominatio nostra porrigetur (Epp. hat, kann nur angenommen werden, wenn es mitteldeutsche Austr. nr. 20 ca. a. 534). Nach G. Hauptfeld (1985, 130) erin- und nicht niederrheinische Warnen gewesen waren, denn nern die »Landschaftsnamen im vormaligen Thüringerreich – Thüringen und das Frankenreich reichten dann seither wohl Nordthüringgau, Harudengau, Schwabengau, Engilin (›bei den nicht mehr an die Elbe, sondern endeten an der Saale ohne Angeln‹), Warnenfeld –« an gentes, denen von den Franken den warnischen Verband südlich der mittleren Elbe. jeweils die Herrschaft in einem Land, einer der provinciae, 13 Das »austrasische Identitätsbewußtsein hat sich den rechts- zugestanden wurde. rheinischen Ländern gegenüber aufgebaut«, »inmitten eines 11 Gregor (IV c. 49, c. 51), der sie – für ein bellum civile unge- merowingischen Ganzen stellte Austrasien ein regnum dar, wöhnlich – zweimal als hostes, Feinde, bezeichnete, beschrieb: das mit den rechtsrheinischen Ländern in Verbindung stand« »Vicos … maxime tunc fl amma consumpsit; et tam domus (LeJan 1996, 222, 226). quam res reliquae ab hoste direpti sunt, ut etiam et captivi 14 Zu ihm vgl. Ebling (1974, 78); Berthar kam demnach aus dem ducerentur.« burgundischen Teilreich. 404 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag

Sachsen und Thüringer zu bewegen vermochte, den au- Namen benannten Orte sind schwer zu identifi zieren19 – strasischen Herrscher zu verraten, damit er ihn gefangen- belegt, wo in der Karolingerzeit Nordilus schenkte (TAF nehmen und nach Köln führen konnte. Deutet das auf c. 38 nr. 66). Den sehr seltenen20 Namen Hewin trug nun besondere Ortskunde oder Beziehungen bei den ostrhei- nicht allein der langobardische Herzog Eoin von Trient, nischen gentes? Der frankoburgundische cobicularius der 675 eine Tochter Garibalds, also eine Agilolfi ngerin, Berthar trug immerhin den Namen des Thüringerkönigs heiratete (Paulus Diaconus III c. 10), sondern auch ein Berthachar, des Sohnes von König Bisin, des Mitherrschers thüringischer Grundherr der Karolingerzeit (TAF c. 39 Hermenefreds und Baderichs und Vaters der Radegunde.15 nr. 114, nr. 277), den ich aufgrund seiner Besitzstreuung zu Er mag einer Familie entstammt sein, die thüringische den thüringischen Guntharen, einer agilolfi ngisch-alahol- Traditionen oder Verbindungen pfl egte.16 fi ngischen Adelsgruppe, stelle (Schimpff, im Druck, Anm. Der andere fränkische Große, dessen Namen im 18). Auch bei Alboin zeigen sich also thüringische oder, Zusam menhang mit den ostrheinischen gentes nennens- weiter gefasst, thüringisch-langobardisch-agilolfi ngische wert erschien, war Alboin, der Begleiter Sigiberts II. und Bezüge.21 des Hausmeiers Warnachar in die Thoringia. Er führte Wenn nun Berthar und Alboin in der Chronik des den Namen des ersten Langobardenkönigs in Italien, so genannten Fredegar durch namentliche Nennung dessen namentlich unbekannter Großvater mit Menia, hervorgehoben worden sind, kann das als Hinweis dar- der Witwe des thüringischen Königs Bisin,17 und dessen auf verstanden werden, dass man sich im Umfeld der Vater Audoin mit einer Tochter des letzten thürin gischen Brunichildis für die Verbindungen mit den ostrheini- Königs Hermenefred18 verheiratet war. Eine Alboin- schen gentes auf Personen stützte, deren Familien eine Tradition wird man für die Thüringer aufgrund der gewisse (modern gesprochen) »Ostkompetenz« besaßen. freilich erst aus dem 8. Jh. stammenden Nachricht des Nach der Erwähnung bei Fredegar kennen wir jedoch Paulus Diaconus (I c. 27) über die benachbarten gentes nur jeweils einen vereinzelten Aufenthalt dieser Großen der Baiern und Sachsen und andere Menschen der glei- östlich des Rheins, der ähnlich sporadisch erscheint wie chen Sprache – apud Baioariorum gentem quamque et die Aufenthalte der Könige. Das genügt jedoch nicht zur Saxonum, sed alios eiusdem linguae homines –, dass sie Erklärung, wie der ostrheinische Raum Anfang des 7. Jh. in eorum carminibus Alboin gefeiert hätten, annehmen von den merowingischen Königen erfasst gewesen ist: 712 dürfen. Der im Frankenreich nicht ganz seltene Name vermochte Theudebert nach der Niederlage des Heeres kommt in Thüringen vor (TAF c. 38 nr. 168, nr. 224) und der Austrasier binnen kürzester Zeit die ostrheinischen ist insbesondere in dem Ortsnamenpaar Albwinestat und Truppen nach Köln zu rufen und bei Zülpich dem franko- Hewinestat – die beiden wohl nach Verwandten mit -uuin- burgundischen Heer entgegenzustellen. Gewiss kann für die Trennung der Austrasier und der Sachsen, Thüringer und anderen gentes und für deren schnelle Mobilisierung 15 Gregor III c. 4; Venantius Fortunatus (3); in seinem im Namen auch der Awarenkrieg eine Ursache gewesen sein, so dass Radegundes geschriebenen Gedicht Ad Artachin nennt man damit rechnen mag, dass das Heer der gentes bereits Venantius Fortunatus Carm. Appendix nr. III ihn Berthar. aufgeboten war und erneut im Osten gegen die Awaren 16 Damit wäre sie nicht die einzige im Merowingerreich gewe- stand. Dann wäre es möglich gewesen, es bei Beginn des sen. Gregor von Tours (II c. 12) und Fredegar (III c. 11; Liber Historiae Francorum c. 6 f.) erzählen eine eigenartige Bruderkrieges an den Rhein zu rufen. Dennoch muss es Geschichte wohl aus volkstümlicher Überlieferung, dass ultra Renum irgendeine Autorität gegeben haben, mit der von den Franken zeitweise vertriebene König Childerich der man – wie die Reise von Sigibert III., Warnachar und nach Thüringen fl oh, bis sein (bei Gregor noch namenloser) Alboin zeigt – reden musste und die schnell Truppen mobi- Vertrauter namens Wiomad seine Rückkehr in die Herrschaft lisieren konnte. Je tiefer im 6. Jh. und folglich je stärker die betrieben hatte, und dem aus Thüringen Basina, angeblich Bindung der gentes an das Merowingerreich, desto eher die Frau seines Gastgebers König Bisin, folgte und ihn hei- ratete. Basin hieß aber der spätmerowingische Bischof von Trier, auf den sein Neffe Liutwin (697–718) und dessen Sohn Milo (718–vor 762) folgten, dessen Nachfolger wiederum 19 E. Stengel (im UB Fulda I nr. 483 Anm. 1) denkt an Albshausen Weomad (762–791) war, dem eine Fälschung des 10. Jh. (D und Hebenshausen bei Witzenhausen (worin ihm von sprach- Kar 1 nr. 268) einen Bruder Basin zuspricht (vgl. Ewig 1953b, wissenschaftlicher Seite K. Andriessen [1990, 74, 82] jedoch 413 ff.). Es scheint, dass auch in Austrien eine Adelsgruppe nicht folgt), H. Walther (1971, 274) an eine Wüstung bei Bad – die Widonen – eine Thüringer-Tradition gepfl egt oder auf- Sulza. gebaut hat. Vgl. auch Anm. 23. 20 E. Förstemann (1900, Sp. 50) nennt nur den Beleg bei Paulus 17 Nach der Historia Langob. cod. Gothani (c. 5) war Audoin Diaconus, J. Jarnut (1972, 106) nur einen weiteren Beleg. sogar der Sohn Menias. 21 R. Wenskus (1976, 103) vermutet, dass Alboin zu einer thürin- 18 Prokop VIII c. 25. Nach der Origo (c. 5), der Historia Langob. gischen, im fränkischen Ostreich zu hohen Würden gekomme- cod. Gothani (c. 5) und Paulus Diaconus (I c. 27) hieß Alboins nen Familie gehörte. Auch N. Wagner (1978, 44) geht davon Mutter Rodelenda; die Identität von Audoins Gattin Rodelenda aus, dass Alboin entsandt wurde, »weil er Beziehungen zur und seiner thüringischer Gattin ist nicht so gesichert, wie die thüringischen Führungsschicht besaß«, nimmt aber an, dass Lexikoneinträge (Wenskus 1973a, 132, anders 1973b, 475; er selbst dem langobardischen Königsgeschlecht der Gausen Brühl 1978) glauben machen. angehörte. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 405 müssen wir von einer irgendwie gearteten Organisation am Tisch des Bischofs Leuparius von Tours. Jonas von fränkischer Herrschaft östlich des mittleren Rheins ausge- Bobbio sagt über ihn, dass Chrodoald zwar eine Tante hen.22 Ist die Institution eines Herzogs in Thüringen viel- König Theudeberts zur Ehe gehabt habe, aber dennoch leicht älter als die Einsetzung Radulfs durch Dagobert I.? ein Getreuer Königs Theuderichs gewesen und deshalb dem Columban, der Theuderich als Hund schmähte, ent- gegengetreten sei. In dem folgenden Dialog wird dreimal Chrodoald und Bertoald das Treuebündnis zwischen Theuderich und Chrodoald erwähnt, Columban nennt Theuderich Chrodoalds R. Wenskus (1976, 422) und A. Friese (1979, 165) haben »Freund und Herrn«, und Chrodoald versichert, er darauf hingewiesen, dass die Schilderung Thüringens in würde den beschworenen Treuebund, solange er könne, der Vita Arnulfi (c. 12) »als ein Land voller Heidentum und hüten.24 Aberglauben« bewusst den Kampf der arnulfi ngisch-pip- Damit geht zwar zusammen, dass Brunichildis 613 pinidischen Partei um die Macht in Austrien »zu einem aus der Thoringia Truppen zum Widerstand gegen Kampf gegen das Heidentum hochstilisieren« wollte. Chlothar II. holen wollte und den jungen Sigibert II., den Deutlich sind die Parallelen dazu, wie in der Passio Kiliani Sohn des mit Chrodoald durch einen foedus fi dei promis- minor die Herrschaft der hedenischen Herzöge und in der sus verbundenen, soeben verstorbenen Theuderich II., Vita Bonifatii des Willibald die nach deren Sturz eingeris- dorthin sandte. Unvereinbar damit aber erscheint, dass senen heidnischen Zustände jeweils überzeichnet wurden. Chrodoald jene Autorität östlich des Rheins gewesen A. Friese sieht dies als Hinweis darauf, warum 624 / 625 der sein kann, die dem vor Metz geschlagenen und gefl ohe- vornehme Agilolfi nger Chrodoald – ex procerebus de gente nen Theudebert II. in kürzester Zeit ein neues Heer mit nobile Ayglolfi ngam nomen Chrodoaldus – auf Anstiften Sachsen, Thüringern und anderen ostrheinischen gentes Bischof Arnulfs von Metz und des Hausmeiers Pippin d. Ä. von Dagobert verfolgt und trotz eines Schutzversprechens Chlothars II. ermordet wurde, da er fremde Rechte ange- 23 Fredegar IV c. 52: Anno 41. Chlothariae regis, cum Dagobertus iam utiliter regnarit in Auster, quidam ex procerebus de griffen hätte:23 »Es scheint, daß die Rivalitäten der frühen gente nobile Ayglolfi ngam nomen Chrodoaldus in offensam Karolinger und der Agilolfi nger um die Herrschaft in der Dagoberti cadens, instigantibus beatissimo vero Arnulfo Thuringia gegangen … sind.« Die 641 bezeugte Herrschaft pontifi ce et Pippino maiores domus seu et citeris prioribus von Chrodoalds Sohn Fara zwischen Rhein und Buchonia sublimatis in Auster, eo quod esset ipse Chrodoaldus rebus (Fredegar IV c. 87) werde daher, so A. Friese (1979, 165; plurimis ditatos, ceterorum facultatibus cupiditatis pervasor, zustimmend Störmer 2002, 72), »nicht auf wilder Wurzel superbiae deditus, elatione plenus, nec quicquam boni in ipso repperiebatur. Cumque Dagobertus ipsum iam vellet pro suis entstanden, sondern ein Erbe seines Vaters Chrodoald facinoribus interfi cere, Chrodoaldus ad Chlotharium terga gewesen sein«. vertit, ut suam cum fi lio vitam obtenere dignarit. Chlotharius Diesen Chrodoald traf der hl. Columban, nachdem er cum Dagobertum vidisset, inter citeris conlocutionibus durch Theuderich 610 aus Luxeuil vertrieben worden war, Chrodoaldi vitam praecatur. Dagobertus promittens, si id quod male gesserat emendabat, Chrodoaldus vitae periculum non haberit. Sed nulla extante mora, cum Chrodoaldus cum Dagoberto Treverus accessisset, iusso Dagoberti interfectus 22 Bekanntlich ist W. Schlesinger (1975, 34) »der Meinung, daß die est; quem Bertharius homo Scarponinsis aevaginato gladio Abhängigkeit der ostrheinischen gentes vom Merowingerreich ad ostium cubiculi capo truncavit. Es ist nicht auszuschlie- im wesentlichen darauf beruhte, daß die Spitze des gentilen ßen, dass Berthar, der mit dem Schatzmeister Theuderichs II. Verbandes diese Abhängigkeit anerkannte, vom merowin- namengleiche Mörder Chrodoalds, ebenfalls einer thüringi- gischen Königtum autorisiert wurde und im Konfl iktfalle sche Traditionen oder Verbindungen pfl egenden Familie ange- beseitigt und ersetzt werden konnte, was aber weniger eine hört, zumal die Tat in Trier geschah und bei Trierer Bischöfen Verfassungs- als eine Machtfrage war«, während nach K. F. des späteren 7. und 8. Jh. eine Thüringen-Tradition erkennbar Werner (1974, 495, 497, Anm. 28) von einem einheitlichen ist (vgl. Anm. 16). Amtsherzogtum – »une seule fonction ducale dérivée de 24 Jonas c. 22: Qui cum hora refectionis cum eo ad mensam rese- celle du dux du Bas-Empire« – auszugehen sei, das sich erst deret, interrogatus, quur retro ad patriam repedaret, respon- im Laufe des 7. Jh. in den peripheren Gebieten zu Prinzipaten dit: 'Canis me Theudericus meis a fratribus abegit'. Tunc unus wandelte. Dagegen bestreitet R. Sprandel (1957, 113 f.) jed- e convivis Chrodoaldus nomine, qui amitam Theudeberti wedes merowingische Herrschaftssystem in den ostrheini- regis in coniugium habebat, regi tamen Theuderico fi delis schen Gebieten und nimmt an, die Franken hätten dort lose erat, hic viro Dei humili voce respondit, se melius esse lacte Gruppen von Kriegern ohne Führer und ohne einen Partner potare quam absinthium. Cui vir Dei: 'Cognosco', ait, 'te regis bei ihrer Anwerbung mobilisiert. Nach W. Störmer (1989, 259) Theuderici foederis iura servare velle'. At ille fatetur, se foedus hingegen ist es »schwer vorstellbar, daß erst König Dagobert fi dei promissae, quamdiu valeret, observare. 'Si', inquit, 'regis hier fränkische Amtsträger eingesetzt hat«, ähnlich auch Theuderici iunctus es foederis, amico tuo et domino laetus H. K. Schulze (1984, 24), und für G. Hauptfeld (1985, 129) eris a me legatus directus. Haec ergo eius auribus infer, et erreichte die »fränkische Organisation der Gentes jenseits des ipsum et suos liberos intra triennii circulum esse delituros, Rheines … nahezu den gleich Grad der Institutionalisierung radicitusque eius stirpem Dominum eradicaturum'. 'Quur', wie das römische Föderatensystem«, doch »gestanden ihnen inquit supradictus vir, 'talia, famule Dei, promes?' At ille: 'Non die Franken eigene Duces zu«. enim queo silere, quae mihi loquenda Dominus tradet'. 406 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag zuführte. Selbst unter der Annahme, dass Chrodoald für begehrte (Fredegar IV c. 52), und natürlich seine Ehe mit Theudebert ein Heer gegen die im Vorjahr – angeblich einer amita Theudeberts und folglich auch Theuderichs,26 auf Anstiften Brunichildis’ und Theuderichs – eingefal- lenen Awaren befehligte, ist es kaum glaubhaft, dass er dieses Heer Theudebert plötzlich gegen seinen amicus et 26 Die Aussage des Jonas von Bobbio, Chrodoald habe eine Tante, dominus Theuderich zur Verfügung stellte. amita, Theudeberts zur Frau gehabt, sei aber gleichwohl, Der Möglichkeiten, dieses Dilemma zu lösen, gibt tamen, ein Getreuer Theuderichs gewesen, hat in der Forschung zur Verwirrung geführt, da Theudebert und Theuderich Brüder, es mehrere. Die einfachste Lösung ist, dass – im Sinne die Söhne Childeberts II., waren. Ich verstehe das Adverb der eingangs zitierten Möglichkeit der Frühmittelalterfor- tamen nicht im Sinne einer genealogischen Unterscheidung, schung, ein in sich widerspruchsfreies und von daher sondern beziehe es darauf, dass Chrodoald Herrschaft in dem plau sibles »hypothetisches Bild« zu zeichnen – meine damals bekanntlich mit Austrien, dem Teilreich Theudeberts, These, Chrodoald habe einen Dukat über ostrheinische verbundenen ostrheinischen Gebiet ausübte. Zudem dürfte gentes innegehabt, falsch sein kann. Jonas in Luxeuil von der Ermordung Chrodoalds erfahren oder gar zu diesem Zeitpunkt dort geweilt haben; Chrodoald Weiter braucht ein dux Chrodoald – gerade, wenn er wurde aber in Trier an der Tür seines Schlafgemaches, ad Theudebert II. nicht verlässlich genug erschienen wäre – ostium cubiculi (Fredegar IV c. 52), also wohl in seinem eige- auch nicht das Heer der gentes im Osten selbst geführt zu nen Hause erschlagen. E. Ewig (1954, 108) nimmt gerade haben. Dann hätte es zunächst von Theudebert an den wegen dieses Fredegarberichtes an, dass damals Trier zum Niederrhein geholt werden können. Nach der Niederlage austrasischen Unterkönigreich Dagoberts gehörte. – Mit bei Zülpich wäre dieser dann aber von den in Chrodoalds amita wird in der Regel die Vatersschwester bezeichnet (selte- ner Frau des Vaterbruders: Gregor V c. 18, in VII c. 7 zugleich Parteinahme übergehenden gentes verraten und an auch Mutterschwester). Dass Theudebert eine Konkubine, Theuderichs cobicularius Berthar ausgeliefert worden. Theuderich eine Königin zur Mutter gehabt hätte, behauptet Wahrscheinlicher ist allerdings, dass Chrodoald zwar der Liber Historiae Francorum (c. 37 f.) und macht dar- ohnehin nicht dux des ganzen Bereichs war, sondern öst- aus Brunichildis’ Argument zum Anstacheln des Bruderzwistes. lich des Rheins nur eine unter mehreren vergleichbaren Gregor (VIII c. 37, IX c. 4), Jonas (I c. 28) und Fredegar (IV c. 5 f.) wissen nichts davon, und Fredegar (IV c. 27) berichtet Machtpositionen bekleidet hat. Nach E. Ewig (1988, 131, gar, Brunichildis habe Theuderich mit dem Argument unter- vgl. 193 ff.) dürften »militärische Bezirke«, wie sie sich spä- schiedlicher Vaterschaft, nicht verschiedener Mütter, gegen ter mit dem Herzogtum Radulfs ab 632, dem Würzburger den angeblich von einem Gärtner gezeugten Theudebert auf- Herzogtum der Hedene und dem Herrschaftsgebiet gebracht; auch Theuderichs Aussage gegenüber Chlothar II., von Chrodoalds Sohn Fara abzeichnen sollten,25 »schon dass Theudebert sein Bruder nicht sei (Fredegar IV c. 37), hat unter Childebert II. und Theudebert II. geschaffen wor- nur einen Sinn, wenn damit dessen Merowingertum bestritten wurde. – Den entscheidenden Beweis für die Gleichbürtigkeit den sein.« Schließlich spricht auch der Umstand, dass Theudeberts und Theuderichs liefert aber Gregor (IX c. 38), der Chrodoald 623 / 624 nicht etwa ultra Renum seinen über eine von der Königin Faileuba, der Frau Childeberts, auf- Feinden widerstand, sondern Chlothars Schutz heischte gedeckte angebliche Verschwörung berichtet: Ausgegangen und in Trier statt Zufl ucht den Tod fand, nicht unbedingt war sie von Septimana, der Erzieherin der Kinder der Faileuba, für eine überragende Stellung im Osten. nutrix infantum eius, und dem Septimana zur Unterstützung Ebensowenig kann man ausschließen, dass der beim Erziehen der königlichen Kinder, ad nutriendum regis par- volus, zugeteilten Droctulf; zugleich bezeichnet Gregor diese Agilolfi nger seinen Treuebund mit Theuderich II. tat- Kinder auch als Theuderichs Söhne, fi liis eius, und Faileuba sächlich nur quamdiu valeret einhielt, nicht solange er als deren Mutter, matrem eius. Danach waren Theudebert könne, sondern solange es ihm taugte. Auch in den auf und Theuderich Vollbrüder, nämlich Söhne Childeberts II. den Bruderkrieg folgenden Kämpfen von 613 muss sich und der Faileuba (anders das Stemma bei Ewig 1988, 234; Chrodoald nach den Angaben bei Fredegar (IV c. 42) offen Ewig 1991, 63), und demnach Theudeberts amita auch Theuderichs amita. – Der aus gegenteiliger Ansicht von K.- weder als Austrasier – sie kehrten ohne Verluste heim, A. Eckhardt (1965, 90 ff.) getroffene Schluss, dann müss- weil sie nicht (miteinander) gekämpft hatten – noch ten wohl Theudebert und Chrodoald mit zwei Schwestern als Herrschaftsträger in Thüringen – die gentes nah- verheiratet gewesen sein, ist deshalb unnötig, womit auch men wahrscheinlich gar nicht am Krieg teil – auf Seiten seine weitreichenden Folgerungen – u. a. wäre Chrodoald mit Brunichildis’ und der Theuderichsöhne geschlagen haben. dem von Paulus Diaconus (IV c.37) erwähnten Baioariorum Auf Chrodoalds starke Stellung zwischen den Parteien principi gleichzusetzen – ihre Begründung verlieren. – Weil nach dem Vertrag von Andelot 586 / 87 (Capit. I nr. 6) als deutet sein später gutes Verhältnis zu Chlothar II., von einzige Schwester Childeberts und damit Vatersschwester dem er Schutz gegen Dagobert I., Arnulf und Pippin Theudeberts und Theuderichs Chlodosinde erwiesen ist, muss mit J. Jarnut (1986, 63) angenommen werden, dass diese weder ihren ersten Verlobten, den Langobardenkönig 25 Dazu wird man den Amtssprengel des durch die Inschrift der Authari, noch den Westgotenkönig Reccared heiratete, dem Kirche vom Nilkheimer Hof bei Aschaffenburg (Willibald, sie, wie Gregor von Tours (IX c.16, c. 20, c. 25, c. 28) ausführ- 32 Anm. 4; Poetae VI / 1, 160; vgl. Spies 1997, 142 ff.) bezeug- lich erzählt, anschließend verlobt war. Da Gregor ein Scheitern ten dux Theobald rechnen müssen. Auf den dux Saxonorum des fränkisch-westgotischen Ehebündnisses nicht berichtet, Bertoald (Liber Historiae Francorum c. 41) ist unten noch dürfte Chlodosinde nach dem Ende seines Geschichtswerkes zurückzukommen. 591 mit Chrodoald vermählt worden sein. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 407 was nicht nur einer gewissen Äquidistanz förderlich Stammes Sigiberts I. war, wird seiner Herrschaft zusätz- gewesen,27 sondern auch zu eigenen Ambitionen auf liche Legitimation und seinen Ansprüchen ein besonde- eine mehr als herzogliche Herrschaft geführt haben mag. res – aber, wie seine von Chlothar nicht verhinderte, von Zu Brunichildis dürfte Chrodoald überdies ein gebroche- Dagobert betriebene Ermordung zeigte, auch gefahrber- nes Verhältnis gehabt haben, seit diese in Verbindung gendes Gewicht gegeben haben. mit dem Romanen Protadius – so stellt es zumindest der Der Vornehme Chrodoald aus dem edlen Geschlecht Brunichildis feindliche Fredegar dar – den frankoburgun- der Agilolfi nger, ex procerebus de gente nobile Ayglol- dischen Hausmeier Bertoald, der genere Francos und fi ngam, so ist festzuhalten, verfügte neben den mosel- Träger eines charakteristischen Agilolfi ngernamens war, ländischen (Trier) und wohl auch mittelrheinischen – hier verdrängt und in den Tod getrieben hatte (Fredegar IV hatten 641 sein Sohn Fara und der dux Radulf unter den c. 24–26). Macancinsis die meisten Verbündeten (Fredegar IV c. 87) Schließlich kann Chrodoald eine teilweise auf Fara und hier begegnen später Agilolfi nger unter den Mainzer übergegangene ostrheinische Herrschaft auch erst nach Großen (K. F. Werner 1965, 106 ff.; Gockel 1970, 290 ff., 613 aufgebaut haben. Das würde Dagoberts Bedingung 307 ff.) – und burgundischen – das ist aus seinem Verhältnis gegenüber seinem Vater und Oberkönig Chlothar erklä- zu Theuderich II. zu erschließen – Positionen über ein ren, Chrodoalds Leben zu schützen, wenn dieser, was er Herrschaftsgebiet bei den gentes östlich des Rheins. Da Übles getan habe – quod male gesserat –, wieder gut- außer ihm kein Großer dort fassbar wird, der die gen- mache. Fredegar nennt als solche Handlungen ausdrück- tes für das Merowingerreich organisierte (über Bertoald lich, dass Chrodoald von anderen beanspruchte facul- wird noch zu sprechen sein), begann seine Herrschaft tates angegriffen habe, also wohl dem austrasischen wahrscheinlich schon vor 612. Mit den Merowingern der Unterkönig und der auf ihn einfl ussreichen arnulfi ngisch- Sigibertlinie war er verschwägert, dem Theuderich durch pippinidischen Partei Thüringen entfremdet hatte, aber Treueid und Freundschaft verbunden. Obwohl er weder auch, dass er voll Stolz und Übermut gewesen sei – super- von Jonas noch von Fredegar als dux bezeichnet wird, biae deditus, elatione plenus –, was wohl bedeutet, er entsprach seine Stellung östlich des Rheines wohl einem habe sich nicht ihnen, sondern nur dem Gesamtherrscher solchen Amt. Doch kaum, dass Dagobert zum Unterkönig Chlothar unterstellt gewusst. in dem Teile Austriens östlich von Ardennen und Vogesen Eine von Chrodoald beanspruchte weitgehend selbst- eingesetzt war und zusammen mit Arnulf von Metz und ständige Herrschaft lässt politische Verhaltensmuster dem Hausmeier Pippin d. Ä. utiliter regnavit (Fredegar IV erkennen, die in den folgenden Jahrzehnten evident wur- c. 47, c. 52), wendete sich das Blatt: Weil Chrodoald stolz den, als der dux Radulf sich dem austrasischen Teilreich und übermütig sei – das Synonym für eine von Austrien nicht unterordnete.28 Dadurch noch erleichtert, dass unabhängige Herrschaft –, reich an Gütern war und Dagobert von 623 bis 629 in Austrien ein Unterkönigtum, fremde facultates angegriffen habe, fi el er auf Anstiften kein Teilreich innehatte, scheint der Agilolfi nger Chrodoald Arnulfs, Pippins und anderer austrasischer Großer bei spätestens zu dieser Zeit superbiae deditus, elatione Dagobert in Ungnade und wollte Dagobert ihn töten plenus eine immediate Stellung zu Chlothar II. behaup- lassen, schreibt Fredegar. Die arnulfi ngisch-pippinidische tet zu haben. Dass seine merowingische Frau – wohl Adelsgruppe war demnach allein zu schwach, um im Chlodosinde (vgl. Anm. 26) – die letzte Angehörige des Machtkampf mit dem Agilolfi nger bestehen und gar in seine Herrschaft östlich des Rheins einrücken zu können, sie bedurfte dazu erst eines Frontwechsels Dagoberts und eines wohl massiven, bewaffneten Vorgehens des 27 J. Jarnut (1986, 67) rechnet mit einer Neutralisierung der Königs gegen Chrodoald und seine Partei. langobardischen und baierischen Agilolfi nger im merowin- Die nur im Liber Historiae Francorum berichteten gischen Bruderstreit durch Friedensschlüsse sowohl Theu- derichs als auch Theudeberts mit den Langobarden und mit Kämpfe zwischen Dagobert und einem exercitum gen- Bemühungen der (fränkischen) Agilolfi nger, »den Kampf zwi- cium plurimarum, einem Heer vieler gentes, unter dem schen den Brüdern zu verhindern, um ihren eigenen Familien- dux Saxonorum Bertoald können damit zusammenhän- zusammenhalt zu bewahren«. gen.29 Während Fredegar (IV c. 47, c. 52, c. 53 und c. 58) 28 Dies spitzte sich nach der Schlacht bei Tertry, als den mero- wingischen Königen nur nomen, non honorem geblieben war, weiter zu. In einer karolingerzeitlichen Quelle (Erchanbert, 328; vgl. Geuenich 2004) für das frühe 8. Jh. wird die legiti- 29 Liber Historiae Francorum c. 41: Eratque Chlothario rege mistische Begründung für die Opposition der ostrheinischen tunc fi lius nomine Dagobertus, puer effi cax atque strenuus, Herzöge gegen die aufsteigenden Karolinger, die duces ad omnia solers, versutissimus. Quem rex adultum uno cum Francorum, geschildert: dux Alamannorum caeterique circum- Pippino duce in Auster regnaturum direxit. Austrasii vero quaque duces noluerunt obtemperare ducibus Franchorum, Franci superiores congretati in unum, Dagobertum super se eo quod non potuerint regibus Meroveis servire, sicuti antea statuunt. In illis quoque diebus Saxones rebelles nimis com- soliti erant. Inwieweit auch duces in Thüringen eine solche moverunt exercitum gencium plurimarum contra Dagobertum Haltung bezogen haben (so K. F. Werner 1989, XXII), ist für regem vel Chlotharium. Dagobertus vero, collecto hoste plu- diese späte Zeit fraglich. rimo, Renum transit, contra Saxones ad pugnam exire non 408 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag

über Dagoberts austrasisches Unterkönigtum nur seine Liber Historiae Francorum wiederum nur das Königtum Erhebung zum König, die Verfolgung und Ermordung über die Austrasier und den Krieg mit Bertoald,31 und Chrodoalds, die Vergrößerung seines Reiches auf den alten zwar in illis quoque diebus, also bald nachdem Dagobert Umfang Austriens und rückblickend seine Stilisierung zum 623 zum kleinaustrasischen Herrscher geworden war. idealen Herrscher, solange er unter der Leitung Arnulfs Nach dieser Darstellung hätten die Sachsen rebelliert von Metz gewesen war, zu berichten weiß,30 nennt der und das Heer vieler gentes gegen Dagobert und Chlothar aufgestellt, worauf Dagobert mit seinem Heer den Rhein überschritten und den Kampf gegen die Sachsen eröff- dubitavit. Illisque valide pugnantibus, Dagobertus super galea net hätte. Als er dabei eine Niederlage – lesum populum capitis sui percussus, abscisa particola de capillis eius ad ter- suum – erlitt und sogar verwundet wurde, entsandte er ram, a retro stans armiger eius collegit eam. Ad illum lesum seinen Waffenträger zum Vater, der mit seinem Heer in cernens populum suum, dixit ad ipsum puerum: ›Perge velo- den Ardennen stand.32 Chlothar überschritt eilends den citer festinus cum crine capitis mei nunc ad patrem meum, Rhein und vereinigte sein Heer mit dem des Sohnes, wor- succurratque nobis, antequam cunctus exercitus corruat‹. Qui cucurrit velociter, Ardinna silva transit, usque fl uvio penet- auf sie gemeinsam bis zur Wisra zogen. Dort schlugen sie ravit. Illic Chlotharius rex cum exercitu plurimo pervenerat. ihr Lager auf, während der dux Saxonorum Bertoald auf Cumque nuncius ille festinus adfuisset, deferens rege abscisa dem anderen Ufer des Flusses stand. Die anschließende crine fi lii sui, ille nimio dolore commotus, cum strepitu tuba- Schilderung vom Wortwechseln und Zweikampf, in dem rum de nocte consurgens, cum exercitu suo Renum transiit et der weißhaarige König Chlothar den Bertoald erschlug in auxilium fi lii sui festinus pervenit. Cumque simul coniuncti – während Dagobert mit dem Heer nur mit Mühe durch in unum hilari corde manibus plauderentur, super Wisra fl u- vium tendentes, fi xerunt tentoria. Bertoaldus dux Saxonorum die Weser schwimmen und ihm folgen konnte –, ist ex alia parte ripae huius fl uminis stans, paratus ad placitum, ebenso literarisch wie wohl auch der Schluss, Chlothar ut ad pugnam procederet, audiens hunc tumultum populi, habe dann das ganze Land der Sachsen verwüstet, das interrogat, quid hoc esset. At illi responderunt, dicentes: Volk erschlagen und niemanden lebend gelassen, der ›Domnus Chlotharius rex venit, et ob hoc latantur Franci‹. größer als seine Spatha gewesen sei. Qui respondit cum cacinno, dicens: ›Mentitos vos! delerare, Es wird kaum ein Zufall sein, dass im die neustrische formidatis, cum Chlothario vobiscum habere dicitis, cum nos eum mortuum auditum esse habemus‹. Rex quoque illuc Sicht vertretenden Liber Historiae Francorum als das ein- stans, lurico indutus, galea in capite, crines cum canicie varia- zig Berichtenswerte aus Dagoberts austrasischer Zeit tas obvolutas. Cumque discopertus a galea apparuisset caput dieser Krieg mit Bertoald erscheint und der Sieg zudem regis, cognovit eum Bertoaldus esse regem et ait: ›Tu hic eras, nicht ihm, sondern in epischer Erzählung Chlothar zuge- bale iumente?‹ Rex vero hac audiens, valde indignatus hoc schrieben (hingegen dabei weder Arnulf von Metz noch convicium, Wisra fl uvium ingressus cum equo velocitissimo, transnatavit. Fero ut erat corde, Bertoaldum persequebatur, Pippin erwähnt) wird. Bei Fredegar wird statt dessen von Francorumque exercitus sequenter regem natantes, vix fl u- der Auseinandersetzung mit Chrodoald berichtet, und in vium cum Dagoberto transiebant per gurgites inmensos. Rex itaque Chlotharius persequutus Bertoaldo, certabatur valde cum eo. Dixitque Bertoaldus: ›Recede a me, o rex, ne interfi - 31 Die Gesta Dagoberti, die aus beiden Vorlagen schöpfen, ciam te; quia se prevalueris adversus me, sic omnes homines erwähnen Chrodoald nicht, wohl aber Bertoald. dicent, quod servum tuum Bertoaldum gentilem peremisti; 32 Geographisch ist der Weg dieses nach Westen eilenden Boten si autem ego interfi cero te, tunc rumor magnus in cunctis etwas unklar: Der Liber Historiae Francorum sagt, dass er den gentibus audietur, quod fortissimus rex Francorum a servo Ardennerwald (vgl. Anm. 6) überquert hätte, bis er einen Fluss sit interfectus‹. Rex autem nequaquam adquievit dictis eius, durchschritten habe – Ardinna silva transit, usque fl uvio pene- sed magis consurgebat super eum. Equester itaque Regis a travit –, an den Chlothar mit einem großen Heer gekommen longe sequutus rege, clamabat: ›Confortare contra adversa- war. In der karolingischen Redaktion der Frankengeschichte rium tuum, domine mi rex!‹ Erantque manus regis valde gra- (Liber Historiae Francorum, 312, mit Anm. † und 1) wird ves; erat enim rex luricatus. Consurgensque rex super eum in einer Fassung (Codex Londiniensis Arundel 375) dieser et interfi cit ipso Bertoaldo sustullitque caput eius in conto Fluss offenbar fälschlich Rhein genannt, die andere (Codex reversusque est ad Francos. Illisque lugentibus, – nesciebant, Montepelussanus H 360) weiß hingegen genau: Qui cucurrit quid regi contigisset, – viso eo, gavisi sunt gaudio mango. velociter, Renum transiit, in Ardinna silva usque Longolario Rex vero, tota terra Saxonorum vastata, populo ille interfecto, pervenit – der Waffenträger eilte fort, überquerte den Rhein, non ibi maiorem hominem viventem reliquit, nisi ut gladius bis er nach Longlier kam, einen (zumindest 773: D Kar 1 suus, quod spata vocant, per longum habebat. Hoc signum in nr. 73: Longolare palatio) Königshof heute in der belgischen regione illa statuit, reversusque est rex victor in terra sua. Zu Provinz Luxemburg; dass Chlothar gerade dorthin gekommen Bertoald vgl. Ebling 1974, 82. war, sagt sie nicht. Die ansonsten unselbstständigen Gesta 30 Im Lichte der Behauptung Fredegars (IV c. 58), dass selbst die Dagoberti (c.14) bringen mit eigenen Worten und geogra- an den Grenzen der Slawen und Awaren lebenden Völker ihn phisch klar diese Angaben mit denen der neustrischen Fassung aufgefordert hätten, sie gegen jene zu unterstützen und sie zu des Liber Historiae Francorum zusammen: Qui statim cursum unterwerfen, ist vielleicht auch der von dem Franken Samo – arripiens, Renum transiit atque in Ardennam silvam, eo quod homo nomen Samo natione Francos – geführte Aufstand der rex Chlothario eo tempore inibi moraretur, Longolarium usque Slawen gegen die Awaren (Fredegar IV c. 48) nicht oder nicht pervenit – der Bote hatte also in schleunigem Lauf den Rhein ausschließlich von Chlothar, sondern (auch) von Dagobert ver- überquert und kam in den Ardennen bis Longlier, wo Chlothar anlasst worden. gerade verweilte. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 409 den für diese Zeit beide Quellen ausschreibenden Gesta Dagoberti – von Berthar aus Scarpona, der vielleicht Dagoberti die Geschichte mit Bertoald durch jene mit selbst Verbindungen nach Thüringen hatte, mit dem Chrodoald ersetzt. Es ist schließlich zu berücksichtigen, Schwert plötzlich erschlagen wurde. Im folgenden Jahr dass dux Bertoald ein exercitum gencium führte und für setzten Arnulf und die austrasischen Großen durch, dass Chrodoald ein Dukat oder eine ähnliche Herrschaft bei das kleinaustrasische Reich Dagoberts im ganzen Umfang den gentes ultra Renum angenommen werden muss und wiederhergestellt wurde. Mit Ausnahme der Gebiete außerdem beide durch Namen mit dem Zweitglied -wald südlich der Loire und in der Provence erhielt Dagobert verbunden sind. Denn Namen auf -oald / -wald / -bald sind jetzt alles, quod aspexerat ad regnum Austrasiorum für die Agilolfi nger – denen Chrodoald durch das eindeu- (Fredegar IV c. 55), vielleicht außer Westaustrien erst tige Zeugnis Fredegars angehörte – charakteristisch: Von jetzt auch die ostrheinischen Gebiete. den 28 namentlich bekannten, dem baierischen Herzogs- Es muss offen bleiben, ob Dagoberts Krieg mit oder langobardischen Königshaus angehörenden männ- Bertoald gleich zeitig mit Dagoberts Vorgehen gegen lichen Agilolfi ngern, die J. Jarnut (1986, Anhang I) auf- Chrodoald oder erst jetzt, nach der Ermordung listet,33 enden neun Namen auf -wald und tragen zwölf Chrodoalds, stattgefunden hat. Die Gleichzeitigkeit in Zweitglied, einer im Erstglied -bert / -per(c)t. Von den der von Fredegar ange deuteten Kämpfe mit Chrodoald 13 dem 6. und 7. Jh. angehörenden Namen unter ihnen und der im Liber Historiae Francorum episch ausge- sind bis auf den Baiern Tassilo I. sogar alle auf -wald oder führten Kämpfe mit Bertoald würde, glaubt man hierin -bert / -per(c)t gebildet. Bertoald ist zudem der Leitname der letztgenannten Quelle, bedeuten, dass nicht nur der Alaholfi nger oder Bertholde, eines alemannisches Dagobert, sondern auch Chlothar selbst Chrodoald Zweiges der Agilolfi nger (vgl. Zöllner 1951, 263; Borgolte bekämpft hätte. Chrodoalds Flucht zu Chlothar wäre 1986). Wir können in Bertoald einen agilolfi ngischen dann nicht ein Entkommen in den Westen gewesen – Verwandten Chrodoalds erkennen und dürfen ihn trotz A. Friese (1979, 19) schreibt: »Zwar gelang es Chrodoald seiner Bezeichnung als dux Saxonorum und der epischen zunächst, nach Paris zu fl iehen und in Verhandlungen Darstellung, er habe sich im Wortwechsel mit Chlothar zwischen Chlothar und seinem Sohn die Zusicherung einen Heiden – Bertoaldum gentilem – genannt, eben- ungefährdeter Rückkehr zu erhalten« –, sondern hätte falls als fränkischen Herrn über ostrheinische gentes, viel- sich während der Kämpfe abgespielt, vielleicht sogar leicht tatsächlich auch Sachsen, ansehen. Die gleichfalls schon vor dem Tode Bertoalds, denn nach Fredegar fl oh ihm selbst zugeschriebene Bezeichnung als servus des Chrodoald zu Chlothar, noch bevor dieser mit Dagobert rex Francorum Chlothar muss nicht rein literarisch gewe- zusammentraf. Der Agilolfi nger hätte dann aufgrund sen sein, sondern kann ausdrücken, dass er ein fränki- der durch Chlothars Eingreifen erfolgten Niederlage den scher Amtsträger34 war. Forderungen Dagoberts, Arnulfs und Pippins nachgeben In der Darstellung Fredegars fl oh Chrodoald zum und auf ostrheinische facultates verzichten müssen und Gesamtherrscher Chlothar, der mit seinem Sohn die wäre gemeinsam mit Dagobert von der Weser oder vom Sicherheit Chrodoalds aushandelte, wenn dieser wieder Mittelrhein nach Trier gereist, um dort iusso Dagoberti, gutmache, was er Schlechtes getan habe – wohl also aber vielleicht mit einem thüringischen Hintergrund durch sich Austrien unterwerfe, sich von Besitzungen trenne Berthar getötet zu werden. Dass Chlothar dies trotz und die umstrittenen facultates räume. Chrodoald muss seiner vorhergehenden Bitte um Chrodoalds Leben – dies zugesagt haben, denn er reiste mit Dagobert nach Chlotharius … Chrodoaldi vitam praecatur – geschehen Trier, wo er dennoch im eigenen Hause – angeblich iusso ließ, wäre nach den vorangegangenen Kämpfen beider Merowinger gegen die von den Agilolfi ngern geführten gentes begreifl ich und als Fortführung der von Chlothar 33 Davon sind zwei Langobardenkönige, Adaloald und der mit 612 mit der Tötung der Theuderichsöhne Sigibert II. und Chrodoald namensgleiche Rodoald, kognatische Agilolfi nger. Im agilolfi ngischen Herzogshaus der Alemannen, aus dem Corbus sowie Brunichildis’ (Fredegar IV c. 42) betriebenen Odilo bereits unter den von J. Jarnut erfassten Baiernherzögen Ausrottung der Sigibert-Linie, zu der ja auch Chrodoalds auftaucht, ist mit seinem Bruder Theudebald ein weiterer Frau gehörte, zu verstehen. - wald-Namensträger zu nennen (zur Identifi zierung Odilos Ebenso würde aber auch die andere Möglichkeit ein- als Sohn des alemannischen dux Gottfried und zur Annahme, leuchten, dass Bertoald das exercitum gencium plurima- dass aufgrund der Lex Baiuwariorum (tit.III / 1) diese Familie zur gens ducale der Agilolfi nger gehört haben müsse, vgl. rum erst nach dem Tode Chrodoalds zusammenstellte Zöllner 1951). und rebellierte. Dessen Entmachtung und wortbrüchige 34 Die Bertoald im Liber Historiae Francorum gegebene Bezeich- Tötung muss die gens Ayglolfi nga geradezu zur Empörung nung als dux Saxonorum kann ihn sowohl als Anführer gegen die Merowinger getrieben haben, und ebenso des Heeres gekennzeichnet haben als auch eine gentile muss der mit der Vergrößerung von Dagoberts Reich Amtsbezeichnung sein – und dies wiederum, wenn man wohl verbundene Ausgriff der Austrasier in die ostrheini- diese Unterscheidung treffen will, für einen eingesetzten »Amtsherzog« wie für einen aus eigenem Recht herrschen- schen Gebiete bei der offenkundig geringen Beliebtheit, den »Stammesherzog« –, wie wir sie auch für die baierischen der sich die arnulfi ngisch-pippinidische Adelspartei hier duces (vgl. Wolfram 1967, 156 ff.) kennen. erfreute, den Widerstand vieler gentes hervorgerufen 410 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag haben. Außer Sachsen und gentes in Thüringen mögen worden (Vita Burchardi posterior II c. 4), zutrifft. Die auch Alemannen und Baiern daran beteiligt gewesen hl. Gertrud von Nivelles war nämlich die Tochter des sein, über die aus diesen Jahren nichts berichtet wird.35 Hausmeiers Pippin und Schwester des gegen Radulf Die Hauptschlacht fand jedoch super Wisra fl uvium statt unterliegenden, dennoch in das Hausmeieramt aufstei- (Liber Historiae Francorum c. 41), und dort müssen wir genden Grimoald. Während ihre Schwester, die hl. Begga, auch das Zentrum der Erhebung suchen. Unter Wisra, einen Sohn Bischof Arnulfs, den domesticus Ansegisel, Wisera kann der ganze Lauf der Weser einschließlich heiratete – aus dieser Verbindung von Arnulfi ngern und des heute Werra genannten Teiles verstanden werden.36 Pippiniden ging Pippin d. M., der Ahnherr der späteren Um von Longlier an die Weser / Werra zu gelangen, muss Karolinger, hervor – und erst nach Ansegisels gewaltsa- König Chlothar II. mit seinem Heer weitgehend dem Lauf men Tod das Kloster Ardenne gründete (vgl. Hlawitschka der Mosel gefolgt und – falls der Ort der Schlacht an der 2000a, b), wies Gertrud laut ihrer zeitgenössischen Vita Weser im engeren Sinne gelegen hat – über Köln gezogen den fi lius ducis Austrasiorum, also einen Sohn des zeit- sein, um nordöstlich davon auf Dagobert zu stoßen. Die weiligen Hausmeiers, Radulf-Gegners und Verbündeten Schlacht mit Bertoald hätte dann etwa am Süntel statt- Kuniberts von Kölns und Grimoalds, Adalgisel, und damit gefunden. Wahrscheinlicher ist aber, dass Chlothar ent- eine der Ehe Begga-Ansegisel vergleichbare dynasti- weder bei Koblenz den Rhein überschritt, um zunächst sche Verbindung, zurück (Vita Geretrudis I c. 1),37 und seitwärts der Lahn nach Osten zu ziehen, oder den Rhein gründete das Kloster Nivelles. Wenn sie sich, wie die erst in Mainz querte und durch die Wetterau entlang der Dagobert und Pippin zu einer Person zusammenfassende später als via regia bekannten Route zog. In beiden Fällen (!) Passio Kiliani maior (Passio Kiliani minor, 728, Anm. hätte das vereinte Merowingerheer Bertoald an der heu- 2) erzählt, vor der Verheiratung nach Karlburg, das dann tigen Werra getroffen, wo dieser den (noch bis weit in außerhalb der Reichweite Adalgisels gelegen haben das 8. Jh. wichtigsten) Aufmarschweg der Franken zu müsste, gefl üchtet und hier aus Eigengut – de faculta- sperren und die agilolfi ngischen facultates östlich des tibis suis – das Kloster gegründet haben sollte, müsste mittleren Rheines zu sichern versuchte. Dabei unterlag das Mainland in der Nähe von Würzburg Einfl ussgebiet das Heer der gentes der geballten Macht Chlothars und der Familie Pippins d. Ä. auch nach seiner Entmachtung Dagoberts. gewesen sein. Nach dem archäologischen Befund ist es Dass Dagobert und Bischof Arnulf die gewonnene durchaus möglich, dass das Kloster in der Talsiedlung Herrschaft östlich des mittleren Rheins tatsächlich nutz- Karlburg zur Zeit Pippins d. Ä. gegründet wurde (Ettel ten, wird noch zu zeigen sein. Auch der austrasische 2004, 295, 298). Aus den Bestätigungsurkunden Lud- Hausmeier Pippin d. Ä. hat offenbar in den ostrheini- wigs d. Fr., Ludwigs d. D. und Kaiser Arnulfs für das schen Raum hineingewirkt, wenn die von F.-J. Schmale Bistum Würzburg geht hervor, dass das Kloster zur Grün- (1959, 67 ff.) als glaubwürdig und auf eine frühkarolingi- dungsausstattung des Bistums gehörte (BM I nr. 768 a. sche Tauschurkunde zurückgehend erachtete Nachricht 822; D LD nr. 41 a. 845; D Arn nr. 67 a. 889) und der Ekkehards von Aura aus dem frühen 11. Jh., das Kloster karolingische Hausmeier Karlmann also darüber verfügen Karlburg am Main sei von der hl. Gertrud gegründet konnte. Es mag sich bei Karlburg also durchaus um ein

35 Auch zwischen Tassilo I. (Paulus Diaconus IV c. 7) und Garibald 37 Nach Auskunft der Vita, weil sie nicht den von König Dagobert II. (Paulus Diaconus IV c. 39) haben zweifellos agilolfi ngische ausgesuchten Adligen, sondern nur Christus zum Gemahl Herzöge in Baiern geherrscht, wobei man auch an Chrodoald haben wollte. Man wird nicht fehlgehen, auch politische und seinen Sohn Fara gedacht hat (Eckhardt 1965, 92 ff.); in Gründe hinter diesem an sich topischen Verhalten zu suchen: Alemannien gab es von 587 (Fredegar IV c. 8) bis mindestens Nachdem sich Arnulf von Metz bei der Übernahme der 606 (Fredegar IV c. 28) einen dux Uncelen, der 603 durch einen Gesamtherrschaft durch Dagobert I. eher unfreiwillig in das gefälschten Befehl den Tod des Hausmeiers Protadius herbei- Kloster Remiremont zurückgezogen hatte (Vita Arnulfi c.17; geführt (Fredegar IV c. 27) und so dessen Vorgänger Bertoald vgl. Jarnut 1986, 73 f.) und wenige Jahre später Pippin d. Ä. ent- (!) gerächt hatte (zum agilolfi ngischen Zusammenhang vgl. machtet (Fredegar IV c. 61, vgl. Wunder 1991) und durch den Wenskus 1976, 419), 631 führte ein dux Chrodobert – dessen nach Namen und Verhalten wohl gleichfalls der Arnulfi ngern Name dasselbe Erstglied wie Chrodoald hat – das alemanni- nahestehenden dux Adalgisel palacium et regnum gubern- sche Heer erfolgreich gegen Samo (Fredegar IV c. 68), und andum (Fredegar IV c. 75) ersetzt worden war (Ebling 1974, nach zwei Viten des hl. Gallus herrschte am Bodensee ein 30 f.), hätte die Ehe Gertrudes mit dem Sohn Adalgisels die- dux Gunzo (Wetti c. 8,15–25, Walahfrid c. 8, 15–22, 25; zur sen als Rivalen von Vater und Bruder gestärkt und zudem der Datierung Keller 1976, 25 f.) ebenfalls mit einem agilolfi ngisch Verbindung der Schwester mit dem Sohn Arnulfs von Metz in anmutenden Namen. ihrer Bedeutung gemindert. Als Klostergründerin und künftige 36 Bach 1953, 245: »Die Namen Werra und Weser beruhen auf heilige Spitzenahnin trug Gertrud hingegen zur sakralen Weihe demselben Wort (Wesera), daß sich in (einigen) Mundarten zu des Geschlechtes bei und sicherte zudem die in das Kloster der ersteren, in (anderen) zu der letzteren Lautform entwickelt eingebrachten Güter in künftigen Auseinandersetzungen vor hat.« 775 hieß es über den Zehnten in (Bad) Salzungen an der dem Zugriff von König und adligen Widersachern. Weitere In Werra decima … ad Salsunga super fl uvium Wisera (D Kar 1 terpretationsmöglichkeiten diskutiert H. Wagner (1999, 18 f.), nr. 90), und Wisara, qui nunc Wissula vel Wirraha nuncupatur der den kurzen Aufenthalt Gertruds in Karlburg »ehestens in im 11. Jahrhundert bei Adam von Bremen (I c. 2). die letzten Monate des Jahres 638« datiert. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 411 in das 7. Jh. zurückgehendes Eigenkloster der Pippiniden Bischof Arnulf hatte sein Quartier jedoch noch nicht ver- gehandelt haben. Ob Gertrud tatsächlich selbst das lassen, und als Noddilo zu ihm kam und das Unglück Kloster Karlburg bei Würzburg gegründet hatte oder schilderte, ging Arnulf eilends zu dem Kranken, kniete lediglich später der Name der karolingischen Heiligen nieder, betete lange und ermahnte den jungen Mann, für die politische Präsenz ihres Vater in Mainfranken ein- Buße zu tun. Da jener aber schon mit dem Tode rang, gesetzt wurde – in der Karlburger Gertrudenverehrung wusch ihm Arnulf Gesicht, Hände und Füße mit warmem spiegelt sich der pippinidische Ausgriff in den zuvor wohl Wasser und spendete ihm die Letzte Ölung. Der Kranke von Chrodoald beherrschten ostrheinischen Raum wider genas auf der Stelle und verließ mit den anderen noch am (vgl. Ettel 2002, 298). selbigen Tage freudig das Dorf.38 Diese Episode ist bisher, wenn sie überhaupt Beachtung fand, für die religiösen und geistigen Verhältnisse und die Missionsgeschichte Dagobert, Arnulf von Metz und Noddilo herangezogen worden. So schreibt H. Büttner (1952, 85), der wohl als erster diese Stelle »sehr aufschluß- Der Tod Chrodoalds eröffnete dem austrasischen Unter- reich« fand: »Ganz offensichtlich stehen hier heidni- königtum den Weg nach Osten. Dass Dagobert noch als sche Todes- und Bestattungsvorstellungen und christli- austrasischer Herrscher die Erfassung Thüringens betrieb, che Gewohnheiten, die am besten als das Spenden der bezeugt – bei Schweigen der Reichschronistik in dieser letzten Ölung bezeichnet werden, wie selbstverständ- Frage – die zeitgenössische Lebensbeschreibung Arnulfs lich nebeneinander; heidnische und christliche Sitten von Metz. und Anschauungen berühren sich unvermittelt.« Für Die aus der Mitte des 7. Jh. stammende Vita Arnulfi W. Schlesinger (1968, 343) ist sie ein Beleg, dass »im ers- erzählt im 12. Kapitel, dass der Bischof mit dem König ten Drittel des 7. Jahrhunderts auch bei den Vornehmen Dagobert in patrias Toringorum gekommen war. Das Thüringens teilweise noch heidnische Sitten« herrschten. muss zumindest nach der Einsetzung Dagoberts als Weiter geht J. Haberstroh (1998, 227), der annimmt, die Unterkönig 623 und auf jeden Fall vor dem Rückzug Reise könne in den mainfränkischen Raum um Würzburg Arnulfs nach Remiremont 629 gewesen sein. gegangen sein; dort wäre »offenbar die Brandbestattung Auf dieser Reise geschah es nun, dass ein Vornehmer noch immer nicht unüblich [gewesen]. Mehr als unge- namens Noddilo einen ihm blutsverwandten und befreun- wöhnlich wäre sie allerdings für eine schon stark franki- deten Jüngling oder jungen Gefolgsmann – puerum adque sierte Bevölkerung im Maingebiet.« parentem suum – laut beklagt hätte, der im Sterben lag. Die politische Bedeutung der Episode wurde bis- Da der König aber schon weitergezogen war, heißt es her kaum beachtet. In der Arbeit von R. Butzen (1987) dann etwas unklar, habe Noddilo sich keinen anderen über die Merowinger östlich des mittleren Rheins, der Rat gewusst, als dem Kranken den Kopf abzuschneiden umfangreiche »Studien zur militärischen, politischen, und den Leichnam nach Art der Heiden zu verbrennen. rechtlichen, religiösen, kirchlichen, kulturellen Erfassung durch Königtum und Adel im 6. sowie 7. Jahrhundert« vorlegt, wird die Vita Arnulfi überhaupt nicht berück- 38 Vita Arnulfi c.12: Post haec autem cum patrias Toringorum sichtigt. W. Schlesinger (1975, 27) würdigt sie als ein- cum eodem rege invisendas intrasset, forte fuit, ut quidam procerum nomine Noddilo puerum adque parentem suum, zige nicht mit Kriegsereignissen in Zusammenhang ste- quem satis dilegebat, supremis funeraret fl etibus; nam et san- hende Reise eines Merowingers in ostrheinische Gebiete. guinitatis propinquo et amicicia eidem insolubile iungebatur M. Werner (1974, 25) erkennt in ihr Regierungshandeln affectu. Rege autem iam quantocius ex eadem properante Dagoberts in Thüringen, nimmt indes aber nur eine villa, nil angustianti aliut consilii aderat, nisi, languentis capite lockere Abhängigkeit an.39 Jüngst hat er eine neue Inter- amputato, more gentilium cadaver ignibus comburendem traderatur. Sed, ut credimus, omnipotentis Dei tunc voluntate id actum esse, sanctum Arnulfum episcopum a mansionibus nondum egressum fuisse. Quo cumperto, Noddilo ad eundem 39 »Für eine Klostergründung durch Dagobert I. wiederum veloci pergit gressu et causam infelicitatis pocius singultibus kommt nur das Jahrzehnt zwischen seinem Regierungsantritt quam verbis exponit. Confestim igitur egregius vir cum festi- in Austrien 623 und der Errichtung des austrasischen Unter- nacione at languentis pergit lectulum. Ubi cum humi fuisset königtums für seinen Sohn Sigibert III. 633 / 34 in Betracht. prostratus, diutissime oravit. Tum demum semivivo homini, Obwohl für diesen Zeitraum Regierungshandlungen Dagoberts ut illius mos erat, adloquitur: ›Penitere‹, inquid, ›fi li, si quid I. in Thüringen, wie die Einsetzung des Herzogs Radulf und male fortassis gessesti, ut duplicem accipias medicinam‹. eine Reise mit Bischof Arnulf von Metz nach Thüringen, Ille autem venisse hominem Dei exultans, vix verbis effatur bekannt sind, wird man bezweifeln müssen, dass es in die- quod corde volvebat, quia extremis quaciebatur conatibus. sem entfernten und nur in lockerer Abhängigkeit stehenden Quid plura? Calefacta adfertur aqua, et manibus propriis vir Reichsteil zur Gründung eines Klosters durch den merowin- sanctus faciem aegroti, pedes et manus cum ingenti abluit gischen König kam. Der Zeitansatz 623–633 / 34 für St. Peter, diligencia atque oleo sancto corpus illius perunguit. Sicque den auch die Vertreter einer frühen Gründung nicht ernsthaft factum est, ut eadem die, tamquam nulla infi rmitate perpes- erwägen, ist historisch äußerst unwahrscheinlich und bei dem sus, cum ceteris villam egrediens incolomis, laetus et gaudens Fehlen sonstiger Königsklöster östlich des Rheins vor der Mitte iter arriperet. des 8. Jahrhunderts wohl gänzlich auszuschließen.« 412 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag pretation der Episode in die Diskussion eingebracht, Wenn Frieses Deutung zutrifft, dürften Dagobert wonach nicht, wie bisher angenommen, »der Adelige und Arnulf Thüringen nach der Ermordung Chrodoalds selbst … den abreisenden König begleiten [mußte und] im Sinne eines Königsumritts zur Inbesitznahme auf- sich deshalb um das Schicksal des Todkranken nicht mehr gesucht haben. Auch ein Zusammenhang mit ihrem kümmern« konnte (Büttner 1952, 85), sondern Noddilo Feldzug gegen die Sachsen und andere gentes unter zuerst gehofft hatte, der König würde den todkranken Bertoald (Liber Historiae Francorum c. 41) ist nicht aus- Verwandten heilen, und sich erst, als dieser weiterzog, zuschließen. Noddilo gehörte, so lässt sich aus der Vita an den Bischof gewandt habe, bevor er als letztes zu Arnulfi erkennen, zu denjenigen proceres, den einheimi- heidnischen Kulten Zufl ucht genommen hätte.40 schen Großen der ostrheinischen pagi, die auf der Seite Am stärksten haben bisher K. F. Werner (1973, Dagoberts und der Austrasier standen. 497 f., Anm. 28) und A. Friese (1979, 20, 33, 49, 164 f.) In der Vita Arnulfi wird über die thüringische Episode die Noddilo-Episode der Vita Arnulfi für eine über die bei den Wundertaten des Heiligen berichtet. Chrono- Religions- und Kirchengeschichte hinausgehende histo- logische wie geographische Fragen interessierten den rische Auswertung herangezogen. K. F. Werner (1973, Hagiographen weniger, obwohl er »bemerkenswert viele 497) glaubt ihr »l’information précieuse« entnehmen wertvolle Einzelheiten« (Wunder 1991, 40) festhielt. Ob zu können, es habe vor Radulf keine Herzöge in einem es sich bei den patriae Toringorum um die Mainlande, Thüringen gegeben, das »administrée directement par die Unstrutgegend oder den Nordthüringgau zwischen l’Austrasie. Il n’y a pas de trace d’un duc, peu de temps und Ohre gehandelt haben mag, geht aus der Vita avant la nomination de Radulfus«. Eine ganz andere nicht unmittelbar hervor. Ansicht vertritt A. Friese. Manche seiner Annahmen – Der Name des vornehmen Mannes – Noddilo, etwa dass Noddilo »im Gefolge der Merowinger … ins das ist nichts anderes als das Deminutivum auf -ilo Westfrankenreich kam« oder Arnulf von Metz gleich zum Kurznamen Noddo – kann hier jedoch weiterhel- »mehrere Reisen, z. T. gemeinsam mit Dagobert I., in fen, obwohl gerade dieser Name zunächst verdächtig die Thuringia unternommen« habe (darin folgen ihm erscheint (Jarnut 1986, 103). Der Personenname Noddilo F.-J. Schmale / W. Störmer 1997, 77) – sind zwar unbe- ist m. W. nur einmal, hier in der Vita Arnulfi , belegt gründet. Ihm ist jedoch zuzustimmen, dass die Vita (Förstemann 1900, Sp. 1164). Noddo ist etwas häufi - Arnulfi Aufschluss darüber gibt, in welche echten oder ger und in der Karolingerzeit, u. a. prominent mit einem vermeintlichen facultates der Arnulfi nger / Pippiniden- Erzbischof von Arles und mehrfach in den Freisinger Chrodoald eingedrungen sein könnte. »Es scheint, daß Tradi tionen,41 bezeugt. Zwei Belege fi nden sich aber die Rivalitäten der frühen Karolinger und der Agilolfi nger gerade in der Vita Arnulfi : In dem auf die Wundertat am um die Herrschaft in der Thuringia gegangen und der Verwandten des Noddilo folgenden Kapitel versuchen Grund für ihre Todfeindschaften gewesen sind … Der ein homo scelestus nomine Noddo und seine Komplizen Herrschaftsbereich Faras im Vorfeld der Thuringia, in den den Heiligen zu verleumden (c. 13), und der Körper des Mainlanden, wird … ein Erbe seines Vaters Chrodoald verstorbenen Arnulf wurde unter dem dux Noddo (vgl. gewesen sein« (Friese 1979, 165). Ebling 1974, 195) nach Metz überführt (c. 25). Kann der Autor der Vita den Namen Noddilo aus dem Noddo des folgenden Wunders gebildet und / oder diesen von dem moselländischen dux übernommen haben, weil ihm der 40 In der Schlussdiskussion des Kolloquiums »Die Frühzeit der Name des Thüringers unbekannt war? Dagegen spricht – Thüringer. Archäologie, Sprache, Geschichte« in Jena, 20. / 21. abgesehen davon, dass dann die erfundenen Namen Oktober 2006; vgl. den Tagungsbericht Kälble 2006. Unter im Text vor ihrer Vorlage stehen würden – der einzige dieser Annahme muss es sich bei der heilspendenden Kraft des Beleg von Noddilo / Noddo in einem Ortsnamen: Es ist Königs um eine örtliche, thüringische Vorstellung gehandelt haben. Nach den Untersuchungen von M. Bloch (1998, 72 f.) Nottleben bei Erfurt, 1168 Notteleiben (Dob. II nr. 361; gibt es keine Quellenstelle, dass jemals ein merowingischer CDSR I / A / 2 nr. 351), 1222 Nottheleyben (Dob. II nr. 2001), oder karolingischer Herrscher jemanden geheilt hätte: »Es 1254 Nothileibin (Dob. III nr. 2300), 1256 Notilleibin (Dob. besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Nachkommen III nr. 2431). Chlodwigs oder Pippins jemals den Anspruch erhoben hätten, Wie bei zahlreichen anderen -leben-Ortsnamen ist in ihrer Eigenschaft als Könige jemanden heilen zu können.« Auch der letzte Satz des Kapitels, dass der geheilte Jüngling es nicht möglich, sicher zu entscheiden, ob das Bestim- sich am selben Tage mit den anderen freudig und fröhlich mungswort ein Kurzname oder dessen Derivat mit dem auf den Weg gemacht habe – eadem die … cum ceteris vil- lam egrediens incolimis, laetus et gaudens iter arriperet –, spricht eigentlich dafür, dass ebenso auch Noddilo wegen der Weiterreise des Königs in Eile war. Am Rande sei erwogen, 41 Noddo von Arles: Capit. II nr. 184 f. a. 228; BM I nr. 938 ca. dass sich die Widersprüche auch lösen ließen, wenn man a. 835. Ein Noto episcopus schenkte TF nr. 483 a. 823, unterstellt, es habe eine Seuche geherrscht, die jeden – bis auf Zeugendienste leisteten Noato TF nr. 240 a. 806–810, TF den heiligen Bischof – zum schleunigen Verlassen der Gegend nr. 318b a. 814, TF nr. 558 a. 828, Nuoto TF nr. 597 a. 830, TF veranlasst hätte … nr. 678 a. 846. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 413

Suffi x -ilo ist. Während etwa Botalastat und Butesstat in ein Königskloster von liberi homines tradiert wurde (vgl. im Breviarium Lulli (Dob. I nr. 70; Franke 1986, 14) deut- Hörle 1960; Franke 1986). Der mittlere Teil gliedert sich lich unterscheidbar mit den Personennamen Botilo und wiederum in Hersfeld selbst, die östlich davon gelege- Boto gebildet sind (Walther 1971, 275) und ebenda nen Güter42 und die westlich gelegenen in der Wetterau, Kindelbruccun (Franke 1986, 15) mit dem Personennamen im Lahngau, in der civitas Mainz und in Hessengau. Hier Kintilo (Walther 1971, 244), 1141 / 43 Chindeshusen (Dob. interessiert der in Thuringia überschriebene Abschnitt, I nr. 1472) dagegen mit Kindo oder Kindi (vgl. Walther der wiederum eine erkennbare Gliederung aufweist. 1971, 293: »PN Kind (+ X?)«), kann 780–802 Chindeleiben, Am Anfang steht die cellula Ordorf mit 8 Hufen, 822–842 Kintileibe (Dob. I nr. 294; TAF c. 38 nr. 42, nr. 234; das vom hl. Bonifatius (Willibald c. 6) gegründete die Datierungen nach W. Müller 1987) der Auszüge St.-Michaels-Kloster Ohrdruf. Es schließt sich die villa Eberhards von Fulda aus dem Thüringen-Cartular des Sulzebruggun mit 42 Hufen und 33 Mansen an, jenes Klosters sowohl mit Kindo, Kindi (so Walther 1971, 269) Sülzenbrücken, in dem Bonifatius 741 unter Assistenz also auch mit Kindilo gebildet sein. Ebenso verhält es sich der Bischöfe Burchard von Würzburg und Witta von mit 822–842 Tutelestat (Dob. I nr. 294; TAF c. 38 nr. 223) Büraburg die Bischofsweihe Willibalds vornahm (Vita mit dem Personennamen Dōdilo (Walther 1971, 284) als Willibaldi c. 5) und von wo dessen Bruder Wunibald Bestimmungswort und 780–802 Tuteleibe, Tuteleibo, sieben Kirchen anvertraut waren (Vita Wynnebaldi c.4). 802-817 Tutilieba (Dob. I nr. 294; TAF c. 38 nr. 30a, nr. 51, Darauf folgen 29 Orte, zu denen jeweils die Hufen und nr. 113) mit dem Kurznamen Duddi, Dōdo, Dūdi (Walther Mansen genannt werden,43 und schließlich eine Liste 1971, 271f.) oder mit Dōdilo. Nottleben mag also mit dem von elf Orten mit zusammen 30 Hufen (einen ungefäh- Simplex Noddo oder mit dem Deminutivum Noddilo ren Überblick gibt M. Kälble 2005, Karte 2). Da von die- gebildet sein. In jedem Falle hat dieser Personenname in sen elf Orten zwei bereits vorher unter den 29 einzeln der einen oder der anderen Form hier ortsnamenbildend aufgeführten genannt sind, kann man davon ausgehen, gewirkt. Damit ist Noddo / Noddilo in Mittelthüringen dass es sich bei ihnen um eine etwas jüngere Schicht von belegt. Schenkungen handelt. Wir dürfen daher begründet annehmen, dass sich die Dagegen stammen die zuvor genannten Güter zu- Noddilo-Episode auf eine Reise, die zwischen 623 / 625 und min dest teilweise aus dem Erbe des hl. Bonifatius: Be- 629 Dagobert I. und Arnulf von Metz bis in diese Gegend kanntlich steht am Anfang des Thuringia-Abschnittes geführt hatte, bezieht, und der Königsumritt Dagoberts die cellula Ohrdruf, die Lull aus dem Erbe des Bonifatius auch den thüringischen Zentralort Erfurt erreichte. Es dem Kloster Hersfeld übergeben hatte, es folgt die vil- ist weiter naheliegend, dass der vornehme und auf la Sülzenbrücken, der Missionsstützpunkt südlich von Blutsverwandtschaft Wert legende – sanguinitatis propin- Erfurt. Die anschließend genannten Stätten, in denen quo … insolubile iungebatur affectu –, dem König folgende Hersfeld Besitz hatte,44 beginnen mit einer Gruppe von und selbst Gefolgsleute, pueri, habende – mit einem Wort: neun in der Gegend nahe Ohrdruf und Sülzenbrücken adelige – Noddilo nicht nur (selbst oder durch einen ihm gelegenen Orten, in ihnen wird man auch die Kirchen verwandten Noddo) Namengeber für Nottleben war, son- des hl. Wunibald suchen müssen. Es handelt sich im dern dass ihm dort Grund eignete und Herrschaft zukam – einzelnen um Schwabhausen und Siebleben bei Gotha, auch wenn die voll ausgebildete bipartite Grundherrschaft Weberstedt bei Langensalza, Holzhausen, Bittstädt und in Thüringen erst fast acht Jahrzehnte später nachweis- Haarhausen bei Arnstadt, Ermstedt und Pferdingsleben bar ist (UB Echternach nr. 8; vgl. Schlesinger 1941, 46 f; bei Erfurt und Mechterstädt westlich von Gotha. Das an- Schimpff 1987a; M. Werner 2004). schließend genannte Midilhusun kann Mittelhausen bei Der Ort Nottleben mit der Ruine einer spätgotischen Erfurt (Dob. I, nr. 410; Hörle 1960, 52) oder die Wüstung Peter-Pauls-Kirche liegt eine Stunde Fußmarsches west- Mittelhausen bei Gotha45 sein.46 Es folgt eine Gruppe lich von Erfurt an einer Straße, die heute fast geradli- nig Ost-West von Erfurt über Bindersleben, Gottstedt, Ermstedt, Nottleben, Pferdingsleben und Friemar auf die 42 Zur Frage, inwieweit Lengesfelt, Gomarestat, Můtesfelt, Wüstung Kindleben nordöstlich von Gotha verläuft. Es Berka, Ulfen und Reinede am Anfang des 9. Jh. zu Thüringen ist diese Wegenachbarschaft von Ermstedt, Nottleben, gerechnet oder ausschließlich aufgrund ihrer Lage östlich von Hersfeld an dieser Stelle genannt wurden, vgl. Anm. 48. Pferdingsleben und Friemar, die eine Grundlage zu wei- 43 Zweimal sind jeweils zwei Orte zu einer Hufen- und Mansenzahl tergehenden Überlegungen gibt. zusammengefasst worden. Ermstedt, Pferdingsleben und Friemar fi nden sich 44 Hier ist besonders auf die Untersuchung von J. Hörle (1960) nämlich im Breviarium sancti Lulli archiepiscopi, dem über Gestalt und Gehalt des Breviarium Lulli zurückzugreifen. ältesten Hersfelder Güterverzeichnis (Dob. I nr. 70; UB 45 Vgl. Lehfeldt 1891, 111, die Kirche hat das Patrozinium der hl. Hersfeld I nr. 38; Franke 1986 mit Faksimile). Es besteht Walpurgis, der Schwester von Willibald und Wunibald. 46 Wohl nicht Mittelhausen bei Sangerhausen, da Midilhusun bekanntlich aus drei Teilen, den Schenkungen Karls des dann der einzige frühe Hersfelder Besitz in diesem Landstrich Großen, dem, was Lull erworben hat und ihm liberi homi- wäre; anders Franke (1986, 42, Anm. 34), der Argumente für nes tradiert haben, und dem, was nach der Umwandlung diese Identifi zierung bringt. 414 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag von acht oder neun Orten an der Porta Thuringica und Nottleben, Pferdingsleben und Frie mar nach der Wüstung im nördlichen Thüringer Becken, Göllingen bei Son ders- Kindleben im Norden von Gotha weist, verläuft nördlich hausen, Eslebestat (das ist Etzleben südlich oder Esper- der Trasse Erfurt-Schmira-Gamstädt-Gotha, der heutigen stedt nördlich der Porta Thuringica), Gorsleben an der Bundesstraße 7, wie sie etwa L . Gerbing (1900, Karte) für Porta Thuringica, (Groß- oder Klein-)Neuhausen bei die via regia Lusatiae kartiert hat. Im Westen zielte sie auf Kölleda, die Großmarken Sußra und Heilingen47, (Ober- Kindleben und nicht wie die via regia auf die Stadt Gotha. oder Nieder- )Bösa bei Sonders hausen und vielleicht noch Das Stadtgebiet von Erfurt verließ sie im Sattel zwischen Ringelebo, wenn es Ring leben bei Artern (Dob. I nr. 420; Petersberg und Domberg durch das spätere Lauentor. Franke 1986, 36) ist. Falls es Ringleben bei Gebesee nörd- Diesen Verlauf nahm nach M. Gockel (1984, 104; so auch lich von Erfurt ist, leitet es bereits zur nächsten Gruppe ohne zeitliche Abschichtung Brachmann / Schubert 1989, über, die mit (Groß- oder Klein-)Fahner, Aschara und Abb. S. 780, Timpel / Altwein 1995, Abb. 4–6) ursprüng- Friemar weitere Orte zwischen Erfurt und Gotha enthält. lich auch die via regia, die in jüngerer Zeit durch das süd- An zwei einzelne Orte, Salzaha – Langensalza (Franke östlich davon gelegene Krumme (oder Innere Brühler) Tor 1986, 43 Anm. 47) oder Salza bei Nordhausen (Hörle führte. Ziel- und Ausgangspunkt der Wegeführung von 1960, 42) – und Rothen stein bei Jena, et sclaui manent Erfurt bis Kindleben dürften für ein vorstädtisches Alter ibi, schließt die letzte, wohl durchweg an und westlich des Weges sprechen und die Annahme begründen, dass der Werra zu lokalisierende Gruppe mit den sechs Orten es sich bei ihr um den älteren Lauf der später als via regia Schenklengsfeld, Gomarestat, Motzfeld, Berka, Ulfen bekannten Straße gehandelt haben mag. Sie war eine und Renda an.48 der »wichtigsten europäischen Verkehrsverbindungen Von den Orten bei Ohrdruf und Sülzenbrücken liegen vom Mittelalter bis weit in die Neuzeit hinein« (Ruge mehrere so aufgereiht, dass man an eine alte Straßenlage 1997, 3, vgl. Landau 1856; Görich 1955; Bahn 2002) denken muss. Es sind dies einmal in ununterbrochener und – neben der Möglichkeit, über die Mainlande, das Reihung Sülzenbrücken selbst, Haarhausen, Holzhausen Grabfeld und die Pässe des mittleren Thüringer Waldes und Bittstädt49 sowie zum anderen Ermstedt, Pfer dings- zu gehen – der Hauptweg von Mainz nach Erfurt (vgl. leben und Friemar, diese Reihe ist jedoch durch Nottleben Schlesinger 1968, 337 f.). Fast die gesamte Strecke von unterbrochen. Die oben angesprochene Wegeführung, Erfurt bis zur Werra bei Eisenach verläuft sie teils rechts, die von Erfurt über Bindersleben, Gott stedt, Ermstedt, teils links der Nesse.50 Um den offenen, ungesicherten Durchgang längs der Nesse in das Herz Thüringens zu schützen, war eine Stellung an der Werra in der Tat das 47 Zu den Großmarken vom Typ Heilinge marcha, deren einzelne militärisch Gebotene.51 Auf diesem Weg dürfte das Heer Siedlungsplätze später differenzierende Zusätze erhielten, als Organisationsform des frühmittelalterlichen Landesausbaus Chlothars vom Mittelrhein her gegen Bertoald vorgerückt vgl. Schimpff 1987b, 144–175, 237 ff., Abb. 5, 6. sein und ihn überwunden haben, auf ihm wird Dagoberts 48 Davon sind Berka an der Werra, Ulfen und Renda westlich Königsumritt nach Mittelthüringen oder zurück an den Eisenach unstrittig. O. Dobenecker (in Dob. I, 22 Anm. 26, 27), Rhein geführt haben. H. Walther (1971, 299) und T. Franke (1986, 41 f., Anm. 31, Die durch Nottleben unterbrochene Reihung der 37) suchen Lengesfeld, Gomarestat et Můtesfelt in Mittel- und Orte wirft die naheliegende Frage auf, warum es zwar teilweise in West- und Nordthüringen. Dagegen leuchtet der durch J. Hörle (1960) im Anschluss an die ältere Forschung in Ermstedt, Pferdingsleben und Friemar frühen, wohl begründete Vorschlag ein, Lengesfeld mit Schenklengsfeld noch auf den hl. Bonifatius zurückgehenden Hersfelder und Můtesfelt mit Motzfeld, östlich von Hersfeld, zu identi- fi zieren. T. Frankes (1986, 41, Anm. 31) Hauptargument, dass »Lengesfeld laut Breviarium in Thuringia liegt, das Gebiet 50 Zwischen Friemar und Sonneborn dürfte sie südlich des Nesse- des nachmaligen Amtes Landeck mit Schenklengsfeld jedoch bogens geradlinig verlaufen sein und die Leina bei Remstädt nicht zu Thüringen gehörte«, ist jedenfalls schon deswegen gequert haben. schwach, weil in dem Güterverzeichnis in Thuringia keine in- 51 »Vom Westen führte die Hohe Straße, die Verkehrsverbindungen pago-Nennung wie für die Orte in der Wetterau, im Lahn- und aus dem Kölner und Frankfurter Raum vereinigte, über den im Hessengau ist und weil der Raum westlich der Werra, wie Pass bei Eisenach längs der Nesse nur 1,6 km von Alach ent- K. Sippel (1992) dargelegt hat, im frühen Mittelalter jedoch fernt vorbei nach Erfurt. Sie verband den Ort im weiteren ohnehin zu Thüringen gehörte; zudem können diese sechs Verlauf mit den östlich der Saale gelegenen Siedlungsgebieten. Orte auch aus administrativen Gründen ausschließlich auf- Nur wenige Kilometer östlich von Alach verlief von dem grund ihrer Lage östlich von Hersfeld an dieser Stelle genannt Verkehrsknotenpunkt Erfurt die aus dem Nürnberger und worden sein. Würzburger Raum über den Oberhofer Pass kommende 49 Nach einer von L . Gerbing (1900, 106) zitierten alten Straßen- Straße durch das Thüringer Becken nach Norden«, schreibt W. beschreibung führte die – nach der via regia – größte der Timpel (1992, 14) im Zusammenhang mit dem kleinen, reich Erfurt durch das Krumme Tor verlassenden Straßen u. a. »auf ausgestatteten Gräberfeld von Alach. Anders als an ande- Thörey, Sülzenbrücken, Haar- und Holzhausen über die Horst ren thüringischen Fließgewässern, die durch Verriedung und nach Tambuchshof, Crawinkel, über den Steiger, durch den Versumpfung den Landverkehr erschwerten und über bis ins Thüringerwald auf den Oberhof nach Sula«, so dass über die Ortsnamenbild (z. B. Erfurt, Vehra) erkennbare Zwangspunkte vier Orte mit frühem Hersfelder Besitz auch schon ein älterer nötigten (vgl. Schimpff, im Druck), war die Nesseniederung Fernweg geführt haben kann. verkehrsgünstig, aber dafür schlecht zu verteidigen. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 415

Besitz gab, auch eine Schenkung Karls des Großen im durch die Peterskirche in Erfurt präsent gewesen, eine nahegelegenen Frienstedt, während Hersfeld gerade Entwicklung, die in die 802 belegte Pfalz – ad Erfesfurt in in Nottleben ohne Güter blieb. Auch in den Fuldaer palatio publico (UB Hersfeld I nr. 21) – mündete. Traditionen fi nden sich keine Schenkungen in Nottleben. Es spricht viel dafür, dass – so, wie Bonifatius bei der Sollte hier eine andere kirchliche Institution seit den Tagen Errichtung des kurzzeitigen Bistums Erfurt bestehende Noddilos und des hl. Arnulf Positionen gehabt haben, kirchliche Positionen berücksichtigen musste (Schimpff, die erst Bonifatius und dann die Klöster Hersfeld und in Vorb.) – Bonifatius auch in Nottleben nicht Fuß fas- Fulda fernhielten? Könnte das Patrozinium der Kirche in sen konnte. Hier lag keine der sieben Kirchen, die er Nottleben – Peter und Paul (Tettau 1890, 391), während Wunibald anvertraute, weil die kirchliche Position bereits Pferdingsleben Wigbert (Lehfeldt 1891, 156), Ermstedt seit den Tagen Noddilos und aufgrund von dessen in der Andreas (Tettau 1890, 377) und Friemar Veit (Lehfeldt Vita Arnulfi widergespiegelten Beziehung zu Arnulf von 1891, 22) hatte – gar einen Hinweis darauf geben, wer Metz besetzt war, mit einiger Wahrscheinlichkeit durch diese Institution war? die Erfurter Peterskirche. Es ist schwer vorstellbar, dass – wenn die Mirakel- Damit ist nicht behauptet, auch das Kloster bei der geschichte um Arnulf und den geliebten Verwandten des Peterskirche ginge auf Arnulf von Metz oder Dagobert Noddilo irgendeinen tatsächlichen Kern enthält – dieser I. zurück. Die Archäologie führt auf dem durch barocke thüringische Große und Grundherr dem Bischof nicht Festungsanlagen gründlich umgestalteten Petersberg Besitz tradiert haben sollte. Wenn das der Fall war, so mit einer durch einen Dorestader Denar Lothars I. datier- dürfte Arnulf – da Metzer Fernbesitz in Thüringen nicht ten Bestattung nur bis in die späte Karolingerzeit zurück bekannt ist – diesen an eine andere geistliche Einrichtung (Johnen 2001, 199 f.). Die Nachrichten über einen frühmit- übergeben haben, die in der Folgezeit in Nottleben prä- telalterlichen Ursprung des Petersklosters hat M. Werner sent war. Das Peter-Pauls-Patrozinium weist auf Erfurt, (1974; vgl. 2003; dagegen Staab 1993; H. Wagner 2001) wo der sechs Kilometer östlich von Nottleben liegende in einer gründlichen Studie als haltlos herausgestellt. Ein Petersberg, nach fast allgemeiner Annahme jene alte Beweis für dessen spätere Entstehung ist die Falsifi zierung Burg – iam olim urbs paganorum rusticorum –, mit der Gründungstradition gleichwohl nicht. Die hier aus- der Bonifatius dem Papst Zacharias die (modern ausge- gebreiteten, freilich schmalen Hinweise, dass schon zur drückt) zentralörtliche Funktion des neu eingerichteten Zeit König Dagoberts I. auf dem Berge eine Peterskirche Bischofssitzes begründete (Epp. Bonif. nr. 50), bis vor stand, der – direkt oder über Arnulf von Metz – Güter etwa zweihundert Jahren Ort eines Petersklosters war, in Noddilos Besitzort Nottleben oder gar eine dortige dessen hochmittelalterliche Basilika noch heute beein- Eigenkirche des vornehmen Mannes übertragen worden druckt (vgl. Gockel 1984 mit weiterer Literatur, zuletzt sind, sollten jedoch nicht übersehen werden.52 M. Werner 2003). Nach den Untersuchungen von G. Graf (1999, 34) bezeugen frühe Petruspatrozinien eine »Funktion im Das Erbe Chrodoalds: Radulfs Herzogtum Spektrum des politischen Machtzentrums«, Peterskirchen fanden »Rückhalt durch die Burg«, im »Radius militäri- Nach dem Tode Chrodoalds und Bertoalds waren die scher Macht«, und waren deshalb als »erstes kirchli- Lande östlich des mittleren Rheins wieder ein Zubehör ches Gebäude im frisch eroberten Heidenland« nicht Au striens. Die Noddilo-Episode und die Karlburger Mis sions- , sondern Gebietskirche. Für eine unter dem Gertrudentradition zeigen, dass diese Landstriche jetzt Ein fl uss des Metzer Bischofs entstandene Kirche könnte dem arnulfi ngisch-pippinidischen Zugriff geöffnet wa- sprechen, dass in Metz zwei Nonnenklöster – das wohl ren. Dies währte solange, wie Dagobert I. lediglich au- in das ausgehende 6. Jh. zurückreichende Kloster St. Glossinde und das ins frühe 7. Jh. datierende Kloster St. Pierre aux Nonnains (Ewig 1960, 220, 236 f.) – wie 52 Auf die schmerzvoll an die Wertlosigkeit der Gründungstradition auch die Coemetarialbasilika (Ewig 1960, 240) ursprüng- des Erfurter Petersklosters gewöhnte landesgeschichtlichen lich das Petruspatrozinium führten. Wenn H. Wagner Forschung mag dies schockierend wie ein Zurückgehen noch (2001, 20, 38) bei einem Versuch, in der im 12. Jh. zu 706 hinter die Auffassungen Nikolaus’ von Siegen 1495 / 96 wir- ken, der in seinem Chronicon ecclesiasticum schrieb: »Aber gefälschten Gründungsurkunde für das Peterskloster mir scheint, daß nicht dieser Dagobert [I.] das Peterskloster Spuren einer echten Vorlage zu entdecken, Hinweise in Erfurt gründete, sondern der jüngere Dagobert, welcher im auf eine Ausstattung des Klosters 711 durch Pippin d. Jahre 700 regierte« (zit. n. Patze 1968, 7). Eine Klostergründung M. herausarbeiten konnte, ist dies gut vereinbar mit der Dagoberts I. wird von mir aber auch nicht diskutiert, wohl Annahme einer durch Arnulf von Metz gegründeten oder aber erscheint in »der ›klassischen‹ Konstellation von Petrus an sich gezogenen und aus seinem Thüringer Besitz aus- und Burg« zuerst eine Peterskirche auf dem Petersberge mög- lich: »Der übliche und erste Schritt war die Etablierung der gestatteten Peterskirche auf dem Petersberg. Statt der neuen Macht; ihr folgte als ein zweiter, daß der begründe- Metzer Kirche wären die leiblichen Erben des hl. Arnulf ten Gebietskirche durch ein hinzugefügtes Kloster die nötige (sicherlich mit Unterbrechungen etwa zur Zeit Radulfs) Ausstrahlungskraft verschafft werden sollte« (Graf 1999, 37). 416 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag strasischer Unterkönig war und grundsätzlich die gleichen einem Feldzug gegen Samo bei der Wogastisburg eine Interessen verfolgte wie die austrasischen Großen. Als Niederlage, die Fredegar (IV c. 68) auf einen Zwiespalt Chlothar II. jedoch im Jahre 629 starb und Dagobert auch zwischen dem König und den Austrasiern zurückführte. Neustrien und Burgund gewann und die Gesamtherrschaft 632 / 633 und 633 / 634 fi elen die Slawen in die ostrhei- übernahm – nur in Aquitanien sollte noch zwei Jahre nischen Gebiete – Toringia (Fredegar IV c. 74), Toringia sein Bruder Charibert regieren –, führte dies nicht zu ei- et relequos pagus (Fredegar IV c. 75) – ein, so dass nem weiteren Anwachsen des austrasischen Einfl usses: Dagobert ihnen zunächst von Metz aus nicht nur mit Wie der so genannte Fredegar (IV c. 58) berichtet, hör- einem Heer de regnum Austrasiorum, sondern (nach den te Dagobert nicht mehr auf den Rat Arnulfs und Pippins Erfahrungen vor der Wogastisburg) auch mit neustrobur- d. Ä. Zuerst gab Arnulf sein Bistum Metz auf und zog sich gundischen Elitetruppen – scaram de electis viris fortis in das Kloster Remiremont zurück, nicht ohne dass – wie de Neuster et Burgundia cum ducebus et grafi onibus – seine Vita (c. 17, 20) berichtet – Dagobert zuvor Arnulfs bis Mainz entgegenzog. Auf Anraten der Neustrier – con- Söhne mit Enthauptung bedroht hatte und unmittelbar silio Neustrasiorum –, die wohl der Fähigkeit oder dem vor seiner Abreise der königliche Speicher in Metz brann- Willen der Austrasier misstrauten, Toringia und die pagi te, nach J. Jarnut (1986, 73 f.) Hinweise darauf, dass dem zu verteidigen, übertrug Dagobert dann diese Aufgabe Rückzug gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Sachsen, denen dafür der jährliche Tribut von fünf- Dagobert und Arnulf vorausgingen; Nachfolger auf dem hundert Rindern erlassen wurde (Fredegar IV c. 749).54 Metzer Bischofsstuhl wurde mit Goericus cognomento Im folgenden Jahr setzte er seinen etwa zweijährigen Abbo (Vita Arnulfi c. 19) wohl ein Agilolfi nger (Jarnut Sohn Sigibert (III.) zum Unterkönig in Metz ein, um den 1986, 35, 74). Im folgenden Jahr verlegte Dagobert von Bischof Kunibert von Köln und dem dux Adalgisel seine Residenz nach Paris und folgte nicht mehr dem geführ ten austrasischen Adel zur Verteidigung des Rat Pippins d. Ä. (Fredegar IV c. 58, c. 60), indem er Reiches gegen die Slawen zu verpfl ichten (Fredegar IV aber den austrasischen Hausmeier mit nach Neustrien c. 75). Als ihm wiederum ein Jahr später 634 / 35 ein zweiter nahm (Fredegar IV c. 61), entmachtete er Pippin. Nach Sohn, Chlodwig (II.) geboren wurde, legte er die künftige Fredegars Bericht bewirkte zelus Austrasiorum adver- Erbteilung fest und ließ sie von den Großen beschwören, sus eodem, der Zorn der Austrasier gegen ihn,53 sogar, dabei sollte – wiederum consilio Neustrasiorum eorumque dass diese bei Dagobert die Tötung Pippins verlang- admonicione und gegen den Willen der Austrasier, die nur ten. Die Parallele zur Ermordung Chrodoalds, die Arnulf terrorem Dagoberti, aus Furcht vor dem König, zustimm- und Pippin bei Dagobert betrieben hatten, ist augenfäl- ten – Chlodwig einst Neustrien, Burgund und den bisher lig: Man wird in den zornigen Austrasiern nicht die von austrasischen Dukat des Dentelinus erhalten, Sigibert aber Bischof Kunibert von Köln und dem dux Adalgisel ge- mit dieser Ausnahme das ganze Austrien und was die- führte arnulfi ngisch-pippinidische Partei sehen dürfen (so sem Reich seit alters zugehörig war, Aoster vero idemque etwa Friese 1979, 21 f.), sondern ihre für Chrodoald und ordine soledato … et quicquid ad regnum Aostrasiorum Bertoald rachedürstenden Gegner. Offenbar verfolgte iam olem pertenerat (Fredegar IV c. 76). Wohl im glei- Dagobert eine Politik des Gleichgewichts zwischen den chen Jahr setzte Dagobert den dux Radulf zum Herzog verschiedenen Adelsgruppen, um deren Einfl üsse zu neu- in Thüringen ein – Radulfus dux, fi lius Chamaro,55 quem tralisieren. Während im austrasischen Norden Kunibert und Adalgisel den Platz Arnulfs und Pippins einnahmen (vgl. H. Müller 1987; Wunder 1991), scheint es in Metz 54 Er war von Chlothar I. angeordnet worden, wahrscheinlich (Bischof Goericus-Abbo), am Mittelrhein und östlich da- schon gelegentlich der Unterwerfung des Thüringerreiches von zu einer Restauration der Partei Chrodoalds gekom- 531 und nicht erst nach der 555 niedergeschlagenen Erhebung (Gregor IV c. 10), denn in etwa dem nächsten Jahr unter- men zu sein, dessen Sohn Fara wir 641 in einem eigenen lag Chlothar bei einer erneuten Empörung der Sachsen, die Herrschaftsbereich zwischen Rhein und Buchonia fi nden den jährlichen Tribut verweigert hatten (Gregor IV c. 14). werden (Fredegar IV c. 87). W. Schlesinger (1975) sieht den Rindertribut als Strafe für Diese machtpolitische Trennung mochte die innere die Rebellion der Sachsen von 555, während die direkt vom Stabilität von Dagoberts Königtum fördern, dass sie der Frankenreich abhängigen Thüringer mit Verwüstung bestraft Verteidigung des Reiches hingegen abträglich war, wurde wurden. Allerdings ist ein auch gleichartiger Zins der Thüringer von jährlich 500 Schweinen – von der hochmittelalterlichen deutlich, als der alleinregierende Merowinger im Osten Chronistik auf Theuderich I. und das Jahr 531 zurückgeführ- zunehmende Schwierigkeiten mit dem ersten Herrscher ter (Ann. Quedlinb., 32; Annalista Saxo a. 1002, a. 1046), der Westslawen, Samo, bekam. Dagobert erlitt 631 auf während bei Thietmar von Merseburg, der als erster dar- über berichtete, die Zuschreibung an Theuderich I. 531 fehlt (Thietmar IV c. 14) – überliefert; er wurde erst 1002 aufgeho- 53 H. Wunder (1991, 46 f.) bezieht in einer kühnen, aber nicht ben, blieb also 633 / 634 erhalten oder wurde den Thüringern sehr überzeugenden Konjektur das adversos eodem nicht erst jetzt auferlegt. auf Pippin, sondern auf Dagobert, und vermutet, dass die 55 Nach A. Friese (1979, 17) wäre fi lius chamaro, der Sohn des Austrasier ihren maior domus zur Ermordung des Königs auf- Kämmerers, des custos palatii thesauros Rado nämlich, zu gefordert hatten. lesen. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 417

Dagobertus Toringia docem instetuit (Fredegar IV c. 77). tus – und bezichtigt ihn der Aufl ehnung gegen den au- Eine Abschrift der Chronik des so genannten Fredegar aus strasischen König Sigibert, dem er jedoch wahrscheinlich dem 15. Jh. berichtet nun über den Erbteilungsvertrag von gar nicht untertan war. 634 / 635 etwas anderes: Chlodwig habe nach Dagoberts Als nach Dagoberts Tod 638 / 639 gemäß der Erb- Tod das Reich der Neustrier, Thüringer, Burgunder und teilungsregelung der vierjährige Chlodwig II. in Neustrien Franken erhalten sollen, wogegen die Austrasier vor- und Burgund (Fredegar IV c. 79), der etwa achtjährige brachten, das Gebiet der Thüringer hätte einstmals zum Sigibert III. in Austrien Teilkönige wurden, kehrte Pippin austrasischen Reich gehört und sollte von diesem nicht d. Ä. als Hausmeier in dieses Teilkönigreich zurück getrennt werden; Dagobert habe aber bestimmt, dass und übernahm gemeinsam mit Kunibert von Köln des- die Thüringer nach seinem Tode zum Reich Chlodwigs sen Leitung, starb allerdings schon 640 (Fredegar IV gehören.56 c. 85). Der Nachfolge seines Sohnes Grimoald in das Da kein Grund ersichtlich ist, weshalb im 15. Jh. Amt stand der Erzieher des kleinen Königs, der baiolos diese Mitteilung erfunden worden sein sollte, wird sie Otto, Sohn des domesticus Uro, entgegen, der noch von auf echte, im ausgehenden Mittelalter noch vorliegende Dagobert eingesetzt war (Fredegar IV c. 86) und wohl Überlieferung zurückgehen. Wenn die Nachricht also den Gründersippen des Klosters Weißenburg angehörte glaubhaft ist, spiegelt sie – wie die Bezeichnung Franci (Ewig 1954, 113, Anm. 116). In dieser Situation versuchten für die Bewohner des Westreiches zeigt – die neustrische Adalgisel und Grimoald, die politische Niederlage von Sicht und Terminologie wieder. Fredegars widersprüchli- 634 / 635 rückgängig zu machen und das ostrheinische che Behauptung, nach der Einsetzung Sigiberts in Metz Gebiet dem Teilreich Sigiberts III. und dem Einfl uss der hätten die Austrasier die Grenzen und das Frankenreich Arnulfi nger59 zurückzugewinnen. gegen die Slawen verteidigt (IV c. 75) – wofür er in den Der von Fredegar (IV c. 87) dem König Sigibert (einem Folgejahren aber keinerlei Feldzüge oder Kämpfe nen- elfjährigen Knaben!) zugeschriebene Feldzug der beiden nen kann –, andererseits hätte Radulf das slawische Heer duces 641 gegen Radulf endete für die Austrasier verhee- vielmals bekämpft, besiegt und verjagt (IV c. 77), könnte rend. Aus Fredegars Angaben geht zunächst hervor, dass dadurch eine Aufl ösung fi nden. Ebenso würde der Disput ihnen einige ostrheinische Stämme folgten – nach dem um die Abtrennung oder Nichtzuordnung der Thüringer Überschreiten des Rheins durch das austrasische Heer ver- erklären, weshalb Fredegar so nachdrücklich schreibt, sammelten sich auch gentes undique de universis regni zu Sigiberts Erbe hätte außer Austrien auch alles gehört, sui pagus ultra Renum. Nicht dazu gehörten der populus was ad regnum Aostrasiorum iam olem pertenerat, um gleichwohl die Teilung ganz dem neustrischen Einfl uss 58 A. Friese (1979, 17 ff., 168 ff.) betrachtet Radulf als Sohn des und die austrasische Zustimmung zu ihr nur terrorem 57 Rado, den Chlothar II., nachdem er die Gesamtherrschaft Dagoberti zuzuschreiben. übernommen hatte, zum Hausmeier in Austrien machte Vor allem fände die Feindschaft des dux Thüringens, (Fredegar IV c. 42; vgl. Ebling 1974, 201) und den Friese mit Radulf, gegen die Häupter der arnulfi ngischen Partei, dem Rado, dem Bruder Bischof Audoen-Dados von Rouen und Kunibert von Köln und den dux Adalgisel, der wohl Schatzmeister Dagoberts I. (Vita Audoini c. 1; Vita Agili c. IV während der zeitweiligen Entmachtung Pippins d. Ä. 19; vgl. Ebling 1974, 201 f.) gleichsetzt. Von daher wäre Radulf Angehöriger einer bedeutenden Adelsgruppe und Bruder Hausmeier war (so Wunder 1991) – Radulfus … contra »einer politischen Persönlichkeit ersten Ranges« in Neustrien Adalgyselum ducem … inimicicias tendens (Fredegar IV gewesen, die als »letzte … dem Aufstieg der Pippiniden noch c. 77) –, eine einleuchtende Erklärung, wenn Radulf nicht wirkungsvollen Widerstand entgegengesetzt hat« (Poulin nur zur Verteidigung der Reichsgrenzen, sondern auch 1978, Sp. 1197; vgl. Ebling 1974, 124 ff.). Dem stehen chrono- als neustrisches Gegengewicht zu den Austrasii einge- logische Schwierigkeiten entgegen, denn ein Bruder Audoen- Dados kann kaum bereits 613 maior domus gewesen sein, setzt worden war.58 Fredegar wirft Radulf zweimal (c. 77, andererseits hätte als dessen Neffe Radulf in äußerst jungen c. 87) wie zuvor Chrodoald »Stolz« vor – superbiae aela- Jahren den thüringischen Dukat übertragen bekommen. Den neustrischen Bezügen Radulfs muss gleichwohl mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, nachdem in der älteren 56 Fredegar IV, 76 Anm.* aus dem Codex Guelferbytanus Gud. Forschung er (Sprandel 1957, 113) wie auch Chrodoald und 139: regnum Neustriorum, Thoringensium, Burgundionum Fara (Sprandel 1957, 44 f.) als die austrasischen Feinde der atque Francorum post mortem suam tenendum disponeret. neustrischen Reichsherrschaft dargestellt wurden. Austri vero econtra dicebant, quod Thoringentium regio, que 59 So verstehe ich auch F.-J. Schmale / W. Störmer (1999, 77 f.): olim fuerat de Austriorum regno, non debere separari a regno »Die Feindschaft mit Fara … und vermutlich ein Anspruch Austriorum. Rex autem has contentiones dirimens, disposuit, der Hausmeier auf Thüringen, der von Radulf zurückge- Thoringenses ad regnum Clodovei post mortem suam perti- wiesen wurde, dürfte zu dem Kriegszug geführt haben«. nere. Bemerkenswert erscheint mir, dass Dagoberts Tod auf Radulfs 57 K. F. Werner (1999, XXII) interpretiert diese Stelle noch wei- Verhältnis zum Merowingerreich wohl eine ähnliche Wirkung tergehend, dass Dagobert damals das ganze ostrheinische hatte wie zuvor Chlothars II. Tod auf dasjenige Samos: Gebiet dem Königreich Sigiberts wegnahm und Alemannien, Vielleicht noch von Chlothar gegen die Awaren installiert, sah Baiern und Thüringen »il exerça son gouvernement d’une Samo sich dem Nachfolger nur durch amicicia, nicht (mehr?) façon directe«. durch servicium (Fredegar IV c. 68) verbunden. 418 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag

Faras und natürlich Radulfs Thüringer.60 Darin spiegelt sich Aus Fredegars Schilderung lässt sich der tiefgehende die nach Dagoberts Tod eingetretene Erbteilung nach den Zwiespalt in ihrem Heer gut rekonstruieren. Offenbar Beschlüssen von 634 / 635 wider, wonach einige der frü- hatte man zwar dem im Namen des austrasischen her Austrien zugehörige gentes diesem Teilreich auch jetzt Königs Sigibert erfolgten Aufgebot allgemein Folge leis- verbunden waren, nicht aber Thüringen. ten müssen, während des Feldzuges scheinen die Gegner Der Agilolfi nger Fara, der nur hier erwähnte Sohn Grimoalds und Adalgisels aber versucht zu haben, den Chrodoalds, war der erste Gegner des austrasischen König in ihre Hand zu bekommen. Nur so lässt sich ver- Heeres nach Überschreiten des Rheins.61 In wilder stehen, dass die beiden nicht etwa am Kampfe teilnah- Schlacht wurde er überwunden und getötet, sein Volk men – das Heer Adalgisels führte der dux der Auvergne (oder Kriegsvolk) wurde, soweit es überlebte, in Gefan- Bobo, wohl ein Verwandter der Arnulfi nger (vgl. Levison gen schaft geschafft, omnem populum uius Fare … cap ti- 1948, 69; anders Nonn 1975) –, sondern sie statt des- ve tate depotant. Ehestens müssen wir mit seiner Depor- sen den König ohne Unterlass nach allen Seiten bewach- tation und Neuansiedlung in Austrien rechnen. Erst nach ten – eum undique sine intermissione custudiunt. Die diesem Sieg waren offensichtlich die austrasischen Gro- Formulierung lässt geradezu an einen Gewahrsam den- ßen und das Heer, et omnes primati exercitus, bereit, ein- ken. Radulf war im Einvernehmen cum aliquibus duce- ander in die Hand zu versprechen, Radulfs Leben nicht zu bus exercitus Sigyberti – was eher Anführer des Heeres schonen. Dann durchquerte das Heer die Buchonia und als duces im Sinne von Herzögen heißen wird, zumal kam nach Thüringen, Buchoniam … transiens, Toringiam sie Radulf zu verstehen gegeben hatten, ihre Truppen properans, bis zur Unstrut. Der populus Faras hat dem- nicht gegen ihn zu führen –, sowie mit den Mainzern, nach zwischen Rhein und Buchonia, der Gegend um Macancinsis, und mit dem domestecus Fredulf, der nach Fulda, gelebt und wird deshalb in der Wetterau (Lindner Fredegar im Kampf (durch wen?) den Tod fand. Der baio- 1982, 56) oder dem Untermaingebiet bei Aschaffenburg los Otto scheint dem ganzen gegen Radulf gerichteten (Friese 1979, 25) gesucht – das Heer der Austrasier dürfte Unternehmen ohnehin ferngeblieben zu sein. im Wesentlichen den gleichen Weg genommen haben Nach der Niederlage der Austrasier, von denen viele wie das Chlothars II. und des jungen Dagobert, wenn Tausend gefallen sein sollen, mussten sie durch Unter- sie vom Mittelrhein her kommend gegen Bertoald gezo- händler mit Radulf einen Vertrag, convenencia, über ihre gen waren (vgl. Schlesinger 1968, 337 f.). Nur stellte sich friedliche Rückkehr »von der Unstrut über den Rhein – ihnen der Gegner nicht an der Wisra entgegen, sondern nicht etwa über die Werra –« (Schlesinger 1975, 39) errichtete auf einem Berg über der Unstrut eine hölzerne aushandeln. Diese Gleichrangigkeit erweist sich auch Befestigung: Radulfus … castrum lignis monitum in quo- dadurch, dass Radulf mit den Slawen und anderen gen- dam montem super Unestrude fl uvio in Toringia const- tes, die benachbart waren, amiciciae befestigte. Frede- ruens. Obwohl zum Leidwesen der lokalgeschichtlichen gar erhebt den bekannten Vorwurf, Radulf habe sich Forschung unbekannt ist, wo sie gelegen hat, handelt danach für den König in Thüringen gehalten, regem se es sich um die exakteste Ortsangabe für Thüringen im in Toringia esse cinsebat, und zwar in Worten Sigiberts 7. Jahrhundert! Dort zog Radulf sein Heer zusammen, Herrschaft nicht abgelehnt – nicht aber: sie in Worten verschanzte sich cum uxorem et liberis, mit Frau und anerkannt! –, ihr aber tatsächlich heftig widerstanden. Kindern, überstand die Belagerung und schlug bei einem Das beschreibt zutreffend einen nur dem Gesamtreich Ausfall die unter sich uneinigen Austrasier vernichtend. (dessen Herrscher Dagobert ihn ernannt hatte), aber nicht dem austrasischen Teilreich zugehörigen Dukat. Wahrscheinlich dem weit entfernten Neustroburgund 60 Die voranstehend zitierte Stelle kann gerade nicht so ver- Chlodwigs II. zugeordnet, beherrschte Radulf ein de standen werden, dass »sich alle Stämme aus dem östlich des facto außerhalb der beiden Teilreiche stehenden »Amts- Rheins unter fränkischer Herrschaft stehenden Gebiet« an 62 dem Heerzug beteiligten (Schwind 1984, 37), sondern nur de herzogtum mit vizeköniglicher Gewalt«. Er ist der erste … regni s u i, die unter dem austrasischen Teilkönig stehen- »starke ›Amtsträger‹ des Königtums« östlich des Rheins, den. der, wie W. Störmer (1972, 37) sagt, »die ›staatliche‹ Ord- 61 Nicht vor dem Ausmarsch, weil er dem austrasischen Heere nung wahren und wegen der weiten Ent fernung der angehörte und sein geheimes Einverständnis mit Radulf auf- Zen tral gewalt im Innern zwar selbständig handeln, nach gedeckt wurde (so Ewig 1954, 118, Anm. 132), sondern nach dem Überschreiten des Rheins und der Vereinigung des au- außen eine Reichstreue ohne große Risiken demonst- strasischen Aufgebotes mit den verbündeten gentes als erstes rieren« konnte. Die seit der zweiten Hälfte des 6. Jh. zu Kriegsziel östlich des Flusses, primo in loco. Im übrigen sei beobachtende Lockerung der austrasisch-thüringischen daran erinnert, dass Fara nicht nur, weil von Austrien unab- hängig und über eigene Truppen verfügend, eine gewichtige politische und militärische Größe darstellte, sondern – wenn 62 So Schmale (1971, 21) über das Herzogtum der Hedene; er aus der Verbindung Chrodoalds mit Chlodosinde stamm- Schimpff (1987a, Anm. 6): »man kann cum grano salis an te – als Enkel Sigiberts I. der Erbe der austroburgundischen Teilkönigreiche ohne Teilkönige denken«; K. F. Werner (1973) Merowinger war und von daher die Legitimation der im stellt dem entstehenden Prinzipat der Hausmeier die »princi- Namen Sigiberts III. ausgeübten Macht gefährden konnte. pautés périphériques« gegenüber. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 419

Bin dungen, die bereits Chrodoald zu einer gegenüber die Führung ihres Volkes anvertraute – und den ersten Austrien weitgehend selbständigen Herrschaft ausge- Namensteil eines weiteren Alammannorum dux im spä- baut hatte, erreichte mit Radulf ihren Höhepunkt, sie war ten 6. Jh., Leudefred (Fredegar IV c. 8), und den zweiten jedoch – und das unterscheidet die Thüringer namentlich Namenteil des dux Willihar, der Anfang des 8. Jh. (Ann. von den angrenzenden Sachsen – nicht auf eine Lösung Amandi a. 709–712, Ann. Tiliani a. 712, Ann. Petaviani der fränkisch-thüringischen Bindungen gerichtet. a. 709, a. 710, a. 712) in der Ortenau herrschte (Passio Da Radulf diese autonome Stellung im Merowin- Desiderii c. 3) und gewiss Agilolfi nger war. Auch Leuthar gerreich errungen und mit den Nachbarn im Osten, müssen wir demnach der an sich den austrasischen gegen die er bekanntlich zuvor auch militärisch erfolg- Machthabern feindlichen Gruppe von ostrheinischen reich gewesen war, dauerhafte amiciciae herzustellen Herzögen zurechnen. Die Tötung Ottos war gewiss keine vermocht hatte und er zudem Frau und Kinder besaß, »Metzer Hofi ntrige« und die Tat eines »mit dem gesam- waren alle Voraussetzungen für die Bildung einer ten Hofl eben vertraut« gewesenen Gefolgsmannes (so Herzogsdynastie in Thüringen gegeben. Ob und wie das aber Behr 1975, 161). Vielmehr wird sich Otto, der mit geschah, wie seine oder seines Geschlechtes Herrschaft der Volljährigkeit des vierzehnjährig werdenden Sigibert endete, wie weit sie nach Süden reichte und ob sie im seine bisherige Stellung – nämlich der Erzieher des min- Westen über das Land zwischen Fulda und Werra hin- derjährigen Königs zu sein – in Austrien einbüßte, wäh- ausging, das alles bleibt im Dunkeln. Der für die ganze rend der Auseinandersetzungen mit Grimoald über den jüngere Merowingerzeit im Thüringer Becken festge- Rhein zurückgezogen und bei den ihm politisch verbun- stellte Landesausbau und Siedlungsumbau (Verdorfung, denen gentes Unterstützung gesucht haben. Leuthar Verhufung, Vergetreidung) ging mit der Herausbildung dürfte sich aber facionem Grimoaldo und vielleicht von Grundherrschaften zusammen (Schimpff 1987b). Bis auch wegen eigener Rivalität im Elsaß gegen ihn gestellt in den Raum um Magdeburg ist eine dort nur zeitwei- und mit seinen stärkeren alemannischen Truppen Ottos lig erfolgreiche Christianisierung erkennbar (vgl. Böhner Anhang geschlagen haben. 1976 / 77), für das 7. Jh. lassen sich Kirchen im Thüringer Becken erschließen (Schimpff 1987b, 64 ff.). Die ruhige Herrschaft Radulfs nach 641 wird dieser kulturellen Die Erben Chrodoalds: Die Hedene Entwicklung in seinem Dukat förderlich gewesen sein. Aber auch dem Aufstieg des Pippiniden Grimoald Wenn es Grimoald vermochte, den Alemannen Leuthar schadete die Niederlage an der Unstrut nicht, denn nach- dazu zu veranlassen, dürfte auch dessen »fatale Lage« dem der dux Alamannorum Leuthar 643 Otto getötet (Friese 1979, 25) im Norden Alemanniens nach der hatte, wurde Grimoald maior domus Sigiberts III. und, Niederlage Faras und der Deportation seines populus wie Fredegar (IV c. 88) triumphierend schreibt, omnem mitgewirkt haben. Zumindest im Untermaingebiet und regnum Austrasiorum in mano Grimoaldo confi rma- in der Wetterau fehlte ein bisheriger Verbündeter.64 tum est vehementer. Thüringen gehörte jetzt wie spä- Und spätestens zu dieser Zeit, wie noch zu zeigen ist, ter63 nicht zum regnum Austrasiorum (anders Mordek kann in Mainfranken mit dem Würzburger Dukat der 1994, 351). Aus Fredegars Aussage, dass der baiolos Hedene gerechnet werden.65 Die Auffassung, diese Otto zuvor adversus Grimoaldo inimicias per superbia Herzöge stammten von dem thüringischen dux Radulf ab (!) tomebat, sind vorangegangene Kämpfe zu erschlie- (K. F. Werner 1973, 497, Anm. 28; Friese 1979, 36 ff., 169; ßen, aus der Tötung durch Leuthar aber wohl auch, dass diese Tat östlich des Rheins in Alemannien statt- fand. Denn Leuthar wird nicht nur als dux Alamannorum 64 Wenn die Wetterau ein gutes Jahrhundert später »eindeu- tig Domäne der Robertiner« (Ewig 1965, 49), der Lorscher bezeichnet, sondern trägt auch den Namen eines dux Gründerfamilie, war, sollten die Beziehungen nicht übersehen Francorum (Paulus Diaconus II c. 2) des 6. Jh. – dieser werden, die von ihrem Leitnamen Robert zu dem gleichna- Leuthar war nach Agathias (I c. 6) τò γε΄νος Αλαμανω΄, ein migen fränkischen Heerführer der Alemannen 631 Chrodobert gebürtiger Alemanne, der bei den Franken so großen (Fredegar IV c. 68), zu Chrodoald und zu dem Ahnen der Einfl uss besaß, dass Theudebert I. ihm und seinem Bruder hedenischen Herzöge, Hruodi, führen, zumal auch der Mitstifter von Lorsch Thurincbert (CL nr. 10) den Namen des Sohnes Hedens d. J., Thuring (s. Anm. 65), aufgreift und das Zweitglied -bert bei den Hedenen mit Gozbert vertreten ist. 63 Als gegen Ende der Herrschaft Karl Martells dieser königsartig Vgl. dazu auch Wenskus 1976, 163 f., 485. sein Erbe zwischen Karlmann und Pippin d. J. teilte, wurden als 65 Für das Verständnis des Folgenden ist die Kenntnis der in regna des Frankenreiches neben den klassischen Teilreichen der Passio Kiliani minor (c. 3) gegebenen Genealogie der Auster, Burgund und Neuster auch Alamannia, Toringia und Würzburger Herzöge wichtig: … ad castellum, quod nomina- die Provence genannt (Cont. Fredegarii c. 23), Thüringen tur Wirziburc … regnante ibi eodem tempore quodam duce blieb also weiterhin von Austrien getrennt. Das agilolfi ngi- nomine Gozberto, fi lio Hetanis senioris, qui fuit fi lius Hruodi. sche Baiern dagegen gehörte wie Aquitanien zweifellos zum Gozbert hatte Geilana, die Witwe seines Bruders, geheiratet Frankenreich, aber nicht zum Herrschaftsgebiet des princeps (c. 8, c. 10), der nach der Passio Kiliani maior (Passion Kiliani Francorum. minor, 724, Anm. 3) vor ihm regierte. Die Bezeichnung des 420 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag weitere Literatur bei Lindner 1972, 59, Anm. 88),66 sieht geschaffen hatte, von Austrien aus in Würzburg einge- im Namen Hroudi eine Kurzform von Radulf und iden- setzt worden sei. Für W. Störmer wurde hingegen die tifi ziert den Ahnen der Hedene mit dem dux Toringiae. Würzburger Herzogsdynastie unter Dagobert eingesetzt, Doch das ist sprachlich nicht möglich (Schlesinger 1968, da er den als Vater Hedens d. Ä. angegebenen Hroudi 337; Lindner 1972, 59, mit Anm. 89–91; vgl. Springer (Passio Kiliani minor c. 3) mit dem dux Chrodobert zu 2003, 64; weitere Diskussion H. Wagner 1999, 20 f.). identifi zieren vorschlägt, der beim Feldzug gegen Samo Ein Teil der Forscher nimmt an, dass der hedeni- 631 den – im Gegensatz zu den Austrasiern erfolgrei- sche Dukat um Würzburg vom maior domus Grimoald chen – Alamannorum exercitus führte (Fredegar IV c. nach 641 zur Einhegung Radulfs errichtet, ja diesem 68) und daher gut 635 neben Radulf mit einem Dukat im »entrissen« wurde (Sprandel 1978, 11 f.; Mordek 1994, Osten des Reiches betraut worden sein könnte (Störmer 351; Scheibelreiter 1999, 108), viele sehen darin zumin- 1993, 18; Schmale / Störmer 1997, 85). W. Störmer ver- dest eine Möglichkeit neben der Einsetzung noch durch weist darauf, dass der Name Chrodobert unter den ale- Dagobert I.67 Die Auffassung von H. Mordek hängt auch mannischen Herzögen ganz ungewöhnlich, aber Hruodi damit zusammen, dass nach seinen Forschungen der eine Kurzform davon ist und Hruodis Enkel Gozbert (Passio Würzburger dux Heden d. Ä. mit dem in einer illustrierten Kiliani minor c. 3) den gleichen Namenteil -bert trug. Handschrift der Lex Ribuaria als Gesetzgeber genannten Der Würzburger Dukat der Hedene ist in der Forschung Eddanan (Mordek 1994, 357, Abb.) identifi ziert werden aber auch in die Zeit schon vor Dagobert I. und damit in kann, der, nachdem er unter dem Hausmeier Grimoald den in dieser Arbeit interessierenden Zeitraum gerückt dieses Gesetzbuch des austrasischen Frankenreiches worden. E. Ewig (1988, 131) hat auf einen früheren Heden

hier genannten Heden als senior weist darauf hin, dass nach Für diese Herzogsreihe gibt es nur wenige zeitliche Fixpunkte: Gozbert noch ein weiterer Heden, Gozberts Sohn, herrschte Nach der Passio Kiliani minor (c. 5) hätten Kilian und seine (Passio Kiliani minor c. 14); dieser dux Heden schenkte 704 Gefährten in Rom nicht wie erwartet Papst Johannes, sondern Güter in Arnstadt, Mühlberg und Monra in Thüringen und Papst Conon angetroffen, nach der Passio Kiliani maior (Passio 716 / 717 Erbgut im unterfränkischen Hammelburg an den Kiliani minor, 724 Anm. 3) hätten sie bei der Rückkehr nach Erzbischof Willibrord (UB Echternach nr. 8, nr. 26), wobei Würzburg aber auch nicht mehr den dux, den sie dort zurück- wir auch von seiner Frau Theodrada und seinem Sohn gelassen hatten, sondern einen anderen namens Gozbert vor- Thuring / Tiring erfahren. In der Vita Burchardi posterior (II gefunden. Gozbert muss also etwa gleichzeitig mit dem 686 c. 4) wird als Tochter Hedens und Enkelin Gozberts Immina eingetretenen Wechsel von Johannes V. zu Conon seinem genannt, die das von ihrem Vater auf dem Würzburger Bruder in der Herrschaft gefolgt sein (H. Wagner 1999, 22). Marienberg gegründete Kloster, ihre paterna hereditas, gegen Heden d. J. ist durch seine Urkunden von 704 und 716 / 717 Kloster Karlburg tauschte, nachdem sie das Marienkloster datiert; Bonifatius scheint ihn 719 nicht mehr angetroffen zu schon 41 Jahre geleitet hatte. Willibald erwähnt in seiner Vita haben, zu 723 wird die Herrschaft der Herzöge von Willibald als des hl. Bonifatius an einer etwas dunklen Stelle (c. 6) die duces bereits zurückliegend beschrieben. Dass Heden bis gegen 740 Theotbald und Heden, deren offenbar als gemeinsam oder noch gelebt haben soll (Friese 1979, 42), ist äußerst unwahr- zumindest zeitgleich verstandener primatus in Thüringen bei scheinlich. Der die Heden-Urkunde von 704 bezeugende Bonifatius Eintreffen schon einige Jahre zurückgelegen haben Sohn Thuring muss volljährig gewesen, also spätestens um muss; einen dux Theobald erwähnte auch die Weiheinschrift 690 geboren sein. Daraus ergibt sich für seinen Vater Heden der Dionysiuskirche in Nilkheim bei Aschaffenburg (dort 32 d. J. ein Geburtsjahr vor der Mitte der 70er-Jahre und vor der Anm. 4; Poetae VI / 1, 160) für die Zeit Bischof Rigiberts von Heirat seines Vaters Gozbert mit der Witwe Geilana seines ca. Mainz. Dass die hl. Bilihild (zuletzt Weidemann 1994) mit 686 verstorbenen Bruders (vgl. H. Wagner 1999, 24); in dem einem der duces Heden verheiratet und alsbald verwitwet war obigen Stemma ist daher auch eine erste Ehe Gozberts ein- und einen früh gestorbenen Sohn hatte, sei, da die Zuordnung getragen, dessen Sohn Heden 716 / 717 res quas pater meus zu Heden d. Ä. (Mordek 1994) oder Heden d. J. (H. Wagner et mater michi dereliquerunt in Hammelburg verschenkte. 1999) offen ist, nur am Rande erwähnt und in der folgenden Ein ungefähres Datum lässt sich für die Klostergründung Übersicht nur tentativ mit berücksichtigt: auf dem Würzburger Marienberg erschließen: Wenn wir die Ausstattung des Bistums Würzburg u. a. mit dem Kloster Karlburg bald nach der Gründung 741 / 742 annehmen und der Tausch mit Immina sofort vorgenommen worden ist, könnte Heden d. J. das Kloster 701 gegründet haben, spätestens aber – da Burkard von Würzburg 753 / 754 starb – im Jahre 712. 66 Dazu R. Butzen (1987), der eine Eroberung des Mainlandes durch Radulf nach 641 annimmt, aber sich nicht auf die Identifi zierung Radulf-Hroudi stützt. 67 Wenn nach W. Störmer (1993, 15; Schmale / Störmer 1997, 85 f.) von König Dagobert »die Durchgangslandschaft des mitt- leren Mainlandes … dem widerspenstigen thüringischen dux entrissen wurde«, setzt dies eine Opposition des von ihm so- eben ernannten dux Radulf auch gegen den Gesamtherrscher Dagobert voraus; darauf gibt es jedoch keinerlei Hinweise. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 421 hingewiesen, der »auch den Würzburger Dukat verwal- tet haben kann«: Der dux Chedin68 führte 590 eine frän- kische Heeresgruppe gegen die Langobarden (Gregor X c. 3; Epp. Austr. nr. 40). Wie H. Mordek (1994, 362) bemerkt, führte Chedin die östliche von zwei Gruppen bis Verona, Audowald die westliche vor Mailand; da Audowalds Truppen aber aus der Champagne kamen und über Metz gezogen waren, könnte Chedin in einer östlich gelegenen Gegend amtiert haben. Mordek überlegt, ob dieser Namensträger der Großvater Hedens d. Ä. war, so wie dieser der Großvater Hedens d. J. gewesen ist. In das erste Viertel des 7. Jh. kommen wir aber auch Der Mainz gegenüberliegende, bis 641 von Fara mit der folgenden Überlegung: Der von der Passio Kiliani beherrschte Bezirk ist mit dem Mittelmaingebiet Hruodis minor als erster in der Vater-Sohn-Folge für das main- zwar durch den schiffbaren Fluss verbunden, es handelte ländisch-thüringische Herzogshaus genannte Hruodi sich jedoch – wie ein Blick auf die Fundkarte mit jüngerme- trägt einen Kurznamen des Wortstammes (Ch)rōd-. rowingerzeitlichen Gräberfeldern zeigt (z. B. Koch / Koch Mit dem Bestimmungswort (Ch)rōd- ist aber auch der 1996, Abb. 202) – um stricte getrennte Siedlungsgebiete, Name eben des Mannes gebildet, den in dieser Zeit als die durch Spessart und Odenwald voneinander geschie- dux oder in vergleichbarer Stellung Herrschaft bei den den wurden; dagegen stand der Würzburger Raum in gentes in den provinciae oder pagi östlich des mittle- einem räumlichen Kontinuum mit den Landschaften ren Rheins ausübte, Chrodoald ex procerebus de gente an Tauber, Kocher und unterem Neckar und lag damit nobile Ayglolfi ngam. Er ist – neben dem ihm wohl ver- Speyer und Worms gegenüber. Dort fi nden wir, wie wandten dux Saxonorum Bertoald und dem nicht in ver- H. Büttner (1958, 13) und E. Ewig (1975, 6 ff.) nachge- gleichbarer Stellung auftretenden vornehmen Thüringer wiesen haben, zur Zeit Childerichs II. (662–675) einen Noddilo – der einzige Große, den wir in dieser Zeit hier Chrodoald (!) als Bischof oder Chorbischof von Worms, namhaft machen können. Der Zusammenhang zwi- der die Kirche in Wimpfen am Neckar gründete.69 Etwa schen Hruodi und Chrodoald ist damit offenkundig – gleichzeitig begegnen der Leitname der Hedene und das gesehen hat ihn in der jüngeren, anscheinend zu sehr Zweitglied von Chrodoald zusammen in dem Namen auf Radulf oder Chrodobert fi xierten Forschung nur G. des vir illuster Chedenoald (vgl. Ebling 1974, 106 f.), der Scheibelreiter (1999, 108). Da Hruodi vermutlich einer 664 zu den Gönnern des hl. Amandus gehörte (dessen Generation nach Chrodoald angehörte, wird er zwar mit Kloster Elnone / St.-Amand-les-Eaux wiederum einen pra- ihm nicht identisch sein, aber seinen Namen von ihm her- epositus Chrodobald hatte: Vita Amandi I c. 25) und uns geleitet haben. Offen bleibt, ob Hruodi einen Vollnamen in den Kreis um den Hausmeier Wulfoald, den letzten mit dem Erstglied (Ch)rōd- getragen hat oder vielleicht austrasischen Rivalen der Pippiniden, und damit weit einen anderen Vollnamen und als Zweitnamen den (auf über den Gegenstand dieser Bemerkungen hinausführt. Chrodoald bezogenen) Kurznamen, wie es im frühen In Thüringen verdichtet der von Willibald (c. 6) Mittelalter nicht unüblich war (Adalgisel-Grimo, Goerich- neben Heden als dux bezeugte Theotbald mit einem Abbo, Audoen-Dado, Agilulf-Ago usw.). Immerhin ist weiteren -wald-Namen die agilolfi ngisch-hedenischen auch Chrodoalds sicher bezeugter Sohn Fara Träger eines Beziehungen (Schimpff 1987a, 82, Anm. 20), zudem ist Kurznamens. der Namensteil Theod- bei den bairischen Agilolfi ngern Die Hypothese ist plausibel, dass Chrodoald außer mit Theodoalt, Theotpert und zweimal Theodo vertre- Fara auch Hruodi zum Sohn gehabt hat. Das Erbe des ten (vgl. Jarnut 1986, 117 f.), bei den alemannischen 624 / 625 erschlagenen Agilolfi ngers hätte dann im Agilolfi ngern mit Theudobald (Cont. Fredegarii c. 27). Untermaingebiet und der Wetterau Fara angetreten, wäh- Theotbalds Verhältnis zu den Hedenen bleibt allerdings rend Hruodi die Herrschaft in den mittleren Mainlanden an die hedenischen duces in Würzburg weitergab. Er kann, was bezweifelt worden ist (Schlesinger 1941, 43), 69 Wenig nördlich von Wimpfen begegnen die nach Hedenen genannten Orte Hettingen (Hettinchem) und Hettingbeuern entsprechend der Aussage der Passio Kiliani minor tat- (Störmer 1993, 18, Anm. 37), wo in der Nähe in Dallau noch sächlich der Vater Hedens d. Ä. gewesen sein, vielleicht 783 ein comes Ruodi (!) einen Bifang schenkte (CL nr. 2811), aber auch nur kognatischer Vorfahr oder – obwohl die und am unteren Neckar Heddesheim (Hetenesheim) (Wagner Passio gerade ihn nicht als dux bezeichnet – nur der 1999, 47, mit Anm. 200). R. Wenskus (1976, 113 f., 163 f.) hat die Amtsvorgänger Hedens d. Ä. hedenische Tradition in diesem Raum und ihre Beziehungen zu den Robertinern (vgl. Anm. 64) mit weiteren besitzge- schichtlich-genealogischen Argumenten untersetzt, H. Wag- ner (1999, 42 ff.) auch unter Heranziehen bisher ungenutzter 68 Zur Schreibweise Ethenus in Epp. Austr. nr. 40 vgl. die Korrektur Quellen den fränkischen Besitz der Hedene zu rekonstruieren von Krusch / Levison in: Gregor (485, Anm. 2). unternommen. 422 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag ebenso unklar,70 wie seine Beziehung zu dem in der beseitigten Sohnes Fara hinaus hat der Agilolfi nger Nilkheimer Inschrift erwähnten dux Theobald nebelhaft. Chrodoald die politische Landschaft geprägt. Zwar kam Unter Umständen gab es im frühen 8. Jh. einen baieri- es angesichts der dreimaligen Vernichtung – Chrodoald, schen (Vita Corbiniani c. 24), einen alemannischen, einen Bertoald, Fara – nicht zu einer Institutionalisierung eines thüringischen und einen untermainischen dux Theotbald agilolfi ngischen Herzogtums in diesem Raum, wie wir und zudem noch einen gleichnamigen Enkel Pippins d. es bei den Baiern fi nden. Dennoch ist das Bild eines M., der 714–715 neustrischer Hausmeier war.71 Es spricht nicht nur Langobardenreich und Baiern, sondern auch entgegen der verbreiteten Meinung nicht viel dafür, dass Alemannien, Thüringen und Sachsen einbegreifenden von diesen fünf zeitgenössischen Großen ausgerechnet agilolfi ngischen Gebietsstreifens atemberaubend. Das der thüringische mit dem Nilkheimer Theo(t)bald iden- sozusagen politische Testament Chrodoalds wurde von tisch ist (vgl. Mordek 1994, 350; Spies 1997, 150 ff.): Für Radulf vollstreckt, dessen Dukat zugleich den staatlichen Willibald war – anders als bei den merowingerzeitlichen Rahmen für die »reichsfränkische« Kultur Thüringens Chronisten – Thüringen kein große Teile des ostrheinischen bildete. Wann und wie die Hedene in den radulfschen Raumes umfassender Begriff, sondern ein von Hessen und Dukat kamen, ist unbekannt, aber auch sie standen Ostfranken unterscheidbares Land,72 daher wäre schwer agnatisch oder kognatisch im agilolfi ngischen Kontext. vorstellbar, dass er einen in Aschaffenburg oder auf Selbst nach Ende des hedenischen Herzogtums fi ndet dem Glauberg bei Büdingen residierenden Machthaber sich unter den Grundherren in Thüringen eine große (Schlesinger 1968, 314) erst und ausschließlich zur agilolfi ngisch-alaholfi ngische Adelsgruppe, auf die sich Erklärung der Zustände in Thüringen erwähnt hat. Bonifatius stützte und die dann als Tradenten an die Weit über seine eigene Herrschaft östlich des Klöster Fulda und Hersfeld in Erscheinung trat; aus ihnen Rheins – wohl schon zur Zeit der austroburgundischen gingen die späteren Käfernburg-Schwarzburger und Merowinger vor 613 und bis kurz vor seiner Ermordung wohl auch die Ekkehardinger hervor. Allerdings standen 624 / 625 – und auch über die Herrschaft seines 641 die Hedene – Heden d. Ä. war mutmaßlich mit dem ripua- rischen Gesetzgeber Eddanan identisch (Mordek 1994), Heden d. J. verband sich für den Aufbau einer thürin- 70 W. Störmer (1972, 36) vermutet einen Sohn oder (1993, 17 f.) gisch-mainfränkischen Kirchenorganisation mit dem Karl einen Schwager Hedens d. J. Es wäre m. E. jedoch übereilt, sich Martell nahestehenden Erzbischof Willibrord (Angenendt auf eine der denkbaren Zuordnungen festzulegen – Theotbald 2000) – und die karolingerzeitlichen Agilolfi nger in könnte z. B. Nachkomme jeder Person (außer der letzten Thüringen nicht mehr in antipippinidischer / antikarolin- Generation) in dem obenstehenden Stemma sein, ohne dass gischer Opposition wie Chrodoald, Bertoald, Fara und eine Einfügung entsprechender Punktlinien erkenntnisför- dernd erschiene. Radulf (anders Friese 1979). 71 Bei den Pippiniden, wo zwei Hausmeier den Agilolfi ngernamen Grimoald trugen, gehörte Theudoald wohl auch zum eige- nen Namenvorrat; nach Wenskus (1976, 422) über die Gentile Grundlagen? Verwandtschaft des Bischofs Modoald von Trier mit Pippins d. Ä. Frau Itta / Iduberga vermittelt. Im merowingischen Königs- Eine so weit über das frühe 7. Jh. hinausreichende haus kommt der Name im 6. Jh. vor, jedoch nur im agilolfi n- gischen Zusammenhang, wie J. Jarnut (1986, 28 ff.) nachwei- Wirkung der fränkischen Organisation Thüringens, die mit sen konnte: Deoteria, die Mutter des 548–555 regierenden Namen wie Chrodoald und Bertoald verbunden werden Königs Theudewald von Reims (Gregor III c. 22–27, c. 37, IV kann, wirft die Frage auf, ob wir es hier mit noch älteren c. 9), war danach Agilolfi ngerin und Tante Bischof Agiulfs von Zuständen zu tun haben. Sind die Agilolfi nger als fränki- Metz. Jarnuts (1986, 39) relativierende Bedenken, den Namen sche Amtsträger zu den gentes ultra Renum gekommen, an »das für die fränkisch-bayerischen Agilolfi nger typische so wie der dux Garibald Mitte des 6. Jh. über die Baiern Grundwort« -wald anzuschließen, da schon der 524 gestor- bene König Chlodomer von Orleans seine Söhne Theudoald, gesetzt wurde (vgl. Störmer 2002, 56 ff.)? Wie verträgt Gunthar und Chlodovald genannt hatte (Gregor III c. 6), kön- sich das mit W. Schlesingers (1975, 33 f.) wohlbegrün- nen entkräftet werden, da ihre Mutter Guntheuca, wie an deter Feststellung, »daß die Abhängigkeit der ostrhei- anderer Stelle auszuführen sein wird, wohl die Tochter eines nischen gentes vom Merowingerreich im wesentlichen Agilolfi ngers und einer Enkelin (eher denn als Tochter) des bur- darauf beruhte, daß die Spitze des gentilen Verbandes gundischen Königs Gundioc war. Noch in der Karolingerzeit schenkte ein diesem Burgunderkönig gleichnamiger Gundewic diese Abhängigkeit anerkannte, vom merowingischen im thüringischen Greußen (TAF c. 34) und Nebra (TAF c. 38 Königtum autorisiert wurde und im Konfl iktfalle beseitigt nr. 291), Besitzzentren der thüringischen Agilolfi nger (vgl. oder ersetzt werden konnte«, was zum ersten Mal bei der Schimpff 1987a, 82, Anm. 20; 2007, im Druck, Anm. 18), an Tötung des zunächst belassenen thüringischen Königs das Kloster Fulda. Hermenefred (Gregor III c. 8) geschah? Wurden die gen- 72 Willibald c. 6: zuerst ging Bonifatius ad … Hessorum moetas, tes von Herren geführt, die – um die Lex Baiuwariorum dann ad Tyringeam; alii quidem in provincia Hessorum, alii etiam in Thyringia; c. 7: in Hassis et in Thyringia; c. 8: Burchard (tit.II / 1, tit.III / 1 und noch einmal tit.II / 1). zu paraphrasie- und Willibald Bischöfe in intimis orientalium Franchorum par- ren – ihnen die Merowinger vorgesetzt hatten, quem tibus et Baguariorum terminis. rex ordinavit in provincia illa, die sie ihnen zugestanden V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 423 hatten, quia sic reges ... concesserunt eis, oder die aus Alboin waren ex genere gausus, Rothari und Rodoald ex eigenem gentilen Recht herrschten, populus sibi elegerit genere harodos, also Gauten und Haruden.75 Dass auch ducem? im fränkischen Reichsadel solche Herkunftstraditionen Eine merkwürdige Bezeichnung für den langobar- als Teil des adeligen Selbstverständnisses wachgehalten dischen König Agilulf vermag vielleicht zur Klärung die- wurden, hat die vom Standpunkt der reichsfränkischen ser Frage beizutragen. Agilulf kam durch die Ehe mit Zentralgewalten schreibende Chronistik zwar verdun- Theodelinde, der Witwe seines Vorgängers Authari und kelt, es fand aber manchmal doch – wie die vielfache Tochter des baierischen dux Garibald und der lethingi- Herausstellung senatorischer Abkunft bei Gregor von schen Langobardenprinzessin Walderade, auf den Thron. Tours oder das Beispiel des patricius Aletheus, der regio Agilolfi ngerin war also seine Frau, während er aus der genere de Burgundionibus war, und die Herzogsliste im gens Anawas kam. Die Königsliste im Prolog des Edictus Baskenfeldzug Dagoberts 636 / 637 bei Fredegar (IV c. 44, Rothari nennt ihn Agilulf thuringus ex genere anauuas, 78) zeigen – den Weg in die Quellen. die Origo (c. 6) Acquo dux Turingus de Thaurinis, die Unter dem Gesichtspunkt altthüringischer Beziehun- Historia Langob. cod. Gothani (c. 6) in entstellter Über- gen des Geschlechtes, dem Chrodoald, Bertoald, Fara lieferung Agilwald dux Turigorum de Taurini – Agilulf,73 und offenbar auch die Hedene angehörten, wird ihre der Thüringer vom Geschlecht Anawas bzw. der Thüringer starke Stellung bei den ostrheinischen gentes verständ- dux von Turin. Nur Paulus Diaconus (III c. 3) bezeichnet licher. Sie waren nur bedingt von der sie einsetzenden ihn lediglich als ducem Taurinatium, Turiner Herzog. Die fränkischen Reichsgewalt abhängig, sondern bezogen Zuschreibung thuringus in den Königskatalogen ist schwer in ihre Herrschaft eine eigenständige gentile Grundlage zu deuten.74 An eine ursprüngliche gentile Verbindung der ein.76 Altthüringische Beziehungen scheinen selbst noch Familie König Agilulfs mit Thüringen kann jedenfalls schon in der letzten Generation der Hedene aufzutreten, wenn deswegen gedacht werden, weil thüringische Elemente Heden d. J. seinen Sohn Thuring,77 seine Tochter aber bei den Langobarden in Pannonien auch archäologisch Immina, die Lallform des Namens Irmina, Ermena (vgl. nachweisbar sind (vgl. Friesinger / Adler 1979, 40 f.; Bóna Kaufmann 1965, 92, 139 f.), nannte – eine Refl ektion auf 1980, 395). Zudem waren – nach einem einprägsamen den letzten König des Thüringerreiches Hermenefred. Wort von J. Jarnut (zit. bei Kälble 2006) – sieben von zehn der zwischen dem Regierungsantritt König Wachos (um 510) und dem Tod Rotharis (652) herrschenden reges der Langobarden »Voll-, Halb- oder Viertelthüringer oder 75 Prolog des Edictus Rothari; gausus auch Historia Langob. wenigstens mit einer Thüringerin verheiratet gewesen«. cod. Gothani c. 5; arodus auch Origo c. 6; vgl. N. Wagner 1978, 43. Nun ist Agilulf aber der einzige Langobardenherrscher, 76 Auch auf Radulf kann dies zugetroffen haben, wie ein Hinweis der das Eponym des Geschlechtsnamens trug. Diese von R. Wenskus (in der Diskussion zu Büttner 1965, 60 f., Namenwahl kann eigentlich nur als Berufung auf das mit Widerspruch von W. Schlesinger) wahrscheinlich macht: Geschlecht der Agilolfi nger verstanden werden. Daher »Aber hierbei ist doch folgendes zu bedenken: alle thüringi- ist die Möglichkeit, dass nicht nur König Agilulf, son- schen Namen, die hier auftauchen, haben doch eine merk- dern auch die gens nobilis Ayglolfi nga eine thüringische würdige Verwandtschaft. Man denke an die Hlg. Radegunde, an Radegis, den Prokop erwähnt[,] und jetzt an Radulf, an Komponente hatte, nicht auszuschließen. Schließlich war Hartrad, der später gegen Karl d. Gr. opponiert, und schließ- der von J. Jarnut (1986, 36–40) aufgezeigte Spitzenahn lich gibt es noch im 9. Jhdt. einen comes Radulf in Thüringen. des Agilolfi ngerhauses, der kurzzeitige gotische Sueben- Zu fragen bleibt, ob hier nicht eine einheimische thüringische könig Agiulf (456 / 457), nach Jordanes (Getica XLIV 232) Familie mitbeteiligt ist.« Zum Zusammenhang dieser Namen warnischer Abstammung, Varnorum stirpe genitus. vgl. auch N. Wagner 1981, 266 f. 77 Den Namen Thurings bewahrt vielleicht der Ort Thüringen- Die Überlieferung der stammesmäßigen Herkunft fi n- hausen östlich Schlotheim (Durinchusen TAF c. 38 nr. 141 a. den wir nicht nur bei dem thuringus ex genere anauuas 802–817; Thuringehouen TAF c. 38 nr. 180 a. 822–826), dort Agilulf, auch die langobardischen Könige Audoin und und im benachbarten Bessingen (Bezzinga TAF c. 38 nr. 141; in septentrionali Bezzinge = Abtsbessingen TAF c. 38 nr. 180) schenkten Adelher und seine Frau Rathburc an Fulda. In 73 Ago nennen ihn auch Fredegar IV c. 13, c. 31, c. 34, c. 45, Bessingen tradierten außerdem Walther und seine Frau Rapurc c. 49 und mit Doppelnamen Agilulf qui et Ago dictus Paulus (Bezzingen TAF c. 38 nr. 157 a. 802–817) und ein Rudewic Diaconus IV c. 1. (Bezingin TAF c. 38 nr. 222 a. 822–842). Adelher und Walther 74 Während A. Friese (1979, 163 ff.; teilweise im Anschluss an sind durch ihre Namen, Walther auch durch weiteren Besitz Eckhardt 1965) in Agilolf den ersten um 575 von Brunichildis in Wangenheim (TAF c. 8 nr. 29a; c. 34) und Schwerstedt (TAF in Thüringen eingesetzten dux und Vater Chrodoalds ver- c. 38 nr. 226 a. 822–842) als Angehörige der bereits mehrfach mutet, möchte F. Sielaff (2001, 99) als genealogischen angesprochenen agilolfi ngisch-alaholfi ngischen Adelsgruppe Hintergrund Garibalds an das thüringische Königshaus den- in Thüringen erkennbar, zu der auch die Namengeber der ken und N. Wagner (1978, 46 f.) über die Anawas »von alt- Thüringenhausen benachbarten Orte Bliederstedt und thüringischer Abkunft« hinaus auch die Agilolfi nger und die Otterstedt (Walther 1971, 275, 281 zu Blīdheri und Ōdheri), wo Geschlechter der Gausen und Haruden als aus dem thüringi- wiederum Burgwälle nahe frühmittelalterlichen Gräbern auf schen Stammesverband kommend ansehen. frühe Herrschaftsmittelpunkte deuten (vgl. Schimpff 1987b, 424 Terra praehistorica | Festschrift für Klaus-Dieter Jäger zum 70. Geburtstag

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Berlin. auch ein Hruadvvig u. a. mit einem Rimis (!) 774 für Neriperaht Erchanbert [1829]: Erchanberti Breviarium regum Fran- und seine Frau Râtburg (!) gezeugt hatte (UB Fulda I nr. 65), corum. In: MGH SS II ed. G. H. Pertz, 327–330. sind wohl alle Bessinger Tradenten in diesem Zusammenhang zu sehen. – Ich gebe dieses überaus rudimentäre Schlaglicht Hannover. auf die thüringischen Agilolfi nger der Karolingerzeit hier, Fredegar [1888]: Chronicarum quae dicuntur Fredegarii weil es kaum ein Zufall sein wird, dass das Stammwort im scholastici libri IV. In: MGH SS rer. Merov. II ed. Ortsnamen Bessingen der Name des altthüringischen Königs B. Krusch, 1–168. Hannover. Bisin ist. Venantius Fortunatus (3) schreibt ihn Bessin mit den Gesta Dagoberti [1888]: Gesta Dagoberti I. regis Fran- Varianten Besin und Basin, Gregor von Tours (II c. 12) Bysin corum. In: MGH SS rer. Merov. II ed. B. Krusch, 396– mit den Varianten Bisin, Bissin und Basin, die Origo (c. 4) Fisud und die Historia Langob. cod. Gothani Pisen (c. 4, als 425. Hannover. Vater der Ranigunde, erster Frau König Wachos) und Pissa Getica [1882]: Jordanis De origine actibus getarum ed. (im Genitiv Pissae, c. 5, als erster Mann Menias, der Mutter T. Mommsen. In: MGH Auct. ant. 5,1, 53–138. Berlin. König Audoins). »Da nun jene Notiz um Menia gute Tradition Gregor [1951]: Gregorii episcopi Turonensis libri historia- verrät, ist diese auch der eigenständigen Namenform Pissa rum decem. (MGH SS rer. Merov. I / 1 cur. B. Krusch; zuzuerkennen, unter welcher der Thüringerkönig Bisin in ihr erscheint«, urteilt N. Wagner (1981, 264). »Die Differenz liegt W. Levison). Hannover. allein im -in. Das ist lediglich der Deminutivsuffi x -īn, der gern Historia Langob. cod. Gothani [1878]: Historia Lango- an eingliedrige Namen und Kurzformen angehängt wird.« Der bardorum codicis Gothani. In: MGH SS rer. Lang. ed. von dem Königsnamen abgeleitete Bewohnername Bessingen G. Waitz, 7–11. Hannover. (Walther 1971, 247, stellt zu asä. Bessi, *Besso) erhärtet die Jonas [1905]: Ionae Vitae Columbani abbatis disci- oben herausgestellten gentilen, altthüringischen Beziehungen, pulorumque eius. In: MGH SS rer. Germ. [37] ed. auch wenn angemerkt werden muss, dass es sich mit etwas höherer Wahrscheinlichkeit um eine diese Tradition zitierende B. Krusch, 1–294. Hannover / Leipzig. Nachbenennung als um eine kontinuierlich überlieferte altthü- Lex Baiuwariorum [1863]: Lex Baiuwariorum. In: MGH ringische Namengebung gehandelt hat. LL III ed. J. Merkel , 257–449. Hannover. V. Schimpff | Fränkisch-Thüringische Beziehungen im ersten Drittel des 7. Jahrhunderts 425

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