Auswirkungsanalyse

Erweiterung des Aldi Discountmarktes in der Flecken Hagenburg, Bergmannstraße 1

für die BGB Grundstücksgesellschaft Herten, BV 0426 – Hagenburg Bergmannstr. 1 Hohewardstr. 345-349, 45699 Herten

vertreten durch die Aldi GmbH & Co. KG, Büro Am Stumpfen Turm 33 31737 Rinteln

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Hamburg, im Januar 2019 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Inhaltsverzeichnis

1 Ausgangssituation, Zielsetzung und methodische Vorgehensweise ...... 4 1.1 Aufgabenstellung und Zielsetzung ...... 4 1.2 Methodische Vorgehensweise...... 5

2 Marktsituation im Lebensmitteleinzelhandel ...... 6 2.1 Entwicklungstrends im Lebensmitteleinzelhandel ...... 6 2.2 Einordnung des Planvorhabens in die Aldi Nord-Filialnetzentwicklung ...... 8

3 Makrostandort ...... 10

4 Mikrostandort ...... 14

5 Wettbewerbssituation im Untersuchungsraum ...... 19

6 Nachfrageanalyse - Einzugsgebiet und Kaufkraftbindung ...... 28 6.1 Einzugsgebiet und Kaufkraftpotenzial ...... 28 6.2 Marktabschöpfung und Umsatzleistung des Planvorhabens ...... 31

7 Auswirkungsanalyse...... 36 7.1 Umsatzumverteilungseffekte ...... 36 7.2 Städtebauliche Bewertung der geplanten Aldi-Erweiterung ...... 40 7.3 Einordnung des Vorhabens in die Vorgaben der Landes- und Regionalplanung ...... 43

8 Fazit ...... 47

2 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung der Marktanteile im Lebensmittelhandel ...... 6 Abbildung 2: Durchschnittliche Artikelanzahl nach Betriebstyp ...... 7 Abbildung 3: Lage im Raum und zentralörtliche Gliederung ...... 10 Abbildung 4: Siedlungsstruktur der Samtgemeinde ...... 11 Abbildung 5: Standortkonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen ...... 13 Abbildung 6: Untersuchungsobjekt und Standortumfeld ...... 14 Abbildung 7: Mikrostandort ...... 15 Abbildung 8: Fußläufige Erreichbarkeit des Planstandortes ...... 17 Abbildung 9: Wettbewerbssituation ...... 19 Abbildung 10: Beispiele Wettbewerber Samtgemeinde Sachsenhagen ...... 21 Abbildung 11: Beispiele Wettbewerber Wunstorf- ...... 22 Abbildung 12: Beispiele Wettbewerber nordwestliche Kernstadt von Wunstorf ...... 23 Abbildung 13: Beispiele Wettbewerber ...... 24 Abbildung 14: Beispiele Wettbewerber Rehburg-Loccum ...... 25 Abbildung 15: Beispiele Wettbewerber Haste ...... 25 Abbildung 16: Lebensmittelmärkte im Untersuchungsraum ...... 26 Abbildung 17: Einzugsgebiet des Planvorhabens ...... 29 Abbildung 18: Marktanteile und Umsatz des Planvorhabens (nach Erweiterung) ...... 32 Abbildung 19: Umsatzentwicklung des Planvorhabens (Bestand – Planung) ...... 34 Abbildung 20: Umsatzumverteilungseffekte des Planvorhabens ...... 38

3 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

1 Ausgangssituation, Zielsetzung und methodische Vorgehensweise 1.1 Aufgabenstellung und Zielsetzung

Die Aldi GmbH & Co. KG mit Sitz in Rinteln plant die Modernisierung ihrer Filiale an der Bergmannstra- ße 1 in der Flecken Hagenburg. Heute verfügt der Markt über eine Verkaufsfläche von etwa 780 m². Vor- gesehen sind der Abriss des Bestandsgebäudes und die Errichtung eines Neubaus mit einer Verkaufsflä- che von rd. 1.300 m². Der Standort des Aldi-Marktes befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungs- planes Nr. 25 „An der Wasserfurche“ mit der Festsetzung eines Mischgebietes. Da es sich bei dem erwei- terten Aldi-Markt um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb handeln wird, ist zur Planungsrealisierung eine Änderung des Bebauungsplanes notwendig. Vorgesehen ist die Festsetzung eines Sondergebietes für großflächigen Einzelhandel mit einer maximal zulässigen Verkaufsfläche von 1.300 m². Im Flächen- nutzungsplan (FNP) ist das Aldi-Grundstück als gemischtes Gebiet dargestellt, so dass auch eine Ände- rung des Flächennutzungsplanes erforderlich ist. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist daher durch eine absatzwirtschaftliche Auswirkungsanalyse zu untersuchen, ob das Planvorhaben negative Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung der Bevölkerung in der Samtgemeinde Sachsenhagen oder in Nachbarkommunen im Sinne von § 11 Abs. 3 Baunutzungs- verordnung (BauNVO) haben kann. Die beabsichtigte Bauleitplanung ist gem. § 1 Abs. 4 BauGB zudem an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Es ist somit zu klären, ob die Planungen mit den Vorgaben des Landesraumordnungsprogrammes Niedersachsen 2017 (LROP NDS) und des Regionalen Raum- ordnungsprogramms des Landkreises 2003 vereinbar sind.

Mit dem vom Samtgemeinderat verabschiedeten Nahversorgungskonzept1 liegt eine städtebauliche Kon- zeption vor, die sich detailliert mit der Nahversorgungssituation in der Samtgemeinde sowie zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten auseinandersetzt. Als Grundlage für eine raumordnerische Bewertung wurden den beiden Grundzentren hier sowohl die jeweiligen Kongruenzräume zugeordnet, als auch ein Standort- konzept für den nahversorgungsrelevanten Einzelhandel erarbeitet. Der im Hagenburger Ortsteil Alten- hagen ansässige Aldi-Markt übernimmt eine wichtige Funktion für die Versorgung seines wohnortnahen Umfelds, aber auch für die Versorgungssituation in der Samtgemeinde insgesamt und sorgt für einen ausgeglichenen Betriebstypenmix in Hagenburg. Mit der avisierten Planung soll der bestehende Nahver- sorgungsstandort an aktuelle Marktanforderungen und ein gängiges Betriebsformat angepasst werden. Da sich der Aldi-Standort aber außerhalb einer integrierten Lage im Sinne des LROP befindet, ist für ihn dementsprechend die Ausnahmeregelung für Betriebe mit periodischem Kernsortiment (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 05 Satz 3) anzuwenden.

Die BBE Handelsberatung legt hiermit eine absatzwirtschaftliche Auswirkungsanalyse vor, die im anste- henden Genehmigungsverfahren als fundierte Entscheidungsgrundlage Verwendung finden kann.

1 Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018.

4 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

1.2 Methodische Vorgehensweise

Die Grundlage der Analyse bilden Recherchen des Gutachters in der Samtgemeinde Sachsenhagen bzw. im Untersuchungsgebiet. In Ergänzung erfolgt eine Aufbereitung von sekundärstatistischen Daten. Im Einzelnen werden folgende Erhebungen und Recherchen durchgeführt:

■ Durchführung von Vor-Ort-Recherchen zur Bewertung des Projektstandortes,

■ Erhebung relevanter Anbieter von nahversorgungsrelevanten Sortimenten. Hierzu gehören vor al- lem strukturprägende Lebensmittelmärkte (v. a. Lebensmitteldiscounter und Supermärkte) im Un- tersuchungsgebiet,

■ Umsatzschätzung für die erfassten Einzelhandelsbetriebe unter Berücksichtigung der standortbe- zogenen Rahmenbedingungen sowie branchen- und betriebsformenspezifischer Leistungskennzif- fern,

■ Aufbereitung relevanter sekundärstatistischer Daten und Informationsquellen (u. a. Nahversor- gungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, soziodemografische Kennzahlen),

■ Verwendung von aktuellen Datenmaterialien der BBE Marktforschung (z. B. gemeindebezogene Kaufkraftkennziffern und sortimentsspezifische Pro-Kopf-Ausgaben).

Die Ermittlung der derzeitigen und der durch das Planvorhaben beeinflussten zukünftigen Kaufkraftbewe- gungen wird unter Zugrundelegung der folgenden Faktoren durchgeführt:

■ Zeitdistanzen zwischen den Wohnstandorten im Einzugsbereich und den projektrelevanten Ein- zelhandelsstandorten,

■ Einwohnerzahlen und einzelhandelsrelevantes Kaufkraftniveau im Einzugsgebiet,

■ Attraktivität der untersuchungsrelevanten Einkaufsziele im Untersuchungsgebiet ausgedrückt durch das Verkaufsflächenangebot, die Angebotsstruktur, den Marktauftritt und die Erreichbarkeit,

■ Bereitschaft der Konsumenten zur „Raumüberwindung“ beim Einkauf bestimmter Warengruppen.2

Darauf aufbauend erfolgt eine Bewertung des Vorhabens in Bezug auf die zu erwartenden absatzwirt- schaftlichen und städtebaulichen Auswirkungen. Den Bezugsmaßstab dieser Prüfung stellt § 11 Abs. 3 BauNVO dar.

2 Während beispielsweise bei Artikeln des täglichen Bedarfes (v. a. Lebensmittel und Drogeriewaren) das Kriterium der räumlichen Nähe des Einkaufszieles gegenüber dem Kriterium der Attraktivität relativ wichtiger ist, dominiert bei Artikeln des mittel- und längerfristigen Bedarfes (u. a. Sportartikel oder Bekleidung/ Schuhe) das Kriterium der (vermuteten) Attraktivität.

5 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

2 Marktsituation im Lebensmitteleinzelhandel 2.1 Entwicklungstrends im Lebensmitteleinzelhandel

Zur Einordnung des Vorhabens in einen übergeordneten Rahmen innerhalb der deutschen Handelsland- schaft werden im Folgenden einige Entwicklungstrends im Lebensmitteleinzelhandel aufgezeigt.

Der Ausgabenanteil für Lebensmittel hat im Gegensatz zu anderen Bereichen des Handels in den letzten Jahren leicht zugenommen. Dies resultiert zum einen aus Veränderungen der Nachfrage und steigenden Preisen sowie zum anderen aus einer Diversifizierung des Angebotes. Nachfrageseitig haben verschie- dene Lebensmittelskandale ein Umdenken in Gang gesetzt, das bei den Verbrauchern zu einer leicht ge- stiegenen Ausgabebereitschaft für qualitativ hochwertige Lebensmittel geführt hat. Insbesondere lässt sich dies am boomenden Absatz von Bio-Lebensmitteln ablesen, die inzwischen zum Sortiment aller Le- bensmittelmärkte - vom Lebensmitteldiscounter bis zum Bio-Supermarkt - zählen.

Abbildung 1: Entwicklung der Marktanteile im Lebensmittelhandel

100% 3,9% 3,5% 3,3% 3,1% 3,0% 11,9% 90% 14,1% 13,6% 12,9% 12,3%

80%

70% 35,9% 37,0% 38,0% 39,1% 39,4% 60% Übrige LEH-Geschäfte SB-Warenhäuser 50% Supermärkte/große Supermärkte 40% Discounter

30% 46,1% 45,9% 45,8% 45,5% 45,7% 20%

10%

0% 2010 2012 2014 2016 2017

Quelle: EHI handelsdaten aktuell 2018, BBE-Darstellung 2018

Von den Einzelhandelsausgaben der deutschen Verbraucher in Höhe von ca. 521 Mrd. € entfallen rd. 225 Mrd. € auf die Kernsortimente der Nahversorgung (Lebensmittel, Getränke und Drogeriewaren).3 Dies entspricht einem Anteil von rd. 43 % und dokumentiert die hohe Bedeutung dieses Marktsegmentes, insbesondere der Nahrungs- und Genussmittel.

3 Vgl. IfH-Brancheninformationssystem, Marktvolumen 2017

6 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Die Entwicklung im Lebensmitteleinzelhandel ist insgesamt durch eine starke Dynamik geprägt, wobei das Wachstum der Branche vor allem durch zunehmende Nachverdichtung, Flächenausweitungen und Diversifizierung des Angebots generiert wird. Gleichzeitig weist die Branche eine hohe Konzentration auf Handels- und Lieferantenseite auf.

Aufgrund einer ausgeprägten Preisorientierung der deutschen Kunden und an veränderte Verbraucher- wünsche angepasster Betriebskonzepte haben die Lebensmitteldiscounter in den letzten Jahrzehnten stark an Marktanteilen gewinnen können und sind seit einigen Jahren mit einem Marktanteil von ca. 46 % der am stärksten präsente Betriebstyp des Lebensmittelhandels (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 2: Durchschnittliche Artikelanzahl nach Betriebstyp

SB-Warenhäuser 48.900

Große Supermärkte 25.000

Supermärkte 11.800

Lebensmittel-Discounter 2.300

0 10000 20000 30000 40000 50000 Anzahl der Artikel Frischwaren Tiefkühlkost/Eis Trockensortiment Nonfood I * Nonfood II **

Quelle: BBE-Darstellung 2018

In der jüngeren Vergangenheit hat jedoch der Kundenwunsch nach einer breiteren Auswahl und die Be- reitschaft für qualitativ hochwertige Produkte Geld auszugeben dazu geführt, dass insbesondere wohnor- tnahe Supermärkte/ Große Supermärkte sich sehr positiv entwickelt haben. Um diesem Kundenwunsch zu entsprechen sind viele Discounter, u. a. Aldi, dazu übergegangen zusätzliche Markenprodukte aufzu- nehmen und ihr Sortiment zu diversifizieren, wobei hierzu oftmals auch ein zusätzlicher Flächenbedarf entsteht. Insofern werden im Discountsegment werden seitens der Betreiber für Neubauten mittlerweile Verkaufsflächen zwischen 800 und 1.500 m² als marktgerecht angesehen.

Die Lebensmitteldiscounter realisieren einen einheitlichen Marktauftritt, sodass der Kunde in jedem Markt des jeweiligen Betreibers dasselbe Sortiment vorfindet. Gleichzeitig wachsen die Verkaufsflächen der Lebensmitteldiscounter seit Jahren kontinuierlich. Hierfür sind vor allem folgende Ursachen anzuführen:

7 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

■ Die Angebotsdiversifizierung und ansprechende Präsentation insbesondere von frischen und tief- gekühlten Produkten (Obst & Gemüse, Molkereiprodukten, Backwaren, Fleisch, Fisch) und Bio- Lebensmitteln hat neben einer qualitativen Aufwertung des Marktauftritts regelmäßig auch einen höheren Flächenbedarf zur Folge. Dagegen ist kein steigender Flächenbedarf für die Aktionswa- ren zu verzeichnen (max. 10 % der Verkaufsfläche).

■ Großzügigere Verkehrsflächen, insbesondere größere Gangbreiten, tragen zur Vereinfachung von (logistischen) Betriebsabläufen bei, sodass die Kunden mehr Platz haben und gleichzeitig die Be- stückung des Ladens effizienter erfolgen kann. So beziehen sich in der Regel rd. 80 % der zusätz- lichen Verkaufsflächen auf Verkehrsflächen.

■ Großzügigere Warenpräsentation und niedrigere Regalhöhen erleichtern vor allem den Kunden (u. a. auch mit Blick auf den demographischen Wandel und den höheren Anteil älterer Kunden) den Warenzugang.

Größere Flächen führen dabei jedoch nicht in gleichem Umfang zu Mehrumsätzen, sondern regelmäßig zu einer abnehmenden Flächenleistung. Gleichzeitig ermöglicht die größere Verkaufsfläche eine höhere Rentabilität z. B. durch Reduzierung der Transportkosten durch größere Liefermengen oder der Perso- nalkosten durch effektivere Bestückung der Regale mit Waren.

Im Fazit bietet Aldi ein umfassendes Frische- und Trockensortiment durch discountorientierte Eigenmarken und ausgewählte Markenprodukte, sodass ein Aldi-Lebensmitteldiscountmarkt umfassende Nahversor- gungsfunktionen übernehmen kann.

2.2 Einordnung des Planvorhabens in die Aldi Nord-Filialnetzentwicklung

Wie einleitend bereits erläutert, ist für die Aldi-Filiale an der Bergmannstraße in Hagenburg eine Moderni- sierung und Erweiterung von ca. 780 m² auf zukünftig ca. 1.300 m² Verkaufsfläche durch vollständigen Neubau vorgesehen. Der neue Gebäudekörper wird deutlich weiter in den südlichen Teil des Grund- stücks rücken, die Parkplätze werden zur B 441 hin dem Gebäude vorgelagert sein. Der heutige Geträn- kemarkt mit arrondierenden Ladenflächen (heute Leerstand) ist in der Neuplanung nicht mehr vorgese- hen, das komplette Grundstück wird vom Aldi-Markt in Anspruch genommen. Die Ein- und Ausfahrt er- folgt weiterhin über die Bergmannstraße.

Die Ausrichtung der im Aldi-Markt vorgehaltenen Waren wird auch nach der Erweiterung insbesondere bei nahversorgungsrelevanten Sortimenten (Nahrungs- und Genussmittel/ Drogeriewaren) liegen. So nehmen zwischenzeitlich die Frischeartikel (Obst und Gemüse, Backwaren und Fleisch- und Wurstwaren) im Sortimentsangebot der Discounter eine wesentlich größere Bedeutung ein als in früheren Filialkonzep- ten. Auch im Bereich der Tiefkühlartikel und im Drogeriewarenangebot wurden Sortimentsabrundungen vorgenommen werden, die sich auf den Verkaufsflächenbedarf auswirken.

8 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Außerhalb des nahversorgungsrelevanten Bereiches zielt die geplante Erweiterungsmaßnahme nach Auskunft des Betreibers nicht auf eine Ausweitung des Sortimentsangebotes ab. Zentrales Anliegen ist vielmehr, die Voraussetzungen für eine großzügigere Warenpräsentation, eine verbesserte Kundenfüh- rung und eine Optimierung der internen Logistikabläufe zu schaffen. Das Planvorhaben und die damit verbundene Optimierung des Marktauftrittes sind somit als Maßnahmen zur Weiterentwicklung des be- stehenden Marktes zu bewerten, die der Stabilisierung und des Ausbaus der erreichten Marktposition dienen. Insbesondere folgende Aspekte begründen die Notwendigkeit der Filialerweiterung:

■ Verbreiterung der Gänge zwischen den Regalen zur besseren Durchgängigkeit,

■ Ausweitung der Regalmeter, um mehr Waren eines Artikels nebeneinander platzieren zu können und so die Sichtbarkeit des Warenangebots zu verbessern,

■ Reduzierung der Regalhöhen, um den Zugang zu Artikeln zu erleichtern,

■ Standardisierung der Logistik, um den Betriebsablauf zu optimieren (beispielsweise die Erhöhung der Palettenanzahl im Getränkesortiment).

Der Verkaufsflächenzuwachs führt daher zu keiner wesentlichen Sortimentserweiterung, da das standar- disierte Warenangebot von Aldi-Nord - unabhängig von der Größe des Marktes - bei etwa 1.400 Artikeln liegt. Neben einer weiteren Festigung der Marktposition ist vor allem die Steigerung der Rentabilität Grund für die projektierte Filialerweiterung, da durch die Filiale mit einer größeren Verkaufsfläche Trans- port- und Personalkosten reduziert werden können.

9 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

3 Makrostandort

Lage und zentralörtliche Funktion

Die Samtgemeinde Sachsenhagen und der zugehörige Flecken Hagenburg liegen im Südwesten des Bundeslandes Niedersachsen innerhalb des Landkreises Schaumburg. Die Samtgemeinde setzt sich aus insgesamt vier Mitgliedsgemeinden zusammen. Dies sind die Stadt Sachsenhagen, der Flecken Hagen- burg sowie die beiden Gemeinden und Wölpinghausen. Innerhalb der Samtgemeinde werden durch das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Schaumburg 2003 zwei Grundzentren (Hagenburg und Sachsenhagen) festgelegt, für die im Rahmen des Nahversorgungskonzeptes die jewei- ligen Kongruenzräume zugeordnet wurden.4

Abbildung 3: Lage im Raum und zentralörtliche Gliederung

Quelle: BBE-Darstellung 2019

4 Vgl. Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, BBE Handelsberatung 2018, S. 56 ff.

10 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Nachbargemeinden sind im (Nord-)Osten die Stadt Wunstorf mit dem Ortsteil Steinhude (Region Hanno- ver), im Süden die Samtgemeinden , Lindhorst und Niedernwöhren (alle Landkreis Schaumburg) sowie im Nordwesten die Stadt Rehburg-Loccum (Landkreis Nienburg/Weser).

Bevölkerungsdaten und Siedlungsstruktur

Das Samtgemeindegebiet von Sachsenhagen besteht aus insgesamt vier Mitgliedsgemeinden. Die Ge- meinden Sachsenhagen, Hagenburg und Auhagen verfügen je über zwei Ortsteile, Wölpinghausen sogar über vier Ortsteile. Die Samtgemeinde ist mit insgesamt zehn definierbaren Siedlungsbereichen demnach durch eine sehr dezentrale Siedlungsstruktur geprägt. Die Samtgemeinde verfügt zusammen über rd. 9.430 Einwohner, wobei der Siedlungsschwerpunkt mit knapp 4.600 Einwohnern hierbei eindeutig im Flecken Hagenburg zu verorten ist. Bei einer Gesamtfläche von insgesamt ca. 62,5 km² liegt die Einwoh- nerdichte in der Samtgemeinde mit nur rd. 151 Einwohnern je km² auf einem niedrigen Niveau.

Abbildung 4: Siedlungsstruktur der Samtgemeinde Sachsenhagen

Quelle: Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, BBE 2018, S 46

11 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Für die Samtgemeinde Sachsenhagen ist gemäß Vorausberechnungen des Landesamtes für Statistik Niedersachen in der Perspektive bis 2025 (Basis 31.12.2015) von einer rückläufigen Bevölkerungsent- wicklung auszugehen. Die Entwicklung in den vergangenen zwei Jahren hingegen zeigt bislang einen Zuwachs von knapp 2 %.

Erreichbarkeit und Verkehr

Die verkehrliche Erschließung der Samtgemeinde Sachsenhagen ist insbesondere durch den Verlauf der Bundesstraße B 441 gekennzeichnet. In einer Entfernung von etwa 15 bis 20 km besteht aus der Samt- gemeinde eine Anbindung an die Autobahn A 2 in Richtung Hannover bzw. Bielefeld. Der Flecken Ha- genburg befindet sich unmittelbar an der B 441, wohingegen die Erschließung der übrigen Mitgliedsge- meinden lediglich über Landes- und Kreisstraßen erfolgt. Aus dem Ortskern von Hagenburg ist über die B 441 das östlich gelegene Mittelzentrum Wunstorf in knapp 10 Minuten Fahrzeit erreichbar.

Wenige Buslinien (Linie 2010 der „Schaumburger Verkehrs GmbH“; Linie 2 von „Ruhe Reisen“) stellen eine Anbindung der Samtgemeinde an die Stadt sowie in Richtung Steinhude sicher. Neben Hagenburg und Sachsenhagen verkehren sie – zumindest zeitweise – auch in den übrigen Mitgliedsge- meinden und Ortsteilen, sind hier zeitlich allerdings sehr stark auf den Schulverkehr ausgerichtet.

Einzelhandelsstrukturen

Größere Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels sind lediglich in Sachsenhagen und Hagenburg, den beiden zentralen Orten der Samtgemeinde, ansässig. In den anderen Mitgliedsgemeinden und Ortsteilen sind lediglich vereinzelte kleinteilige Angebotsstrukturen zu identifizieren. Mit dem Edeka-Markt im Orts- zentrum von Hagenburg und dem Planstandort von Aldi im Ortsteil Altenhagen befinden sich zwei der drei größeren Lebensmittelanbieter im Grundzentrum Hagenburg. Vervollständigt wird das Angebot durch den Discountmarkt Penny im Grundzentrum Sachsenhagen und über das Samtgemeindegebiet verteilt liegende kleinteilige Versorgungsangebote (u. a. kleinere Lebensmittelgeschäfte, Ladenhandwerksbetrie- be).

In dem vom Samtgemeinderat verabschiedeten Nahversorgungskonzept5 werden die beiden Ortszentren (Sachsenhagen und Hagenburg) als zentrale Versorgungsbereiche definiert. Der räumlich an den Orts- kern angrenzende Penny-Standort in Sachsenhagen wird als sich an den Ortskern anschmiegende Er- gänzungslage Nahversorgung eingeordnet und der Aldi-Standort im Hagenburger Ortsteil Altenhagen als Nahversorgungsstandort.

5 Vgl. Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, BBE 2018

12 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 5: Standortkonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen

Quelle: Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, BBE 2018, S. 42

13 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

4 Mikrostandort

Lage des Projektgrundstücks und Nutzungsumfeld

Der zu erweiternde Aldi Discountmarkt befindet sich im östlichen Teil des Fleckens Hagenburg im Ortsteil Altenhagen in Ortseingangslage. Ergänzt wird der Aldi-Markt an seinem Standort aktuell noch durch ei- nen kleinflächigen Getränkemarkt sowie eine benachbarte Tankstelle. Der Getränkemarkt wird in der anvisierten Neubauplanung nicht mehr berücksichtigt, das Grundstück wird vollständig durch das Aldi- Objekt und Parkplatzanlage in Anspruch genommen.

Abbildung 6: Untersuchungsobjekt und Standortumfeld

Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

Der Ortsteil Altenhagen ist in den vergangenen Jahren mehr und mehr mit dem Siedlungsgebiet von Ha- genburg zusammengewachsen, was durch weitere Baulandausweisungen auch zukünftig noch gezielt verstärkt werden soll. Wenngleich der Standort keine klassisch integrierte Lage i. S. d. LROP Nieder- sachsen 2017 einnimmt, so verfügt er angesichts der westlich und südwestlich angrenzenden Wohnbe- bauung dennoch über eine gute, auch fußläufige Anbindung an die Siedlungsgebiete von Altenhagen.

14 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Vor dem Hintergrund der Ausnahmeregelung für Betriebe mit periodischem Kernsortiment (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 05 Satz 3) wurde der Standort im jüngst beschlossenen Nahversorgungskonzept als Nahversorgungsstandort mit wohnortnaher Versorgungsfunktion eingeordnet. Neben einer wohnortnahen Versorgung der Einwohner von Altenhagen bietet der Standort zudem die Möglichkeit eine angemessene Nahversorgungsausstattung für die Samtgemeinde Sachsenhagen insgesamt bereitzuhalten.

Abbildung 7: Mikrostandort

Quelle: BBE-Darstellung 2019

15 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Verkehrliche Situation

Die Bundesstraße B 441 stellt die wichtigste Verkehrsachse durch das Hagenburger Gemeindegebiet dar. Etwa 2 km in westliche Richtung befindet sich das Ortszentrum von Hagenburg. In etwa 4 km Fahr- distanz in östliche Richtung gelangt man ins Wunstorfer Kernstadtgebiet, über die Straße „Am Sandbrin- ke“ besteht in etwa 2 km zudem eine gute Anbindung an den Wunstorfer Stadtteil Steinhude. Etwa auf Höhe des Reiterweges befindet sich eine ÖPNV-Haltestelle („Altenhagen-Schachtstraße“) auch unter Berücksichtigung der Entfernung von rd. 300 m noch in fußläufiger Entfernung.6 Für den Untersuchungs- standort ist damit sowohl eine gute innerörtliche Verkehrsanbindung als auch eine gute Erreichbarkeit aus den weiteren Mitgliedsgemeinden gegeben.

Fußläufige Erreichbarkeit

Die 10 Minuten-Gehzeitisochrone bzw. 1.000 m-Fußwegdistanz umschließt die in Abbildung 8 dargestell- ten Bereiche. Während entlang der B 441 in östlicher Richtung bedingt durch die Ortseingangslage keine Wohngebiete liegen, umfasst sie in westlicher Richtung den überwiegenden Teil des Ortsteils Altenha- gen. Angesichts der geringen Siedlungsdichte im Umfeld – in der Samtgemeinde Sachsenhagen liegt diese aktuell bei nur rd. 151 Einwohnern pro km² – kann der Nahbereich des Standortes gemäß den Aus- führungen im Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Einzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ (in ZfBR 2002, 598, 601) allerdings noch deutlich weiter gezogen werden. Bei Einwohnerdichten dieser Grö- ßenordnung können Bereiche bis zu einer Distanz von rd. 2.500 m als Nahbereich definiert werden.7 Dieser Raum würde damit dann grundsätzlich auch die übrigen Siedlungsbereiche des Fleckens Hagen- burg erfassen.

Der Aldi-Standort übernimmt somit eine wichtige Funktion für die (fußläufige) Versorgung seines wohnort- nahen Umfelds, eines räumlich-funktional darüber hinaus noch weiter zu ziehenden Nahbereiches, aber auch für die Versorgungssituation im Verflechtungsbereich des Grundzentrums bzw. in der Samtgemein- de insgesamt. Vor dem Hintergrund der dezentralen Siedlungsstruktur und sehr geringen Siedlungsdichte ist ein hoher Anteil der Bevölkerung in der Samtgemeinde auf den PKW-gestützten Einkauf angewiesen.

6 In Anlehnung an die Ausführungen des Verbandes der Deutschen Verkehrsunternehmen (VDV) (vgl. VDV Schrif- ten 4, Ausgabe 06/2001) ist im ländlichen Raum bis zu einer Entfernung von rd. 600 m von einem angemessenen Einzugsbereich einer Bushaltestelle auszugehen.

7 Vgl. auch Leitfaden zum Umgang mit § 11 Abs. 3 BauNVO in Bezug auf Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels und aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen vom 18.05.2017 zur Nahversorgung im ländlichen Raum

16 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 8: Fußläufige Erreichbarkeit des Planstandortes

Quelle: BBE-Darstellung 2019

Genehmigungsrechtliche Situation

Der Planstandort befindet sich gemäß den Ausführungen des städtebaulichen Konzeptes der Samtge- meinde Sachsenhagen zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte8 innerhalb des zentralen Siedlungsgebietes des Fleckens Hagenburgs.

Das Grundstück des Aldi-Marktes liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. 25 „An der Wasserfurche“ mit der Festsetzung eines Mischgebietes. Die Realisierung des Neubaus mit ca. 1.300 m² VKF bedarf somit der Änderung in ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel. Für die

8 Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018, S. 11.

17 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Änderung des Bebauungsplanes hat der Samtgemeinderat bereits einen Aufstellungsbeschluss gefasst. Gleiches gilt für die Überarbeitung des Flächennutzungsplans (FNP), der aktuell ebenfalls noch ein ge- mischtes Gebiet darstellt. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens ist somit zu prüfen, ob im Falle der projektierten Erweiterung des ansässigen Discountmarktes mehr als unwesentliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgungsstrukturen in Ha- genburg oder in umliegenden Städten und Gemeinden im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO zu erwarten sind. Die beabsichtigte Bauleitplanung ist zudem gem. § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Es ist somit aufzuzeigen, ob die Planung mit den Zielen des Landesraumordnungspro- grammes Niedersachsen 2017 (LROP NDS) und des Regionalen Raumordnungsprogramms des Land- kreises Schaumburg 2003 vereinbar sind.

18 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

5 Wettbewerbssituation im Untersuchungsraum

Um Aussagen über die wettbewerblichen Rahmenbedingungen sowie mögliche durch die geplante Erwei- terung des Aldi-Lebensmitteldiscountmarktes hervorgerufene städtebauliche Auswirkungen treffen zu können, ist eine Betrachtung der Angebotsstrukturen im lokalen und erweiterten Umfeld des Planstandor- tes notwendig.

Abbildung 9: Wettbewerbssituation

Quelle: BBE-Darstellung 2019

19 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Die Wettbewerbssituation des Planvorhabens wird im Wesentlichen durch Lebensmittelmärkte geprägt, während der kleinteilige Facheinzelhandel (Lebensmittelfachgeschäfte) nur in begrenztem Maße von der geplanten Erweiterung des Discounters betroffen sein wird. Dies resultiert daraus, dass Systemwettbe- werber (= Supermärkte, Discountmärkte, Verbrauchermärkte/ SB-Warenhäuser) als Betriebe, die dem Versorgungseinkauf dienen und eine große Sortimentsüberschneidung mit dem Vorhaben aufweisen, in einen stärkeren Wettbewerb mit dem Vorhaben treten als das Lebensmittelhandwerk oder spezialisierte Fachgeschäfte (z. B. Weinhändler, Obst- und Gemüsehändler).

Da es sich bei dem Vorhaben um die Erweiterung eines bestehenden Lebensmitteldiscounters handelt und der vom Verbraucher in der Regel akzeptierte Zeit- und Wegeaufwand für den (regelmäßigen) Ein- kauf nahversorgungsrelevanter Sortimente begrenzt ist, erfolgt zunächst eine Betrachtung der Wettbe- werbsstrukturen im Samtgemeindegebiet von Sachsenhagen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Angebotsausstattung innerhalb der Samtgemeinde, sind für die Einwohner im Einzugsgebiet des Plan- vorhabens jedoch auch weitere angrenzende Angebotsstandorte z. B. in Wunstorf, Lindhorst oder Reh- burg-Loccum von Bedeutung, so dass auch auf die dortige Wettbewerbssituation eingegangen wird. Die Wettbewerbssituation im Umfeld des Planvorhabens wird in Abbildung 9 kartografisch zusammengefasst.

Die im Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen 2018 festgelegten Standorte (zent- rale Versorgungsbereiche und Nahversorgungslagen) beherbergen die wesentlichen nahversorgungsre- levanten Einzelhandelsbetriebe innerhalb der Samtgemeinde. Auch in den Nachbarkommunen erfolgt die Analyse auf Basis der jeweiligen kommunalen Einzelhandelskonzepte.

Im Folgenden stehen die strukturprägenden Hauptwettbewerber für die Wettbewerbsbetrachtung im Vor- dergrund. Dies sind im Untersuchungsgebiet vor allem folgende Betriebe:

Samtgemeinde Sachsenhagen ■ Edeka Kappe (rd. 1.450 m² VKF) mit Bäckereifiliale in der Vorkassenzone an der Lange Straße fungiert mit zentraler Lage im Ortskern als wesentlicher Magnetbetrieb. Hinsichtlich der Verkaufs- flächendimensionierung entspricht der Betrieb zwar nicht mehr vollumfänglich den aktuellen Markteintrittsgrößen eines Vollsortimentsmarktes, dennoch bietet er eine umfassende Grundver- sorgung für die (Samt-)Gemeinde. Ergänzt wird der Standort durch ein Blumengeschäft sowie ei- ne Apotheke im direkten Standortumfeld. Um sich moderner und leistungsfähiger aufzustellen plant auch der Edeka-Betreiber aktuell den Neubau mit gleichzeitiger Erweiterung seines Marktes.

■ Der in Hagenburg vormals am Cord-Bothe-Platz ansässige Penny-Markt wurde im Sommer 2017 aufgegeben. Das Objekt steht aktuell leer bzw. wird lediglich noch von den verbleibenden Nutzun- gen, u. a. Bäckereifiliale, Schreibwarengeschäft / Postagentur, Imbiss und Bücherei belegt. Mit der bisherigen Verkaufsfläche von rd. 500 m² bietet das Objekt allerdings auch nicht die Vorausset- zungen wieder einen langfristig marktfähigen Lebensmittelmarkt anzusiedeln.

■ Discountmarkt Penny (rd. 750 m² VKF) zusammen mit Bäcker, Fleischer und Getränkemarkt an der Oberen Straße in Sachsenhagen. Der Standort befindet sich südlich des historisch gewach- senen Ortskerns von Sachsenhagen und schmiegt sich an diesen an. Da im Ortskern selbst ledig-

20 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

lich eine Bäckereifiliale ansässig ist, ergänzt er ihn sowohl räumlich als auch funktional. Der Markt übernimmt einen wichtigen Anteil an der wohnortnahen Versorgung für Sachsenhagen und das di- rekt angrenzende Auhagen.

■ Darüber hinaus existieren innerhalb des Samtgemeindegebietes keine weiteren größeren Versor- gungsangebote. Die Grundversorgung in Wölpinghausen und Auhagen wird lediglich durch einen Hofladen, ein kleines Lebensmittelgeschäft bzw. einen Tankstellenshop aufrechterhalten.

Abbildung 10: Beispiele Wettbewerber Samtgemeinde Sachsenhagen

Edeka, Lange Str. Hagenburg Penny, Obere Str. Sachsenhagen Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

Wunstorf – Ortsteil Steinhude ■ Moderner Verbundstandort eines Lidl-Discountmarktes (rd. 1.100 m²) und Drogeriemarktes Rossmann (rd. 600 m²) am Rande des Ortsteilzentrums Steinhude an der Großenheidorner Stra- ße. Durch die Kopplungswirkung der beiden Betriebsformen übt der schützenswerte Standort im zentralen Versorgungsbereich neben der Versorgung des Wunstorfer Stadtgebietes (u. a. Stein- hude, Großenheidorn) auch eine Ausstrahlungskraft auf die angrenzenden Siedlungsbereiche von Hagenburg aus.

■ Der Combi-Markt (rd. 1.400 m²) zzgl. Bäcker an der Leineweberstraße befindet sich ebenfalls in- nerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Steinhude. Angesichts der etwas beengten Stell- platzanlage und des leistungsfähigen Wettbewerbers Edeka in Hagenburg fungiert er überwie- gend als örtlicher Vollversorger für die Wunstorfer Ortsteile.

21 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 11: Beispiele Wettbewerber Wunstorf-Steinhude

Lidl/ Rossmann, Großenheidorner Str. Steinhude Combi, Leinenweberstr.Steinhude

Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

Wunstorf – Nordwestliche Kernstadt ■ Die nächstgelegene Filiale der Firma Aldi befindet sich am westlichen Rande der Wunstorfer In- nenstadt. Der moderne Standort des Discounters an der Straße „In den Ellern“ hat sich erst nach Erarbeitung des Einzelhandelskonzeptes also nach 2010 am Standort niedergelassen.9 Die Filiale mit rd. 1.150 m² VKF entspricht dem neuesten Filialkonzept des Betreibers und übernimmt eine gesamtstädtische Versorgungsfunktion. Die zweite Filiale im Stadtgebiet befindet sich im östlich gelegenen Ortsteil Luthe.

■ Innerhalb der Innenstadt von Wunstorf befinden sich im nahversorgungsrelevanten Ange- botssegment des Weiteren nur noch die Drogeriemärkte dm und Rossmann (beide Lange Straße) sowie kleinteilige Angebotsformate (u. a. Ladenhandwerksbetriebe, Reformhaus, Parfümerien, Apotheken), die allerdings nicht als direkte Wettbewerber des Planvorhabens einzuordnen sind.

■ Im nordwestlichen Wunstorfer Stadtgebiet befinden sich an der Hagenburger Straße zudem noch der äußerst leistungsfähige Standort eines SB-Warenhauses Marktkauf mit entsprechender Vor- kassenzone (rd. 6.600 m²) sowie eine weitere marktgerechte Discountfiliale des Betreibers Lidl (rd. 1.200 m²). Beide Wettbewerber stellen mit ihrer verkehrsgünstigen Lage an der Hauptver- kehrsachse nach Wunstorf eine wichtige Einkaufsalternative für die Bevölkerung aus der Samt- gemeinde Sachsenhagen dar.

9 Es ist davon auszugehen, dass der Standort nördlich der im Einzelhandelskonzept der Stadt Wunstorf bereits ausgewiesenen Potenzialfläche zumindest als nahversorgungsrelevanter Ergänzungsbereich mit in die Abgren- zung des zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt einzubeziehen ist.

22 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 12: Beispiele Wettbewerber nordwestliche Kernstadt von Wunstorf

Marktkauf, Hagenburger Str. Wunstorf Aldi, In den Ellern Wunstorf Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

Lindhorst ■ Innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches von Lindhorst (ZVB Ortszentrum) befindet sich ein kleinerer Edeka-Markt (rd. 730 m ²) mit Backshop. Aufgrund der geringen Flächendimensionie- rung und nicht optimalen Parkplatzsituation konzentriert sich seine Ausstrahlung überwiegend auf das eigene Gemeindegebiet.

■ Der Verbundstandort von Aldi (rd. 800 m²) und Edeka (rd. 1.600 m²) plus Bäcker an der Gewer- bestraße (Ergänzungsbereich Nahversorgung) ergänzt um einen Getränkemarkt im Umfeld, stellt hingegen einen deutlich leistungsfähigeren Wettbewerbsstandort dar, der auch auf die Einwohner im südlichen Samtgemeindegebiet von Sachsenhagen (insb. Stadt Sachsenhagen und Gemeinde Auhagen) eine gewisse Ausstrahlungskraft ausübt. Aus der direkten Nachbarschaft der beiden Anbieter Edeka und Aldi in Lindhorst resultiert eine besondere Leistungsfähigkeit. Zugleich sorgen die genannten Wettbewerber für eine deutliche Begrenzung des Einzugsgebietes des Planvorha- bens. Auch für die Aldi-Filiale in Lindhorst sind Erweiterungsplanungen im Gespräch, planungs- rechtlich aber noch nicht endgültig abgesichert.

23 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 13: Beispiele Wettbewerber Lindhorst

Aldi, Gewerbestr. Aldi, Gewerbestr. Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

Rehburg-Loccum ■ Im zentralen Versorgungsbereich von Rehburg10 haben sich die zwei Supermärkte Rewe (rd. 1.500 m²) und Edeka (rd. 1.200 m²) sowie ein Discountmarkt Penny (rd. 780 m²) positioniert. Während sich der Rewe-Markt in einer leistungsfähigen und großzügigen Betriebsanlage präsen- tiert, sind die Märkte von Edeka und Penny deutlich kleiner und etwas in die Jahre gekommen. Angesichts der Einwohnerzahl hat sich hier aber ein sehr leistungsfähiges Nahversorgungsange- bot herausgebildet.

■ Auch das Ortszentrum von Loccum verfügt über ein umfangreiches Versorgungsangebot. Positio- niert haben sich hier ein WEZ-Supermarkt inkl. Getränkemarkt und Backshop (rd. 1.200 m²), ein Drogeriemarkt Rossmann (rd. 700 m²) sowie der Discounter NP (rd. 770 m²). Für das WEZ liegen aktuell Erweiterungspläne vor: Wie den Entwurfsplanungen zu entnehmen ist, ist im Zuge eines Neubaus auch eine Erweiterung auf rd. 1.900 m² Verkaufsfläche vorgesehen.11

■ Von der Samtgemeinde Sachsenhagen aus in nordwestliche Richtung liegt die nächstgelegene Aldi-Filiale in Loccum. Dieser Standort befindet sich nicht innerhalb des zentralen Versorgungsbe- reiches, sondern ein Stück vom Siedlungsbereich abgerückt am nördlichen Ortsein- bzw. - ausgang. Auch in diesem Markt mit rd. 1.160 m² konnte bereits vor einigen Jahren ein modernes Filialkonzept umgesetzt werden.

10 Das kommunale Einzelhandelskonzept der Stadt Rehburg-Loccum wird aktuell fortgeschrieben. Da die Entwurfs- fassung allerdings erst für Anfang 2019 angekündigt ist, wird innerhalb des vorliegenden Gutachtens noch die Fassung von 2007 zugrunde gelegt.

11 Da das Bebauungsplanverfahren hier noch nicht abgeschlossen ist, wird im Sinne eines Worst-Case-Ansatzes die alte Flächendimensionierungen und Umsatzleistung berücksichtigt.

24 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

■ Die Angebotsstandorte in Rehburg-Loccum weisen zu einem großen Teil des Samtgemeindege- bietes von Sachsenhagen zwar bereits eine recht große Distanz auf, aus einigen Teilbereichen, wie der Gemeinde Wölpinghausen sind jedoch gewisse Umsatzzuflüsse zu erwarten.

Abbildung 14: Beispiele Wettbewerber Rehburg-Loccum

Aldi, Leeser Str. Loccum Rewe, Weidendamm Rehburg Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

Haste ■ Die örtliche Versorgung in der zur Samtgemeinde Bad Nenndorf gehörigen Gemeinde Haste wird durch zwei Discountmärkte Netto (rd. 900 m²) und NP (rd. 700 m²) aufrechterhalten. Beide verfü- gen über grundsätzlich moderne Filialkonzepte, wenngleich der Netto-Markt augenscheinlich der leistungsfähigere der beiden ist. Die Märkte generieren ihre Umsätze überwiegend aus dem Ge- meindegebiet selbst, aber auch die nahegelegenen Wunstorfer Ortsteile Mesmerode oder Bo- keloh sind ihrem Einzugsgebiet zuzurechnen.

Abbildung 15: Beispiele Wettbewerber Haste

Netto, An der schwarzen Mühle Haste NP, Hauptstr. Haste

Quelle: BBE-Darstellung (Stand: Dezember 2018)

25 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 16: Lebensmittelmärkte im Untersuchungsraum

Standort Verkaufsfläche1 Umsatz1

in m² in Mio. €

Flecken Hagenburg2 ZVB Ortszentrum Hagenburg (Edeka) 1.300 6,5

Stadt Sachsenhagen ZVB Ortszentrum Sachsenhagen - - Ergänzungslage NVS Obere Straße (Penny) 700 3,3

Stadt Wunstorf ZVB Wunstorf Innenstadt (Aldi) 1.000 6,5 ZVB Ortsteilzentrum Steinhude (Lidl, Combi) 2.200 9,5 Sonstige Lagen Wunstorf (Lidl, Marktkauf) 5.000 22,1

Gemeinde Lindhorst ZVB Ortszentrum Lindhorst (Edeka) 700 3,3 Ergänzungsbereich Gewerbestraße (Aldi, Edeka) 2.200 11,5

Stadt Rehburg-Loccum ZVB Ortskern Rehburg (Penny, Edeka, Rewe) 3.100 12,4 ZVB Ortskern Loccum (NP, WEZ) 1.800 6,9 Sonstige Lagen Rehburg-Loccum (Aldi) 1.000 6,3

Gemeinde Haste (Netto, NP) 1.400 4,7

Untersuchungsraum gesamt 20.400 93,0

1 nur nahversorgungsrelevante Sortimentsanteile (Nahrungs- und Genussmittel / Drogeriewaren) 2 ohne Planvorhaben Aldi an der Bergmannstraße in Hagenburg Quelle: BBE-Berechnungen 2019

Insgesamt besteht in der Samtgemeinde Sachsenhagen ein nahversorgungsrelevantes Angebot von rd. 4.000 m² Verkaufsfläche in insgesamt rd. 22 Betrieben (vgl. Nahversorgungskonzept für die Samtge- meinde Sachsenhagen, S 64). Hiervon entfallen etwa drei Viertel auf die großen Lebensmittelmärkte, der Rest auf weitere Anbieter (z. B. Getränkemärkte, Ladenhandwerksbetriebe, Lebensmittelfachgeschäfte, Tankstellen). Größere Angebotsformen wie SB-Warenhäuser sind im Samtgemeindegebiet nicht vorhan- den. Das Angebot der Lebensmittelmärkte konzentriert sich auf einen Edeka- und Aldi-Markt in Hagen- burg sowie einen Penny-Markt in Sachsenhagen. In den Gemeinden Auhagen und Wölpinghausen sind lediglich kleinteilige Angebote zur Deckung des täglichen Bedarfs vorhanden. Ein Großteil der Bürger in der Samtgemeinde Sachsenhagen ist somit auf den Pkw-gestützten Einkauf an den drei größeren Stand- orten der bestehenden Lebensmittelmärkte (Penny, Edeka, Aldi) angewiesen, die damit eine sehr hohe Bedeutung innerhalb der örtlichen Versorgungsstruktur übernehmen.

26 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Angesichts einer Umsatz-Kaufkraft-Relation von aktuell rd. 80 % wird deutlich, dass ein gewisser Anteil der Kaufkraft an Angebotsstandorte in den Nachbarkommunen Wunstorf, Lindhorst oder Rehburg- Loccum abfließt. In der Samtgemeinde Sachsenhagen kann somit nicht die vollständige verfügbare Kauf- kraft gebunden werden. Wenngleich auch zukünftig allein aufgrund der Gemeindegröße und Siedlungs- struktur keine vollständige Kaufkraftbindung zu erwarten ist, so zeigen diese Werte noch offene Entwick- lungspotenziale bei der Versorgungssituation im Lebensmittelsegment auf.

Die an die Samtgemeinde Sachsenhagen angrenzenden Nachbarkommunen verfügen überwiegend über eigene leistungsfähige und gut zu erreichende Versorgungsstandorte. Wenngleich aus angrenzen- den Teilräumen (u. a. Wunstorfer Ortsteile Steinhude, Mesmerode, Bokeloh) auch Zuflüsse zu den Anbie- tern insbesondere in Hagenburg zu erwarten sind, so spielen im umgekehrten Sinn die Wettbewerber in den Nachbarorten eine deutlich größere Rolle als alternative Einkaufsstandorte für die Einwohner aus dem Sachsenhagener Samtgemeindegebiet.

27 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

6 Nachfrageanalyse - Einzugsgebiet und Kaufkraftbindung 6.1 Einzugsgebiet und Kaufkraftpotenzial

Das Einzugsgebiet umfasst den Raum, in dem die Verbraucher überwiegend bzw. zu großen Teilen das Planvorhaben aufsuchen werden. Es stellt damit den städtischen Teilraum dar, in dem das Erweiterungs- vorhaben eine hohe Versorgungsbedeutung bei nahversorgungsrelevanten Sortimenten übernimmt bzw. übernehmen wird.

Unter Berücksichtigung der Angebots- und Nachfragesituation wird gutachterlicherseits das Einzugsge- biet für das Untersuchungsobjekt abgegrenzt. Dabei sind für die Einkaufsorientierung der Bevölkerung grundsätzlich folgende Faktoren von Bedeutung:

■ die Häufigkeit der Bedarfsdeckung in den geplanten Sortimentsbereichen,

■ der vom Verbraucher in der Regel akzeptierte Zeit- und Wegeaufwand,12

■ die projektrelevante Wettbewerbssituation, wie z. B. die Entfernung und die Attraktivität der rele- vanten Anbieter im Standortumfeld,

■ die Attraktivität der Projektvorhaben, die u. a. durch die Dimensionierung, die Leistungsfähigkeit und den Bekanntheitsgrad der Betreiber bestimmt wird,

■ die Qualität des Projektstandortes, die u. a. aus der verkehrlichen Erreichbarkeit, der Lage zu Siedlungsschwerpunkten sowie aus vorhandenen Agglomerationseffekten resultiert,

■ Barrierewirkungen ausgehend von z. B. topographischen, infrastrukturellen oder baulichen Ge- gebenheiten,

■ traditionelle Einkaufsorientierungen der Bevölkerung,

■ die zentralörtliche Funktion der Stadt.

Ein Einzugsgebiet ist grundsätzlich nicht als statisches Gebilde anzusehen, sondern vielmehr als modell- hafte Abbildung eines Teilraumes, aus dem potenziell der wesentliche Kundenanteil eines Betriebes/ Standortverbundes stammt. Darüber hinaus können diffuse Zuflüsse von außerhalb erwartet werden.

Eine besondere Bedeutung kommt bei der Abgrenzung auch der Eigenkonkurrenz durch die weiteren Aldi-Filialen im engeren und weiteren Standortumfeld zu. Im Fall des betrachteten Aldi-Standortes in Ha-

12 Mit zunehmender Häufigkeit der Bedarfsdeckung und abnehmendem spezifischen Wert des nachgefragten Gutes nimmt der zum Einkauf akzeptierte Zeitaufwand ab. Demzufolge sind bei einem Angebot der Grundversorgung die Aktionsradien räumlich enger als bei Angeboten des längerfristigen Bedarfsbereichs (z. B. Möbelsortiment).

28 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

genburg befinden sich die nächsten Aldi-Filialen in der Innenstadt von Wunstorf, in Lindhorst und Reh- burg-Loccum.

Unter Berücksichtigung der sonstigen Wettbewerbssituation sowie der siedlungsräumlichen und verkehr- lichen Rahmenbedingungen lässt sich für den zu erweiternden Aldi-Markt ein Einzugsgebiet abgrenzen, welches sich in drei Zonen unterteilen lässt (vgl. Abbildung 17).

Abbildung 17: Einzugsgebiet des Planvorhabens

Quelle: BBE-Darstellung 2019

29 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

In der Zone 1 als Naheinzugsgebiet leben insgesamt ca. 4.600 Einwohner. Das Naheinzugsgebiet er- streckt sich auf den unmittelbaren Nahbereich des Ortsteils Altenhagen sowie dem übrigen Siedlungsge- biet des Fleckens Hagenburg. Aus diesem Raum besteht eindeutig die höchste Einkaufsorientierung auf den Projektstandort.

Darüber hinaus strahlt der erweiterte Aldi-Markt vor allem auf den weiteren, dem Grundzentrum Hagen- burg funktional zugeordneten Verflechtungsbereich (Siedlungsbereiche Wölpinghausen, Wieden- brügge, Schmalenbruch sowie den Auhagener Ortsteil Düdinghausen) sowie die räumlich nahegelege- nen Ortsteile der Stadt Wunstorf (insb. Steinhude, Mesmerode, Bokeloh). Diese bilden eine Zone 2 mit insgesamt rd. 9.530 Einwohnern.

Zudem übernimmt der Markt eine gewisse Versorgungsfunktion für das übrige Samtgemeindegebiet von Sachsenhagen (Zone 3) aus, in dem weitere rd. 3.390 Einwohner wohnhaft sind. Dieser Zone sind die Stadt Sachsenhagen (inkl. Ortsteil Nienbrügge), der Rest der Gemeinde Auhagen sowie der Sied- lungsbereich von Bergkirchen zuzurechnen.

Über das abgegrenzte Einzugsgebiet hinaus sind nur geringe weitere Zuflüsse zu erwarten. Auf die ein- zelnen Herkunftsorte heruntergebrochen ergeben sich hier nur minimale Bindungsquoten, so dass diese Umsatzanteile des Planvorhabens unter die diffusen Streuumsätze zu fassen sind. Durch die geplante Erweiterung wird keine räumliche Ausdehnung des Marktgebietes ausgelöst. Vielmehr handelt es sich um eine bestandssichernde Maßnahme zur Festigung der Kundenbindung im Einzugsbereich.

Das vorhabenrelevante Kaufkraftvolumen errechnet sich aus der Multiplikation der Bevölkerungszahl im Einzugsgebiet mit dem statistisch ermittelten Pro-Kopf-Ausgabebetrag von aktuell ca. 2.737 € für nah- versorgungsrelevante Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren), gewichtet mit der orts- spezifischen Kaufkraftkennziffer.

Die Höhe der Kaufkraftkennziffer wird durch die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung bestimmt. Die Kennziffer stellt unabhängig von der Gemeindegröße das Verhältnis des in Hagenburg verfügbaren Netto-Einkommens zum Gesamt-Einkommen in Deutschland dar, welches für Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung steht. Die Kaufkraftkennziffer für nahversorgungsrelevante Sortimente liegt im Flecken Hagenburg bei 100,5 und somit knapp über dem Bundesdurchschnitt (= 100,0).

Unter Berücksichtigung der erläuterten Parameter steht im abgegrenzten Einzugsgebiet insgesamt ein Kaufkraftvolumen in Höhe von ca. 48,2 Mio. € im Jahr für die nahversorgungsrelevanten Sortimente Nahrungs- und Genussmittel sowie Drogeriewaren zur Verfügung. Davon entfallen ca. 12,6 Mio. € auf das Naheinzugsgebiet (Zone 1), rd. 26,5 Mio. € auf die Zone 2 und weitere 9,1 Mio. € auf die Zone 3.

Im Fazit wird sich das Einzugsgebiet auch nach der geplanten Erweiterung vor allem auf den Flecken Hagenburg selbst, den Verflechtungsbereich des Grundzentrums Hagenburg, unmittelbar angrenzende Siedlungsbereiche der Nachbarstadt Wunstorf sowie das weitere Samtgemeindegebiet von Sachsenha-

30 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

gen beziehen. Weitere Umsätze mit Kunden aus darüber hinausgehenden Gebieten werden sich auf nur sehr geringe, diffuse Streuumsätze beschränken.

6.2 Marktabschöpfung und Umsatzleistung des Planvorhabens

Die Einschätzung der durch die geplante Erweiterung zu erwartenden Umsätze bildet die Voraussetzung für die Prognose der ausgelösten Umsatzumlenkungen und der hierdurch möglicherweise hervorgerufe- nen städtebaulichen Auswirkungen.

Die Umsatzerwartung des Planvorhabens hängt zunächst von der Verkaufsflächengröße und von der Sortimentsaufteilung ab. Hinzu kommen aber auch die Gesamtattraktivität des Standortes sowie die standortbezogene Wettbewerbsintensität.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren kann der Aldi-Markt nach der geplanten Neuaufstellung rd. 33 % von dem in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten Nahrungs- und Genussmittel sowie Drogeriewa- ren verfügbaren Kaufkraftpotenzial im Naheinzugsgebiet (Zone 1/ ca. 12,6 Mio. € Kaufkraft) binden. Bei einem noch differenzierteren Blick wird deutlich, dass gerade der unmittelbare Nahbereich des Ortsteils Altenhagen aufgrund der Alleinstellung des Anbieters eine hohe Bindungsquote von etwa 38 % erreichen kann. Im übrigen Verflechtungsbereich des Grundzentrums Hagenburg sowie den räumlich nahegelege- nen Ortsteilen von Wunstorf (Zone 2/ 26,5 Mio. € Kaufkraft) kann das Planvorhaben zusammen eine Kaufkraftbindung von rd. 7 % erreichen. Innerhalb dieser Zone fallen die Bindungsquoten für den Ver- flechtungsbereich des Grundzentrums am höchsten aus, gefolgt vom unmittelbar benachbarten Wunstor- fer Ortsteil Steinhude. Im restlichen Samtgemeindegebiet (Zone 3/ca. 9,1 Mio. € Kaufkraft) wird das Plan- vorhaben eine Kaufkraftbindung von rd. 7 % erreichen.

Der Aldi-Markt dient somit auch nach der Erweiterung vor allem der Versorgung der im Flecken Hagen- burg bzw. im grundzentralen Verflechtungsbereich des Grundzentrums Hagenburg lebenden Bevölke- rung. Er kann insgesamt ca. 14 % der verfügbaren nahversorgungsrelevanten Kaufkraft im Einzugsgebiet binden.

Damit kann mit Kunden aus dem Naheinzugsgebiet (Zone 1) nach der geplanten Neuaufstellung voraus- sichtlich ein Umsatz von rund 4,2 Mio. € mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten erzielt werden. Ge- messen am prognostizierten nahversorgungsrelevanten Gesamtumsatz des geplanten Aldi-Marktes ent- spricht dies einem Umsatz- bzw. Kundenanteil von rund 62 %. Ein Anteil von rd. 28 % des Umsatzes (ca. 1,9 Mio. €) wird mit Kunden aus dem weiteren Verflechtungsbereich von Hagenburg sowie aus den be- nachbarten Wunstorfer Ortsteilen im Einzugsgebiet erzielt (Zone 2), weitere rd. 9 % des Umsatzes (ca. 0,6 Mio. €) mit Kunden aus dem weiteren Samtgemeindegebiet Sachsenhagens (Zone 3). Die (diffusen) Streuumsätze belaufen sich auf eine nur minimale Größenordnung (rd. 1 %) und resultieren aus Kauf-

31 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

kraftzuflüssen weiterer ländlicher Siedlungsbereiche im näheren Umfeld, die nicht in das Einzugsgebiet mit einbezogenen wurden (z. B. Großenheidorn, Haste).

Abbildung 18: Marktanteile und Umsatz des Planvorhabens (nach Erweiterung)

Erwarteter Kaufkraft- Kaufkraftbin- Bereich Umsatzanteil Umsatz potenzial dungsquote

in Mio. € in % in Mio. € in %

Zone 1 4,2 62 12,6 33

OT Altenhagen 1,8 26 4,8 38

Übriges Gebiet Flecken Hagenburg 2,4 35 7,9 30

Zone 2 1,9 28 26,5 7

Wölpinghausen, OT Wiedenbrügge, 0,5 7 3,4 15 OT Schmalenbruch/Windhorn OT Düdinghausen (Auhagen) 0,1 1 0,5 15

Wunstorf-Steinhude 1,0 14 14,3 7

Wunstorf-Mesmerode 0,1 1 2,0 3

Wunstorf-Bokeloh 0,2 3 6,3 3

Zone 3 0,6 9 9,1 7

Stadt Sachsenhagen (inkl. OT Nienbrügge) 0,3 4 5,2 6

Auhagen 0,2 3 2,9 6

OT Bergkirchen (Wölpinghausen) 0,1 1 1,0 6

Diffuse Umsatzzuflüsse 0,1 1 ./. ./.

Nahversorgungsrelevante 6,8 100 ./. ./. Kernsortimente gesamt

Nonfood-Sortimente 1,0 ./ ./. ./.

Summe 7,8 ./. ./. ./.

Quelle: BBE-Berechnungen 2019; Rundungsdifferenzen möglich

32 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Laut sekundärstatistischen Daten beträgt der durchschnittliche Umsatz einer Aldi Nord-Filiale in Deutsch- land rd. 5,7 Mio. €. Dies entspricht bei einer durchschnittlichen Filialgröße von ca. 860 m² Verkaufsfläche einer Flächenproduktivität von ca. 6.650 € je m² Verkaufsfläche.13 Grundsätzlich gilt für die Aldi Nord- Märkte, dass unabhängig von der Filialgröße in allen Märkten dasselbe Angebot vorgehalten wird. Damit geht tendenziell einher, dass die kleineren Filialen (mit einem höheren Personalaufwand) einen auf die Fläche bezogenen höheren Umsatz erzielen können als die Filialen, die dasselbe Angebot auf einer grö- ßeren Fläche präsentieren (und damit weniger häufig Ware nachlegen müssen).

Der erzielbare Umsatz einer Aldi-Filiale steigt damit nicht linear mit der Verkaufsfläche. Auch ist zu be- rücksichtigen, dass dieser Durchschnittswert starke Schwankungen überdeckt, die aus der Wettbewerbs- situation, dem Nachfragepotenzial und der konkreten Standortsituation resultieren.

Die BBE-Gutachter gehen davon aus, dass der bestehende Aldi-Markt heute mit einer unterdurchschnitt- lich großen Verkaufsfläche von ca. 780 m² unter Berücksichtigung der Standortqualität, der Angebotssi- tuation sowie des im Einzugsgebiet vorhandenen Bevölkerungspotenzials eine im Filialnetz etwa durch- schnittliche Flächenleistung von ca. 7.180 € je m² Verkaufsfläche erzielt. Der Umsatz der bestehenden Aldi-Filiale dürfte sich somit gegenwärtig in einer Größenordnung von rd. 5,6 Mio. € pro Jahr bewegen. Auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren) entfallen hiervon rd. 4,9 Mio. € und auf Nonfood-Sortimente rd. 0,7 Mio. €. Bei den Nonfood-Sortimenten handelt es sich vornehmlich um die wöchentlich wechselnden Aktionswaren.

Da die Aktionsware eines Lebensmitteldiscountmarktes häufig wechselt, sind Zuordnungen der Flä- che und Umsätze auf einzelne Warengruppen nur bedingt möglich. Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Aktionswarenprogramm sämtliche Warengruppen des Einzelhandels umfasst, wobei insbesondere folgende Sortimentsbereiche regelmäßig im Angebot zu finden sind:

■ Bekleidung / Textilien ■ Schuhe / Lederwaren ■ Papier / Schreibwaren / Bücher ■ Haushaltswaren ■ Spielwaren und Sportartikel ■ Elektrogeräte und Unterhaltungselektronik ■ Heimwerker- / Gartenbedarf.

Nach eigenen Berechnungen auf Basis von Branchenveröffentlichungen und Ergebnissen der BBE- Marktforschung stellt das Textilsortiment unter den Nonfood-Artikeln von Lebensmitteldiscountmärkten das umsatzstärkste Teilsortiment dar. Im Durchschnitt über alle Discountmärkte entfallen rd. 6,0 % des

13 Hahn-Gruppe, Retail Real Estate Report – 2018/ 2019

33 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Gesamtumsatzes auf das Textilsortiment. An zweiter Stelle folgt mit rd. 3,5 % des Umsatzes das Seg- ment (Unterhaltungs-) Elektronik. Für die sonstigen Nonfood-Sortimente liegen die durchschnittlichen Umsatzanteile bei rd. 0,5 - 1,0 %.

Durch die Verkaufsflächenerweiterung um ca. 520 m² wird im Sinne eines Worst-Case-Ansatzes von einem Umsatzzuwachs ausgegangen, der bei einem unveränderten Sortiment nur aus einer Attraktivitätssteige- rung resultieren kann. Demgemäß wird im Folgenden ein Umsatz von max. 7,8 Mio. € für das Planvor- haben nach erfolgter Verkaufsflächenerweiterung berücksichtigt. Dies entspricht einem jährlichen Mehrumsatz von max. 2,2 Mio. €. Damit wird unterstellt, dass die Filiale nach erfolgter Erweiterung ei- nen im Aldi-Filialnetz überdurchschnittlichen Umsatz erzielen kann. Angesichts der überdurchschnittli- chen Filialgröße wird die Flächenproduktivität der Filiale nach BBE-Prognose zukünftig bei rd. 6.000 € je m² Verkaufsfläche liegen.

Abbildung 19: Umsatzentwicklung des Planvorhabens (Bestand – Planung)

Discountmarkt Discountmarkt Sortiment Veränderung (vorher) (nachher)

Umsatzerwartung in Mio. €

Nahrungs- und Genussmittel/ 4,9 6,8 + 1,9 Drogeriewaren Sonstige Sortimente 0,7 1,0 + 0,3

Summe 5,6 7,8 + 2,2

Quelle: BBE-Berechnungen 2019

Höhere Umsatzzuwächse als vorab dargelegt, sind aus folgenden Gründen nicht zu erwarten:

■ Die geplante Erweiterungsmaßnahme dient nicht der Ausweitung des Sortimentsangebotes. Vielmehr hat die Erweiterung den Zweck, die Voraussetzungen für eine großzügigere Warenprä- sentation, verbesserte Kundenführung und Optimierung der internen Logistikabläufe zu schaffen.

■ Die Aldi-Filiale ist bereits am gegenwärtigen Standort etabliert. Gleiches gilt auch für die Ange- botsstrukturen im Standortumfeld der Aldi-Filiale, sodass sich die Einkaufsorientierungen und damit das Einkaufsverhalten der Verbraucher im Untersuchungsraum bereits im Wesentlichen herausgebildet haben.

■ Trotz der Erweiterung um ca. 520 m² Verkaufsfläche werden daher keine signifikanten Verände- rungen des Marktgebietes einhergehen. Gleichwohl kann die projektierte Erweiterung zu einer Steigerung der Rentabilität der Filiale beitragen.

Aus absatzwirtschaftlicher Sicht bedeutet dies, dass das veränderte Filialkonzept zu einem Rückgang der Flächenproduktivität führt, sodass der Flächenzuwachs vertriebsseitig nur anteilig in einen höheren Fili-

34 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

alumsatz überführt werden kann. Der gewählte Untersuchungsansatz eines um ca. 2,2 Mio. € steigenden Umsatzes ist vor diesem Hintergrund als „Worst-Case-Betrachtung“ anzusehen.

Der Aldi-Markt dient somit auch nach der Erweiterung im Schwerpunkt der Versorgung der im Flecken Hagenburg sowie im weiteren Verflechtungsbereich von Hagenburg lebenden Bevölkerung. Ergänzend übernimmt er eine Versorgungsfunktion für das übrige Samtgemeindegebiet sowie benachbarte, peripher gelegene Wunstorfer Ortsteile. Damit resultiert der zu erwartende Umsatz vor allem aus einer erhöhten Kaufkraftbindung im heutigen Einzugsgebiet, eine räumliche Ausdehnung des Marktgebietes ist ange- sichts der Siedlungs- und Wettbewerbsstrukturen nicht zu erwarten.

35 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

7 Auswirkungsanalyse 7.1 Umsatzumverteilungseffekte

Bei der Umsatzprognose wurden die Abschöpfungsquoten des Planvorhabens im projektrelevanten Ein- zugsgebiet ermittelt und somit dargelegt, welche Versorgungsbedeutung der Aldi-Markt nach der geplan- ten Erweiterung im Samtgemeindegebiet von Sachsenhagen übernehmen kann. Der bestehende Aldi- Markt ist als wichtiger Anbieter im Rahmen der wohnungsnahen Versorgung im Hagenburger Ortsteil Altenhagen sowie auch im weiteren Siedlungsgebiet des Fleckens Hagenburg zu bewerten. Er dient im Rahmen des Pkw-gestützten Einkaufs darüber hinaus aber auch der Versorgung der Einwohner im übri- gen Samtgemeindegebiet und trägt wesentlich dazu bei, einen minimalen Betriebstypenmix bei den nah- versorgungsrelevanten Angebotsformaten im Samtgemeindegebiet aufrechtzuerhalten. Zudem wurden bislang keine negativen Auswirkungen auf die örtlichen Versorgungsstrukturen ausgelöst.

Für die Betrachtung der zu erwartenden städtebaulichen Auswirkungen sind jedoch die durch das Plan- vorhaben induzierten Umverteilungseffekte für die ansässigen Betriebe relevant. Dabei ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben zu berücksichtigen. Da die Bestandsfiliale am Standort allerdings bereits langjährig ansässig ist und ihre Wettbewerbswirkungen somit bereits in der Vergangenheit entfaltet hat, ist im Zuge des geplanten Erweiterungsvorhabens nur der zu erwartende Mehrumsatz zu berücksichtigen, der sich aus der Attraktivitätssteigerung infolge der Flächenerweiterung ergibt und der zwangsläufig Anbietern an anderer Stelle verloren geht, da durch die Realisierung nicht mehr Kaufkraft entsteht, sondern diese le- diglich zwischen den unterschiedlichen Wettbewerbern/ Wettbewerbsstandorten umverteilt wird.

Diese Methodik ist in den letzten Jahren mehrfach vom OVG Münster - u. a. im Zuge der geplanten CentrO-Erweiterung in Oberhausen - bestätigt worden (Urteile des OVG Münster vom 06.06.2005; Ak- tenzeichen: 10 D 148/04.NE sowie vom 06.11.2008; Aktenzeichen 10 A 1417/07 bzw. 10 A 2601/07). Bei der Beurteilung, ob im Rahmen einer Erweiterung eines bestehenden Einzelhandelsbetriebes Auswirkun- gen auf zentrale Versorgungsbereiche der Standortkommune oder benachbarter Kommunen zu erwarten sind, ist demnach zu beachten, dass der zu erweiternde Einzelhandelsbetrieb mit seiner bisherigen (ge- nehmigten) Größe am Erweiterungsstandort bereits vorhanden ist.

Diese Verfahrensweise hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 12.02.2009 (Az. BVerwG 4 B 3.09) grundsätzlich bestätigt. Dort heißt es wörtlich: „Bei der Prognose der Auswirkun- gen ist […] von der gegebenen städtebaulichen Situation auszugehen. Diese wird nicht nur von den an- deren vorhandenen Einzelhandelsbetrieben, sondern auch durch den Betrieb, dessen Erweiterung ge- plant ist, in seinem bisherigen Bestand geprägt.“

Die Erweiterung eines bereits am Markt tätigen Einzelhandelsbetriebes stellt folglich keine Neuansiedlung dar, sodass bei der Beurteilung etwaiger Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche und die woh-

36 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

nungsnahe Versorgung im Wesentlichen auf die vorgesehene Verkaufsflächenerweiterung und des sich hieraus ergebenden zusätzlichen Attraktivitätsgewinns abzustellen ist.

Für den Fall der geplanten Erweiterung des Aldi Discountmarktes in Hagenburg auf ca. 1.300 m² Ver- kaufsfläche wird ein Mehrumsatz in Höhe von maximal 2,2 Mio. € prognostiziert. Davon wird der Großteil (rd. 1,9 Mio. €) auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente entfallen, die sonstigen Sortimente (Akti- onswaren) werden voraussichtlich rd. 0,3 Mio. € zusätzlich erzielen.

Bei der Einschätzung der zu erwartenden Umsatzverlagerungseffekte werden folgende Annahmen zu- grunde gelegt:

■ Die durch die Erweiterungsplanung hervorgerufenen Umsatzverlagerungen gehen in erster Linie zu Lasten derjenigen Wettbewerber, die eine vergleichbare Marktpositionierung und Angebots- ausrichtung aufweisen. Dies bedeutet, dass als Hauptwettbewerber des Aldi-Marktes in erster Linie größere Lebensmittelmärkte anzusehen sind.

■ Mit zunehmender Entfernung des Projektstandortes nimmt die Stärke der Umsatzverlagerungsef- fekte ab. Dies bedeutet, dass Einzelhandelsbetriebe im näheren Umfeld des Projektstandortes stärker von Umsatzverlagerungen betroffen sind als weiter entfernt gelegene Einzelhandelsbe- triebe. Dieser Annahme liegt die Marktbeobachtung zugrunde, dass für den Verbraucher die Attraktivität von Einzelhandelsbetrieben mit zunehmender Zeitdistanz und dem hiermit verbundenen steigen- den Zeit- und Kostenaufwand geringer wird. Die Zeitdistanzempfindlichkeit der einzelnen Sorti- mente ist jedoch unterschiedlich und wird wesentlich durch den Warenwert und die Häufigkeit der Nachfrage bestimmt. So weisen insbesondere Güter des täglichen Bedarfs - wie z. B. Lebensmit- tel und Drogeriewaren - aufgrund des relativ niedrigen Warenwertes sowie der vergleichsweise hohen Einkaufshäufigkeit eine hohe Zeitdistanzempfindlichkeit auf. Die Folge hiervon ist, dass bereits nach relativ geringer Zeitdistanz die Nachfrage nach diesen Gütern deutlich abnimmt.

Die Marktbeobachtung zeigt, dass sich die von Flächenerweiterungen induzierten Umverteilungen in ers- ter Linie auf Anbieter desselben Filialnetzes bzw. Betriebstyps (Lebensmittelmärkte) beziehen. Denn Betriebserweiterungen führen nur zu marginalen Änderungen der Einkaufsgewohnheiten und veranlas- sen die Verbraucher nicht, die Zahl ihrer Einkäufe bei branchenfremden Betrieben (z. B. Ladenhandwerk, Obst- und Gemüsegeschäften, Bio-Läden, Feinkostgeschäften usw.) zu reduzieren.

Als wichtigste Wettbewerber sind die zwei weiteren Lebensmittelmärkte im Samtgemeindegebiet, aber auch die nächstgelegenen Anbieter im angrenzenden nordwestlichen Wunstorfer Stadtgebiet (Steinhude, Kernstadt) zu bewerten. Für die weiteren Wettbewerbsstandorte in den übrigen Nachbarkommunen (u. a. Lindhorst, Rehburg-Loccum) sind aufgrund der räumlichen Distanz nur marginale Wettbewerbswirkungen zu erwarten.

37 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Abbildung 20: Umsatzumverteilungseffekte des Planvorhabens

derzeitiger Wettbe- Zentraler Versorgungsbereich/ Standort Umsatzumverteilung werberumsatz1

in Mio. € in Mio. € in %

Flecken Hagenburg2 ZVB Ortszentrum Hagenburg (Edeka) 6,5 0,3 5

Stadt Sachsenhagen ZVB Ortszentrum Sachsenhagen - - - Ergänzungslage NVS Obere Straße (Penny) 3,3 0,2 6

Stadt Wunstorf ZVB Wunstorf Innenstadt (Aldi) 6,5 0,2 3 ZVB Ortsteilzentrum Steinhude (Lidl, Combi) 9,5 0,4 4 Sonstige Lagen Wunstorf (Lidl, Marktkauf) 22,1 0,2 1

Gemeinde Lindhorst ZVB Ortszentrum Lindhorst (Edeka) 3,3 (*) (*) Ergänzungsbereich Gewerbestraße (Aldi, Edeka) 11,5 0,2 2

Stadt Rehburg-Loccum ZVB Ortskern Rehburg (Penny, Edeka, Rewe) 12,4 (*) (*) ZVB Ortskern Loccum (NP, WEZ) 6,9 (*) (*) Sonstige Lagen Rehburg-Loccum (Aldi) 6,3 0,1 2

Gemeinde Haste (Netto, NP) 4,7 0,1 2

Untersuchungsraum gesamt 93,0 1,7 2

Diffuse Umsatzumverteilung ./. 0,2 ./.

Umverteilungseffekte insgesamt ./. 1,9 ./. 1 nur nahversorgungsrelevante Sortimentsanteile (Nahrungs- und Genussmittel / Drogeriewaren) 2 ohne zu untersuchenden Aldi-Markt in Hagenburg (*) marginal Quelle: BBE-Berechnungen 2019

Die durch die projektierte Aldi-Filialerweiterung induzierten Umsatzumverteilungen betreffen mit 0,3 Mio. € bzw. 5 % der aktuellen Bestandsumsätze demnach in räumlicher Nähe insbesondere den zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Hagenburg (vgl. Abbildung 20), da sich mit dem Edeka- Markt an der Lange Straße hier der einzige Wettbewerber in Hagenburg befindet. Einwohner aus dem Flecken Hagenburg, könnten bei einer weiteren Attraktivitätssteigerung des Aldi-Marktes diesen häufiger als bisher aufsuchen. Trotz der zu prognostizierenden Umlenkungen wird sich für den Edeka-Markt als Vollsortimentsanbieter die Wettbewerbsintensität durch den Aldi-Markt in Grenzen halten. Zudem plant

38 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

auch dieser Anbieter selbst Erweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen, so dass auch er zukünftig weiterhin wettbewerbsfähig aufgestellt sein wird.

Die prozentual höchsten Wettbewerbswirkungen werden gegenüber dem Discountmarkt Penny am Sachsenhagener Ergänzungsstandort Obere Straße mit einer Umverteilung von rd. 6 % des Be- standsumsatzes, mit absolut aber nur ca. 0,2 Mio. € ausgelöst. Der betriebstypengleiche Lebensmittel- discounter steht in Folge einer zu erwartenden Umorientierung von Verbrauchern aus Sachsenhagen, Auhagen und Wölpinghausen im Wettbewerb mit dem Planvorhaben. Als einzigem Versorger in Sach- senhagen werden für ihn aber selbst nach Intensivierung der Wettbewerbssituation noch ausreichend große Marktanteile verbleiben, so dass er bedingt durch die Erweiterungsplanungen nicht in seiner Exis- tenz bedroht ist.

In der Summe entfallen mit rd. 0,4 Mio. € (rd. 4 % der aktuellen Bestandsumsätze) absolut die höchsten Umsatzumlenkungen auf Anbieter im Ortsteilzentrum Steinhude. Betroffen ist hier in besonderem Maße der Lidl-Markt als nächstgelegener, aber zugleich wettbewerbsstarker Anbieter – aufgrund der Verbund- lage auch der Supermarkt Combi, aber deutlich nachgeordnet. Der Standort profitiert aktuell sicherlich in hohem Maße von Zuflüssen aus Hagenburg, die mit Modernisierung des Aldi-Marktes aber reduziert werden könnten. Aufgrund der attraktiven Verbundlage von Discountmarkt, Supermarkt und auch dem Drogeriemarkt Rossmann sind aber keine größeren Verluste zu erwarten.

Zudem entfallen Wettbewerbswirkungen von rd. 0,2 Mio. € bzw. 3 % des aktuellen Bestandsumsatzes auf den nächstgelegenen Markt des Aldi-Filialnetzes in Wunstorf, welcher räumlich dem zentralen Versor- gungsbereich Innenstadt zugerechnet werden kann. So ist zu erwarten, dass Kunden aus Steinhude, Mesmerode oder Bokeloh nach Modernisierung die Aldi-Filiale in Hagenburg, statt die im Wunstorfer Westen, häufiger aufsuchen werden als vorher. Auch werden sich dortige Einkäufe der Bevölkerung aus dem Samtgemeindegebiet, z. B. im Zusammenhang mit anderen Innenstadteinkäufen, reduzieren. Die übrigen in der Wunstorfer Innenstadt ansässigen Anbieter (Drogeriefachmärkte, Ladenhandwerksbetrie- be, Parfümerien, etc.) stellen aufgrund ihrer spezialisierten Angebots- und Zielgruppenausrichtung hinge- gen keinen direkten Wettbewerber des Planvorhabens dar, so dass hierauf nur marginale Umverteilungs- effekte entfallen, die für die einzelnen Anbieter nicht von Relevanz sind. Als einer von zwei Aldi-Filialen im Wunstorfer Stadtgebiet ist der Fortbestand des Marktes aber nicht in Frage zu stellen.

Umlenkungen von ebenfalls rd. 0,2 Mio. € bei nur 1 % des Bestandsumsatzes sind für die sonstigen Lagen in Wunstorf und hierbei namentlich insbesondere den Lidl, minimal auch für den Marktkauf an der Hagenburger Straße zu prognostizieren. Aufgrund der geringen Größenordnung und der hohen Leis- tungsfähigkeit der Anbieter in diesem Bereich besteht allerdings nicht die Gefahr von Betriebsaufgaben.

Auch die Lindhorster Aldi-Filiale ist infolge reduzierter Zuflüsse aus Sachsenhagen und Auhagen von entsprechenden Umverteilungseffekten betroffen. Diese belaufen sich zusammen mit dem benachbarten Edeka für den Standort an der Gewerbestraße auf absolut 0,2 Mio. € bzw. rd. 2 % der Bestandsumsätze und liegen damit nicht in einer betriebsgefährdenden Größenordnung.

39 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Gleiches gilt für die Wettbewerbsstandorte in Rehburg und Loccum sowie in Haste. Die Umsatzumver- lagerungen belaufen sich hier, sofern nicht nur in einer marginalen Größenordnung auf max. 0,1 Mio. € bzw. 2 % des Bestandsumsatzes.

Außerhalb des Untersuchungsraumes wird ein Umsatzanteil von max. 0,2 Mio. € im Rahmen einer diffu- sen Umverteilung generiert. Aufgrund der geringen absoluten Höhe der prognostizierten Umverteilun- gen gegenüber der Vielzahl an Anbietern und Standorten, z. B. im weiteren Stadtgebiet von Wunstorf, sind einzelbetriebliche Umsatzeinbußen in betriebsgefährdender Höhe nicht nachweisbar und somit grundsätzlich auszuschließen.

Angesichts der Höhe der durch die Aldi-Neuaufstellung induzierten Umsatzumverlagerungen können ne- gative städtebauliche Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Ver- sorgung im Samtgemeindegebiet ausgeschlossen werden. Durch die geringe Kaufkraftabschöpfung außer- halb dieses Raumes sind Beeinträchtigung anderer zentraler Versorgungsbereiche oder nachteilige Aus- wirkungen auf die Versorgung der Wohnbevölkerung in angrenzenden Nachbarkommunen (z. B. Wunst- orf-Steinhude) ebenfalls auszuschließen

7.2 Städtebauliche Bewertung der geplanten Aldi-Erweiterung

Für die städtebauliche Bewertung des Erweiterungsvorhabens ist entscheidend, ob durch die induzierten Umsatzverlagerungseffekte zentrale Versorgungsbereiche in ihrer Funktionalität beeinträchtigt werden oder die Nahversorgung in Wohngebieten nachteilig beeinflusst wird.14 Diese negativen Auswirkungen wären zu unterstellen, wenn infolge der geplanten Erweiterung des Lebensmittelmarktes solche Betriebe geschlossen werden, die für die Funktionsfähigkeit bestehender Versorgungszentren wichtig sind, ohne dass adäquate Nachnutzungen realisiert werden können. Die Entwicklungsfähigkeit von zentralen Ver- sorgungsbereichen wäre dann beeinträchtigt, wenn bei Realisierung der Projektplanung die Chancen bestehender Betriebe zur Anpassung an Marktentwicklungen oder die Entwicklungschancen zum Ausbau zentraler Versorgungsbereiche eingeschränkt würden.

14 Die Einschätzung städtebaulicher Auswirkungen wird an die Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO angelehnt, wonach sich Einzelhandelsbetriebe „nicht nur unwesentlich“ auswirken dürfen. Noch nicht abschließend geklärt ist, ab welcher Höhe des Schwellenwertes gravierende Auswirkungen auftreten können. In der Planungs- und Rechtsprechungspraxis hat sich als quantitative Orientierungsgröße etabliert, dass bei zentren- und nahversor- gungsrelevanten Sortimenten ein Umsatzverlust von 10 %, bei anderen Sortimenten von 20 % als abwägungsre- levant angesehen wird. Bis zu diesen Abwägungsschwellenwerten ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich keine erheblichen städtebaulichen Folgen ergeben werden. Es müssen jedoch weitere qualitative Indikatoren ge- prüft werden, um die Auswirkungen des Vorhabens beurteilen zu können.

40 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Städtebaulich relevante Auswirkungen liegen somit regelmäßig dann vor, wenn

■ die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet ist, da infolge eines Planvorhabens flächendeckende Geschäftsaufgaben bzw. Aufgaben von strukturprägenden Betrieben in zentra- len Versorgungsbereichen bzw. an wohnungsnahen Standorten zu befürchten sind, bzw.

■ das Planvorhaben zu Leerständen und damit zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche führt und

■ das Planvorhaben (geplante) Ansiedlungen in zentralen Versorgungsbereichen verhindern könnte.

Die BBE Handelsberatung GmbH vertritt die gutachterliche Einschätzung, dass durch die geplante Neu- aufstellung des Aldi-Lebensmitteldiscountmarktes in Hagenburg keine negativen Auswirkungen auf zent- rale Versorgungsbereiche sowie die wohnungsnahe Versorgung gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO im Samt- gemeindegebiet von Sachsenhagen sowie in umliegenden Städten und Gemeinden zu erwarten sind. Folgende Gründe sprechen zusammenfassend für diese Einschätzung:

■ Für die Bewertung der städtebaulichen Auswirkungen ist von Bedeutung, dass das Planvorha- ben einen Nahversorgungsbetrieb in einer üblichen Markteintrittsgröße (ca. 1.300 m² VKF) dar- stellt. Neben den nahversorgungsrelevanten Sortimentsbereichen Nahrungs- und Genussmittel sowie Drogeriewaren werden nur in untergeordnetem Umfang sonstige Nonfood-Sortimente (v. a. Aktionswaren) angeboten.

■ Im Falle der „Worst-Case-Betrachtung“ würde die Neuaufstellung zu einer Umsatzsteigerung von insgesamt max. 2,2 Mio. € führen. Auf den Bereich der nahversorgungsrelevanten Sorti- mente dürfte dabei mit rd. 1,9 Mio. € der größte Umsatzanteil entfallen. Dieser wird aus einer intensivierten Abschöpfung im Einzugsgebiet stammen. Für den Bereich der sonstigen Sorti- mente/ Aktionsware wird ein Umsatzzuwachs von ca. 0,3 Mio. € erwartet. Der überwiegende Umsatzanteil wird somit auch nach der Erweiterung des Aldi-Marktes in den nahversorgungsre- levanten Sortimenten getätigt.

■ Es werden durch die geplante Aldi-Erweiterung unkritische Umverteilungseffekte gegenüber den untersuchungsrelevanten zentralen Versorgungsbereichen und den wohnungsnahen Ver- sorgungsstrukturen ausgelöst. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit einzelner Betriebe wird deshalb nicht infrage gestellt. Städtebaulich relevante Auswirkungen sind somit nicht zu erwarten.

■ Die Entwicklungsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche in der Samtgemeinde Sachsen- hagen wird durch das Erweiterungsvorhaben nicht eingeschränkt. Dies ist vor allem darauf zu- rückzuführen, dass die beiden Ortszentren Hagenburg und Sachsenhagen (zentrale Versor- gungsbereiche) keine geeigneten Entwicklungsflächen aufweisen, um zusätzliche Anbieter für

41 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

eine bedarfsgerechte Lebensmittelmarktversorgung in den abgrenzten zentralen Versorgungs- bereichen anzusiedeln15. Der ehemalige Standort am Cord-Bothe-Platz bietet angesichts der Objektrahmenbedingungen nicht die Voraussetzungen für eine Nachbelegung mit einem lang- fristig marktfähigen Lebensmittelmarkt. So sind komplette Neuansiedlungen innerhalb der Samt- gemeinde auch darüber hinaus nicht zu erwarten und die vorhandenen Potenziale können und sollten dafür genutzt werden die bestehenden Versorgungsstrukturen zu stärken.

■ Aufgrund der relativ geringen Lebensmittelmarktausstattung in der Samtgemeinde insgesamt bzw. der Konzentration auf die nur drei vorhandenen Anbieter in Hagenburg und Sachsenha- gen, nimmt das Planvorhaben eine hohe Versorgungsbedeutung für das Samtgemeindegebiet ein. Es handelt sich um eine bestandssichernde Modernisierungsmaßnahme eines bestehen- den Nahversorgungsbetriebes an einem eingeführten und im Nahversorgungskonzept als Nah- versorgungstandort ausgewiesenen Standortbereich. Die Versorgungsfunktion des Marktes wird sich auch nach der projektierten Erweiterung vor allem auf den Flecken Hagenburg sowie dessen grundzentralen Verflechtungsbereich beziehen. Bei einer Kaufkraftbindung von ca. 33 % in Zone 1 (Naheinzugsgebiet) ist der Aldi-Markt wichtiger Träger der Nahversorgung, oh- ne hierbei eine dominierende Marktstellung einzunehmen. Anders ausgedrückt heißt dies, dass darüber hinaus auch noch Kaufkraft an andere Anbieter in Hagenburg oder auch außerhalb des Samtgemeindegebietes fließt. Die flächendeckende Nahversorgung innerhalb der Samt- gemeinde wird demnach nicht tangiert, sondern im Zusammenspiel mit den übrigen Anbietern sowie vor dem Hintergrund der Notwendigkeit eines Pkw-gestützten Einkaufs für viele peripher gelegene Siedlungsbereiche langfristig gesichert. Neben der räumlichen Versorgung trägt der Standort auch zu einem ausgeglichenen Betriebstypenmix bei. Ohne den Planstandort bestände mit allein den Anbietern Penny in Sachsenhagen und Edeka in Hagenburg somit die Gefahr ei- nes Versorgungsdefizites in der Samtgemeinde.

■ Aufgrund der Dimensionierung des Untersuchungsobjektes sind wesentliche Marktwirkungen für die Nachbarkommunen und damit negative übergemeindliche Auswirkungen für zentrale Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung auszuschließen.

■ Für die sonstigen Sortimente/ Non-Food-Sortimente ist bei einer Umsatzsteigerung um rd. 0,3 Mio. € davon auszugehen, dass die entsprechende Kaufkraft derzeitig bereits überwiegend von größeren Lebensmittelmärkten gebunden wird. Somit kann unterstellt werden, dass die hier- durch hervorgerufenen Umsatzverlagerungen in erster Linie Lebensmitteldiscountmärkte betref- fen werden. Sonstige Einzelhandelsbetriebe werden dagegen nur in einem sehr geringen Maß

15 Vgl. Ausführungen zu den Entwicklungsmöglichkeiten in den Ortslagen, Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samt- gemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018, S. 28, 31.

42 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

durch Umsatzumverteilungseffekte tangiert, sodass die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Fach- einzelhandels in den zentralen Versorgungsbereichen nicht gefährdet wird.

Damit können „mehr als unwesentliche Auswirkungen“ auf zentrale Versorgungsbereiche und die woh- nungsnahe Versorgung in der Samtgemeinde Sachsenhagen und den Nachbarkommunen gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO aufgrund der prognostizierten maximalen Umsatzumverteilungen ausgeschlossen wer- den.

7.3 Einordnung des Vorhabens in die Vorgaben der Landes- und Regio- nalplanung

Das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Schaumburg stammt aus dem Jahr 2003 und soll auch in Orientierung an den Änderungen des Landesraumordnungsprogrammes neu aufgestellt wer- den. Mit dem Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen 2017 (LROP NDS) bestehen in Abschnitt 2.3 Ziele und Grundsätze der Raumordnung, die im Rahmen von Neuansiedlungen bzw. Erweiterungen von großflächigen Einzelhandelsvorhaben zu beachten (Ziele) bzw. zu berücksichtigen (Grundsätze) sind. Bei der vorliegenden Planung sind folgende Zielvorgaben von Relevanz, für die aus gutachterlicher Sicht die nachfolgenden Bewertungen getroffen werden können:

■ Konzentrationsgebot:

Das LROP sieht als Regelfall vor, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe grundsätzlich den zentra- len Orten zuzuordnen sind. Darüber hinaus bestimmt sich der Umfang neuer Flächen aus dem zent- ralörtlichen Versorgungspotenzial, den vorhandenen Versorgungseinrichtungen und der innerge- meindlichen Zentrenstruktur. ‘‘Neue Einzelhandelsgroßprojekte sind nur innerhalb des zentralen Sied- lungsgebietes des jeweiligen Zentralen Ortes zulässig (Konzentrationsgebot)‘‘ (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 04).

Der Flecken Hagenburg ist im RROP des Landkreises Schaumburg 2003 als Grundzentrum einge- ordnet worden und somit grundsätzlich als Standort für großflächige Einzelhandelsbetriebe vorgese- hen. Der Projektstandort befindet sich innerhalb des Ortsteils Altenhagen, der gemäß den Empfehlun- gen des städtebaulichen Konzeptes der Samtgemeinde Sachsenhagen zur Sicherung und Entwick- lung bestehender Einzelhandelsstandorte16 dem zentralen Siedlungsgebiet zugeordnet wird. Das Konzentrationsgebot entsprechend dem LROP wird somit eingehalten.

16 Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018, S. 11.

43 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

■ Integrationsgebot: Des Weiteren fordert das städtebauliche Integrationsgebot für die Neuansiedlung bzw. Erweiterung großflächiger Einzelhandelsbetriebe eine standortgerechte Ansiedlung an städtebaulich integrierten Standorten. ‘‘Neue Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente innenstadtrelevant sind, sind nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig (Integrationsgebot). Diese Flächen müssen in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs eingebunden sein‘‘ (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 05).

Für Standorte außerhalb zentraler Versorgungsbereiche ist eine Ausnahmeregelung für Betriebe mit periodischem Kernsortiment vorgesehen (vgl. LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 05 Satz 3). Hierfür sind die folgenden Voraussetzungen zu prüfen:

■ Mind. 90 % Verkaufsfläche des großflächigen Einzelhandelsprojektes liegen im periodischen Sortimentsbereich bzw. maximal 10 % aperiodische Sortimente (Rand-/Nebensortimente) sind zulässig.

■ Es liegt ein verbindliches städtebauliches Konzept vor, welches dokumentiert, dass Ansied- lungen in städtebaulich integrierten Lagen aus städtebaulich oder siedlungsstrukturellen Gründen, insbesondere zum Erhalt gewachsener baulicher Strukturen, der Rücksichtnahme auf ein historisch wertvolles Ortsbild oder aus verkehrlichen Gründen nicht möglich sind.

■ Lage im zentralen Siedlungsgebiet und Einbindung in das Netz des öffentlichen Personen- nahverkehrs Das Planvorhaben verfügt eindeutig über einen periodisches Kernsortiment. Zur Festlegung der kon- kreten Sortimentsanteile an der Verkaufsfläche des nahversorgungsrelevanten Planvorhabens ist im Bebauungsplan eine entsprechende Festsetzung zu treffen.

Hinsichtlich des städtebaulichen Konzeptes zur Herleitung für die Inanspruchnahme der Ausnahmere- gelung sei auf die detaillierten Ausführungen im o. g. städtebaulichen Konzept der Samtgemeinde Sachsenhagen zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte17 verwiesen. Mit dieser Konzeption liegt nach der im Sommer 2018 erfolgten Durchführung eines Beteiligungs- und Abstimmungsverfahren und der Beschlussfassung im Rat nun eine städtebauliche Konzeption vor, die sich detailliert mit der Nahversorgungssituation in der Samtgemeinde sowie zukünftigen Entwick- lungsmöglichkeiten auseinandersetzt. Die dortigen Ausführungen haben gezeigt, dass der Aldi- Standort eine wichtige Funktion für die Versorgung seines wohnortnahen Umfelds, aber auch für die Versorgungssituation im Flecken Hagenburg und in der Samtgemeinde insgesamt sowie einen aus- geglichenen Betriebstypenmix übernimmt. Ohne diesen Anbieter bestände mit allein den Anbietern Penny in Sachsenhagen und Edeka in Hagenburg die Gefahr eines Versorgungsdefizites in der Samtgemeinde. Aufgrund fehlender Entwicklungsmöglichkeiten in den Ortszentren ist dieser beste-

17 Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018

44 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

hende Standort nachhaltig zu sichern. Als Nahversorgungsstandort mit wohnortnaher Versor- gungsfunktion ist hier die Anpassung an aktuelle Marktanforderungen grundsätzlich zu empfehlen.

Die Lage im zentralen Siedlungsgebiet wurde im Rahmen des Konzentrationsgebotes bereits bestä- tigt, die Einbindung in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs ist mit der Bushaltestelle „Al- tenhagen Schachtstraße“ in einer Entfernung von rd. 300 m noch in fußläufiger Erreichbarkeit gege- ben.18

■ Kongruenzgebot:

Verkaufsflächen und Warensortiment müssen der zentralörtlichen Bedeutung und dem Verflechtungs- bereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen. Eine Einzelhandelsneuansiedlung oder auch Er- weiterung ist dann mit der planenden Gemeinde kongruent, wenn das geplante Vorhaben dem zent- ralörtlichen Auftrag der planenden Gemeinde entspricht und die wesentlichen Umsatzanteile aus dem Verflechtungsbereich der Gemeinde generiert werden.

Das Kongruenzgebot grundzentral wird im LROP 2017 als landesplanerisches Ziel definiert: ‘‘In einem Grundzentrum darf das Einzugsgebiet eines neuen Einzelhandelsgroßprojektes den grundzentralen Verflechtungsbereich gemäß Abschnitt 2.2 Ziffer 03 Sätze 8 und 9 als Kongruenzraum nicht wesent- lich überschreiten (Kongruenzgebot grundzentral)‘‘ (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 03, Satz 1)

Als grundzentraler Verflechtungsraum eines zentralen Ortes ist das jeweilige Gemeinde- oder Samt- gemeindegebiet anzunehmen (vgl. LROP 2017, Abschnitt 2.2 Ziffer 03 Satz 8). Wenn in einer Ge- meinde oder Samtgemeinde mehrere Zentrale Orte festgelegt sind, sind die jeweiligen grundzentralen Verflechtungsbereiche in Abstimmung mit der Gemeinde oder Samtgemeinde zu bestimmen (vgl. LROP 2017, Abschnitt 2.2 Ziffer 03 Satz 9). Eine Überschreitung des zugeordneten Verflechtungs- raumes im oben genannten Sinne liegt dann vor, „wenn mehr als 30 vom Hundert des Vorhabenum- satzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kongruenzraumes erzielt würde“ (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 03 Satz 5).

In der o. g. städtebaulichen Konzeption wurde auch eine räumliche Abgrenzung der Kongruenzräume der beiden Grundzentren Hagenburg und Sachsenhagen vorgenommen.19 Die Erweiterungsplanung darf nicht mehr als 30 % des Vorhabenumsatzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kon- gruenzraumes (hier Verflechtungsbereich Grundzentrum Hagenburg) erzielen. Die höchsten Kauf- kraftbindungsquoten ergeben sich gemäß den Ausführungen in Kap. 6.2 für das unmittelbare Umfeld in Altenhagen und Hagenburg, das wirtschaftliche Einzugsgebiet des Planvorhabens erstreckt sich aber zudem auch auf die weiteren Mitgliedsgemeinden und Ortsteile der Samtgemeinde sowie Teilbe- reiche der Nachbarstadt Wunstorf (Steinhude, Mesmerode, Bokeloh). Für den erweiterten Aldi-Markt ist gemäß den dargelegten BBE-Berechnungen (vgl. Abbildung 18) ein nahversorgungsrelevanter

18 In Anlehnung an die Ausführungen des Verbandes der Deutschen Verkehrsunternehmen (VDV) (vgl. VDV Schrif- ten 4, Ausgabe 06/2001) ist im ländlichen Raum bis zu einer Entfernung von rd. 600 m von einem angemessenen Einzugsbereich einer Bushaltestelle auszugehen.

19 Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018, S. 56 ff.

45 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

Umsatz von rd. 4,8 Mio. € durch Kunden aus dem grundzentralen Verflechtungsbereich von Hagen- burg (Flecken Hagenburg, Wölpinghausen mit OT Wiedenbrügge u. Schmalenbruch/Windhorn, Auha- gener OT Düdinghausen) zu erwarten. Dies entspricht einem Umsatzanteil von rd. 71 %, so dass das Kongruenzgebot damit als erfüllt angesehen werden kann.

■ Beeinträchtigungsverbot:

Das Beeinträchtigungsverbot legt ergänzend zum Kongruenzgebot fest, dass die Funktionsfähigkeit der zentralen Orte (insbes. auch der Nachbarkommunen) und integrierter Versorgungsstandorte sowie der verbrauchernahen Versorgung nicht wesentlich beeinträchtigt werden darf. ‘‘Ausgeglichene Ver- sorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrier- ter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung dürfen durch neue Einzelhandelsgroßprojekte nicht wesentlich beeinträchtigt werden‘‘ (LROP 2017, Abschnitt 2.3 Ziffer 08).

Im Rahmen der vorliegenden Auswirkungsanalyse konnte nachgewiesen werden, dass von dem Vor- haben keine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungsstrukturen und keine Gefährdung anderer städtebaulich schutzwürdiger zentraler Versorgungsbereiche und deren Entwicklungsfähigkeit ausge- hen werden. Das Beeinträchtigungsverbot wird somit durch das Vorhaben eingehalten.

Aus gutachterlicher Sicht werden die Ziele der Raumordnung durch das Planvorhaben damit ein- gehalten.

46 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

8 Fazit

■ Die Aldi GmbH & Co. KG mit Sitz in Rinteln plant die Modernisierung ihrer Filiale an der Berg- mannstraße 1 im Flecken Hagenburg, damit die Filiale dem aktuellen Filialkonzept entspricht. Heute verfügt der Markt über eine Verkaufsfläche von etwa 780 m². Vorgesehen sind der Abriss des Bestandsgebäudes und die Errichtung eines Neubaus mit einer Verkaufsfläche von rd. 1.300 m².

■ Die Angebotsausrichtung wird auch nach der Erweiterung primär bei nahversorgungsrelevanten Sortimenten liegen. Die geplante Erweiterungsmaßnahme zielt nicht auf eine Ausweitung des Sor- timentsangebotes ab. Vielmehr sollen durch die Erweiterungsmaßnahme die Voraussetzungen für eine Diversifizierung des Nahversorgungsangebotes, eine großzügigere Warenpräsentation, eine verbesserte Kundenführung und eine Optimierung der internen Logistikabläufe geschaffen wer- den.

■ Der Standort des Aldi-Marktes befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 25 „An der Wasserfurche“ mit der Festsetzung eines Mischgebietes. Da es sich bei dem erweiterten Aldi- Markt um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb handelt, ist zur Planungsrealisierung eine Än- derung des Bebauungsplanes notwendig. Vorgesehen ist die Festsetzung eines Sondergebietes für großflächigen Einzelhandel mit einer maximal zulässigen Verkaufsfläche von 1.300 m². Im Flä- chennutzungsplan (FNP) ist das Aldi-Grundstück als gemischtes Gebiet dargestellt, so dass auch eine Änderung des Flächennutzungsplanes erforderlich ist. Im Rahmen des Genehmigungsver- fahrens ist daher durch eine absatzwirtschaftliche Auswirkungsanalyse zu untersuchen, ob das Planvorhaben negative Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche und die woh- nungsnahe Versorgung der Bevölkerung in der Samtgemeinde Sachsenhagen oder in Nachbar- kommunen im Sinne von § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) haben kann. Die beab- sichtigte Bauleitplanung ist gem. § 1 Abs. 4 BauGB zudem an die Ziele der Raumordnung anzu- passen. Es ist somit zu klären, ob die Planungen mit den Vorgaben des Landesraumordnungs- programmes Niedersachsen 2017 (LROP NDS) und des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises Schaumburg 2003 vereinbar sind.

■ Der Planstandort dient der wohnortnahen Versorgung des Fleckens Hagenburg (inkl. Ortsteil Al- tenhagen), des zugehörigen grundzentralen Verflechtungsbereiches sowie auch des übrigen Samtgemeindegebietes und der ergänzenden Versorgung benachbarter Wunstorfer Ortsteile. Das Einzugsgebiet umfasst zusammen ein Einwohnerpotenzial von rd. 17.520 Einwohnern. Die dar- über hinausreichende Ausstrahlungskraft („Streuumsätze“) ist stark begrenzt.

■ Gemäß den Prognoseberechnungen erreicht das Gesamtvorhaben eine jährliche Umsatzleistung von max. 7,8 Mio. €. Durch die Erweiterung wird unter Berücksichtigung von „Worst-Case- Annahmen“ eine jährliche Umsatzsteigerung von rd. 2,2 Mio. € prognostiziert. Auf die nahversor- gungsrelevanten Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren) entfallen bei der Er- weiterung rd. 1,9 Mio. € und auf Nonfood-Sortimente rd. 0,3 Mio. € Mehrumsatz. Bei den Nonfood- Sortimenten handelt es sich vornehmlich um die wöchentlich wechselnden Aktionswaren.

47 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

■ Auch nach der Erweiterung wird der Aldi-Markt einen deutlich überwiegenden Anteil (rd. 62 %) des zu erwartenden Umsatzes durch Kunden aus dem Naheinzugsgebiet (Altenhagen und Rest des Fleckens Hagenburg) generieren. Mit Kunden aus dem weiteren Verflechtungsbereich von Hagenburg sowie den benachbarten Wunstorfer Ortsteilen beläuft sich der Umsatzanteil auf rd. 28 %, aus dem weiteren Samtgemeindegebiet Sachsenhagens stammen rd. 9 % des Umsatzes. Der Anteil an diffusen Umsätzen mit sonstigen Kunden von außerhalb des Einzugsgebietes ist nur sehr gering (rd. 1 %). Somit wird auch der erweiterte Lebensmitteldiscounter vornehmlich eine ört- liche Versorgungsfunktion für das Grundzentrum Hagenburg bzw. dessen Verflechtungsbereich übernehmen.

■ Die zu erwartenden Umsatzumverteilungen beziehen sich in erster Linie auf die größeren Le- bensmittelmärkte und hier insbesondere auf die systemgleichen (Lebensmitteldiscountmärkte) bzw. räumlich nahegelegenen Wettbewerber. Dies sind insbesondere die zwei weiteren Lebens- mittelmärkte im Samtgemeindegebiet, aber auch die nächstgelegenen Anbieter im angrenzenden nordwestlichen Wunstorfer Stadtgebiet (Steinhude, Kernstadt). Für die weiteren Wettbewerbs- standorte in den übrigen Nachbarkommunen (u. a. Lindhorst, Rehburg-Loccum) sind aufgrund der räumlichen Distanz nur marginale Wettbewerbswirkungen zu erwarten.

■ Im Rahmen der Auswirkungsanalyse konnte aufgezeigt werden, dass die durch die Neuaufstel- lung bzw. das Erweiterungsvorhaben maximal zu erwartenden Wettbewerbswirkungen in keinem Fall die wirtschaftliche Tragfähigkeit einzelner Betriebe infrage stellen werden. Städtebaulich rele- vante Auswirkungen sind somit nicht zu erwarten und auch die Entwicklungsfähigkeit der zentra- len Versorgungsbereiche im Samtgemeindegebiet von Sachsenhagen (Ortszentren Hagenburg und Sachsenhagen) wird durch die bestandssichernde Erweiterung des Aldi-Marktes nicht tan- giert. Vielmehr werden die Entwicklungsmöglichkeiten der Ortszentren bereits durch die räumli- chen Gegebenheiten eingeschränkt (fehlenden Entwicklungsflächen zur Ansiedlung großflächiger Handelsnutzungen). Zudem sind komplette Neuansiedlungen innerhalb der Samtgemeinde gene- rell nicht zu erwarten und die vorhandenen Potenziale können und sollten dafür genutzt werden die bestehenden Versorgungsstrukturen zu stärken.

■ Negative Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO können nach den Ergebnissen der Analyse somit ausgeschlossen werden.

■ Im Hinblick auf die Ziele der Landes- und Regionalplanung kann aus gutachterlicher Sicht die Wahrung der Ausnahmeregelung des Integrationsgebotes für Betriebe mit periodischem Kernsor- timent geltend gemacht werden. Mit dem städtebaulichen Konzept der Samtgemeinde Sachsen- hagen zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte20 liegt eine städtebau- liche Konzeption vor, die sich detailliert mit der Nahversorgungssituation in der Samtgemeinde sowie zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten auseinandersetzt.

20 Städtebauliche Beurteilung zur Sicherung und Entwicklung bestehender Einzelhandelsstandorte in Hagenburg und Nahversorgungskonzept für die Samtgemeinde Sachsenhagen, Stand August 2018

48 Auswirkungsanalyse Aldi-Erweiterung, Bergmannstraße 1, Hagenburg

■ Die geplante Neuaufstellung des bereits langjährig am Markt etablierten Discountmarktes ist als Sicherung der wohnortnahen Versorgung im Flecken Hagenburg und im Samtgemeindegebiet, zur Aufrechterhaltung eines bedarfsgerechten Betriebstypenmixes sowie der Vermeidung eines Versorgungsdefizites in der Samtgemeinde zu bewerten.

Hamburg, im Januar 2019 BBE Handelsberatung GmbH

i. V. Ann-Kathrin Lötz i. V. Jörg Lehnerdt

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