Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 1

VORWORT Vorwort

4.0 HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

unterschiedliche Meinungen und Interessen gehören zu unserer Demokratie. Das gilt für die Bürge- rinnen und Bürger ebenso wie für die gewählten Vertreter in den Parlamenten. Und auch im Kreistag werden immer wieder verschiedene Lösungswege bei den unterschiedlichsten Themen diskutiert. Dabei geht es stets darum, zu einer bestmöglichen Entscheidung für den Landkreis und seine Menschen zu gelangen. Stets wurde und wird im Kreistag eine Kultur des Ermöglichens ge- pflegt, für die ich mich sehr herzlich bedanken möchte.

Dieses gute und konstruktive Miteinander war eine wichtige Voraussetzung für zahlreiche wegwei- sende Beschlüsse, die in den vergangen fünf Jahren gefasst werden konnten und die darauf abzielten, unseren ländlichen Raum als Lebensraum und Wirtschaftsstandort nachhaltig zu stärken. In vielen wichtigen kommunalpolitischen Feldern fungieren Kreistag, Landrat und die Landkreisverwaltung als Motor regionaler Entwicklungsprozesse. Dabei kommt dem Landkreis eine wichtige Entwick- lungs- und Ausgleichsfunktion zu.

Die vorliegende Broschüre macht deutlich, dass in der sich dem Ende zuneigenden Wahlperiode des Kreistags vieles auf den Weg gebracht wurde. Gerade im Bereich der Schaffung einer zeitgemäßen Infrastruktur konnten zentrale Weichen gestellt und die Entwicklung ebenso vorangetrieben werden wie im Aufbau von zukunftsfähigen Strukturen im Gesundheitswesen. Doch die nächsten Jahre wer- den neue Herausforderungen bringen. Nach einem afrikanischen Sprichwort kommt man weiter, wenn man gemeinsam geht. Aktiv, innovativ und im engen Schulterschuss mit allen beteiligten Ak- teuren - etwa auch mit den Städten und Gemeinden unseres Kreises - werden wir uns diesen He- rausforderungen stellen!

Für Ihr Interesse und eine aktive Begleitung der Kreispolitik danke ich Ihnen.

Ihr Landrat

Dr. Martin Kistler

1 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 2

Inhalt Inhaltsverzeichnis

1.0 KURZDARSTELLUNG DES LANDKREISES WALDSHUT 6

2.0 DER KREISTAG DES LANDKREISES WALDSHUT 7 2.1 Mitglieder des Kreistags 2.2 Einteilung des Wahlkreises zur Kreistagswahl 2019

3.0 RÜCKBLICK / AUSBLICK 12 3.1 Infrastruktur 3.2 Gesundheitswesen 3.3 Migration 3.4 Bildung

4.0 DAS LANDRATSAMT WALDSHUT 15 4.1 Das Landratsamt als Arbeitgeber für die Region 4.2 Digitales Landratsamt

5.0 HAUSHALTS-, KASSEN- und RECHNUNGSWESEN 20 5.1 Das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) 5.2 Haushaltsplanung und Jahresabschluss 5.3 Erträge am Beispiel des Haushaltsplans 2019 5.4 Aufwendungen am Beispiel des Haushaltsplans 2019 5.5 Entwicklung des Schuldenstandes 5.6 Investitionen 5.7 Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen

6.0 KRANKENHÄUSER UND PFLEGEHEIM 26 6.1 Krankenhäuser und Gesundheitscampus 6.2 Seniorenwohnen

7.0 SCHULEN 29 7.1 Schülerzahlen 7.2 Der Landkreis als Schulträger 7.3 Die schulischen Angebote der Kreisschulen 7.4 Sonstige schulische Einrichtungen des Landkreises 7.5 Kolleg St. Blasien 7.6 Studienzentrum Landkreis Waldshut 7.7 Inklusion und Weiterentwicklung der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) 7.8 Einrichtung des Schultyps „Förderschwerpunkt Schüler in längerer Kranken- hausbehandlung“ in als Außenstelle der Langenstein-Schule (SBBZ) 7.9 Einrichtung einer Berufsschule für Anlagenmechaniker/innen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK)

2 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 3

INHALTSVERZEICHNIS

8.0 LIEGENSCHAFTEN 36 8.1 Eigene Objekte 8.2 Angemietete Objekte 8.3 Sanierung Verwaltungsgebäude Kaiserstr. 110 8.4 Flüchtlingsunterbringung und Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft in Jestetten 8.5 Historische Liegenschaften und Museen

9.0 ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES 40 9.1 Amt für Soziale Hilfen, Behinderten- und Altenhilfe 9.2 Jobcenter 9.3 Jugendamt 9.4 Kommunale Stelle für Gleichstellung

10.0 UMWELT 61 10.1 Tiefenlager für atomare Abfälle 10.2 Flughafen Zürich 10.3 Biosphärengebiet Schwarzwald 10.4 Bodenschutz

11.0 BAUEN IM LANDKREIS 78 11.1 Bautätigkeit 11.2 Bauplanungsrecht 11.3 Klimaschutz 11.4 European Energy Award 11.5 Vorbeugender Brandschutz 11.6 Zusammenarbeit mit externen Stellen

12.0 LANDSCHAFTSERHALTUNGSVERBAND LANDKREIS WALDSHUT 82

13.0 STRAßEN IM LANDKREIS 84 13.1 Kreisstraßen 13.1.2 Albtalstraße, L 154 13.2 Radverkehrskonzept Landkreis Waldshut

14.0 WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG 87 14.1 Der Wirtschaftsstandort 14.2 Zielsetzungen und Aktivitäten der Wirtschaftsförderung 14.3 Beratung und Förderung 14.4 Regionale Kooperation 14.5 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit 14.6 LEADER-Förderung

3 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 4

INHALTSVERZEICHNIS

15.0 TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT 96 15.1 Organisationsstruktur 15.2 Touristische Eckwerte 15.3 Wirtschaftsfaktor Tourismus 15.4 Schwerpunkte der Tourismusarbeit des Landkreises 15.5 Ausgewählte Beispiele aktueller touristischer Schwerpunktaufgaben

16.0 ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR; SCHÜLER-BEFÖRDERUNG; 103 ERWACHSENEN- BEHINDERTENVERKEHR 16.1 Allgemeine Vorbemerkungen 16.2 Schienenverkehr 16.3 Busverkehr und Barrierefreiheit 16.4 Waldshuter Tarifverbund GmbH (WTV) 16.5 Gute Fahrgastzahlen - Gründe 16.6 Schülerbeförderung; Erwachsenen Behindertenverkehr; Personenbeförderungsrecht

17.0 ORDNUNGSAMT 108 17.1 Feuerwehr und Katastrophenschutz 17.2 Integrierte Leitstelle Waldshut 17.3 Rettungsdienst

18.0 ABFALLWIRTSCHAFT 111 18.1 Getrennte Erfassung von Bioabfällen gemäß Kreislaufwirtschafts-Gesetz 18.2 Erfassung von Hartkunststoffen auf allen Recyclinghöfen des Landkreises Waldshut 18.3 Neukalkulation der Müllgebühren ab 01.01.2019 18.4 Kreismülldeponie Lachengraben bei Wehr: Erschließung des neuen Betriebsabschnittes IV a 18.5 Bau der neuen Biomüllumladestationen 18.6 Nationale Klimaschutzinitiative; Deponien Lachengraben, Münchingen, Tiengen und Lottstetten

19.0 GESUNDHEIT 116 19.1 Ambulante medizinische Versorgung 19.2 Kommunale Gesundheitsförderung und Prävention 19.3 KISS – Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe im Landkreis Waldshut

20.0 VETERINÄRWESEN UND LEBENSMITTELÜBERWACHUNG 120 20.1 Lebensmittelüberwachung 20.2 Tierschutz 20.3 Tiergesundheit/Tierseuchenüberwachung

4 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 5

INHALTSVERZEICHNIS

21.0 LANDWIRTSCHAFTSAMT 122

22.0 KULTUR 125 22.1 Allgemeines 22.2 Kulturzentrum Schloss Bonndorf 22.3 Volkskundemuseum Hüsli 22.4 Museum St. Blasien 22.5 Gipsmühle in Stühlingen-Blumegg 22.6 Förderung anderer Träger 22.7 Weiterbildung 22.8 Jugendmusikschulen 22.9 Buchpublikationen 22.10 Kreisarchiv

23.0 JUSTIZIARIAT 130

5 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 6

KURZDARSTELLUNG DES LANDKREISES WALDSHUT

1.0 1.0 Kurzdarstellung des Landkreises Waldshut

Fläche: 1.131,20 km² Höchster Punkt: Herzogenhorn 1.415 m ü.N.N. Niedrigster Punkt: Bad Säckingen (Rhein) 285 m ü.N.N. Größte Nord-Süd-Ausdehnung: Bernau – Bad Säckingen 35 km Größte West-Ost-Ausdehnung: Wehr – Jestetten 57 km Länge der Kreisgrenze: 282,8 km Länge der Staatsgrenze zur Schweiz: 148,7 km Länge der Kreisstraßen: 397,8 km

Geographische Lage des Landkreises Waldshut:

Nördlichster Punkt (Hochkopf im Feldberggebiet, 1.308 m ü.N.N.): 47° 51’ 34“ nördliche Breite 8° 03’ 30“ östliche Länge

Südlichster Punkt (Rhein bei Bad Säckingen): 47° 32’ 40“ nördliche Breite 7° 52’ 42“ östliche Länge

Westlichster Punkt (Gemarkungsgrenzpunkt Nr. 88, Wehr-Eichen): 47° 38’ 37“ nördliche Breite 7° 52’ 20“ östliche Länge

Östlichster Punkt (Rheininsel Altenburg, Klosterwald Rheinau): 47° 39’ 10“ nördliche Breite 8° 37’ 48“ östliche Länge

Wohnbevölkerung des Landkreises Waldshut:

- Einwohnerzahl (Stand 30.09.2017) 170.125

- Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung: 14,2 %

- Bevölkerungsdichte: 150 Einwohner pro km²

- Zahl der Städte und Gemeinden: 32

- Kraftfahrzeuge: 156.393 Fahrzeuge (einschl. Anhänger – Stand 02.01.2019)

6 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 7

DER KREISTAG DES LANDKREISES WALDSHUT UND SEINE AUSSCHÜSSE

2.0 2.0 Der Kreistag des Landkreises Waldshut und seine Ausschüsse

Der Kreistag repräsentiert die Einwohnerinnen und Einwohner und ist wichtigstes Organ des Land- kreises. Er legt die Grundsätze für die Verwaltung fest und entscheidet über alle bedeutenden Angelegenheiten und grundsätzlichen Fragen.

Zum Aufgabenbereich des Kreistags gehören nach den Bestimmungen der Landkreisordnung für Baden-Württemberg die Ernennung, Einstellung und Entlassung der leitenden Beamten und Angestellten des Landkreises, die Übernahme freiwilliger Aufgaben durch den Landkreis, länger- fristige Planungen für Vorhaben des Landkreises, die unmittelbar raum- oder entwicklungsbedeut- sam sind oder das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl seiner Einwohner nachhaltig berühren. Weitere Aufgaben sind der Erlass von Satzungen und Rechtsverordnungen, die allgemeine Festset- zung von Abgaben, die Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung von öffentlichen Ein- richtungen und von Unternehmen sowie die Beteiligung an solchen, der Erlass der Haushaltssatzung und der Nachtragssatzungen, die Feststellung der Jahresrechnung, die Wirtschaftspläne und Fest- stellung des Jahresabschlusses von Sondervermögen.

Eine Auswahl wichtiger Themen aus der Arbeit des Kreistags von 2014 bis zum Ende der Amtsperiode im Sommer 2019:

- Neustrukturierung der Gesundheitsversorgung im Landkreis Waldshut - Schließung des Spitals Bad Säckingen zum 31.12.2017 und Entwicklung des Gesundheitscampus Bad Säckingen - Planung eines Zentralklinikums für den Landkreis Waldshut mit medizinischem Konzept und Standortsuche - Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeits-Studie sowie Resolution zum Bau der A 98; Abschnitte 98.5 und Abschnitt 98.6 - Gründung der Waldshuter Plattform für Abschnitte A 98.8 und A 98.9 - Breitband, Backbone-Erschließung, Gründung Zweckverband Breitband Landkreis Waldshut - Fluglärm-Staatsvertrag über den Betrieb des Flughafens Zürich mit der Schweiz - Elektrifizierung der Hochrheinstrecke - Beschluss über die Einführung der getrennten Sammlung biogener Abfälle und Konzept zur Einführung der Biotonne - Nahverkehrsplanung und Weiterentwicklung ÖPNV im Landkreis - Schweizer Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle - Renovierung des Bereichs des Kreistagssaals mit angrenzenden Fraktionsräumen. Einweihung am 7. März 2018

7 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 8

DER KREISTAG DES LANDKREISES WALDSHUT UND SEINE AUSSCHÜSSE

Der Kreistag setzt sich neben dem Landrat als Vorsitzendem derzeit aus 47 Kreisrätinnen und Kreisräten wie folgt zusammen:

Partei Name Sitze

CDU Christlich Demokratische 19 Union Deutschlands Freie Wähler Freie Wähler 11

SPD Sozialdemokratische Partei 8 Deutschlands DIE GRÜNEN Bündnis 90/DIE GRÜNEN 5

F.D.P. Freie Demokratische Partei 3

Die Linke Die Linke 1

Fraktionsvorsitzende:

CDU Bis 26.04.2018 Martin Albers, Ahornstr. 2, 79761 Waldshut-Tiengen Ab 27.04.2018 Rolf Schmidt, Rappenstockweg 2, 79872 Bernau

Freie Wähler Michael Thater, Königsberger Str. 8, 79664 Wehr

SPD Karin Rehbock-Zureich, Schnepfenweg 2, 79798 Jestetten

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Ruth Cremer-Ricken, Sonnhalde 6, 79713 Bad Säckingen

F.D.P. Klaus Denzinger, Bergweg 24, 79664 Wehr

Der Kreistag hat aus seiner Mitte drei stellvertretende Vorsitzende gewählt:

Erster stellvertretender Kreistagsvorsitzender Dr. Rainer Kaskel Zweite stellvertretende Kreistagsvorsitzende Ira Sattler Dritte stellvertretende Kreistagsvorsitzende Sylvia Döbele

Den fünf Fachausschüssen hat der Kreistag durch die Hauptsatzung des Landkreises bestimmte Auf- gabengebiete zur dauernden Erledigung übertragen. Im Rahmen dieser Zuständigkeiten entscheiden die Ausschüsse selbständig anstelle des Kreistags. Angelegenheiten, deren Entscheidung dem Kreistag vorbehalten sind, werden in der Regel den Fachausschüssen innerhalb ihres Aufgabengebietes zur Vorberatung zugewiesen.

8 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 9

DER KREISTAG DES LANDKREISES WALDSHUT UND SEINE AUSSCHÜSSE

2.1 Mitglieder des Kreistags

Liste der Kreistagsmitglieder nach der Wahl am 25. Mai 2014

CDU 1 1 Bauer Ingo, Bonndorf 2 2 Benz Martin, Hohentengen 3 3 Behringer Christian, 4 4 Dorfmeister Stefan, Höchenschwand 5 5 Erhart Paul, Wehr 6 6 Gantert Tobias, Ühlingen-Birkendorf 7 7 Kaiser Helmut, 8 8 Kaiser Stefan, Bernau 9 9 Dr. Kaskel Rainer, Bad Säckingen 10 10 Krieger Ulrich, Laufenburg 11 11 Link Jürgen, Lottstetten 12 12 Mauch Christian, 13 13 Mosel Rita, Waldshut-Tiengen 14 14 Schäuble Thomas, Lauchringen 15 15 Schlachter Claus, 16 16 Schmidt Rolf, Bernau 17 17 Schreiner Felix, Lauchringen, MdL 18 18 Tröndle Joachim, Weilheim 19 19 Weber Manfred,

FW 20 1 Brockmann Jürgen, Lauchringen 21 2 Klein Josef, Rickenbach 22 3 Löhle Wolfgang, Stühlingen 23 4 Quednow Carsten, Görwihl 24 5 Ruppaner Stefan, Wutöschingen 25 6 Sattler Ira, Jestetten 26 7 Schäuble Gabriele, Laufenburg 27 8 Strittmatter Hubert, Rickenbach 28 9 Thater Michael, Wehr 29 10 Thelen Fred, Bad Säckingen 30 11 Würtenberger Harald, Waldshut-Tiengen

9 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 10

DER KREISTAG DES LANDKREISES WALDSHUT UND SEINE AUSSCHÜSSE

SPD 31 1 Döbele Sylvia, Waldshut-Tiengen 32 2 Frank Tilman, Bonndorf 33 3 Guhl Alexander, Bad Säckingen 34 4 Jungmann Volker, Hohentengen 35 5 Rehbock-Zureich Karin, Waldshut-Tiengen 36 6 Rüttnauer Rolf, Albbruck 37 7 Schoo Ulrich, Bad Säckingen 38 8 Schwarzelühr-Sutter Rita, Lauchringen, MdB

GRÜNE 39 1 Cremer-Ricken Ruth, Bad Säckingen 40 2 Höckendorff Marita, Laufenburg 41 3 Kiefer Antonia, Waldshut-Tiengen 42 4 Schanz Peter, Hohentengen 43 5 Wallaschek Iris,

FDP 44 1 Denzinger Klaus, Wehr 45 2 Ebi Harald, Waldshut-Tiengen 46 3 Graunke Erhard, Wutach

DIE LINKE 47 1 Portele Norbert, Rickenbach

Ausgeschieden: Hans- Eugen Tritschler, Laufenburg zum 07.12.2016 - Nachrückerin Marita Höckendorff Martin Albers, Waldshut- Tiengen zum 26.04.2018 - Nachrücker Joachim Tröndle

10 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 11

DER KREISTAG DES LANDKREISES WALDSHUT UND SEINE AUSSCHÜSSE

2.2 Einteilung der Wahlkreise zur Kreistagswahl 2019

Für die Zahl der zu wählenden Kreisräte ist die Einwohnerzahl zum 30. September 2017 maßgebend. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von 170.125 beträgt die nach § 20 Abs. 2 LKrO errechnete Mindestzahl der zu wählenden Kreistagsmitglieder 48.

Auf der Grundlage der o.g. Änderungen hat der Kreistag am 18.07.2018 bei unveränderter Einteilung des Landkreises in sieben Wahlkreise die Zuordnung der 48 Sitze auf die Wahlkreise wie in folgender Grafik beschlossen:

Wahlkreiseinteilung 2019

Durch das Änderungsgesetz vom 16.04.2013 ist die Möglichkeit, in zwei Wahlkreisen zu kandidieren, wieder abgeschafft worden. Die Regelung, dass Bewerber innerhalb des Landkreises in jedem Wahlkreis unabhängig vom Wohn- sitz kandieren können, gilt jedoch unverändert weiter. Wählbar in den Kreistag sind Kreiseinwohner (EU-Bürger), die das 18. Lebensjahr vollendet und ihre (Haupt)Wohnung im Gebiet des Landkreises haben.

11 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 12

RÜCKBLICK UND AUSBLICK: FÜNF JAHRE KOMPAKT

3.0 3.0 Rückblick und Ausblick: Fünf Jahre kompakt 3.1 Infrastruktur

Die Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur ist Voraussetzung für die weitere erfolgreiche Entwicklung des Landkreises. Dazu zählt etwa eine leistungsstarke, durchgängige West /Ost-Stra- ßenverbindung zwischen den Räumen Basel/Lörrach-Waldshut-Bodensee sowie der Ausbau und die Elektrifizierung der Hochrheinbahn. Die verkehrsmäßige Erreichbarkeit stellt im globalen, europä- ischen und nationalen Standortwettbewerb der Regionen einer der entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche Wirtschafts- und Regionalentwicklung dar.

Hinsichtlich einer durchgängigen A98 haben wir nun eine echte Realisierungsperspektive. Nachdem sie im neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 mit einer Fahrbahn durchgehend wieder in den Vor- dringlichen Bedarf aufgenommen wurde und der Bundesverkehrswegeplan erstmals mit einer Fi- nanzierung hinterlegt ist, müssen wir nun weiter kommen. In der Zukunft wird es darauf ankommen, dass sich die Region weitgehend einig ist. Unterschiedliche Ansichten und Diskussionen über ver- schiedene Trassen müssen zwar ausgetragen werden, sie dürfen aber nicht dazu führen, dass dieses eminent wichtige Verkehrsprojekt verzögert oder letztlich gar in Frage gestellt wird.

In das Thema Elektrifizierung der Hochrheinstrecke ist endlich Bewegung gekommen. Seit September 2017 wird an der Entwurfs- und Genehmigungsplanung gearbeitet. Die Finanzierungs- vereinbarung hierfür wurde am 6. September 2017 vom Land Baden-Württemberg, den Landkreisen Lörrach und Waldshut und dem Kanton Basel-Stadt mit der DB Netz AG und der DB Energie GmbH geschlossen. Zwischen 2025 und 2027 soll die Schienenstrecke zwischen Basel und Singen durch- gehend elektrifiziert sein. Außerdem sollen bis dahin deutliche Verbesserung in der Infrastruktur realisiert werden. Mit wichtigen Eckpunkten einer solchen Modernisierung der Strecke haben sich bei einer Klausurtagung der Kreistage Waldshut und Lörrach deren Vertreter am 26. Januar 2019 gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg, Vertretern des Kantons Basel-Stadt und der Deutschen Bahn befasst. Einigkeit herrschte darüber, dass über die reine Elektrifizierung hinaus ein weiterer Infrastrukturausbau erforderlich ist, um einen stabilen und reibungslosen Bahnbetrieb und Barrierefreiheit am Hochrhein sicherzustellen. So müssen Zugkreuzungen an den Haltepunkten Tien- gen und Lauchringen ermöglicht werden, und in Teilbereichen der Strecke ist eine Optimierung durch Weichen und Gleisanpassungen erforderlich. Am Bahnhof Waldshut sind Umbauten notwen- dig, um Zugverbindungen ohne Umstiege in die Schweiz zu ermöglichen. Ferner müssen die Bahnsteige an der Strecke und auch die Zugänge zu den Haltepunkten barrierefrei gestaltet werden. Auch der Bau drei neuer Haltepunkte ist unerlässlich. All diese Maßnahmen sollen im Zuge der Elektrifizierung erfolgen.

Ein weiterer wichtiger Baustein zur nachhaltigen Entwicklung des Landkreises ist der Bau des Backbone für eine flächige glasfaserbasierte Breitbandversorgung. Um nicht den Anschluss an die digitale Zukunft zu verlieren, hat sich der Landkreis zusammen mit seinen Städten und Gemeinden entschieden, den Netzausbau selbst voranzutreiben. Der Landkreis baut die Datenautobahn zu den Städten und Gemeinden, diese wiederum bauen das Ortsnetz aus. Der Bau des Netzes läuft, im 1. Halbjahr 2019 wird ein Teil des Backbones mit den bereits fertiggestellten Ortsnetzen in Betrieb ge- nommen, der gesamte Backbone mit einem Investitionsumfang von ca. 30 Mio. EUR wird bis 2022 fertiggestellt sein. Schnelles Internet ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der Wirtschaft und die Lebensqualität der Bevölkerung.

12 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 13

RÜCKBLICK UND AUSBLICK: FÜNF JAHRE KOMPAKT

3.2 Gesundheitswesen

Die Krankenhauslandschaft befindet sich im Umbruch. Und so blieb und bleibt auch der Landkreis Waldshut nicht unberührt von den Turbulenzen im Gesundheitswesen. Die wichtigsten Entschei- dungen können hier nur schlaglichtartig angedeutet werden. Aber allein die Fülle dieser Ereignisse innerhalb einer kurzen Zeitspanne macht deutlich, wie dynamisch diese Entwicklung derzeit verläuft: Schließung des Krankenhausstandortes Bad Säckingen zum 31.12.2017, Beschluss für einen zentralen Krankenhausneubau im Landkreis, Beschluss über die Realisierung eines sektorenübergreifenden Gesundheitscampus auf dem dortigen Areal, Übergabe des ehemaligen Krankenhausgrundstücks an die Stadt Bad Säckingen, Austritt des Spitalfonds Waldshut bzw. der Stadt Waldshut-Tiengen aus der Spitäler Hochrhein GmbH, Übernahme aller Gesellschaftsanteile durch den Landkreis Waldshut, Aufnahme der Planungen für ein neues Zentralklinikum, Auswahl eines geeigneten Klinikstandortes. Auch das neue Klinikum ist ein Baustein für die Zukunft, eine Investition in eine sichere und hochwertige medizinische Versorgung am Hochrhein.

Dieses Ziel verfolgt auch die Kommunale Gesundheitskonferenz, ein Zusammenschluss von verschiedenen Akteuren aus dem Gesundheitswesen, dem Bildungs- und Sozialbereich, der Kom- munalpolitik und von Behörden. Sie beschäftigt sich etwa mit der Frage, wie man den sich auch im Landkreis Waldshut abzeichnen Ärztemangel am wirksamsten begegnen kann.

3.3 Migration

Eine große Herausforderung der vergangenen fünf Jahre war die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Wohl kaum ein Thema hat die Öffentlichkeit in Deutschland mehr beschäftigt als die Aufnahme und Unterbringung von Menschen, die bei uns Zuflucht suchten. In der Zeit von September 2015 bis März 2016, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle, wurden dem Landkreis ungefähr 2.000 ge- flüchtete Menschen zugewiesen, allein im Monat März 2016 430, denen Unterkünfte zur Verfügung gestellt wurden und die versorgt werden mussten. Hier haben die Kommunen, die engagierten Eh- renamtlichen in den Helferkreisen, die Wohlfahrtsverbände, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes Großartiges geleistet. Seit April 2016 nahmen die Belegungszahlen Monat für Monat ab, so dass nach und nach Hallen, in denen vorübergehend Flüchtlinge untergebracht waren, wieder an die Gemeinden zurückgegeben und Gemeinschaftsunterkünfte sukzessive aufgegeben werden konnten. Von einst etwa 2.000 un- tergebrachten Menschen im März 2016 schwand die Belegung auf ca. 400 Menschen zum Jahres- ende 2018. Während in der Zeit des stetigen Zustroms flüchtender Menschen, die Herausforderung in ihrer Unterbringung und Betreuung bestand, so liegt der Schwerpunkt der Arbeit mittlerweile bei der Integration der Flüchtlinge. Im Landkreis Waldshut nahmen bis Juni 2018 insgesamt 22 Integrati- onsmanagerinnen und -manager ihre Arbeit auf, die die bereits in der Anschlussunterbringung be- findlichen Menschen begleiten und unterstützen. Seit dem 1.12.2016 unterstützt außerdem die hauptberufliche Flüchtlingsbeauftragte des Landkreises die Integrationsbemühungen.

13 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 14

RÜCKBLICK UND AUSBLICK: FÜNF JAHRE KOMPAKT

3.4 Bildung

Seit Jahren unternimmt der Landkreis erhebliche Anstrengungen, die Bildungslandschaft am Hochrhein weiterzuentwickeln und das Bildungsangebot kontinuierlich zu verbessern. Erfreulicher- weise konnten durch Kooperationen mit privaten Hochschulen im Jahr 2017 zwei Studiengänge angeboten werden. Die Justus-von-Liebig-Schule kooperiert mit der Fachhochschule Bielefeld und bietet seither den Studiengang Sozialpädagogik und Management an. Die Kaufmännischen Schulen Waldshut bieten in Zusammenarbeit mit der Steinbeis-Hochschule Berlin den Bachelor of Arts in Business Administration an.

Zum Schuljahresbeginn 2018 / 19 hat außerdem die neue Berufsschule für Anlagen- mechaniker/innen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) an der Berufsschule, Berufsfeld Metalltechnik der Gewerblichen Schulen Waldshut ihren Betrieb aufgenommen. Die neu eingerich- tete Berufsschule wurde gut angenommen. Damit konnte eine wichtige Lücke geschlossen und das Schulwesen im Landkreis Waldshut um einen weiteren wesentlichen Baustein ergänzt werden.

Im Rahmen eines regionalen Bildungsmanagements wurden unter Mitwirkung des Kommunalver- bandes Jugend und Soziales (KVJS) und der Schulverwaltung in sechs Veranstaltungen und Work- shops mit jeweils 80 bis 200 Teilnehmern Bausteine für eine erfolgreiche Integration von Flüchtlingen und für eine gelingende Teilhabe von Menschen mit Behinderung von der frühkindli- chen Bildung bis zum erfolgreichen Übergang in das Berufs- und Arbeitsleben diskutiert und erar- beitet. Es ist dabei gelungen, die unterschiedlichen Akteure zusammenzubringen, zu vernetzen und Wissen zu transferieren.

14 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 15

DAS LANDRATSAMT WALDSHUT

4.0 4.0 Das Landratsamt Waldshut

4.1 Das Landratsamt Waldshut als Arbeitgeber für die Region

Das Landratsamt Waldshut zählt mit ca. 1.200 Beschäftigten und einer großen Bandbreite an Berufsfeldern zu den größten und vielseitigsten Arbeitgebern im Landkreis. Zu den wesentlichsten Berufsfeldern gehören: Verwaltung, Straßenbau, Forst und Landwirtschaft, Sozialpädagogik, Ver- messung, Gesundheit sowie Technische Bereiche und IT.

Wie auch in vielen anderen öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen ist der Altersdurchschnitt der Belegschaft in den letzten Jahren stetig gestiegen. Ende Dezember 2018 waren 173 Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter 60 Jahre oder älter und im Jahr 2019 werden weitere 37 ihr 60. Lebensjahr vollenden. Somit treten in den nächsten 3 – 4 Jahren ca. 20 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer in den Ruhestand. Diese Zahlen belegen einmal mehr, dass sich der bereits vor einigen Jahren einsetzende demografische Umbruch in der Kreisverwaltung weiter fortsetzt. Angesichts des hohen Fachkräftemangels und der daraus resultierenden starken Konkurrenzsituation mit der freien Wirt- schaft und insbesondere den Schweizer Unternehmen wird es jedoch kaum gelingen, für alle altersbedingten Abgänge geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger auf dem regionalen Arbeits- markt zu finden.

Die Folgen dieser Entwicklungen spiegeln sich beispielsweise in der Rekrutierungspraxis wider, welche sich bereits seit einigen Jahren im Wandel befindet. Früher reichten Stellenausschreibungen in regionalen Zeitungen und den gemeindeeigenen Amtsblättern aus, um quantitativ und qualitativ ausreichend Bewerbungen zu generieren. Heutzutage müssen immer mehr Kanäle, insbesondere überregionale Zeitungen und verschiedene Online-Plattformen bedient werden, und dennoch bleibt die Personalakquise in manchen Fällen ohne Erfolg.

Gleichzeitig nimmt die eigene Ausbildung und Personalentwicklung einen immer höheren Stellen- wert ein. Von Beginn der derzeitigen Kreistagsperiode im September 2014 bis Dezember 2018 stan- den daher insgesamt 94 junge Frauen und Männer in einem Ausbildungsverhältnis zum Landratsamt.

Landrat Dr. Kistler und Oberbürgermeister Dr. Frank besuchen den Messestand beim Berufsorientierungstag in Waldshut

15 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 16

DAS LANDRATSAMT WALDSHUT

Ausbildungsverhältnisse im Landratsamt Waldshut

(September 2014 - Dezember 2018)

25,5% 21,3% 17,0% 12,8% 11,7% 8,5% 3,2%

Die Grafik zeigt, dass sich das Landratsamt im Bereich der Ausbildung nicht nur auf die klassischen Berufe der öffentlichen Verwaltung, wie beispielsweise die Ausbildung zur/zum Verwaltungsfachan- gestellten oder das Studium B.A. Public Management für den gehobenen Verwaltungsdienst, begrenzt, sondern ein möglichst breites Spektrum an Ausbildungs- und Studiengängen anbietet. Auf diese Weise soll es gelingen in nahezu allen Berufsfeldern eigenen Nachwuchs heranzubilden, um nicht gänzlich vom externen Arbeitsmarkt und der oftmals schwierigen Bewerberlage abhängig zu sein.

16 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 17

DAS LANDRATSAMT WALDSHUT

Aufgrund der Tatsache, dass sich der demografische Umbruch seit Jahren auch auf der Führungsebene nie- derschlägt, wurde in den Jahren 2010 und 2011 erstmals das Personalentwicklungsprogramm „Führungskräfte Plus“ initiiert und durchgeführt. Ziel des Programms ist die Entwicklung grundlegender Führungsqualifikatio- nen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine Führungsposition im Landratsamt anstreben bzw. erst seit Kurzem innehaben. Von den bisher 29 Absolven- tinnen und Absolventen bekleiden aktuell 15 eine Amts-, Abteilungs-, oder Fachbereichsleitung. Erfreu- lich ist, dass sich auch 5 der 10 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des derzeit laufenden, dritten Durchgangs schon jetzt in einer Führungsposition wiederfinden.

Neben dem Programm zur Qualifizierung von Nach- wuchsführungskräften wendet das Landratsamt weitere Instrumente der Personalentwicklung an. Ein besonde- rer Stellenwert kommt in diesem Zusammenhang dem seit 2015 jährlich herausgegebenen, internen Weiter- bildungsprogramm zu, welches sich in die folgenden Rubriken gliedert:

• Führungskompetenz • Methoden- und Sozialkompetenz • Wissensbox • Verschiedenes • IT-Kompetenz • Informations- und Datensicherheit • Betriebliche Gesundheitsförderung

Die darin angebotenen fachübergreifenden Weiterbildungen sollen die Interessen der Mitarbeiter- innen und Mitarbeiter ansprechen, ihren individuellen Entwicklungsbedarfen nachkommen und die Belegschaft bei der laufenden Aktualisierung ihres Wissens unterstützen. Um dieses Ziel erreichen zu können, werden im Rahmen der Evaluation eines jeden Seminars die Anregungen und Wünsche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das nächste Weiterbildungsprogramm erhoben.

Des Weiteren konnte im letzten Jahr insgesamt sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erstmalig die Teilnahme an einer interkommunalen Hospitation ermöglicht werden. Die Hospitantinnen und Hospitanten können diese Chance nutzen, um sich fachlich mit Kolleginnen und Kollegen aus an- deren Landratsämtern auszutauschen, Anregungen einzuholen, Best-Practice-Beispiele vor Ort ken- nenzulernen und Fragen zu stellen. Mögliche Hospitationsstellen finden sich bei unseren vier Kooperationspartnern, dem Schwarzwald-Baar-Kreis, dem Landkreis Ravensburg, dem Hohenlohe- kreis und dem Rems-Murr-Kreis.

17 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 18

DAS LANDRATSAMT WALDSHUT

Nicht zuletzt verfolgt das Landratsamt im Rahmen der Personalentwicklung seit ca. zwei Jahren die Entwicklung und Implementierung eines strukturierten Wissensmanagements, um einem möglichen Wissensverlust während des demografischen Umbruchs bestmöglich entgegenzuwirken. Im letzten Jahr wurden hierfür die während der bereits abgeschlossenen Pilotphase angewendeten Methoden zur Wissenssicherung erhoben, mit dem Ziel, diese nun zu einem systematischen Wissensmanage- ment zu verknüpfen.

Somit steht das Landratsamt auch als Arbeitgeber vor großen Herausforderungen, an denen es letztendlich aber nur wachsen kann.

Dezernent Michael Hajden (links) und Ausbildungsverantwortliche Jennifer Ritzmann (rechts) begrüßen die Auszubildenden 2018

18 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 19

DAS LANDRATSAMT WALDSHUT

4.2 Digitales Landratsamt

Mit ersten Schritten hat sich das Landratsamt Waldshut auf den Weg der Digitalisierung begeben. Mit der digitalen Ausrichtung der Verwaltung sollen bürgerfreundliche Dienstleistungen, schnellere Laufzeiten und mehr Transparenz erreicht werden. Dazu soll im Laufe der nächsten Jahre flächen- deckend in der gesamten Kreisverwaltung ein einheitliches, elektronisches Dokumentenmanage- mentsystem (DMS) eingeführt werden.

Ein Dokumentenmanagementsystem regelt den Umgang mit den Dokumenten in allen Bereichen. Wer hat Zugriff, wer muss weitergeben, wer muss erledigen? Es ermöglicht die Sammlung und ge- zielte Nutzung von Informationen, liefert Informationen aus einer Quelle, schafft bedarfsgerechte Bereitstellung und sichere Archivierung und ermöglicht den parallelen und ortsunabhängigen Zugriff auf elektronische Dokumente. Ein Dokumentenmanagementsystem schafft Regeln, gibt Sicherheit und sichert vorhandenes Wissen. Die Papierflut verschwindet langfristig und Aufbewahrungs- und Platzprobleme gehören der Vergangenheit an.

Den Startschuss für das Dokumentenmanagementsystem und die elektronische Akte (eAkte) setzt das Pilotprojekt zur Einführung der elektronischen Personalakte (ePA). Die Workshops mit dem Rechenzentrum ITEOS haben bereits stattgefunden und die künftige Personalaktenstruktur erhält ihren finalen Feinschliff – voraussichtlich im März 2019 erfolgt dann die Installation des Basissystems sowie die Produktivsetzung der ePA. Der Pilot wird 2019 abgeschlossen sein.

Die Abteilung „Versorgung“ im Amt für soziale Hilfen, Behinderten - und Altenhilfe steht ebenfalls in den Startlöchern, um ihr Projekt aufzunehmen und voraussichtlich bis Ende 2019 die Versor- gungsakte komplett digital zu führen. Hier wird die Installation im Mai 2019 erfolgen. Nach einge- hender Testphase und Schulung der Mitarbeiter soll das Projekt bis Ende 2019 abgeschlossen sein und die Versorgungsakten werden digital, dezentral und somit effektiv zur Verfügung stehen. Weitere Projekte in den einzelnen Abteilungen des Landratsamtes werden Schritt für Schritt geplant und das elektronische DMS in den nächsten Jahren sukzessive eingeführt.

Zu den internen Digitalisierungsprozessen reihen sich aber auch Themen mit ein, die die Bürgerinnen und Bürger direkt betreffen und langfristig für sie spürbar sein werden. Das eGovernment ist auf dem Vormarsch und erreicht auch das Landratsamt Waldshut!

Die Begriffe Bürgerkonto und Service-BW sind in aller Munde. Über die landesweite Plattform „Service-BW“ verfolgt die Landkreisverwaltung das Ziel, zukünftig Behördenleistungen für Bürge- rinnen und Bürger auch elektronisch zur Verfügung zu stellen.

Bis wir aber von einem digitalen Landratsamt sprechen können, gibt es noch viele Aufgaben umzu- setzen und diese werden auch einige Ressourcen für die Umsetzung in Anspruch nehmen. Doch die ersten Schritte auf dem Weg in ein digitales Landratsamt sind getan.

19 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 20

HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

5.0 5.0 Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen

„Die Finanzen sind das Spiegelbild der Leistungen, die für die Einwohnerinnen und Einwohner einer Kommune und damit für die örtliche Gemeinschaft erbracht werden. (…) Ein ausgeglichener Haushalt ist ein wichtiges kommunales Jahresziel. Langfristig gesehen ist die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Kommune von herausragender kommunalpolitischer Bedeutung. Beides zu erreichen erfordert kommunalpolitisch richtungsweisende Beschlüsse und entsprechende Entscheidungen (…).“ (KGSt: Finanzen, 2018)

5.1 Das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)

In Abgrenzung zu der in der Privatwirtschaft üblichen doppelten Buchführung mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung wird bei der in der öffentlichen Verwaltung praktizierten Doppik ein sogenanntes Drei-Komponenten-Modell verwendet. Dieses umfasst die Bilanz, Ergebnisrechnung (entspricht der GuV) und Finanzrechnung. Entsprechend diesem Modell werden auch der Haushalts- plan sowie der Jahresabschluss aufgebaut. Der Landkreis Waldshut führt seinen Haushalt seit dem Haushaltsjahr 2011 nach den Vorgaben des NKHR.

Bilanz AKTIVA PASSIVA

1. Vermögen 1. Kapitalposition 1.1. Immaterielle Vermögensgegenstände 1.1. Basiskapital 1.2. Sachvermögen 1.2. Rücklagen 1.3. Finanzvermögen 1.3. Überschuss / Fehlbetrag des 1.3.1 Anteile an verb. Unternehmen ordentlichen Ergebnisses 1.3.9 Liquide Mittel 2. Sonderposten 2. Abgrenzungsposten 3. Rückstellungen 3. Nettoposition 4. Verbindlichkeiten (Nicht gedeckter Fehlbetrag) 5. Passive Rechnungsabgrenzung

Finanzhaushalt/Finanzrechnung Ergebnishaushalt/Ergebnisrechnung

Einzahlungen Erträge - Auszahlungen - Aufwendungen

= Finanzmittelbedarf/-überschuss = Jahresergebnis

5.2 Haushaltsplanung und Jahresabschluss

Wesentliche Aufgaben des Kreistags im Hinblick auf den Bereich Finanzen und Beteiligungen stellen die Verabschiedung des Haushaltsplanes sowie die Feststellung des Jahresabschlusses dar. „Der Haushaltsplan bildet (…) die Planungsseite ab und ist verbindliche Grundlage der Haushalts- führung. Er bleibt weiterhin ein zentrales Steuerungsinstrument des Kreistags, in dem dieser der Verwaltung finanzwirtschaftliche Vorgaben macht. In diesem Vorgaben spiegeln sich die mehrheits- fähigen politischen Präferenzen des Kreistags hinsichtlich der im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung gesetzten Aufgabenschwerpunkten wider.“ (Glinder/ Friedl: Gemeindehaushalts- recht Baden-Württemberg, 2011).

20 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 21

HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

„Mit dem Jahresabschluss wird gegenüber dem Kreistag, der Öffentlichkeit und der Rechtsauf- sichtsbehörde über den Vollzug des Haushaltsplanes sowie die Zielerreichung im abgelaufenen Haushaltsjahr berichtet.“ (Sixt/ Notheis/ Menzel/ Roth: Der Gemeinderat in Baden-Württemberg, 2014, S. 128.) In der folgenden Tabelle werden die Eckdaten der Jahresergebnisse der Jahre 2014 bis 2017 sowie der Haushaltspläne der Jahre 2018 und 2019 dargestellt.

Ergebnis Ergebnis Ergebnis Ergebnis Plan Plan 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Ergebnishaushalt Erträge 179.057.638 192.625.845 222.375.603 226.637.850 234.028.193 230.987.703 Aufwendungen 174.694.744 186.214.359 213.459.023 222.947.885 231.254.317 227.089.426 Sonderergebnis -22.167 168.788 -330 25.125 0 0 Gesamtergebnis 4.340.727 6.580.274 8.916.250 3.715.090 2.773.876 3.898.277 Finanzhaushalt Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit 7.530.852 4.159.877 20.327.455 5.109.131 6.355.263 6.930.954 Saldo aus Investitionstätigkeit -4.049.723 -3.963.649 -5.408.291 -3.681.674 -18.081.557 -9.287.793 Saldo aus Finanzierungstätigkeit -1.588.611 -3.685.925 -719.363 -1.919.489 -510.000 2.700.000 Änderung des Finanzierungsmittelbestandes 1.892.517 -3.489.697 14.199.800 -492.032 -12.236.294 343.161

In den nachfolgenden Darstellungen werden die wichtigsten Eckdaten der Haushaltspläne und der Jahresabschlüsse des Landkreises Waldshut vorgestellt.

5.3 Erträge am Beispiel des Haushaltsplans 2019

Die folgende Abbildung stellt dar, wie sich die wesentlichen Erträge des Landkreises Waldshut am Beispiel des Haushaltsplans 2019 zusammensetzen.

21 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 22

HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

Rund 188 Mio. Euro bzw. 81,6 % der Erträge des Ergebnishaushalts (Plan 2019) bestehen aus lau- fenden Zuweisungen und ähnlichen Abgaben. Hierzu gehören unter anderem die Kreisumlage, Schlüsselzuweisungen vom Land, weitere Zuweisungen durch das Finanzausgleichsgesetz und Erträge durch Steuer- und Gebühreneinnahmen. Auf die bedeutendste Einnahmequelle des Landkreises, die Kreisumlage, wird in den nachfolgenden Punkten eingegangen.

Die Kreisumlage, die von den kreisangehörigen Gemeinden erhoben wird, ist eine wesentliche Ein- nahmequelle für den Kreishaushalt. Sie dient dazu, den Finanzbedarf des Kreises zu decken, soweit die Einnahmen aus Entgeltabgaben und Steuern nicht ausreichen. Die Bemessungsgrundlage für die Kreisumlage ist die Steuerkraftsumme (Grundsteuer- und Gewerbesteuereinnahmen u. a.) der Gemeinden des Vorvorjahres. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Entwicklung des Kreisumlage- aufkommens, der Steuerkraftsumme der Gemeinden sowie des Kreisumlagehebesatzes in den Jahren 2011 bis 2019.

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009, die zu einem Einbruch der Steuerkraftsumme der Kreisgemeinden und somit zu einer gesunkenen Bemessungsgrundlage für das Jahr 2011 geführt hatte, hat sich die Finanzsituation der Kommunen in den Folgejahren stetig verbessert. Die Steuerkraftsumme der kreisangehörigen Gemeinden ist nach 2011 wieder kontinuierlich von rund 144,64 Mio. Euro auf ein Rekordhoch von 231,93 Mio. Euro im Jahr 2019 angestiegen. Dementsprechend konnte der Hebesatz von 36,00 % in 2011 auf 28,85 % im Jahr 2019 gesenkt werden. Das Kreisumlageaufkommen erhöhte sich dagegen von 52,08 Mio. Euro in 2011 auf 66,91 Mio. Euro in 2019.

22 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 23

HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

5.4 Aufwendungen am Beispiel des Haushaltsplans 2019

Die Transferaufwendungen umfassen mit einem Volumen von rund 140 Mio. Euro einen Anteil von 62 % der Gesamtaufwendungen des Ergebnishaushaltes. Unter dem Begriff Transferaufwendungen werden alle Aufwendungen zusammengefasst, die ohne Gegenleistung an Dritte geleistet werden. Dies sind beispielsweise Aufwendungen für Sozialleistungen, die Schülerbeförderung, den Öffentlichen Personennahverkehr oder auch die an das Land zu zahlende Finanzausgleichsumlage. Der größte Anteil der Transferaufwendungen wird im Bereich des Sozialhaushalts veranschlagt. Die gesamten Transferaufwendungen in diesem Bereich belaufen sich voraussichtlich auf rund 124 Mio. Euro. Die Personalaufwendungen und Versorgungsaufwendungen umfassen rund 50 Mio. Euro, 10, was auch einem Anteil von rund 22 % an den Gesamtaufwendungen entspricht. Die einzelnen Auf- wandsbereiche stellen sich in der Gesamtschau wie folgt dar:

5.5 Entwicklung des Schuldenstandes

Der Landkreis Waldshut hatte zum 31.12.2018 mit rund 22,9 Mio. Euro seinen niedrigsten Schul- denstand seit dem Jahr 2006. Der Schuldenstand betrug damals noch über 39,6 Mio. Euro und konnte somit um rund 16,7 Mio. Euro reduziert werden. Den aktuellen Schulden steht in der Bilanz ein Sachvermögen von rund 78 Mio. Euro gegenüber, welches somit teilweise kreditfinanziert wurde. Die Entwicklung des Schuldenstandes stellt sich wie folgt dar:

23 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 24

HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

5.6 Investitionen

Bereits in den letzten Jahren bildeten der Ausbau des Backbone-Netzes für eine kreisweite Breit- bandversorgung, die Ansparungen für die geplante Elektrifizierung der Hochrheinschienenstrecke sowie die Sicherstellung der kreiseigenen stationären Gesundheitsversorgung die grundlegenden Investitionsschwerpunkte des Landkreises Waldshut.

Auch im Bereich der Bildung wurden, beispielsweise mit der Einrichtung des neuen Berufsschul- zweiges im Bereich Sanitär-Heizung-Klima (SHK), bedeutende Investitionsmaßnahmen umgesetzt. Jährliche Investitionen in den Bereichen der Ersatzbeschaffungen für das Feuerwehrwesen, des Schulbudgets, der Fahrzeug- und Gerätebeschaffungen für die Straßenmeistereien, Brücken- baumaßnahmen und Investitionen im Rahmen der allgemeinen Verwaltung wurden zudem auch durchgeführt.

Für das Haushaltsjahr 2019 ist ein Investitionsvolumen von rund 15,2 Mio. Euro vorgesehen. Nach Abzug der geplanten Einzahlungen (Zuschüsse u. a.) von rund 5,9 Mio. Euro verbleibt ein Kreisanteil für Investitionen von rund 9,3 Mio. Euro, der zu einem großen Anteil auch in 2019 für die Gesund- heitsversorgung, den Breitbandausbau und die Elektrifizierung der Hochrheinschienenstrecke vorgesehen ist.

Zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung im Landkreis stellt der Landkreis Waldshut für 2018 und die Folgejahre investive Planmittel im mehrstelligen Millionen- bereich zur Verfügung. Für den Gesundheitscampus Bad Säckingen sind Investitionskosten- zuschüsse von 12,7 Mio. Euro vorgesehen. Bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums im Jahr 2022 sind für die Klinikum Hochrhein GmbH investive Mittel in Höhe von 9,6 Mio. Euro berücksichtigt. Die zur Verfügung gestellten Mittel für die geplante Elektrifizierung der Hochrheinschienenstrecke belaufen sich mittlerweile auf 6,4 Mio. Euro.

24 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 25

HAUSHALTS-, KASSEN- UND RECHNUNGSWESEN

Für den Ausbau des Backbone-Netzes für die Breitbandversorgung stellt der Landkreis seit 2014 bis heute insgesamt 4,5 Mio. Euro (Kreisanteil) zur Verfügung.

Mit dem Erwerb eines Klinikum-Grundstücks und dem Neubau eines Zentralklinikums steht der Landkreis vor bedeutenden und zukunftsweisenden Investitionsmaßnahmen.

5.7 Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen

Der Landkreis Waldshut ist aktuell an 11 privatrechtlichen Unternehmen beteiligt. Eine solche Be- teiligung ist nur möglich, wenn das Unternehmen einen öffentlichen Zweck erfüllt, der Landkreis einen angemessenen Einfluss auf die Unternehmensführung erhält und seine Haftung auf einen angemessenen Betrag begrenzt wird.

Viele Aufgaben des Landkreises werden von diesen Beteiligungsgesellschaften außerhalb der Kernverwaltung wahrgenommen. Die größten Beteiligungen des Landkreises sind die Anteile an folgenden Unternehmen:

• Klinikum Hochrhein GmbH (ehemals Spitäler Hochrhein GmbH) Seit dem 01.07.2018 ist der Landkreis Alleineigentümer der Gesellschaft, welche die stationäre Gesundheitsversorgung im Landkreis sicherstellt.

• GWA gemeinnützige GmbH Hauptsächliche Aufgabe der Gesellschaft ist die Beratung, Qualifizierung und Vermittlung von Arbeitssuchenden und von Arbeitslosigkeit Bedrohten. Der Landkreis ist zu 60 % am Stamm- kapital der GWA beteiligt.

• GfFH Gemeinnützige Gesellschaft mbH für Familienhilfe Die Gesellschaft übernimmt vor allem ambulante Hilfen im Auftrag des Kreisjugendamts und des Kreissozialamts. Der Landkreis ist alleiniger Gesellschafter der GfFH.

• WTV Waldshuter Tarifverbund GmbH Die Waldshuter Tarifverbund GmbH hat die Aufgabe, den Öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis zu fördern. Dies geschieht vor allem durch die Entwicklung eines einheitlichen Tarifsystems und die Abrechnung der Fahrgeldeinnahmen mit den beteiligten Verkehrsunternehmen.

Für eine effektive Aufgabenerfüllung ist eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis, den Mitgesellschaftern und den Unternehmen unabdingbar. Der Landkreis Waldshut übernimmt hier wirtschaftliche und politische Verantwortung und beteiligt sich im Rahmen seiner Anteile an den unternehmerischen Risiken.

25 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 26

KRANKENHÄUSER UND PFLEGEHEIM

6.0 6.0 Krankenhäuser und Pflegeheim 6.1 Krankenhäuser und Gesundheitscampus

I. Bisherige Entwicklungen / Rahmenbedingungen

Als sogenannter Pflichtträger gemäß § 3 Abs. 1 Landeskrankenhausgesetz kommt der Landkreis Waldshut seiner subsidiären gesetzlichen Aufgabe der Krankenhausversorgung für seine Bevölkerung nach. Seit der Verschmelzung der beiden Spitäler Bad Säckingen und Waldshut, die zum 01.01.2011 in die Spitäler Hochrhein GmbH firmierten, hielt der Landkreis 40% der Geschäftsanteile. Die übrigen 60% hielt der Spitalfonds Waldshut.

Die Erfüllung dieser Aufgabe stellte die Gesellschafter in den vergangenen Jahren vor große Heraus- forderungen, denn der Krankenhaussektor durchlebt seit 20 Jahren eine bundespolitisch initiierte Entwicklung der Zentralisierung und Ökonomisierung der Krankenhausversorgung. Durch die jährlichen Anpassungen der Vergütungsstrukturen (DRG) und die ständig steigenden Strukturanforderungen sollen dezentrale, kleinere Klinikstandorte zur Aufgabe gezwungen werden. Gleichzeitig kommen die Bundesländer seit vielen Jahren ihren Investitionsverpflichtungen nicht ausreichend nach. Diese Entwicklungen haben auch die Akutkliniken im Landkreis Waldshut getroffen und zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation aller Häuser beigetragen.

Seit mehr als 15 Jahren befanden sich unter anderem die beiden Kreiskrankenhäuser in Bad Säckingen und Stühlingen in schwierigem Fahrwasser. Zunächst wurden beide Kliniken mit dem Ziel in den HBH Verbund eingebracht, den Entwicklungen im Verbund besser gewachsen zu sein. Nach der Insol- venz des HBH-Verbundes wurde Bad Säckingen zusammen mit dem in Trägerschaft des Spitalfonds Waldshut stehenden Spital Waldshut in eine gemeinsame GmbH mit den Trägern Stadt Waldshut (Spitalfond) und dem Landkreis Waldshut übernommen. Das Haus in Stühlingen verblieb im Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz. In den Folgejahren kam aber auch die Spitäler Hochrhein GmbH nicht zur Ruhe und die Situation verschärfte sich auf Grund einer Reihe kumulierender, negativer Faktoren, zunehmend. Zuletzt war das Haus in Bad Säckingen weder personell, medizinisch, wirtschaftlich noch baulich in der Lage, eine adäquate Versorgung der Patienten sicherzustellen. Die Gesellschafter haben in der Konsequenz zum 31.12.2017 die Einstellung des Krankenhausbetriebes am Standort Bad Säckingen beschlossen. Bis zur Eröffnung des bereits zuvor entschiedenen Neubaus eines Zentralklinikums beschloss der Kreistag gleichzeitig die Ertüchtigung des Krankenhauses Waldshut, um die stationäre Gesundheits- versorgung für den Landkreis bis zum Bezug des Neubaus auf hohem medizinischem Niveau zu er- halten und die Attraktivität für Mitarbeiter und Patienten zu erhöhen.

II. Austritt Spitalfonds Waldshut bzw. Stadt Waldshut-Tiengen

Die wirtschaftliche Entwicklung der Spitäler Hochrhein GmbH war für die Gesellschafter eine große Herausforderung. In 2017 haben der Spitalfonds Waldshut bzw. die Stadt Waldshut-Tiengen als bis- heriger Mehrheitsgesellschafter den Wunsch geäußert, als Gesellschafter aus der GmbH austreten zu wollen. Zwischen den Gesellschaftern und der Spitäler Hochrhein GmbH wurde eine Austritts- vereinbarung geschlossen, welche mit Datum vom 29.06.2018 notariell beurkundet wurde.

26 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 27

KRANKENHÄUSER UND PFLEGEHEIM

Unterzeichnung der Austrittsvereinbarung. Hintere Reihe (v.l.): Peter Weishaupt, Rainer Kaskel, Rita Mosel, Bürgermeister Joachim Baumert sowie (vorne, v.l.) Landrat Martin Kistler, Oberbürgermeister Philipp Frank und Klinik-Geschäftsführer Hans-Peter Schlaudt

Mit Unterzeichnung der Austrittsverein- barung verpflichten sich beide Gesellschafter im Rahmen ihrer bisherigen Gesellschafts- anteile zur Beteiligung an den dringend notwendigen Investitionen und Instandhalt- ungsmaßnahmen zur Ertüchtigung des Krankenhausstandorts in Waldshut sowie an den Schließungs- kosten des Standortes Bad Säckingen.

III. Gesundheitscampus Bad Säckingen

Im Zusammenhang mit der Schließung des Krankenhausbetriebs Bad Säckingen wurde vom Kreistag zur Stärkung und Weiterentwicklung des Standorts Bad Säckingen die Realisierung eines sektorenüber- greifenden Gesundheitscampus beschlossen. Innerhalb nur eines Jahres konnte im Ergebnis die no- tarielle Beurkundung eines Erbbaurechtsvertrages zwischen Landkreis und Stadt umgesetzt werden. Mit diesem Vertrag ist nun die Grundlage zur Entwicklung des Gesundheitscampus geschaffen worden. Im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrages übergibt der Landkreis Waldshut das ehemalige Kranken- hausgrundstück inklusive Spitalgebäude an die Stadt Bad Säckingen. Zusätzlich unterstützt der Landkreis das Gesamtprojekt mit einem ratierlichen, am Entwicklungsfortschritt orientierten Kreis- zuschuss von EUR 12,7 Mio.

In der Trägerschaft der Stadt Bad Säckingen hat diese nun die alleinige Verantwortung zur Ent- wicklung des Gesundheitscampus übernommen und sich verpflichtet das zugrunde liegende Konzept umzusetzen. Das Campuskonzept sieht neben Angeboten zur Sicherung der ambulanten Facharzt- und Notfall- versorgung insbesondere stationäre Betten im Bereich der Rehabilitation, sowie der geriatrischen Rehabilitation, der Übergangs-, Kurzzeit- und Dauerpflege vor.

Der Gesundheitscampus soll insbesondere im Westkreis als komplementäres medizinisches Versor- gungsangebot zum Klinikum Hochrhein, eine zentrale interdisziplinäre Anlaufstelle für die Patienten sein und mit der geriatrischen Rehabilitation die bestehende Versorgungslücke in der Altersmedizin schließen. Durch enge Kooperation der Beteiligten soll eine hochwertige, sektorenübergreifende und ganzheitliche Versorgung der Bürgerinnen und Bür- ger rund um den Standort Bad Säckingen sicher- gestellt werden. Zur Umsetzung dieses Zeil ist eine enge Kooperation in der Patientenbehandlung Landrat Martin Kistler, Notar Kai-Christoph Stadler zwischen dem Klinikum Hochrhein und den Part- und Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl nern auf dem Campus notwendig. bei der Beurkundung des Erbbaurechtsvertrages zum Gesundheitscampus

27 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 28

KRANKENHÄUSER UND PFLEGEHEIM

IV. Klinikum Hochrhein GmbH / Zentralklinikum

Seit Juli 2018 ist der Landkreis Waldshut somit Alleingesellschafter der Spitäler Hochrhein GmbH. Im Zuge der Übernahme aller Gesellschaftsanteile fand die Namensänderung zur Klinikum Hochrhein GmbH statt. Gleichzeitig wurde der Gesellschaftsvertrag neu gefasst und zur Beratung und Über- wachung der Geschäftsführung ein Aufsichtsrat eingerichtet. Der Landkreis hat als alleiniger Gesellschafter der Klinikum Hochrhein GmbH im Rahmen der not- wenigen Sicherung der kommunalen Gesundheitsversorgung im Landkreis Waldshut den Neubau eines Zentralklinikums beschlossen. Der erste wesentliche schritt zur Umsetzung des Vorhabens war die Suche eines geeigneten Grund- stücks. Die zu diesem Zweck eingerichtete Grundstückskommission hat dem Kreistag ein sehr gut geeignetes Areal in Albbruck vorgeschlagen. Der Kreistag hat dem zugestimmt und die Kreisverwal- tung in seiner Sitzung am 27. März 2019 mit dem Kauf des Grundstücks beauftragt. In der Folge sollen nun die nächsten Schritte zeitnah gegangen werden, um die zunächst die Masterplanung des Geländes voranzubringen und die notwendigen Planungs-, und Projektstrukturen zu schaffen.

6.2 Seniorenwohnen Jestetten

Eigenbetrieb Pflegeheim des Landkreises Waldshut

Jeder wünscht sich, seinen Lebensabend in der eige- nen vertrauten Umgebung zu verbringen. Manchmal treten jedoch Veränderungen im Alter ein, die Betreu- ung und Pflege erforderlich machen. Dann steht das Seniorenwohnen Jestetten als eines der größeren Pflegeheime im Landkreis Waldshut zur Wahl.

Der Landkreis ist Träger des 2009 vollständig sanierten und erweiterten Pflegeheimes, das in der Rechtsform eines Eigenbetriebes geführt wird. Auf drei Wohnbereichen mit insgesamt 85 Pflege- plätzen wird Dauer- und Kurzzeitpflege angeboten.

Die Belegung ist seit Abschluss der Umbauarbeiten sehr gut. Sie liegt durchweg bei etwa 97%.

Wie alle Pflegeheime entlang des Hochrheins hat das Heim allerdings mit dem Mangel an Pflege- personal im Fachkräftebereich zu kämpfen. Diesem wird durch eine gute eigene Ausbildung versucht entgegenzuwirken. So machen zur Zeit 10 junge Menschen eine Ausbildung in der Einrichtung. Vier von ihnen werden im Sommer 2019 ihre Prüfung ablegen. Mit allen wurden bereits Arbeitsverträge geschlossen.

Die aktuell verhandelten Pflegesätze sind noch immer nicht auskömmlich. Die TVöD-Bindung ver- ursacht hohe Personalkosten, welche ¾ der gesamten Aufwendungen ausmachen.

Die durch die Aktivierung der Baukosten gestiegenen Abschreibungsbeträge werden die wirtschaft- liche Situation auch in den nächsten Jahren belasten.

In Kenntnis dessen hat der Kreistag 2014 seinen politischen Willen bekräftigt, das Seniorenwohnen Jestetten als Eigenbetrieb in der Trägerschaft des Landkreises Waldshut weiterzuführen.

28 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 29

SCHULEN

7.0 7.0 Schulen Der Landkreis Waldshut ist in seinem Kreisgebiet Träger aller sechs Beruflichen Schulen und von fünf Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (vormals Förder- und Sonderschulen). In dieser Eigenschaft finanziert er die sächlichen Ausgaben dieser Schulen – vom Neubau einer Schule über bauliche Unterhaltungsmaßnahmen bis zum Schulbesuch eines jeden Schülers. Durch ein differenziertes Schulangebot ist der Landkreis Waldshut bestrebt, eine Ausbildung zu gewährleisten, die den Angeboten der Ballungsräume gleichkommt.

7.1 Schülerzahlen

Gesamtschülerzahl aller Schulen im Landkreis Waldshut 21.903 es entfallen auf • Grund-, Haupt- u. Werkrealschulen 6.894 • Gemeinschaftsschulen 2.142 • Realschulen 3.954 • Gymnasien (ohne berufliche Gymnasien) 3.542 • Waldorfschulen 113 • Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) 608 • Berufliche Schulen (einschl. berufliche Gymnasien) 4.650

Von den insgesamt 21.903 Schülerinnen und Schülern im Landkreis Waldshut entfallen auf die in Trägerschaft des Landkreises stehenden SBBZ 414 und auf die Beruflichen Schulen 4.650 Schüler. In den in Trägerschaft des Landkreises stehenden Schulen werden somit rd. 23 % aller Schülerinnen und Schüler des Landkreises beschult.

Schüler/innen an den Beruflichen Schulen im Landkreis Waldshut seit dem Schuljahr 1990 / 91 5.500

5.000

4.500

4.000

3.500

3.000

2.500

2.000

Anzahl der Schüler/innen 1.500

Teilzeit Vollzeit Schuljahr Gesamt

Bedingt durch die demographische Entwicklung werden sich die Schülerzahlen der Beruflichen Schu- len bis zum Schuljahr 2025/26 voraussichtlich um 10-15% reduzieren.

29 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 30

SCHULEN

Die sechs beruflichen Gymnasien sind mit 870 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2018/19 ein Aushängeschild und Erfolgsmodell der Beruflichen Schulen des Landkreises.

7.2 Der Landkreis als Schulträger

Der Landkreis trägt mit Ausnahme der Kosten für die im Dienste des Landes stehenden Lehrer und Lehrerinnen alle Kosten seiner Schulen. Dies sind insbesondere:

• Personalkosten (z. B. für Hausmeister, Schulsekretärin, betreuende Assistenzkräfte, Schulsozialarbeiter, Jugendberufshelfer, Reinigungskräfte, Küchenkräfte in den Schulkantinen etc.) • Grundstücks- und Gebäudeunterhaltungskosten • Bewirtschaftungskosten (Strom, Heizung, Wasser, Abwasser, Telefon etc.) • Kosten für Lehr- und Lernmittel • Ausstattungskosten • Schulbaukosten • Sporthallen

7.3 Die schulischen Angebote der Kreisschulen

An den Beruflichen Schulen können in unterschiedlichen Schularten in den verschiedensten Aus- bildungsgängen dem Hauptschulabschluss gleichwertige sowie mittlere Bildungsabschlüsse, die Fachhochschulreife und die allgemeine Hochschulreife sowie weitere Qualifikationen erworben werden. Nähere Informationen über die Bildungsabschlüsse sind über die Homepage der einzelnen Schulen abrufbar.

30 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 31

SCHULEN

In Trägerschaft des Landkreises befinden sich die folgenden Schulen:

Gewerbliche Schulen Waldshut

Gewerbeschule Bad Säckingen

Kaufmännische Schulen Waldshut

Rudolf-Eberle-Schule-Bad Säckingen (Kaufmännische Schulen Bad Säckingen)

Justus-von-Liebig-Schule Waldshut (Hauswirtschaftliche und sozialpflegerische Schulen Waldshut)

Hauswirtschaftliche Schulen Bad Säckingen

Fachschule für Landwirtschaft in Teilzeitform für Nebenerwerbslandwirte

Für die Erziehung, Bildung und Ausbildung von Schülern mit einem Anspruch auf ein sonderpäda- gogisches Bildungsangebot bestehen in Trägerschaft des Landkreises folgende Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ):

• mit dem Förderschwerpunkt Lernen • Rudolf-Graber-Schule Bad Säckingen • Waldtor-Schule Waldshut • Langenstein-Schule WT-Tiengen

• mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung • Carl-Heinrich-Rösch-Schule WT-Tiengen mit angegliedertem Sonderschul-Kindergarten

• mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung • Wutach-Schule WT-Tiengen mit angegliedertem Sonderschul-Kindergarten

• mit dem Förderschwerpunkt sprachliche Entwicklung • Langenstein-Schule WT-Tiengen

• mit dem Förderschwerpunkt Schüler in längerer Krankenhausbehandlung • Langenstein-Schule WT-Tiengen, Außenstelle Lauchringen

31 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 32

SCHULEN

7.4 Sonstige schulische Einrichtungen des Landkreises

3-teilige Sporthalle am Chilbiplatz Waldshut Die Halle wurde zusammen mit der Stadt Waldshut-Tiengen erstellt und wird auch gemeinsam betrieben. Die Verwaltung obliegt dabei dem Landkreis.

3-teilige Sporthalle Badmatte Bad Säckingen Die Halle wurde zusammen mit der Stadt Bad Säckingen erstellt und wird auch gemeinsam betrieben. Die Verwaltung obliegt dabei der Stadt Bad Säckíngen.

7.5 Kolleg St. Blasien

Das Kolleg St. Blasien nimmt für den nördlichen Landkreis im Bereich der allgemeinbildenden gymnasialen Bildung eine wichtige Rolle wahr. Der Landkreis ist entsprechend dem Kreistagsbe- schluss vom 28.09.1973 Mitglied des Trägervereins für das Kolleg St. Blasien und beteiligt sich an dem für die externen Schülerinnen und Schülern entstehenden finanziellen Aufwand.

7.6 Studienzentrum Landkreis Waldshut

Der Landkreis Waldshut besitzt mit seinem breiten Angebot an Berufsschulen und vielfältigen Bildungsgängen besondere Stärken als Standort der dualen beruflichen Ausbildung. Angesichts des Trends zu höheren Bildungsabschlüssen besteht jedoch ohne eigenen Hochschulstandort im Landkreis ein Defizit im Bereich der akademischen Ausbildung. Der Landkreis bemüht sich daher seit langem eine Fachhochschule in das Kreisgebiet zu bekommen, ist er doch einer der wenigen Landkreise in Baden-Württemberg ohne eine entsprechende Einrich- tung. Entsprechende Initiativen fanden bisher aber keine Unterstützung auf Landesebene. Dies galt auch für den Ansatz, eine Außenstelle einer bestehenden Fachhochschule hierher zu holen.

Der Landkreis sieht daher in der Einrichtung von Fernstudiengängen an den beruflichen Schulen eine große Chance zur Ergänzung und Weiterentwicklung des Bildungsangebotes in der Region.

Im Jahr Jahr 2017 ist es gelungen ein „Studienzentrum Landkreis Waldshut“ einzurichten und unter dessen organisatorischen Dach auf Grundlage von Kooperationsverträgen mit der Fachhoch- schule des Mittelstands Bielefeld und der zur Steinbeis Hochschule Berlin gehörenden Steinbeis Business Akademie an der Justus-von-Liebig-Schule den Studiengang „B. A. Sozialpädagogik Management“ und an den Kaufmännischen Schulen Waldshut den Studiengang „B. A. Business Administration“ als außerschulische Angebote des Landkreises einzurichten. Studienstart war in beiden Studiengängen im Oktober 2017. Im Oktober 2018 haben weitere 19 Studenten den Studi- engang „B. A. Sozialpädagogik Management“ und weitere 9 Studenten den Studiengang „B. A. Busi- ness Administration“ aufgenommen, sodass derzeit insgesamt 62 Studierende am Studienzentrum des Landkreises studieren.

32 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 33

SCHULEN

7.7 Inklusion und Weiterentwicklung der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ)

Der Landtag von Baden-Württemberg hat mit der am 15. Juli 2015 beschlossenen Änderung des Schulgesetzes die Anliegen der Behindertenrechtskonvention konsequent aufgenommen und die Inklusion zum integralen Bestandteil des Bildungswesens in Baden-Württemberg gemacht. Die zen- tralen Eckpunkte der gesetzlichen Änderungen sind:

• die Stärkung des Wahlrechts der Eltern im Hinblick auf den schulischen Lernort, • die Übertragung der Inklusion als Aufgabe an alle Schulen, • die Aufnahme des zieldifferenten Unterrichts in das Schulgesetz, • die Weiterentwicklung der Sonderschulen zu Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, • die Stärkung der Steuerungsfunktion der Schulverwaltung mit Schulangebotsplanung, Bildungswegekonferenz und Berufswegekonferenz.

Die bisherigen Sonder- und Förderschulen haben damit als neue „Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren“ nicht nur eine neue Bezeichnung, sondern auch einen großen Aufgabenzu- wachs und einen Auftrag zu einer umfassenden Weiterentwicklung erhalten. Neben ihren eigenen Bildungsangeboten haben die SBBZ nun ihre Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Bereich der frühkindlichen Bildung, der schulischen Bildung und an der Schnittstelle zur beruflichen Bildung auszubauen und sich an der Entwicklung entsprechender Angebote bzw. Angebotsstrukturen in einer Region, einem Landkreis zu beteiligen sowie verstärkt allgemeine Schulen bei der Umsetzung der Inklusion zu beraten und zu unterstützen. Sie sind damit als SBBZ nun nicht mehr nur zuständig für die Schüler ihrer Schule, sondern sind verantwortlich für alle Schüler mit einem sonderpädago- gischen Beratungs-, Unterstützungs- und Bildungsanspruch in einer Raumschaft, in einem Landkreis, unabhängig davon, an welchem Lernort diese unterrichtet werden.

In unserem Landkreis bestehen insgesamt acht Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten. Davon befinden sich fünf SBBZ sowie zwei Schulkindergärten in Trägerschaft des Landkreises. Im Jahr 2016 konnte eine Kooperationsverein- barung der in Trägerschaft des Landkreises stehenden SBBZ mit der Schule St. Fridolin als SBBZ emotionale Entwicklung, den Schulträgern und dem Staatlichen Schulamt Lörrach abgeschlossen werden, mit der gemeinsam Verantwortung für alle Kinder und Jugendlichen mit einem sonderpädagogischen Bedarf in unserem Landkreis unabhängig vom Lernort übernommen wird. Nur gemeinsam können die vielfältigen und zahlreichen Aufgaben qualitativ hochwertig und vollständig erfüllt werden.

Derzeit werden im Landkreis rd. 160 Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen in inklusiven Settings unterrichtet. Soweit hierfür Assistenz- leistungen erforderlich sind, werden diese gebündelt über die landkreiseigene, gemeinnützige Ge- sellschaft für Familienhilfe mbH, finanziert über die Eingliederungshilfe des Landratsamtes, organisiert und bereitgestellt.

33 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 34

SCHULEN

7.8 Einrichtung des Schultyps „Förderschwerpunkt Schüler in längerer Kranken- hausbehandlung“ in Lauchringen als Außenstelle der Langenstein-Schule (SBBZ)

Im Frühjahr 2017 wurde in der Gemeinde Lauchringen eine kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik, die in Trägerschaft und als „Satellit“ der St. Elisabethen-Krankenhaus gGmbH, Lörrach, geführt wird, eröffnet. Damit wurde das Ziel verfolgt, für Kinder und Jugendliche, insbesondere aus dem mittleren und östlichen Teil des Landkreises, eine tagesklinische Versorgung zu gewährleisten, um so eine stationäre Behandlung vermeiden zu können. Für den Landkreis hat sich dadurch die Möglichkeit ergeben, eine wohnortnahe, qualitativ hochwertige kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung sicherzustellen, da der Landkreis durch niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater ansonsten nicht versorgt ist.

Zur Gewährleistung der gesetzlichen Schulpflicht für die Tagesklinikpatienten und zur Begleitung deren Reintegration in den Regelschulbereich war die Einrichtung des Schultyps „Schule für Kranke in längerer Krankenhausbehandlung“ nach § 15 Abs. 1 Ziffer 8 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) erforderlich. Die Schule sollte in räumlicher Nähe zur Tagesklinik ihren Standort haben. Die Gemeinde Lauchringen hat sich bereit erklärt, für die einzurichtende „Schule für Kranke in längerer Krankenhausbehandlung“ im Gebäude der bestehenden Werkrealschule Lauchringen, die sich in 700 m Entfernung befindet, dem Landkreis Räumlichkeiten bereitzustellen.

Im Hinblick auf die sonderpädagogische Ausrichtung der neu einzurichtenden Schule erfolgte eine organisatorische Anbindung des neuen Förderschwerpunktes „Schule für Kranke in längerer Kran- kenhausbehandlung“ als Abteilung an die Langenstein-Schule, Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit den Förderschwerpunkten „Lernen“ und „Sprache“, in WT-Tiengen.

7.9 Einrichtung einer Berufsschule für Anlagenmechaniker/innen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK)

Im Rahmen eines vom Landkreis Lörrach angestoßenen Prozesses der regionalen Schulentwicklung zur Neustrukturierung der Beruflichen Schulen im Landkreis Lörrach, hat der Kreistag des Landkreises Waldshut in seiner Sitzung am 02.03.2016 die Einrichtung einer Berufsschule für Anlagen- mechaniker/innen der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) an den Gewerblichen Schulen Waldshut einstimmig beschlossen. Das Regierungspräsidium , Abteilung Schule und Bildung, als obere Schulaufsichtsbehörde, hat mit Schreiben vom 02.06.2016 dieser schulorganisatorischen Maßnahme zugestimmt.

In seiner Sitzung am 15.02.2017 hat der Kreistag zur Umsetzung des Beschlusses zur Einrichtung einer Berufsschule für Anlagenmechaniker/innen (SHK) beschlossen, weitere Flächen im ersten Ober- geschoss des Gebäudes der Bildungsakademie, Friedrichstraße 2, zu erwerben, im Gegenzug eine Teilfläche im Erdgeschoss an die Handwerkskammer Konstanz zu veräußern sowie die neu erwor- benen Räumlichkeiten für den Schulbetrieb umzubauen, zu sanieren und auszustatten.

34 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 35

SCHULEN

Der Landkreis investiert verteilt auf die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 insgesamt rd. 3,0 Mio. Euro für Erwerb Teileigentum, Umbaukosten und sächliche Ausstattung der Klassenräume und Werkstätten/Labore. Die feierliche Einweihung der neuen Berufsschule ist für das Frühjahr 2019 geplant.

Die vier neugeschaffenen Klassenräume und das Lehrerzimmer werden neben dem Fachbereich SHK durch den Bereich Fahrzeug-Technik, der bereits seit dem Jahr 2005 in der Außenstelle in der Fried- richstr. 3 untergebracht ist, für den Unterricht genutzt.

Zum Schuljahresbeginn 2018/19 hat die neue Berufsschule für Anlagenmechaniker/innen SHK be- reits den Schulbetrieb mit 120 Auszubildenden aufgenommen.

Besichtigung der neuen Schulräume durch den Ausschuss für Schulen, Kultur- und Tourismus

Foto: Hannes Harnack

35 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 36

LIEGENSCHAFTEN

8.0 8.0 LIEGENSCHAFTEN

Die verschiedenen Fachämter des Landratsamtes Waldshut sind auf zahlreiche Standorte verteilt in folgenden Liegenschaften untergebracht:

8.1. Eigene Objekte

• Verwaltungsgebäude Kaiserstraße 110, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Gartenstr. 3-9, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Waldtorstr. 14, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Hauensteinstr. 14, Bad Säckingen

Der Landkreis hatte das Verwaltungsgebäude Hauensteinstr. 14 in Bad Säckingen seit 01.10.2005 teilweise und seit 01.01.2019 vollständig als Außenstelle zur Unterbringung von Verwaltungsteilen vom Land angemietet. Da das Land das Gebäude nicht mehr für eigene Zwecke benötigte, wurde die Immobilie dem Land- kreis zum Erwerb angeboten. Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 18.07.2018 den Erwerb der Liegenschaft zum Kaufpreis von 1,35 Mio. Euro beschlossen. Der Eigentumsübergang wurde zwi- schenzeitlich vollzogen. Derzeit ist das Gebäude durch den JobCenter, die Schuldnerberatung und den Forstbezirk West belegt.

8.2 Angemietete Objekte

• Verwaltungsgebäude Eisenbahnstr. 5-7, 7a, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Wallgraben 26, 34 und 36, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Waldtorstr. 1, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Viehmarktplatz 1, Waldshut-Tiengen • Kraftfahrzeugzulassungsstelle Alfred-Nobel-Str. 1, Waldshut-Tiengen • Verwaltungsgebäude Industriestr. 2, Waldshut-Tiengen • Kraftfahrzeugzulassungsstelle Am Buchrain 5, Bad Säckingen • Verwaltungsgebäude Buchbrunnenweg 18, Bad Säckingen • Verwaltungsgebäude Kreisarchiv Rudolf-Eberle-Str. 34, Albbruck • Verwaltungsgebäude Weißensteinweg 3, St. Blasien

Aufgrund der Verteilung der Verwaltung auf die zahlreichen Standorte, des zunehmend steigenden Raumbedarfs und des hohen Sanierungsbedarfes für die bestehenden Liegenschaften wurde die Fa. combine CONSULTING GmbH, Hamburg, mit einer Wirtschaftlichkeitsanalyse beauftragt. Im Rahmen der Untersuchung wurden die derzeitigen Miet-, Betriebs-, Unterhaltungs- und Sanierungskosten für die angemieteten und eigenen Verwaltungsgebäude ermittelt und vergleichend den Kosten eines Neubaus für einen zweiten Verwaltungsstandort gegenübergestellt. Ergebnis der Untersuchung war, dass unter Berücksichtigung aller wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien ein Neubau erhebliches Verbesserungspotential in allen Bereichen mit sich bringt. Der mögliche Kostenvorteil gegenüber der Bestandsfortführung ist dabei bereits bei sehr konservativen Ansätzen so erheblich, dass eine weine weiterführende Prüfung der Umsetzbarkeit in jedem Fall empfohlen wurde.

Derzeit werden ein Flächenprogramm und eine Machbarkeitsstudie für den Neubau eines zweiten Verwaltungsgebäudes auf dem kreiseigenen Grundstück in Waldshut, Gartenstr. 3-9, erarbeitet.

36 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 37

LIEGENSCHAFTEN

8.3 Sanierung Verwaltungsgebäude Kaiserstr. 110

Das im Jahr 1984 bezogene Verwaltungsgebäude des Landratsamtes ist nach mehr als 30 Jahren der Nutzung in die Jahre gekommen und so hat der Kreistag Zug um Zug dessen Sanierung be- schlossen. Nach der Sanierung der Tiefgarage in den Jahren 2011 und 2012 erfolgte seit dem Jahr 2013 eine Auffrischung und Sanierung der Mitarbeiter- und Kundenbereiche. Nachdem diese weitgehend abgeschlossen war, stand im Jahr 2016 die Entscheidung über die Sanierung des Kreistagsbereiches, also der Besprechungs- und Fraktionsräume und des Großen Sitzungssaales mitsamt Foyer an.

Entsprechend den Planungen wurde der Saal daher vollständig ausgeräumt und in den Rohbauzu- stand zurückgebaut, damit ein vollständig neuer Saal geschaffen werden konnte. Im rückwärtigen Bereich wurde der Saal um „dienende“ Räume ergänzt, eine erweiterte Vorzone geschaffen, in der auch eine Garderobe untergebracht wurde, sowie der Eingangsbereich neu gestaltet. Die Oberlicht- fenster wurden ausgetauscht, das Flachdach saniert und mit einer verbesserten Wärmedämmung ausgestattet. Ein zweiter Rettungsweg aus dem Saal, der derzeit noch provisorisch angebunden ist, wurde installiert und die Barrierefreiheit des Saales durch den Einbau einer Rampe hergestellt. Eine wertige Neumöblierung des Saales mit stromversorgten Tischen, die eine künftige Tablett- Nutzung für die Gremienarbeit ermöglichen, sowie eine moderne Medientechnik mit einer 3,7 x 2,1 m großen Videowand und zahlreichen Einspielmöglichkeiten runden die Neuausstattung ab.

37 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 38

LIEGENSCHAFTEN

8.4 Flüchtlingsunterbringung und Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft in Jestetten

Aufgrund des großen Zustroms an Flüchtlingen und Asylbewerbern seit dem Jahr 2014 wurden auch dem Landkreis Waldshut viele Menschen zur vorläufigen Unterbringung zugewiesen. Da die beste- henden Unterbringungskapazitäten nicht ausreichten, mussten zusätzliche Gemeinschaftsunter- künfte durch Anmietung von Gebäuden und Containeranlagen und eingerichtet werden. Zudem wurden Ausweichunterkünfte in Wohnungen und Notunterkünfte durch Belegung der Sporthalle am Chilbiplatz in Waldshut, der Stadthalle in Stühlingen, der Sabine-Spitz-Halle in Murg-Niederhof und der Gemeindehalle in Görwihl geschaffen.

Gemeinschaftsunterkünfte wurden eingerichtet in Albbruck, Bad Säckingen, Bonndorf, , Jestetten, Lauchringen, Laufenburg, Lottstetten, Rickenbach, St. Blasien, , Ühlingen- Birkendorf, Waldshut-Tiengen und Wehr.

Es wurden bis zu 2.500 Unterbringungsplätze geschaffen. Durch den Rückgang der Flüchtlingszahlen können diese Kapazitäten seit Mitte 2016, zunächst durch die Aufgabe der eingerichteten Notun- terkünfte in den Hallen, wieder abgebaut werden.

Derzeit (Stand Januar 2019) betreibt der Landkreis noch Gemeinschaftsunterkünfte in Bad Säckingen, Bonndorf, Jestetten, Rickenbach, Waldshut-Tiengen und Wehr. Eine weitere Reduzierung wird erfolgen.

Vor dem Hintergrund der Flüchtlingssituation hat der Kreistag in seiner Sitzung am 11.03.2015 den Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft auf dem einzigen, noch bebaubaren Grundstück im Eigen- tum des Landkreises in Jestetten beschlossen.

In einem Planungswettbewerb hat sich das Architekturbüro Schanz aus Hohentengen unter vier Wettbewerbern mit seinem Planungsvorschlag durchgesetzt, weil es für das vorgegebene Raum- programm die beste planerische Lösung vorgelegt hatte und die Gebäudearchitektur sich mit seiner zwei- und dreigeschossigen Winkelbauweise und dem Nebengebäude harmonisch in das Gelände- profil und die Umgebungsbebauung einfügt. Die Nachhaltigkeit des Baukörpers drückt sich in seiner kompakten Massivbauweise und einem guten Standard im Innenausbau aus.

38 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 39

LIEGENSCHAFTEN

Das Bauvorhaben konnte unter Leitung des Architekturbüros Schanz durch eine hervorragende Zu- sammenarbeit aller Beteiligter in Rekordzeit umgesetzt werden. So erfolgte der „erste Spatenstich“ am 29.05.2015 und wurde der Rohbau bereits am 30.09.2015 fertiggestellt. Die Einweihung konnte am 18.03.2016 und der Erstbezug durch Flüchtlinge in der Osterwoche 2016 erfolgen. Trotz der guten Baukonjunktur konnte der Kostenrahmen eingehalten werden. Die Gesamtherstel- lungskosten beliefen sich auf rd. 2,0 Mio. Euro.

Es konnte ein Neubauprojekt des Landkreises realisiert werden, das in seiner Planung, Architektur und Einbindung in die Umgebung in hervorragender Weise durchdacht und gelungen ist.

Gemeinschaftsunterkunft Jestetten

Das Bauprojekt wurde von der Architektenkammer Baden-Württemberg im März 2018 für „Beispielhaftes Bauen“ ausgezeichnet. Zudem wurde es im Zusammenhang mit dem Beitrag „Making Heimat. , Arrival Country“ auf der Architekturbiennale in Venedig 2016 im Deutschen Pa- villon gezeigt und im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt im März 2017 präsentiert.

39 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 40

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

9.0 9.0 Arbeit, Jugend und Soziales

9.1 Amt für Soziale Hilfen, Behinderten- und Altenhilfe

Flüchtlingsunterbringung

Bis Ende 2012 betrieb der Landkreis nur eine Gemein- schaftsunterkunft für Asylbewerber in Albbruck an der Bahnhofstraße mit ca. 120 Plätzen. Schon damals ge- staltete sich die Suche nach Gemeinschaftsunterkünften schwierig, so dass Anfang 2013 aufgrund des Wegfalls des Standortes Bahnhofstraße Albbruck als notfallmä- ßige Eilmaßnahme Container in Albbruck in der Alten Landstraße gestellt werden mussten. Zeitlich einher ging damit die erste vermeintliche Flüchtlingswelle, die Asyl- bewerberzahlen der Bundesrepublik verdoppelten sich im Jahr 2013. Dementsprechend stiegen auch bei uns die Asylbewerberzahlen an. Im Frühjahr 2014 waren bereits Zertifikatsübergabe nach einem Deutschkurs knapp 400 Asylbewerber in den Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Monatlich wurden durchschnittlich 20 Asylbewerber dem Landkreis neu zugewiesen. Die folgenden Jahre waren geprägt durch die Suche nach neuen Standorten für Gemeinschaftsunterkünfte mit unzähligen Verhand- lungen, Gesprächen mit Gemeinden und Informationsveranstaltungen für die Bürger. Die Menschen wurden untergebracht in Containern, Gebäuden, Wohnungen als Ausweichunterkünfte und auch in Nothallen. Bis Mitte Juni 2015 wurden durchschnittlich 50 Personen zugewiesen, im September 2015 waren es bereits 202 und im Dezember 2015 betrug die höchste Zuweisungsankündigung für den Landkreis 438 Asylbewerber. In den Monaten September 2015 bis März 2016 fand die Flüchtlingswelle ihren Höhepunkt. Allein in diesen sieben Monaten wurden dem Landkreis ungefähr 1.800 geflüchtete Menschen zugewiesen, die allesamt in den verschiedensten Unterkünften untergebracht werden mussten. Dank der Teamarbeit im Landratsamt, der breiten Unterstützung durch die Kommunen und hun- derter engagierter Ehrenamtlicher in den Helferkreisen, und letztlich auch der breiten Akzeptanz in der Bevölkerung, ist es gelungen, diese krisenhafte Situation zu meistern. Der Kreistag war außerhalb der Gremiensitzungen auch seit April 2015 in einem Arbeitskreis Asyl eingebunden. Auch die Wohl- fahrtsverbände haben in der Flüchtlingsarbeit mitgearbeitet, teilweise auch durch die Sozialarbeit in der Betreuung in den Gemeinschaftsunterkünften gemeinsam mit dem Landratsamt. Erst nachdem ab April 2016 zunächst keine weiteren Flüchtlinge mehr in den Landkreis kamen und gleichzeitig auch die Neubauten in Jestetten, Bad Säckingen und Wehr bezogen wurden, konnten die Notunterkünfte (Hallen) in Görwihl, Murg, Stühlingen und Waldshut-Tiengen an die Gemeinden zurückgegeben werden. Seit diesem Zeitpunkt nahmen die Belegungszahlen Monat für Monat ab, so dass die erste Gemein- schaftsunterkunft in Albbruck (Container-Anlage) noch zum Ende des Jahres 2016 geleert und an den Vermieter zurückgegeben werden konnte. Nach und nach wurden weitere Gemeinschaftsun- terkünfte aufgegeben. So die beiden Unterkünfte in St. Blasien im Sommer 2017 und die Unterkunft in Waldshut-Tiengen (Schmitzingerstraße) im Oktober 2017. Parallel wurden in 2017 noch vier wei- tere Unterkünfte in Lauchringen, Laufenburg, Todtmoos und Ühlingen-Birkendorf geleert, noch ehe die Mietverträge ausliefen.

40 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 41

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Von März bis Juni 2018 wurde schließlich die Container-Anlage in Bad Säckingen (Langfuhren) auf- gegeben und die Unterkunft der Gemeinde Dogern vorzeitig an die Gemeinde selbst zur Anschluss- unterbringung übergeben. Im Herbst 2018 standen somit lediglich noch 9 von 19 Gemeinschaftsunterkünften zur aktiven Be- legung zur Verfügung. Von einst etwa 2.000 untergebrachten Menschen im März 2016 schwand die Belegung auf ca. 400 Menschen zum Jahresende 2018.

Belegungszahlen der Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis Waldshut

Perspektivisch ist vorgesehen, dass maximal fünf Gemeinschaftsunterkünfte in Bad Säckingen, Bonndorf, Jestetten, Waldshut-Tiengen und Wehr im Landkreis Waldshut bestehen bleiben sollen.

Während in den Zeiten der steigenden und zwischen September 2015 und März 2016 explodierenden Zuweisungszahlen die große Herausforderung in der Unterbringung der Menschen bestand, setzte ab Sommer/Herbst 2016 eine Veränderung der Arbeitsschwerpunkte ein, hin zur Integration von geflüchteten Menschen, zumal mehr und mehr Menschen in Anschlussunterbringungen in die Städte und Gemeinden übergingen oder in private Mietverhältnisse einmündeten. Seit dem 01.12.2016 un- terstützt die hauptberufliche Flüchtlingsbeauftragte des Landkreises die Integrationsbemühungen.

Mit dem Pakt für Integration startete zum Jahreswechsel 2017/2018 eine große, durch das Land Baden-Württemberg initiierte Integrationsoffensive. Neben einem neu installierten Integrations- lastenausgleich für die Städte und Gemeinden nahmen die sogenannten IntegrationsmanagerInnen ihre Arbeit auf. Im Landkreis Waldshut starteten bis Juni 2018 insgesamt 22 Integrationsmanage- rInnen, sechs davon in der Zuständigkeit und im Verantwortungsbereich des Landratsamtes beim Amt für Soziale Hilfen, Behinderten- und Altenhilfe. Ziel ist es, die bereits in der Anschlussunter- bringung befindlichen Menschen zu begleiten, sie in den verschiedensten Lebenssituationen zu un- terstützen und ihnen die Wege in die Gesellschaft zu ebnen. In einigen Fällen zeigen sich schon Erfolge, beispielsweise auch bei der Integration in Arbeit, wo insbesondere das Jobcenter schon ei- nige ehemalige Flüchtlinge nachhaltig, gerade auch in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder in eine Ausbildung vermitteln konnte oder natürlich auch andere Akteure, wie bspw. die Inte- grationsmanagerInnen oder Ehrenamtlichen aus den verschiedenen örtlichen Helferkreisen bei der Suche nach Beschäftigung mithelfen und vermitteln konnten. Selbstverständlich gehen solchen Ar- beitsintegrationen immer vielfältige Schulungsmaßnahmen, insbesondere im Bereich der Sprache, voran. In nicht mehr zu zählenden Sprach- und Integrationskursen landkreisweit wurden die geflüchteten Menschen dahingehend unterstützt.

41 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 42

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Auch weiterhin wird der Schwerpunkt in der gesamten Flüchtlingsthematik nun die Integrations- arbeit sein. Vor Jahren, als der Landkreis noch fieberhaft nach Unterkünften zur Unterbringung der Menschenmassen suchte, war dies noch „Zukunftsmusik“. Heute ist es Realität.

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) Nach einigen Verwirrungen und Irritationen aufgrund des 1. Referentenentwurfs durch das Bun- desministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 26.04.2016 passierte das dann nochmals über- arbeitete BTHG schließlich am 16.12.2016 den Bundesrat und trat nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 29.12.2016 zum 01.01.2017 mit der ersten Reformstufe in Kraft.

Mit dem BTHG wurde das deutsche Recht mit Blick auf die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 weiterentwickelt. Die Grundlagen für ein leistungsfähiges Rehabilitations- und Teil- haberecht modernisieren, um damit die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung durch mehr Selbstbestimmung und mehr Teilhabe zu verbessern – mit dieser Anforderung stellt das Bundesteil- habegesetz die bisher größte Reform des SGB IX seit dessen Entstehung im Jahr 2001 dar.

Insgesamt ist durch das Gesetz ein „Systemwechsel“ beabsichtigt, in dessen Zuge die Eingliederungs- hilfe aus der Sozialhilfe herausgenommen und ein entsprechendes Leistungsrecht im Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) begründet werden soll. Dieses Leistungsrecht, als neuer Teil 2, nun- mehr Bestandteil des SGB IX, zeichnet sich insbesondere durch seine personenzentrierte Ausrichtung und eine ganzheitliche Bedarfsermittlung aus. Die Unterscheidung nach ambulanten und stationären Leistungsformen wird aufgegeben. Den Trägern der Eingliederungshilfe sollen verbesserte Steuerungsmöglichkeiten und Wirkungskon- trollen zukommen. Die Leistungen sollen im Rahmen der begrenzten Ressourcen effektiv und effi- zient erbracht werden und zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen beitragen. Dabei sollen für Menschen mit Behinderung auch Alternativen zu Werkstätten entwickelt werden, z.B. durch alternative Anbieter und vor allem durch das Budget für Arbeit.

Die Änderungen durch das BTHG werden in vier Reformstufen umgesetzt:

Seit der Reformstufe 1 ab 01.01.2017 gelten höhere Freibeträge bei Einkommen und Vermögen sowie vorgezogene Änderungen im Schwerbehindertenrecht.

In der Reformstufe 2 ab 01.01.2018 wurde das Schwerbehindertenrecht im SGB IX neu platziert und erhält zahlreiche Änderungen. So führen z.B. die Neuregelungen für Interessenvertretungen zu einer Stärkung der Schwerbehindertenvertretungen bzw. zur Einführung einer Frauenbeauftragten in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Ferner erfolgen eine Reform des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe, Verbesserungen im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben sowie Änderungen im Gesamtplanverfahren.

In der Reformstufe 3 ab 01.01.2020 wird die Eingliederungshilfe vollständig aus dem SGB XII herausgelöst und zu Teil 2 im SGB IX. Sie ist somit nicht mehr Teil des Fürsorgesystems. Freibeträge bei Einkommen und Vermögen werden nochmals erhöht. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden getrennt nach Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen (Lebensunterhalt, Kosten der Unterkunft).

42 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 43

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

In der Reformstufe 4 ab 01.01.2023 wird der Zugang zur Eingliederungshilfe neu ausgestaltet. Der Behinderungsbegriff wird in diesem Zuge weiterentwickelt. Dieser soll deutlicher als bisher einen Schwerpunkt legen auf die Wechselwirkungen zwischen Person und Umwelt und orientiert sich so stärker an der UN-Behindertenrechtskonvention und der ICF-Klassifikation.

Über diese Veränderungen in der Eingliederungshilfe durch das BTHG wurde erstmals im April 2018 im Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet. Mit Kreistagsbeschluss vom 12.12.2018 wurde – nach entsprechender Beratung im Verwaltungs- und Finanzausschuss - einer personellen Aufstockung von drei Stellen im Bereich der Eingliede- rungshilfe zugestimmt. Die Erhöhung der Stellenanteile im Stellenplan ist den BTHG-bedingten Mehraufwendungen, ins- besondere durch die Trennung von Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen, aber auch der intensiveren Bedarfsermittlung und dem sehr komplexen Teilhabeplanverfahren geschuldet. Damit wurde der Verwaltung die Möglichkeit gegeben, sich auch personell auf die veränderungsin- tensivste Reformstufe zum 01.01.2020 (Stufe 3) vorzubereiten und einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Fortschreibung des Teilhabeplans

Im Jahr 2010 wurde der Teilhabeplan des Landkreises Waldshut für Menschen mit wesentlicher geistiger, körperlicher und mehrfacher Behinderung als Ergebnis einer intensiven und sehr umfangreichen Bestandsaufnahme und eines entsprechenden Planungsprozesses fertiggestellt. Wesentliche Ele- mente des Teilhabeplans sind die aufgeführten konkreten Handlungsempfehlungen für die jeweiligen Lebensabschnitte von Menschen mit Behinderungen. Diese zielen darauf ab, die vorhandenen Ange- bote zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.

Im sogenannten Begleitarbeitskreis, einem Gremium von Fachleuten, das die Teilhabeplanung des Landkreises begleitet, war man übereingekommen ein Zwischenfazit bezüglich der bisherigen Ent- wicklung im Landkreis zu ziehen. Dies allerdings ohne den Anspruch, eine Detailtiefe wie im Teilha- beplan 2010 anzustreben. Es galt zu hinterfragen, was zwischenzeitlich umgesetzt wurde und was es zukünftig noch zu verwirklichen gilt.

Für die Aktualisierung der Teilhabeplanung im Sinne einer Fortschreibung der damaligen Maßnah- menempfehlungen wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen zu den jeweiligen Lebensabschnitten zahlreiche Fachleute und auch Angehörige beteiligt. Für den Lebensabschnittsbereich Arbeit und Tagesstruktur und privates und unterstütztes Wohnen, ein inhaltlicher Schwerpunkt der Fortschrei- bung des Teilhabeplanes, wurde schließlich der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden- Württemberg (KVJS) beauftragt, uns bei der weiteren Umsetzung fachlich zu begleiten und gesamthaft in einem Abschlussbericht die Fortschreibung der Teilhabeplanung zusammenzufassen.

Der Bericht zur Fortschreibung der Teilhabeplanung hat gezeigt, dass im Landkreis Waldshut in der Angebotspalette für Menschen mit Behinderung vieles neu entwickelt und weiterentwickelt wurde. Einige von den damaligen Maßnahmenempfehlungen des Teilhabeplanes sind umgesetzt worden, andere müssen erst noch verwirklicht werden. Mit der Fortschreibung des Teilhabeplanes, der im Kreistag Ende 2016 verabschiedet wurde, wurde ein aktueller Fahrplan für die Umsetzungsphase der nächsten Jahre geschaffen. Ein Umsetzungsbaustein für die Zukunft ist beispielsweise eine wohnortnahe stationäre Einrichtung für 24 Menschen mit Behinderung, die derzeit durch die Caritas in Lauchringen gebaut wird.

43 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 44

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Eingliederungshilfe als Beitrag zur Inklusion in Kindertageseinrichtungen und Schulen Im Sommer 2015 wurde das Recht auf Teilhabe an Bildung als Teil der UN-Be- hindertenrechtskonvention in nationales Recht übernommen. Bereits mit dem Schuljahr 2015/2016 stieg im Landkreis die Zahl der Kinder, Schülerinnen und Schüler, denen eine Leistung nach dem Sozialhilfegesetz zuteil wurde:

Personen, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzu- haben eingeschränkt … sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls … Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungs- hilfe erfüllt werden kann.

Ausgehend vom Prinzip der Gleichberechtigung gewährleistet die UN-Behindertenrechtskovention damit ein einbeziehendes (inklusives) Bildungssystem auf allen Ebenen. Der Wortlaut der Konvention ist dabei unmissverständlich:

Menschen dürfen "nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden". Sie haben vielmehr Anspruch auf Zugang zu einem inklusiven Schul- und Bildungssystem.

Die Umsetzung der Teilhabe in den Lebensbereichen Kindertageseinrichtung und Regelschulen ist ein Prozess, auf dessen Weg sich die Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Sonderpädagoginnen und Son- derpädagogen und die von der gemeinnützigen Gesellschaft bereit gestellten Inklusionsbegleiter- innen und Inklusionsbegleitern gemeinsam gemacht haben. Es wäre ignorant zu behaupten, dass diese Umsetzung überall und uneingeschränkt von Anfang an zur Zufriedenheit aller und vor allem zum Wohl der Kinder und Schülerinnen und Schüler funktioniert. Dafür waren und sind die damit einhergehenden Anforderungen zu vielschichtig und solche Prozesse benötigen Zeit, um aus den vielen positiven Erfahrungen die richtigen weiteren Schritte abzuleiten. Deshalb sollen an dieser Stelle nicht nur Zahlen und Ergebnisse dokumentiert werden, sondern eine kritische Bewertung möglich sein. Ein wesentlicher Punkt in der Schwierigkeit zur Umsetzung mag sein, dass in keinem anderen ent- wickelten Land das Förderschulwesen so stark ausgebaut ist wie bei uns. Die Ursprünge liegen im Aufbau des "Hilfsschulsystems" für schwer bildbare Kinder Anfang des vorigen Jahrhunderts. Die Idee, dass Schüler mit attestierter Behinderung im Schonraum einer getrennten Bildungseinrichtung am besten gefördert werden, hat sich in der Sonderpädagogik verfestigt und ist zum Bestandteil kollektiven Denkens geworden. Die Reaktionen auf das Ziel einer inklusiven Schule sind in allen Bereichen der Gesellschaft über- einstimmend: Die Behindertenrechtskonvention wird allerorten einhellig begrüßt. In der Detailsicht kommen jedoch eine Reihe von „Ja Aber-Meldungen“ zu Wort.

„Inklusion ist keine Utopie“ Das gemeinsame Lernen gelingt, wenn es konsequent umgesetzt wird. Im Kern weisen Kritiker auf Probleme an den Schulen hin und leiten daraus ab, dass Inklusion "praktisch nicht funktionieren" könne. Es handle sich vielmehr um eine "Utopie". Ausgedacht hätten sich die Inklusion "Idealisten", denen die Kenntnis des realen Schulalltags fehle. Ein Vergleich mit Norwegen, Italien oder den USA macht deutlich, dass gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schüler mit und ohne Förderbedarf gut funktionieren kann.

44 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 45

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Vergleichsstudien von Schulleistungen zeigen, dass Kinder mit Behinderung in einem inklusiven Um- feld ihre Kompetenzen besser entwickeln können und auch die übrigen Schülerinnen und Schüler von der individuellen Förderung profitieren. Das mag nicht für alle Fälle und alle Behinderungsfor- men gelten. Doch für notwendige Einzelfallentscheidungen lassen die rechtlichen Vorgaben genü- gend Raum. Richtig umgesetzt, ist der gemeinsame Unterricht ein Gewinn für alle.

Viele Lehrerinnen und Lehrer beklagen zurecht, dass sie auf die Herausforderungen eines inklusiven Unterrichts zu wenig vorbereitet sind. Ein wichtiger Schritt wäre es daher, Inklusion und sonderpädagogische Förderung zu Bestandteilen der allgemeinen Lehrerausbildung zu machen. Gleichzeitig muss über die Bereitstellung von assistierendem Personal und Sonderpädagogik hinaus ein gelingender Rahmen geschaffen werden. Denn in der in- klusiven Pädagogik ist die Anpassung der Schule an die Schülerinnen und Schüler Programm:

„Der Schüler ist gleichsam die Konstante, die Schule die Variable“.

Der leider sehr viel zu früh verstorbene ehemalige Leiter des Staatlichen Schulamtes Lörrach- Waldshut, Herr Helmut Rüdlin, war als Sonderpädagoge ein glühender Verfechter der inklusiven Beschulung und hat viele Anstoße geliefert, die für uns Orientierung sind in der weiteren Umsetzung der inklusiven Beschulung. Ehemalige Förderschulen entwickeln sich konsequent zu Sonderpädagogischen Bildungs- und Be- ratungszentren und deren sonderpädagogisch geschultes Personal unterstützt die Lehrerinnen und Lehrer und Inklusionsbegleiterinnen und Inklusionsbegleiter an den allgemeinen Schulen. Im Landkreis Waldshut beschäftigt sich neben vielen dezentralen Impulsen und Initiativen an ein- zelnen Schulen die Arbeitsgruppe PiSa mit der Entwicklung der inklusiven Beschulung. PiSa steht dabei für „Planungsgruppe inklusive Schulangebote“. In dieser Arbeitsgruppe sind vertreten das Staatliche Schulamt, das Amt für Soziale Hilfen, Behinderten und Altenhilfe, die Sonderpädagogi- schen Bildungs- und Beratungszentren, das Amt für Schulwesen und die Abteilung Schülerbeför- derung des Landratsamtes und die gemeinnützige Gesellschaft für Familienhilfe.

Wenn in einer Gesellschaft die Teilhabe von Menschen mit einem besonderen Bedarf für alle zur Selbstverständlichkeit werden soll, dann gibt es dazu, Menschen mit und ohne Behinderung bereits in Kindertageseinrichtungen und Schulen gemeinsam heranwachsen zu lassen, keine Alternative. Deshalb wird Eingliederungshilfe auch geleistet in Kindertageseinrichtungen. Zur Zielsetzung for- muliert der Kommunalverband Jugend und Soziale Baden-Württemberg (KVJS):

„Zentrales Ziel für eine Förderung von Kindern mit einer Behinderung ist eine gelungene Teilhabe am Gruppengeschehen im Kindergarten. Gelingt dies, werden gleichzeitig wesentliche individuelle Förderziele erreicht, ...“

45 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 46

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Entwicklung in Zahlen

Vergleich erste Halbjahre 16/17 mit dem Schuljahresbeginn im September 2018

Bearbeitete Einzelsituationen Einsatzbezeichung Okt Hochr. 2016 2017 2018 Std 16 Std 17 Std 18 Nach SGB XII Gruppenlösung 15 29 54 18.953 25.663 Kindertageseinrichtungen 23 34 36 11.108 14.568 Einzelbegleitungen 2 6 14 6.275 13.016 (2016 zusammengefasst) 19.150 40 69 104 19.150 36.336 53.247

Abb.: Anzahl aller MA, die in den jeweiligen Jahren in Einsätzen zur Eingliederungshilfe einge- setzt waren/sind, (einzelne MA waren/sind in beiden Bereichen aktiv, weshalb die Tabelle den Jahresverlauf und nicht einen Stichtag abbildet)

Teilbereich Teilbereich SGB XII SGB VIII Dez 15 22 17 Dez 16 46 16 Dez 17 72 21 Nov 18 111 26

Der damit verbundene Personalaufwand für Integrationshilfen generiert für die Eingliederungs- hilfe nach dem SGB XII – Sozialhilfe - folgende Kosten:

Ansatz Bezeichnung Ansatz 2019 2018 Ergebnis 2017

Amt für Soziale Hilfen 1.516.363 1.176.856 1.076.522

46 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 47

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Pflegestärkungsgesetze (PSG) I bis III In der Zeit zwischen 2015 und 2017 hielten die „Pflegestärkungsgesetze I bis III“ Einzug in die Sozialgesetzgebung. Die Gesetze sind in den fol- genden drei Schritten jeweils zum 01.01. in Kraft getreten und hatten folgende Inhalte:

PSG I (2015): „Leistungsausweitung und Pfle- gevorsorgefonds“ PSG II (2016): „Einführung des neuen Pflege- bedürftigkeitsbegriffs“ PSG III (2017): „Stärkung der Rolle der Kommunen“.

Am 16. Dezember 2016 nahm das PSG III in der letzten Sitzung des Bundesrates im Jahr 2016 die endgültige parlamentarische Hürde. Damit hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2017 sein Vorhaben verwirklicht, die inzwischen mehr als 20 Jahre alte Pflegeversicherung umfassend zu reformieren.

Die wesentlichen Änderungen der Pflegestärkungsgesetze sind:

1. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff sowie das neue Begutachtungsverfahren:

Anstatt der bisherigen 3 Pflegestufen gibt es nun 5 „Pflegegrade“. Die Pflegesituation von Menschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen (z.B. Demenz) soll bei der Begutachtung in gleicher Weise berücksichtigt werden wie die Pflegesituation von Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen.

2. Die Einführung des „Einrichtungseinheitlichen Eigenanteils“ (EEE):

Vor dem 1. Januar 2017 erhöhten sich mit steigender Pflegebedürftigkeit zwar die Leistungshöchst- beträge der Pflegeversicherung, im Regelfall aber nicht in demselben Ausmaß wie die von der Pfle- geeinrichtung berechnete Vergütung. Ein höherer Leistungsanspruch bedeutete dann zugleich einen höheren Eigenanteil. Mit dem PSG II wurde dieser Nachteil beseitigt. Es gilt seither einheitlich für alle im selben Pflegeheim versorgten Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 ein einrichtungs- einheitlicher Eigenanteil. Dies bewirkt, dass sich die Kosten zur Deckung des Fehlbetrages zwischen Leistung der Pflegeversicherung und Eigenanteil des Pflegebedürftigen mit steigendem Pflegegrad nicht erhöhen.

Dies hat folgende Vorteile: • Der Konflikt in Heimen über Höherstufung wird aufgelöst. • Die höhere finanzielle Belastung der Schwerstpflegebedürftigen wird abgeschafft. • Schaffung von Sicherheit, dass sich der Eigenanteil bei Pflegegradveränderung nicht erhöht.

47 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 48

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Umsetzung: Die ca. 2,7 Millionen Pflegebedürftigen in der Bundesrepublik Deutschland wurden zum 01.01.2017 automatisch in den neuen Pflegegrad „übergeleitet“. Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen wurden automatisch von ihrer Pflegestufe in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet. Menschen, bei denen eine dauerhafte erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, wurden in den übernächsten Pflegegrad übergeleitet.

Durch die Einführung des sog. „Bestandschutzes“ wurde gewährleistet, dass jeder Pflegebedürftige durch die „Überleitung“ zumindest die gleichen Leistungen der Pflegekasse erhält wie bisher.

Auswirkungen:

a) Für die Pflegekassen: Laut einer Auswertung der Bundesregierung vom 09.02.2018 haben 2017 gut 800.000 Pflegebe- dürftige erstmals Leistungen erhalten. Das sind gegenüber 2016 gut 300.000 Menschen mehr. Zur Finanzierung der Mehrkosten durch die Pflegestärkungsgesetze wurde der Beitragssatz zur Pfle- geversicherung zum 01.01.2017 um 0,2 Prozentpunkte angehoben (auf 2,55 % bzw. 2,80 % für Kin- derlose).

b) Für die Sozialhilfeträger: Entgegen der Befürchtungen der Landesregierung sowie des Städte- und Landkreistags, die mit erheblichen Kostensteigerungen für die Sozialhilfeträger gerechnet haben, kam es zunächst zu Ein- sparungen im Bereich der „Hilfe zur Pflege“. Die Bruttoausgaben im Jahr 2016 betrugen 6,776 Mio Euro, im Jahr 2017 reduziert auf 6,192 Mio Euro. Wie in den o.g. Beispielen erläutert, erhielt jeder Bewohner, der bereits vor dem 01.01.2017 pflege- bedürftig war, nach dem 01.01.2017 aufgrund des „Bestandschutzes“ zumindest die gleichen Leis- tungen der Pflegekasse wie bisher („keiner fährt schlechter“). Dadurch haben sich die Kosten für die Sozialhilfeträger zunächst verringert. Allerdings schwächt sich dieser Effekt von Jahr zu Jahr ab, da Pflegebedürftige, die nach dem 01.01.2017 eingestuft wurden, von dem „Bestandschutz“ nicht profitieren. So kann es sein, dass ein Pflegebedürftiger aufgrund der neuen Begutachtungsrichtlinien geringere Leistungen der Pflege- kasse erhält, wie er sie vor dem 01.01.2017 erhalten hätte.

Nachbarschaftshilfen

Der demographische Wandel und die strukturellen Verän- derungen in unserer Gesellschaft führen dazu, dass wohn- ortnahe und alltagspraktische Unterstützungsangebote insbesondere für ältere Menschen zunehmend an Bedeu- tung gewinnen. Viele Menschen benötigen im Alter zunehmend Hilfe. Um dem Wunsch der Men- schen nach einem längst möglichen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit nachkommen zu können, haben sich die sogenannten Nachbarschaftshilfen als wichtiger Baustein entwickelt.

Einfache Nachbarschaftshilfe ergibt sich in der Regel von selbst. Sie lebt von der räumlichen Nähe und bedarf keiner Organisation. Aber nicht überall gibt es Nachbarn, die sich engagieren und ei- nander im Alltag unterstützen. Und manche Menschen brauchen mehr Unterstützung, als die Nach- barschaft geben kann.

48 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 49

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Organisierte und bürgerschaftlich engagierte Nachbarschaftshilfen können hier einen wichtigen Beitrag zum Verbleib in der eigenen Häuslichkeit leisten. Ebenfalls helfen sie, altersbedingter Ver- einsamung vorzubeugen und tragen zum Erhalt von Sozialkontakten bei. Organisierte Nachbarschaftshilfen haben einen verbindlichen organisatorischen Rahmen und richten sich an alle Einwohnerinnen und Einwohner in einer Gemeinde.

Konkrete Angebote für ältere Menschen sind beispielsweise: • Besuchsdienste • Begleitdienste (z.B. zu Ärzten, Veranstaltungen in der Gemeinde) • Einkaufsservice • Hilfe beim Winterdienst und kleinen handwerklichen Tätigkeiten (z.B. Wechseln einer Glühbirne)

Die Nachbarschaftshilfen entlasten durch ihren Dienst auch Angehörige, die insbesondere bei der Betreuung pflegebedürftiger Menschen stark beansprucht sind und sich über eine Entlastung freuen. Organisierte Nachbarschaftshilfen verlangen für ihren Einsatz i.d.R. einen Stundensatz, die Helferinnen und Helfer erhalten eine entsprechende Aufwandsentschädigung im Sinne der Übungsleiterpauschale.

Die Zahl der organisierten Nachbarschaftshilfen wächst auch im Landkreis Waldshut. Demzufolge hat der Kreistag bereits im Jahr 2015 beschlossen, den Auf- und Ausbau solcher Dienste finanziell zu fördern. Nachbarschaftshilfen, die sich auf den Weg machen, um eine Anerkennung als Unterstützungsan- gebot im Alltag zu bekommen, erhalten die entsprechende Beratung vom Amt für Soziale Hilfen, Behinderten- und Altenhilfe. Mittlerweile zählen wir zwölf Nachbarschaftshilfen im Landkreis Waldshut, von denen bis 2018 be- reits zehn Dienste die Anerkennung im Sinne des § 45a SGB XI erhielten. Sicherlich wird diese po- sitive Entwicklung fortdauern, so dass solche Dienste hoffentlich in der nächsten Kreistagsperiode flächendeckend im Kreisgebiet vorzufinden sein werden.

49 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 50

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Implementierung des ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten

Zum 01. April 2016 nahm der ehrenamtliche, kommunale Behinderten- beauftragte des Landkreises Waldshut seine Arbeit auf, nachdem dieser im März zuvor durch den Kreistag bestellt wurde. Der Behindertenbeauftragte hat die Aufgabe, das Landesbehinderten- gleichstellungsgesetz (LBGG) auf Landkreisebene in seiner Umsetzung zu unterstützen und damit den Inklusionsprozess zu fördern. Er fungiert dabei als Ansprechpartner für Städte und Gemeinden bei Fra- gen zu barrierefreien und inklusiven Lebensräumen, die eine uneingeschränkte Teilhabe ermöglichen. Er berät aber auch die Kreisverwaltung und die Kreispolitik in Fragen zum Thema Behinderung und Inklusion und ist darüber hinaus auch Anlaufstelle für Menschen mit Behinderungen und deren An- gehörigen als eine unabhängige Vertrauensperson.

Die weiteren Aufgabenfelder des Behindertenbeauftragten sind: • Ansprechpartner für Selbsthilfegruppen. • Förderer einer kooperativen Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. • Entwickler von Ideen und Initiativen für Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen. • Öffentlichkeitsarbeit, Teilnahme an Veranstaltungen.

Der Kreisbehindertenbeauftragte ist hierbei Mittler/Vermittler/Ombudsmann zwischen den verschie- denen Akteuren, nämlich den behinderte Menschen, Angehörigen, Landratsamt, Verwaltung, Einrichtungen, Selbsthilfegruppen usw.

In den ersten Jahren haben sich folgende Schwerpunktthemen herausgebildet: 1. Begehungen im Hinblick auf Barrierefreiheit: • ÖPNV: Bushaltestellen, Busbahnhöfe, Fahrzeuge • Bahn: Bahnsteige, Zugmaterial, Service • Öffentliche Gebäude: Erreichbarkeit, Zugänglichkeit, Orientierung • Verkehrswege: Fußgängerüberwege, Leitsysteme

2. Beratungen bezüglich gesetzlicher Vorgaben bei Baumaßnahmen: • Zum Beispiel bei der Planung von barrierefreien Bushaltestellen, barrierefreien Toiletten

3. Projektarbeit: • Arbeitskreis Barrierefreies Landratsamt • Organisation von Workshops

4. Öffentlichkeitsarbeit: • Teilnehme an Veranstaltungen, Vorstellung in div. Selbsthilfegruppen und Organisationen.

50 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 51

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

5. Netzwerkarbeit: • Austausch mit Behindertenbeauftragten aus Südbaden, speziell mit Kollegen aus den Nachbarlandkreisen. • Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Soziales und Integration. • Teilnahme an Sitzungen im Landratsamt.

6. Einzelanfragen von Bürgern: • Ein immer größer werdender Anteil der Arbeit des Behindertenbeauftragten sind die Anfragen einzelner Bürger zu speziellen Themen.

9.2 Jobcenter

Keiner wird vergessen – Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit hoher Bleiberechtswahr- scheinlichkeit frühzeitig in den Arbeitsmarkt integrieren – das Landkreisprojekt „MiKA“

Nicht erst seit den Flüchtlingsbewegungen der letzten Jahre ist klar, dass es unter den Asylbewer- berinnen und Asylbewerbern zahlreiche Personen gibt, die ausgebildet sind und schulische oder be- rufliche Kenntnisse und Fähigkeiten mitbringen. Dieses Potential gilt es frühzeitig bei der Integration in Arbeit, auch als Integration in die Gesellschaft, zu nutzen. Im anzuwendenden Asylbewerberleistungsrecht sind jedoch keine Leistungen vorgesehen, die auf die Integration in den Arbeitsmarkt abzielen. Jobcenter dürfen mit diesen Personen nicht arbeiten, da sie aufgrund des fehlenden Bleiberechtsstatus keinen Zugang zu den Leistungen des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben. Deutsch- und Integrationskurse des Bundesamtes für Migra- tion und Flüchtlinge (BAMF) standen nur einem eingeschränkten Personenkreis zur Verfügung. Die Vermittlungsangebote der Bundesagentur für Arbeit (BA) können nur von Personen genutzt werden, die dem Arbeitsmarkt, auch aufgrund ausreichender Deutschkenntnisse, zur Verfügung stehen.

Der Landkreis Waldshut hat daher mit den Planungen für ein entsprechendes Projekt bereits Mitte des Jahres 2015 und damit vor der Flüchtlingswelle begonnen. Im November 2015 erfolgte dann der Beschluss der Kreisgremien, die bestehende Lücke durch ein eigenes Projekt des Landkreises zu schließen. Im Januar 2016 startete mit einer Finanzierung des Landkreises das neu entwickelte Pro- jekt „MiKa“. Der Name des Projekts beinhaltet sogleich das wesentliche Ziel des Projekts: Migranten integrieren in Kultur und Arbeit.

Zur Durchführung dieses Landkreisprojekts konnte auf die GWA gGmbH zurückgegriffen werden. Hierbei handelt es sich um eine bereits seit 01.04.1996 bestehende gemeinnützige Gesellschaft des Landkreises Waldshut und der Handwerkskammer Konstanz. Ziel der GWA gGmbH ist die Beratung, Qualifizierung und Vermittlung von Arbeitssuchenden und von Arbeitslosigkeit Bedrohten. Sie ar- beitet seit vielen Jahren eng mit dem Landkreis Waldshut – speziell bis 2004 mit dem Kreissozialamt (BSHG – Hilfe zur Arbeit) und als zugelassenem kommunalen Träger (zkT) mit dem Jobcenter Waldshut im Bereich des SGB II und den regionalen Betrieben zusammen. Auf dieser Grundlage ver- fügt die GWA gGmbH über ein breites Wissen bezüglich der Anforderungen des regionalen Arbeits- marktes und hilfreichen Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt.

Das Projekt MiKA besteht aus einem „Integrationsbüro Arbeit“ und zwei „Arbeitsintegrationskursen“. In das Projekt werden Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit hoher Arbeitsmotivation und Blei-

51 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 52

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

berechtswahrscheinlichkeit, aber einer zu erwartenden längeren Verfahrensdauer beim BAMF, auf- genommen. Da syrische Flüchtlinge in der Vergangenheit eine recht schnelle Anerkennung erhalten haben, können diese auch sehr schnell von den Maßnahmen des Jobcenters profitieren – eine Teil- nahme dieser im Projekt MiKA ist daher nicht vorgesehen. Die freiwillige Teilnahme setzt voraus, dass keine gesundheitlichen Einschränkungen bestehen, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen könnten. Unabdingbar sind zumindest rudimentär vorhan- dene Kenntnisse der deutschen oder englischen Sprache.

Eine zweimonatige Nachbetreuung für den Arbeitgeber und die vermittelte Person nach erfolgrei- cher Arbeitsmarktintegration runden das Betreuungsangebot innerhalb des Projektes ab.

Ablauf Maßnahmen „Integrationsbüro Arbeit“ und „Arbeitsintegrationskurs“ bei GWA gGmbH

Dadurch, dass die betreffenden Personen nun frühzeitig ganz oder zumindest überwiegend unab- hängig von staatlichen Sozialleistungen leben, haben sich aus Sicht des Landkreises die eingesetzten finanziellen Mittel mehr als amortisiert.

Auch für die Arbeitgeber des Landkreises hat das Projekt positive Auswirkungen auf der Suche nach geeigneten Arbeitskräften – so ist es kaum verwunderlich, dass für die seit Projektbeginn gesamt 228 beruflichen Erprobungen und 113 Integrationen in sozialversicherungspflichtige Beschäftig- ungen zwischenzeitlich 86 Betriebe des Landkreises gewonnen werden konnten.

Auf Grundlage der Erfahrungen aus bisherigen Kursen wurde MiKA jeweils weiterentwickelt, den veränderten Gegebenheiten angepasst und in den Folgejahren entsprechend fortgesetzt – mit Be- schluss des Kreistags vom 19.12.2018 wird das Projekt in 2019 mit einem erweiterten Personenkreis (u.a. mit geduldeten Personen) weitergeführt.

52 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 53

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Die Erfolgsbilanz auf einen Blick:

Die Bundesprogramme „Soziale Teilhabe“ und „ELA“ (ESF-Bundesprogramm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit)

53 Kreistag_A4_22.3.19 23.03.19 08:28 Seite 54

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Das Jobcenter Waldshut hat sich erfolgreich auf beide Bundesprogramme beworben. Beide Pro- gramme zielen auf den Abbau von Personen ab, die schon sehr lange im Leistungsbezug des Job- centers sind. Im Gegensatz zu „ELA“ mit Integrationen vornehmlich auf dem ersten Arbeitsmarkt (ermöglicht durch hohe Arbeitgeberzuschüsse und einem verpflichtendem Coaching), setzt die „Soziale Teilhabe“ auf einen öffentlich geförderten „sozialen Arbeitsmarkt“, der nicht im Wettbewerb steht – hier wurden die Stellen vornehmlich im Bereich der LIGA der Wohlfahrtsverbände geschaffen. Für „ELA“ wurden dem Jobcenter (Projektlaufzeit 2015 bis 2020) zusätzliche Mittel in Höhe von rund 5,2 Mio. Euro und für „Soziale Teilhabe“ (Projektlaufzeit 2016 bis 2018) weitere Mittel in Höhe von rund 890.000 Euro zur Verfügung gestellt. Durch diese spezielle Fördermöglichkeit konnten 23 Personen im Bereich der „Sozialen Teilhabe“ beschäftigt werden. Mit 118 durch ELA geförderte Integrationen, von denen 111 auch tatsächlich angetreten wurden, zählt das Jobcenter Waldshut (nach Auskunft des Bundesverwaltungsamtes) in seiner Größe zu einem der erfolgreichsten.

Die Erfahrungen aus beiden Bundesprogrammen hat der Gesetzgeber nun genutzt und diese in das „Teilhabechancengesetz“ einfließen lassen – die Förderung hat keinen Programmcharakter mehr, sondern wurde ab dem 01.01.2019 in den neuen Paragrafen § 16 e (neu) und § 16 i des Sozialge- setzbuch Zweites Buch (SGB II) als Regelinstrument festgeschrieben und finanziell für alle Jobcenter mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 4 Mrd. Euro für die laufende Legislaturperiode ausgestattet.

Das Jobcenter Waldshut hat damit erneut die Möglichkeiten auf dieser Basis spezielle Förderungen für Langzeitarbeitslose bzw. Langzeitleistungsbeziehende anzubieten.

9.3 Jugendamt

Was macht das Jugendamt?

Das Jugendamt unterstützt Eltern bei der Erziehung, Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen. Dabei setzt es auf vorbeugende, familienunterstützende Angebote, die dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für Familien zu schaffen. Das Aufgabenspektrum reicht von der Kin- derbetreuung über die Erziehungsberatung und den Schutz des Kindeswohls bis hin zur Förderung von Angeboten für Jugendliche und zur Schaffung einer kinder- und familienfreundlichen Umwelt. An das Jugendamt kann sich jede und jeder wenden, insbesondere auch Kinder und Jugendliche, wenn sie Probleme haben oder in Notsituationen sind.

Wie ist das Jugendamt aufgebaut?

Der Aufbau und die Aufgaben der Jugendämter sind bundesweit im Kinder und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) geregelt. Das Jugendamt besteht aus zwei Teilen, dem Jugendhilfeausschuss und der Ver- waltung. Der Jugendhilfeausschuss hat die Aufgabe, auf die Probleme von jungen Menschen und Familien zu reagieren, Anregungen und Vorschläge zur Weiterentwicklung aufzunehmen sowie die örtlichen Jugendhilfeangebote zu planen. Ihm gehören Mitglieder des Kreistages, Vertreter der freien Wohl- fahrtspflege sowie beratende Mitglieder aus den Bereichen Schule, Justiz, Polizei und Arbeitsver- waltung an. Stimmberechtigt sind auch Personen, die von den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe und den Jugendverbänden vorgeschlagen werden.

54 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 55

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Die Verwaltung des Jugendamts setzt die Beschlüsse des Jugendhilfeausschusses um und nimmt die auf den folgenden Seiten beschriebenen Aufgaben wahr. Sie bietet Hilfen nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) an oder vermittelt diese.

Frühe Hilfen

Für einen guten Start ins Familienleben müssen familiäre Belastungen frühzeitig erkannt werden und Familien die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Damit junge Fa- milien von Anfang an wissen, an wen sie sich wenden kön- nen, wenn sie Hilfe brauchen, steht bereits in der Geburtsklinik eine Beratungsmöglichkeit zur Verfügung. Das im April 2018 aktualisierte Rahmenkonzept Frühe Hilfe beschreibt die im Landkreis vorhandene Struktur und die einzelnen Leistungen, die auch über das online-Portal www.waldshut.familien-plus.de abgerufen werden können.

Kindertagesbetreuung

Aus dem im Jugendhilfeausschuss vorgestellten Bericht zur Situation der Kindertagesbetreuung im Landkreis ergibt sich, dass im Jahr 2017 etwas weniger wie 1000 unter 3-jährige und 5269 Kinder ab dem 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt in Kindertageseinrichtungen und bei Tagespflegepersonen betreut wurden. Wenn Eltern den Beitrag für die Kinderbetreuungskosten nicht selbst finanzieren können, ist eine Antragstellung auf Kostenübernahme beim Jugendamt möglich.

Für 300 Schulkinder bestehen in 15 Hortgruppen Betreuungsmöglichkeiten vor und nach dem Schul- unterricht und in Ferienzeiten. Seit 1989 finanzierte der Landkreis 50% der in den Horten anfallen- den Personalkosten. Dies waren zuletzt 989.000,- €. Zum Zeitpunkt der Einführung der Hortförderrichtlinien 1989 stand eine präventive Ausrichtung im Mittelpunkt, um Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund oder prekären Familienstrukturen

55 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 56

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

zu fördern und ihre Bildungschancen sowie den Erwerb von Sozialkompetenzen zu unterstützen. In den letzten Jahren hat sich die Entwicklung durch den gesellschaftlichen Wandel, verbunden mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuungsangebote ab dem 2. Lebensjahr deutlich verändert. In aller Regel nehmen Eltern eine Hortbetreuung aufgrund der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in An- spruch. Durch die sich ändernde Zielgruppe ließ sich die Fortführung der bestehenden Hortförderung im Sinne einer präventiven Freiwilligkeitsleistung in der bisherigen Höhe nicht weiter rechtfertigen, denn die Bereitstellung und Finanzierung bedarfsgerechter Betreuungsangebote in Kindertagesein- richtungen und damit auch der Horte ist eine kommunale Aufgabe. Die neue im Kreistag beschlossene Förderrichtlinie sieht eine jährliche Pauschalförderung je Hort- gruppe vor. Die abgestuften Förderbeträge ermöglichen es den Trägern, die notwendigen Änderun- gen in der Ausgestaltung und Finanzierung der Betreuung umzusetzen.

Jugendsozialarbeit an Schulen

Jugendsozialarbeit an Schulen wird häufig auch als Schul- sozialarbeit bezeichnet und ist ein wichtiger Baustein der Jugendhilfe. Verankert als kontinuierliches Angebot an Schulen, leisten die sozialpädagogischen Fachkräfte vor Ort unterstützende, beratende und präventive Arbeit für Schü- lerschaft, Eltern und Lehrkräfte.

War Schulsozialarbeit über lange Zeit tendenziell mit besonderen Problemlagen einzelner Schulen verbunden, hat sich die Wahrnehmung inzwischen dahingehend geän- dert, dass Schulsozialarbeit als Qualitätsmerkmal einer Schule angesehen wird. Im Zuge des „Paktes für Familien“ fördert das Land seit 2012 die Schulsozialarbeit an öffent- lichen Schulen mit einem Pauschalzuschuss je Vollzeitstelle.

Die Bedeutung der Schulsozialarbeit im Landkreis Waldshut lässt sich anhand der Entwicklung der Stellen erkennen. 2006 waren 7 Fachkräfte in der Schulsozialarbeit beschäftigt und ab 2019 stehen 38 Stellen mit unterschiedlichen Deputaten zur Verfügung.

Wie im Landestrend ist die Entwicklung zur Ausweitung der Schulsozialarbeit über alle Schularten hinweg auch im Landkreis zu beobachten. Waren es früher sogenannten „Brennpunktschulen“, an denen Schulsozialarbeit etabliert wurde, wird die Jugendhilfeleistung inzwischen in allen Schularten, von der Grundschule bis zu den Gymnasien und Beruflichen Schulen sowie an den Sonderpädago- gischen Bildungs- und Beratungszentren angeboten.

Allgemeiner Sozialer Dienst

Manchmal ist die Situation in der Familie so verfahren, dass die Eltern allein nicht mehr weiter wis- sen. In diesen Situationen können sich Familien, Kinder und Jugendliche an den ASD wenden. Die Fachkräfte vermitteln in Konfliktsituationen, beraten bei Erziehungsproblemen sowie familienrecht-

56 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:49 Seite 57

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

lichen Konflikten und informieren über weitergehende passgenaue Hilfen zur Erziehung oder psy- chologische Unterstützungsmöglichkeiten.

Bei Trennung oder Scheidung bietet der ASD Beratung in Fragen des partnerschaftlichen Zusammenlebens, in Fragen der Bewältigung von Familienkonflikten und des verant- wortungsvollen Umgangs mit der elterlichen Sorge an und beteiligt sich auch an Verfahren vor dem Familiengericht.

Im Jahresdurchschnitt benötigen ca. 650 Familien eine Zeit lang intensivere Hilfe bei der Erziehung. Dabei zielt die Arbeit der Fachkräfte im ASD darauf ab, die Eltern so zu unterstützen, dass sie mit ihren Kindern und als Familie auf Dauer zurechtkommen. Im Einzelfall werden geeignete Hilfen vermittelt, vielleicht eine Erziehungsberatung, eine Sozialpädagogische Familienhilfe oder eine unmittelbare Hilfe für das Kind oder den Jugendlichen. Ist ein weiteres Zusammenleben mit der Familie nicht mehr möglich, sucht der Soziale Dienst eine geeignete Pflegefamilie für das Kind oder vermittelt es in eine Jugendhilfeeinrichtung. Je nach Familiensituation und Vereinbarung mit den Eltern und Kin- dern kann die Unterbringung vorübergehend oder auf Dauer erfolgen.

Beistandschaften und Amtsvormundschaften

Die Geburt eines Kindes nicht verheirateter Eltern ist mit vielen Fragen verbunden. Sie betreffen Unterhaltsregelungen, aber auch die Feststellung der Vaterschaft. Zur Klärung dieser Fragen besteht ein Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt und die Einrichtung einer Bei- standschaft. Aufgabe des Jugendamtes ist es dann, die Vaterschaft festzustellen und den Unter- haltsanspruch des Kindes geltend zu machen und ggf. durchzusetzen.

Im Rahmen einer Beistandschaft werden Eltern von rund 700 Kindern beraten und unterstützt. Die eingehenden Unterhaltszahlungen werden direkt an die Erziehungsberechtigten zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausbezahlt oder als Ersatz für gewährte Sozialleistungen erstattet.

Wenn Eltern die Interessen ihrer Kinder nicht mehr vertreten können oder dürfen, weil ihnen das Sorgerecht entzogen ist, bekommen die Kinder einen Vormund. In der Regel wird das Jugendamt vom Familiengericht zum Amtsvormund bestimmt und kümmert sich um die Interessen des Kindes. Für ca. 120 Kinder und Jugendliche ist das Jugendamt Amtsvormund und die Mitarbeiterinnen sind verpflichtet, regelmäßigen und persönlichen Kontakt mit den Kindern oder Jugendlichen zu pflegen und die El- ternrechte wahrzunehmen.

Kinderschutz

Kinder haben ein Recht darauf, geborgen und gesund aufzuwachsen. Es ist Auftrag des Jugendamts, das Wohl von Kindern und Jugendlichen

57 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 58

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

zu schützen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts gehen allen Hinweisen nach, wenn ein Kind in Gefahr sein könnte. Sie suchen den Kontakt zu der betroffenen Familie, um ge- meinsam mit ihr Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dabei arbeiten sie eng mit anderen Institu- tionen zusammen, zum Beispiel mit Kindertagesstätten, Schulen, Ärzten und der Polizei.

Im Mittelpunkt steht die Frage: Was muss sich ändern, damit das Wohl des Kindes oder des Jugend- lichen wieder geschützt ist? Im äußersten Fall muss das Jugendamt Kinder in Obhut nehmen, für eine kurze Zeit unterbringen, um ihr Wohlergehen sicherzustellen. Die Kinder kehren in die Familie zurück, wenn in solch einer schwierigen und belastenden Situation die Eltern bereit sind, Hilfe anzunehmen und dadurch das Kindeswohl wieder geschützt ist. Nehmen die Eltern keine Hilfe an oder ist trotz Hilfe das Wohl der Kinder auf Dauer gefährdet, entscheidet das Familiengericht über das Sorgerecht und den Lebensort der Kinder.

Unterhaltsvorschuss

Seit der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG), die zum dem 1. Juli 2017 in Kraft getreten ist, werden alleinerziehenden Eltern mit Kindern bis zur Volljährigkeit unterstützt, wenn der andere Elternteil keinen Unterhalt zahlt. Die bisherige Altersgrenze beim Unterhaltsvorschuss (Vollendung des 12. Lebensjahres) und die bisherige Höchstleistungsdauer (72 Monate) wurden aufgehoben.

Die Änderungen der Anspruchsvoraussetzungen führten ab Juli 2017 zu einem rapiden Anstieg der Anträge. Bereits im Vorfeld wurde eine Verdoppelung der Fallzahlen angenommen und zum Stichtag 31.05.2018 erhielten 1.200 Kinder und Jugendliche im Landkreis Waldshut Leistungen nach dem UVG. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Ausgangswert zum 30.06.2017um 118%.

Die Ausgaben für den Unterhaltsvorschuss werden anteilig von Bund, Ländern und Kommunen ge- tragen. Bis zum 30. Juni 2017 lag der Anteil des Bundes und des Landes bei je einem Drittel. Zum 1. Juli 2017 stieg der Anteil des Bundes auf 40 Prozent. Land und Landkreis teilen sich die verbleibenden 60% zu gleichen Teilen. Von den Einnahmen sind jeweils 30% an Bund und Land abzuführen.

58 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 59

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

Unbegleitete Minderjährige Ausländer - UMA

Vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Krisen und sich ausweitender Kriegsregionen ist die Zahl der nach Deutschland einreisenden Menschen aus dem Ausland und auch die Zahl der sogenannten unbegleiteten minderjährigen Ausländer ab Mitte 2015 bundesweit drastisch ange- stiegen.

Die Versorgung und Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen erfordert in jedem Einzelfall eine stationäre Unterbringung des jungen Menschen in einem Heim oder in einer Gastfamilie. Allein im Dezember 2015 waren 36 junge Menschen unterzubringen und mit Hochdruck und in enger Kooperation mit den Jugendhilfeträgern vor Ort musste das Angebot an stationären Plätzen kurz- fristig ausgebaut werden.

Rückblickend hat es sich bewährt, in verschiedenen Gemeinden kleinere, überschaubare Einheiten mit vorwiegend 6 Betreuungsplätzen zu schaffen. Teilweise können die mittlerweile Volljährigen den Wohnraum nach Ende der Jugendhilfe übernehmen, da kostengünstige Unterkünfte nur be- grenzt zur Verfügung stehen.

Die Zahl der im Landkreis untergebrachten UMA ist seit vielen Monaten stabil und sinkt nach einem Höchststand von 123 jungen Menschen im März 2017 nun kontinuierlich. Die Kosten der Unterbringungen der UMA werden den Jugendämtern vom Land Baden-Württemberg erstattet.

59 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 60

ARBEIT, JUGEND UND SOZIALES

9.4 Kommunale Stelle für Gleichstellung

Schon 1993 hat der Kreistag des Landkreis Waldshut beschlossen, eine kommunale Stelle für Gleich- stellung einzurichten und hauptamtlich zu besetzen. Im Februar 2016 ist das Gesetz zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg (Chancengleichheitsgesetz / ChancenG) in Kraft getreten, das die Stelle der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten nun für alle Stadt- und Land- kreise sowie Gemeinden mit einer Einwohnerzahl ab 50 000 in Baden-Württemberg gesetzlich ver- ankert.

Die Gleichstellungsarbeit stellt keinen isolierten Fachbereich dar, sondern muss als Querschnitts- aufgabe wahrgenommen werden. Die Gleichstellungsbeauftragte wirkt hier als Impulsgeberin. Es werden stets neue Themenbereiche aufgegriffen und in Kooperation mit der Verwaltung, anderen Institutionen, ehrenamtlich Engagierten sowie den Kommunen im Landkreis Waldshut bearbeitet, weitergetragen und weiterentwickelt. Der permanente Austausch mit haupt- und ehrenamtlichen Frauen und Männern sowie eine sinn- volle Betroffenenbeteiligung erfordert konzeptionelles Denken und fachübergreifendes Handeln. Um die Chancengleichheit verwaltungsextern und verwaltungsintern abzudecken, ist die Gleich- stellungsbeauftragte in verschiedenen Arbeitsgruppen und Gremien vertreten.

Ein fester Bestandteil der verwaltungsexternen Arbeit sind die jährlichen Frauenaktionswochen, die Frauengruppen, Institutionen, Bildungseinrichtungen, Vereine und Verbände themenspezifisch ver- netzen. Sie brachten vielfältige Veranstaltungen im Kultur- und Bildungsbereich in alle Regionen des Landkreises.

Das Frauenaktionsjahr ersetzte 2018 die Frauenaktionswochen unter dem Motto „Ich habe die Wahl!“ mit den Themen „100 Jahre Wahlrecht für Frauen“ und „Mehr Frauen in die Politik“. Frauen sollten mit Seminaren und Veranstaltungen motiviert werden, sich für ein politisches Mandat aufstellen zu lassen. Zudem sollten den Bemühungen um mehr Chancengleichheit in den letzten 100 Jahren gebührend Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Veranstaltungen wurden nicht wie bisher in einer Broschüre veröffentlicht sondern waren fortlaufend, sobald sie organisiert waren, im Internet ersichtlich. Diese digitale Darstellung des Programms, zusätzlich zu einer gedruckten Broschüre, soll auch in Zukunft so beibehalten werden. Knapp 20 Veranstaltungen sind im Rahmen dieser Aktion bis zur Kommunalwahl 2019 auf der Agenda.

Im Oktober 2019 kann das 25jährige Jubiläum der Frauenaktionswochen gefeiert werden. Das gesamte Spektrum der aktuellen Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten wird jährlich in einem Tätigkeitsbericht dargestellt.

60 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 61

UMWELT

10.0 10.0 Umwelt

10.1 Tiefenlager für atomare Abfälle

Die Suche der Schweiz nach einem Tiefenlager für atomare Abfälle

Für die hochaktiven und schwach- und mittelaktiven Atomabfälle (HAA und SMA) kommt nur eine Lagerung in tiefen geologischen Schichten in Betracht. Dies ist weltweit wissenschaftlicher Konsens und für die Schweizer Atomabfälle durch die dortige Kernenergiegesetzgebung (KEG) vorgegeben. Für die Entsorgung der Atomabfälle in der Schweiz ist die Nagra, die Nationale Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, verantwortlich.

In der Schweiz ist die Standortsuche für geologische Tiefenlager im „Sachplan geologische Tiefen- lager (SGT)“, einer Schweizer Raumplanung, geregelt, nach der in 3 Etappen die in Frage kommenden Standortgebiete schrittweise eingeengt werden. Am Schluss jeder Etappe entscheidet der Schweizer Bundesrat über den Einengungsschritt. Das Verfahren wird vom Schweizer Bundesamt für Energie (BFE) geleitet.

Der Schwerpunkt der Etappe 1 lag auf der Identifizierung von geeigneten Standortgebieten auf der Grundlage geologischer und sicherheitstechnischer Kriterien. Die Nagra hatte in Etappe 1 für die HAA 3 Standortgebiete und für die SMA 6 Standortgebiete vorgeschlagen, wobei die 3 Stand- ortgebiete für die HAA alle sehr grenznah liegen und in diesen auch SMA gelagert werden können.

In Etappe 2 hatte die Nagra die Aufgabe, mindestens 2 Standortgebiete je Abfallkategorie (HAA und SMA) vorzuschlagen. Sie schlug die beiden Standortgebiete Jura Ost und Zürich Nordost vor, in denen je ein HAA-Lager, ein SMA-Lager oder ein Kombilager für beide Abfallkategorien möglich wären. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) kam bei der Prüfung der Vorschläge aber zum Schluss, dass die Datengrundlage nicht ausreicht, um das Standortgebiet Nördlich Lägern bereits zum jetzigen Zeitpunkt zurückzustellen.

In einem Partizipationsverfahren waren in den Standortgebieten von den Regionalkonferenzen (RK), in denen auch Deutschland in einer Minderheitsposition mitwirkt, in Zusammenarbeit mit der Nagra die Standorte für die Oberflächenanlagen festgelegt worden.

Die Etappe 3 ist die letzte Etappe des Sachplans geologische Tiefenlager. In Etappe 3 werden die verbliebenen Standorte vertieft untersucht und miteinander verglichen. Die Nagra wird voraussicht- lich im Jahr 2022 die Standorte benennen, an denen sie ein Rahmenbewilligungsgesuch (RBG) aus- arbeiten will, und gegen Ende 2024 das RBG für Tiefenlager einreichen. Nach Prüfung durch die zuständigen Bundesstellen der Schweiz und einer Vernehmlassung kann der Schweizer Bundesrat die entsprechenden Rahmenbewilligungen erteilen und die Standorte für geologische Tiefenlager festlegen. Er unterbreitet die Rahmenbewilligungsentscheide der Bundesversammlung zur Geneh- migung. Der Beschluss über die Genehmigung einer Rahmenbewilligung, mit dem im Zeitraum um 2030 gerechnet wird, untersteht in der Schweiz dem fakultativen Referendum.

61 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 62

UMWELT

Zeitplan für die Planung und die Realisierung des Tiefenlagers

2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Anpassung Vertiefte Untersuchungen Vorbereitung RBG Gutachten/Stellungnahmen Vernehmlas. / RK BR-Entscheid

Gewünschte Entwicklung der Standortregion und Massnahmenideen

Konkretisierung und Begleitung Monitoring / Vertiefte Untersuchungen

Konkretisierung OFI (1) Konkre- Stellungnahme tisierung der RK zu E3 OFI (2)

Wissenserhalt und Kommunikation

Abgeltungsverhandlungen* Etappe 2 Etappe 3 Rahmenbewilligung * nur Gemeinden der Standortregion

Das geologische Tiefenlager für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) soll 2050 in Betrieb genommen werden, das für hochaktive Abfälle (HAA) im Jahr 2060.

Der Schweizer Suchprozess wird in Deutschland von einer Expertengruppe (ESchT) begleitet, die das Bundesumweltministerium und die Region bei der Wahrnehmung ihrer Interessen wissenschaftlich unterstützt.

Die Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST) unterstützt und bündelt seit dem Jahr 2012 die Anliegen der in Südbaden betroffenen Akteure – der Gemeinden, Landkreise, Verwal- tungsgemeinschaften und Planungsverbände, aber auch der Bürger¬initiativen und der Bevölkerung. Sie stellt die Verbindung zwischen Bund, Land und Region her, sichert den gegenseitigen Informa- tionsfluss und koordiniert die deutsche Beteiligung im Planungs- und Genehmigungsprozess der Schweiz.

Der aktuelle Stand des Verfahrens

Der Schweizer Bundesrat hat am 22. November 2018 zum Abschluss der Etappe 2 des Sachplanver- fahrens geologische Tiefenlage (SGT) entschieden, die drei Standortgebiete "Jura Ost", "Zürich Nord- ost" und "Nördlich Lägern" in der Etappe 3 weiter vertieft zu untersuchen. Die möglichen Lagerstandorte liegen alle sehr grenznah zum Landkreis Waldshut.

Der Landkreis Waldshut hat als Betroffener ein herausragendes Interesse daran, dass die Schweiz ihre Atomabfälle an den sichersten Standorten lagert. Gemeinsam mit unseren Nachbarlandkreisen Konstanz und Schwarzwald-Baar-Kreis fordern wir, wie auch die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg, dass für ein Schweizer Tiefenlager nur ein Standort gewählt werden darf, der die größtmögliche Sicherheit für Mensch und Umwelt gewährleistet.

62 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 63

UMWELT

Quelle: Nagra

Der Landrat und der Kreistag haben in den vergangenen Jahren auch öffentlich immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass der Landkreis es akzeptiert, wenn aufgrund der geologischen Gegebenheiten in der Schweiz eine sichere Endlagerung der Schweizer Atomabfälle nur in Grenznähe möglich ist. Nicht einsehbar und deshalb politisch für uns auch nicht akzeptabel ist aber, dass die vorgesehenen Standorte für Oberflächenanlagen (OFA), wie das Zugangsbauwerk und die Nebenzugangsanlagen gesamthaft betrachtet, nicht nur in Grenznähe, sondern in unmittelbarer Nähe zum Landkreis Wald- shut liegen sollen, teilweise sind sie in Sichtweite direkt angrenzender deutscher Gemeinden, wie Jestetten, Lottstetten und Hohentengen.

Die für Etappe 3 vorgeschlagenen OFA-Standorte sind raumplanerisch nicht zwingend, sondern sie sind Ausdruck des Mehrheitswillens der Partizipationsgremien, diese als „relativ am wenigsten ungeeignete“ Standorte vorzuschlagen. In den jeweiligen Regionalkonferenzen wurden sie auch nicht unter der Anwendung einer einheitlichen Methodik evaluiert, die gefundenen Standorte sind eher das Ergebnis eines politischen Prozesses als Resultate eines umfassenden raumplanerischen Auswahlverfahrens.

Die Lage von Oberflächenanlagen über dem rheinbegleitenden Grundwasserstrom sieht der Landkreis als besonders kritisch an. Unmittelbar gegenüber dem Standortareal Weiach NL-2 liegt der Rhein. Die Rheinmitte bildet hier die gemeinsame Grenze. Das Grundwasser unter dem Standortareal in- filtriert in den Rhein. Insofern liegt eine unmittelbare Betroffenheit der deutschen Seite mit dem Gemeindegebiet von Hohentengen und weiteren deutschen Gemeinden vor. Nachdem eine mögliche Gefährdung des Grundwasserstroms des Rheins schon aufgrund des in Deutschland geltenden was- serrechtlichen Vorsorgegebotes ausgeschlossen sein muss, lehnt der Landkreis Waldshut insbesondere den Standort NL-2 weiterhin vehement ab. Eine Beeinträchtigung von flussabwärts liegenden

63 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 64

UMWELT

Grundwasserschonbereichen und Trinkwasserquellen, die sich aus dem Rheinuferfiltrat und dem Grundwasser speisen, ist nicht hinnehmbar. Diese Einwände gelten ebenso für die Standortvorschläge der Oberflächenanlagen in den Standortgebieten Zürich-Nordost und Jura-Ost, die ebenfalls im Einzugsbereich der großen Flüsse Rhein bzw. Aare liegen.

Bei einem direkt an der deutschen Grenze gelegenen Tiefenlager und Standorten für die Ober- flächen- und Nebenzugangsanlagen, die jeweils in unmittelbarer Grenznähe liegen, sind vergleich- bare Wirkungen des Lagers und seiner Oberflächenanlagen diesseits und jenseits des Rheins gegeben. In Etappe 2 haben der Landkreis und seine Gemeinden deutlich die Erwartung geäußert, dass unsere Betroffenheit entsprechend anerkannt wird und wir im Verfahren fair und angemessen beteiligt werden, wenn wir die Lasten einer grenznahen Tiefenlagerung atomarer Abfälle tragen sollen. Bei der Vorbereitung der Etappe 3 ist in den vergangenen Monaten viel Porzellan zerschlagen wor- den, da es im Prozess viele Schweizer Stimmen gab, die gerade von den Gemeinden im Landkreis Waldshut als eine bewusste Ausgrenzung empfunden wurden. Mit Frau Bundesrätin Doris Leuthard hat ein offenes und gutes Gespräch stattgefunden. Die Bundesrätin hat die Betroffenheit der Grenz- region anerkannt. Der mit ihr gefundene und vom Schweizer Bundesamt für Energie nochmals ver- deutlichte Kompromiss, der mehr deutsche Sitze im Partizipationsgremium „Zürich Nordost“, die Mitwirkung der unmittelbar betroffenen deutschen Gemeinden mit Sichtbeziehungen in der Fach- gruppe Oberflächeninfrastruktur (OFI) und insbesondere die gleichberechtigte Berücksichtigung deutscher Belange im Prozess sowie eine bessere Vertretung Deutschlands bei den Abgeltungsver- handlungen vorsieht, ermöglicht es den deutschen Gemeinden nunmehr, auch in Etappe 3 an der Partizipation mitzuwirken.

Ausblick auf Etappe 3

In Etappe 3 haben die Regionalkonferenzen die Aufgabe, die Standorte für die Oberflächeninfra- struktur (OFI) in Zusammenarbeit mit der Nagra endgültig festzulegen.

64 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 65

UMWELT

Des Weiteren sollen die Regionalkonferenzen sich mit der Frage und dem Für und Wider auseinan- derzusetzen, ob es weiterhin dezentrale Verpackungsanlagen (VA) an den OFA-Standorten, in denen die Atomabfälle aus den Transportbehältern in die Endlagerbehälter umgepackt werden (sog. „Heiße Zelle“), geben soll oder eine zentrale Verpackungsanlage vorzugswürdig wäre.

10.2 Flughafen Zürich

Die jahrzehntelange Auseinandersetzung über die vom Flughafen Zürich ausgehende Flugver- kehrsbelastung

Die benachbarte Schweiz nimmt seit Jahrzehnten deutschen Luftraum für den Betrieb des Züricher Flughafens in Anspruch. Seit Jahren werden mehr als 100.000 Anflüge pro Jahr, das sind nahezu 75 % aller Anflüge, über unsere touristisch sensiblen Regionen in Südbaden zum Flughafen Zürich geführt. Kein anderer Flughafen vergleichbarer Größe in Europa nimmt derart massiv und ohne Not, aber mit großer Selbstverständlichkeit das Gebiet eines Nachbarstaates in Anspruch.

Der süddeutsche Luftraum wird von Skyguide, einer Aktiengesellschaft im Eigentum des Schweizer Bundes, schon seit Jahrzehnten überwacht. Die Flugverkehrsführung erfolgt vorwiegend nach Radar vectoring, was zu einer breiten Streuung der Belastung über den Landkreisen Waldshut, Konstanz und Schwarz- wald-Baar-Kreis führt.

Quelle: DFS Stanly Track Flughafen Zürich

An Tagen mit starkem Westwind, an denen ein Nordanflug wegen des Seitenwindes nicht möglich ist, gelingt es dem Flughafen, die An- flüge mit gewissen Kapazitätseinbußen über dem Schweizer Staatsgebiet abzuwickeln.

Quelle: DFS Stanly Track Flughafen Zürich

65 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 66

UMWELT

Der Flughafen Zürich

In Luftlinie von etwa 13 km zur südlichen Grenze des Landkreis Waldshut liegt der Flughafen Zürich, der größte Flughafen der Schweiz. Der Flughafen wird durch die Flughafen Zürich AG (FZAG) betrieben, einem gemischtwirtschaftlichen, börsennotierten Unternehmen. Größte Einzelaktionäre der FZAG sind der Kanton Zürich (33,3 %) und die Stadt Zürich (5,1 %). In 2017 zählte der Flughafen 29,4 Mio. Passagiere bei 270.453 Flugbewegungen. Seit 2009 nimmt die Zahl der Passagiere, seit 2013 auch die Zahl der Flugbewegungen jährlich zu. Nach den von FZAG herausgegeben Berichten „Zahlen und Fakten“ wurden in 2017 29,4 Mio. Passagiere (gegenüber 2016 ein Plus von 6,3%) und rd. 490.500 t Fracht (gegenüber 2016 ein Plus von 13,1%) mit 270.453 Flugbewegungen (gegenüber 2016 ein Plus von 0,5%) am Flughafen Zürich abgefertigt.

Im Lufthansa-Konzern, als Eigentümerin der Swiss, erfüllt der Flughafen Zürich neben Wien und München eine wichtige Hub-Funktion.

Der Flughafen Zürich verfügt über drei Start- und Landebahnen. Die in Nord-Süd-Richtung verlau- fenden Pisten 16/34 sowie 14/32 und die west-östlich angelegte Piste 10/28. Das heutige Flugbe- triebskonzept des Flughafens Zürich sieht eine Verteilung des An- und Abflugverkehrs vor, wonach hauptsächlich von Norden her auf die Piste 14 und in geringerem Umfang auf Piste 34 gelandet und in Richtung Westen auf Piste 28 sowie teils auf Piste 16 gegen Süden gestartet wird.

66 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 67

UMWELT

Der Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) gibt raumplanerisch im sog. Objektblatt für den Flug- hafen Zürich verbindlich dessen Entwicklungsziele und die Leitplanken für seine weiteren Entwick- lungsschritte vor, wie etwa die Vorgabe, in der Stunde 70 An- und Abflüge zu bewältigen, das Rollwegsystem zu erweitern oder Pisten zu verlängern. Nach der aktualisierten Luftverkehrsprognose ist bis zum Jahr 2030 mit insgesamt 346.000 Flugbewegungen und 39 Mio. Passagieren im Jahr zu rechnen (zum Vergleich: 2017 ca. 270.000). Dabei sollen auf den Nachtbetrieb etwa 12.800 Flugbe- wegungen entfallen, die maßgeblich im Norden und Osten den Lärm zur Nachtzeit bestimmen.

Die zentrale politische Position der Region: Die „Stuttgarter Erklärung“

Die „Stuttgarter Erklärung“ vom November 2009 stellt die gemeinsame Position der Landkreise, der Kommunen, der Bürgerinitiativen und der in der Region politisch Verantwortlichen zu der vom Flug- hafen Zürich ausgehenden Flugverkehrsbelastung dar. Sie bestimmt maßgeblich die Haltung der Landesregierung in dieser Streitfrage mit der Schweiz (vgl. etwa LT-Drs. 16/172, Antwort auf Frage 5). In den letzten Legislaturperioden war und ist sie Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen der die Regierung jeweils tragenden Landtagsfraktionen. Auch die Bundesregierung orientiert sich hinsichtlich der Interessenlage der Region an der „Stutt- garter Erklärung“ (vgl. BT-Drs. 18/5336, Antwort auf Frage 4).

Sie beinhaltet im Wesentlichen die folgenden Punkte:

- Übernahme von max. 80.000 Anflügen pro Jahr, soweit die Schweiz den technischen Nachweis für deren Erforderlichkeit erbringen kann. - Uneingeschränkte Beibehaltung der Sperrzeiten der 220. DVO. - Keine Abflüge über deutschem Gebiet. - Keine Hinnahme von Umweg- und Warteflügen über deutschem Gebiet. - Aufhebung des Warteraumes „RILAX“. - Kein „gekröpfter“ Nordanflug.

3 Jahrzehnte der Auseinandersetzung

Seit mehr als 3 Jahrzehnten bemühen sich die Bundesrepublik Deutschland und die Schweizer Eid- genossenschaft erfolglos, eine völkerrechtlich verbindliche Regelung über die An- und Abflüge zum / vom Flughafen Zürich und die in unserer Region hinzunehmende Flugverkehrsbelastung zu errei- chen.

a) Verwaltungsvereinbarung 1984

Vor dem Hintergund von Klagen von Grundeigentümern gegen die Bundesrepublik Deutschland zur Abwehr der vom Flughafen Zürich ausgehenden Immissionen trafen die Schweiz und die Bundes- republik im Jahre 1984 eine Verwaltungsvereinbarung, die eine gleichmäßige Auslastung der Pisten 16 und 14 für die Landeanflüge und ein „eingeschränktes“ Nachflugverbot vorsah, von dem der Hauptcarierer ausgenommen war.

67 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 68

UMWELT

Die Schweiz hat die in der Verwaltungsvereinbarung von 1984 geforderte weitgehende Gleichver- teilung der Anflüge auf die beiden Nord-Südpisten bereits zwei Jahre nach Vertragsabschluss nicht mehr eingehalten, sondern mehr als 90 % der Anflüge auf die kreuzungsfreie Nord-Südpiste geführt, weil andernfalls die Zunahme der Flugbewegungen bei dem bestehenden Betriebskonzept für die Pistenbenutzung nicht mehr möglich gewesen wäre. Außerdem erwies sich die Regelung für die Nachtflugbeschränkungen aufgrund der stark zunehmenden Zahl der Ausnahmetatbestände als nicht mehr wirksam.

Die Bundesrepublik Deutschland kündigte – im Rahmen der unten dargestellten Verhandlungen zum Staatsvertrag 2001 – die 84er-Vereinbarung zum 31. Mai 2001 unter der Ankündigung des Erlasses einer einseitigen Regelung des An- und Abflugverkehrs.

b) Staatsvertrag 2001

Der Staatsvertrag wurde zunächst auf der Fachebene ohne eine Einigung verhandelt. In den Verhandlungen auf Ministerebene wurde schließlich ein Kompromiss mit folgenden Eckwerten erzielt:

– Weniger als 100.000 Anflüge im deutschen Luftraum unter Flugfläche (Flightlevel [FL]) 100, (entsprechend 10 000 Fuss resp ca. 3.000 Meter über Meer) bei möglichst gleichmässiger Verteilung auf die Pisten 14 und 16, – Nachtflugsperre von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr für An- und Abflüge durchsüddeutschen Luftraum unter FL 100, – Nachtflugbeschränkung an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen zwischen 20.00 Uhr und 09.00 Uhr für An- und Abflüge durch süddeutschen Luftraum unter FL 100, – Abflüge nach Norden werden nicht näher als etwa zwei nautische Meilen an die Grenze geführt, – Überprüfung des Staatsvertrages acht Jahre nach Paraphierung (Review-Klausel), – Übergangszeit von 41 Monaten ab Unterzeichnung, wobei die Nachtflugregelung bereits bei Unterzeichnung und die Wochenend- und Feiertagsregelung ab Winterflugplan 2002 in Kraft treten sollte.

Bei der Aushandlung des Staatsvertrages konnte die Schweiz noch „Präzisierungen“ zu ihren Gunsten erreichen, wie z. B, umfassende Ausnahmeregelungen zur Benützung des süddeutschen Luftraums, so aus Sicherheitsgründen wegen ungünstigen Wetterbedingungen. Der Staatsvertrag wurde vom Deutschen Bundestag ratifiziert. Der Schweizer Nationalrat lehnte eine Ratifizierung ab. Im deutschen Bundesrat fand er keine Mehrheit. Der Ratifizirungsprozess wurde von der Bundesregierung im Bundestag nicht mehr weiter verfolgt, nachdem der Nationalrat der Schweiz den Staatsvertrag abgelehnt hatte.

68 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 69

UMWELT

c) Die 220. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung (220. DVO)

Nach dem Scheitern des Staatsvertrages 2001 legte die Bundesrepublik An- und Abflugbeschrän- kungen über deutschem Staatsgebiet für den Flughasfen Zürich fest, die sich am Inhalt des geschei- terten Staatsvertrages orientierten.

Die 220. DVO legt fest, dass deutsches Hoheitsgebiet zwischen 21:00 Uhr und 07:00 Uhr von Montag bis Freitag sowie zwischen 20:00 Uhr und 09:00 Uhr am Samstag und Sonntag und an baden-würt- tembergischen Feiertagen nicht unter Flugfläche 120 (FL120 = ca. 12‘000 Fuss = ca. 3‘700 m ü. M.) überflogen werden darf. Da beim Nordanflug deutsches Hoheitsgebiet bis auf eine Höhe von ca. 4‘000 Fuss überflogen wird, kann während den oben genannten Zeiten nicht von Norden auf Piste 14 oder Piste 16 gelandet werden. Ausnahmen von diesen Beschränkungen werden in besonderen Fällen, in denen die Sicherheit des Flugverkehrs gefährdet ist, von der Deutschen Flugsicherung erteilt. Besondere Fälle liegen vor, wenn vorherrschende Wetterbedingungen eine Landung von Osten auf die Piste 28 und von Süden auf Piste die 34 des Flughafens Zürich nicht ermöglichen. Hinsichtlich der Abflüge ist geregelt, dass sie so zu erfolgen haben, dass der Einflug in deutsches Hoheitsgebiet unterhalb Flugfläche 150 nur auf den veröffentlichten Streckenführungen Z 1, Z 3, Z 4 und Z 5 ausgehend von dem Navigationspunkt BODAN erfolgt. Da diese Mindesthöhe nicht er- reichbar ist, erfolgen bei den Abflügen in der Regel keine direkten Einflüge in das deutsche Staats- gebiet.

d) Die Rechtsstreitigkeiten um die Rechtmäßigkeit der 220. DVO

Die Klagen der Schweiz und des Flughafens gegen die 220. DVO blieben in allen Instanzen vor deut- schen Gerichten, aber auch vor Europäischen Gerichten erfolglos.

Aus dieser Auseinandersetzung sind folgende Rechtsprechungszitate besonders hervorzuheben:

Bei der Festlegung der Anflug- und Abflugverfahren zum und vom Flughafen Zürich hat das Bun- desaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) einen weiten Ermessensspielraum. Denn im Gegensatz zu deutschen Flughäfen ist es bei der Festlegung der Flugverfahren zum Flughafen Zürich nicht darauf beschränkt, über deutschem Staatsgebiet „den Fluglärm lediglich zu bewirtschaften“, da das BAF durch die Betriebsbewilligung für den Flughafen Zürich – im Gegensatz zu einem luftverkehrsrecht- lichen Planfeststellungsbeschluss – nicht gebunden wird, vielmehr werden mit der entsprechenden Durchführungsverordnung erst „Anflugverfahren in seinen räumlichen und zeitlichen Dimensionen zur Verfügung gestellt und damit ein Anflug ermöglicht“.

Die Frage der Lärmbetroffenheit von deutschen und Schweizer Bürgern unterliegt dabei hinsichtlich der Schweizer Bürger einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab. Der Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg hat entschieden, dass „kein umfassender grenzüberschreitender Interessenausgleich vorzunehmen ist. Denn der Schutzauftrag des § 29 b Abs. 2 LuftVG, wonach die Luftfahrtbehörden und die für die Flugsicherung zuständige Stelle auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken haben, erstreckt sich nicht auf den Schutz der Schweizer Bevölkerung vor Fluglärm, dessen Quelle in der Schweiz selbst liegt, zumal die deutschen Behörden – vorbehaltlich

69 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 70

UMWELT

hier nicht gegebener besonderer Vereinbarungen – keinen Einfluss auf die dortige Landesplanung und Siedlungsentwicklung hatten und haben“.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Revisionsentscheidung vom 04.05.2005 die dargestellte vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Urteilen vom 24.01.2003 und 24.01.2006 geäußerte Rechts- auffassung bestätigt: „Zu Recht hebt der Verwaltungsgerichtshof auf der anderen Seite hervor, im Rahmen der Abwägung habe berücksichtigt werden dürfen, dass die vom Lärm betroffene Region im Südschwarzwald, dem größten deutschen Naturpark mit zahlreichen Kur- und Rehabilitations- einrichtungen, wirtschaftlich vom Tourismus und Fremdenverkehr lebt und deshalb besonders lärm- sensibel ist. Dabei hat der Verordnungsgeber in Kauf genommen, dass es schwer zu bewerten ist, wo die Grenze zur unzumutbaren Lärmbeeinträchtigung für diesen Raum zu ziehen ist. Der Verwal- tungsgerichtshof sieht keinen Abwägungsfehler darin, dass das Luftfahrt-Bundesamt sich dafür entschieden hat, aus Gründen der Vorsorge an den für die Ruhe und Erholung besonders wichtigen Tagen bzw. Tageszeiten den Flugverkehr zu beschränken. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu bean- standen. Das Luftfahrt-Bundesamt ist ….. ohnehin nicht darauf beschränkt, den unzumutbaren Lärm (§ 29b Absatz 2 LuftVG) in den Blick zunehmen. Der Gesetzgeber gibt ihm kein bestimmtes Ergebnis vor. Ebenso darf es zum Schutz einer Region als Erholungsgebiet räumliche und zeitliche Beschrän- kungen anordnen.“

Das Urteil des Europäischen Gerichtes vom 09.09.2010 (Klage der Schweiz gegen die Kommission wegen Luftverkehrsbeschränkungen durch Deutschland in der Vorläuferregelung zur 220. DVO) hat die deutsche Position vollumfänglich bestätigt: „Das von der Schweizerischen Eidgenossenschaft in diesem Zusammenhang angeführte Gutachten der EMPA…….. belegt jedoch keineswegs, dass die Lärmbelastung in der an den Flughafen Zürich angrenzenden deutschen Region kein Problem dar- stellt. Im Gegenteil ergibt sich aus diesem Gutachten, dass die Fluglärmbelastung in dieser Region zwischen 45 dB in relativ weit vom Flughafen entfernten und 70 dB in den am nächsten gelegenen Messpunkten liegt. Eine solche Lärmbelastung kann in einer Fremdenverkehrsregion in der Tat ein Problem darstellen, insbesondere während der Nachtstunden und an den Wochenenden, für die die fraglichen deutschen Maßnahmen gelten“. Zum Vorbringen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die Fluglärmbelastung in der fraglichen Zone des deutschen Hoheitsgebiets überschreite die Grenzwerte nicht, ist im 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt worden, dass die Lärmgrenzwerte als akzeptable Höchstwerte und nicht als ohne Weiteres zu ertragende Werte anzusehen sind, so dass die Mitgliedsstaaten Maßnahmen zur Senkung der Lärmbelastung unter diese Grenzwerte ergreifen dürfen, insbesondere, wenn es sich wie hier um eine Fremdenverkehrsregion handelt.

Die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil am 07.03.2013 zurückgewiesen.

70 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 71

UMWELT

e) Staatsvertrag 2012

Auf der Grundlage der Davoser Erklärung zwischen den damaligen Verkehrsministern Doris Leuthard und Peter Raumsauer wurde ein zweiter Anlauf für einen Staatsvertrag genommen.

Der Staatsvertrag 2012 beinhaltet als Kernelement eine Verlängerung der Schutzzeiten am Abend, die mit einer halbstündigen Verkürzung der Zeiten am Morgen an Werktagen sowie einer deutlichen Herabsetzung der Mindestflughöhe während der Schutzzeiten (und damit des Schutzniveaus) erkauft wurde:

– Nordanflüge über deutschem Staatsgebiet sind an Werktagen von 6.30 bis 18.00 Uhr zulässig. – An Wochenenden und Feiertagen sind Nordanflüge von 9.00 bis 18.00 Uhr zulässig. – Die Schweiz erhält eine Übergangsfrist bis Ende 2019, um die erforderlichen Infrastrukturausbauten des Flughafens zu realisieren. – Der gekrümmte Nordanflug über Schweizer Gebiet wird als Option im Vertrag vorgesehen. – Im Sinn einer Vorabmaßnahme werden ab Ratifikation des Vertrags unter der Woche die Anflüge bereits ab 20.00 Uhr nicht mehr über süddeutsches Gebiet geführt. – Der Vertrag ist bis 2030 unkündbar.

Des Weiteren darf der Warteraum Rilax während der Zeiten nicht genutzt werden, in denen Anflüge auf die Pisten 14 und 16 unzulässig sind.

Der Staatsvertrag 2012 stieß in unserer Region auf eine breite Ablehnung. Hierzu trugen die zahl- reichen zu ungenauen und damit auslegungs- und interpretationsfähigen Regelungen sowie offene Fragen im Vertragstext und unterschiedliche Interpretationen des Textes in Deutschland und der Schweiz bei.

Die im Staatsvertrag vorgesehene Absenkung der zulässigen Flugflächen für die An- und Abflüge rief wesentlich diesen Widerstand hervor. In der Reduzierung von Flugfläche 120 (220. DVO-Rege- lung) künftig auf Flugfläche 80 wurde die Gefahr einer massiven Mehrbelastung beim Lärm gesehen. Die bisherige mündliche Aussage, dass die Flugfläche 80 nur für ein vorgesehenes neues Ostanflug- konzept über den Obersee sowie den Schweizer Seerücken (d.h. für ein Gebiet jenseits der drei bisher betroffenen südbadischen Landkreise) gilt, ist dem Vertrags- bzw. Denkschrifttext nicht zu entneh- men. Es wurde deshalb befürchtet, dass diese Anflughöhe nicht nur für Flüge aus nördlichen und östlichen Destinationen genutzt wird, sondern dass auch Flugzeuge aus westlichen Destinationen in dieser niedrigeren Höhe über die Landkreise geführt werden.

Aufgrund dieses Punktes ist auch ein massiver Vertrauenslust der Region in die Redlichkeit der Fach- ebene beim Bund eingetreten, da in den Verhandlungen den Landräten die Absenkung mit der Not- wendigkeit von Streckenlängen erklärt wurde, um bei einer Neuordnung des Anflugregimes über Oberschwaben und dem Bodensee einen Continuous Descent Approaches (CDA) durchführen zu können. Die angekündiogte Neuordnung kam nicht zustande, was für Experten eigentlich absehbar gewesen wäre. Der Flughafen räumte später auch ein, dass diese Regelung an Überlasttagen auch für eine vertikale Staffelung der Flugzeuge hätte genutzt werden können.

71 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 72

UMWELT

Auch die Absenkung der Abflughöhe erwies sich als nicht notwendig, da sie von der Schweiz in dieser Form nicht genutzt werden konnte.

Der Staatsvertrag wurde in der Schweiz ratifiziert. Aufgrund des Widerstandes der Region und der Landesregierung wurde ein Ratifikationsverfahren in Deutschland dagegen nicht eingeleitet. Der Staatsvertrag 2012 wird in Deutschland politisch als tot angesehen.

Die Ablehnung des BR 2014

Die Flughafen Zürich AG beantragte im Oktober 2012 beim Schweizer Bundesamt für die Zivilluft- fahrt (BAZL) aus vermeintlichen Sicherheitsgründen die Änderung des Betriebsreglements für den Flughafen, die sog. Entflechtung des Ostflugkonzeptes (BR 2014). Nach diesem Konzept soll während der abendlichen Sperrzeiten und tagsüber bei besonderen Wetterlagen aus Osten auf die Piste 28 des Flughafens Zürich angeflogen werden, der Endanflug erfolgt dabei zwar über den Osten, die „Reihung“ der Flugzeuge geschieht aber weiterhin über Südbaden an der Landesgrenze Deutsch- land/Schweiz, bevor sie über den Kanton Schaffhausen hinweg in den Endanflug geführt werden. Hierzu sollen aus dem Osten und Süden kommende Flugzeuge zunächst über den Landkreis Konstanz entlang der Staatsgrenze nach Norden an den Anflugpunkt über Blumberg im Schwarzwald-Baar- Kreis geleitet werden, aus Westen kommende Flugzeuge sollen über Hohentengen und das Wutachtal zum selben Anflugpunkt im Schwarzwald-Baar-Kreis geführt werden. Diese Zwischenanflüge führen in der süddeutschen Region zu einer Mehrbelastung von bis zu 10.000 Flugbewegungen im Jahr, was bei der Lärmbelastung gerade während der Schutzzeiten der 220. Durchführungsverordnung zum Luftverkehrs-Ordnung (220. DVO) zu einer signifikanten Erhöhung führen würde.

Das vom Flughafen Zürich beantragte Entflechtungskonzept BR 2014 für die Ostanflüge wird von der Region und dem Land Baden-Württemberg einhellig abgelehnt. Das Betriebskonzept BR 2014 beinhaltet eine deutliche Zunahme der Anflüge, mit denen auch Mehrbelastungen beim Lärm gerade in den Abend- und Nachtstunden verbunden sein würden. Dies wird auch von der Schweiz nicht bestritten. Die Anflüge auf die Ostpiste 28 des Flughafens würden vorwiegend während der Sperr- zeiten der 220. Durchführungsverordnung zur Flugverkehrs-Ordnung (220. DVO) am Abend und in der Nacht erfolgen, wodurch die Wahrnehmbarkeit des Fluglärms gerade in diesen sensiblen Stunden deutlich zunehmen würde. Wenn während der Sperrzeiten sämtliche Westanflüge über Hohentengen und das Wutachtal an den Endanflugpunkt über Blumberg geführt werden, anstatt wie bisher im Süden um den Flughafen herum, würde dies insbesondere im Landkreis Waldshut, aber auch im Schwarzwald-Baar-Kreis zu neuen Betroffenheiten führen. In einem mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg bei Herrn Prof. Dr. Fricke, Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL), in Auf- trag gegebenen Gutachten wurden Alternativen zu dem von der Schweiz beantragten Konzept aufgezeigt, durch die unsere Region eine Entlastung erfahren könnte. Dabei beziehen sich die im Gutachten aufgezeigten Entlastungsmöglichkeiten auch auf die im BR 2014 vorgesehene zusätzlich Belastung durch aus dem Osten und Süden kommende Flugzeuge, die über den Landkreis Konstanz entlang der Staatsgrenze nach Norden an den Anflugpunkt über Blumberg im Schwarzwald-Baar- Kreis geleitet werden sollen.

Aufgrund des Widerstands der Landesregierung, der Landkreise und Kommunen, der Bürgerinitia- tiven sowie der sehr erfolgreichen politischen Unterstützung der Mandatsträgerinnen und -träger der Region konnte die vollständige Umsetzung des BR 2014 verhindert werden, da die jeweiligen

72 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 73

UMWELT

Bundesverkehrsminister ihre Zustimmung zu einer Änderung der 220. DVO durch das BAF nicht er- teilt haben. Nachdem auch intensive politische Bemühungen der Schweiz in Deutschland erfolglos geblieben waren, beantragte die Flughafen Zürich AG die Teilgenehmigung des BR 2014, das jetzt nur noch Maßnahmen umfasst, die über Schweizer Staatsgebiet umgesetzt werden können. Die Teilgenehmigung beinhaltet im Wesentlichen die Absenkung der Minimumhöhe bei Starts von vierstrahligen Flugzeugen von Piste 32. Schwere viermotorige Langstreckenflugzeuge – insbesondere die Airbusse A340 der Swiss – können diese Höhe oftmals nicht erreichen, weshalb für diese Flug- zeuge auf der Piste 34 eine Ausnahmeregelung mit einer Minimumhöhe von 2500 ft gilt. Diese Aus- nahmeregelung soll jetzt auch für die Piste 32 gelten. Des Weiteren wird die Anpassung der FL80-Regel beantragt, damit in der Nacht weniger dicht besiedeltes Gebiet überflogen werden kann. Heute wird nach 22.00 Uhr der Anflugsektor auf die Piste 28 großräumig umflogen, da bei sich an- bahnenden Konflikten bis 8000 ft ü.M. keine Flexibilität mehr gegeben ist. Als Folge davon werden seit der Einführung der FL80-Regel vor rund sechs Jahren im flughafennahen Gebiet dichter besie- delte Gebiete überflogen. Mit der beantragten Änderung des Betriebsreglements sollen diese nega- tiven Auswirkungen der FL80-Regel rückgängig gemacht werden. Die Genehmigung des Teilgesuchs wird insbesondere im Bereich der Gemeinde Hohentengen a. H. nach den Lärmberechnungen der EMPA zu höheren Belastungen gerade in den Nachstunden ge- genüber dem heutigen Zustand führen. Die bisher in der Schweiz liegende 43 dB(A)-Linie wird sich in der ersten Nachtstunde erstmals nach Deutschland erstrecken. Bei einem Hintergrundpegel in Hohentengen unter 35 dB(A) in der Nacht wird diese Mehrbelastung deutlich wahrnehmbar sein. Die Landkreise und die Gemeinde Hohentengen a. H. klagen vor dem Schweizer Bundesverwaltungs- gericht gegen die Teilgnehmigung.

Die Mediation

Die Landräte der Kreise Konstanz, Schwarzwald-Baar-Kreis und Waldshut haben schon mehrfach die Bereitschaft bekundet, den Fluglärmstreit nach Jahrzehnten der Auseinandersetzung auch im Hinblick auf die ansonsten sehr guten grenzüberschreitenden Beziehungen zu den Nachbarkantonen in der Schweiz dauerhaft zu befrieden. Die bisherigen Erfahrungen haben aber gezeigt, dass die Auseinandersetzung in Verhandlungen auf Bundesebene zwischen den beiden Staaten nicht gelöst werden kann. Ein tragfähiger Konsens kann aus unserer Sicht nur in der Region diesseits und jenseits des Rheins von den betroffenen Kommunen, Initiativen und Akteuren mit Unterstützung der Experten und der politisch Verantwortlichen auf der Ebene der beiden Staaten entwickelt werden. Die regionalen Vertreter diesseits wie auch jenseits des Rheins sind der festen Überzeugung, dass eine Lösung allenfalls bei einem „Bottom-up-Ansatz“ gelingen kann. Der Prozess sollte dabei von zwei unabhängigen Persönlichkeiten aus der Schweiz und Deutschland moderiert werden.

Für die Landkreise ist dabei die „Stuttgarter Erklärung“ die Basis für die Mediation.

Ziele für eine Verhandlung

➢ Eine Begrenzung der Flugverkehrsbelastung unter das heutige Niveau und ➢ insbesondere die Begrenzung des prognostizierten Wachstums des Luftverkehrsvolumens über Deutschland sowie ➢ die Nichtumsetzung des BR 2014 im deutschen Luftraum

73 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 74

UMWELT

sind elementare Bedingungen, damit ein Verhandlungsergebnis in unserer Region auf breite Akzep- tanz stoßen kann.

Ein Verhandlungsergebnis, das eine Mehrbelastung im Vergleich zum Status quo mit sich brächte, würde auf massiven Widerstand in der Region treffen.

Mögliche Verhandlungsansätze

Der 2. Staatsvertrag enthielt auch vernünftige Ansätze für eine Lösung, wie die Ausdehnung der Schutzzeiten in abendlichen Randzeiten. Nordanflüge über deutschem Staatsgebiet waren nach dem Vertrag an Werktagen von 6.30 bis 18.00 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 9.00 bis 18.00 Uhr zulässig. Zudem sah der Vertrag vor, dass der Warteraum Rilax während der Zeiten nicht genutzt werden darf, in denen die Nordanflüge auf die Pisten 14 und 16 unzulässig sind.

74 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 75

UMWELT

10.3 Biosphärengebiet Schwarzwald

Ein bedeutendes Naturerbe zu bewahren und gleichzeitig eine Modellregion so zu entwickeln, dass durch ein gutes Miteinander von Mensch und Natur regionale Wertschöpfung wächst und gedeiht – das ist das Ziel des Biosphärengebiets Schwarzwald.

Das Miteinander umfasst die Zusammenarbeit von Land, Kommunen, Verbänden und Bürgerinnen und Bürgern aus den verschiedensten Bereichen bei den Aspekten Tourismus, Wald und Forst, Land- wirtschaft, Wirtschaft und Naturschutz, um nur einige zu nennen.

Die Gebietskulisse umspannt 63.236 ha. Im Landkreis Waldshut umfasst sie die Gemarkungen oder Teile der Gemarkungen von Albbruck, Bernau, Dachsberg, Häusern, Höchenschwand, Ibach, St.Bla- sien, Ühlingen-Birkendorf und Wehr. Der Landkreis unterstützt gemeinsam mit den Kommunen die Projekte und Ziele des Biosphärengebietes. Das geschieht nicht nur auf finanziellem Weg, sondern durch die aktive Mitarbeit in den Gremien und Arbeitsgruppen und das Anstoßen eigener Projekte.

Alpenblick bei Menzenschwand

75 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 76

UMWELT

10.4 Bodenschutz

Natürlich erhöhte Schadstoffgehalte in Böden des Landkreises Waldshut

Die Geologie im Landkreis Waldshut ist sehr vielfältig. Darunter befinden sich auch geologische Schichten und Gesteine, die von Natur aus erhöhte Arsen- und Schwermetallgehalte aufweisen. Verwittern die Gesteine, können sogenannte geogene, das heißt von Natur aus erhöhte Schadstoff- gehalte in den Böden entstehen.

Der fachgerechte Umgang mit natürlich erhöh- ten Schadstoffgehalten in Böden ist wichtig bei der Verwertung und Deponierung von Boden- material. Vor allem Gemeinden und Bauherrn sowie Baufirmen und Planungsbüros sind davon betroffen. Aber auch Landwirte, die Lebens-und Futtermittel anbauen, sollten über den Umgang mit geogen belasteten Böden informiert sein.

Das Regierungspräsidium Freiburg hat deshalb gemeinsam mit den betroffenen Landkreisen das Projekt „Geogen erhöhte Schadstoffgehalte in den Böden der Landkreise Rottweil, Schwarz- wald-Baar und Waldshut“ durchgeführt.

Es wurden jene geologischen Einheiten, bei denen es Hinweise auf erhöhte Schadstoffge- halte gab, systematisch untersucht. Ziel dieser Untersuchungen war es, detailliertere Informa- tionen zur Höhe der Arsen- und Schwermetall- gehalte in den Böden zu bekommen und deren räumliche Ausdehnung zu erfassen. Ferner wollte man Kenntnis über die Wahrscheinlich- keit erhalten, ob und inwiefern Zuordnungs-, Prüf- und Maßnahmenwerten überschritten werden könnten.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden in Form von Karten und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit geogen erhöhten Schadstoffgehalten in Böden aufbereitet.

Die im Landkreis Waldshut am meisten betroffenen Regionen sind die geologischen Einheiten des oberen Muschelkalkes, des Mitteljuras, des Unterjuras und des unteren Muschelkalkes. Wie in der folgenden Übersichtskarte dargestellt, finden sich diese primär im östlichen Landkreis von Albbruck bis Bonndorf.

76 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 77

UMWELT

Eine ausführliche Übersicht der Karten und der Handlungsempfehlungen findet man auf der Home- page des Landratsamtes Waldshut unter dem Link „Projekt geogen erhöhte Schadstoffgehalte“.

77 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 78

BAUEN IM LANDKREIS

11.0 11.0 Bauen im Landkreis

11.1 Bautätigkeit

In den zurückliegenden Jahren war die Bautätigkeit im Landkreis durch ständig steigende Antrags- zahlen geprägt. Das statistische Landesamt1 beschreibt das Genehmigungsgeschehen im Landkreis Waldshut im Landesvergleich als überdurchschnittlich lebhaft. Von 44 Stadt- und Landkreisen etab- lierte sich der Landkreis Waldshut mit 176 Neubauwohnungen je 10 000 Einwohner an sechster ´ Stelle und mit 129% erheblich über dem Landesdurchschnitt. Diese Entwicklung bedingte eine interne Organisationsuntersuchung, die eine Personalaufstockung - überwiegend im technischen Bereich - zur Folge hatte.

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Monatsheft 2/2018

11.2 Bauplanungsrecht

Der Fokus im Bereich des Bauplanungsrechts lag in den zurückliegenden Jahren überwiegend auf der Umsetzung der politischen Vorgabe der Schaffung dringend benötigter Wohnbauflächen im ländlichen Raum zur Deckung des erforderlichen Wohnungs-(neu)baubedarfs. Am 13. Mai 2017 wurde das lang erwartete „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt2 in Kraft gesetzt. Das Gesetz änderte und ergänzte das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung in entscheidenden Bereichen des Bauplanungsrechts. Ohnehin war der Bundesgesetzgeber gehalten, sowohl die Um- weltverträglichkeitsprüfung-Änderungs-Richtlinie3 als auch die Seveso-III-Richtlinie4 fristgemäß umzusetzen. Die europarechtlich begründete Umsetzungspflicht wurde dann zum Anlass genommen, zugleich auf den dringend erforderlichen Wohnungsbaubedarf zu reagieren.

1 Monatsheft des statistischen Landesamtes 2/2018, 2 BGBl. 2017, S. 1057, 3 2014/52/EU, 4 2012/18/EU

78 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 79

BAUEN IM LANDKREIS

Neben dem „Urbanen Gebiet“ wurden mit der BauGB-/BauNVO-Novelle 2017 zudem Regelungen für eine erleichterte Nachverdichtung getroffen. Die Anforderungen an Nutzungsänderungen zur Wohnnutzung im unbeplanten Innenbereich wurden vereinfacht5 und Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren einbezogen6. Auf Basis dieser rechtlichen Neuregelungen konnten im Landkreis zahlreiche Bebauungsplangebiete zur Deckung des Wohnraumbedarfs in unserem ländlichen geprägten Raum geschaffen werden. Zu nennen wären hier beispielhaft die Wohnbebauungen im „Mittlishardt“ in Bonndorf, im „Riedpark“ in Lauchringen und im Bereich „Westlich Schreiebach I“ in Laufenburg.

Quelle: Bebauungsplan Riedpark Lauchringen, mit freundlicher Genehmigung BMA Lauchringen

11.3 Klimaschutz

Heizung und Warmwasserbereitung verursachen knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg. Davon entfallen fast 90 % auf fossile Energieträger. Diese werden knapper, teurer und ihre Nutzung ist eine wesentliche Ursache des Klimawandels. Das Erneuerbare-Wärme- Gesetz des Landes trägt dazu bei, dass sich der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversor- gung deutlich erhöht und damit der CO2-Ausstoß sinkt. Das entsprechende Gesetz ist seit dem 1. Juli 2015 in Kraft und die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen liegt im Zuständigkeitsbereich der unteren Baurechtsbe- hörden. Seit der Einführung des Gesetzes sind die Fallzahlen in beängstigender Weise angestiegen. Nicht nur die verwaltungsrechtliche Bearbeitung der Nachweise, sondern vor allen Dingen der rechtliche und technische Aufklärungs- und Beratungsbedarf der betroffenen Bürger bindet erhebliche per- sonelle Ressourcen. Der Landkreis reagierte auf diesen zusätzlichen Bedarf durch die Schaffung zweier zusätzlicher Stellen im mittleren Dienst. Dadurch stehen Bürgern bei Rückfragen zur Gesetzeserfüllung des E-Wärme-G kompetente Mitar- beiter/innen zur Verfügung, welche vor dem Hintergrund jeder erdenklichen Ausgangslage in enger Zusammenarbeit mit den Nachweispflichtigen eine optimale Lösung erarbeiten.

5 § 34 Abs. 3a BauGB, 6 § 13b BauGB

79 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 80

BAUEN IM LANDKREIS

Quelle: interne Datenerhebung Amt 31

11.4. Klimaschutz und der European Energy Award

Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe. CO²-Einsparung ist dabei das Ziel. Als Landkreis arbeiten wir dabei aktiv an unserer Zukunft. Den European Energy Award nutzen wir als Instrument, um diese wichtige Aufgabe mit Maß und Systematik voranzutreiben. Im Energieteam wird geplant, diskutiert und strukturiert. Es entstehen Projekte, die Ergebnisse liefern. Ein Beispiel für gelungenen und nachhaltigen Klimaschutz ist das „Azubi-Projekt“ der Verwaltungsfachangestellten im 1. Lehrjahr.

„Was ist Klimaschutz? Wie können wir Klimaschutz im Landratsamt verankern? Was ist ein Projekt und wie manage ich dieses?“ Mit diesen Fragen beschäftigen sich seit November 2018 die fünf Auszubildenden. Unterstützt werden sie dabei von Gregor Allgeier (Kreisforstamt). Ziel ist es, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Land- ratsamts eine Handreichung zu entwickeln, wie durch kleine alltägliche Maßnahmen CO2 am Arbeitsplatz eingespart werden kann. Dabei gilt stets das Motto: „Einfache Aktionen haben gemeinsam große Wirkung“. Die Auszubildenden werden ihre Ergebnisse im April 2019 veröffentlichen. Hier spielen Bewusstseinsentwicklung, Motivation und Engagement in einem komplexen Themen- bereich eine tragende Rolle. Das ist Klimaschutz – auch für unsere Bürgerinnen und Bürger.

80 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 81

BAUEN IM LANDKREIS

11.5 Vorbeugender Brandschutz

Die Durchführung wiederkehrender Prüfungen bestehender Gebäude (Brandverhütungsschau) ist unverzichtbare Aufgabe der unteren Baurechtsbehörden7. Der Landkreis kommt damit seiner Aufgabe nach, Gefahren in Gebäuden abzuwehren, die wegen ihrer Nutzung in erhöhtem Maße brandgefährdet sind oder in denen bei Ausbruch eines Brandes eine größere Zahl von Personen gefährdet werden könnten. Die Prüfung ist in Zeiträumen nicht länger als 5 Jahre zu wiederholen. Im Landkreis Waldshut betrifft dies aktuell 307 Gebäude und umfasst Versammlungsstätten, Schulen und Kindergärten, Krankenhäuser und Pflegeheime, Hotels, große gewerbliche Anlagen sowie vieles mehr.

11.6 Zusammenarbeit mit externen Stellen

Ausschlaggebend für eine rasche und reibungslose Durchführung von Bauanträgen ist die enge Zusammenarbeit sämtlicher Beteiligten. Unter der Schirmherrschaft des Landkreises wurden in den zurückliegenden Jahren verschiedene Workshops sowohl mit den unteren Baurechtsbehörden im Landkreis Waldshut als auch mit den Planern und Planerinnen der Kammergruppe Waldshut der Architektenkammer Baden-Württemberg veranstaltet. Hierzu konnte als Referent Baudirektor Manfred Busch vom Regierungspräsidium Karlsruhe gewonnen werden. Ziel der Workshops war neben der Erläuterung und Diskussion neuester Veränderungen in der Gesetzgebung die Vertiefung der Zusammenarbeit und das Schaffen eines Verständnisses für die Tätigkeiten des jeweils anderen. Vom Erfolg der zurückliegenden Workshops angespornt, werden diese in der Zukunft auch weiterhin in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.

7 VwV Brandverhütung vom 17. September 2012 (GABl. Nr. 13, S. 863)

81 Kreistag_A4_22.3.19 23.03.19 08:29 Seite 82

LANDSCHAFTSERHALTUNGSVERBAND LANDKREIS WALDSHUT E.V.

12.0 12.0 Landschaftserhaltungsverband Landkreis Waldshut e.V.

Der Landschaftserhaltungsverband Landkreis Waldshut e.V. (LEV) wurde im Juli 2012 gegründet und hat inzwischen 26 Städte und Gemeinden, den Landkreis, zehn sonstige Institutionen sowie eine Privatperson als Mitglieder. Vor- sitzender des LEV ist Landrat Dr. Kistler.

Der LEV sieht sich als Dienstleister für ein regionales Natur- und Landschaftsmanagement und nimmt hierbei eine Vermittlerrolle zwischen Kommunen, Landwirtschaft und Naturschutz wahr. Seine wich- tigsten Ziele sind die langfristige Erhaltung der wertvollen Kulturlandschaft sowie der Artenvielfalt im Landkreis – möglichst im Konsens mit allen Beteiligten. Der LEV ist dabei im gesamten Landkreis tätig. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören: • Beratung und Information der Mitglieder und Landbewirtschafter im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege • Die Umsetzung des Vertragsnaturschutzes bzw. Grünlandprogramms im Landkreis • Die Vorbereitung und Begleitung von Maßnahmen im Arten- und Biotopschutz • Die Umsetzung von Maßnahmen aus den Natura 2000-Managementplänen mit Landbewirt- schaftern und Akteuren vor Ort.

Die Umsetzung der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) ist dabei der Arbeitsschwerpunkt des LEV. Im Jahr 2018 flossen über 930.000 € LPR-Fördermittel in den Landkreis, bei denen der LEV für die unterschriftsreife Fertigstellung verantwortlich war. Auf eine gute Zusammenarbeit und enge Abstimmung mit der Naturschutzbehörde und dem Landwirtschaftsamt wird dabei großen Wert gelegt.

Entwicklung des Fördervolumens seit der Arbeitsaufnahme des LEV im Jahr 2013

82 Kreistag_A4_22.3.19 23.03.19 08:29 Seite 83

LANDSCHAFTSERHALTUNGSVERBAND LANDKREIS WALDSHUT E.V.

Beispiel aus der Arbeit des LEV: Landschaftspflegetag 2018 in Menzenschwand

Zum gemeinsamen Einsatz für den Erhalt unserer wertvollen Kultur- und Naturlandschaft luden die Stadt St. Blasien und der LEV die Bevölkerung zum Landschaftspflegetag nach Menzenschwand ein. In einer gemeinsamen Aktion wurde auf dem Weidfeld „Kammbühl“ vor allem dem starken Jung- fichtenaufwuchs zu Leibe gerückt.

Mehr als 30 Helfer, darunter viele Bürgerinnen und Bürger aus Menzenschwand, konnten von den zwei Schirmherren Landrat und LEV Vorsitzender Dr. Martin Kistler und Bürgermeister Adrian Probst begrüßt werden.

Sowohl die Anzahl der Helfer als auch das geleistete Arbeitspensum übertrafen die Erwartungen bei Weitem !

Tatkräftige Helfer beim Landschaftspflegetag in Menzenschwand

Landrat Dr. Kistler (3.v.l.) und Bürgermeister Probst (2.v.l.) zusammen mit Bürgern im Einsatz auf einer Menzenschwander Bergweide

83 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 84

STRASSEN IM LANDKREIS

13.0 13.0 Straßen im Landkreis

13.1 Kreisstraßen

Das Straßenbauamt ist als Straßenbaubehörde für die Planung, den Bau und die Erneuerung der Kreisstraßen zuständig. Das Kreisstraßennetz hat eine Länge von 398 km in Höhenlagen von ca. 350 bis 1.000 mü.NN. Zu den Kreisstraßen gehören auch 85 Brücken und ca. 90 Stützwände. Für größere Erhaltungs-, Um- oder Ausbaumaßnahmen wird ein Erhaltungsprogramm aufgestellt, das auf einen Zeitraum von fünf Jahren (2016 bis 2020) angelegt ist und 2020 fortgeschrieben wird. Als Grundlage hierzu dient die Zustandserfassung der Kreisstraßen, die jährlich aktualisiert wird.

Neben den Kreisstraßen übernimmt das Straßenbauamt mit den drei Straßenmeistereien außerdem auch vollumfänglich die betriebliche und bauliche Unterhaltung im Wege kleinerer Instand- setzungsmaßnahmen für ca. 22 km Autobahn, ca. 135 km Bundes- und ca. 365 km Landesstraßen. Das Straßenbauamt ist zuständig für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht auf den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Zur betrieblichen Unterhaltung gehören die Wartung, die Straßenrei- nigung, die Grün- und Gehölzpflege und die betriebstechnische Überwachung. Zur baulichen Unterhaltung zählen die Beseitigung örtlich begrenzter Schäden, sowie kleinflächige Instandsetz- ungsmaßnahmen im Interesse der Benutzbarkeit, Funktionsfähigkeit oder Substanzerhaltung.

Brücken

Regelmäßig alle sechs Jahre werden die Brücken einer Hauptprüfung unterzogen, in denen vorhan- dene Schäden dokumentiert werden. Seit 2011 werden jährlich mindestens 200.000,- bis 300.000,- € in die Sanierung und Werterhaltung der Brücken investiert. In den Jahren 2019 und 2020 wird der Haushaltsschwerpunkt auf die Sanierung von Brücken gelegt, da in diesen Jahren ein LGVFG-Brü- ckensanierungsfond aufgelegt wurde.

Im Jahr 2019 sind die Sanierungen folgender Brücken geplant:

K 6561 Witznau Retschengrabenbrücke 303.000 € Abzügl. LGVFG-Zuschuss -121.000 €

K 6563 Unteralpfen Steinbachbrücke 215.000 € Abzügl. LGVFG-Zuschuss -81.000 €

K 6551 Bahnbrücke Tiengen 670.000 € Abzügl. LGVFG-Zuschuss -210.000 €

Straßensanierungsmaßnahmen

Die Baumaßnahmen für Kreisstraßen im Ergebnis- und Finanzhaushalt hatten in den Jahren 2014 bis 2018 insgesamt ein Volumen in Höhe von 7.879.953 €. Beispielhaft sind einige größere Stra- ßen- und Brückenbaumaßnahmen in der nachfolgenden Zusammenstellung ersichtlich.

84 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 85

STRASSEN IM LANDKREIS

Jahr Kreisstr. Maßnahme Aufwand in €

2014 6532 Sanierung freie Strecke und OD Engelschwand 325.000 2014 6500/01 Sanierung freie Strecke Grafenhausen und OD 510.000 2015 6556 Sanierung freie Strecke Weilheim – L 157 240.000 2015 6562/63 Sanierung freie Strecke und OD Waldkirch 480.000 2016 6587 Sanierung freie Strecke Säckingen - Egg 290.000 2016 6551 Sanierung freie Strecke Ay – Indlekofen 300.000 2016 6572 Sanierung OD Bechtersbohl mit freier Strecke und Küssaburg Stützmauer 230.000 2016 6566 Sanierung der Klingengrabenbrücke bei Geißlingen 270.000 2017 6562 Ausbau Waldkirch - Schmitzingen 1.800.000 Abzügl. LGVFG-Zuschuss -900.000 2017 6580 Kreisverkehrsplatz Lottstetten 300.000 Abzügl. LGVFG-Zuschuss -150.000 2017 6526 Sanierung bei Unteribach 125.000 2017 6591 Sanierung von K 6528 bis Abgang GV Ibach 125.000 2018 6543 Ausbau Hännerstraße Laufenburg 588.000 Abzügl. LGVFG-Zuschuss -288.000 2018 6501 Sanierung zw. Schönenbach und Grafenhausen 500.000 2018 6519 Sanierung Rothaus bis Kreisgrenze 160.000 2018 6567 Sanierung OD Wutöschingen 100.000

Straßenbetrieb

Der Straßenbetrieb, wie beispielsweise der Winterdienst oder die Grünpflege und die Unterhaltung der Kreisstraßen machen einen Großteil der Kosten aus, wie aus nachfolgender Auflistung zu erkennen ist. Hierbei wird in Direktaufwand und Gemeinschaftsaufwand unterschieden. Ausgaben, die direkt den Kreisstraßen zugeordnet werden können, werden im Direktaufwand gebucht. Ausga- ben, deren Abrechnung zunächst gemeinsam mit denen der Bundes- und Landesstraßen erfasst wer- den und anschließend über einen Verteilerschlüssel den Kreisstraßen zugeordnet werden, werden dem Gemeinschaftsaufwand zugeschrieben.

Ergebnis- und Finanzhaushalt

Nachfolgend sind die Einnahmen und Ausgaben des Ergebnis- und Finanzhaushaltes in den Jahren 2014 bis 2018 aufgelistet:

85 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 86

STRASSEN IM LANDKREIS

Einnahmen: Zuweisungen nach § 25 FAG 19.337.570 Sonstige Einnahmen 236.817 Summe: 19.574.387

Ausgaben: Bauausgaben 7.879.953 Direktaufwand im Straßenbetrieb (lfd. Unterhaltung und Instandsetzung der Kreisstraßen) 2.293.822 Gemeinschaftsaufwand im Straßenbetrieb 10.280.615 Summe: 20.454.390

13.1.2 Albtalstraße, L 154

Ein intaktes Straßennetz ist sehr wichtig für den ländlich geprägten Landkreis Waldshut. Aufgrund eines Felsabgangs und einer Rutschung musste die Albtalstraße im unteren Bereich gesperrt werden. Zusammen mit dem Land Baden-Württemberg sowie dem Regierungspräsidium Freiburg laufen Untersuchungen, wie die Albtalstraße „steinschlagsmäßig“ gesichert und wieder für den Verkehr freigegeben werden kann. Umfangreiche geologische Gutachten wurden erstellt. Die Verkehrs- sicherheit wieder herzustellen, ist kein einfaches Unterfangen. Zahlreiche labile Felsformationen am Hang sind gefahrenträchtig, die Sanierung mit Hochenergiezäunen ist kein einfaches Unterfangen und muss sehr sorgsam mit dem Umwelt-und Naturschutz abgestimmt werden, da hier Eingriffe in ein sensibles Gebiet für die Sanierung vorgenommen werden müssen, die sorgfältig so planen sind.

13.2 Radverkehrskonzept Landkreis Waldshut

Aufbauend auf dem Radwegebauprogramm entlang klassifizierter Straßen (1994) und der Radverkehrsbeschilderung (2012) wurde von 2013 bis 2015 über das Planungsbüro VAR ein Radverkehrskonzept erstellt. Dieses beinhaltet ein kreisweites Netz von überörtlichen und regionalen Radwegeverbindun- gen, die auf die Bedürfnisse des Alltagsverkehrs (Arbeit, Schule, Einkauf etc.) und Infrastruktur (Bahnhöfe, Bike + Ride, Zentren, Abstellmöglichkeiten etc.) abgestimmt sind, sowie auch touristische Interessen berücksichtigen. Das Radverkehrskonzept bildet die Grundlage für die zukünftige Planung und den Bau von Rad- wegen im Landkreis Waldshut. Dieses umzusetzen, wird keine einfache Arbeit sein, zumal die Inves- titionen, losgelöst in welche Zuständigkeit diese fallen, erheblich sind. 2015 und 2016 wurde das RadNETZ Baden-Württemberg vom Land erstellt. Im Wesentlichen verläuft das RadNETZ entlang der Rheinschiene und ist mit dem Radverkehrskonzept des Landkreises abge- stimmt.

Maßnahmen, die im Zuständigkeitsbereich des Landkreises liegen:

In Bau ist der Radweg von Degernau nach Ofteringen. Mit der Planung des Radweges von Dogern nach Waldshut/Liedermatte wurde begonnen.

Weitere Maßnahmen im Konzept sind der Bau der Radwege zwischen Bonndorf in Richtung Schluch- see und bei Erzingen nach Weisweil. Verschiedene Kleinmaßnahmen wie Markierungen und Beschil- derungen sind auch im Konzept vorgesehen.

86 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 87

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

14.0 14.0 Wirtschaftsförderung

14.1 Der Wirtschaftsstandort

Gegenüber anderen Flächenkreisen in Baden-Würt- temberg hat der Landkreis Waldshut zwei Besonder- heiten: 1. Der Landkreis ist dünn besiedelt und stark ländlich geprägt. Oberzentrale Funktionen und wertschöp- fungsintensive Branchen, die städtische Räume kenn- zeichnen (Hochschulen, Forschungs- und Entwick- lungseinrichtungen, Kreativwirtschaft etc.) sind nur unterdurchschnittlich vorhanden oder fehlen ganz. 2. Die Grenzlage zur Schweiz bewirkt enorme Erwerbs- tätigenströme in die Schweiz (s.u.) und einen hohen Kaufkraftzufluss von dort in den Landkreis.

Wirtschaftsstruktur

Im Landkreis Waldshut gibt es rund 7.000 Betriebe mit 54.340 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (2017). 80% der Beschäftigten arbeiten in kleinen und mitt- leren Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. In der Größenklasse 500 bis 1.000 Beschäf- tigte liegen nur sieben gewerbliche Unternehmen (AWW Wutöschingen, Dunkermotoren Bonndorf, Franke Bad Säckingen, hago Küssaberg, Sedus Stoll Dogern, Sto Stühlingen, Vita Bad Säckingen) und drei Dienstleister (Landratsamt Waldshut, Sparkasse Hochrhein, Klinikum Hochrhein GmbH).

Der Branchenmix im Landkreis ist breit gefächert: 37 % der Beschäftigten arbeiten im produzier- enden Gewerbe, 27% in Handel und Verkehr und 35% in „Sonstigen Dienstleistungen“. Schwerpunkte im Verarbeitenden Gewerbe (19.200 Beschäftigte) sind • Metallerzeugung und -bearbeitung (u.a. Aluminium), • Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektrotechnik • Chemie-, Pharma-, Kunststoff- und Keramikindustrie • Holzverarbeitung (u.a. Holzwerkstoffe, Holzbau, Möbel) sowie • Hoch- und Tiefbau. Eine Spezialität der Region ist die qualitativ hochwertige, flexibel auf Nischen und tendenziell auf kleinere Stückzahlen ausgerichtete Produktion. Viele Unternehmen – unter den „Großen“ sogar eine Mehrheit – sind Ableger oder Töchter mit Entscheidungszentralen außerhalb der Region, häufig auch in der Schweiz.

Die stärksten Branchen im Dienstleistungssektor sind • Handel, ca. 8.900 Beschäftigte, grenznaher CH-Umsatzanteil ca. 40 %, • Tourismus, ca. 9 % der regionalen Wertschöpfung, ca. 8.700 Beschäftigte • Gesundheits- und Sozialwesen 7.700 Beschäftigte. Im Handwerk arbeiten in rund 2.000 Betrieben ca. 20.000 Beschäftigte.

87 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 88

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

Beschäftigung und Arbeitsmarkt

Die amtliche Statistik erfasst im Landkreis Waldshut 78.100 Erwerbstätige mit Wohnsitz und Arbeitsort im Inland. Dazu kommen knapp 15.000 Beschäftigte, die als Grenzgänger in die Schweiz pendeln (und dort auch versicherungspflichtig sind). Damit sind rund 93.000 Personen bzw. 55% der Bevölkerung im Landkreis „erwerbstätig“. Von den rund 69.400 (im Inland oder in der Schweiz) versicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten mehr als ein Fünftel (21,6%) in der Schweiz; sie erzielen dort etwa ein Viertel der in den Landkreis fließenden Löhne und Gehälter.

Die Arbeitslosenquote im Landkreis Waldshut lag Ende 2018 mit 2,7 % (2.501 Personen) um zehn Prozent unter dem Landesdurchschnitt (BW 3,0%, Bund 4,8%). Von diesem Personenkreis erhielten 1.200 Personen Leistungen nach dem SGB II („Arbeitslosengeld II“).

14.2 Zielsetzungen und Aktivitäten der Wirtschaftsförderung

Im „Regionalen Entwicklungskonzept des Landkreises“ (REK) ist als Oberziel formu- liert: „Der Landkreis Waldshut ist attrak- tiver Wohn- und Arbeitsort in der Grenzregion zur Schweiz und bietet leis- tungsfähige Wirtschafts- und Standortbe- dingungen für eine erfolgreiche Zu- kunftsentwicklung.“

Das Amt für Wirtschaftsförderung und Nahverkehr unterstützt Gemeinden, Betriebe und Gründungswillige durch Informationen, Service- und Beratungs- leistungen und Kooperationsvermittlung. Jeweils zum Jahreswechsel wird das statistische Taschen- buch „Bevölkerung und Wirtschaft im Landkreis Waldshut“ neu aufgelegt. Informationen über staatliche Förderhilfen werden gezielt recherchiert und nach Bedarf weiter gegeben. Diese und wei- tere Informationen sind auch online abrufbar (www.landkreis-waldshut.de).

Zu den Aufgaben des Sachgebietes Wirtschaftsförderung gehören unter anderem • Gründungs- und Betriebsberatung, • Information und Beratung zu staatlichen Förderprogrammen, • Strukturanalysen, Kreisstatistik, Standortinformationen, Öffentlichkeitsarbeit, • Kontaktpflege zu Gemeinden, Unternehmen, Verbänden, • Interessensvertretung des Landkreises und seiner Kommunen, • Formulierung wirtschaftspolitischer Anliegen gegenüber Land, Bund und EU, • Mitwirkung an Beteiligungen des Landkreises (Wirtschaftsregion Südwest GmbH, Energie- agentur Südwest GmbH) und in grenzüberschreitenden Organisationen (Hochrheinkommission, Randenkommission), • Mitwirkung und z.T Federführung bei regionalen Entwicklungsprozessen und -projekten (REK, RegioWIN, Biosphärengebiet Südschwarzwald, …).

88 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 89

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

14.3 Beratung und Förderung

Existenzgründung

In den letzten Jahren ist auf Bundes- und Landesebene ein breit gefächertes onlineInformations- angebot entstanden (z.B. existenzgruender.de, gruendung-bw.de), das durch verstärkte Beratungs- und Coachingangebote („Startercenter“) der Kammern ergänzt wird. Die Nachfrage nach Beratungs- leistungen schwankt in Abhängigkeit von der konjunkturellen Entwicklung und dem Angebot an Förderprogrammen. Das Amt für Wirtschaftsförderung berät Gründungswillige, bietet Anleitungen für Businesspläne und prüft Gründungskonzepte, in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter auch zur Bewilligung von unterstützenden Leistungen für ALG II-Kunden. Der Arbeitskreis Existenzgrün- dungs-Initiative, in dem der Landkreis seit 1992 vertreten ist, schafft durch Informationen, Veran- staltungen und Preisverleihungen ein positives Gründungsklima.

Kommunale Infrastruktur und Unternehmensinvestitionen

Im Rahmen der Bestandspflege informiert das Amt für Wirtschaftsförderung Kreisgemeinden, Bau- willige und ansässige Unternehmen über öffentliche Förderprogramme und unterstützt sie bei der Antragstellung. Allein über das „Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR)“ und dessen Son- derlinie „Spitze auf dem Land“ fließen jährlich ca. 1,5 bis 2,5 Mio. € an Fördermitteln in die Gemeinden des Landkreises und ermöglichen strukturell wirksame private und öffentliche Investitionen.

EU-Förderung

Die Landesförderung wird ergänzt durch die EU-Förderung (z.B. Interreg, LEADER, ESF). Zukunfts- weisende Initiativen zur Entwicklung des Ländlichen Raums, auch im Zusammenhang mit dem Naturpark Südschwarzwald und der Tourismusförderung, sind größtenteils nur durch diese Förder- hilfen realisierbar.

89 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 90

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

Die Geschäftsstelle der LEADER-Aktionsgruppe ist seit 1995 organisatorisch dem Amt für Wirt- schaftsförderung und Nahverkehr angegliedert. Sie agiert jedoch fachlich eigenständig und ist für die Gesamtregion zuständig, die in der Förderperiode 2014-2020 Anteile von fünf Landkreisen im Schwarzwald umfasst.

14.4 Regionale Kooperation

Internationaler Standortwettbewerb

Der internationale Standortwettbewerb hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Kapital und Know-how werden innerhalb von Minuten weltweit transferiert, die Warenproduktion rückt näher an die Kunden, die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften wird zunehmend zum limitierenden Faktor. Auch die bei uns ansässigen Unternehmen müssen bei jeder Investition neu entscheiden, an welchem Standort weltweit die geforderte Leistung am besten erbracht werden kann. Das Ziel der Wirtschaftsförderung ist es, Investitionen im Landkreis zu halten und neue von außen anzuziehen. Die Stärken, die der Landkreis Waldshut im internationalen Vergleich ausspielen kann, sind vor allem sein kleinteiliges, konjunkturstabiles Netzwerk von leistungsfähigen Unternehmen, moti- vierte und qualifizierte Mitarbeiter, eine attraktive Landschaft mit einer hoch entwickelten Touris- mus- und Gesundheitsinfrastruktur und die Nähe zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich und Italien.

Kooperationsfelder und Partner

Um im internationalen Standortwettbewerb bestehen zu können und um Standortnachteile aus- zugleichen, sind strategische Kooperationen erforderlich. Für die Anwerbung von Investoren und Fachkräften müssen die Standortentwicklung und das Standortmarketing auf regionaler Ebene erfolgen. Erst durch die regionale Zusammenarbeit wird eine „kritische Größe“ erreicht, mit der man im Konzert der Wettbewerbsstandorte mitspielen kann.

Unsere Kooperationspartner sind in erster Linie die Landkreise Lörrach (Wirtschaftsregion Südwest, Energieagentur Südwest), Breisgau-Hochschwarzwald, Schwarzwald-Baar und Konstanz sowie die Kantone Aargau und Schaffhausen (Randenkommission, Hochrheinkommission). Zum Kanton Zürich bestehen fachliche Kontakte über die Hochrheinkommission, über die Handelskammer Deutsch- land-Schweiz und durch die Beteiligung an Interreg-Projekten.

Wirtschaftsregion Südwest GmbH

Seit dem 17.11.2000 ist der Landkreis Gesellschafter in der „Wirtschaftsregion Südwest GmbH“. Weitere Gesellschafter sind der Landkreis Lörrach, Kammern, Kreditinstitute, Energieversorgungsunternehmen und 21 Kom- munen, davon zwölf aus dem Landkreis Waldshut. Die Geschäftsstelle der „Wirtschaftsregion Südwest“ bei der Wirtschaftsförderung des Landkreises dient als Anlaufstelle und Dienstleistungszentrum für Kommunen, Unternehmen und Investoren. Sie betreibt unter anderem ein regionales Wirtschaftsinformationssystem, mit dem Unternehmens- informationen und Veröffentlichungen zur regionalen Wirtschaftsentwicklung gesammelt und aus- gewertet werden.

90 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 91

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

Die Geschäftsstelle Waldshut ist an allen Aktivitäten und Projekten der WSW unterstützend oder federführend beteiligt und sichert so die angemessene Einbindung des Landkreises Waldshut in der Wirtschaftsregion. Projekte mit Strahlkraft in den Landkreis Waldshut sind u.a. die Cluster „Alumi- niumforum Hochrhein“ und „connect Dreiländereck“ (IT-Branche), der DIGIHUB Südbaden (seit Dezember 2018) und das Regionale Innovationsmanagement „InnoForum Südwest“ (seit Januar 2019).

Energieagentur Südwest GmbH

Aus der erfolgreichen Kooperation der Energieagentur Schwarz- wald-Hochrhein gGmbH mit der Energieagentur Lörrach GmbH in den Jahren 2017/2018 entstand im Dezember 2018 die neue Energieagentur Südwest GmbH, die zu gleichen Teilen von den Landkreisen Waldshut und Lörrach sowie den Energieversorgern badenova und Energiedienst getragen wird. Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung des Klima- und Umweltschutzes und der regionalen Wertschöpfung durch Beratung und Serviceleistung zur allen Themen rund um Energieeffizienz und Energieeinsparung.

14.5 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Für Naturliebhaber, Schnäppchenjäger und Kulturbeflissene ist die EU-Außengrenze zur Schweiz schon seit vielen Jahren kaum noch spürbar. Für Handwerker, Gewerbetreibende und Dienstleister bestehen erweiterte Absatzchancen, aber auch ein verstärkter Wettbewerb. Dennoch hemmt die Grenze den freien Warenverkehr zwischen den beiden Ländern, z.B. durch Einschränkung der Bear- beitungszeiten an Grenzübergängen oder durch die Kontrolle und Umsetzung der „flankierenden Maßnahmen“, mit denen Lohn- und Sozialdumping in der Schweiz verhindert werden sollen. Diese werden in den Kantonen unterschiedlich gehandhabt und von deutschen Leistungsanbietern teil- weise als Instrumente zur Marktabschottung empfunden.

Interreg

Seit 1990 ist der Landkreis Waldshut an den In- terreg-Projekten Oberrhein-Mitte-Süd und Al- penrhein-Bodensee-Hochrhein beteiligt. Ziel der INTERREG-Initiativen ist es, durch finanzielle Un- terstützung grenzüberschreitender Vorhaben die Zusammenarbeit der Länder zu fördern (http:// www.interreg.org/; http://www.interreg-ober- rhein.eu/). Aktuell bewilligt sind der Wanderweg „Laufenburger Acht“, die Planungsphasen 3 und 4 der Hochrheinbahnelektrifizierung und das Pro- jekt „Neue Formen grenzübergreifender Koope- ration im Bereich 3D-Druck“. Unter Leitung des Hightech Zentrums Aargau beteiligen sich 17 Auch der Kreistag pflegt den grenzüberschreitenden Aus- tausch, wie hier beim traditionellen Fußballspiel des Kreis- Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Ver- tags gegen den Grossen Rat des Kantons Aargau in waltung, darunter auch der Landkreis Waldshut. Laufenburg/Schweiz im September 2018.

91 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 92

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

Hochrheinkommission

Partner der 1997 gegründeten Hochrheinkommission (HRK) sind das Land Baden-Württemberg, die Kantone Aargau und Schaffhausen, die Landkreise Lörrach und Waldshut sowie der Regionalverband Hochrhein-Bodensee. Der Kanton Zürich hat Beobachterstatus. Die HRK vernetzt die zuständigen Institutionen und Fachstellen, sie verbessert den grenzüberschreitenden Informationsfluss und den Erfahrungsaustausch und sie unterstützt grenzüberschreitende Initiativen und Projekte (u.a. Bildung, Verkehr, Kultur, Wirtschaft, Raumplanung). http://www.hochrhein.org/

Empfang der Hochrheinkommision am 21. Juni 2018 in Schaffhausen mit Ministerpräsident Kretschmann und Verkehrsminister Hermann

Randenkommission

Die 1998 eingerichtete Randenkommission, in der die Landkreise Waldshut, Konstanz, Schwarzwald- Baar und der Kanton Schaffhausen zusammenarbeiten, entwickelt gemeinsame grenzüberschrei- tende Initiativen. Die Kommission beschäftigt sich mit den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Bildung und Kultur. Für jeden Bereich gibt es eine entsprechende Arbeitsgruppe, die Vorschläge für Projekte erarbeitet und diese nach Beschlussfassung durch die Kommission umsetzt. http://www.ran- denkommission.org/.

Agglomeration Schaffhausen

Der am 22. Juni 2006 gegründete Verein Agglomeration Schaffhausen VAS verfolgt das Ziel, lang- fristig in den Bereichen Verkehr und Siedlung sowie Kultur und Freizeit gemeinsame Projekte zur realisieren. Im Verein sind - neben den Kantonen Thurgau, Schaffhausen und Zürich sowie den drei Landkreisen Konstanz, Schwarzwald-Baar-Kreis und Waldshut und dem Regionalverband Hoch- rhein-Bodensee - über 40 Gemeinden - darunter Dettighofen, Jestetten, Klettgau und Lottstetten - vertreten. http://www.sh.ch/

92 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 93

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

14.6 LEADER-Förderung

Seit 1995 ist der Südschwarzwald Förderkulisse im LEADER-Programm der Europäischen Union. Neben dem Landkreis Waldshut sind an dieser Kulisse die Landkreise Breis- gau-Hochschwarzwald,Emmendin- gen, Lörrach und Schwarzwald- Baar-Kreis beteiligt, jeweils mit ihren auf den Naturraum Schwarz- wald entfallenden Gebietsanteilen. Der Südschwarzwald wiederum ist eines von 18 LEADER-Gebieten in Baden-Württemberg.

Die Zielsetzung des LEADER-Programms ist es, eigens ausgewiesene, strukturschwache ländliche Gebiete in ihren Entwicklungsbemühungen zu unterstützen. Dabei geht der Anspruch über eine reine Projektförderung hinaus. Vielmehr werden, im Rahmen eines bottom-up-Ansatzes, die lokalen und regionalen Akteure ermutigt, regionalspezifische Problemlösungen und zukunftsweisende, innovative Entwicklungsansätze zu erstellen und umzusetzen. Basis für alle Aktivitäten ist daher ein regionales Entwicklungskonzept (REK), das in einem breiten Beteiligungs- und Konsultationsprozess erstellt wurde. Zu fördernde Projekte müssen einen signifikanten Beitrag zur Umsetzung dieses REK leisten. Die Entscheidung über die Projektförderung liegt ebenfalls bei den regionalen Akteuren, die sich in einer sogenannten LEADER Aktionsgruppe zusammengeschlossen haben.

Die übergeordneten, im REK festgehaltenen Entwicklungsziele der LEADER-Strategie im Südschwarz- wald sind: • Soziales und kulturelles Leben stärken, • Infrastruktur an den Bedarf anpassen, • nachhaltige und vielfältige Wirtschaft sichern sowie • Lebensgrundlagen und Kulturlandschaft erhalten.

Das LEADER-Gebiet Südschwarzwald umfasst 1.754 km² (davon aus dem Landkreis Waldshut 465 km² = 26,5 %) mit etwa 120.000 Einwohnern (davon Lkr. WT 30.430 = 39,4 %). 41,1 % der Fläche des Landkreises bzw. 18,7 % seiner Einwohner liegen bzw. leben im LEADER-Gebiet (Zahlenbasis: Zensus 2011).

Der Vorsitz der LEADER Aktionsgruppe Südschwarzwald liegt beim Waldshuter Landrat Dr. Martin Kistler. Sie besteht aus derzeit 36 Mitgliedern, die ein breites und repräsentatives Abbild der in der Region existierenden Interessen darstellen. Dabei müssen Vertreter der Zivilgesellschaft und der WiSo-Partner nach den Vorgaben der EU mindestens die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder ausmachen. Der Fokus aller LEADER-Aktivitäten liegt auf der Gesamtregion. Verwaltungszugehö- rigkeiten spielen dem gegenüber keine Rolle. Es ist der LEADER Aktionsgruppe Südschwarzwald immer in vorbildhafter Weise gelungen, diesen Grundsatz zu leben.

93 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 94

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

In der Regel zweimal jährlich finden Projektauswahlsitzungen statt. Im Vorfeld jeder Sitzung erfolgt ein Förderaufruf mit einem definierten Gesamtbudget. Die Projektauswahl auf den Sitzungen erfolgt durch die Mitglieder des Gremiums nach einer Bewertung jedes Projekts anhand objektiv nachprüf- barer Kriterien, mit denen die Qualität der vorliegenden Projektanträge gemessen wird (im Sinne der Zielerreichung des REK). Diese führen zu einer Bepunktung der Projekte, anhand derer die För- dermittel auf die vorliegenden Projektanträge verteilt werden. In der Regel übersteigt die Nachfrage die verfügbaren Mittel deutlich, so dass nicht alle förderwürdigen Projekte in den Genuss einer För- derung kommen können.

Die Bandbreite der aktuell geförderten Projekte ist groß – darunter befindet sich beispielsweise ein Landschaftspflegestall (in Menzenschwand), ein Dorfladen in genossenschaftlicher Trägerschaft (in Weilheim), die Umsetzung einer in bürgerschaftlichem Engagement entstandenen Planung eines Freizeit- und Begegnungszentrums in der Ortsmitte von Herrischried (Stehlesee) oder die Einrichtung von Fahrradladestationen und –einstellboxen entlang der B500 zwischen St. Blasien und Höchen- schwand. Projektträger können sowohl Gemeinden als auch Vereine, Wirtschaftstreibende oder Pri- vatpersonen sein.

In die LEADER-Förderung fließen neben Mitteln der EU auch - in geringerem Ausmaß - solche des Landes Baden-Württemberg. Verwaltet wird LEADER in Deutschland durch die Bundesländer, die damit die jeweilige Ausprägung bestimmen. In Baden-Württemberg ist die Verwaltungsbehörde das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR). Hier werden auch die Rahmenbe- dingungen für die Projektförderung definiert; neben einer eigenen LEADER-Förderrichtlinie kann je nach Projektart auch nach der Förderrichtlinie Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR), der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) oder dem Programm Innovative Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum (IMF) gefördert werden.

Für die Abwicklung von LEADER im Südschwarzwald ist eine Geschäftsstelle eingerichtet. Die Geschäftsstelle ist zuständig unter anderem für Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit sowie für die Projektakquise und Beratung der Interessenten und Antragsteller. Sie ist derzeit besetzt mit 1,5 Stellenäquivalenten und beim Landratsamt Waldshut angesiedelt. Organisatorisch ist sie dem Amt für Wirtschaftsförderung und Nahverkehr angegliedert. Da sie jedoch für die Gesamtregion zuständig ist, agiert sie eigenständig und faktisch wie eine Stabsstelle, die fachlich direkt dem Land- rat als Vorsitzendem der Aktionsgruppe unterstellt ist. Die LEADER Aktionsgruppe Südschwarzwald mit ihrer Geschäftsstelle arbeitet eng mit dem Naturpark Südschwarzwald sowie mit dem Biosphä- rengebiet zusammen mit dem Ziel, Strategien und Aktivitäten aufeinander abzustimmen.

Das Fördergeschehen läuft im Gleichklang mit den EU-Finanzierungsperioden. Das bedeutet, dass die derzeitige Förderperiode 2020 ausläuft. Derzeit (Anfang 2019) ist noch nicht bekannt, wie sich die Fortsetzung für die Periode 2021 bis 2027 gestaltet. In der Vergangenheit mussten sich die bis- herigen Förderregionen und eventuelle neue Kandidaten ergebnisoffen um die (Wieder)Aufnahme für die jeweilige Folgephase bewerben. Eine Fortsetzung von LEADER im Südschwarzwald nach 2021 ist damit nach derzeitigem Stand nicht gesichert. Nachteilig für die Erfolgsaussichten in einer Wie- derbewerbung könnte die Tatsache sein, dass der Südschwarzwald, zusammen mit Oberschwaben, diejenige Region mit der längsten ununterbrochenen LEADER-Geschichte in Baden-Württemberg ist. Vorteilhaft wiederum könnte sich ein starker Rückhalt in der Region und eine deutlich artikulierte Unterstützung von LEADER im Südschwarzwald gegenüber der Landesverwaltung auswirken.

94 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 95

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG

Im Vergleich zur Förderphase 2007 bis 2013 stehen den einzelnen LEADER-Regionen in Baden-Würt- temberg bis 2020 deutlich weniger Fördermittel zur Verfügung. Zwar konnte das Land deutlich mehr Mittel für LEADER insgesamt akquirieren, da jedoch die Zahl der LEADER-Gebiete von vorher acht auf 18 noch stärker angestiegen ist, entfallen auf jede einzelne Förderkulisse entsprechend weniger Gelder. Die im Südschwarzwald 2014 bis 2020 verfügbaren EU-Mittel belaufen sich auf voraussicht- lich 2.755.000 Euro (2007-2013: ca. 4.695.000 Euro). Da die LEADER-Förderung Teil des ELER und damit der zweiten Säule der EU-Agrarförderung ist, zeichnet sich für die weitere Zukunft keine signifikant bessere Mittelausstattung ab. Die Attraktivität von LEADER ist hoch, auch wenn in den vergangenen Jahren die Bürokratiebelastung tendenziell zugenommen hat.

Die LEADER-Geschäftsstelle steht als Ansprechpartner für alle Fragen aus der Region rund um LEADER und für Förderberatungen zur Verfügung. Die Adresse und aktuelle Informationen finden sich unter www.leader-suedschwarzwald.de.

LEADER 2014-2020: Gebietskulisse Südschwarzwald

95 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 96

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

15.0 15.0 Tourismus im Landkreis Waldshut

15.1 Organisationsstruktur

Der Landkreis Waldshut ist zusammen mit den anderen Stadt- und Land- kreisen des Schwarzwalds Alleingesellschafter der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG), die 2006 als zentrale Marketingorganisation und Dachver- band des gesamten Schwarzwalds gegründet wurde. Der Landkreis finan- ziert über eine jährliche Marketingumlage, die sich an den Über- nachtungszahlen orientiert, die Arbeit der STG anteilig mit. Viele Partner aus der Wirtschaft wie z.B. der Europapark oder die Brauerei Rothaus unterstützen ebenfalls die Marketingarbeit der STG. Als Wirtschaftsfaktor spielt der Tourismus im Landkreis eine zentrale Rolle. Der Kreistag hat deshalb die Tourismusförderung als zentrales Handlungsfeld herausgestellt und zuletzt 2016 das Strategie- konzept TOURISMUS 2020 für die Tourismusförderung im Landkreis Waldshut beschlossen. Darin werden konkrete Projektvorschläge und Handlungsumsetzungen mittelfristig bis 2020 und darüber hinaus definiert. Im Rahmen dieses Strategiekonzepts werden vom Amt für Wirtschaftsförderung, Abteilung Tourismus, elf touristische Aktivitätsthemen in Form gemeindeübergreifender Tourismus- projekte sowie weitere Maßnahmen im Bereich des kreiseigenen Tourismus-Innenmarketings initiiert und durchgeführt. Der Landkreis Waldshut veröffentlicht außerdem jährlich eine detaillierte Tou- rismusstatistik.

15.2 Touristische Eckwerte

Landkreis Tourismusstatistik 2017 1)

Übernachtungen gesamt 2.058.971 Anteil Gäste Ausland 23% 473.567 Gästeankünfte gesamt 509.828 Aufenthaltsdauer Tage 4,0 Bettenangebot 21.220 Beherbergungsbetriebe 3.637 Tourismusintensität 2) 12.194 1) einschließlich Übernachtungen, Ankünfte, Betten bei Privatgastgebern < 10 Betten 2) Übernachtungen/1000 Einwohner

15.3 Wirtschaftsfaktor Tourismus

Der Tourismus ist eine klassische Querschnittsbranche mit zahlreichen Wertschöpfungsebenen in den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen und stellt damit vor allem in zahlreichen Schwarzwald- Gemeinden des Landkreises eine zentrale Säule der regionalen Wirtschaft dar. Spitzenwerte der Tou- rismusintensität (Übernachtungen je 1.000 Einwohner - Basis 2017) einzelner Kur- und Touris- musgemeinden beweisen den großen gesamtwirtschaftlichen Stellenwert des Tourismus am Ort und für die Region.

96 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 97

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

Dennoch stehen heute gerade viele kleine und mittlere Beherbergungsbetriebe im Landkreis Waldshut vor weitreichenden Herausforderungen (u.a. Finanzierung, Nachfolgeproblematik, Digi- talisierung, Marketing) und sehen sich veränderten Ansprüchen und Nachfragestrukturen gegenüber. Bei vielen touristischen Angeboten besteht bis heute ein teilweise erheblicher Modernisierungs- rückstand und Investitionsstau. Vor allem bei modernen Angeboten (u.a. Wellness, Sportangebote) sowie der Ansprache neuer Zielgruppen und Gästen auch aus dem Ausland besteht Nachholbedarf. Traditionell liegt ein weiterer Schwerpunkt im Landkreis Waldshut in der Verbindung des Tourismus mit dem Gesundheitswesen (25 % Anteil an den Gesamtübernachtungen). Der Landkreis Waldshut besitzt eine besondere Stärke bei Vorsorgeangeboten. Hier kam es im Zuge von Reformen im öffentlichen Gesundheitswesen in den 1990er Jahren zu massiven Rückgängen der Gäste und damit bei den Übernachtungen, die seither nicht mehr voll kompensiert werden konnten. Die Folge war ein tiefgreifender Strukturwandel. Im Landesvergleich entwickelten sich die Übernachtungszahlen im Landkreis zuletzt unterdurch- schnittlich. So konnten die Beherbergungsbetriebe in den letzten Jahren kaum an den deutlich ge- stiegenen Übernachtungszahlen in Baden-Württemberg partizipieren. Von ursprünglich über 3 Mio. Gästeübernachtungen vor der Gesundheitsreform sank die Zahl anschließend teilweise unter 2 Mio. ab. Erst in den letzten Jahren sind wieder Steigerungen um die 2-Millionengrenze zu verzeichnen.

15.4 Schwerpunkte der Tourismusarbeit des Landkreises *)

1. Wandern als zentrales Aktivitätsthema 2. Rad & Mountainbike als zentrales Aktivitätsthema 3. Auslands- und grenzüberschreitender Tourismus als Querschnittsthema 4. Freizeitverkehre/ÖPNV als Querschnittsthema 5. Wassertourismus als regionales Aktivitätsthema 6. Barrierefreier Tourismus als zentrales Aktivitätsthema 7. Gesundheits- und Wohlsein Tourismus als Querschnittsthema

97 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 98

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

8. Kultur Tourismus als Querschnittsthema 9. Winter Tourismus als regionales Aktivitätsthema 10. Wein Tourismus als regionales Aktivitätsthema 11. Innenmarketing als zentrales Aktivitätsthema *) TOURISMUS 2020 - Strategiekonzept für die Tourismusförderung im Landkreis Waldshut

Bei der Tourismusstrategie des Landkreises werden Familienurlaub, Natur und Kulinarik nicht als eigenständige Handlungsfelder definiert, sondern als Querschnittsthemen bei den jeweiligen Aktivitätsthemen eingespeist. Qualität sowohl bei der Infrastruktur als auch im Service steht bei der Tourismusförderung des Landkreises immer im Vordergrund. Bei den Projekten des Landkreises hat Nachhaltigkeit oberste Priorität.

15.5 Ausgewählte Beispiele aktueller touristischer Schwerpunktaufgaben

Qualitätsoffensive Wandern - Touristische Produktentwicklungen

Aufgabe des Landkreises im Bereich Wirtschaftsförderung/Tourismus ist es u.a., die Potentiale im Bereich des Wandertourismus durch Profilschärfung und Entwicklung überörtlicher Qualitätsange- bote zu fördern. Der "Schluchtensteig Schwarzwald" war das erste regionale Wanderprojekt mit

98 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 99

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

dem Ziel, für den Landkreis Waldshut ein qualitativ hochwertiges Tourismusangebot im boomenden Wandersegment zu schaffen. Damit ist dem Landkreis bereits vor 10 Jahren ein wichtiger Schritt zur Aufwertung des Wanderangebots im Naturpark Südschwarzwald und damit auch der Ferienorte im Landkreis Waldshut gelungen. Der Landkreis organisiert und koordiniert sämtliche Maßnahmen im Bereich Marketing und Vertrieb für die eigenen Wanderprodukte Schluchtensteig, Albsteig und Wolfssteig und arbeitet laufend an der Verbesserung der Gesamtprodukte und der Qualitäts- sicherung. Ein selbst entwickeltes, einheitliches Wegemanagement garantiert in Kooperation mit den beteiligten Forststellen und dem Schwarzwaldverein einen hohen Qualitätsstandard.

Schluchtensteig Schwarzwald

Der inzwischen bundesweit bekannte Fernwan- derweg ist einer der schönsten und attraktivsten Wanderrouten sowohl im Schwarzwald als auch in Deutschland und braucht keine Vergleiche zu scheuen. Der Schluchtensteig wurde vom Land- kreis Waldshut als Kooperationsprojekt mit allen Gemeinden entlang der Wanderroute, dem Schwarzwaldverein, dem Naturpark Süd- schwarzwald und der Schwarzwald Tourismus GmbH konzipiert, von Anfang an als integriertes Wanderangebot entwickelt und 2008 an den Markt gebracht. Neben einer einzigartigen Wegführung gehören dazu buchbare Pauschal- angebote mit einem entsprechenden Marketingkonzept und umfassenden Qualitätsstandards. Aufgrund seiner hohen Qualität und Attraktivität ist der Schluchtensteig bereits seit seiner Einführung 2008 mit dem Gütesiegel "Wanderbares Deutschland" zertifiziert. Der Schluchtensteig ist Mitglied bei den Top Trails of Germany und wurde 2011 zum schönsten Fernwanderweg Deutschlands gewählt.

Albsteig Schwarzwald

Der Fernwanderweg Albsteig vom Feldberg bis zum Hochrhein (ca. 80 km) könnte ähnlich erfolgreich wie der Schluchtensteig werden. Die Landschaft weist einige Superlative auf, die andernorts so nicht gegeben sind (Feldberg, Wasserfälle, Dom St. Blasien, grandiose Felskanzeln, Schluchten). Das Albtal mit der bekannten Albschlucht im unteren Teil ist eines der wildromantischs- ten Flusstäler Süddeutschlands. Der Landkreis hat 2013 eine Konzeption veranlasst und mitfinanziert, die bis 2017 als Förder- maßnahme des Naturparks Südschwarzwald umgesetzt wurde. Auch der Albsteig Schwarzwald wurde vom Start weg als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifiziert. Durch die gemein- same Vermarktung des Schluchtensteigs und des Albsteigs ergeben sich erhebliche Synergieeffekte für den Landkreis als Top-Wanderregion im Schwarzwald.

99 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 100

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

Wolfswege Schwarzwald

Das dreiteilige Projekt Wolfswege Schwarzwald (Wolfspfad, Wolfssteig, Wolfshütte) wurde vom Landkreis initiiert und als Kooperationsprojekt mit den Partnern Kreisforstamt, Landkreis-Tourismus und den Gemeinden Höchenschwand, Weilheim und Waldshut Tiengen umgesetzt und 2017 eröffnet. Der Wolfssteig, der zwischen Höchenschwand und Waldshut verläuft, wird als Wegvariante im Rahmen des Albsteigs mitvermarktet.

Mobilität im Tourismus – Radtourismus und Freizeitverkehr

Um die landkreisweite Beschilderung des Radnetzes von fast 1.000 Kilometern nachhaltig sicherzustellen, übernimmt das Amt für Wirtschaftsförderung die jährliche Qualitätskontrolle und Koordination der zu erbringenden Maßnahmen mit den Gemeinden und weiteren beteiligten Partnern, sowie die Ab- stimmung bei finalen Wegeverlegungen oder baulich beding- ten temporären Umleitungen. Der Landkreis beteiligt sich zudem mit einem jährlichen Finanzierungsbeitrag an den Marketingkosten der drei wichtigsten touristischen Fernrad- wege Rheinradweg Eurovelo 15, Südschwarzwald Radrund- weg und Schwarzwald-Panorama-Radweg, die durch den Landkreis führen. 16 beschilderte Radrundtouren, welche auf alle Regionen im Landkreis verteilt sind, sind seit 2018 in einer eigenen Land- kreis-Radkarte dargestellt, die den Gemeinden und Einwoh- nern kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Das von den

100 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 101

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

beiden Abteilungen Nahverkehr und Tourismus im Amt für Wirtschaftsförderung zusammen mit den beteiligten Gemeinden 2017/18 entwickelte und finanzierte Angebot „B&R – E-Bike - B500“ hat durch die Onlinebuchbarkeit der mietbaren Pedelecs Pilotcharakter im Schwarzwald und passt hervorragend zu den beschilderten Radrundrouten. In keiner Region im Zuständigkeitsgebiet der Südbadenbus GmbH fahren so viele Freizeitbuslinien wie im Landkreis Waldshut. Die guten Kontakte zwischen dem Landkreis als Gesellschafter des Waldshuter Tarifverbunds wtv und der Südbadenbus GmbH als Hauptkonzessionär einerseits und die räumliche Nähe der beiden Abteilungen Nahverkehr und Tourismus im Amt für Wirtschaftsför- derung andererseits sind optimale Voraussetzungen für die jährliche Erstellung diverser Produkte im Bereich der Freizeitmobilität für Einheimische und Urlaubsgäste. Das bundesweit prämierte KONUS-Projekt des Schwarzwalds wird durch den Landkreis Waldshut dadurch optimal ergänzt. In Zusammenarbeit mit der Südbadenbus GmbH und den Abteilungen Nahverkehr und Tourismus beim Landratsamt erscheint jährlich ein attraktives Fahrplanheft für diese 12 Freizeitbuslinien

1. Wutach- und Gauchachschlucht 2. Schluchsee – Grafenhausen – Bonndorf 3. St. Blasierland – Äule – Schluchsee 4. Radbusse - St. Blasierland und Hotzenwald 5. Schluchtensteig Schwarzwald und Transfer Wehr – Stühlingen 6. Wandern mit dem Südbadenbus (nördlicher Landkreis) 7. Hochrhein - Hotzenwald – Hochschwarzwald 8. Hochrhein – Schlüchttal – Schluchsee – Höchenschwanderberg 9. Hochschwarzwald 10. Albsteig Schwarzwald und Wolfssteig 11. Hochschwarzwald Rundtouren 12. Freizeit- und Golfwelt Bad Säckingen

Grenzüberschreitender Tourismus

Traditionell wirkt der Landkreis in verschie- denen Kommissionen und Fachgremien entlang des Hochrheins bei der grenz- überschreitenden touristischen Zusammen- arbeit und der Umsetzung grenzüberschrei- tender Tourismusprojekte aktiv mit. Die EU-Außengrenze zur Schweiz stellt dabei immer wieder eine besondere Herausforde- rung bei der Förderung von Tourismus- maßnahmen und bei der Realisierung gemeinsamer grenzüberschreitender Pro- jekte dar. Ein über die Jahre gewachsenes hervorragendes Netzwerk und schlanke Strukturen ermöglichen eine effektive und sehr gute Kooperation über die politischen Grenzen hinweg. Im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit findet auf der Fachebene der Randenkommission bereits seit 20 Jahren jeweils eine jährliche Mitarbeiterschulung im

101 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 102

TOURISMUS IM LANDKREIS WALDSHUT

wechselnden Turnus der Mitgliederregionen statt, um das Fachwissen der Counterkräfte speziell im Destinationsbereich zu schulen. Aktuelle Kooperationsprojekte sind die beiden Tourenbücher 3Wel- tenRadweg und 3WeltenWandern und der Hochrhein-Flussführer für Kanufahrer.

Barrierefreier Tourismus

Der Landkreis-Tourismus hatte bereits vor 5 Jahren für dieses Urlaubssegment einen Schwerpunkt bei der Information und Schulung der Tourismusverantwortlichen der Gemeinden und bei Hoteliers und Gastronomen gesetzt. In der inzwischen aktualisierten Landkreisbroschüre „Ausflüge für Ge- nießer“ werden Angebote vorgestellt, die auch für mobilitätseingeschränkte Gäste und Einwohner des Landkreises geeignet sind. Das Thema wird ab 2019 wieder verstärkt in den Fokus der Touris- musarbeit des Landkreises rücken, nachdem die Schwarzwald Tourismus GmbH den Barrierefreien Tourismus inzwischen ebenfalls als wichtig und zukunftsweisend erachtet und hierfür eine Infor- mations- und Vertriebsplattform einrichten will.

Innenmarketing

Dreimal im Jahr organisiert die Abteilung Tourismus des Landratsamts Waldshut den sog. Praktiker- kreis Tourismus (PKT) als Fach- und Austauschgremium der Tourismusfachkräfte der Kreisgemeinden. Ziel der Veranstaltung ist die Information zu aktuellen Themen, Vorstellung von Zielgruppen- und Reiseanalysen und der Austausch über neue touristische Projekte in den jeweiligen Gemeinden. Der PKT ist gleichzeitig Katalysator für Beteiligungsmöglichkeiten im Rahmen des STG Marketings bei den Gemeinden und Leistungsträgern. Weitere Schwerpunkte des Innenmarketings sind Fachvorträge und Schulungen für Tourismusfachkräfte und Beherbergungsbetriebe, unter anderem im Bereich Digitalisierung im Tourismus, Service für den Gast und Präsentation des eigenen Angebots.

102 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 103

ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR

16.0 16.0 Öffentlicher Personennahverkehr; Schülerbeförderung; Erwachsenen-, Behindertenverkehr

16.1 Allgemeine Vorbemerkungen

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hat für die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Waldshut eine sehr große und weiter zunehmende Bedeutung.

Basierend auf den Erhebungen und Ergebnissen des vom Kreistag am 17. Mai 2006 beschlossen Nahverkehrsplanes, einschließlich seiner Ergänzungen (17. Juli 2013 und 22. Juli 2015), beschäftigt sich der Landkreis intensiv mit Fragen zur Verbesserung des ÖPNV.

Dabei setzt der Landkreis Waldshut im Zusammenhang mit der Realisierung von ÖPNV-Konzepten folgende Prioritäten:

• Ausbau und Elektrifizierung der Hochrheinbahn Basel-Erzingen im Schienenpersonennahver- kehr und den damit verbundenen Vorteilen durch neue, moderne und attraktive Fahrzeuge, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit beim zukünftigen IRE, umweltfreundliche, schnelle, attraktive, gut getaktete (1/2-Stunden-Takt) Erreichbarkeit und Vernetzung der mittleren und größeren Zentren unserer Region, Barrierefreiheit, Reduktion des CO²-Ausstoß (Luftreinhaltung und Klimaziele) und geringere Lärmemissionen, vollständige Integration in das landes- und landkreisgrenzüberschreitende Gesamtnetz (keine Dieselinsel), höhere Attraktivität der Region als Arbeits-, Wohn- und Tourismusstandort • Weitere Optimierung der Verknüpfung Schiene und Bus • Weitere Vertaktung des Busverkehrs • Weitere Optimierungen der Tarifangebote • Barrierefreiheit im ÖPNV • Weitere Angebote von flexiblen Mobilitätsangeboten und Freizeitverkehren.

Das Finanzvolumen in der Abteilung Nahverkehr beträgt rund 11 Mio. Einnahmen und rund 13 Mio. Ausgaben.

Am 6. September 2017 unter- zeichneten der Amtschef des Verkehrsministeriums Prof. Dr. Uwe Lahl, Landrat Dr. Martin Kistler und Prof. Dirk Rompf für die Deutsche Bahn im Beisein zahlreicher regio- naler Vertreter im Schlössle Laufen- burg die Vereinbarung über die Entwurfs- und Genehmigungs- planung zur Elektrifizierung der Hochrheinstrecke

103 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 104

ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR

16.2 Schienenverkehr

Wutachtalbahn (Waldshut – Wutachtal)

Auf der Wutachtalbahn gibt es an Schultagen vier tägliche Verbindungen von Waldshut nach Wutöschingen/ und zurück. Beliebt ist die Wutachtalbahn an den Sommer- Wochenenden als Freizeit-Shuttle zur histori- schen Sauschwänzlebahn oder als Fahrradzug. Über den Erhalt der Wutachtalbahn hinaus wird eine sanfte, positive Entwicklung – zum Beispiel mit einem Halt in Stühlingen – angestrebt. Ein entsprechender Antrag zur Prüfung einer verstärkten Reaktivierung wurde beim Land Baden- Württemberg gestellt.

Wehratalbahn (Bad Säckingen-Wehr-Schopfheim)

Die Wehratalbahn zwischen Schopfheim und Bad Säckingen ist stillgelegt. Eine Anmeldung zur Prüfung der Reaktivierung wurde beim Land Baden-Württemberg gestellt.

Dreiseenbahn (Seebrugg – Titisee – Freiburg)

Der Bahnhof Seebrugg ist im Liniennetz und in den Tarifzonen des Waldshuter Tarifverbundes, sodass dieser gut und günstig mit dem ÖPNV erreicht werden kann. Durch den Stundentakt ist die Dreiseenbahn Richtung Titisee und Freiburg vor allem bei der Bevölkerung und Touristen des nördlichen Landkreises sehr attraktiv.

Grenzüberschreitendes Eisenbahnnetz der Schweiz

Auf der elektrifizierten Eisenbahnstrecke Waldshut – Koblenz ist es möglich, ab dem Bahnhof Waldshut grundsätzlich im Halbstundentakt in/aus Richtung Baden (CH) oder in/aus Richtung Winterthur/Zurzach (teilweise Umstieg in Koblenz) zu fahren. Diese interessanten, grenz- überschreitenden Zugverbindungen nutzen immer mehr Berufspendler zu ihren Arbeitsorten in der Schweiz, Einkaufspendler aus der Schweiz nach Waldshut oder Freizeit-Touristen in beide Richtungen.

Auch die Gemeinden Lottstetten und Jestetten sind an die schweizerische Eisenbahnstrecke Zürich – Schaffhausen – Singen angebunden. Dadurch gibt es eine attraktive stündliche Verbindung in Richtung Zürich und stündliche – für Jestetten sogar halbstündliche – Verbindung in Richtung Singen.

16.3 Busverkehr und Barrierefreiheit

Im Busbereich konnten die Fahrplanverbesserungen aus den Vorjahren nahezu vollständig erhalten werden. In den letzten Jahren wurden die Fahrpläne intensiv, insbesondere an den Ferientagen und

104 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 105

ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR

an den Wochenenden, im Rahmen der neuen Fahrplankonzepte vertaktet. Darüber hinaus wurden attraktive Verknüpfungen Bus-Schiene/Bus-Bus an Knotenpunkten gestaltet.

Ein besonderer Hinweis gilt dem bestehenden Nachtbusangebot von Samstag auf Sonntag. Die Hauptachsen des ÖPNV entlang der Strecken Schopfheim – Bad Säckingen – Laufenburg – Waldshut – Tiengen – Lauchringen – Wutöschingen – Stühlingen haben mindestens eine Verbindung nach 0.00 Uhr. Auch auf anderen Achsen gibt es am Samstagabend aus den zentralen Orten Spätbusse nach 22 Uhr.

Das Thema Barrierefreiheit rückt weiter allgemein und angesichts des demographischen Wandels immer stärker in den Fokus des ÖPNV. Neben dem Ziel barrierefreier Bahnsteige und Züge werden auch im Busverkehr immer mehr Niederflurbusse eingesetzt und barrierefreie Haltestellen umgebaut. Die ersten fahrgaststarken Buslinien werden ausschließlich mit Niederflurbussen befahren. In den nächsten Jahren werden weitere Linien vollständig auf Niederflurbusse umgestellt.

Es genügt nicht die Busse barrierefrei zu machen, sondern auch die Bushaltestellen sind – soweit nicht schon erfolgt – entsprechend anzupassen. Hier benötigen wir die aktive Mithilfe der Gemeinden und bitten um diese.

16.4 Waldshuter Tarifverbund GmbH (WTV)

Die WTV-Geschäftsstelle ist zuständig für die Tarifbetreuung und -weiterentwicklung, die Pflege und Weiterentwicklung der Einnahme- aufteilung, die Verteilung der Fahrgelder, Tarifzuschüsse, und Ausgleichsleistungen (Volumen: ca. 16,6 Mio. Euro), die KONUS-Ab- rechnung, Verteilung der Gelder nach § 45 a Personenbeförderungsgesetz an die Verkehrsun- ternehmen, Konzeption und Durchführung des Marketing und die Kundenbetreuung (rund 14.650 Abo-Kunden, 4.050 Kunden mit Monats- karten und 3.400 Kunden mit Einzelfahrscheinen oder KONUS-Karte, Fahrplanauskünfte, Beratung, Mahnverfahren, etc.).

Der Landkreis leistet über den WTV an die Verkehrsunternehmen einen Ausgleich für einen einheitlichen und abgesenkten Tarif (ca. 3.500.000 Euro - Land BW zzgl. ca. 600.000 Euro). Es handelt sich dabei um keinen Zuschuss zum Verkehrsangebot (Bus- und Schienenleistungen), sondern zu einem attraktiven Tarif als Grundlage guter Fahrgastzahlen. Die WTV-Geschäftsstelle erhält einen Zuschuss in Höhe von 185.000 Euro - das Land BW beteiligt sich dabei mit dem gleichen Beitrag.

Durch die Unterstützung des Landkreises Waldshut und des Landes Baden-Württemberg ist es dem WTV möglich, sehr günstige und attraktive Tarife und Abo-Karten (z.B. WT-JOB-Ticket, WT-GOLD- Ticket etc.) anzubieten. Die Schülerinnen und Schüler (ab Klasse 5) bzw. deren Eltern haben somit nur geringe Eigenanteile in der Schülerbeförderung zu leisten.

105 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 106

ÖFFENTLICHER PERSONENNAHVERKEHR

Weiterhin setzt sich der WTV stetig für grenzüberschreitende Angebote mit den Nachbarverbünden ein. Hier gibt es z.B. das „fanta5“-Angebot und die Nachbarkarte. Es wird eine noch stärkere ver- bundübergreifende Zusammenarbeit angestrebt.

Die Feriengäste der KONUS-Gemeinden („kostenlose Nutzung der Nahverkehrsmittel für Schwarz- waldurlauber“) nutzen besonders die Busse und Züge zu schwächer frequentierten Zeiten am Wochenende, in der Ferienzeit und tagsüber. Es beteiligen sich 19 Gemeinden des Landkreises an KONUS. Besonders attraktiv und beliebt sind für die KONUS-Gäste die saisonalen Freizeitverkehre.

Durch eine Bündelung der Kräfte der Südbadenbus, Stadt/Tourismus, Stadtwerke/Stadtbus und Land- kreis wurde im Herbst 2018 in Bad Säckingen eine Mobilitätagentur eingerichtet, welche eine um- fassende Auskunft über Mobilitätsmöglichkeiten im Landkreis und darüber hinaus bietet. Bei der Realisierung der Mobilitätsagentur hat der Landkreis eine Anschubfinanzierung bei der Erstinvesti- tion geleistet, der WTV leistet jährliche Zuschüsse zu den laufenden Kosten.

16.5 Gute Fahrgastzahlen - Gründe

Werktäglich nutzen im Landkreis Waldshut durchschnittlich etwas mehr als 22.000 Menschen Bus und Bahn. Mit einer Anzahl von über 14.000.000 Fahrgästen/Jahr konnten im Landkreis im Jahr 2017 die höchsten jemals erreichten Fahrgastzahlen erreicht werden. Die Fahrgastzahlen von 2018 bewegen sich im ähnlichen Bereich, liegen aber abschließend noch nicht vor. Es wird in den kom- menden Jahren weiterhin, trotz des demographischen Wandels, eine positive Entwicklung angestrebt.

Diese positiven Fahrgastzahlen sind das Ergebnis eines jahrelangen, nachhaltigen Einsatzes aller Partner im Nahverkehr:

• Weichenstellungen des Kreistages mit der Verbundgründung, Verbundförderung und über den Nahverkehrsplan • Höhere Qualität bei den Fahrzeugen, insbesondere Bussen, z. B vollständige Niederflurigkeit auf Hauptachsen, optische und akustische Haltestellenansage, Klimaanlage • Genehmigungswettbewerb (es gibt im Landkreis Waldshut vier Linienbündel, die im Wettbewerb an das Unternehmen mit dem jeweils besten Angebot vergeben werden) • Aufbruch zu mehr Barrierefreiheit • Optimierung und Entwicklung des Fahrplanangebotes mit größtmöglicher Vertaktung • Neubürgermarketing in Kooperation mit allen 32 Gemeinden • Verstärkter Ausbau und Erneuerung von Bike&Ride- und Park&Ride-Anlagen • Günstiger Tarif mit nachfrageorientierter Tarifgestaltung, z.B. WT-JOB-Ticket, WT-GOLD-Ticket • Intensives Marketing nahe am Kunden bzw. den Kundengruppen z.B. Bus- und Automaten- schulungen, Teilnahme an Gewerbeschauen/Messen, Kooperation Gloria-Theater • Kooperationen mit „dem Tourismus“ z.B. Ausbau Freizeitverkehre, WTV- Info-Veranstaltungen • Aktionen mit Bus&Bahn zu Sonderveranstaltungen z.B. Hoorige Mess, Chilbi • Kommunikation und Zusammenarbeit bei der „vernetzen Mobilität“ einschließlich der „flexiblen Mobilitätsangeboten“ (Zuschuss durch den Landkreis Waldshut) • Zusammenarbeit mit den Gemeinden z.B. Infos in Mitteilungsblättern, Ausbau barrierefreier Haltestellen • etc.

106 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 107

SCHÜLERBEFÖRDERUNG

16.6 Schülerbeförderung; Erwachsenen Behindertenverkehr; Personenbeförderungsrecht

Die Veränderung der Schullandschaft (z.B. Gemeinschaftsschulen, Gymnasialzweig Wutöschingen, etc.) beschäftigt die Kreisverwaltung stetig. Die Verkehre müssen aufgrund dieser Veränderungen bei den Schülerströmen stetig angepasst werden. Primäres Ziel der Verwaltung ist es stets, Mehr- leistungen und Mehrkosten durch Anpassungen von Schulzeiten, Abstimmen von Schulzeiten zwi- schen verschiedenen Schulen und Schulträgern, angepasste Pausenregelungen, Einsparen von schwachen Fahrten, etc. zu vermeiden.

Auch bei den behinderten Schülerinnen und Schülern ist durch die Inklusion bzw. die Verlagerung auf zahlreiche dezentrale Schulstandorte eine enorme Veränderung der Schullandschaft zu ver- zeichnen. Auch hier sind stetige Anpassungen bei der Beförderung notwendig. In den Sonderfahrdiensten werden täglich ca. 350 Schülerinnen und Schüler und ca. 200 Erwachsene zu den Inklusionsschulen, sonderpädagogischen Bildungszentren und Behindertenwerkstätten be- fördert.

Die Schülerbeförderung hat ein Haushaltsvolumen von ca. 1.300.000 Euro, die Erwachsenen- Behindertenbeförderung von ca. 1.100.000 Euro.

Transporte zur Personenbeförderung – Taxi, Mietwagen, Linienbusverkehr, flexible Angebote – sind vom Landratsamt als Genehmigungsbehörde zu prüfen und genehmigen, um die Sicherheit der Fahr- gäste und den Ordnungsrahmen zu gewährleisten.

Einen wichtigen Aspekt bei den Taxen und Mietwagen ist eine positive Begleitung der Interessenten durch das Landratsamt, damit insbesondere in den ländlichen Gemeinden ein ausreichendes Angebot - auch im Hinblick auf die vernetzte Mobilität, den Tourismus und allgemein zur Mobilität - besteht.

Eine besondere Bedeutung haben die Genehmigungen im Linienbusverkehr im Rahmen der Linien- bündelung erhalten. Die Genehmigungsbehörde hat die Anträge über die Linienbündel im Rahmen des wettbewerblichen Verfahrens zu prüfen, die Anhörung durchzuführen und schlussendlich den Antrag mit dem besten Angebot zu genehmigen.

107 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 108

ORDNUNGSAMT

17.0 17.0 Ordnungsamt

17.1 Feuerwehr und Katastrophenschutz

Auch in den letzten vier Jahren hat sich das Ordnungsamt intensiv mit dem Thema Katastrophen- schutz befasst. Hierzu gehört die Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden in der Deutsch-Schwei- zerischen Kommission ebenso, wie die Teilnahme an nationalen und internationalen Notfallübungen.

Glücklicherweise blieb der Landkreis auch in den vergangenen Jahren von Großschadensereignissen bzw. Katastrophen verschont. Die Hochwasserereignisse mit Überflutungen und einem Erdrutsch im Raum St. Blasien im Januar 2018 haben zwar alle beteiligten Einsatzkräfte stark gefordert, Dank eines kurz zuvor in Dienst gestellten Hochwasserschutzsystems konnte aber im Stadtgebiet schlim- merer Schaden verhindert werden.

Der Landkreis Waldshut hat sich intensiv mit den bestehenden Katastrophenschutzplänen und deren Aktualisierung befasst. Insbesondere das Thema „Massenanfall von Verletzten“ war ein Aufgaben- schwerpunkt, der in der Verabschiedung eines neuen Einsatzkonzeptes seinen Abschluss fand. Darüber hinaus war und ist die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungs- und Führungsstab ein wich- tiges Thema.

Nachdem ein gutes Krisenmanagement auch eine entsprechende Ausrüstung voraussetzt, wurden durch den Landkreis in den vergangenen Jahren weitere Sondereinsatzfahrzeuge beschafft (Rüstwagen, Mehrzweck- und Rettungsboote, Hochwasserschutzsystem). Zwar sind grds. die Gemeinden für die örtliche Gefahrenabwehr zuständig, allerdings kann nicht jede Gemeinde sämt- liche für alle denkbaren Schadenslagen entsprechende Ressourcen vorhalten. Der Landkreis schließt für alle Gemeinden im Landkreisgebiet diese Lücke und hält Fahrzeuge und Gerätschaften vor, die in überörtlichen und besonderen Schadenslagen zum Einsatz kommen. Die Sondereinsatzfahrzeuge werden fachlich und personell leistungsfähigen Gemeinden zur Betreuung und zum Einsatz über- lassen und so stationiert, dass sie möglichst schnell im vorgesehenen Einsatzgebiet zum Einsatz gebracht werden können. Die überregionale Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung über Landkreis- und Landesgrenzen hinweg erlangt nach unserer täglichen Erfahrung immer größere Bedeutung.

108 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 109

ORDNUNGSAMT

17.2 Integrierte Leitstelle Waldshut

Im Jahr 2001 wurde die gemeinsam von DRK und Landratsamt betriebene Integrierte Leitstelle (ILS) in Betrieb genommen. In den Jahren 2014 bis 2016 wurden die umfangreichen kommunikations- technischen Einrichtungen der Integrierten Leitstelle (ILS) im laufenden Betrieb komplett erneuert (u.a. Telefonanlage, Einsatzleitrechner). Ebenfalls wurde die Leitstelle für den neuen digitalen Sprech- funk umgerüstet. DRK und Landkreis als gemeinsame Träger der Leitstelle haben somit frühzeitig alle erforderlichen Maßnahmen für eine technische Erneuerung der Leitstelle in die Wege geleitet. Die Leitstelle Waldshut ist damit technisch wieder gut aufgestellt und war als erste digitalfunkfähige Leitstelle in Baden-Württemberg sogar führend. Die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel erforderte eine mehrfache Behandlung des Themas in den Gremien (VFA, KT). Von Seiten des DRK waren die Kostenträger zu beteiligen.

Auch das im Landkreis vorhandene Alarmierungsnetz musste Zug um Zug erneuert werden. Das erfordert nicht nur in technischer und personeller Hinsicht erhebliche Anstrengungen. Mit der Erneuerung geht eine verbesserte Abdeckung, aber auch eine optimierte und schnellere Alarmierung der Einsatzkräfte einher.

17.3 Rettungsdienst

Die Sicherstellung einer guten rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung ist eine wichtige Aufgabe. Hierfür ist der Bereichsausschuss für den Rettungsdienst im Rettungsdienstbereich Wald- shut als Planungsorgan zuständig. Der Landkreis wirkt in diesem Gremium mit beratender Stimme mit. Das Landratsamt ist die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde über den Bereichsausschuss.

Der Rettungsdienst beschäftigt den Bereichsausschuss sowie das Landratsamt regelmäßig, da im Ländlichen Raum die sogenannte Hilfsfrist von 15 Minuten als Planungsgröße auf Grund der Topographie und der langen Anfahrten nicht einfach einzuhalten ist. Hinzu kommt die flächige Ver- teilung der Notfälle, sodass nicht konzentriert mit einem weiteren Rettungs- oder Notarztstandort ein Großteil an Notfällen entsprechend bedient werden kann. Mittlerweile kommt hinzu, dass, wie auch in anderen Bereichen, die personellen Ressourcen sehr eng sind, selbst dann wenn man sich entschieden hat, mehr zu besetzen, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Personal überhaupt dafür zur Verfügung steht.

Der Engpass bei den Notärzten ist schon länger bekannt, jüngst trifft dies auch den Bereich der Rettungsassistenten/Notfallsanitäter, bis diese am Markt entsprechend ausgebildet sind und dann hoffentlich nicht in lukrativere Bereiche (auch über den Rhein) abwandern.

Bereichsausschuss und Landratsamt sind ständig bemüht, durch Veränderungen den aktuellen Entwicklungen Rechnung zu tragen, jede Veränderung und Ausdehnung führt aber unweigerlich auch zu sehr hohen Kosten, die über die Kostenträger (Krankenkassen) bzw. die Versicherten zu bezahlen sind.

109 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 110

ORDNUNGSAMT

Mit den umliegenden Rettungshubschraubern in D und CH wird versucht, primär und ergänzend auszuhelfen, damit die Notfallversorgung gut aufgestellt ist. Mit dem zuständigen Land Baden- Württemberg, dem Innenministerium wird immer wieder diskutiert, ob und inwieweit ein eigener Rettungshubschrauber, stationiert im Landkreis Waldshut, helfen könnte, die Situation zu verbessern, da mit diesem Rettungsmittel eine sehr große Fläche abgedeckt werden kann, was angesichts der gestreuten Fallzahlen notwendig wäre. Hier müssen „dicke Bretter“ gebohrt werden, so einfach ist es nicht, da der bodengebundene Rettungsdienst nach dem Rettungsdienstgesetz grundsätzlich den Vorrang hat. Die Gesamtsituation muss gesehen und Randbedingungen, wie Nacht und Nebel, müssen einkalkuliert werden. Auch hier gilt: ständig dran zu bleiben und das Machbare aus dem Wünschenswerten herauszufiltern und zu Gunsten der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen.v

110 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 111

ABFALLWIRTSCHAFT

18.0 18.0 Abfallwirtschaft

18.1 Getrennte Erfassung von Bioabfällen gemäß Kreislaufwirtschafts-Gesetz

Nach Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zum 01.06.2012 und der darin normierten Pflicht zur getrennten Erfassung von Bioabfällen ab 01.01.2015 konstituierte der Landkreis Waldshut Ende 2012 aus den Reihen des Bau- und Umweltausschusses die Arbeitsgruppe Abfall. Diese befasste sich von 2012 bis 2016 umfassend mit allen Themen rund um die getrennte Erfassung biogener Abfälle und beriet den Bau- und Umweltausschuss und Kreistag bei der Beschlussfassung zur Einführung der Biotonne. Der Kreistag beschloss am 06.12.2016 die Einführung der getrennten Erfassung biogener Abfälle im Landkreis Waldshut mittels der Biotonne. Ganz besonderen Wert legte das Gremium auf die freiwil- lige Einführung der Biotonne und den Verzicht auf einen Anschluss- und Benutzungszwang. Außerdem werden für die Biotonne keine separaten Leerungsgebühren erhoben. Zur Minimierung der in den Biotonnen enthaltenen Störstoffe wird ein Detektionssystem eingeführt, welches bei jeder Leerung der Biotonnen den Inhalt auf unzulässige Stoffe detektiert. Nach einer Einführungs- phase werden Biotonnen, die Störstoffe enthalten, nicht mehr entleert und können dann nur noch gegen Gebühr geleert werden. Um die Geruchsentwicklung außerhalb der Biotonnen zu minimieren und einem Madenbefall vorzubeugen, wurden die Biotonnen mit einem Biofilterdeckel ausgestattet. Das im Deckel integrierte Filtersubstrat filtert effizient Gerüche aus der Biotonne. Eine am Deckel angebrachte umlaufende weiche Gummilippe verhindert zusammen mit dem Gewicht des Deckels ein Eindringen von Fliegen und beugt so einem Madenbefall vor.

Im Jahr 2017 wurden die Bioabfallverwertung, die Erstgestellung der Biotonnen sowie die Erfassung der Bioabfälle ab 2019 europaweit ausgeschrieben. Ab Ende 2017 wurde mit einer intensiven Me- dienarbeit begonnen, um die Bürgerinnen und Bürger über alle Themen rund um die Biotonne zu informieren. Als Werbe- und Sympathieträger wurde das Logo BEN – die Biotonne kreiert. Beworben wurde die Biotonne durch vier Info-Flyer an alle Haushalte, Info-Stände auf Wochenmärkten und Recyclinghöfen, bei der Nacht der Recyclinghöfe im Landkreis Waldshut am 21.06.2018, einen Messestand bei der Hochrheinmesse im Oktober 2018, durch Onlinewerbung, Werbeaufkleber auf Dienstfahrzeugen und vieles mehr. Ab Juni 2018 konnten die Biotonnen bestellt werden, nach anfänglich schwachem Auftakt, konnten bis Ende Oktober 2018 bereits 11.800 Bestellungen für Biotonnen entgegen genommen werden.

Die Verteilung der Biotonnen verlief in mehreren Verteilwellen. Vor Weihnachten 2018 konnte die zweite Verteilwelle abgeschlossen werden. Leider konnten aufgrund eines Lieferengpasses bei den Biotonnen nicht alle Bestellungen bedient werden. Ein Teil der im Jahr 2018 bestellten Biotonnen wurde daher erst Ende Januar 2019 ausgeliefert. Die Erstgestellung der Biotonnen dauerte bis Mai 2019 in weiteren Verteilwellen.

Ab Anfang 2019 wurde mit der Leerung der Biotonnen durch den Entsorger Kühl begonnen.

111 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 112

ABFALLWIRTSCHAFT

Biotonne Energie Nachhaltigkeit

18.2 Erfassung von Hartkunststoffen auf allen Recyclinghöfen des Landkreises Waldshut

Ab November 2014 startete der Landkreis Waldshut, Eigenbetrieb Abfallwirtschaft, einen Pilotver- such zur Erfassung von Gegenständen aus Hartkunststoff aus Haushalten. Im Rahmen dieses Pilotversuchs wurde zunächst auf der Kreismülldeponie Lachengraben bei Wehr und der Grünab- fallkompostierungsanlage in Küssaberg-Ettikon während der Öffnungszeiten Hartkunststoff kostenlos entgegengenommen. Die Pilotphase verlief sehr erfolgreich. Daher beschloss der Bau- und Umweltausschuss des Landkreises Waldshut, die Hartkunststofferfassung ab dem 01.08.2016 auf alle Recyclinghöfe des Landkreises Waldshut auszuweiten.

Gesammelt werden beispielsweise folgende Kunststoffgegenstände: Eimer, Kanister, Schalen, Wäschekörbe, Wannen, Blumentöpfe, Dosen, Gießkannen, Drainagegitter, Haushaltsartikel, Verschlüsse, Kleiderbügel und Kinderspielzeug ohne Elektrik. Nicht gesammelt werden Kfz-Kunststoffe, batteriebetriebenes Kinderspielzeug und Hartplastik- gegenstände aus dem Bausektor. Hierzu zählen Sanitärkunststoffe und Kunststoffe aus Elektro- installationen.

Die erfassten Hartkunststoffe werden durch die Vogt Plastic GmbH in Rheinfelden zu Kunststoffre- granulat verarbeitet. Dieses Granulat wird bei der Kunststoffproduktion als Rohstoff eingesetzt und senkt so den Erdölverbrauch. Damit erfüllt der Landkreis Waldshut die Vorgaben des Kreislaufwirt- schaftsgesetzes und die Kunden des Eigenbetriebes Abfallwirtschaft leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Ressourcenschutz.

Wurden im Jahr 2015 immerhin bereits 15,86 Tonnen Hartkunststoffe erfasst, stieg die erfasste Menge bis Ende 2017 auf 77,96 Tonnen pro Jahr an. Im Jahr 2018 wurden bis Oktober bereits rd. 86 Tonnen Hartkunststoffe erfasst.

18.3 Neukalkulation der Müllgebühren ab 01.01.2019

Wegen der Einführung der Biotonne und grundlegender Änderungen im Abfallwirtschaftskonzept des Landkreises Waldshut (Stichwort: Leerung der Restmüll- und Biotonnen im 14-tägigen Wechsel)

112 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 113

ABFALLWIRTSCHAFT

wurden die Müllgebühren zum 01.01.2019 neu kalkuliert. Die Jahresgrundgebühr stieg um durch- schnittlich 3,43 % und die Leerungsgebühren um durchschnittlich 4,63 %. Die Direktanliefer- gebühren auf der Deponie Lachengraben und dem Regionalen Annahmezentrum in Wutach- Münchingen stiegen um ca. 8,56 %. Angesichts erheblich gestiegener Kosten durch Neuaus- schreibung nahezu sämtlicher Entsorgungsleistungen und der Einführung der Biotonne zum 01.01.2019 handelt es sich hierbei um eine moderate Gebührensteigerung.

Da der Zeitraum der Gebührenkalkulation Ende 2020 ausläuft, wird die Müllgebühr für die Zeit ab 2021 neu kalkuliert werden.

18.4 Kreismülldeponie Lachengraben bei Wehr: Erschließung des neuen Betriebsabschnittes IV a

Aktuell ist auf der Kreismülldeponie Lachengraben der Betriebsabschnitt III in Betrieb. Dieser Ab- schnitt wird in ca. 2 Jahren (bis ca. 2020/2021) verfüllt sein. Der Landkreis Waldshut ist verpflichtet, in seinem Zuständigkeitsbereich die Entsorgungssicherheit zu gewährleisten.

Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurden daher in den Jahren 2016 und 2017 mögliche Erwei- terungsareale auf dem Gelände der Deponie Lachengraben auf ihre Eignung zur Deponierung von Abfällen der Deponieklasse 2 untersucht. Dabei stellte sich der Betriebsabschnitt IV a (BA IV a) mit einer Fläche von ca. 2,1 ha und einem voraussichtlichen Ablagerungsvolumen von ca. 350.000 m³ als geeignet heraus. Dieser BA liegt innerhalb der planfestgestellten Deponiegrenzen und liegt auf Gemarkung Schwörstadt.

Im Jahr 2017 wurden Erkundungsbohrungen auf dem Areal des BA IV a durchgeführt. Ein weiterer Grundwasserüberwachungspegel wurde errichtet. Das Gelände des BA IV a wurde artenschutz- rechtlich kartiert.

Nach Durchführung einer Bürgerinformationsveranstaltung in Schwörstadt, wurden im Jahr 2018 Rodungs- und Erdarbeiten im Erweiterungsabschnitt vorgenommen. Im weitern Verlauf wurden die abfallrechtlichen Genehmigungsunterlagen beim Regierungs- präsidium Freiburg eingereicht.

Mit einer Genehmigung wird bis Mitte 2019 gerechnet. Danach erfolgt die Ausschreibung für den Bau der Basisabdichtung und Entwässerung des Erweiterungsabschnitts. Das Auftragsvolumen hier- für wird auf ca. 4 Mio. Euro geschätzt. Mit einer Inbetriebnahme des BA IV a wird bis 2020 gerechnet.

113 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 114

ABFALLWIRTSCHAFT

Deponie Lachengraben, Betriebsabschnitt IV a (links oben) nach Durchführung der Erdarbeiten Ende 2018

18.5 Bau der neuen Biomüllumladestationen

Seit Einführung der Biotonne im Landkreis Waldshut Anfang 2019 wird der erfasste Bioabfall auf den Umladestationen der Deponie Lachengraben und des Regionalen Annahmezentrums in Wutach-Münchingen umgeschlagen und in die Bioabfallvergärung gefahren.

Die Umladestationen für Bioabfälle wurden nach Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von Ende Oktober 2018 im Dezember 2018 errichtet und gingen plangemäß in Betrieb.

Mit den Biomüllumladestationen verfolgt der Landkreis Waldshut ein innovatives Konzept, bei dem der erfasste Biomüll aus den Sammelfahrzeugen ohne Zwischenschritt direkt in bereitstehende Con- tainer umgeladen wird. Der so verladene Biomüll wird durch einen Subunternehmer des Bioabfall- verwerters Reterra bei den Umladestationen abgeholt und direkt in die Bioabfallvergärungsanlage nach Singen gefahren. Dabei ist stets sichergestellt, dass bei den Umladestationen eine ausreichende Anzahl an Wechselcontainern zur Verfügung steht.

114 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 115

ABFALLWIRTSCHAFT

Neue Biomüllumladerampe auf der Deponie Lachengraben

18.6 Nationale Klimaschutzinitiative; Deponien Lachengraben, Münchingen, Tiengen und Lottstetten

Der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft nimmt seit 2017 am Programm der Nationalen Klimaschutz- initiative (NKI) teil. Im Rahmen der NKI werden u.a. Maßnahmen auf Mülldeponien zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen finanziell bezuschusst. In einem ersten Schritt wurden im Jahr 2017 für die Deponiestandorte Lachengraben bei Wehr, Lottstetten, Tiengen und Wutach-Münchingen Potentialanalysen durchgeführt. Dabei wurden die Gaserfassungssysteme der Deponien, das derzeitige Gaspotential der Deponien und mögliche Einsparpotentiale untersucht. Die Ergebnisse der Potentialanalysen lagen Ende 2018 vor und werden aktuell ausgewertet. Aus den Ergebnissen sollen nun Optionen und Maßnahmen zur weiteren Reduzierung von klimaschädlichen Gasen abgeleitet werden. Im Herbst 2019 werden die Ergebnisse dem zuständigen Ausschuss des Landkreises Waldshut vorgestellt.

115 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 116

GESUNDHEIT

19.0 19.0 Gesundheit

In den letzten Jahren ist auch das Gesundheitsamt von dem allgemeinen Fachkräfte- und Ärzte- mangel nicht verschont geblieben, so dass einige freigewordene Stellen nicht nachbesetzt werden konnten. Dennoch ist es uns gelungen, wenigstens unseren Kernaufgaben nachzukommen. Umso erfreulicher ist es, dass die vakante, ärztliche Stelle in der Jugendzahnpflege zum Januar 2019 wieder besetzt werden konnte. Trotz Umstrukturierung der Arbeitsabläufe und der personellen Besetzung in der Abteilung für Jugendgesundheitspflege wird es im laufenden Jahr 2019 schwierig den gesetzlichen Auftrag bezüglich der geforderten Einschulungsuntersuchungen zu erfüllen. Nach wie vor ist es uns gelun- gen, die beiden Angebote zur anonymen HIV-Beratung und zu sexuell übertragbaren Krankheiten an den Standorten Waldshut und Bad Säckingen aufrechtzuerhalten. Lagen bisher die Tätigkeitsschwerpunkte des öffentlichen Gesundheitswesens auf amtsärztlichen Begutachtungen, dem Infektionsschutz, der Tuberkulosefürsorge, der Gesundheitsförderung und Prävention und den Schuleignungsuntersuchungen, haben sich spätestens seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention die Kernaufgaben eines Gesundheitsamtes wesentlich geändert. In den Vordergrund sind nach Einführung des öffentlichen Gesundheitsdienstgesetzes ÖGDG zum Dezember 2015 jetzt 3 Handlungsfelder getreten, denen zukünftig noch größere Bedeutung beige- messen werden soll:

1. Gesundheitsförderung und Prävention 2. Medizinische Versorgung 3. Pflege

Neben einem multimodalen Konzept übergeordneter Strukturen ( Gesetzgeber, Krankenkassen, kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammer ) stellt die kommunale Gesundheitskonferenz auf Land- kreisebene eine gute Option dar, gemeinsam im Dialog mit den Bürgern eine bedarfsgerechte Ver- sorgungsplanung und geeignete Aktivitäten zur Weiterentwicklung von Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung in allen Lebensphasen unter Einbeziehung von der Pflege und Rehabilitation zu verwirklichen.

Im Jahr 2015 wurde die Kommunale Gesundheitskonferenz im Landkreis Waldshut in institutiona- lisierter Form eingerichtet. Nachdem sich der Vorläufer der heutigen Gesundheitskonferenz in den Jahren 2012 bis 2015 immer wieder anlassbezogen einzelnen aufgeworfenen Fragen der Gesund- heitsförderung widmete, hat sich die Kommunale Gesundheitskonferenz nach einem entsprechenden Beschluss des Sozial- und Gesundheitsausschusses ab dem Jahr 2015 stetig weiterentwickelt und aufgebaut.

Die Kommunale Gesundheitskonferenz versteht sich seither als ein Zusammenschluss von verschie- denen Akteuren aus dem Gesundheitswesen, dem Bildungs- und Sozialbereich, der Kommunalpolitik und von Behörden. Den Vorsitz der Kommunalen Gesundheitskonferenz im Landkreis Waldshut führt Herr Landrat Dr. Martin Kistler. Im Jahr 2016 wurde eine Geschäftsstelle zur Koordination aller Projekte und Maßnahmen eingerichtet. Derzeit werden insbesondere die Themenbereiche „Ambu- lante medizinische Versorgung“ und „Gesundheitsförderung und Prävention“ behandelt. Gemeinsam mit den entsprechenden Akteuren vor Ort ist es das Ziel die kreisspezifischen Handlungsbedarfe der

116 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 117

GESUNDHEIT

jeweiligen Themenfelder zu ermitteln, lösungsorientierte Handlungsstrategien zu erarbeiten und diese mittels geeigneter Maßnahmen in die Praxis umzusetzen.

19.1 Ambulante medizinische Versorgung

Der vielseits beschriebene und diskutierte Ärztemangel in ländlichen Gebieten zeichnet sich auch im Landkreis Waldshut ab. Aufgrund der Aktualität und Brisanz dieses Themas widmet sich der Landkreis Waldshut dieser nicht originären Aufgabe und möchte gemeinsam mit den Verantwort- lichen Wege finden, eine gute medizinische Versorgung im Landkreis auch in Zukunft zu sichern.

Projektstudie zur ambulanten medizinischen Versorgung Als ersten Schritt beauftragte der Landkreis Waldshut – nach einem entsprechenden Kreistagsbe- schluss im Frühjahr 2016 – Experten der Universitätskliniken Tübingen und Lübeck mit der Durch- führung einer wissenschaftlichen Projektstudie. Ziel dieser Studie war es, die derzeitige und künftige medizinische Versorgungssituation vor Ort zu analysieren und kreisspezifische Handlungsempfeh- lungen zur Sicherung der Versorgung zu formulieren. Neben der Analyse der Versorgung durch eine Befragung aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Landkreis, war ein weiterer Studien- schwerpunkt die Erhebung der Bedürfnisse der Kreisbewohnerinnen und -bewohner sowie die Identifizierung geeigneter Standorte für künftige medizinische Versorgungseinrichtungen. Nachdem die ersten Ergebnisse der Projektstudie im Herbst 2017 vorlagen, wurden diese mit der hiesigen Ärzteschaft sowie Vertretern der Kommunalpolitik im Rahmen von Workshops eingehend diskutiert, um gemeinsam praxisorientierte Handlungsempfehlungen auszuarbeiten. Die Projektstudienergeb- nisse mit den Handlungsempfehlungen sind auf der Homepage des Landkreises einsehbar.

Die Handlungsempfehlungen, die sich an die Ärzteschaft, die Kommunen, den Landkreis und die Kassenärztliche Vereinigung richten, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

- Stärkung der Kooperation und Vernetzung in verschiedenen Bereichen - Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen für junge/neue Mediziner/-innen - Gemeinsame aktive Nachwuchssuche - Stärkung regionaler Weiterbildungsmöglichkeiten

Umsetzung der Handlungsempfehlungen Nach der Priorisierung durch den Lenkungskreis der Kommunalen Gesundheitskonferenz, wird nun Schritt für Schritt an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen gearbeitet. Bisher konnten folgende Maßnahmen/Projekte angegangen bzw. umgesetzt werden:

- Nachwuchssuche, -gewinnung und -förderung Gemeinsam mit den Spitälern Hochrhein GmbH hat der Landkreis Waldshut im Jahr 2018 den Land- tag der Verbundweiterbildung plus durchgeführt. Hierbei wurde Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern in Weiterbildung der Landkreis und seine medizinischen Einrichtungen vor- gestellt. Darüber hinaus ist für das Jahr 2019 eine Imagekampagne zur Gewinnung von Ärzten und medizinischem Fachpersonal in Planung. Hierbei sollen Interessierte über die Vorzüge einer Tätigkeit im Landkreis Waldshut informiert werden. Die Kampagne soll vorwiegend online getragen sein. Über zielgruppenspezifische Werbekanäle sollen die Mediziner auf die Kampagne aufmerksam gemacht werden.

117 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 118

GESUNDHEIT

Gerade im frauenärztlichen und geburtshilflichen Bereich zeichnen sich künftig Lücken bei der Versorgung ab. Aus diesem Grund wurde ein „Runder Tisch Geburtshilfe“ auf Kreisebene ins Leben gerufen, um mit den beteiligten Berufsgruppen praxisorientiert an zukunftsfähigen Lösungen zu arbeiten. Ein zentrales Ergebnis war dabei die Idee der Hebammenförderung, bei der angehende Hebammen aus dem Landkreis Waldshut eine finanzielle Unterstützung in Form eines Fahrtengeld- und Bücherzuschusses erhalten. Ziel ist es, dass die Auszubildenden – trotz der Tatsache, dass die Ausbildung u.a. in Freiburg oder Villingen-Schwenningen stattfindet – die Verbindung zum Landkreis Waldshut aufrechterhalten und zur Berufsausübung hierher zurückkommen. Die Hebammenförderung konnte mithilfe eines entsprechenden Beschlusses des Sozial- und Gesund- heitsausschusses realisiert werden. Und da die erste Förderausschreibung auf sehr große Resonanz gestoßen ist, konnte das Projekt für ab dem Jahr 2019 zudem auf acht Förderungen pro Jahr erweitert werden.

- Stärkung der Vernetzung und Kooperationen Bisher überwiegt der Anteil der Einzelpraxen im Landkreis Waldshut. Um attraktive Arbeitsbe- dingungen für Nachwuchs zu schaffen, wird die Zukunft jedoch in Gemeinschaftspraxen und Kooperationsmodellen gesehen. Um die Ärzteschaft in einem ersten Schritt einander näher zu bringen, wurde im Herbst 2018 eine Vernetzungsveranstaltung in Form einer gemeinsamen Wandertour angeboten. Die sehr gute Resonanz der Ärzteschaft zeigte den Bedarf auch künftig solche Veranstaltungen anzubieten. Eine zentrale Handlungsempfehlung der Projektstudie ist die kommunenübergreifende Planung und Vernetzung im medizinischen Bereich. Aus diesem Grund wurde in Kooperation mit der Stadt St. Blasien im Nordwesten des Landkreises eine regionale Gesundheitskonferenz initiiert, bei der Akteure aus insgesamt 7 Kommunen beteiligt waren. Gemeinsam wird künftig nun an den ortsspezifischen Themen „Sicherstellung der radiologischen Versorgung vor Ort“, „Einrichtung eines Ärztehauses“ und „Verstärkte, interdisziplinäre Kooperation“ gearbeitet.

19.2 Kommunale Gesundheitsförderung und Prävention

Neben der Sicherung der ambulanten medizinischen Versorgung wird es im Rahmen der kommu- nalen Gesundheitskonferenz als wichtig erachtet, gesundheitsfördernde Lebenswelten zu schaffen und zu erhalten. Dadurch sollen chronische Erkrankungen möglichst lange verhindert und für eine hohe Lebensqualität der Menschen gesorgt werden. Da Gesundheit laut der Weltgesundheits- organisation dort entsteht, wo die Menschen leben, wohnen und arbeiten, setzt die Kommunale Gesundheitskonferenz beim Themenfeld „Gesundheitsförderung und Prävention“ direkt in den Kommunen vor Ort an.

Im Rahmen des Projekts „Gesunde Kommunen im Landkreis Waldshut“ arbeitet die Geschäftsstelle der Kommunalen Gesundheitskonferenz zusammen mit interessierten Kommunen daran, der Bevölkerung bestmögliche Bedingungen für ihre Gesunderhaltung zur Verfügung zu stellen. Die Arbeit wird an den jeweiligen individuellen Voraussetzungen und Bedürfnissen einer Kommune ausgerichtet. Folglich liegen die Schwerpunkte in den einzelnen Kommunen stets auf anderen Themenbereichen.

118 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 119

GESUNDHEIT

19.3 KISS – Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe im Landkreis Waldshut

Mit dem Beschluss des Sozial- und Gesundheitsausschusses vom März 2017 wurde die Selbsthilfe- kontaktstelle von der AOK Hochrhein-Bodensee übernommen und mit einer Sozialarbeiterin besetzt. Im Juli 2017 hat die KISS ihre Arbeit aufgenommen und betreut seitdem die ca. 70 Selbsthilfe- gruppen im Landkreis Waldshut.

Das Angebot der KISS: - Information für Personen, die mehr über Selbsthilfe erfahren möchten. - Beratung bei der Suche nach einer Gruppe - Hilfe bei der Gründung von neuen Selbsthilfegruppen - Unterstützung für bestehende Gruppen - Information über finanzielle Fördermöglichkeiten - Zusammenarbeit mit Fachleuten, Einrichtungen und Institutionen - Pflege einer umfangreichen Datenbank: www.selbsthilfe-waldshut.de

119 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 120

VETERINÄRWESEN UND LEBENSMITTELÜBERWACHUNG

20.0 20.0 Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung

Das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung hat seine wesentlichen Arbeits- bereiche im Bereich der Lebensmittelüberwachung, Fleischhygiene, Tierschutz, Tiergesundheit und Tierseuchenbekämpfung. Dies geschieht unter anderem durch Kontrollen, Untersuchungen, Probe- nahmen, Beratungen und Gutachten, die auf der Grundlage rechtlicher Bestimmungen als Pflichtaufgaben wahrgenommen werden. Die aktuellen Erfordernisse des Verbraucherschutzes, der Tiergesundheit, der Tierseuchenlage und des Tierschutzes bestimmen zudem im starken Maß das Tagesgeschäft.

20.1 Lebensmittelüberwachung

Die Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, die Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren, Irreführung und Täuschung zu schützen. Dies umfasst vor allem Kontrollen und Probe- nahmen in Betrieben, die Lebensmittel herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen. Aber auch die Herstellung, Behandlung und das in Verkehr bringen von kosmetische Mitteln, Bedarfsgegen- ständen mit Lebensmittelkontakt und Tabakerzeugnissen unterliegen der Aufsicht der Lebensmit- telüberwachung. Neben den planmäßig risikoorientierten Betriebskontrollen werden zusätzlich außerplanmäßige Kontrollen, vor allem Beschwerdekontrollen von Verbrauchern und Nachkontrollen durchgeführt. Beanstandungen resultieren überwiegend aus Mängeln in der Betriebs- und Arbeitshygiene, bauli- chen Mängeln und Verstößen gegen Vorschriften zur Kennzeichnung von Produkten. Überwiegend handelt es sich bei den Beanstandungen um geringfügige Mängel, die durch eine Fristsetzung zur Beseitigung vom Lebensmittelunternehmer behoben werden.

Proben aus den oben genannten Überwachungsbereichen werden nach einem risikoorientierten Probenplan gezogen und zur Untersuchung an die zuständigen Landeslabore gesandt. Daneben werden auch Verdachtsproben und Proben aufgrund von Verbraucherbeschwerden zur Unter- suchung gebracht. Bei den Verstößen handelt es sich zum größten Teil um Verstöße im Zusammen- hang mit der Kennzeichnung und Aufmachung von Erzeugnissen. Verdorbene und verunreinigte Lebensmittel werden weniger häufig gefunden, dass eine Gesundheitsgefahr durch ein Lebensmittel ausgeht ist sehr selten.

Meldungen im Europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel, Bedarfsgegenstände und kosme- tische Mittel erfordern die Überprüfung und Einhaltung von Rückrufaktionen sowie die Ermittlung zu den Vertriebswegen.

120 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 121

VETERINÄRWESEN UND LEBENSMITTELÜBERWACHUNG

20.2 Tierschutz

Tierschutz und Tierhaltung stehen zunehmend im In- teresse der Öffentlichkeit, nicht zuletzt bedingt durch entsprechende mediale Berichterstattung und Diskussionen in den sozialen Medien. Die Akzeptanz der Nutztierhaltung wird durch diese Berichterstat- tung in der Gesellschaft zunehmend in Frage ge- stellt. Tierwohl, basierend auf dem Tierschutz, einer guten Tiergesundheit und guten Haltungsstandards sind unverzichtbar. Allerdings ist der Spagat zwi- schen den Anforderungen an das Tierwohl und einer wirtschaftlich tragbaren Landwirtschaft oft schwer zu bewältigen, solange der Verbraucher nicht bereit ist, dies entsprechend finanziell wertzuschätzen. Bezüglich der oft ins Feld geführten Massentierhaltung ist anzumerken, dass die Größe eines Tierbestandes und Betriebes nicht mit weniger Tierwohl verbunden sein muss. Tierwohl hängt vielmehr maßgeblich vom Betriebsmanage- ment und der Einhaltung von guten Tierwohlstandards und einer guten Tiergesundheit ab und hier sind alle landwirtschaftlichen Betriebe gleichermaßen gefordert. Im Bereich der Schweinehaltung, die im Landkreis aber nur eine verhältnismäßig kleine Rolle spielt, kommen auf die Landwirte Veränderungen zu, die wahrscheinlich zu weiteren Betriebsaufgaben in diesem Bereich führen werden. Zu nennen ist hier das Verbot der Kastration männlicher Ferkel ohne Narkose, das Kupierverbot der Schwänze und die Neuregelungen der Kastenstandhaltung bei den Sauen. Bürgerbeschwerden hinsichtlich des Tierschutzes beziehen sich in etwa zu gleichen Teilen auf den Heimtiersektor und auf den landwirtschaftlichen Sektor. Die Verstöße gegen das Tierschutzrecht reichen von Ermahnungen bis hin zur Wegnahme von Tieren mit entsprechenden Ordnungswidrig- keits- und Strafverfahren.

20.3 Tiergesundheit/Tierseuchenbekämpfung

Die Tierseuchenbekämpfung wird seit einigen Jahren durch den immer stärker werdenden interna- tionalen Handelsverkehr und durch Reiseaktivitäten, aber auch durch die Klimaerwärmung, vor große Herausforderungen gestellt. Früher als „exotisch“ angesehene Tierseuchen wie beispielsweise die Afrikanische Schweinepest, die Blauzungenkrankheit, Schmallenbergvirus-Infektion, Koi-Herpes- Virus-Infektion, West-Nil-Virus-Infektion gewinnen immer mehr an Bedeutung. Wegen der Gefahr eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen werden Vorbereitungen getroffen, um im Schadensfall die Seuche bei den Wildschweinen schnell eingrenzen zu können. Diese Aufgabe ist deutlich schwieriger als ein eventueller Ausbruch im Hausschweinebestand und erfordert eine Zusammenarbeit zahlreicher Stellen, insbesondere mit der Jägerschaft. Daneben gilt es weiterhin, auch die bisher „heimischen“ Tierkrankheiten zu verhindern, bzw. schnell zu erkennen, um gesundheitliche Gefahren von den Tieren, als auch im Falle von Zoonosen, von den Menschen abwenden zu können.

121 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 122

LANDWIRTSCHAFTSAMT

21.0 21.0 Landwirtschaftsamt

Zu den Aufgaben der unteren Landwirtschaftsbehörde gehört auch die Koordination der Landesinitiative „Bewusste Kinderer- nährung“ mit dem Logo der „Lachenden Birne“. Programminfos erhält man hier: www.beki-bw.de Die Landesinitiative ist finanziell und organisatorisch beim Mi- nisterium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg (kurz: MLR) angesiedelt. Die Umsetzung auf Landkreisebene geschieht durch die BeKi-Koordinatorin im Landwirtschaftsamt sowie freiberufliche Honorarkräfte, die im Namen des MLR tätig sind.

Schwerpunkte der Arbeit sind: • Fortbildung von Erzieherinnen • Zertifizierung von Kindertageseinrichtungen • Elterninformationen zum Essen und Trinken für Kinder • Unterricht in den Klassen 1-6

Im Landkreis Waldshut stellt sich die Situation wie folgt dar: Der Fortbildungsbedarf beim pädagogischen Personal wird von mehreren Seiten bestätigt. Nachfrage und Teilnehmerzahlen bestätigen dies ebenso. Die Zertifizierungen haben zugenommen, da es zwischenzeitlich für berufstätige Eltern zu einem Qualitätskriterium geworden ist, wenn es um die Auswahl einer Kita geht. Weil gesundes Essen und Trinken letztendlich aber Elternaufgabe bleibt, müssen Eltern immer stärker informiert werden, da sie von ihrer eigenen Biographie her diesbezüglich oft recht wenig mitbringen. Gleiches gilt für Schüler in den Klassen 1-6.

Was wird ebenfalls vom MLR gefördert? Zur weiteren Stärkung der Alltagskompetenzen von Grundschülern wurde jede Grundschule vom MLR mit dem Medienpaket „Ernährungsführerschein“ ausgestattet. Zusätzlich wird in jedem Landkreis eine Lehrer-Fortbildung zum Thema angeboten.

Über das EU-Schulprogramm wird der Bezug von Obst, Gemüse, Milch und Milchprodukten in der Schule oder Kita gefördert. Die EU übernimmt 50%, das Land zwischen 25 und 35%, je nach Produkt. Den Rest finanziert der Abnehmer. Z. Zt. nehmen im Landkreis 24 Kitas und 17 Grundschulen am Programmteil Obst/Gemüse teil, 8 weitere am Teil „Milch“. Die Programm- Abwicklung erfolgt über das Regierungspräsidium Tübingen. Das Landwirtschaftsamt setzt sich bei den Einrichtungen für eine verstärkte Teilnahme ein. Weitere Infos zum Programm: www.schulfrucht-mlrbw.de

Fachschule für Landwirtschaft

Besonders der Ausbildung im Bereich der Landwirtschaft muss verstärkt Beachtung geschenkt wer- den, wenn auch künftig landwirtschaftliche Betriebe die Flächen bewirtschaften sollen. Die Fachschule für Landwirtschaft in Teilzeitform, deren Träger der Landkreis ist, verfolgt das Ziel, Neben- und Zuerwerbslandwirten fachliches Grundlagenwissen für die Bewirtschaftung ihres land-

122 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 123

LANDWIRTSCHAFTSAMT

wirtschaftlichen Betriebes zu vermitteln. Gerade bei einem so hohen Nebenerwerbsanteil wie im Landkreis Waldshut ist es wichtig, hier einen Beitrag zur ökonomisch sinnvollen und ökologisch aus- gerichteten Landbewirtschaftung zu leisten. Den Unterricht erteilen die Kollegen des höheren Diens- tes beim Landwirtschaftsamt. Derzeit besuchen 25 Studierende das zweite Winterhalbjahr und werden im April 2019 mit der Abschlussprüfung ihre Ausbildung abschließen. Nähere Informationen zur Fachschule für Landwirtschaft finden Sie unter: http://waldshut.landwirtschaftsverwaltung-bw.de

Landbewirtschaftung durch Schweizer Landwirte

Die Grenznähe zur Schweiz hat Einfluss auf den Grundstücksmarkt von landwirtschaftlichen Flächen. Nach wie vor ist es für Schweizer Landwirte attraktiv, grenznahe Flächen zu pachten bzw. zu erwerben, da sie die Bodenerzeugnisse zollfrei in die Schweiz einführen können und dort mindestens doppelt so hohe Erzeugerpreise bekommen wie eine deutscher Landwirt, der in der Region vermark- ten muss. Insgesamt werden im Landkreis Waldshut ca. weit über 1.000 ha landwirtschaftliche Fläche durch Schweizer Landwirte bewirtschaftet; davon sind ca. 600 ha im Eigentum der Schweizer. Die aktuellen Entwicklungen zeigen die nachfolgenden Tabellen auf:

123 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 124

LANDWIRTSCHAFTSAMT

Kauf landwirtschaftlicher Flächen durch Schweizer Landwirte in ha 2014 2015 2016 2017 2018* 18,14 21,94 19,46 8,83 6,00 * bis einschl. 3. Quartal

Landpacht durch Schweizer Landwirte in ha 2014 2015 2016 2017 2018* 68,15 17,29 32,12 50,64 27,00 * bis einschl. 3. Quartal

124 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 125

KULTUR

22.0 22.0 Kultur

22.1 Allgemeines

Der Landkreis Waldshut zeichnet sich durch die Weiträumigkeit seines Gebietes aus. Dies drückt sich auch in seiner kulturellen Vielfalt aus. Viele kommunale Kultureinrichtungen bieten ein abwechs- lungsreiches Programm für die Bürgerinnen und Bürger. Der Kreis engagiert sich auf verschiedenste Weise in der Kulturarbeit, durch konkrete Förderung, aber auch mit einem eigenen, ambitionierten Kulturangebot.

22.2 Kulturzentrum Schloss Bonndorf

In den Mauern des Bonndorfer Renaissanceschlosses betreibt der Landkreis Waldshut seit Ende der 1970er Jahre ein Kulturzentrum. Hier finden Ausstellungen, Konzerte und literarische Veranstaltungen statt. Die Veranstaltungsreihe hat sich einen Ruf über die Kreisgrenzen hinaus erworben.

Die Ausstellungen des Kreises konnten sich in der baden-württembergischen Kunstlandschaft gut positionieren. Schloss Bonndorf hat in den letzten Jahren nicht nur der Klassischen Moderne, sondern auch der zeitgenössischen Kunst Beachtung geschenkt. In der jüngsten Vergangenheit wurden u.a. Werke von Ralph Fleck, Thomas Kitzinger, Rudolf Schlichter, Kurt Weinhold und Joseas R. Helmes gezeigt. Von den großformatigen foto- realistischen Gemälden des in Brandenburg lebenden Helmes, die 2018 präsentiert wurden, waren die Ausstellungsbesucher beeindruckt.

Im Festsaal des Schlosse erklingt klassische Musik. Die Reihe der Bonndorfer Schlosskonzerte findet große Resonanz, mehr als 90 Prozent der Plätze sind aktuell durch Abonnements belegt. Jährlich stehen sechs bis acht Konzerte mit namhaften Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland auf dem Programm; sehr bewusst wird dabei auch der Nachwuchs gefördert. So finden etwa Jahr für Jahr Preisträgerkonzerte der Volksbank Hochrhein Stiftung statt. In den letzten Jahren waren u.a. das Mandelring Quartett, das französische Ensemble Quatuor Ebène, das Quarteto Casals, die Pianistin Angela Hewitt und das Trio Wanderer im Schloss zu Gast.

Auch der Jazz hat seinen Platz im Programm. Seit nun zehn Jahren laden das Kulturamt des Landkreises Waldshut und die Sedus Stoll AG hochkarätige Musiker aus der internationalen Jazz-Szene in das Werk Dogern ein. Im Jubiläumsjahr 2018 standen der Startrompeter Till Brönner und der Kontrabassist Dieter Ilg auf der Sedus-Bühne.

Lesungen und Vorträge locken regelmäßig zahlreiche Besucherinnen und Besucher ins Schloss. In den letzten Jahren waren die Autoren Peter Bichsel, Navid Kermani, Adolf Muschg und Arnold Stadler zu Gast. In Erinnerung an Lord Ralf Dahrendorf, dem wohl bekanntesten Bürger Bonndorfs, findet einmal im Jahr eine „Dahrendorf-Lecture“ statt. In diesem Rahmen referierte im Frühling 2018 der

125 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 126

KULTUR

Lebensphilosoph und Bestseller-Autor Wilhelm Schmid. Seit vielen Jahren gastieren auch die Lite- raturstipendiaten des Landes Baden Württemberg in Bonndorf. Dank der Unterstützung zahlreicher Sponsoren und Gönner kann jährlich ein hochkarätiges Pro- gramm zusammengestellt werden.

Fotografiert oder gemalt? Die großformatigen Arbeiten von Joseas R. Helmes zogen 2018 zahlreiche Besucherinnen und Besucher in Schloss Bonndorf in ihren Bann.

Die Zukunft der Kulturstätte Schloss Bonndorf ist im Dezember 2018 auf eine neue Basis gestellt worden. Die Stadt Bonndorf, der Landkreis Waldshut und das Land Baden-Württemberg haben einen Nutzungsvertrag für das Schloss unterzeichnet, der dem Kreis eine 25-jährige mietfreie Nutzung eines Teils des Gebäudes zusichert.

22.3 Volkskundemuseum Hüsli

Ein Besuchermagnet unter den Museen des Landkreises ist das Volkskundemuseum Hüsli . Das 1911/12 von Helene Siegfried, einer Berliner Konzertsängerin, in Grafenhausen-Rothaus erbaute „HÜSLI“ wurde bis in Jahr 1966 als Wohnhaus genutzt; 1968 konnte es als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Seither ist es ein beliebtes Ausflugsziele für Urlauber und Einheimische, Familien und Schulklassen. So besuchten im vergangenen Jahr ca. 19.000 Perso- nen das Museum.

Besonders voll waren die Hüsli-Stuben am ersten Oktober-Wochenende 2018, an dem das Museum sein 50-jähriges Bestehen feiern konnte. Auf dem Programm standen Führungen und Veranstaltungen mit Mountainbike-Olympiasiegerin Sabine Spitz, Landrat Dr. Martin Kistler, der parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter, dem Bundestags- abgeordneten Felix Schreiner sowie Grafenhausens Bürgermeister Christian Behringer. Zehn

126 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 127

KULTUR

Landfrauengruppen stellten sich einem Kuchenwettbewerb, aus dem die Landfrauen aus Lottstetten als Siegerinnen hervorgingen.

Das Hüsli konnte sein 50-jähriges Bestehen als Museum u.a. mit einem Kuchenwettbewerb feiern, aus dem die Landfrauen aus Lottstetten als Siegerinnen hervorgingen.

22.4 Museum St. Blasien

Ein Kleinod der regionalen Geschichte ist das Kreismuseum in St. Blasien. Das Museum hat viel zu bieten. Die Gegenwart und die Vergangenheit der Raumschaft werden beleuchtet, die Geschichte der ehemaligen Benediktiner-Abtei St. Blasien wird ausführlich präsentiert, und auch große Künstler, die in der Region tätig waren bzw. aus ihr stammen, finden gebührende Beachtung, Hans Thoma beispielsweise oder die Fürstenmaler Franz Xaver und Hermann Fidel Winterhalter.

Im Jahr 2002 wurde eine Galerie für Wechselausstellungen im Museum installiert. Dort wurden die Maler und Zeichner Adolf Hildenbrand, Paul Klahn, Kolibri sowie der Schriftsteller und Maler Heinrich Ernst Kromer präsentiert. 2018 fand eine ergänzende Foto-Ausstellung zu den St. Blasier Domfestspielen statt.

127 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 128

KULTUR

22.5 Gipsmühle in Stühlingen-Blumegg

Die denkmalpflegerische Bedeutung der Gipsmühle in Stühlingen-Blumegg liegt insbesondere in ihrer einmaligen Mühlentechnik. Der Antrieb über drei Wasserräder setzt im Inneren der Mühle einen komplizierten technischen Mechanismus in Gang, der fünf verschiedene Verarbeitungsprozesse gleichzeitig ausführen kann. Dank der kulturhistorischen Bedeutung der Mühle wurde die Restau- rierung des Objekts mit einem hohen Zuschuss des Landesdenkmalamtes Stuttgart und einer zu- sätzlichen Unterstützung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (Bonn) gefördert. Das Mühlenmuseum wird von vielen Ehrenamtlichen mit Herzblut gepflegt.

22.6 Förderung anderer Träger

Die Kreisverwaltung ist im kulturellen Bereich auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Orten aktiv. Sie arbeitet mit den Städten und Gemeinden zusammen, sie verwaltet Künstlernachlässe (Adolf Hildenbrand, Heinrich Ernst Kromer, Paul Klahn, Dr. Inge Freytag u. a.), macht sie der Öffentlichkeit zugänglich und kooperiert mit verschiedenen Kulturträgern. Das Kulturamt des Landkreises berät sowohl Städte und Gemeinden als auch freie Kulturträger und unterstützt und fördert sie. Außerdem ist das Kulturamt in der Arbeitsgruppe Kultur der Randenkommission (Kanton Schaffhausen, Landkreis Konstanz, Schwarzwald-Baar-Kreis und Landkreis Waldshut) vertreten.

22.7 Weiterbildung

Die drei großen kommunalen Volkshochschulen Bad Säckingen, Waldshut-Tiengen und Wehr prägen zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Volkshochschulen im Landkreis Waldshut (elf kleine selbständige Einrichtungen) maßgeblich das Weiterbildungsangebot im Landkreis. Die Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Volkshochschulen im Landkreis Waldshut ist seit ihrer Gründung 1987 beim Landratsamt angesiedelt. Das Bildungsangebot wird ergänzt durch die katho- lischen Bildungswerke und die evangelische Arbeitsgemeinschaft für Bildung, die in verschiedenen Orten des Landkreises tätig sind. Ein weiterer wichtiger Träger der Weiterbildung ist das Bildungs- und Sozialwerk des Landfrauenverbandes Südbaden. Zuschüsse gewährt der Landkreis nur noch den konfessionellen Bildungswerken (Kath. Bildungswerke 6.080 Euro, Evang. Arbeitsgemeinschaft für Bildung 1.075 Euro) und dem Bildungs- und Sozialwerk der Landfrauen (2.145 Euro).

Beim Landratsamt wird die Geschäftsstelle des Kreiskuratoriums für Weiterbildung geführt. Das Kreiskuratorium ist der Dachverband aller Erwachsenenbildungseinrichtungen im Landkreis, es ist Plattform für Begegnungen und Gespräche aller Weiterbildungseinrichtungen, die im Landkreis tätig sind.

22.8 Jugendmusikschulen

Der Landkreis Waldshut trägt eine musikalische Note. So gibt es hier zwei Musikschuleinrichtungen: die Musikschule Hochrhein / Südlicher Schwarzwald mit Sitz in Waldshut-Tiengen und die Jugendmusikschule Bad Säckingen. Beide Einrichtungen sind Zweckverbände; die nicht gedeckten Kosten tragen die beteiligten Gemeinden zusammen mit dem Landkreis. Der Zuschuss des

128 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:50 Seite 129

KULTUR

Landkreises für die Musikschule Südschwarzwald betrug im Jahr 2018 446.000 Euro und für die Jugendmusikschule Bad Säckingen 195.000 Euro.

22.9 Buchpublikationen

Wissenswertes aus dem Landkreis Waldshut will das Kreisjahrbuch „HEIMAT AM HOCHRHEIN“ vermitteln. Und es ist jeweils einem Schwerpunktthema gewidmet. Im Zentrum des XLIV. Bandes stehen Bernau und Todtmoos, die feierliche Präsentation des neuen Bandes fand am 27.11.2018 in der Wehratalhalle in Todtmoos statt. Das Buch wirft einen Blick auf die vielfältigen Impulse, die aus dem äußersten nordwestlichen Zipfel des Landkreises kommen.

22.10 Kreisarchiv

Seit 1991 unterhält der Landkreis im Industriegebiet in Albbruck (Dr. Rudolf-Eberle-Straße 34) ein eigenes Kreisarchiv. Das Archiv dient vorrangig der Rechtssicherung, d. h. der Sicherung rechtlich relevanter Unterlagen der Kreisverwaltung einschließlich der vom Landkreis betriebenen Schulen und der Eigenbetriebe. Eine Hauptaufgabe des Kreisarchivs ist deshalb die Sichtung der bei der Verwaltung angefallenen und nicht mehr für die laufenden Geschäfte benötigen Unterlagen und die Auswahl derjenigen Stücke, die rechtlich bedeutsam, historisch aufschlussreich oder aus anderen Gründen aufbewahrenswert sind. Ergänzt werden die amtlichen Bestände durch die archivischen Sammlungen, die im Archiv hinterlegten oder von diesem erworbenen Nachlässe, Gemeinde-, Familien-,Vereins- und sonstigen Archive.

Insgesamt werden im Kreisarchiv heute über 2,2 lfd. Kilometer Schriftgut verwahrt, das hauptsäch- lich aus dem 20. Jahrhundert stammt, auch wenn einzelne Urkunden und Bände bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen. Die Archivalien werden nach Übernahme in das Archiv mit Hilfe eines speziellen EDV Programms erschlossen und der Forschung, beispielsweise für die Erarbeitung von Kreis- und Ortsgeschichten oder von Arbeiten zur Familien- und Heimatgeschichte, zur Verfügung gestellt. Zu den Aufgaben des Kreisarchivars gehört auch die Beratung der Gemeinden in Fragen des Archivwesens.

129 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:51 Seite 130

JUSTIZIARIAT MIT DATENSCHUTZ UND EUROPA

23.0 23.0 Justiziariat mit Datenschutz und Europa

Als Querschnitts- und Serviceeinheit für die Ämter ist das Justiziariat im Schwerpunkt interner Ansprechpartner für grundlegende oder atypische rechtliche Fragestellungen. Es wirkt beratend bei der Erstellung von Satzungen, anderen Rechtsvorschriften sowie Verträgen mit. Ferner vertritt es das Landratsamt in Zivilrechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten sowie in Verwaltungsrechtsstrei- tigkeiten bis in letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Auch der Datenschutz ist bei Amt 02 angesiedelt. Mit der Einführung der Datenschutzgrundver- ordnung im Mai 2018 stieg die Zahl der datenschutzrechtlichen Anfragen – sowohl intern als auch extern – merklich. Zudem erforderten neue gesetzlich geregelte Aufgaben die Erstellung einer Reihe neuer Formulare und Konzepte. Dies erfolgte in vielen Fällen in Abstimmung mit einem Arbeitskreis des Landkreistags Baden-Württemberg.

Die Leiterin des Justiziariats ist auch Europabeauftragte des Landratsamts. In den Jahren 2014 – 2018 wurde zum Thema Europa eine Reihe von Veranstaltungen organisiert. Hierunter befand sich auch die Koordination des jährlich stattfindenden europäischen Wettbewerbs, bei dem über die Schulen Schülerarbeiten zu einem europäischen Thema eingereicht und ausgezeichnet werden können.

Bei dem von der Europabeauftragten in Zusammenarbeit mit dem Europazentrum jährlich organisierten Europatag der Schulen lernten in den Jahren 2016 bis 2018 jeweils etwa 60 Schüle- rinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 in Form eines Brett- und eines Planspieles die Entschei- dungswege und – abläufe in Brüssel kennen. Auch 2019 wird der Europatag der Schulen wieder mit etwa 70 Schülerinnen und Schülern stattfinden.

130 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:51 Seite 131

JUSTIZIARIAT MIT DATENSCHUTZ UND EUROPA

Der Kreistag besucht das Europaparlament in Brüssel

Landrat Dr. Martin Kistler im Austausch mit EU-Kommissar Günther Oettinger und dem Europaabgeordneten Dr. Andreas Schwab

131 Kreistag_A4_22.3.19 22.03.19 13:51 Seite 132

132