Deutscher Stenographischer Bericht

184. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Inhalt:

Begrüßung des Präsidenten und der Dele- in Verbindung mit gation des Schwedischen Reichstages . . 12877 A Beratung des Programms zur Stärkung von Begrüßung des Vizepräsidenten, Herrn Dr. Bau- und anderen Investitionen — Druck- el Oteifi, und der Delegation der Volks- sache 7/4013 — versammlung der Arabischen Republik Ägypten 12953 C in Verbindung mit

Glückwünsche zu den Geburtstagen der Beratung des Sondergutachtens zur kon- Abg. Müller (Berlin), Dr. Becker (Mönchen- junkturpolitischen Lage im August 1975 gladbach), Dr. Hupka, Dr. Burgbacher, — Drucksache 7/3976 — Strauß, Dr. Schröder (Düsseldorf) . . . . 12877 B Dr. Carstens (Fehmarn) CDU/CSU . . . 12898 B

Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 12877 B Schmidt (Wattenscheid) SPD ...... 12906 B von Hassel, Vizepräsident . . . . . 12907 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 12878 B Kirst FDP 12909 A Dr. Kohl, Ministerpräsident des Landes Erklärung der Bundesregierung Rheinland-Pfalz ...... 12915 B Schmidt, Bundeskanzler ...... 12885 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller SPD . . . . 12946 A Aussprache über die Erklärung der Bundes- Dr. Graf Lambsdorff FDP ...... 12953 D regierung Dr. Dollinger CDU/CSU ...... 12961 D in Verbindung mit Schmidt, Bundeskanzler ...... 12967 C Erste Beratung des von der Bundesregie- Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Landes Schleswig-Holstein 12975 A zes über die Feststellung eines Nachtrags Genscher, Bundesminister AA . . . . 12980 D zum Bundeshaushaltsplan für das Haus- haltsjahr 1975 (Nachtragshaushaltsgesetz Dr. Barzel CDU/CSU ...... 12982 D 1975) — Drucksache 7/4001 — Dr. Ehrenberg SPD ...... 12990 B II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Zweite Beratung und Schlußabstimmung Erste Beratung des von der Bundesregie- des von der Bundesregierung eingebrach- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ü ber zu dem Ubereinkommen vom 2. Dezember einkommen vom 1. Juni 1967 über das Ver- 1972 über sichere Container — Drucksache —halten beim Fischfang im Nordatlantik 7/3917 — 12998 C Drucksache 7/3501 —, Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Er- Erste Beratung des von der Bundesregie- nährung, Landwirtschaft und Forsten — rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Drucksache 7/3796 — 12997 D zu dem Abkommen vom 6. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland Erste Beratung des von der Bundesregie- und der Republik der Philippinen über den rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Luftverkehr — Drucksache 7/3821 — . . . 12998 D zu dem Übereinkommen vom 9. April 1975 über einen Finanziellen Beistandsfonds der Erste Beratung des vom Bundesrat einge- Organisation für Wirtschaftliche Zusam- brachten Entwurfs eines Gesetzes über Rah- menarbeit und Entwicklung — Drucksache menvorschriften für Naturschutz und Land- 7/3869 — 12998 A schaftspflege sowie zur Anpassung bundes- rechtlicher Vorschriften an die Erforder- nisse des Naturschutzes und der Land- Erste Beratung des von der Bundesregie- schaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) — rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Drucksache 7/3879 — 12998 D zur Änderung des Titels IV der Gewerbe- ordnung -- Drucksache 7/3859 — . . . . 12998 A Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Tier- Erste Beratung des von der Bundesregie- zuchtgesetzes — Drucksache 7/4008 — . . 12998 D rung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Eichgesetzes — Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- Drucksache 7/4016 — ...... 12998 B ordnung zur Änderung des Deutschen Teil Zolltarifs (Nr. 6/75 — Besondere Zollsätze Erste Beratung des von den Fraktionen der gegenüber Israel — EGKS) — Drucksache SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Ent- 7/3937 -- 12999 A wurfs eines Gesetzes zur Änderung miet- rechtlicher und mietpreisrechtlicher Vor- Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- schriften im Land Berlin — Drucksache ordnung zur Änderung des Deutschen Teil 7/3795 — 12998 B Zolltarifs (Nr. 7/75 — Besondere Zollsätze gegenüber den AKP-Staaten und den ÜLG Erste Beratung des von der Bundesregie- — EGKS) — Drucksache 7/3962 — . . . . 12999 B rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Land- Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- und Forstwirten — Drucksache 7/3918 — 12998 B ordnung zur Änderung des Deutschen Teil Zolltarifs (Nr. 8/75 — Zollpräferenzen 1975 Erste Beratung des von der Bundesregie- gegenüber Entwicklungsländern — EGKS) rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes — Drucksache 7/3984 — 12999 B über die Gebühren des Patentamts und des Patentgerichts — Drucksachen 7/3939, Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- 7/4023 — 12998 B ordnung zur Änderung des Deutschen Teil- Zolltarifs (Nr. 10/75 — Zollkontingente für Erste Beratung des von der Bundesregie- Walzdraht und Elektrobleche — 2. Halb- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes jahr 1975) — Drucksache 7/3992 — . . . 12999 B zu dem Übereinkommen vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Beratung des Berichts und des Antrags des Handlungen gegen die Sicherheit der Zivil- Ausschusses für Verkehr und für das Post- luftfahrt — Drucksache 7/3982 — . . . . 12998 C und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu - dem von der Fraktion der CDU/CSU ein- Erste Beratung des von der Bundesregie- gebrachten Entschließungsantrag betreffend rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Berichterstattung über Erfahrungen mit der zur Änderung zwangsvollstreckungsrecht- neuen Tarifüberwachung im gewerblichen licher Vorschriften — Drucksache 7/3838 — 12998 C Güternahverkehr — Drucksachen 7/3662, 7/3807 — 12999 C Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Beratung des Berichts und des Antrags des zur Änderung des Gesetzes über das Fahr- Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft lehrerwesen — Drucksache 7/3913 — . . . 12998 C und Forsten zu dem von der Bundesregie- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 III rung zur Unterrichtung vorgelegten Vor- Beratung des Berichts und des Antrags des schlag der EG-Kommission für eine Ent- Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft scheidung des Rates betreffend Maßnahmen und Forsten zu dem von der Bundesregie- gegen die Maul- und Klauenseuche — rung zur Unterrichtung vorgelegten Vor- Drucksachen 7/3608, 7/3804 — 12999 C schlag der EG-Kommission für eine Verord- nung (EWG) des Rates zur Einbeziehung Beratung des Berichts und des Antrags des von Frühkartoffeln in den Anwendungsbe- Innenausschusses zu dem von der Bundes- reich der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 regierung zur Unterrichtung vorgelegten über eine gemeinsame Marktorganisation Vorschlag der EG-Kommission für eine Ent- für Obst und Gemüse — Drucksachen scheidung des Rates zur Einführung eines 7/3635, 7/3841 — 13000 B gemeinsamen Verfahrens für einen Infor- mationsaustausch über die Luftverschmut- Beratung des Berichts und des Antrags des zung durch Schwefelverbindungen und Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft -Schwebstoffe zwischen den Überwachungs und Forsten zu der von der Bundesregie- und Kontrollnetzen — Drucksachen 7/3035, rung zur Unterrichtung vorgelegten Ergän- 7/3823 — 12999 D zung zum Rahmenplan der Gemeinschafts- aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum Beratung des Berichts und des Antrags des 1974 bis 1977 — Drucksachen 7/2587, Innenausschuses zu den von der Bundes- 7/3842 — 13000 C regierung vorgelegten Vorschlägen der EG- Kommission für eine Beratung des Berichts und des Antrags des Richtlinie des Rates zur Angleichung der Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betr. und Forsten zu dem von der Bundesregie- Baugeräte und Baumaschinen rung zur Unterrichtung vorgelegten Vor- Richtlinie des Rates zur Angleichung der schlag der EG-Kommission für eine Verord- Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betr. nung (EWG) des Rates zur Festlegung be- Baugeräte und Baumaschinen; Messung des stimmter Maßnahmen zur Sanierung der Geräuschemissionspegels Erzeugung von Unterglasgartenbauerzeug- nissen — Drucksachen 7/3659, 7/3870 — . . 13000 C Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betr. den zulässigen Geräuschemissionspegel von Betonbrechern und Preßlufthämmern — Fragestunde — Drucksache 7/4024 vom Drucksachen 7/3180, 7/3824 — 12999 D 12. 9. 1975 —

Beratung des Berichts und des Antrags des Vereinbarkeit der Verzögerung der Über- Innenausschusses zu dem von der Bundes- führung von in der DDR verstorbenen Bun- regierung zur Unterrichtung vorgelegten desbürgern mit den Grundsätzen der Vorschlag der EG-Kommission für einen Menschlichkeit und mit dem Grundvertrag Entwurf einer Entschließung des Rates betr. MdlAnfr A109 12. 09.75 Drs 07/4024 eine überarbeitete Liste der im Rahmen des Dr. Wittmann (München) CDU/CSU Aktionsprogramms für den Umweltschutz zu untersuchenden Schadstoffe der zweiten Antw PStSekr Herold BMB . . . . . 12925 A, B Gruppe — Drucksachen 7/3034, 7/3825 — 13000 A ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 12925 A, B Beratung des Berichts und des Antrags des Hilfsmaßnahmen für durch politische Ent- Innenausschusses zu dem von der Bundes- wicklungen in Afrika in Not geratene Euro- regierung zur Unterrichtung vorgelegten päer sowie Abhängigmachung der Zusiche- Vorschlag der EG-Kommission für einen rung von Entwicklungshilfe an afrikanische Beschluß des Rates zur Eindämmung der Staaten von der Behandlung der Europäer Verunreinigung infolge der Ableitung be- nach den Grundsätzen der Konventionen stimmter gefährlicher Stoffe in die Gewäs- über die Menschenrechte ser der Gemeinschaft — Drucksachen 7/2821, 7/3826 — ...... 13000 A MdlAnfr A107 12.09.75 Drs 07/4024 Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU Beratung des Berichts und des Antrags des MdlAnfr A108 12.09.75 Drs 07/4024 Ausschusses für Forschung und Technologie Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU zu den von der Bundesregierung zur Unter- Antw PStSekr Brück BMZ 12925 C, D, 12926 A, B, C richtung vorgelegten ersten Vorschlägen der EG-Kommission für prioritäre Aktionen ZusFr Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU . . 12925 D, auf dem Gebiet der Informatik — Druck- 12926 B, C sachen 7/3437, 7/3836 — 13000 B ZusFr Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . . . 12926 A IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Anwendung der Bestimmungen über den MdlAnfr A27 12.09.75 Drs 07/4024 Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Per Dr. Jens SPD sonenverkehr für Dienstwagen des Bundes Antw PStSekr Grüner BMWi . . . .12931 C, D, MdlAnfr A11 12.09.75 Drs 07/4024 12932 A, B, C, D, 12933 A Gansel SPD ZusFr Dr. Jens SPD . . . 12931 D, 12932 A, B, C Antw PStSekr Dr. Schmude BMI . . . . 12926 D ZusFr Kiechle CDU/CSU ...... 12932 D

Ausführungen der FAZ über die Sicherheit ZusFr Ey CDU/CSU 12933 A von Atomkraftwerken MdlAnfr A12 12.09.75 Drs 07/4024 Berücksichtigung der Verbraucherbelange Ey CDU/CSU bei der Normungsarbeit des DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Antw PStSekr Dr. Schmude BMI . . .12927 A, C ZusFr Ey CDU/CSU ...... 12927 B, C MdlAnfr A30 12.09.75 Drs 07/4024 Frau Dr. Riedel-Martiny SPD

Aussagen der Bundesregierung über Sicher- MdlAnfr A31 12.09.75 Drs 07/4024 heits- und Risikofragen bei Atomkraftwer- Frau Dr. Riedel-Martiny SPD ken Antw PStSekr Grüner BMWi . . 12933 B, C, D, MdlAnfr A13 12.09.75 Drs 07/4024 12934 B, C Ey CDU/CSU ZusFr Frau Dr. Riedel-Martiny SPD . .12933 C, D, Antw PStSekr Dr. Schmude BMI . . . 12927 C, D 12934 A, C ZusFr Ey CDU/CSU 12927 D ZusFr Kiechle CDU/CSU ...... 12934 C

Erledigung des Verfassungsauftrags des Pläne zur Beseitigung der leistungsbezoge- Art. 29 Grundgesetz; Vorschläge der Bun- nen dynamischen Rente desregierung zum Gutachten der Sachver- MdlAnfr A44 12.09.75 Drs 07/4024 ständigenkommission zur Neugliederung Ziegler CDU/CSU des Bundesgebietes MdlAnfr A45 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A14 12.09.75 Drs 07/4024 Ziegler CDU/CSU Kern SPD Antw PStSekr Buschfort BMA . . 12935 B, C, D MdlAnfr A15 12.09.75 Drs 07/4024 Kern SPD ZusFr Ziegler CDU/CSU ...... 12935 C, D Antw PStSekr Dr. Schmude BMI 12928 A, B, C, D, 12929 A, B, C, D Zeitungsmeldung über den Ausschluß trans- sexueller Personen von der Arbeitsvermitt- ZusFr Kern SPD 12928 C, D, 12929 A lung ZusFr Ey CDU/CSU 12929 B MdlAnfr A49 12.09.75 Drs 07/4024 ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 12929 C Dr. Arndt (Hamburg) SPD ZusFr Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . . 12929 D Antw PStSekr Buschfort BMA . . . .12936 A, B ZusFr Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . .12936 A, B Umfang der Lieferungen Ost-Berlins zu Dumpingpreisen in das Bundesgebiet ein- schließlich des Landes Berlin seit Bestehen Berücksichtigung des Alters bei der Beur des Interzonenhandels teilung der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit MdlAnfr A24 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A50 12.09.75 Drs 07/4024 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Frau Steinhauer SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . 12930 B, C, D, Antw PStSekr Buschfort BMA 12936 B 12931 A, B ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . .12930 C, D - Ausgleich der den Unfallrentnern, die sich ZusFr Kiechle CDU/CSU ...... 12930 D nach dem bis zum 30. Juni 1963 geltenden ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 12931 A Recht auf Lebenszeit abfinden lassen muß- ten, entstandenen Nachteile Voraussetzungen für die Vergabe öffent- MdlAnfr A51 12.09.75 Drs 07/4024 licher Gelder zur Beschaffung von Arbeits- Dr. Enders SPD plätzen Antw PStSekr Buschfort BMA . . 12936 D, 12937 A MdlAnfr A26 12.09.75 Drs 07/4024 Dr. Jens SPD ZusFr Dr. Enders SPD ...... 12937 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 V

Anwendung des Gesetzes über die Sozial- Pressemeldungen über die Verstärkung der versicherung von Behinderten vom 7. Mai Panzerdivisionen der Roten Armee in der 1975 auch auf die nicht in anerkannten DDR durch die Sowjetunion Werkstätten beschäftigten Behinderten MdlAnfr A66 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A52 12.09.75 Drs 07/4024 Jäger (Wangen) CDU/CSU Dr. Enders SPD Antw PStSekr Schmidt BMVg . . . .12940 C, D Antw PStSekr Buschfort BMA . . . .12937 A, B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 12940 D ZusFr Dr. Enders SPD ...... 12937 B

Veröffentlichung des Textes der Rede von Wahrung des Gleichheitssatzes des Grund- Alexander Solschenizyn vor dem amerika- gesetzes und der Vorschriften des Arbeits- nischen Gewerkschaftsbund für die Ange- förderungsgesetzes bei der Vermittlung ar- hörigen der Bundeswehr beitsloser Frauen mit Kleinkind MdlAnfr A67 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A53 12.09.75 Drs 07/4024 Jäger (Wangen) CDU/CSU Frau Grützmann SPD Antw PStSekr Schmidt BMVg . . .12941 A, B, C Antw PStSekr Buschfort BMA . . . .12937 C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . .12941 A, B ZusFr Frau Grützmann SPD 12937 D ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . . 12941 C

Beförderungstarif der Deutschen Bundes- bahn für Schwerbeschädigte Prozentsatz der Lehrer an den Bundeswehr- MdlAnfr A54 12.09. 75 Drs 07/4024 hochschulen mit abgeleistetem Wehrdienst Gerster (Mainz) CDU/CSU sowie Berücksichtigung der Berufsoffiziere mit einem Studium an den allgemeinen Antw PStSekr Buschfort BMA . . . . . 12937 D deutschen Hochschulen als Lehrer für die Bundeswehrhochschulen Anrechnung von Wartezeiten aus einer frü- MdlAnfr A68 12.09.75 Drs 07/4024 heren Beschäftigung in den ehemaligen Frau Pack CDU/CSU deutschen Ostgebieten bzw. in der DDR und MdlAnfr A69 12.09.75 Drs 07/4024 Berücksichtigung anderer Zusatzrenten bei Frau Pack CDU/CSU der Bestimmung von Ausgleichsleistungen der Zusatzversorgungskasse für Arbeitneh- Antw PStSekr Schmidt BMVg . . . .12941 C, D, mer in der Land- und Forstwirtschaft 12942 A, B MdlAnfr A57 12.09.75 Drs 07/4024 ZusFr Frau Pack CDU/CSU . 12941 D, 12942 A, B Horstmeier CDU/CSU

MdlAnfr A58 12.09.75 Drs 07/4024 Termin des Abschlusses der Untersuchung Horstmeier CDU/CSU über Verwicklungen von Bundesbedienste- Antw PStSekr Buschfort BMA . . ,12938 B, C, D, ten in die Bestechungsaffäre Northrop so- 12939 A wie zur Zeit laufende Ermittlungen von ZusFr Horstmeier CDU/CSU . . 12938 D, 12939 A Strafverfolgungsbehörden in diesem Zu- sammenhang MdlAnfr A75 12.09.75 Drs 07/4024 Stellung politischer Gesinnungsfragen bei Gansel SPD Prüfungsverfahren für Kriegsdienstverwei- Antw PStSekr Schmidt BMVg . . . 12942 C, D gerer ZusFr Gansel SPD MdlAnfr A60 12.09.75 Drs 07/4024 12942 C, D Dr. Schweitzer SPD Antw PStSekr Schmidt BMVg . . . .12939 B, C Termin für den Erlaß einer Verordnung ZusFr Dr. Schweitzer SPD 12939 C über Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime sowie Höhe der zusätzlichen Kosten und Finan- Verbot von Anhalterfahrten für Bundes- zierung dieser Verordnung wehrangehörige MdlAnfr A77 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A61 12.09.75 Drs 07/4024 Braun CDU/CSU Dr. Schweitzer SPD MdlAnfr A78 12.09.75 Drs 07/4024 Antw PStSekr Schmidt BMVg 12939 D, 12940 A, B Braun CDU/CSU ZusFr Dr. Schweitzer SPD . . 12939 D, 12940 A Antw PStSekr Zander BMJFG . ,12943 A, B, C, D Kiechle CDU/CSU 12940 B ZusFr Braun CDU/CSU . . . . .12943 B, C, D VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Gründe für die Zahlungen des Bundesmini- Anlage 4 steriums für Jugend, Familie und Gesund- Bearbeitungszeit eines seitens eines Wirt- heit an die linksextremen Studentenorga- schaftsunternehmens beim Bundesministe- nisationen SHB und SVI rium für Forschung und Technologie ge- MdlAnfr A79 12.09.75 Drs 07/4024 stellten Antrages auf Forschungsförderung Kroll-Schlüter CDU/CSU MdlAnfr A3 12.09.75 Drs 07/4024 Antw PStSekr Zander BMJFG . . . . . 12944 A Pfeffermann CDU/CSU MdlAnfr A4 12.09.75 Drs 07/4024 Verbesserung der Lage der alleinstehenden Pfeffermann CDU/CSU Mütter durch Einrichtung von Unterhalts- SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 13002* A vorschußkassen für nichtehelich geborene oder aus geschiedenen Ehen stammende Anlage 5 Kinder Bestehen eines rumänischen Industriespio- MdlAnfr A81 12.09.75 Drs 07/4024 nagenetzes in der Bundesrepublik Deutsch- Dr. Arndt (Hamburg) SPD land Antw PStSekr Zander BMJFG 12944 B, D, 12945 A MdlAnfr A7 12.09.75 Drs 07/4024 ZusFr Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . . . 12944 D Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schmude BMI . . . 13003* A Unterschiedliche Behandlung von Kraftfah- rern mit 8stündiger Dienstzeit und Lokfah- Anlage 6 rern mit 14stündiger Dienstzeit Reisepaßverlängerung und Arbeitserlaub- MdlAnfr A89 12.09.75 Drs 07/4024 nis für in Deutschland lebende Studenten Kroll-Schlüter CDU/CSU aus der Republik Vietnam Antw PStSekr Haar BMV . • . . . 12945 B, D MdlAnfr A8 12.09.75 Drs 07/4024 Roser CDU/CSU ZusFr Kroll-Schlüter CDU/CSU . . . .12945 C, D SchrAntw PStSekr Dr. Schmude BMI . . . 13003* A

Höhe der Schadenersatzleistungen an die Anlage 7 Opfer des Warngauer Zugunglücks und noch ausstehende Schadenersatzforderun- Sicherstellung der Einsatzfähigkeit des Bun- gen desgrenzschutzes für Grenzsicherungsauf- gaben des Zonenrandgebietes MdlAnfr A90 12.09.75 Drs 07/4024 Dr. Riedl (München) CDU/CSU MdlAnfr A9 12.09.75 Drs 07/4024 Gerlach (Oberhau) CDU/CSU Antw PStSekr Haar BMV 12946 A MdlAnfr A10 12.09.75 Drs 07/4024 Gerlach (Obernau) CDU/CSU Nächste Sitzung 13000 D SchrAntw PStSekr Dr. Schmude BMI . . . 13003* C

Anlage 8 Anlagen Entschädigung der durch die Waldbrand- Anlage i katastrophe im Gebiet der Lüneburger Heide betroffenen Waldbesitzer Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13001*A MdlAnfr A40 12.09.75 Drs 07/4024 von Alten-Nordheim CDU/CSU Anlage 2 MdlAnfr A41 12.09.75 Drs 07/4024 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz von Alten-Nordheim CDU/CSU über die Krankenversicherung der Studen- ten (KVSG) 13001* C SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 13004* A

Anlage 9 Anlage 3 Anrechnung von Aufträgen an Werkstätten Ausdehnung der im Gesetz über die Gebüh- für Behinderte auf die Ausgleichsabgabe renbefreiungen beim Wohnungsbau enthal- tenen Frist von 5 Jahren auf einen Zeit- MdlAnfr A46 12.09.75 Drs 07/4024 raum von 10 Jahren Pohlmann CDU/CSU MdlAnfr Al 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A47 12.09.75 Drs 07/4024 Röhner CDU/CSU Pohlmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 13001* D SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 13004* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 VII

Anlage 10 Anlage 15

Finanzierung von Maßnahmen der Fortbil- Kriterien für die Ausbildung ausländischer dung und Umschulung, die keine Arbeits- Offiziere bei der Bundeswehr sowie Gründe losigkeit abwenden, aus Beiträgen zur Ar- für die Ablehnung der Ausbildung im Ein beitslosenversicherung zelfall MdlAnfr A48 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A70 12.09.75 Drs 07/4024 Roser CDU/CSU Schäfer (Appenweier) SPD MdlAnfr A71 12.09.75 Drs 07/4024 SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 13004*D Schäfer (Appenweier) SPD SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 13006*A Anlage 11

Umschulung für Berufe ohne Bedarf; miß- Anlage 16 bräuchliche Ausnutzung der Arbeitslosen- versicherung Gründe für die Ausbildung ausländischer Offiziere in der Bundeswehr MdlAnfr A55 12.09.75 Drs 07/4024 Milz CDU/CSU MdlAnfr A72 12.09.75 Drs 07/4024 Simpfendörfer SPD MdlAnfr A56 12.09.75 Drs 07/4024 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 13006* C SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 13005*A Anlage 17

Anlage 12 Ausbildungsabkommen für Offiziere unter NATO-Partnern mit Festlegung der zukünf- Meldungen über eine Erhöhung der Rü- tigen Aufgaben nach Rückkehr der in der stungsausgaben der Sowjetunion um jähr- Bundesrepublik Deutschland ausgebildeten lich 4 % und über eine Stagnation der Aus- Offiziere gaben im Nordatlantischen Bündnis MdlAnfr A74 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A59 12.09.75 Drs 07/4024 Dr. Böhme (Freiburg) SPD Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 13006* C SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 13005* B Anlage 18 Anlage 13 Deckung der „Studienpläne der Universität Vereinbarkeit der Ausbildung von Ange- Ulm, Humanmedizin 1974" durch die Appro- hörigen der chilenischen Armee mit dem bationsordnung für Ärzte demokratischen Auftrag der Bundeswehr sowie Bereitschaft der Bundesregierung zur MdlAnfr A76 12.09.75 Drs 07/4024 Einstellung der Ausbildung chilenischer Frau Schleicher CDU/CSU Offiziere SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 13006* D MdlAnfr A62 12.09.75 Drs 07/4024 Schinzel SPD Anlage 19

MdlAnfr A63 12.09.75 Drs 07/4024 Maßnahmen der Bundesregierung zur Si- Schinzel SPD cherstellung der Gewährung eines Arzt- SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 13005* C abschlags an Krankenhausbenutzer mit ge- sondert berechneten Arztkosten

Anlage 14 MdlAnfr A80 12.09.75 Drs 07/4024 Müller (Remscheid) CDU/CSU Pressemeldungen über die Ausbildung chi- - SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 13007* A lenischer Offiziere bei der Bundeswehr so- wie Gründe für diese Unterstützung der chilenischen Militärjunta Anlage 20

MdlAnfr A64 12.09.75 Drs 07/4024 Durchführbarkeit der Reform der Verord- Hoffie FDP nung über den Betrieb von Kraftfahrunter- MdlAnfr A65 12.09.75 Drs 07/4024 nehmen im Personenverkehr im Hinblick Hoffie FDP auf die Strafandrohung bei Verstoß gegen das Redeverbot zwischen Taxifahrer und SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 13005* D Fahrgast sowie Beseitigung der durch Pro- VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 teste von Taxifahrern und Fahrgästen ent- Anlage 22 standenen Rechtsunsicherheit Aufhebung der neuen Taxiverordnung MdlAnfr A82 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A86 12.09.75 Drs 07/4024 Orgaß CDU/CSU Spranger CDU/CSU MdlAnfr A83 12.09.75 Drs 07/4024 SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 13008* A Orgaß CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 13007* B Anlage 23 Mehrbelastungen der öffentlichen Haus- Anlage 21 halte durch Rationalisierungsmaßnahmen im Gründe für das mit der Verordnung über Bereich der öffentlichen Verwaltung sowie den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Unzweckmäßigkeit der vorgesehenen Fu- Personenverkehr verfügte S chweigegebot, sion der Schiffahrtsdirektionen Freiburg, Radioverbot und Rauchverbot in Taxen Stuttgart und Mainz in Mainz MdlAnfr A84 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A87 12.09.75 Drs 07/4024 Kleinert FDP Dr. Evers CDU/CSU MdlAnfr A85 12.09.75 Drs 07/4024 MdlAnfr A88 12.09.75 Drs 07/4024 Kleinert FDP Dr. Evers CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 13007* D SchrAntw PStSekr Haar BMV 13008* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12877

184. Sitzung

Bonn, den 17. September 1975

Beginn: 9.00 Uhr

Die Sitzung ist eröffnet. Betr.: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit Präsident Frau Renger: im Jahre 1974 sowie über Lage und Entwi cklung auf seinem Aufgabengebiet (I 50 GWB) Meine Damen und Herren, ich habe die Freude, — Drucksache 7/3791 — im Deutschen Bundestag den Präsidenten des Schwe- zuständig: Ausschuß für Wirtschaft dischen Reichstages, Herrn Henry Allard, mit einer Betr.: Übersicht über die vorhandenen Einrichtungen nach Delegation des Schwedischen Reichstages sehr herz- den Anforderungen an ein modernes Rettungssystem — Übersicht „Rettungswesen" (Soll-Ist-Vergleich) — lich begrüßen zu können. — Drucksache 7/3815 — zuständig: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fern- (Lebhafter Beifall) meldewesen (federführend), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Wir wünschen Ihnen alles Gute bei Ihrem Aufent- halt in der Bundesrepublik Deutschland. Betr.: Straßenbaubericht 1974 — Drucksache 7/3822 — zuständig: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fern- Jetzt habe ich das Vergnügen, einer Reihe von meldewesen Kollegen nachträglich herzliche Glückwünsche zum Betr.: Beri cht über die Tagung der Parlamentarischen Ver- Geburtstag auszusprechen: unserem Kollegen, dem sammlung des Europarates vom 21. bis 25. April Abgeordneten Müller (Berlin) zum 70. Geburtstag 1975 in Straßburg — Drucksache 7/3837 — am 5. August, zuständig: Auswärtiger Ausschuß (Beifall) Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zu der akuten Gefahr einer weiteren Verschmutzung des Herrn Abgeordneten Dr. Becker (Mönchengladbach) Rheins zum 70. Geburtstag am 7. August, — Drucksache 7/3848 — zuständig: Innenausschuß (federführend), Ausschuß für Jugend, (Beifall) Familie und Gesundheit Herrn Abgeordneten Dr. Hupka zum 60. Geburtstag Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zum Stand der Arbeiten zur Verabschiedung der sechsten am 15. August, Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschrif- ten der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer — (Beifall) Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche zum 75. Ge- steuerpflichtige Bemessungsgrundlage Herrn Abgeordneten Dr. Burgbacher — Drucksache 7/3849 — burtstag am 1. September, zuständig: Finanzausschuß (Beifall) Betr.: UNESCO-Empfehlung betreffend die „überarbeitete Empfehlung zur beruflichen Bildung" Herrn Abgeordneten Strauß zum 60. Geburtstag am — Drucksache 7/3850 — zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federfüh- 6. September, rend), Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (Beifall) Betr.: Empfehlung der UNESCO über die Erziehung zu Herrn Abgeordneten Dr. Schröder (Düsseldorf) zum internationaler Verständigung und Zusammenarbeit und zum Weltfrieden sowie die Erziehung im Hin- 65. Geburtstag am 11. September. blick auf die Menschenrechte und Grundfreiheiten — Drucksache 7/3858 — (Beifall) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Betr.: Schlußakte der KSZE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung Wortlaut der Erklärung des Europäischen Rates vom bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäfts- 17. Juli 1975 zu den Konferenzergebnissen ordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen — Drucksache 7/3867 — zuständig: Auswärtiger Ausschuß werden sollen: Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zum Betr.: Beri cht über Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfall- jüngsten Terroranschlag in Jerusalem verhütung im Straßenverkehr für das Jahr 1973 und Vollzugsplan zum Programm der Bundesregierung — Drucksache 7/3890 — vom 23. November 1973 zur Verbesserung der Sicher- zuständig: Auswärtiger Ausschuß heit im Straßenverkehr „Mehr Sicherheit auf unse- ren Straßen" (Maßnahmen-Zeit-Katalog) sowie Fort- Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den schreibung des Verkehrssicherheitsprogramms — am 24. April 1975 vom Gemischten Parlamentarischen Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 1973 — Ausschuß der Assoziation EWG—Türkei in Kopenha- — Drucksache 7/3685 — gen angenommenen Empfehlungen zuständig: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fern- — Drucksache 7/3944 — meldewesen zuständig: Auswärtiger Ausschuß 12878 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Präsident Frau Renger Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments über die Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3808 verteilt. Zollunion und die Verwirklichung des Binnenmark- Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1975 den tes mit der Stellungnahme des Europäischen Parla- nachfolgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß ments zu dem Arbeitsprogramm der Kommission der Artikel 77 Abs. 2 und 3 GG nicht gestellt: Europäischen Gemeinschaften über die Vereinfachung der Zollverfahren Gesetz zu dem Abkommen vom 19. November 1974 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der — Drucksache 7/3945 — Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und zuständig: Finanzausschuß Nordirland über die Gewährung von Sachleistungen der Krankenversicherung Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments mit der Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes, des Soldaten- Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem versorgungsgesetzes und der Wehrdisziplinarordnung Vertragsentwurf des Rates zur Änderung bestimm- ter Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags Gesetz zur Änderung des Zivildienstgesetzes zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer Gesetz über ergänzende Maßnahmen zum Fünften Straf- gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemein- rechtsreformgesetz (Strafrechtsreform-Ergänzungsgesetz — schaften (Teil betreffend das Haushaltsverfahren) StREG) — Drucksache 7/3946 — Gesetz zu dem Übereinkommen vom 1. Juni 1973 über die zuständig: Haushaltsausschuß Schiffahrt auf dem Bodensee und zu dem Vertrag vom 1. Juni 1973 über die Schiffahrt auf dem Untersee und dem Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments mit der Rhein zwischen Konstanz und Schaffhausen Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Gesetz zur Änderung des Kristallglaskennzeichnungsgesetzes Vertragsentwurf des Rates zur Änderung bestimmter Gesetz zur Änderung der Wirtschaftsprüferordnung und an- Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung der derer Gesetze Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer ge- Gesetz über die Auflösung, Abwicklung und Löschung von meinsamen Kommission der Europäischen Gemein- Kolonialgesellschaften schaften (Teil betreffend die Schaffung eines Euro- Gesetz über vereinfachte Verkündungen und Bekanntgaben päischen Rechnungshofs) Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförde- — Drucksache 7/3947 — rungsgesetzes (3. BAföGÄndG) zuständig: Haushaltsausschuß Viertes Gesetz über die Erhöhung von Dienst- und Ver- sorgungsbezügen in Bund und Ländern (Viertes Bundes- Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Euro- besoldungserhöhungsgesetz) päischen Union Gesetz über die Umweltverträglichkeit von Wasch- und Reinigungsmitteln (Waschmittelgesetz) — Drucksache 7/3948 — Siebentes Gesetz zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes zuständig: Auswärtiger Ausschuß (7. HHÄndG) Betr.: UNESCO-Empfehlung zur Stellung der wissenschaft- Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntwein- lichen Forscher monopol — Drucksache 7/3963 — Gesetz über eine Schlachtungs- und Schlachtgewichtsstatistik zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie Gesetz zur Änderung des Marktstrukturgesetzes Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Geset- Betr.: Zustimmung zur Leistung einer überplanmäßigen zes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebüh- Ausgabe bei Kap. 15 02 Tit. 681 11 des Haushalts- renordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften jahres 1975 (Beihilfen an jugendliche Zuwanderer Gesetz über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter für Schul- und Berufsausbildung) von Presse und Rundfunk. Bezug: § 37 Abs. 4 BHO Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, — Drucksache 7/3903 — hinsichtlich der folgenden Gesetze zu verlangen, daß der zuständig: Haushaltsausschuß Vermittlungsausschuß einberufen wird: Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe Betr.: Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Gesetz zur Änderung von Bezeichnungen der Richter und Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1975 ehrenamtlichen Richter — Drucksache 7/3925 — Sozialgesetzbuch (SGB) — Allgemeiner Teil — zuständig: Haushaltsausschuß Seine Schreiben sind als Drucksachen 7/3881, 7/3882, 7/3883 verteilt. Es erhebt sich kein Widerspruch; somit beschlossen. Ferner hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 11. Juli 1975 beschlossen, dem Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau nicht zuzustimmen. Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3899 verteilt. Die Bundesregierung hat mit Schreiben vom 28. Juli 1975 ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht verlangt, daß zu diesem Gesetz der Vermittlungsausschuß ein- aufgenommen: berufen wird. Ihr Schreiben ist als Drucksache 7/3901 verteilt. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 20. Juni 1975 den Wirtschaft hat mit Schreiben vom 23. Juni 1975 die Kleine An- nachfolgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß frage der Abgeordneten Dr. Köhler (Wolfsburg), Hauser (Kre- Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: feld), Lampersbach, von Bockelberg, Dr. Probst, Roser, Thürk, Gesetz zur Änderung des Rechts der Revision in Zivilsachen Biechele, Möller (Lübeck), Dr. Hornhues, Ey, Röhner und Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs Genossen betr. Wettbewerbsfragen der künstlerischen Berufe — Drucksache 7/3733 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Druck- Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Güterverkehrs sache 7/3816 verteilt. Gesetz zur Änderung des Weinwirtschaftsgesetzes Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Futtermittelgesetz Verteidigung hat mit Schreiben vom 1. Juli 1975 die Kleine Gesetz über die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörper- Anfrage der Abgeordneten Löher, Dr. Wörner, Ernesti, Rommers- teilen und tierischen Erzeugnissen (Tierkörperbeseitigungs- kirchen, Biehle, Dr. Kraske, de Terra, Frau Tübler, Stahlberg, gesetz — TierKBG) Dr. Wittmann (München), Kroll-Schlüter, Hupka, Werner, Ey Zweites Gesetz zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes und Genossen betr. Verwendungs- und Ausbildungsplanung für Gesetz zu der Sitzstaatvereinbarung vom 10. Dezember 1974 Reservisten der Bundeswehr — Drucksache 7/3757 — beant- zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und wortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3843 verteilt. dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- Gesetz zu dem Vertrag vom 15. Juli 1974 zwischen der meldewesen hat mit Schreiben vom 2. Juli 1975 die Kleine Bundesrepublik Deutschland und dem Haschemitischen König- Anfrage der Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Dr. Miltner, reich Jordanien über die Förderung und den gegenseitigen Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Dollinger, Berger, Pfeffermann, Schutz von Kapitalanlagen Biehle, Biechele, Dr. Stark (Nürtingen), Gerster (Mainz), Frei- Gesetz zu dem Vertrag vom 17. September 1974 zwischen herr von Fircks, Benz, Schmöle, Nordlohne, Schröder (Lüneburg) der Bundesrepublik Deutschland und Malta über die För- und Genossen betr. Sonderregelungen zugunsten gewerkschaft- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen licher Funktionsträger in der Bundesverwaltung — Drucksache 7/3690 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3845 Gesetz zu dem Vertrag vom 21. Juni 1974 zwischen der verteilt. Bundesrepublik Deutschland und der Arabischen Republik Jemen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für von Kapitalanlagen Wirtschaft hat mit Schreiben vom 3. Juli 1975 die Kleine Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG). Anfrage der Abgeordneten Dr. Burgbacher, Russe, Dr. Luda, Schmidhuber, Zeyer, Springorum und der Fraktion der CDU/CSU Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat ferner eine betr. Pläne für den Ausbau eines Fernwärmenetzes und Möglich- Entschließung gefaßt, die als Anlage 2 diesem Protokoll bei- keiten der Einsparung von Primärenergie — Drucksache 7/3755 gefügt ist. — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3846 verteilt. Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, hin- Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für sichtlich des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgeset- Wirtschaft hat mit Schreiben vom 3. Juli 1975 die Kleine zes zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Anfrage der Abgeordneten Schröder (Lüneburg), Dr. Warnke, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12879 Präsident Frau Renger Dr. Kunz (Weiden), Dr. Müller-Hermann, Dr. Narjes, Dr. von sache 7/3893 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache Bismarck, Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Jobst, Dr. Sprung, Dr. 7/3968 verteilt. Jahn (Braunschweig), Sauer (Salzgitter), Dr. Mende, Böhm (Mel- sungen), Hösl, Niegel, Frau Tübler, Sick, Lagershausen, Seiters Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- und Genossen betr. öffentliche Aufträge für strukturschwache meldewesen hat mit Schreiben vom 14. August 1975 im Ein- Gebiete — Drucksache 7/3756 — beantwortet. Sein Schreiben ist vernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen die Kleine als Drucksache 7/3847 verteilt. Anfrage der Abgeordneten von Hassel, Sick, Dr. Narjes, Eigen, Dreyer, Kunz (Berlin), Bremer, Frau Tübler und Genossen betr. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Bau eines Kanaltunnels unter dem Nord-Ostsee-Kanal im Raum Wirtschaft hat mit Schreiben vom 16. Juli 1975 die Kleine An- Brunsbüttel — Drucksache 7/3891 — beantwortet. Sein Schreiben frage der Abgeordneten Rawe, Windelen, Katzer und der ist als Drucksache 7/3969 verteilt. Fraktion der CDU/CSU betr. drohende Stillegung und Arbeits- losigkeit im Steinkohlenrevier Ibbenbüren — Drucksache 7/3806 Der Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und So- — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3863 verteilt. zialordnung hat mit Schreiben vom 20. August 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carstens (Fehmarn), Stücklen, Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Katzer, Dr. Götz, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Justiz hat mit Schreiben vom 9. Juli 1975 die Kleine Anfrage der betr. Kostenentwicklung der sozialen Sicherheit und der Bildung Abgeordneten Dürr, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, von drei Arbeitsgruppen der Sozialpolitischen Gesprächsrunde Kirst und Genossen betr. europäische Harmonisierung des Wer- zu Fragen der sozialen Sicherung — Drucksache 7/3916 — be- berechts — Drucksache 7/3800 — beantwortet. Sein Schreiben antwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3985 verteilt. ist als Drucksache 7/3864 verteilt. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- eiben vom 22. August 1975 im Einvernehmen mit dem meldewesen hat mit Schreiben vom 17. Juli 1975 die Kleine An- des minister für Forschung und Technologie und dem Bundes- frage der Abgeordneten Tillmann, Dr. Jobst, Dreyer, Sick, minister der Finanzen die Kleine Anfrage der Abgeordneten Vehar und der Fraktion der CDU/CSU betr. Berufskraftfahrer Gölter,chs, Dr. Klein Pfeifer, (Stolberg), Frau Benedix, Dr. Fu Ausbildung und -Prüfung — Drucksache 7/3839 — beantwortet. Dr.-Ing. Oldenstädt, Dr. Probst, Dr. Schäuble und der Fraktion Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3868 verteilt. der CDU/CSU betr. Schülerwettbewerb „Jugend forscht" — Druck- sache 7/3932 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Druck- Der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 16. Juli 1975 im Ein- sache 7/3994 verteilt. vernehmen mit dem Bundesminister für Wirts chaft und dem Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Bundesminister für wirts chaftli che Zusammenarbeit die Kleine Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 26. August Anfrage der Abgeordneten Frau Benedix, Frau Dr. Neumeister, 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Geisenhofer, Burger, Dr. Unland, Seiters und Genossen betr. Arbeitsplätze für Frauen Braun, Frau Hürland, Ziegler, Maucher, Dr. Jenninger und der aus der Bekleidungsindustrie — Drucksache 7/3820 — beant- Fraktion der CDU/CSU betr. Anerkennung von Werkstätten für wortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3872 verteilt. Behinderte — Drucksache 7/3906 (neu) — beantwortet. Sein Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat Schreiben ist als Drucksache 7/3999 verteilt. mit Schreiben vom 24. Juli 1975 die Kleine Anfrage der Abge- Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit ordneten Rollmann, Kroll-Schlüter, Geisenhofer, Braun, Burger, Schreiben vom 27. August 1975 im Einvernehmen mit dem Bun- Frau Stommel und Genossen betr. Situation der Kinder in der desminister für Jugend, Familie und Gesundheit und dem Bun- Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 7/3844 — beantwortet. desminister des Innern die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3886 verteilt. Dr. Hornhues, Dr. Gölter, Dr. Klein (Stolberg), Pfeifer, Frau Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Benedix, Kroll-Schlüter, Dr. Köhler (Wolfsburg), Franke (Osna- Schreiben vom 24. Juli 1975 im Einvernehmen mit dem Bundes- brück), Dr. Schäuble, Müller (Berlin), und der Fraktion der minister für Forschung und Te chnologie und dem Bundesminister CDU/CSU betr. Erprobung von Bildungsurlaubsangeboten im für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen die Kleine Rahmen von Modellversuchen zu familienbegleitenden Bildungs- Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Walz, Pfeifer, Dr. Gölter, maßnahmen — Drucksache 7/3873 — beantwortet. Sein Schreiben Frau Benedix, Dr. Klein (Stolberg), Dr. Fuchs, Dr. Schäuble, ist als Drucksache 7/4000 verteilt. Dr.-Ing. Oldenstädt, Hauser (Krefeld), Dr. Hornhues, Hussing, Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom Schmidt (Wuppertal) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Re- 4. September 1975 im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt, ferentenentwurf der Bundesregierung zu einem Bundesgesetz dem Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG) — meldewesen, dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundes- Drucksache 7/3851 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Druck- minister für innerdeutsche Beziehungen die Kleine Anfrage der sache 7/3895 verteilt. Abgeordneten Wohlrabe, Straßmeir, Schulte (S chwäbisch Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Gmünd), Frau Berger (Berlin), Kunz (Berlin), Frau Pieser, Müller Schreiben vom 24. Juli 1975 im Einvernehmen mit dem Bundes- (Berlin) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Luftverkehr von minister der Finanzen die Kleine Anfrage der Abgeordneten und nach Berlin (West) — Drucksache 7/3983 — beantwortet. Sein Pfeifer, Dr. Gölter, Dr. Fu chs, Frau Benedix, Schedl und der Schreiben ist als Drucksache 7/4015 verteilt. Fraktion der CDU/CSU betr. Auswirkungen des ,,Nullwachs- tums" auf den Bildungsgesamtplan und die Bildungsfinanzierung Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 7/3866 — beantwortet. Sein Schreiben ist als hat mit Schreiben vom 8. September 1975 die Kleine Drucksache 7/3896 verteilt. Anfrage der Abgeordneten Dr. Müller-Hermann, Dr. Ritz, Be- werunge, Eigen, Kiechle, Schröder (Wilhelminenhof), Susset, Der Bundesminister für Verkehr und für Post- und Fern- Freiherr von Kühlmann-Stumm und der Fraktion der CDU/CSU meldewesen hat mit Schreiben vom 25. Juli 1975 die Kleine An- betr. Fischereipolitik — Drucksache 7/3988 — beantwortet. Sein frage der Abgeordneten Lemmrich, Dr. Jobst, Dr. Althammer, Schreiben ist als Drucksache 7/4025 verteilt. Höcherl, Dr. Müller-Hermann, Dr. Schulte (Schwäbisch-Gmünd), Biehle, Dr. Kunz (Weiden), Gerla ch (Obernau), Milz, Gerster Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 15. August 1975 (Mainz) und Genossen betr. Neubaustrecken der Deutschen Bun- gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember desbahn — Drucksache 7/3853 — beantwortet. Sein Schreiben 1951 den Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Ge- ist als Drucksache 7/3897 verteilt. schäftsjahr 1975 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Stellenplan liegt im Archiv zur Einsicht aus. Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 29. Juli 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Der Präsident des Bundesversicherungsamtes hat mit Schreiben Dr. Miltner, Dr. Klein (Göttingen), Dr. Fuchs und der Fraktion vom 14. August 1975 gemäß § 117 AnVG die Abrechnung für der CDU/CSU betr. Vereinigte Deuts che Studentenschaften e. V. die Rentenversicherung der Angestellten für das Kalenderjahr — Drucksache 7/3739 — beantwortet. Sein Schreiben ist als 1975 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Die Abrechnung Drucksache 7/3898 verteilt. liegt im Archiv zur Einsicht aus. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städte- Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- bau hat mit Schreiben vom 7. August 1975 die Kleine Anfrage der meldewesen hat mit Schreiben vom 25. August 1975 gemäß § 19 Abgeordneten Mick, Dr. Müller-Hermann, Dr. S chneider, Nord- Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der lohne, Dr. Prassler, Dr. Jahn (Münster) und der Fraktion der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1974 mit der CDU/CSU betr. wohnungspolitische Maßnahmen in der Konjunk- Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Geschäftsbericht liegt turförderung — Drucksache 7/3892 — beantwortet. Sein Schreiber' im Archiv zur Einsicht aus. ist als Drucksache 7/3927 verteilt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat mit Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- Schreiben vom 9. Juli 1975 unter Bezug auf den Beschluß des meldewesen hat mit Schreiben vom 5. August 1975 die Kleine Deutschen Bundestages vom 8. April 1959 und vom 16. Oktober Anfrage der Abgeordneten Dr. Waffenschmidt, Dr. Schulte 1964 seinen Beri cht über die Beschäftigung Schwerbehinderter bei (Schwäbisch Gmünd), Lemmrich, Vehar, Tillmann und der Fraktion den Bundesdienststellen vorgelegt, der als Drucksache 7/3904 der CDU/CSU betr. öffentlicher Personennahverkehr — Druck- verteilt ist. sache 7/3861 — beantwortet. Sein Schreiben ist als -Drucksache 7/3938 verteilt. Die vom Bundesminister des Auswärtigen übersandte End- fassung der Schlußakte der KSZE mit der Liste der Unter- Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern- schriften sowie Korrekturen zu der unter Drucksache 7/3867 meldewesen hat mit Schreiben vom 8. August 1975 die Kleine vorgelegten Schlußakte liegen im Archiv zur Einsichtnahme aus. Anfrage der Abgeordneten Dr. Althammer, Dr. Schulte (S chwä- bisch Gmünd), Höcherl, Leicht, Dr. Müller-Hermann, Dr. Jobst, Die Mündlichen Anfragen für den Monat Juli (Teile I—V) sind Lemmrich und der Fraktion der CDU/CSU betr. finanzielle Ent- zusammen mit den dazu erteilten schriftlichen Antworten als wicklung der Deutschen Bundesbahn — Drucksache 7/3865 — be- Drucksachen 7/3860, 7/3894, 7/3920, 7/3977 und 7/4006 verteilt. antwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3957 verteilt. Die Mündlichen Anfragen für den Monat August (bisher Teile I—III) werden zusammen mit den dazu erteilten schriftlichen Der Chef des Bundeskanzleramtes hat mit Schreiben vom 12. Antworten als Drucksachen 7/4007, 7/4019 und 7/4026 verteilt. August 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Müller (München), Spranger, Dr. Miltner, Graf Stauffenberg, Biechele, Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- Gerster (Mainz), Dr. Waigel, Hösl, Kiechle, Frau Tübler, schaft und Forsten hat mit Schreiben vom 22. Juli 1975 mitge- Reddemann und Genossen betr. Informationsaustausch zwischen teilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits ver- der Bundesregierung und der Illustrierten „Stern" — Druck kündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat: 12880 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Präsident Frau Renger Verordnung (EWG) des Rates überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- zur Festlegung der Grundregeln für die Lieferung von Ma- fassung im Rat germilchpulver als Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des Pro- gramms 1975 zugunsten bestimmter Entwi cklungsländer und Verordnung des Rates zur Aufrechterhaltung der Geneh- internationaler Organisationen migungspflicht für die Einfuhren von synthetischen Socken über die Lieferung von Magermilchpulver an bestimmte Ent- mit Ursprung in der Republik Korea in die Bundesrepublik wicklungsländer und internationale Organisationen als Nah- Deuts chland und die Länder des Benelux rungsmittelhilfe im Rahmen des Programms 1975 — Drucksache 7/3789 — Beschluß des Rates (EWG) über die Erstellung von Modali- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um täten für die Durchführung der Nahrungsmittelhilfe mit den Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- in vorgenannter Verordnung in Aussicht genommenen Ent- fassung im Rat wicklungsländern und Organisationen Verordnung (EWG) des Rates über die Erhöhung der Be- — Drucksache 7/3486 — träge der Gemeinschaftszollkontingente, die durch Verord- Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- nung (EWG) Nr. 3110/74 für das Jahr 1975 für bestimmte nung (EWG Nr. 1878/74 zur Festlegung — für das Weinwirt- Gewebe und bestimmten Samt und Plüsch, aus Seide oder schaftsjahr 1974/75 — des von den Interventionsstellen zu Baumwolle, auf Handwebstühlen hergestellt, eröffnet wor- zahlenden Preises für den Alkohol, der ihnen im Rahmen den sind, sowie zur Änderung der Liste von Spinnstoff- der Verpflichtung zur Destillation der Nebenerzeugnisse der waren, die zu diesen Kontingenten zugelassen sind Weinbereitung geliefert wird, und des dabei vom Europäi- — Drucksache 7/3790 — schen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirt- überwiesen in den Ausschuß für Wirts chaft mit der Bitte um schaft, Abteilung Garantie, zu übernehmenden Höchstanteils Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- — Drucksache 7/3568 — fassung im Rat Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung des Orientie- Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- rungspreises für Seehecht für das Fischwirtschaftsjahr 1975 nung Nr. 213/67/EWG zur Festsetzung des Verzeichnisses der — Drucksache 7/3633 — repräsentativen Märkte für den Schweinefleischsektor in der Gemeinschaft Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung eines vor- — Drucksache 7/3801 — übergehenden Systems von Beihilfen zur privaten Lager- haltung bestimmter Fischereierzeugnisse überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor — Drucksache 7/3698 — der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- Verordnung des Rates zur Änderung der Haushaltsordnung nung (EWG) Nr. 1192/74 über die Beihilfe für künstlich ge- in bezug auf die Mittel des Europäischen Sozialfonds trocknetes Futter — Drucksache 7/3809 — — Drucksache 7/3708 — überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der end- schaft und Forsten hat mit Schreiben vom 8. September 1975 gültigen Beschlußfassung im Rat mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Ver- verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat: waltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Finanzierung Aale der Tarifstelle ex 03.01 A II des Gemeinsamen Zoll- von Werbe- und Aufklärungsfeldzügen für den Fleisch-Ver- tarifs für 1976 brauch — Drucksache 7/3810 — — Drucksache 7/2612 — überwiesen an den Ausschuß für Wirts chaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der in Artikel fassung im Rat 4 a der Verordnung (EWG) Nr. 974/71 vorgesehenen Wäh- rungsausgleichsbeträge für landwirtschaftliche Verarbei- Verordnung des Rates zur Festsetzung des Betrages der tungserzeugnisse Beihilfe für die Erzeugung von Hartweizen für das Wirt- — Drucksache 7/1800 — schaftsjahr 1975/1976 — Drucksache 7/3811 — Verordnung (EWG) des Rates über die Beteiligung des Eu- überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und ropäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Land- Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor wirtschaft, Abteilung Ausrichtung für das Jahr 1974 der endgültigen Beschlußfassung im Rat — Drucksache 7/2478 — Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Auftei- Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- lung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für nung (EWG) Nr. 804/68 in bezug auf die Voraussetzungen Veredelungsarbeiten an bestimmten Spinnstoffen im pas- für eine Beihilfegewährung zur privaten Lagerhaltung der siven Veredelungsverkehr der Gemeinschaft Käsesorten Grana-Padano und Parmigiano-Reggiano — Drucksache 7/3812 — — Drucksache 7/3281 — überwiesen an den Ausschuß für Wirts chaft mit der Bitte um Verordnung (EWG) des Rates zur Ergänzung der Verordnung Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- (EWG) Nr. 2142/70 bezüglich der Gewährung von Beihilfen fassung im Rat zur privaten Lagerhaltung für die in den Anhängen III un- Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie Nr. 73/95/ ter A und IV unter B aufgeführten Fischereierzeugnisse die- EWG der Kommission vom 26. März 1973 zur Durchführung ser Verordnung der Artikel 13 und 14 der Richtlinie des Rates vom 4. März — Drucksache 7/3617 — 1969 zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvor- schriften über den aktiven Veredelungsverkehr Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung — Drucksache 7/3813 — (EWG) Nr. 2511/69 über Sondermaßnahmen zur Verbesse- rung der Erzeugung und Vermarktung von Zitrusfrüchten überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage der Gemeinschaft des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat — Drucksache 7/1497 — Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Überweisung von Zollvorlagen Nr. 229/73 hinsichtlich der Beitrittsausgleichsbeträge und deren Koeffizienten für Getreide Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Be- — Drucksache 7/3814 — schluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehen- den Vorlagen überwiesen: überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor Aufhebbare verkündete Neunundvierzigste Verordnung zur der endgültigen Beschlußfassung im Rat Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschafts- gesetz - Verordnung (EWG) des Rates - Druckasche 7/3880 — zur Festsetzung der Hauptinterventionsorte für Ölsaaten und der dort geltenden abgeleiteten Interventionspreise für das überwiesen an den Ausschuß für Wirts chaft mit der Bitte um Wirtschaftsjahr 1975/1976 Vorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 6. November 1975 zur Festsetzung der monatlichen Zuschläge zum Richtpreis und zum Interventionspreis für Ölsaaten für das Wirt- Aufhebbare verkündete Vierunddreißigste Verordnung- zur schaftsjahr 1975/1976 Änderung der Außenwirtschaftsverordnung betreffend die Ausgleichsbeträge für Raps- und Rübsen — Drucksache 7/4014 — samen überwiesen an den Ausschuß für Wirts chaft mit der Bitte um — Drucksache 7/3817 — Vorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 11. Dezember überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und 1975 Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Überweisungen von EG-Vorlagen Verordnung (EWG) des Rates Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen über die zeitweilige, teilweise Aussetzung des autonomen überwiesen: Zollsatzes des Gemeinsamen Zolltarifs für Flugsimulatoren des Typs DC 10 „Link-Miles" der Tarifstelle ex 88.05 B Verordnung des Rates über die Einfuhrregelung für be- zur zeitweiligen, vollständigen Aussetzung des in der Ge- stimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in Taiwan meinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung an- — Drucksache 7/3788 — wendbaren Zollsatzes für die Einfuhr von Flugsimulatoren des Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12881 Präsident Frau Renger Typs DC 10 „Link-Miles" der Tarifstelle ex 88.05 B des häutet, der Tarifstelle ex 08.05 G des Gemeinsamen Zoll- Gemeinsamen Zolltarifs aus den neuen Mitgliedstaaten tarifs, mit Ursprung in der Türkei — Drucksache 7/3818 — — Drucksache 7/3855 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- fassung im Rat fassung im Rat Entscheidungen des Rates Verordnung (EWG) des Rates über einen Briefwechsel be- zur Ermächtigung der Kommission, Verhandlungen mit dem treffend Artikel 9 des Protokolls Nr. 1 zu dem Abkommen Europarat über den Beitritt der Gemeinschaft zum Europäi- zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem schen Übereinkommen über den Schutz von Tieren beim Staat Israel hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit internationalen Transport zu eröffnen Herkunft aus Israel in die Gemeinschaft über den Abschluß des Abkommens betr. den Beitritt der — Drucksache 7/3856 — Gemeinschaft zu dem Europäischen Übereinkommen über überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um den Schutz von Tieren beim internationalen Transport und Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- zur Änderung dieses Abkommens im Hinblick auf seine An- fassung im Rat wendung auf den innergemeinschaftlichen Handel — Drucksache 7/3819 — Verordnungen des Rates überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Ge- und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig meinschaftszollkontingenten für Sherry-Weine der Tarif- vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat stelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien (1976) Richtlinie des Rates zur 11. Änderung der Richtlinie Nr. über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines 64/54/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit- Gemeinschaftszollkontingentes für Malaga-Weine der Tarif- gliedstaaten für konservierende Stoffe, die in Lebens- stelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung mitteln verwendet werden dürfen in Spanien (1976) — Drucksache 7/3828 — über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Ge- überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesund- meinschaftszollkontingents für Jumilla-, Priorator-, Rioja- heit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der und Valdepenas-Weine der Tarifstelle ex 22.05 des Ge- endgültigen Beschlußfassung im Rat meinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien (1976) — Drucksache 7/3857 — Verordnung des Rates zur Aufrechterhaltung der Rege- lung der Aussetzung der Erteilung von Einfuhrgenehmigun- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um gen für Einfuhren in die Bundesrepublik Deutschland von Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Baumwollgeweben, roh und gebleicht, mit Ursprung in fassung im Rat der Bundesrepublik Brasilien Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Auftei- — Drucksache— 7/3829 lung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um für bestimmtes Sperrholz aus Nadelholz der Tarifnummer Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- ex 44.15 des Gemeinsamen Zolltarifs (1976)

fassung im Rat — Drucksache 7/3875 — Verordnung des Rates zur Aufrechterhaltung der Geneh- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um migungspflicht für die Einfuhren von synthetischen Socken Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- mit Ursprung in Taiwan in die Bundesrepublik Deutschland fassung im Rat und die Länder des Benelux Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung --- Drucksache 7/3830 — und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Zei- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um tungsdruckpapier der Tarifstelle 48.01 A des Gemeinsamen Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Zolltarifs (Jahr 1976) fassung im Rat — Drucksache 7/3876 — Verordnung des Rates zur Eröffnung eines Zollkontingents überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um für Frühkartoffeln der Tarifstelle 07.01 A II des Gemein Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- samen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern für das Jahr 1976 fassung im Rat — Drucksache 7/3831 — Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Ver- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um waltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Aprikosen- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- pülpe, der Tarifstelle 20.06 B II c) aal des Gemeinsamen fassung im Rat Zolltarifs mit Ursprung in Israel (Jahr 1976) Verordnung (EWG) des Rates über die im AKP-EWG-Ab- — Drucksache 7/3877 — kommen von Lomé vom 28. Februar 1975 vorgesehenen überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Schutzmaßnahmen Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- – Drucksache 7/3832 — fassung im Rat überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Verordnungen und Mitteilungen des Rates zum Schema Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- der Alleemeinen Zollpräferenzen der Europäischen Ge- fassung im Rat meinschaft für 1976 Richtlinie (EWG) des Rates zur zweiten Änderung der — Drucksache 7/3878 — Richtlinie des Rates Nr. 65/66/EWG zur Festlegung spezi- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um fischer Reinheitskriterien für konservierende Stoffe, die Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- in Lebensmitteln verwendet werden dürfen fassung im Rat — Drucksache 7/3833 — überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesund- Verordnungen des Rates heit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines endgültigen Beschlußfassung im Rat autonomen Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosilizium der Tarifstelle 73.02 C des Gemeinsamen Zolltarifs für Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Rege- das Jahr 1975 lung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanla- über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines genbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in autonomen Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosilizium- den Niederlanden dienstlich verwendet werden mangan der Tarifstelle 73.02 D des Gemeinsamen Zoll- — Drucksache 7/3834 — tarifs für das Jahr 1975 überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im autonomen Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit Rat einem Gehalt an Kohlenstoff von 0,10 Gewichtshundertteilen oder weniger und an Chrom von mehr als 30 bis 90 Ge- Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Rege- wichtshundertteilen (hochraffiniertes Ferrochrom) der Tarif- lung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atom stelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs für das Jahr anlagebediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle, 1975 die in Italien dienstlich verwendet werden über die Erhöhung des mit Verordnung (EWG) Nr. 195/75 — Drucksache 7/3835 — - vom 22. Januar 1975 eröffneten Gemeinschaftszollkontingents überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 4 Ge- Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat wichtshundertteilen oder mehr der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs für das Jahr 1975 Verordnung (EWG) des Rates zur Verlängerung der Gel- — Drucksache 7/3887 — tungsdauer der Verordnung (EWG) Nr. 1267/69 zur Fest- legung der Sonderbestimmungen, die bei der Einfuhr von überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um unter die Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 fallenden Waren Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- aus Griechenland in die Gemeinschaft anwendbar sind fassung im Rat — Drucksache 7/3854 — Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend eine überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um zweite Tranche der Nahrungsmittelsoforthilfe zugunsten Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- der Bevölkerungen in Südvietnam fassung im Rat Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über die Lieferung von Butteroil an das Amt des Hochkommissars Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Ver der Vereinten Nationen für Flüchtlinge als Nahrungsmittel- waltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Haselnüsse, hilfe im Rahmen des Programms 1975 für die notleidende frisch oder getrocknet, auch ohne äußere Schalen oder ent Bevölkerung Südvietnams 12882 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Präsident Frau Renger Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Abwei- überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und chung von der Verordnung (EWG) Nr. 1693/72 in bezug auf Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor die Verfahren für die Heranführung der Nahrungsmittelhilfe der endgültigen Beschlußfassung im Rat zugunsten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Verordnung (EWG) des Rates über eine Ausnahme von der — Drucksache 7/3888 — Begriffsbestimmung für „Ursprungserzeugnisse" mit Rücksicht überwiesen an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf die besondere Lage von Mauritius bei einigen Erzeug- mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der end- nissen der Textilindustrie gültigen Beschlußfassung im Rat — Drucksache 7/3928 — Beschluß des Rates über eine finanzielle Beihilfe der Ge- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um meinschaft zugunsten des Instituts für Maul- und Klauen- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- seuche in Ankara fassung im Rat — Drucksache 7/3889 — Richtlinie (EWG) des Rates zur Angleichung der Rechts- und überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstu- Forsten (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um fung, Verpackung und Kennzeichnung von Farben, Anstrich- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- mitteln, Klebstoffen und dergleichen fassung im Rat — Drucksache 7/3929 — Verordnung (EWG) des Rates überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Ge- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- meinschaftszollkontingents für getrocknete Feigen der Tarif- fassung im Rat stelle ex 08.03 B des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung des Schwellen- in Spanien (1976) preises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1975/76 über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Ge- — Drucksache 7/3930 — meinschaftszollkontingents für getrocknete Weintrauben der Tarifstelle 08.04 B 1 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ur- überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor sprung in Spanien (1976) der endgültigen Beschlußfassung im Rat — Drucksache 7/3908 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Richtlinie (EWG) des Rates zur Erfassung des grenzüber- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- schreitenden Güterkraftverkehrs im Rahmen einer Regional- statistik fassung im Rat — Drucksache 7/3931 — Verordnungen des Rates überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemein- Fernmeldewesen (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte schaftszollkontingenten für Portweine der Tarifstelle ex um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Be- 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Portugal schlußfassung im Rat (1976) zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemein- Verordnung des Rates zur Aufrechterhaltung der Genehmi schaftszollkontingents für Madeira-Weine der Tarifstelle gungspflicht für die Einfuhren von Handschuhen aus Ge ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Portu- wirken mit Ursprung in der Republik Korea nach Frankreich gal (1976) — Drucksache 7/3933 — zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemein- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um schaftszollkontingents für Moscatel-de-Setubal-Weine der Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfas- Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ur- sung im Rat sprung in Portugal (1976) Verordnung (EWG) des Rates über die Einführung einer — Drucksache 7/3909 — Regelung für die Beihilfe an die Seidenraupenerzeuger- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um organisationen Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- — Drucksache 7/3934 — fassung im Rat überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für getrocknete der endgültigen Beschlußfassung im Rat Weintrauben in unmittelbaren Umschließungen mit einem Richtlinie des Rates zur Anpassung der Rechtsvorschriften Gewicht des Inhalts von 15 Kilogramm oder weniger, der der Mitgliedstaaten über TAXAMETER Tarifstelle 08.04 B I des Gemeinsamen Zolltarifs — Drucksache 7/3935 — — Druckache 7/3910 — überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts recht- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- zeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat fassung im Rat Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 72/464/EWG Verordnung (EWG) des Rates über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2511/69 über Umsatzsteuer Sondermaßnahmen zur Verbesserung der Erzeugung und — Drucksache 7/3911 — Vermarktung von Zitrusfrüchten der Gemeinschaft überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2601/69 über Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Sondermaßnahmen zur Förderung der Verarbeitung bestimm- ter Apfelsinensorten Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für be- Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktordnung stimmte Textilerzeugnisse der Tarifnummern 55.05 und für Obst und Gemüse 55.09 sowie der Tarifstelle ex 58.01 A des Gemeinsamen zur Festsetzung des Mindestpreises und des besonderen Zolltarifs, mit Herkunft aus der Türkei (für das Jahr 1976) Mindestpreises für Tomatenkonzentrate — Drucksache 7/3921 — — Drucksache 7/3936 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor fassung im Rat der endgültigen Beschlußfassung im Rat Richtlinie des Rates zur Festsetzung des Höchstgehaltes an Verordnung (EWG) des Rates Erukasäure in Speisefetten, -ölen und -margarine, die in Lebensmitteln verwendet werden über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemein- schaftszollkontingents für Ferrosilizium der Tarifstelle 73.02 C Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- des Gemeinsamen Zolltarifs nung (EWG) Nr. 657/75 hinsichtlich der Standardqualität von Raps- und Rübsensamen über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemein- schaftszollkontingents für Ferrosiliziummangan der Tarif- — Drucksache 7/3922 — stelle 73.02 D des Gemeinsamen Zolltarifs überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemein- und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig schaftszollkontingents für Ferrochrom, mit einem Gehalt an vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Kohlenstoff von 0,10 Gewichtshundertteil oder weniger und Verordnung des Rates über Maßnahmen zur Anpassung an Chrom von mehr als 30 bis 90 Gewichtshundertteilen des Weinbaupotentials an die Marktbedürfnisse - hochraffiniertes Ferrochrom) der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 816/70 und 817/70 unter Berücksichtigung der — Drucksache 7/3940 — Entschließung des Rates vom 21. April 1975 über die Neu- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um orientierungen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- auf dem Tafelweinmarkt fassung im Rat — Drucksache 7/3923 — Verordnung (EWG) des Rates überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 267/75 und der Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der Verordnung (EWG) Nr. 1036/75 über die Destillation von endgültigen Beschlußfassung im Rat Tafelwein Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- — Drucksache 7/3941 — nung (EWG) Nr. 1192/74 über die Beihilfe für künstlich ge- überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und trocknetes Futter Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor — Drucksache 7/3924 — der endgültigen Beschlußfassung im Rat Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12883

Präsident Frau Renger Verordnung (EWG) des Rates nummer 56.04 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in zur Festsetzung des Zeitpunktes für das Inkrafttreten der Zypern (1976) Zollsenkungen, die für einige landwirtschaftliche Erzeug- zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemein- nisse in den Artikeln 8 und 9 des Protokolls Nr. 1 des schaftszollkontingents für Oberkleidung für Männer und Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemein- Knaben, der Tarifnummer 61.01 des Gemeinsamen Zolltarifs, schaft und dem Staat Israel vorgesehen sind mit Ursprung in Zypern (1976) — Drucksache 7/3942 — — Drucksache 7/3956 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- fassung im Rat fassung im Rat Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung und Verwaltung Verordnung des Rates eines präferentiellen Gemeinschaftsplafonds für bestimmte über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemein- in der Türkei raffinierte Erdölerzeugnisse und zur Einrich- schaftszollkontingenten für das Jahr 1976 für Baumwollgarne tung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren der Tarifnummer 55.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit dieser Erzeugnisse Ursprung in Malta — Drucksache 7/3943 — über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Ge- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um meinschaftszollkontingenten für das Jahr 1976 für synthe- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- tische und künstliche Spinnfasern der Tarifnummer 56.04 des fassung im Rat Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemein- schaftszollkontingenten für das Jahr 1976 für Oberkleidung zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemein- der Tarifnummer 60.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ur- schaftszollkontingents für Rohblei, anderes als Werkblei, sprung in Malta der Tarifstelle 78.01 A II des Gemeinsamen Zolltarifs über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemein- zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemein- schaftszollkontingenten für das Jahr 1976 für Oberkleidung schaftszollkontingents für Rohzink der Tarifstelle 79.01 A des für Männer und Knaben der Tarifnummer 61.01 des Gemein- Gemeinsamen Zolltarifs samen Zolltarifs mit Ursprung in Malta — Drucksache 7/3949 — — Drucksache 7/3958 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- fassung im Rat fassung im Rat Verordnung (EWG) des Rates Richtlinie (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemein- zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schaftszollkontingents für bestimmte in der Arabischen über gemeinsame Vorschriften für Hebezeuge und Förder- Republik Ägypten raffinierte Erdölerzeugnisse des Kapi- geräte tels 27 des Gemeinsamen Zolltarifs zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemein- über elektrisch betriebene Aufzüge schaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle, der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit — Drucksache 7/3959 — Ursprung in der Arabischen Republik Ägypten überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit — Drucksache 7/3950 — der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Ab- fassung im Rat kommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemein- Verordnung (EGKS, EURATOM, EWG) des Rates zur Fest- schaft und den Vereinigten Mexikanischen Staaten legung der Gruppe der Empfänger, der Bedingungen für die — Drucksache 7/3960 — Gewährung und die Sätze der Vergütungen, die den im überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Schichtdienst in Sinne von Artikel 56 a des Statuts arbeiten- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- den Beamten gewährt werden können fassung im Rat — Drucksache 7/3951 — Entscheidung des Rates (EWG) über die Änderung des Zeit- überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des plans für die Ausarbeitung des Jahresberichts über die wirt- Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat schaftliche Lage der Gemeinschaft Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung — Drucksache 7/3961 — (EWG) Nr. 2133/74 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Trau- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- benmoste fassung im Rat — Drucksache 7/3952 — Richtlinie des Rates über Abfälle aus der Titandioxid-Pro- überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesund- duktion heit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der — Drucksache 7/3964 — endgültigen Beschlußfassung im Rat überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Ausschuß für Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für gefro- der endgültigen Beschlußfassung im Rat renes Rindfleisch der Tarifstelle 02.01 A II a) 2 des Gemein- samen Zolltarifs (Jahr 1976) Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung — Drucksache 7/3953 — (EWG) Nr. 2511/69 des Rates vom 9. Dezember 1969 über Sondermaßnahmen zur Verbesserung der Erzeugung und überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vermarktung von Zitrusfrüchten der Gemeinschaft Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- fassung im Rat — Drucksache 7/3965 — überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Verordnung (EWG) des Rates Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemein- der endgültigen Beschlußfassung im Rat schaftszollkontingents für Grége, weder gedreht noch ge- zwirnt, der Tarifnummer 50.02 des Gemeinsamen Zolltarifs, Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der in Arti- für 1976 kel 3 des Protokolls Nr. 8 des Abkommens zwischen der zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschafts- Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der portugie- zollkontingents für Garne, ganz aus Seide, nicht in sischen Republik vorgesehenen Zollsenkung Aufmachungen für den Einzelverkauf, der Tarifnummer ex — Drucksache 7/3966 — 50.04 des Gemeinsamen Zolltarifs für 1976 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschafts- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- zollkontingents für Garne, aus Schappeseide, nicht in fassung im Rat Aufmachungen für den Einzelverkauf, der Tarifnummer ex 50.05 des Gemeinsamen Zolltarifs für 1976 Richtlinie (EWG) des Rates zur vierten Änderung der Richt- linie 73/241/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der — Drucksache 7/3954 — - Mitgliedstaaten für zur Ernährung bestimmte Kakao- und überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Schokoladeerzeugnisse Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- — Drucksache 7/3967 — fassung im Rat überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesund- Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen oder teil- heit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der weisen Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs endgültigen Beschlußfassung im Rat für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in der Türkei Verordnung des Rates über den Abschluß eines Abkom- — Drucksache 7/3955 — mens über den Handel mit Spinnstoffen zwischen der Euro- päischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Indien überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vor- sowie zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu lage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung diesem Abkommen im Rat — Drucksache 7/3970 — Verordnung des Rates überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemein Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- schaftszollkontingents für bestimmte Spinnfasern der Tarif fassung im Rat 12884 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Präsident Frau Renger Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Auftei- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um lung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- für Kolophonium, einschließlich „Brais résineux", der Tarif- fassung im Rat stelle 38.08 A des Gemeinsamen Zolltarifs für 1976 Verordnung (EWG) des Rates über einen Briefwechsel — Drucksache 7/3971 — betreffend Artikel 9 des Protokolls Nr. 1 zum Abkommen überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Staat Israel über die Einfuhr von Tomatenmark mit Her- fassung im Rat kunft aus Israel in die Gemeinschaft Beschluß des Rates für ein mehrjähriges Forschungs- und — Drucksache 7/3991 — Entwicklungsprogramm der Europäischen Wirtschaftsgemein- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um schaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes (indirekte Aktion) Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- 1976-1980 fassung im Rat — Drucksache 7/3972 — Verordnung des Rates über den Abschluß eines Abkommens überwiesen an den Ausschuß für Forschung und Technologie über den Handel mit Spinnstoffen zwischen der Europäischen (federführend), Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Wirtschaftsgemeinschaft und der Islamischen Republik Paki- Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat stan sowie zur Festlegung von Durchführungsbestimmun- gen in diesem Abkommen Beschluß des Rates (EWG) zum Abschluß der Vereinbarung über die Durchführung einer europäischen Aktion auf dem — Drucksache 7/3993 — Gebiet des Umweltschutzes zum Thema „Forschungsarbei- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um ten über das physikalisch-chemische Verhalten von Schwe- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- feldioxyd in der Atmosphäre" (Aktion 61 a) fassung im Rat Beschluß des Rates (EWG) zum Abschluß der Vereinbarung Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen Aussetzung über die Durchführung einer europäischen Aktion auf dem der Zollsätze für bestimmte industrielle Waren mit Ursprung Gebiet des Umweltschutzes zum Thema „Analyse der or- in Malta ganischen Mikroverunreinigungen im Wasser" (Aktion 64 b) — Drucksache 7/3995 — — Drucksache 7/3973 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um iiberwiesen an den Ausschuß für Forschung und Technologie Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- (federführend), Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des fassung im Rat Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Beschluß des Rates fiber die Aufnahme im Namen der Ge- Mitteilung des Rates über eine Sofortnahrungsmittelhilfe meinschaft von mehreren Anhängen zu dem Internationalen an Guinea Bissau und die Kapverdischen Inseln Übereinkommen zur Vereinfachung und Harmonisierung der Verordnung (EWG) des Rates über die Lieferung von Ma- Zollverfahren germilchpulver als Nahrungsmittelhilfe an Guinea Bissau — Drucksache 7/3996 — und die Kapverdischen Inseln im Rahmen der Verordnung überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des (EWG) Nr. 3236/74 des Rates Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat — Drucksache 7/3974 — überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor Verwaltungsvorschriften über den Zahlungsaufschub für der endgültigen Beschlußfassung im Rat Ein- und Ausfuhrabgaben Richtlinie des Rates über die Qualität von Wasser für den -- Drucksache 7/3997 — menschlichen Gebrauch überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage — Drucksache 7/3975 — des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Verordnung des Rates zur Änderung der Haushaltsordnung Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat vom 25. April 1973 für den Gesamthaushaltsplan der Euro- päischen Gemeinschaften Verordnung des Rates zur Schaffung eines Finanzmechanismus — Drucksache 7'4003 — — Drucksache 7/3978 — üb erwiesen an den Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage überwiesen an den Haushaltsausschuß (federführend), Finanz- des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung ausschuß, Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage im Rat des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung besonderer Vorschriften für die Einfuhr von Erzeugnissen des Wein- Verordnung (EWG) des Rates über ein gemeinschaftliches sektors aus bestimmten Drittländern Verfahren zur Unterrichtung und Konsultation über die — Drucksache 7/4010 — Preise für Rohöl und Mineralölerzeugnisse in der Gemein- schaft überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor — Drucksache 7/3979 — der endgültigen Beschlußfassung im Rat überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verord- fassung im Rat nung Nr. 17/64/EWG über die Bedingungen für die Beteili- gung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für Verordnung (EWG) des Rates zur Fortsetzung von Pla- die Landwirtschaft fonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Über- wachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und in Israel Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung ins Rat — Drucksache 7/3980 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung für das Wein- Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- wirtschaftsjahr 1975/76 des von den Tnterventionsstellen zu fassung im Rat zahlenden Preises für Alkohol, der ihnen im Rahmen der Verpflichtung zur Destillation der Nebenerzeugnisse der Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Körperschafts- Weinbereitung geliefert wird, und des dabei vom Euro- steuersysteme und der Regelungen der Quellensteuer auf päischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Land- Dividenden wirtschaft, Abteilung Garantie, zu übernehmenden Höchst- — Drucksache— 7/3981 anteils überwiesen an den Finanzausschuß (federführend), Ausschuß für überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden Verordnung des Rates zur Abänderung der Ratsverord- nung Nr. 1056/72 über die Mitteilung der Investitionsvor- Verordnung (EWG) des Rates über allgemeine Regeln für haben von gemeinschaftlichem Interesse auf dem Erdöl-, die Sonderdestillation von Tafelwein nach Artikel 33 a der Erdgas- und Elektrizitätssektor an die Kommission Verordnung (EWG) Nr. 816/70 — Drucksache 7/3987 — überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschluß- erhoben werden fassung im Rat Verordnung (EWG) des Rates Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der Beihilfe an Hopfenerzeuger für die Ernte 1974 über die Gewährung von Beihilfen zur privaten Lagerhal- lung von Magermilchpulver — Drucksache 7/3989 — zur Festlegung einer besonderen Maßnahme für den Absatz überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und von Magermilchpulver aus öffentlicher Lagerhaltung zur Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor Ausfuhr in Form von Mischfutter der endgültigen Beschlußfassung im Rat er Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 155!75 über den Verordnung (EWG) des Rates zur vierten Verlängerung Verkauf von Magermilchpulver aus öffentlicher Lagerhal- der Verordnung (EWG) Nr. 2313/71 und 2823/71 über die tung für die Lieferung nach Entwicklungsländern zeitweilige teilweise Aussetzung der Zollsätze des Gemein- über die Festlegung der Grundregeln betreffend die aus- samen Zolltarifs für Wein mit Ursprung in und Herkunft schließliche Verwendung von Milchfett und Milcheiweiß aus Algerien, Marokko, Tunesien und der Türkei fiber den Ausschluß bestimmter Milcherzeugnisse vom ak- — Drucksache 7/3990 — tiven Veredelungsverkehr Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12885 Präsident Frau Renger überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor So richtig es aber ist, daß wir dieser Grundent- der endgültigen Beschlußfassung im Rat scheidung von damals einen wesentlichen Teil un- Verordnung (EWG) Nr. 2107/75 des Rates vom 6. August seres inzwischen erreichten Wohlstandes verdan- 1975 zur Verlängerung der Regelung für den Warenver- kehr mit Tunesien ken, so wahr ist es auch, daß uns die zur Weltwirt- Verordnung (EWG) Nr. 2108/75 des Rates vom 6. August schaft weit geöffneten Fenster, Türen und Schleu- 1975 zur Verlängerung der Regelung für den Warenverkehr mit Marokko sen dann der kalten Zugluft oder dem Ansturm aus- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um ländischer Inflation aussetzen, wenn die Weltwirt- Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Aus- schuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden. schaft ihrerseits von Krisen heimgesucht wird, wie wir das nunmehr seit fast zwei Jahren spüren. Verordnung (EWG) Nr. 1302/75 des Rates vom 20. Mai 1975 zur zeitweiligen, vollständigen Aussetzung der in der Gemeinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung gel- Ich hatte mit vollem Bedacht diesen Gefahren tenden Zollsätze für die Einfuhr von einigen Waren aus den neuen Mitgliedstaaten aus der Weltwirtschaft bereits in der Regierungser- überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um klärung am 17. Mai des vorigen Jahres hier und in Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Aus- schuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden jeder öffentlichen Rede seither ein volles Kapitel gewidmet. Ich habe in den beiden Leitworten jener Ich rufe nunmehr Punkt 2 der Tagesordnung auf: Regierungserklärung, nämlich Kontinuität und Kon- zentration, zum Ausdruck gebracht, daß sich an der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung fortgeltenden Richtigkeit und Notwendigkeit sozial- liberaler Politik in unserem Lande nichts ändert, Das Wort hat der Herr Bundeskanzler. daß wir uns aber in einer Zeit weltweit wachsender wirtschaftlicher und finanzieller Sorgen auf das Schmidt, Bundeskanzler: Frau Präsidentin! Meine Wesentliche konzentrieren mußten, auf das, was fi- Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat nanziell geleistet werden konnte und geleistet wer- seit der Weltwährungskrise 1973 zu wiederholten den kann, und daß wir anderes beiseite lassen. An Malen die Lage unserer Volkswirtschaft debattiert, dieser Grundeinschätzung, an dieser Grundbeurtei- wie sie sich in der Verschärfung der weltweiten In- lung hat sich nichts geändert. flations-, Währungs- und Rezessionsprobleme je- Nun stelle ich die Weltwirtschaft nicht als Ent- weils entwickelt hatte. Die Bundesregierung hat schuldigung an die Spitze, sondern vielmehr des- dem Parlament und der Öffentlichkeit dabei darge- halb, weil die Weltkrise der Zahlungsbilanzen von legt, wie ernst sie die volkswirtschaftlichen Folgen neun Zehnteln aller Staaten der Welt, des Wäh- des Zusammentreffens von Weltinflation, Zusam- rungssystems, der Ölpreise, der Terms of trade im menbruch des Weltwährungssystems von Bretton Welthandel, die Rezession des Welthandels und der Woods und Ölpreisschock mit den in der Folge da- Weltbeschäftigung die entscheidenden Daten sind, von verschärften Zahlungsbilanzproblemen der al- mit denen sich alle Regierungen der Welt — und lermeisten Welthandelsländer beurteilte. Aus der natürlich auch wir selbst — nun schon seit fast ständig sich beschleunigenden Weltinflation, aus zwei Jahren ohne Pause auseinanderzusetzen ha- dem Auseinanderbrechen des Weltwährungssy- ben. stems zu Beginn der 70er Jahre und aus der Öl- und Rohstoffkrise, die im Herbst 1973 begann, hat Das Institut der Deutschen Wirtschaft, das wahr- sich 1974 eine Weltrezession entwickelt, die alles lich dieser Bundesregierung nicht nahesteht, hat in den Schatten stellt, was wir seit der Depression diese Lage mit Recht — wörtlich — als „importier- der 30er Jahre erlebt haben. te Rezession" bezeichnet. Das Institut hat vor acht Wochen, Mitte Juli, festgestellt — ich zitiere —: Von Anfang an war klar, daß die Bundesrepublik in einer solchen, überall auf dem Erdball gleichge- Der Außenhandel, der in früheren Schwächepe- richteten Abwärtsfahrt der Weltwirtschaft die rioden der Binnennachfrage jeweils antizy- Kehrseite ihrer besonders intensiven Auslandsab- klisch wirkte, bildet diesmal den Mittelpunkt hängigkeit zu spüren bekommen würde. Allerdings der Nachfragerezession. Der Veränderung des haben wir — gemeinsam mit anderen — bis weit in Außenbeitrags kommt im zweiten Jahr nach- das Jahr 1975 geglaubt, die Weltwirtschaft und je- einander eine konjunkturprägende Rolle zu. denfalls unsere eigene Volkswirtschaft hätten den Ich füge dem hinzu: Anders als 1966/67, als der da- Tiefpunkt durchschritten. Dies muß klar als Irrtum malige rein national verursachte Konjunkturrück- bezeichnet werden. Tatsächlich hat sich ,die Weltre- gang zession noch vertieft. Man braucht nur die Ent- (Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU — wicklung etwa der Arbeitslosigkeitsraten während Beifall des Abg. Wehner [SPD]) der letzten Monate in unseren Partnerstaaten der Europäischen Gemeinschaft zu betrachten; sie lie- — ich bin begierig, hinterher etwas anderes zu er- gen übrigens fast überall höher als bei uns. fahren —, als der damals rein national verursachte Konjunkturrückgang Die damalige Grundentscheidung, die Bundesre- publik Deutschland außenpolitisch und außenwirt- (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe schaftlich zur Welt hin zu öffnen, ist eine der wich- von der CDU/CSU) tigsten Prinzipienentscheidungen der Nachkriegs- nicht allein durch binnenwirtschaftliche Maßnah- zeit gewesen. Ich denke, viele — und jedenfalls ich men, sondern mehr noch durch einen massiven in- — bezeugen dieser Entscheidung ausdrücklich Re- ternationalen Exportsog nach deutschen Gütern spekt und denken dabei an Adenauer und seinen überwunden wurde, herrscht heute in der Welt Wirtschaftsminister Erhard. eine Schrumpfung der Nachfrage. 12886 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt Öl-Die Schlußfolgerung daraus lautet: „Seit der nahmen und durch die zusätzlich notwendig wer krise, seit anderen Krisenerfahrungen der letzten denden Ausgaben. Jahre wissen wir besser als zuvor, daß es eine enge (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : In Ko und unauflösliche" — ich wiederhole: unauflösliche penhagen sind Sie der Wahrheit näher ge — „Wechselwirkung zwischen Außen- und Innen- kommen!) politik gibt. Viele Probleme — denken Sie an die jetzige Inflationsentwicklung, Inflationskrise, Wirt- Dies ist das Problem, dem sich die Bundesregierung schaftskrise in unserem Land und überall, vor al- zu stellen hatte, dem sich übrigens auch die Oppo- lem auch in der westlichen Welt — lassen sich auf sition zu stellen haben wird, nationaler Basis gar nicht mehr lösen." (Beifall bei der SPD und der FDP — La Ich möchte annehmen, daß das ganze Haus dieser chen und Zurufe von der CDU/CSU) Schlußfolgerung zustimmt. Wer meint, er könne ihr nicht zustimmen, sollte bedenken, daß es sich hier und zwar mit dem Blick auf den Zeitraum bis hin um Äußerungen des Vorsitzenden der CDU, Dr. zur Schwelle der achztiger Jahre. Wer für diese Helmut Kohl , handelt. Problemstellung nichts anderes übrig hätte als die zwar verletzende, aber eben nichts erklärende oder (Zuruf von der CDU/CSU: Es hat ja nie gar beweisende Formel von Mißwirtschaft, Staats- mand etwas gesagt!) bankrott und Offenbarungseid, der muß sich fragen lassen, ob sein Erkenntnisstand zur Bewältigung Übrigens hat Herr Kohl diese Äußerungen nicht in dieser Aufgaben ausreicht. Richtung auf die Teilnehmer der deutschen Debatte getan — leider nicht —, sondern vielmehr an Zuhö- (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP) rer im Ausland gerichtet. Wir bitten dieses Haus, den tatsächlichen Hinter- Für die Bundesregierung ziehe ich die folgenden grund der weltwirtschaftlichen Entwicklung zu er- Schlüsse: kennen. Anders gerieten wir in Gefahr, in dieser Debatte uns und anderen die Wahrheit schuldig zu Erstens. Die importierte Rezession ist mit Haus- bleiben. mitteln allein nicht zu überwinden, sondern nur teilweise abzufangen. Überwunden werden kann sie Viertens. Binnenwirtschaftlich haben Bundesbank nur durch gemeinsames, abgestimmtes Handeln im und Bundesregierung im Verlauf dieser Entwick- weltwirtschaftlichen Rahmen. Die Bundesregierung lung stets konsequent gegengesteuert. Diejenigen, hat seit 1974 — zuletzt in diesem Sommer in Brüs- die der Bundesregierung Fehleinschätzung der Lage sel im Europäischen Rat und in Bonn bei Besuchen vorwerfen, möchte ich daran erinnern, daß wir einer Reihe von führenden Staatsmännern der Welt schon seit Jahren vor den Gefahren einer zu großen und in Helsinki — getan, was möglich war, um un- Exportlastigkeit unserer Volkswirtschaft nicht nur sere Partner in gemeinsames Handeln einzubinden. gewarnt haben. Bereits 1969 hat die sozialliberale Wir haben dabei Erfolg gehabt, wenn auch das Er- Regierungskoalition Wechselkurskorrekturen vor- gebnis noch auf sich warten läßt. Wichtige Partner genommen, leider einige Jahre zu spät, wie ich ein- in und außerhalb der Europäischen Gemeinschaft räume; aber das hat nicht sie zu verantworten. — in iden letzten Tagen vor allem Frankreich — ha- ben je nach ihrer nationalen Lage mit unterschied- (Beifall bei der SPD und der FDP) lichen Schwerpunkten, aber orientiert am gemein- samen Ziel, ihre Programme in Gang gesetzt oder Ich selbst habe seit langem wiederholt vor der weltweit wachsenden Inflationsmentalität und vorbereitet. überzogenen Ansprüchen in allen westlichen Indu- Zweitens. Wenn im Jahre 1975 auch unser Sozial- strieländern gewarnt. Wir haben diese Warnung produkt nun zum erstenmal seit langer, langer Zeit nicht nur ausgesprochen, sondern auch ihr entspre- sinkt, so liegt das ausschließlich an der importier- chend gehandelt. ten Rezession. (Widerspruch bei der CDU/CSU — Redde (Lachen bei der CDU/CSU) mann [CDU/CSU] : Mit wem?)

40 Milliarden DM Export — so die Schätzung des Wir haben hier in unserem Lande, verehrte Zuru- Sachverständigenrates; dies entspricht etwa 4 % fer, einen härteren und erfolgreicheren Kampf ge- des Sozialprodukts — werden in diesem Jahr wahr- gen die Inflation geführt, als er in irgendeinem an- scheinlich fehlen. - deren Land der Welt geführt wurde. Drittens. Diese fehlenden Exportchancen bedeu- (Beifall bei der SPD und der FDP) ten weniger Einkommen, weniger Erträge, weniger Steuern. Sie bedeuten gleichzeitig höhere Ausgaben Diese Bemühungen haben gegenwärtig zu einer des Staates, vor allem beim Bund, für Konjunktur- Dämpfung der Preissteigerungen auf 5,9 % geführt. programme und für die selbstverständliche soziale Solche einstelligen Preissteigerungsraten finden Sie Sicherung der Kurzarbeiter und der Arbeitslosen. gegenwärtig nur noch in der Schweiz, allerdings Zusammengefaßt: Die öffentlichen Finanzen werden mit 7,5 %, sowie in Osterreich, allerdings mit fast also, ausgehend von der Weltrezession, von beiden 9 %. In Amerika sind es fast 10% und in Däne- Seiten strapaziert: durch das Sinken der Steuerein- mark knapp 10 %. Alle übrigen Länder der westli- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12887 Bundeskanzler Schmidt chen Welt liegen um das Zweifache bis um das Schläge hat hinnehmen müssen, „durchkreuzt" — Vierfache über dem deutschen Preisanstieg. ich benutze den Ausdruck des Sachverständigenra- (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Dann nennen Sie tes — und verzögert worden. Dies gilt übrigens so- doch auch die Wachstumszahlen anderer gar für einige Öl-Überschußländer, die im Augen- Länder!) blick nicht entfernt diejenigen Erlöse erzielen kön- nen, mit denen sie geglaubt hatten, rechnen zu dür- — Ich komme darauf. Die Wachstumszahlen sind fen, und die ihre Programme ändern müssen. beispielsweise in den Vereinigten Staaten stärker zurückgegangen als bei uns, Herr Barzel. Die Bundesregierung weiß, daß es binnenwirt- schaftlich kein Mittel gibt, einen unvorhergesehe- Wir sind dem Schock der Ölpreissteigerungen im nen Exportausfall in dieser Größenordnung von 40 Herbst des Jahres 1973 unmittelbar entgegengetre- Milliarden DM voll durch zusätzliche Binnennach- ten. Die scharfen restriktiven Maßnahmen unseres frage zu kompensieren, schon überhaupt nicht Stabilitätsprogramms wurden unmittelbar darauf, kurzfristig. Selbst die zusammengefaßte Nachfrage- nämlich schon im Dezember 1973, aufgehoben, die macht aller öffentlichen Hände — Bund, Länder Investitionssteuer wurde ausgesetzt, die degressive und Gemeinden zusammen — kann dies nicht, ganz und die 7 b-Abschreibung wurden wieder zugelas- abgesehen davon, daß eine inflationsneutrale Fi- sen. Der Bundestag hat dann bis Dezember 1974 nanzierung eines solchen Volumens zusätzlicher drei zur Stärkung der privaten und der öffentlichen Binnennachfrage nicht zustande zu bringen wäre. Investitionen vorgelegte Programme gebilligt. Dazu Weder der Bund noch die Länder noch die Gemein- kamen seit Januar 1975 die Steigerungen der ver- den haben unbeschränkte Finanzierungsmöglichkei- fügbaren Einkommen der Privathaushalte durch die ten. Daß sie es nicht haben, entspricht der wohlbe- Steuer- und Kindergeldreform. Außerdem hat die dachten Ordnung unserer Geldverfassung; und das Bundesbank eine Kreditpolitik betrieben, die alle ist auch gut so. Zinssätze schnell und spürbar nach unten brachte. Die Bundesrepublik ist heute das Land mit dem Öffentliche Nachfragekompensation in dieser niedrigsten Diskontsatz. Höhe würde überdies, wie auch der Sachverständi- genrat mit Recht sagt, die Produktionsstruktur un- Diese Politik hat sich alles in allem sowohl ihrer serer Volkswirtschaft in einer Weise verändern, Anlage nach als auch in ihrer praktischen Durch- die mit unserer Stellung in der Weltwirtschaft führung als richtig angelegt und als wirkungsvoll nicht zu vereinbaren wäre. Denn es würden neue erwiesen. Die Inlandsnachfrage bei der Industrie — und andere Kapazitäten dadurch entstehen, die wir das ist das, was wir beeinflussen können — lag in dann im Aufschwung nicht mehr brauchen. Die den ersten sieben Monaten dieses Jahres real, d. h. jetzt brachliegenden Kapazitäten würden dennoch nach Abzug von Preissteigerungen, und saisonbe- nicht besser genutzt. Wir hätten mit einer giganti- reinigt um 4 % höher als in den sieben Monaten schen Verschwendung zu rechnen. unmittelbar davor, also als in den letzten sieben Es war jedoch erforderlich und auch finanzierbar, Monaten des Jahres 1974. einen im wesentlichen nicht exportorientierten In der Investitionsgüterindustrie — das ist der Schlüsselbereich unserer Wirtschaft, den Bausek- Hauptwirkungsbereich der Investitionszulage — tor, durch ein neues öffentliches Investitionspro- stieg in dem gleichen Vergleichszeitraum der reale gramm abzustützen. Mit diesem Bauinvestitionspro- Auftragseingang aus dem Inland um 17 %. Ich stel- gramm in der mittleren Dimension von knapp le dazu fest, daß die immer wieder zu hörende 6 Milliarden DM wird unmittelbar ein Auftragsvolu- Stimmungsmache gegen die Wirksamkeit jener In- men von 10 bis 12 Milliarden DM ausgelöst. Außer- vestitionszulage unberechtigt war. dem ist mit einem Multiplikator zu rechnen, der die Produktionswirkung etwa verdoppelt und in weite- (Beifall bei der SPD und der FDP) re Bereiche der Wirtschaft ausstrahlt. Besonders Sie hat trotz der zunehmenden Dämpfung der Aus- die mittelständischen Unternehmen werden mit landsnachfrage ausgereicht, auf der Basis vorgezo- neuen Aufträgen hieraus rechnen können. gener Inlandsaufträge Produktion und Beschäfti- Wir hätten übrigens gern in dieses Programm gung in wichtigen Teilen der Industrie — ich spre- auch ein Kapitel „Ausweitung des sozialen Woh- che z. B. von der Kraftfahrzeugindustrie — nicht nungsbaus" eingefügt. Aber die Mehrheit der Län- nur im ersten, sondern auch im zweiten Halbjahr der hat es abgelehnt, daran mitzuwirken. 1975 spürbar zu stützen. Das hatten wir allerdings auch erwartet. (Pfui! bei der SPD) Es bestand — ob seitens des Sachverständigen- Insgesamt mobilisieren die öffentlichen Hände rats und der deutschen wirtschaftswissenschaftli- damit seit Jahresfrist — also einschließlich der im chen Institute oder ob seitens der OECD und der 24 Herbst vorigen Jahres beschlossenen Konjunktur- in ihr vereinigten Regierungen aller Industriestaa- programme und der Investitionszulage und den Ent- ten und auch seitens der Bundesregierung — die lastungswirkungen der Steuer- und Kindergeldre- begründete Hoffnung auf einen allgemeinen Kon- form — damit rund 30 Milliarden DM Nachfrage. junkturaufschwung im Sommer 1975. Wie wir heute Für das jetzige Bauinvestitionsprogramm lösen üb- erkennen können, ist dieser Aufschwung von einem rigens Bund und Länder ihre restlichen noch ver- gleichzeitigen starken Rückgang der Konjunktur in bliebenen Konjunkturausgleichsrücklagen auf. allen Industrieländern — und nicht nur in diesen —, Die Regierung hat darauf geachtet, daß das Bau- in deren Folge der deutsche Export härteste investitionsprogramm nur solche Vorhaben umfaßt, 12888 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt die vergabereif sind, die keine oder doch möglichst gegen wohlbegründete finanzwirtschaftliche An- geringe Folgekosten für die öffentlichen Haushalte sprüche des Bundes durchzusetzen. bewirken und die eine schnelle und möglichst un- (Lebhafter Beifall bei der SPD und der komplizierte verwaltungsseitige Genehmigung er- FDP) möglichen. Wir bitten den Deutschen Bundestag, seinen Teil zum Gelingen dieses Programms beizu- Die Bundesfinanzen werden zusätzlich durch die tragen und seine Zustimmung schnell zu erteilen. vierte Haushaltsebene strapaziert. Ich spreche von der Europäischen Gemeinschaft. Die Länder beteili- Auch der Nachtragshaushalt 1975, der in den Zu- gen sich nicht an der Finanzierung der Ausgaben sammenhang gehört, ist eine Folge der weltrezessi- der Europäischen Gemeinschaft. Das ist dem Bund ven Entwicklung. Von den Mehrausgaben dieses überlassen. Nachtragshaushaltes von 6,3 Milliarden DM entfal- (Lachen bei der CDU/CSU) len allein 5,2 Milliarden DM auf zusätzliche Hilfen an die Bundesanstalt für Arbeit. Die Bundesregie- — Da gibt es nichts zu lachen! Denn das bedeutet, rung läßt — ich will darauf noch zurückkommen — daß der Bundeshaushalt zwischen zwei Mühlsteine keinen Zweifel daran, daß die zur sozialen Siche- gerät: Immer stärker wachsende Länderansprüche rung bei vorübergehender Arbeitslosigkeit beste- auf der einen Seite und immer schneller wachsende henden Einrichtungen voll und uneingeschränkt in- Finanzierungsansprüche der Europäischen Gemein- takt und leistungsfähig bleiben. schaft auf der anderen Seite. (Beifall bei den Regierungsparteien) (Beifall bei der SPD und der FDP — Weh ner [SPD] : Leider wahr! — Dr. Müller Die in diesem Nachtragshaushalt sich ausdrük- Hermann [CDU/CSU] : Alle haben schuld — kende Finanzlücke wird aber dadurch noch wesent- außer Ihnen!) lich größer, daß auch auf der Einnahmenseite rezes- sionsbedingte Steuermindereinnahmen in Höhe von Man ist deswegen auch kein schlechter Europäer, fast 7 Milliarden DM stehen. Wer arbeitslos ist, wenn man sich dagegen wehrt, daß diese schnell zahlt keine Steuern. Ein Unternehmen, das rote wachsende finanzielle Beanspruchung durch gewis- Zahlen schreibt, zahlt keine Steuervorauszahlungen. se Politiken der Europäischen Gemeinschaft be- Außerdem sind hier weitere 2 Milliarden DM Min- grenzt bleibt. Man ist im Gegenteil ein guter Euro- dereinnahmen des Bundes angesetzt, die dort nicht päer, wenn man aufpaßt, daß auch in anderen Staa- zu stehen bräuchten, wenn die Mehrheit der Bun- ten Europas und ebenso in den Gremien der Euro- desländer bei der Neuverteilung der Umsatzsteuer päischen Gemeinschaft die Ratio beim Geldausge- nach der Kindergeld- und Steuerreform zu einem ben — zumal wenn es Geld ist, das andere erst auf- sachlich angemessenen Kompromiß bereit gewesen bringen müssen — beachtet wird. wäre. (Beifall bei der SPD und FDP — Dr. Mül (Beifall bei der SPD und der FDP) ler-Hermann [CDU/CSU] : Das müssen Sie Ich muß an dieser Stelle einfügen, daß ich in dem sagen!) Steuerverteilungsstreit ein Symptom für die neuere Der Bundeshaushalt insgesamt kommt so im Lau- Entwicklung unserer bundesstaatlichen Finanzver- fe der letzten Jahre in die Gefahr, von beiden Sei- fassung sehe, die ich mit steigender Besorgnis ver- ten — von der Länderseite, die gleichzeitig die Sei- folge. Die Gewichtsverschiebung der gemeinsamen te der Gemeinden ist, ebenso wie von der Seite der Finanzmasse zugunsten der Länder und zu Lasten Europäischen Gemeinschaft — in die Schere ge- des Bundes bei gleichzeitig verstärkter Mitfinanzie- nommen zu werden. Wenn die Bundesregierung rung von Länderaufgaben durch den Bund bis hin sich jetzt entschieden hat — wie ich dies im Laufe zur Einrichtung der sogenannten Gemeinschaftsauf- des Frühjahres den Herren Ministerpräsidenten als gaben am 1. Januar 1970 — das alles hat die Bun- unausweichliche Konsequenz ihres Handelns recht- desfinanzen in eine sich immer weiter öffnende zeitig vor Augen gestellt hatte —, bei den soge- Schere gebracht. Die Schere wird dann um so be- nannten Gemeinschaftsaufgaben — beginnend mit denklicher, wenn die Mehrheit der Länder ihr par- dem Haushaltsjahr 1977 — die Ansätze im Bundes- teipolitisches Übergewicht gegenüber dem Bund so haushalt real um 10 % zu senken, dann ist dies ein ausnutzt, wie es geschehen ist. erster konsequenter Schritt zur Verringerung von (Beifall bei der SPD und der FDP) Ausgleichsleistungen des Bundes an die Länder. Wo infolge dieser Entscheidung etwa in der Finan- Zum erstenmal seit 1949 ziehen Bundestagsmehr- zierung von Krankenhäusern oder Verkehrsbauten heit und Bundesratsmehrheit nicht grundsätzlich dann ab 1977 auch gesetzliche Grundlagen geändert am gleichen Strange, jedenfalls nicht in derselben - werden müssen, haben wir Ihnen diese heute schon Richtung. Die Bundesratsmehrheit scheut sich im Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der nicht, das Interesse einiger Länder und das Interes- Haushaltsstruktur vorgelegt. Eine Konzentration se der Opposition an der Durchsetzung einer Poli- und Besinnung auf die eigentlichen Aufgaben des tik, Bundeshaushalts ist nötig, zumal von seiner Finanz- (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie wollen masse, die aber doch nur zwei Fünftel der öffentli- wohl eine Volksfront?) chen Finanzen in unserem Bundesstaat ausmacht, die sie im gewählten Parlament nicht durchsetzen auch noch die entscheidenden Beiträge zum Abfan- kann, gen der Rezession, zur Verstetigung der Konjunk- (Wehner [SPD] : Sehr wahr!) tur erwartet werden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12889 Bundeskanzler Schmidt In dem Entwurf des Nachtragshaushalts sind üb- Wohnlandes nach den dort geltenden Vorschriften rigens als Verpflichtungsermächtigungen auch die erhält. In einer Zusatzvereinbarung werden die ge- geschätzten Zinszuschüsse eingestellt, die in den genseitigen Ansprüche aufgerechnet. Die aus der Jahren bis 1999 dadurch anfallen, daß die Bundes- Aufrechnung resultierenden Ansprüche gegen die regierung die Kreditanstalt für Wiederaufbau be- deutsche Sozialversicherung werden durch die Zah- auftragt hat, einer von der polnischen Regierung lung einer Pauschalsumme in Höhe von 1,3 Milliar- benannten polnischen Bank einen zinsverbilligten den DM in drei Jahresraten an Polen abgegolten. Finanzkredit zu gewähren. Eine derartige Abgeltung von Sozialversicherungs- (Reddemann [CDU/CSU] : Wie hoch ist ansprüchen in Form von Pauschalzahlungen ist üb- denn der Kreditzins? — Weitere Zurufe rigens auch von früheren Bundesregierungen in den von der CDU/CSU) 50er und in den 60er Jahren mit Osterreich, mit Lu- xemburg, mit den Niederlanden, mit Jugoslawien Diese Zinszuschüsse sind im Haushaltsgesetzent- vereinbart worden. wurf 1976 erstmalig mit 35 Millionen DM veran- (Zurufe von der CDU/CSU) schlagt. Der Kredit selbst in Höhe von einer Mil- liarde DM soll unter weitestgehender Schonung des Dies ist im Prinzip nichts Besonderes. Im übrigen inländischen Kapitalmarktes aufgenommen werden. werden die deutschen Versicherungsträger durch Für die erste Tranche, das erste Drittel in Höhe von die Pauschalabgeltung nicht schlechter gestellt, 340 Millionen DM, ist deshalb an eine Aufnahme im weil damit Zahlungsverpflichtungen mit möglichen Ausland gedacht. Es ist sichergestellt, daß die Mit- Belastungen über die Pauschale hinaus entfallen. telbeschaffung mit der Bundesregierung abgestimmt Die Pauschale macht übrigens 2/10 % der Gesamt- wird. ausgaben der Rentenversicherung in diesen drei Jahren aus. Ich benutze diese Gelegenheit zu einer Bemer- kung über die mit der Volksrepublik Polen wäh- b) Die Bundesrepublik Deutschland vermittelt rend der Sommerpause des Deutschen Bundestages und verbilligt Polen den bereits erwähnten Finanz- erzielten Einigungen. Die deutsch-polnischen Bezie- kredit. hungen sind durch den Warschauer Vertrag vom c) Die polnische Regierung erklärt sich bereit, in- Dezember 1970 auf eine neue Grundlage gestellt nerhalb von vier Jahren etwa 120 000 bis 125 000 worden. Dieser Vertrag brachte den von beiden Personen, die die Kriterien der zum Warschauer Seiten angestrebten Normalisierungsprozeß erstma- Vertrag von der polnischen Regierung abgegebenen lig in Gang. sogenannten „Information" erfüllen, die Ausreise (Beifall bei der SPD und der FDP — La zu gestatten. Auch nach dieser Zeit kann dieser chen bei der CDU/CSU) Personenkreis ohne zeitliche Einschränkung die Ausreise beantragen. Die Ergebnisse, die in dessen Rahmen in den letz- ten fünf Jahren erreicht wurden, sind auf einigen Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich im ge- Gebieten befriedigend, so beim Reiseverkehr, so genwärtigen Zeitpunkt nicht im einzelnen zum In- auf dem Gebiet des Kulturaustausches. halt dieser Vereinbarungen Stellung nehmen kann; die Veröffentlichung der Texte wird verabredeter- (Zuruf von der CDU/CSU) weise nach ihrer Unterzeichnung, die für Oktober Die Belastungen der Vergangenheit erwiesen sich vorgesehen ist, erfolgen. Die authentischen und aber als zu stark, um schon in allen Bereichen den vollständigen Texte werden dann natürlich dem Normalisierungsprozeß zügig voranzubringen. Bundestag zugehen, und es wird hier Gelegenheit sein, sie ausführlich zu diskutieren und auch zu er- (Zuruf des Abg. Franke [Osnabrück] läutern. [CDU/CSU] — Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist denn was getan? — Weitere Zurufe Mein Amtsvorgänger, Bundeskanzler Brandt, hat von der CDU/CSU) seinerzeit bei der Beratung der Ostverträge hier ge- sagt: Immerhin konnten aber von 1971 bis Mitte 1975 Ein Vertrag ist ein Anfang. Der Austausch von (Zuruf von der CDU/CSU: Weniger ausrei Botschaftern, wirtschaftliche Zusammenarbeit, sen!) selbst die Lösung humanitärer Probleme wer- mehr als 58 000 Menschen aus der Volksrepublik den die Hypothek vieler Jahrzehnte nur lang- Polen in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen. sam abtragen. Wir wollen uns aber beharrlich um die ... Normalisierung bemühen. (Zuruf von der CDU/CDU: Weniger als Das galt damals und das gilt heute. vorher! — Weitere Zurufe von der CDU/- CSU) (Beifall bei der SPD und der FDP) Die Bundesregierung will die Belastungen und die Ich füge hinzu: Die Ostverträge haben in ganz aus ihnen erwachsenen Hindernisse überwinden. entscheidendem Maße zur Sicherung des Friedens Diesem Ziel dient die Einigung, die zwischen Par- in der Welt und in Europa beigetragen. Dies wird teichef Gierek und mir sowie zwischen den beiden von allen unseren Partnern anerkannt. Zuletzt ge- Außenministern in Helsinki erreicht wurde: schah dies von allen Staatsmännern an der Spitze a) Das Abkommen über die Renten- und Unfall- der europäischen Länder in Helsinki, allerdings mit versicherung wird sicherstellen, daß jeder Berech- Ausnahme der innerdeutschen Opposition. tigte seine Rente vom Versicherungsträger seines (Beifall bei der SPD und der FDP) 12890 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt Die in Helsinki erzielte Einigung zwischen den Einmütig und geschlossen legt die Bundesregie- Regierungen Polens und unseres Landes beruht auf rung den gesetzgebenden Körperschaften das Er- der Bereitschaft beider Seiten, die Beziehungen gebnis ihrer intensiven Beratungen vor. Das Bera- zwischen beiden Staaten fortzuentwickeln, Bela- tungsergebnis und die daraus resultierenden Vorla- stungen aus der Vergangenheit zu überwinden und gen der gesetzgebenden und regierenden Koalition das deutsch-polnische Verhältnis auf die Zukunft konsolidieren die Finanzen des Bundes bis an die hin zu orientieren. Dieses Ziel war für keine der Schwelle der 80er Jahre; sie wirken sich auch posi- beiden Seiten dadurch zu erreichen, daß man Maxi- tiv auf die Finanzen der Länder und der Gemeinden malforderungen stellte und auf ihnen beharrte. Beide in jenem langen Zeitraum aus. Seiten mußten — und das werden sie auch in Zu- Um es noch einmal mit anderen Worten zu sa- kunft müssen — besondere Anstrengungen und Op- gen: Nicht nur der Bund, sondern auch die Länder fer erbringen, um einen beiderseits zumutbaren und und die Städte müssen 1975 und 1976 aus Rezessi- deshalb tragfähigen Kompromiß zu finden. Die Bun- ons- oder Konjunkturgründen zusätzliche Ausgaben desregierung ist der Überzeugung, daß in Helsinki leisten. Damit diese aber finanziert werden können, ein fairer Kompromiß zwischen Polen und Deut- müssen einerseits weniger wichtige Ausgaben ge- schen erreicht worden ist. kürzt und andererseits hohe Kredite aufgenommen Ich rechne zur Normalisierung der Beziehungen werden. In dem Maße aber, in dem die Wirtschaft natürlich auch die Intensivierung im Austausch anspringt und die Kredite selbst benötigt, dürfen von Gütern und Leistungen. Unsere Exporte nach dann die öffentlichen Defizite und die öffentlichen Polen haben sich von 1970 bis 1974 fast versechs- Kredite nicht mehr steigen. Deshalb muß die späte- facht. Unsere Einfuhren von dort haben sich im sel- re Kreditaufnahme der öffentlichen Haushalte nicht ben Zeitraum verdoppelt. Im weltwirtschaftlichen nur jetzt durch Einsparungen, sondern dann auch Krisenjahr 1975, in dem während der ersten sechs durch Steuererhöhungen reduziert werden. Monate unsere Exporte insgesamt zurückgingen, Infolge der Rezession werden im kommenden stieg unsere Ausfuhr in alle osteuropäischen soge- Jahr, also 1976, nach heutiger Schätzung allein nannten Staatshandelsländer zusammen um fast ein schon die Steuereinnahmen des Bundes um rund 20 Viertel, nämlich um 22 %. Milliarden DM niedriger liegen. Zu dem rezessions- (Dr. Marx [CDU/CSU] : Wie ist das denn bedingten Loch auf der Einnahmeseite kommen mit dem Geld?!) dann ebenfalls rezessionsbedingte zusätzliche Aus- gaben — vor allem für die Bundesanstalt für Arbeit Diese osteuropäischen Staaten, einschließlich Jugo- — in der Größenordnung von weiteren 6 Milliarden slawien, werden 1975 bereits 10 % unserer Gesamt- DM hinzu, so daß sich 1976 allein rezessionsbedingt ausfuhren aufnehmen. Was das in dieser weltwirt- ein Defizit von 26 Milliarden DM für den Bund er- schaftlichen Stagnationsperiode für unsere Wirt- gibt. Ohne diesen rezessionsbedingten Ausfall be- schaft und für die Beschäftigung unserer Arbeitneh- trüge das Finanzierungsdefizit des Bundes 1976 — mer bedeutet, muß hier wohl nicht näher ausge- zieht man zumal auch noch den wegen der starren führt werden. Haltung der Länder eingetretenen Steuerausfall ab (Beifall bei der SPD und der FDP) — „nur" 10,5 Milliarden DM, und dies wäre dann sicherlich keine übertriebene Größenordnung, und Meine Damen und Herren, ich komme zum Haus- ganz gewiß hätte das mit dem Gerede von den halt 1976, zu dem auch die mittelfristige Finanzpla- „chaotischen Finanzen" überhaupt nichts zu tun. nung für die Jahre 1975 bis 1979 gehört. Bei der ihn flankierenden Entscheidung für ein Gesetz zur Ver- Bei unseren jetzigen Sparentscheidungen kam es besserung der Haushaltsstruktur müssen wir davon im übrigen natürlich auf eine ausgewogene Lösung ausgehen — mußte die Bundesregierung jedenfalls an. Es gibt keinen Zweifel, daß wir ein Zurückstek- davon ausgehen —, daß die Rezession durch die ken von vielerlei Ansprüchen in dem Artikelgesetz, Mindereinnahmen und die Mehrausgaben in den Fi- das wir vorlegen, verlangen, von vielerlei Ansprü- nanzen des Bundes, aber auch der Länder und der chen, die sich in einer Zeit anhaltenden Wachstums Gemeinden Spuren hinterlassen wird, die auch entwickelt hatten und die auf eine ständige Zunah- dann noch fühlbar sein werden, wenn die Rezession me des verteilbaren Sozialprodukts abgestellt wa- inzwischen durch einen Aufschwung abgelöst sein ren. Was wäre das damals für eine Politik gewesen, wird. die in einer Zeit wirtschaftlicher Prosperität — zu- nehmender Prosperität — den Bürgern und den Ar- Die Bundesregierung muß deshalb darauf achten, beitnehmern die Früchte ihrer Arbeit hätte vorent- daß nicht die laufenden Staatsausgaben und die re- halten wollen zessionsbedingten Sonderprogramme den für den Aufschwung benötigten Spielraum für erwerbswirt-- (Zuruf von der CDU/CSU: Aber jetzt!) schaftliche Investitionen — öffentliche wie private aus lauter Angst davor, daß es uns auch einmal — von vornherein einengen und beschneiden. Es schlechter gehen kann? Das konnte damals die Po- war daher in erster Linie erforderlich, den staatli- litik der sozialliberalen Koalition nicht sein und chen Kreditbedarf auf mittlere Sicht, d. h. ab 1977, war sie auch nicht. zu reduzieren. Diese schwierige Aufgabe ist abhän- (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Über die Ver gig von den Beschlüssen der beiden Häuser des hältnisse leben!) deutschen Parlaments, des Bundestages, aber auch des Bundesrates. Ihre Lösung ist in der Konzeption Umgekehrt wird dafür heute den Bürgern Ein- geglückt; sie liegt Ihnen vor. sicht abverlangt, und ich weiß aus vielen Briefen, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12891 Bundeskanzler Schmidt aus öffentlichen Diskussionen und aus den Mei- alle anderen Arbeitnehmer durch die Erhöhung des nungsumfragen zu diesen Themata, daß unsere Bür- Arbeitslosenbeitrags um einen halben Prozentpunkt ger dies besser verstehen als die besoldeten Inter- ihres Einkommens getroffen werden. Die Bundesre- essenvertreter so manchen Verbandes. gierung ist deshalb offen für Erwägungen, in wel- (Beifall bei der SPD und der FDP) cher Weise dieser unterschiedlichen Belastung Rechnung getragen werden kann. Wenn der Bun- Sie verstehen nicht nur, sondern sie sind bereit, für destag die Möglichkeit einer Lösung dafür bereits eine Zeitlang zurückzustecken im Interesse des im Artikelgesetz fände, würde ein solcher Vor- Ganzen, im Interesse des öffentlichen Wohles. Und schlag auf das Interesse der Regierung stoßen. Er so spürbar und schmerzlich das im Einzelfall auch müßte allerdings die gleiche Einsparung wie die sein mag, die Bürger unseres Landes wissen und von uns vorgelegten Artikel-Entwürfe erbringen verstehen, daß wir nicht heute die Grundlagen un- und dürfte natürlich nicht dazu führen, daß der öf- serer zukünftigen wirtschaftlichen Prosperität, daß fentliche Dienst, was die Beseitigung von Wild- wir nicht die Grundlagen unserer finanziellen Soli- wuchs anbetrifft, nun vom Artikelgesetz ansonsten dität für morgen und übermorgen verspielen dür- völlig ausgenommen und die Entscheidung darüber, fen. Wir schränken uns ein, welchen Beitrag er zu erbringen hat, völlig auf die (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Sie ha nächste Tarif- und Besoldungsrunde verschoben ben sie schon verwirtschaftet!) würde. (Beifall bei der SPD und der FDP) ausgehend aber, Herr Kollege Müller-Hermann, von einem realen Einkommensniveau in unserem Land, Während einerseits offensichtliche Ungereimthei- einem realen Einkommensniveau unserer Arbeit- ten beseitigt werden, bleibt auf der anderen Seite nehmer, mit dem wir je nach Wechselkurs an drit- der gegenwärtige Besitzstand im großen und gan- ter oder vierter Stelle der ganzen Welt liegen, und zen gewahrt. Die Bundesregierung hat davon abge- zwar oben in der Spitzengruppe. sehen, Vorschläge zu machen, die offensichtlich (Beifall bei der SPD und der FDP — neue Ungereimtheiten schaffen würden, etwa im Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Und die Zusammenhang mit der Beitragserhöhung zur Ar- Investitionen, von denen wir morgen leben beitslosenversicherung. wollen, gehen ständig zurück! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Übrigens trifft die Änderung dienstrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften natürlich — Da Sie, Herr Zwischenrufer, immer so gern mit auch Richter und Soldaten. Gerade im Bereich der Ihrer Zeit vergleichen: Das allerdings war zu Ihrer Bundeswehr gibt es Vorschriften, die unter frühe- Zeit nicht der Fall und war nicht erreicht. ren Bedingungen — z. B. am Arbeitsmarkt — ihren (Beifall bei der SPD und der FDP) guten Sinn gehabt, ihren Dienst getan haben, die heute aber eine Anpassung an geänderte Verhält- Nun ein paar Worte zu den Einzelentscheidun- nisse sehr wohl ertragen. Dies mindert gewiß nicht gen. Was die Strukturveränderungen im öffentlichen das hohe Gewicht, das die Verteidigungspolitik un- Dienst angeht, die mit Rücksicht auf die beabsich- verändert besitzt, und es mindert ebensowenig die tigte Reform des öffentlichen Dienstes angelegt Anerkennung, die wir den Soldaten schulden, ohne werden, ist die Bundesregierung davon ausgegan- die ja unsere Entspannungspolitik gar nicht mög- gen, daß man von Beamten, Angestellten und Ar- lich wäre. beitern eine besondere Hingabe an das Gesamtin- (Beifall bei der SPD und der FDP) teresse erwarten darf und darin im allgemeinen auch nicht enttäuscht wird. Allerdings halte ich es Manche der den öffentlichen Dienst betreffenden nicht für gut, wenn in bezug auf den öffentlichen Einsparungen können übrigens in bezug auf Arbei- Dienst draußen häufig mehr von Privilegien geredet ter und Angestellte natürlich nur auf tarifvertragli- wird als von der Verantwortung des öffentlichen chem Wege, d. h. also durch Verhandlungen zwi- Dienstes und von seiner Pflichterfüllung, einer schen Arbeitgeber und Gewerkschaften, verwirk- Pflichterfüllung, die doch die Angehörigen des öf- licht werden. fentlichen Dienstes an den Tag legen und denen je- Im Vergleich zum öffentlichen Dienst, meine Da- dermann Dank schuldig ist. men und Herren, schneiden die Änderungen des (Beifall bei der SPD und der FDP) Arbeitsförderungsgesetzes stärker ein. Sie sind aus Andererseits wird es aber die Angehörigen des öf- der nunmehr sechsjährigen Erfahrung mit dem Ge- fentlichen Dienstes auch nicht überfordern, wenn setz hervorgegangen. Erhalten bleibt natürlich der von ihnen, wie von anderen Gruppen in -unserem Rechtsanspruch auf Förderung der beruflichen Bil- Staate auch, temporäre Opfer und ein zeitweiliges dung. Einsparungen wird es aber dort geben, wo Zurückstecken verlangt werden. sich — gemessen an der Absicht des Gesetzes — ungewollte Übertreibungen herausgestellt haben Die Beamten als Gruppe innerhalb des öffentli- oder die Solidargemeinschaft der Versicherten mit chen Dienstes entrichten nun im Gegensatz zu den Aufwendungen für solche Personen belastet wird, übrigen Arbeitnehmern keinen Beitrag zur Arbeits- die gar keinen Beitrag geleistet haben. losenversicherung. Sie können also auch nicht (Beifall bei der SPD) durch die Beitragserhöhung belastet werden. Sie haben auch keine Ansprüche aus dem Arbeitsförde- Wir machen das Gesetz straffer, und wir machen es rungsgesetz. Was aber bleibt, ist die Tatsache, daß wirksamer. 12892 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt Freilich liegt es auch im Sinne des Solidargedan- dann unter seinen unrühmlichen Nachfolgern Pa kens, des Solidaritätsdenkens, auf dessen Boden pen und Schleicher, und es kam das Ende der er- ja die Bundesanstalt für Arbeit, die ganze Arbeits- sten deutschen Demokratie. losenversicherung und die Arbeitsförderung beru- (Stücklen [CDU/CSU] : Die SPD hat ver hen, daß bei erhöhter Beanspruchung und für die sagt in der Entscheidung!) Zeit erhöhter Arbeitslosigkeit die Versicherten — Ich denke, Herr Stücklen, daß wir diesmal klü- selbst auch erhöhte Beiträge leisten und daß nicht ger sein wollen. allein der Bundeshaushalt die Last trägt. Die Bun- desregierung hat daher beschlossen, den Beitrags- (Beifall bei der SPD — Dr. Müller-Her satz für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer jeweils mann [CDU/CSU] : Das war Geschichts um einen halben Prozentpunkt — zusammen also fälschung! — Weitere Zurufe von der um einen ganzen — von 2 % auf 3 % anzuheben. CDU/CSU) Heute, 1975, ist es ganz klar: Das System der so- (Zuruf von der CDU/CSU: Um 50 %!) zialen Sicherung steht in einer großen Bewährungs- probe. Die Rentner und die Arbeitslosen vertrauen — In dem Zusammenhang ist es gut, Herr Zwi- darauf, daß dieses System der sozialen Sicherung schenrufer, sich an das Jahr 1930, an den März 1930 sich bewährt. zu erinnern, wo die letzte parlamentarisch gestützte Regierung der ersten deutschen Demokratie, die (Beifall bei der SPD und der FDP) letzte Regierung, die über eine Mehrheit im Deut- Deshalb haben wir ja in den letzten sechs Jahren schen Reichstag verfügte, das Netz der sozialen Sicherheit durch vielerlei Verbesserungen engermaschig geknüpft, damit nie- (Reddemann [CDU/CSU] : Die von der mand — keine Frau und kein Mann — durch die SPD selbst gestürzt wurde!) Maschen dieses Netzes fallen soll. vor einer ähnlichen Frage stand, nämlich vor der (Beifall bei der SPD und der FDP) Frage der Erhöhung der Arbeitslosenversicherungs- Deswegen darf dieses Netz nicht durch unzweck- beiträge. Damals gab es bei einer etwa gleichgro- mäßige, durch überflüssige „Wildwuchs" -Belastun- ben Gesamteinwohnerschaft des Deutschen Reiches, gen, wie mein Freund das genannt nämlich rund 65 Millionen — die haben wir heute hat, unnötig beschwert werden. in der Bundesrepublik Deutschland beinahe auch —, 3 Millionen Arbeitslose. Der Arbeitslosenversiche- Umgekehrt: An anderer Stelle sind bei den öf- rungsbeitrag stand damals auf 3,5 %. Die Leistun- fentlichen Finanzen Opfer zugunsten der sozialen gen an die Arbeitslosen verschlangen immer größe- Sicherheit notwendig; denn nur dadurch schaffen re finanzielle Aufwendungen; das ist klar. Infolge- wir die Voraussetzungen für die Festigkeit des Net- dessen sollte der Versicherungsbeitrag von 3,5 % zes der sozialen Sicherheit auch und gerade in ei- auf 4 % erhöht werden. Die Wirtschaft und die po- ner Rezession. litische Rechte haben diese Erhöhung des Arbeits- (Beifall bei ,der SPD und der FDP) losenversicherungsbeitrages damals abgelehnt. Dar- Im Bildungsbereich wird der Kern unserer Politik an ist die letzte parlamentarisch-regierungsfähige durch die Einsparungen nicht berührt. Allerdings: Koalitionsmehrheit in Berlin zugrunde gegangen. Beim Bundesausbildungsförderungsgesetz werden (Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt nicht! — die Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/ einmalig ausgesetzt sowie die Freibeträge geändert. CSU) Dies und auch eine starke Umstellung auf darle- hensweise Förderung — die Bundesregierung hatte — Ich verstehe Ihre Aufregung, weil Sie nachträg- das am 17. Mai 1974 hier angekündigt — wird lich merken, daß Sie nicht in die Nähe der Deut- durch einen zeitlich befristeten Härteausgleich er- schen Volkspartei geraten möchten, in der Sie aber leichtert. doch sind, meine Damen und Herren von der CDU/ Von einer größeren Nüchternheit im Hochschul- CSU! bereich sind auch die Änderungsvorschläge zur (Lebhafter Beifall bei der SPD und FDP — Graduiertenförderung geprägt. Die Bundesregierung Reddemann [CDU/CSU] : Die Sozialdemo- hält es für angemessen, daß jemand, der über das kraten haben doch damals die Regierung Staatsexamen oder über die Diplomprüfung hinaus gestürzt! Das ist doch die Wahrheit, Sie sich ausbilden und einen zusätzlichen akademi- sagen die Unwahrheit, Herr Bundeskanz- schen Grad erwerben will, der infolgedessen dann ler! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) auch ein überdurchschnittliches Akademikerein- Nachdem das abgelehnt war, - kommen zu erwarten hat, die ihm dafür vom Steu- erzahler bereitgestellten Beträge später in vollem (Stücklen [CDU/CSU] : Von der SPD ab Umfang zurückzahlt, wenn er verdient. gelehnt!) (Beifall bei der SPD und der FDP) stürzte die damalige Regierung Müller (Franken). Es geht dabei auch um ein Stück sozialer Gerichtig- Es kam zu den Notverordnungs-Regierungen zu- keit gegenüber denjenigen, die zwar die Chance nächst unter Heinrich Brüning, einer solchen besonderen Förderung nicht haben, diese wohl aber durch ihre Steuern finanzieren. (fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU — Glocke des Präsidenten) (Beifall bei der SPD und der FDP) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12893 Bundeskanzler Schmidt Wir können heute morgen nicht jede einzelne und Gemeinden in der Größenordnung von 3 Mil- Entscheidung ansprechen. Ich muß aber betonen, liarden DM durch diese Maßnahmen entlastet. Wir daß wir natürlich die Landwirtschaft nicht ausneh- machen mit diesen Summen bereits 1976 einen men konnten. Insbesondere wird der landwirt- wirksamen Einstieg in die Konsolidierung der öf- schaftliche Aufwertungsausgleich über vier Jahre fentlichen Haushalte. stufenweise abgebaut. Dieser Ausgleich war anläß- lich der D-Mark-Aufwertung 1969 ursprünglich ei- Das Nettofinanzierungsdefizit des Haushalts 1976 gentlich nur für vier Jahre konzipiert und für die- wird auch noch bei knapp 39 Milliarden DM liegen. sen Zeitraum auch von den EG-Instanzen in Brüssel Dieser Betrag ist konjunkturgerecht. Es hat an ihm gebilligt. Er hat seinen Zweck erfüllt, die Anpas- in jüngster Zeit eine sehr zwiespältige Kritik gege- sung der Landwirtschaft an die Folgen jener Wäh- ben; wir werden sie heute wieder hören. Die Her- rungsveränderung zu erleichtern. ren Strauß, Kohl, Carstens oder Stoltenberg haben öffentlich gefordert, es sollten allein beim Bund Die Belastung für den Bundeshaushalt beträgt in- noch weitere 7 bis 10 Milliarden DM gespart wer- zwischen jährlich gut 1 Milliarde DM aus dieser den. speziellen Subvention. Wir sind allerdings der Mei- (Stücklen [CDU/CSU] : Herrn Friderichs nung, daß die landwirtschaftlichen Einkommen mit haben Sie vergessen, Herrn Bangemann rund 1,5 °/o jährlich nicht über Gebühr belastet wer- auch!) den, zumal inzwischen ja doch beträchtliche Ein- kommensfortschritte von 1969 bis heute haben er- Wir hören außerdem von Herrn Katzer, es solle reicht werden können. nicht so viel gespart werden, soweit es andere be- trifft. Aber mir kommt es mehr auf das weitere Die Sparförderung, meine Damen und Herren, ko- Sparen in der Größenordnung von noch einmal 7 stet die öffentlichen Haushalte insgesamt bald 10 bis 10 Milliarden DM an. Milliarden DM jährlich an Steuersubventionen. Schon von diesem Gewicht her bedurfte dieser Be- (Stücklen [CDU/CSU]: Friderichs! Bange reich sorgfältiger Prüfung. Im Vordergrund stand mann!) dabei das Bemühen, die besondere Attraktivität des Umgekehrt ist in letzter Zeit im Weltwährungs- 624-DM-Gesetzes aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig fonds, in der OECD, seitens der Europäischen Kom- hielten wir es aber für verantwortbar, die allgemei- mission, seitens Italiens, Englands und Hollands, nen Prämiensätze sowie auch die Wohnungsbau- umgekehrt gegenüber diesen Forderungen der Her- prämien an ,die steigende Sparwilligkeit und Spar- ren Carstens, Kohl, Strauß und Stoltenberg ist von fähigkeit anzupassen, wobei es der Bundesregie- den internationalen Instanzen noch vor wenigen rung darauf ankam, die Präferenz für das Woh- Tagen zum Teil von uns verlangt worden, wir soll- nungsbausparen zu erhalten. Übrigens wäre es ein ten bitte weniger sparen, als wir vorschlagen, großes Mißverständnis, wenn jemand aus der Sen- (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Für In kung der Prämiensätze schlösse, daß die Bundesre- vestitionen!) gierung das private Sparen nunmehr geringer be- werte. Vielmehr hoffen wir, daß insbesondere von wir sollten bitte statt dessen höhere Defizite produ- den Möglichkeiten des 624-DM-Gesetzes in Zukunft zieren und natürlich auch — das haben sie nicht so noch stärker als bisher Gebrauch gemacht wird. Es deutlich gesagt — höhere Preissteigerungen in gibt bisher bei 23 oder 24 Millionen Arbeitnehmern Kauf nehmen. Diese Kritik einiger ausländischer 19 Millionen solcher Verträge, die zum größeren Fachleute, die man ernst nehmen muß, und die Kri- Teil allerdings den Spielraum des Gesetzes noch tik der binnenländischen Opposition widersprechen keineswegs voll ausschöpfen. sich offensichtlich, stehen sich um 180 Grad gewen- det einander gegenüber und heben sich offensicht- (Sehr wahr! bei der FDP) lich gegenseitig auf. Wir verweisen auf die Bedeutung einer verstärkten (Zurufe von der CDU/CSU) betrieblichen und tarifvertraglichen Vermögensbe- teiligungspolitik. Der Opposition muß gesagt werden: Wir wollen nicht und wir dürfen auch nicht in eine maßstabslo- Übrigens, meine Damen und Herren: daß ausge- se Spareuphorie verfallen, weil wir nicht die Fehler rechnet der Präsident der Sparerschutzgemeinschaft der Brüningschen Deflationspolitik wiederholen für eine völlige Streichung aller Sparprämien ein- dürfen. getreten ist, bedeutet für mich nur eine von mehre- ren Merkwürdigkeiten der gegenwärtigen öffentli- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten chen Debatte, an der manche Personen teilnehmen der FDP) und sich hervortun, die vorher nicht genug nachge- - Wir dürfen nicht durch übertriebenes Sparen defla- dacht hatten. torische Prozesse einleiten und dadurch zusätzliche (Beifall bei ,der SPD und der FDP) Arbeitslosigkeit hervorrufen. Im Gegenteil! Auf Grund der soeben noch einmal skizzierten Der entgegengesetzten Kritik aus dem Ausland jetzigen Entscheidungen erreicht die Bundesregie- muß ich antworten: Wir wollen nicht noch höhere rung, und zwar bisher ohne die Steuererhöhungen, Defizite, wenn dies vermeidbar ist. Wir müssen in Verbesserungen gegenüber der alten bis vor drei Deutschland zu den Defiziten des Bundes diejeni- Wochen geltenden Finanzplanung, die sich schon gen der Länderhaushalte noch dazurechnen. Die 1976 allein beim Bund auf knapp 13 Milliarden DM Kritiker übersehen: Es gibt eben in England, Hol- belaufen. Zugleich werden die Finanzen der Länder land und Italien keine Länderhaushalte — jeden- 12894 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt falls nicht entfernt von dem Gewicht — und keine Das möchten wir von einer CDU hören, die noch Defizite bei den Ländern, die hier bei uns volks- vor wenigen Wochen auf ihrem Mannheimer Par- wirtschaftlich natürlich mitgerechnet werden müs- teitag, Herr Ministerpräsident Kohl, unter der Erfin- sen, wenn es um die Gesamtwirkung defizitärer dung einer „neuen sozialen Frage" neue Soziallei- Haushaltspolitik geht. stungen vorgeschlagen hat und beschließen wollte. (Beifall bei der SPD und bei der FDP) Übrigens, Herr Kohl, die soziale Frage ist in dieser Gesellschaft immer noch die alte soziale Frage. Wenn man Länder und Gemeinden mitzählt, gibt es 1976 ein Defizit aller öffentlichen Haushalte in (Lebhafter Beifall bei der SPD und der der Größenordnung von 65 Milliarden DM. Das sind FDP) 6 bis 7 % des Bruttosozialprodukts. Erheblich mehr Es stehen mit den Steuererhöhungen ab 1977 ins- wäre ein unvernünftiger Beitrag zu weiterer Welt- gesamt — — inflation und — später dann auch — zu weiterer (Ministerpräsident Dr. Kohl betritt den Ple Weltarbeitslosigkeit. narsaal — Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. — Wenn schon sonst kein Beifall, dann wenigstens Graf Lambsdorff [FDP] : Sehr richtig!) Auftrittsbeifall, auch wenn der Auftritt verspätet Immerhin, meine Damen und Herren, diese er- ist. wähnte ausländische Kritik, die der Ihrigen genau (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der entgegengesetzt ist, stammt von — wenn ich das FDP — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/ sagen darf — seriösen Fachleuten. Man kann das CSU] : Weit unter Niveau! — Dr. Müller von der inländischen Kritik nicht in gleicher Weise Hermann [CDU/CSU] : Ihnen muß das überall behaupten. Wasser ziemlich am Hals stehen!) (Beifall bei der SPD und der FDP) Was den Zeitraum der mittelfristigen Finanzpla- Entscheidend bleibt, daß die jetzt getroffenen nung angeht, steht von 1976 bis 1978 Einsparungen, Maßnahmen auch 1977 weiterwirken — auch 1978 wie wir sie in dem Artikelgesetz und in der Haus- und 1979 — und Unsicherheiten über die mittelfri- haltsplanung in Höhe von insgesamt 54 Milliarden stige Entwicklung der öffentlichen Finanzen aus- DM vorsehen, der Ertrag einer Steuererhöhung von räumen. So steigt diese Verbesserung allein beim insgesamt 18 Milliarden DM gegenüber. Das heißt, Bund — ohne die Steuererhöhungen schon zu rech- daß die Einsparungen bei der Konsolidierung der nen — 1977 auf knapp 19 Milliarden DM und dann öffentlichen Haushalte drei Teile ausmachen und 1978 auf 23 Milliarden DM. Die Zahlen zeigen, daß die Steuererhöhungen einen Teil. Dies ist das unsere Haushaltsverbesserungen im Schwergewicht Verhältnis: drei Viertel Einsparung, ein Viertel eben nicht auf Steuererhöhungen beruhen. Die Er- Steuererhöhungen. Einsparungen haben den eindeu- höhung der Mehrwertsteuer und der Tabak- und tigen Vorrang vor den dann eintretenden Steuerer- Alkoholsteuer — im über nächsten Jahr kommen höhungen. Das Jahr 1979 ist in diese Betrachtung die — bringen — — wegen der fehlenden Möglichkeit des Vergleichs mit der bisherigen, nur bis 1978 geltenden Finanz- (Zuruf von der CDU/CSU: Nach der Wahl!) planung nicht einbezogen. — Ja, wir sagen heute schon die Wahrheit; Sie sa- Nun zur Mehrwertsteuer. Die Erhöhung des Re- gen ja nicht, was Sie tun würden, falls, wider Er- gelsatzes auf 13 % hat die Bundesregierung jetzt warten, Herr Kohl Bundeskanzler würde. schon beschlossen — und sie wird auch jetzt das (Lebhafter Beifall bei der SPD und der Gesetz vorlegen —, damit vor allen Wahlterminen FDP) in der Zwischenzeit für alle Bürger, auch für alle Sie sagen ja nicht, wo Sie diese 7 oder 10 Milliar- Wähler klar ist, wie nach unserem Willen der wei- den DM herholen wollen. Herr Strauß beauftragt tere Kurs später verlaufen soll. Herrn Kohl, darüber zu schweigen, und fährt nach Diese Klarstellung ist auch für die Wirtschaft China. Das ist doch die wirkliche Lage. wichtig. Die Wirtschaft kann sicher sein, daß die (Lebhafter Beifall bei der SPD und FDP — Erhöhung ertragsabhängiger und ertragsunabhängi- Zurufe von der CDU/CSU) ger Steuern nicht erforderlich und nicht beabsich- tigt ist. Sie kann ebenso davon ausgehen, daß die — Das werden Sie noch so lange hören, bis wir öffentlichen Hände, die jetzt einen unverhältnismä- von Ihnen die Wahrheit über die Papiere hören, die ßig großen Anteil der privaten Ersparnis, einen gro- in Ihrer Partei zirkulieren. ßen Anteil der Geldkapitalbildung kreditweise an (Erneuter lebhafter Beifall bei der SPD und sich ziehen, im Aufschwung mit ihrer Nachfrage an der FDP) den Kreditmärkten zurückstecken werden und da- - Sie werden uns noch eingestehen müssen, ob Sie mit Raum entsteht für die Finanzierung von privat- wirklich entsprechend den Papieren, von denen wir wirtschaftlichen Investitionen. Wir brauchen diese in den Zeitungen lesen, in die Renten eingreifen privatwirtschaftlichen Investitionen dringend für wollen und ob Sie wirklich an die Kriegsopferren- neue Arbeitsplätze; wir brauchen sie dringend, um ten herangehen wollen. Das möchten wir hören. international wettbewerbsfähig zu bleiben. Deswe- gen belasten wir den Aufschwung nicht mit einer (Beifall bei der SPD und der FDP — Redde unnötigen Hypothek. mann [CDU/CSU] : Sie wissen genau, daß Sie die Unwahrheit sagen, Herr Schmidt! Zur Mehrwertsteuer zurück: Die Kindergeld- und — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Steuerreform hatte in den sogenannten Eckwertbe- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12895 Bundeskanzler Schmidt schlüssen der sozialliberalen Koalition ursprünglich eine besondere Verantwortung. Natürlich müssen aufkommensneutral sein sollen. Damals war an alle Tarifpartner wissen, daß der Stärkung der Er- eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt tragskraft unserer Wirtschaft zugunsten der Inve- gedacht. Ich darf daran erinnern, daß die von dem stitionsquote und zugunsten der Sicherung der Ar- damaligen Finanzminister Strauß noch etwas früher beitsplätze eindeutig der Vorzug vor etwaiger wei- eingesetzte Steuerreformkommission 1971 sogar die terer Steigerung der Reallöhne in diesem Augen- Erhöhung um 4 1/2 Punkte vorgeschlagen hatte. blick, in dieser Phase, gebührt. Auch wir wollten in unseren Eckwerten die Mehr- wertsteuer zum Ausgleich der für mehr Steuerge- Ich verweise in großem Ernst auf meine Darle- rechtigkeit notwendigen Steuerausfälle erhöhen: gungen zur Lohnquote und zur Ertragsquote der um einen Punkt. Unternehmen, die ich in der Regierungserklärung am 17. Mai 1974 von dieser Stelle gemacht habe. Jetzt, 1975, haben wir aus konjunkturellen Grün- Jene Darlegungen sind heute noch wichtiger als den davon abgesehen, das durchzuführen, erwarten damals. aber, daß diese konjunkturellen Gründe 1977 end- (Zuruf des Abg. Windelen [CDU/CSU]) gültig weggefallen sein werden. Inzwischen ist 1975 das Masseeinkommen — d. h. Ich will in dem Zusammenhang anmerken, daß netto und preisbereinigt, also real — in unserem eine Anhebung der Mehrwertsteuer natürlich die Land um 4 % gestiegen. Das schließt alle ein, Löh- zur Erhöhung der sozialen Gerechtigkeit durchge- ne, Gehälter, auch die Rentner, die Arbeitslosen führte Reform beim Kindergeld und bei der Lohn- und die Kurzarbeiter. und Einkommensteuer nicht rückgängig macht. Das System der familiengerechten Besteuerung, insbe- In den Reallöhnen liegt die Bundesrepublik sondere das Kindergeldsystem, bleibt davon unbe- Deutschland in der ganz kleinen Spitzengruppe der rührt. Welt. Aber das heißt eben auch, daß wir in der Lohnkostenbelastung und der Lohnnebenkostenbe- Im übrigen bringt die Mehrwertsteuerreform Ein- lastung unserer Produktion ebenso sehr in der Spit- nahmen in Höhe von dann insgesamt wahrschein- zengruppe der Welt liegen. Wer hier jetzt zusätz- lich 10 Milliarden DM. Inzwischen werden dann die lich etwas übertreiben wollte, gefährdete die inter- Mehrausgabe und die Mindereinnahme aus der Kin- nationale Wettbewerbsfähigkeit oder die Exportfä- dergeld- und Steuerreform im Jahre 1977 weit über higkeit, die Exportumsätze, die Exportaufträge sei- 16 Milliarden DM betragen. nes Unternehmens oder seiner Branche, er gefähr- Ich füge noch hinzu, daß die Mehrwertsteuer die dete außerdem die Erträge und die Investitionen, Finanz- und Investitionskraft der Unternehmen, an die doch für die zukünftige Beschäftigung dringend deren Stärkung uns sehr liegt, nicht trifft. notwendig sind. (Stücklen [CDU/CSU] : Der kleine Mann Ich bitte erneut herzlich darum, daß nicht nur in zahlt!) diesem Hause, sondern auch überall draußen keine Sie beeinträchtigt auch nicht die internationale Unklarheit über den sehr wichtigen Unterschied Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Im zwischen Privatentnahmen oder Privateinkommen übrigen müssen wir ja bei der Mehrwertsteuer ei- einerseits und dem Ertrag des Unternehmens auf nen Blick über die Grenzen werfen, vor allem zu der anderen Seite aufkommt. Über die Privatein- unseren Partnern in der Europäischen Gemein- kommen bzw. Privatentnahmen kann man, darf man schaft. Die Bundesrepublik wird auch nach dem — vielleicht muß man — vielerlei Meinungen ha- 1. Januar 1977 innerhalb der Europäischen Gemein- ben, was die gerechte Verteilung angeht. Hier schaft immer noch einen der niedrigsten Mehrwert- könnten übrigens auch manche Industrielle oder steuersätze haben, und die Harmonisierung dieser Bankiers oder leitende Angestellte ein eigenes öf- Steuersätze in Europa steht immer noch bevor. fentliches Beispiel geben. (Stücklen [CDU/CSU] : Zur Gewerbesteu (Beifall bei der SPD) er sagen Sie nichts!) Aber über die Notwendigkeit von Unternehmenser- trägen ist nicht zu streiten. Wenn ein Unterneh- Ich will an dieser Stelle eine Bemerkung zur men, ob groß oder klein, ob ein Gewerbe- oder ein Lohnrunde, zu den Erträgen und zu den Investitio- Handwerksbetrieb, auf längere Zeit statt Erträgen nen einfügen. rote Zahlen schreiben muß, dann ist eine Investi- Zunächst zur Lohnrunde. Die Bundesregierung tion seitens dieses Unternehmens nur bei guten Er- weicht nicht von ihrer bisherigen Haltung ab, an- tragserwartungen zu verantworten. ders als andere europäische Länder: An der- Tarif- (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wem autonomie der Tarifvertragspartner, der Gewerk- sagen Sie das!) schaften und der Arbeitgeber, soll nicht gerüttelt werden, Daran würden gegenwärtige Abschreibungserleich- (Beifall bei der SPD und der FDP) terungen nichts ändern. Für die Investitionsent- scheidung eines Unternehmens zählen seine Finanz- weder allgemein in der Wirtschaft noch im öffentli- kraft und seiner Markterwartungen. chen Dienst. Natürlich aber tragen die öffentlichen Hände, soweit sie zugleich Arbeitgeber sind, und Dabei ist es gewiß nicht unzulässig, darüber nach- der Bundesgesetzgeber bei den gesetzlich zu be- zudenken, wie auf weitere Sicht auch durch steuerli- stimmenden Besoldungserhöhungen in dieser Zeit che Differenzierung geholfen werden kann, wohlge- 12896 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt merkt: geholfen den Unternehmen , nicht den Un- nicht nur respektiert, sondern auch gesetzgeberisch, ternehmern , — eine wichtige Unterscheidung, in der Sozialpolitik, z. B. im Betriebsverfassungsge- die kürzlich Bundesminister Friderichs öffentlich in setz, honoriert haben. luzider Weise dargestellt hat. Wer hingegen den (Beifall bei der SPD und der FDP) Unternehmern heute steuerlich das Blaue vom Him- mel versprechen wollte, wer als Syndikus oder Prä- Das wird so bleiben. sident von Verbänden heute dergleichen Erwartun- (Zurufe von der CDU/CSU) gen lautstark präsentiert, irrt sich über die Zumut- barkeit. Schließlich wird heute vielen Millionen Deshalb werden wir auch diese Durststrecke durch- Menschen etwas genommen, was sie noch vor eini- stehen. Deshalb sind die Redensarten von Lohn- ger Zeit glaubten erwarten zu können. Denn die stopp und Lohnpause nicht sehr hilfreich. staatlichen Einsparungen, meine Damen und Her- (Beifall bei der SPD) ren, bedeuten doch fast in jedem Falle Einnahme- oder Einkommensausfälle in Privathaushalten, die Die Bundesregierung weiß, daß es zu dem kom- bisher durch diese staatlichen Ausgaben begünstigt binierten Programm, das ich hier vortrage, bisher waren. Wer so tut, als ob die Folgen der Weltre- keine Alternative gibt. Der Bürger weiß, daß das zession der Regierung Brandt/Scheel oder der jet- keine schwache, sondern eine starke Regierung ist, zigen Bundesregierung wegen ihrer Reformen zur (Lachen bei der CDU/CSU) Last gelegt werden müßten, der irrt sich erneut über die Zumutbarkeit seines Arguments. die solche Beschlüsse v o r einer Bundestagswahl und nicht sechs Wochen nach einer Bundestagswahl (Beifall bei der SPD und der FDP) vorlegt. Man kann schwerlich vom kleinen Mann Opfer (Lebhafter Beifall bei der SPD und FDP — verlangen, von den Arbeitnehmern, von ihren Ge- Lachen und Zurufe von der CDU/CSU) werkschaften Verzichte fordern und im gleichen Atemzuge neue, zusätzliche Vergünstigungen für Ich sehe Herrn Professor Carstens lachen. Er war sich selber verlangen. Das kann man schwerlich damals noch nicht im Deutschen Bundestag, als die tun. Regierung Erhard/Mende wenige Wochen nach (Beifall bei der SPD und der FDP) einer Bundestagswahl, die sie gewonnen hatte, alles das und noch mehr wieder einkassierte, was sie Ich sage für meine Person: ich bin sicher, daß die vorher als Gesetzgeber versprochen hatte. Gewerkschaften wie bisher und wie 1975 so auch im kommenden Jahr ihre Verantwortung gegenüber (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten dem Ganzen erkennen und danach handeln wer- der FDP — Zurufe von der CDU/CSU) den. Es kommt darauf an, das Erreichte zu sichern. Diese Koalition nimmt den Bürger ernst. Sie Wer das Erreichte in dieser Zeit noch steigern wollte, der könnte damit die arbeitslosen Kollegen (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : ... tut schädigen. das Gegenteil von dem, was sie gesagt hat!) Wenn unser Land im internationalen Vergleich in sagt ihm, was sie selber vorhat. Sie möchte auch vieler Hinsicht herausragend dasteht, dann ist dies ihrerseits vom Bürger ernst genommen werden. — so habe ich es Anfang des Monats vor dem Bun- (Zurufe von der CDU/CSU) desausschuß des DGB, zu dem ich eingeladen war, betont — wesentlich das Ergebnis einer verantwor- Die Opposition hingegen ist bis zum Augenblick tungsbewußten und klugen Gewerkschaftsbewe- nicht über den Ratschlag hinausgekommen, es müsse gung in unserem Lande. mehr gespart werden, ohne zu sagen, wo sie eigent- (Beifall bei der SPD und der FDP) lich den Rotstift ansetzen will. Die Gewerkschaften haben das letzte Mittel des (Beifall bei der SPD und der FDP) Streiks immer bewahrt, notfalls auch eingesetzt. Sie müssen uns sagen, ob Sie in die Sozialversiche- Aber im Gegensatz zu ihren Kollegen in manch an- rung hineinschneiden wollen — wenn ja, wieviel —, deren Staaten der Welt haben sie davon einen sehr ob in die Kriegsopferversorgung, ob in die Bundes- zurückhaltenden Gebrauch gemacht, dafür aber regierung eine stetige, auf Verhandlung, auf Vereinbarung angelegte verantwortungsvolle Strategie betrieben, (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU) und das, wenn man die letzten 25 Jahre sieht, mit — das hätten Sie wohl gerne, das weiß ich; dem Erfolg einer international ganz ungewöhn- lichen, ganz herausragenden Steigerung des Real- (Heiterkeit bei der SPD) einkommens, des realen Wohlstandes der Arbeit- ich meinte die Bundeswehr — hineingeschnitten nehmer in unserem Lande im Vergleich zu ande- werden soll, ob Sie in das Kindergeld — oder wo ren Ländern. immer — hineinschneiden wollen. Dies verschwei- Ich wiederhole es: Unser Vorsprung vor ande- gen Sie aber. Es ist legitim für Sie, daß Sie dies ren Industriegesellschaften in der Welt beruht weit- verschweigen. Es ist Ihr gutes Recht, zu schweigen. gehend auf unserer gewerkschaftlichen Organisa- Es ist Ihr gutes Recht, inhaltslos zu polemisieren. tion, auf deren Verhaltens- und Kampfesweise, Natürlich ist dies nach dem deutschen Grundgesetz auf deren Augenmaß und auf dem Ausmaß, in dem Ihr Recht. Gesetzgeber und Regierungen diese Tatbestände (Beifall bei der SPD und der FDP) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12897 Bundeskanzler Schmidt Niemand kann Sie zwingen, Substanz und Inhalt Auf der Basis einer gesunden sozialen und politi- vorzutragen. Das ist ganz klar. schen Stabilität dieses Landes (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Der SPD und der FDP — Dr. Müller-Hermann Schuldenkanzler!) [CDU/CSU] : Er polemisiert ausgezeichnet!) wird die Bundesregierung auch zukünftig konstruk- Falls Sie aber dabei bleiben, müssen Sie sich ge- tiv an der Lösung der immer schwieriger werden- fallen lassen, daß die Bürger und wir zu der Er- den internationalen ökonomischen Fragen mitwir- kenntnis kommen, daß niemand von uns wissen ken. Es gibt ja in Wahrheit keine Nationalökonomie kann, was Sie wirklich im Schilde führen. mehr für uns Deutsche, es gibt nur noch eine Inter- (Beifall bei der SPD und der FDP) nationalökonomie. Die Entscheidungen der Bundesregierung ver- (Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP) ändern keine Grundzüge der Politik der soziallibe- Durch die Aktivität in verschiedenen internatio- ralen Koalition. Es kann keine Rede davon sein, daß nalen Gremien tragen wir zu den weltweiten das, was wir hier gemeinsam ins sechs Jahren Lösungen bei. Noch bevor eine dauerhafte Etablie- Schritt für Schritt aufgebaut haben, rung eines neuen Weltwährungssystems vereinbart (Lachen bei der CDU/CSU) ist, stellen ja z. B. Entwicklungsländer, vor allem aber die sich ihrer politisch-ökonomischen Macht nun wieder mit einem Federstrich weggenommen bewußt gewordenen Ölländer die gegenwärtige, würde. bisher bewährte Weltwirtschaftsordnung durchaus (Beifall bei der SPD und der FDP) in Frage. Die Bundesregierung ist — Sie war es Das gilt z. B. für das Betriebsverfassungsgesetz oder schon bisher — führend dabei, mit eigenen Vor- für die flexible Altersgrenze, für die Sicherung der schlägen in erster Linie zur Verbesserung der Lage Betriebsrente auch bei Arbeitsplatzwechsel oder für der besonders getroffenen Länder den unterbroche- das Konkursausfallgeld, für die kostenlosen Vor- nen Dialog der Industrieländer mit den Entwick- sorgeuntersuchungen, für das Betriebsärztegesetz, lungsländern, mit den Ölländern wieder in Gang das soziale Mietrecht, die Verbesserung der Renten zu bringen. Wir wollen, wie das Bundesminister um 83 % in dieser Zeit, Genscher vor wenigen Tagen vor der Sonderver- sammlung der UNO ausgedrückt hat, die Effizienz (Beifall bei der SPD und der FDP) des Marktes erhalten, sie aber mit wirksamer die Dynamisierung der Kriegsopferrenten, Hilfe für die Schwachen verbinden, die doch letzten (erneuter Beifall bei der SPD und der FDP) Endes dann auch Hilfe für unsere eigene Export- beschäftigung darstellt. Es hängt doch alles mitein- das Schwerbehindertengesetz, die Kindergeldreform, ander zusammen. das Kartellgesetz, das Lebensmittelgesetz. (Beifall bei der SPD und der FDP) (Zuruf von der CDU/CSU: Die Schulden!) Diese Mühe, die wir sowohl bilateral — ich er- Ich könnte vieles aufzählen. Man muß ein sehr un- innere an die Wischnewski-Mission — als auch empfindliches Verantwortungsbewußtsein besitzen, multilateral zusammen mit unseren Partnern in der wenn man behauptet, daß wir dies alles zurück- EG anstellen, hat überall in der Welt Anerkennung nähmen, und mit der Reform wäre jetzt Schluß. gefunden. Die Wiederaufnahme des Dialogs mit den Das ist eine — entschuldigen Sie! — beinahe zu Entwicklungs- und Olländern erscheint jetzt ge- (Stücklen [CDU/CSU] : Vorsicht!) sichert. Im gleichen Geiste haben wir im Internatio- nalen Währungsfonds gearbeitet, wo Bundesfinanz- leichtfertige Behauptung, als daß sie selbst in Sont- minister Apel und Bundesbankpräsident Klasen hofen oder an ähnlichen Orten ausgesprochen wer- anläßlich der Jahresversammlung vor 14 Tagen den dürfte. geholfen haben, wichtige tschritte hin zu einem (Beifall bei der SPD und der FDP) neuen Weltwährungssystem einzuleiten. In beiden Ich füge hinzu: Solche gesellschaftsreformerischen internationalen Gremien, ob Vereinte Nationen Vorhaben, die nicht zusätzliche finanzielle Mittel oder Weltwährungsfonds, haben wir erfolgreich erfordern — wie z. B. die Ausweitung der Mitbe- zwischen entgegengesetzten Auffassungen verschie- stimmung oder das Berufsausbildungsgesetz, das dener Gruppen von Staaten vermitteln können. doch nur dann zu zusätzlichen Beiträgen der Wirt- Das ist notwendig, denn die Weltwirtschaft braucht schaft führt, falls nicht ausreichend Lehrstellen an- Kooperation. Sie kann Konfrontation genausowenig geboten werden können sollten —, passen auch zu- gebrauchen, wie der Weltfrieden Konfrontation ge- künftig durchaus in diese Zeit. Sie sollen auch brauchen kann. durchgeführt werden, selbst in einer Periode, in der (Beifall bei der SPD und der FDP) der Staat zweimal jede Mark umdreht, ehe er sie Eine letzte Bemerkung, meine Damen und Her- ausgibt. ren. Das, was jetzt primär durchaus als Belastung (Beifall bei der SPD und der FDP) und Opfer verstanden werden muß, wird sich mittel- Die sozialliberale Koalition bleibt bei dem Kenn- fristig positiv auf das Wachstum der Wirtschaft, wort der Kontinuität, der Stetigkeit ihrer Politik. auf die Stabilität in unserem Lande auswirken. (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Bei den (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU]: Das ist Schulden!) raine kühne Behauptung!) 12898 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt Wir haben jetzt die haushaltspolitische Flanke für Sachausgaben des Bundeskanzlers doch nur mit sehr einen Aufschwung in Stabilität aufgebaut und ab- beklemmenden Gesichtern von den Mitgliedern sei- gesichert. Wir haben der Wirtschaft Flankenschutz ner eigenen Fraktion verfolgt wurden, gegeben, (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der (Zuruf des Abg. Reddemann [CDU/CSU]) SPD) damit sie, wenn das Konjunkturklima günstiger dann hat der Bundeskanzler hier das Bild eines wird, ihren eigenen Produktionsaufschwung besser Mannes zu bieten versucht finanzieren kann. Wir erwarten deshalb auch, daß im Aufschwung bei steigender industrieller Kapa- (Wehner [SPD]: Eines Mannes jedenfalls! zitätsausnutzung, bei steigender Produktivität, d. h. — Heiterkeit und Beifall bei der SPD) bei sinkenden Stückkosten, äußerste Preisdisziplin — Ihre Witze, Herr Wehner, werden immer küm- gewahrt wird. merlicher; das tut mir wirklich leid; aber machen (Beifall bei der SPD und der FDP) Sie ruhig so weiter, Sie sind ein sicheres Atout für uns —, der ein treuer Sachwalter der deutschen In- Wir haben zum anderen die derzeit größtmögliche teressen ist und der Mut hat, der vor allem — — soziale Ausgewogenheit sichergestellt. Wir sorgen dafür, daß der Arbeitnehmer nicht das Gefühl ein- (Beifall bei der SPD) seitiger Belastung haben müßte. Wir glauben des- — Meine Damen und Herren, warten Sie ab. — halb, daß unsere Bürger, die ein nicht zu täuschen- Der Bundeskanzler präsentiert sich hier als ein des Gespür für die Zusammenhänge in der Welt Mann, der vor allem den Mut zur Ehrlichkeit hat. haben, den Weg verstehen, den wir gehen müssen — den die Opposition allerdings wie üblich für (Beifall bei der SPD — Wehner [SPD] : Sehr falsch hält. Wir Deutschen haben schon manche Auf- gut! Sehr schön!) gabe gemeinsam gelöst. Wir Deutschen haben auch Meine Damen und Herren, aber davon kann doch schon schlimmere Situationen durchgestanden als niemand wirklich beeindruckt sein, der ein Gedächt- diese. nis, ein Erinnerungsvermögen besitzt, welches mehr (Zuruf des Abg. Reddemann [CDU/CSU]) als drei Monate zurückreicht. Meine Damen und Herren, wir werden auch diese (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) Prüfung durchstehen und bestehen! Heute empfiehlt der Bundeskanzler Steuererhöhun- (Anhaltender Beifall bei der SPD und der gen und Leistungskürzungen. Früher haben wir et- FDP) was ganz anderes aus seinem Munde gehört. Als Finanzminister sagte er am 3. April 1973 in seiner Haushaltsrede Präsident Frau Renger: Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben eine gemeinsame Aussprache (Wehner [SPD] : Drei Monate?!) über die Tagesordnungspunkte 2 bis 5 vereinbart. — warten Sie einmal ab, Herr Kollege Wehner —: Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3, 4 und 5 auf: Die Finanzen des Bundes sind in Ordnung, und die Bürger unseres Landes können sich darauf Erste Beratung des von der Bundesregierung verlassen, daß dies so bleibt. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundes- (Lachen bei der CDU/CSU) haushaltsplan für das Haushaltsjahr 1975 Jetzt muß der Bundeskanzler ein Programm zur Sa- (Nachtragshaushaltsgesetz 1975) nierung zerrütteter Staatsfinanzen vorlegen. — Drucksache 7/4001 — Am 17. Mai 1974 — das liegt knapp anderthalb Beratung des Programms zur Stärkung von Jahre zurück — erklärte der Bundeskanzler in sei- Bau- und anderen Investitionen ner Regierungserklärung: — Drucksache 7/4013 — Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die Beratung des Sondergutachtens zur konjunk- Mehrwertsteuer zu erhöhen ... turpolitischen Lage im August 1975 (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) — Drucksache 7/3976 — Wir schließen ... die Beschränkungen von Lei- Diese Tagungsordnungspunkte werden gemeinsam stungsansprüchen aus, die den Bürgern gesetz- beraten. lich zugesichert sind. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat der Jetzt — nur ein Jahr und vier Monate später — Abgeordnete Prof. Dr. Carstens. schlägt derselbe Bundeskanzler die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 11 auf 13 % vor.

Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) : Frau Präsi- Noch am 11. Mai dieses Jahres — das liegt eben dentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! nur wenig mehr als drei Monate zurück — erklärte Wenn ich von den polemischen Einschüben in der der Bundeskanzler im Deutschlandfunk: Rede des Bundeskanzlers absehe, in denen er ja unbestrittener Meister ist und die — soweit ich das Die finanzwirtschaftliche Situation des Jahres habe feststellen können — 75 % des Applauses in 1975 macht mir überhaupt keine Sorge. seiner Fraktion hervorgerufen haben, während die (Lachen bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12899

Dr. Carstens (Fehmarn) Das Jahr 1975, in dem wir gegenwärtig leben, daraus auch die persönlichen Konsequenzen ziehen macht finanzwirtschaftlich keine ernsten Schwie- würde! rigkeiten. (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ Zweieinhalb Monate später beschließt das Kabinett CSU) einen Nachtragshaushalt für 1975, der bei einem Ge- Aber, meine Damen und Herren, nicht nur davon samtvolumen der Ausgaben von 161 Milliarden DM ist ja gar keine Rede, sondern die Politik der Täu- eine Neuverschuldung von fast 38 Milliarden DM schung der Bürger und der Wähler in unserem vorsieht. Um das zu verdeutlichen — 38 Milliarden Lande wird ja ganz systematisch fortgesetzt. DM, das ist eine große Zahl, und viele unserer Bür- ger ermessen gar nicht richtig, was das ist —: Jeden (Beifall und Pfui-Rufe bei der CDU/CSU) Tag, Sonn- und Feiertage eingeschlossen, macht Der Bundeskanzler zeichnet auch jetzt, heute hier diese Bundesregierung 100 Millionen DM neue in seiner Rede, ein völlig falsches, einseitiges Bild Schulden, von den Ursachen der Wirtschafts- und der Finanz- (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) krise, in der wir uns befinden. jede Stunde 4 Millionen DM neue Schulden. Das be- (Wehner [SPD] : Und die Sachverständigen?) deutet ein Defizit von 38 Milliarden DM! Es ist falsch, wenn der Bundeskanzler sagt, das (Lenders [SPD] : Das ist konjunkturpolitisch Scheitern der Politik der SPD-FDP-Koalition sei pri- vernünftig!) mär eine Folge der weltweiten Rezession. Und da hilft auch gar keine Polemik gegen Ministerpräsi- Auf Grund der riesigen Kreditanforderungen dent Kohl, unseren Parteifreund, den Vorsitzenden durch den Bund, die Länder und die Gemeinden ist der CDU und den gemeinsamen Kanzlerkandidaten der Kapitalmarkt in Unordnung geraten. Nur Milli- von CDU und CSU. ardeninterventionen der Bundesbank haben bisher massive Zinssenkungen verhindert. (Wehner [SPD]: Den großen Vorsitzenden!) Als ebenso falsch wie die Voraussagen des Bun- Kohl hat mit keinem Wort — und keiner von uns deskanzlers über die Entwicklung der Bundesfinan- hat das jemals getan — die Beziehungen, die Ver- zen haben sich seine Konjunkturprognosen erwie- bindungen in Abrede gestellt, die zwischen unserer sen. Charakteristisch sind seine Ausführungen in Wirtschaft und der Weltwirtschaft bestehen. Der den Landtagswahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen Punkt ist doch der, daß wir seit Jahr und Tag und im Saarland. sagen — und ich werde das gleich noch im einzelnen darlegen —, daß diese weltwirtschaftlichen Ver- (Dr. Marx [CDU/CSU] : Da hat er von Auf knüpfungen nicht die Hauptursache der derzeitigen schwung geredet!) Krise sind. Unzählige Male sagte er den Aufschwung für den (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der Frühsommer voraus. SPD — Dr. Ehrenberg [SPD] : Können Sie (Dr. Marx [CDU/CSU] : Ein Prophet!) beweisen, was Sie da sagen? — Weitere Zurufe) Noch am 3. Mai erklärte er gegenüber der „Neuen Rhein-Zeitung": — Denn wenn Sie so argumentieren, Herr Kollege Ehrenberg, sollten Sie wenigstens den Mut haben, Gar kein Zweifel, die gröbsten Sorgen liegen zu sagen, daß die positive Seite der Verflechtungen hinter uns. der Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland mit (Lachen bei der CDU/CSU) der Weltwirtschaft noch im vergangenen Jahr voll Es geht jetzt nicht mehr bergab, es geht jetzt durchgeschlagen hat. Wir hätten schon im vorigen eindeutig aufwärts. Die aufwärtsgerichteten Zei- Jahr mehr als eine Million Arbeitslose gehabt, wenn chen mehren sich. Der Tiefstpunkt der Konjunk- nicht damals unsere Konjunktur vom Ausland her tur ist durchschritten. Ich bleibe also bei meiner durch einen Rekord-Export-Boom von 50 Milliarden Frühsommer-Prognose. DM gestützt worden wäre. (Lachen bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Sie haben den falschen Zettel!) Meine Damen und Herren! Mit diesen Erklärun- gen hat sich der Bundeskanzler der Bundesrepublik Aber gegenüber den hier aufgestellten falschen Deutschland einer massiven Täuschung der Bürger Behauptungen möchte ich ein Gremium zitieren, und Wähler in unserem Lande schuldig gemacht. dessen Unparteilichkeit wohl bei allen außer Zwei- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)- fel stehen wird. Das Gutachten des Wissenschaft- lichen Beirats des Bundesfinanzministers — des Jetzt sagt er in aller Unbefangenheit: Das war ein jetzigen Bundesfinanzministers wie zugleich auch Irrtum. — Ja, meine Damen und Herren, was heißt der früheren — hat das riesige Staatsdefizit zur das denn, wenn sich der Bundeskanzler so von einer Hälfte — zur Hälfte! — als strukturbedingt be- seiner zentralen Aussagen noch vor vier oder fünf zeichnet und hat den Grund für dieses Staatsdefi- Monaten distanziert, daß er einfach sagt: „Das war zit — ich zitiere jetzt wörtlich — ein Irrtum"? Dann, meine ich, wäre es an der Zeit, (Wehner [SPD] : Ja, ja!) daß ein Mann, der sich in einer so wichtigen Phase so fundamental geirrt hat und Tausende und Millio- „in den übermäßigen Ausweitungen der Staats- nen Bürger in dieser Weise hinters Licht geführt hat, ausgaben" , in „unwirtschaftlichen Programmen" 12900 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Carstens (Fehmarn) und „in der häufigen Nichtbeachtung gebotener uns befinden, herauszuholen. Das ist genau der ver- Sparsamkeit" erblickt. kehrte Weg. (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : (Beifall bei der CDU/CSU) Tauschen Sie Ihre Zettel aus!) Aber Sie sind nicht nur von der Opposition gewarnt Das krasseste Beispiel, das uns allen vor Augen worden, Herr Bundeskanzler, Sie sind aus Ihren steht, eigenen Reihen gewarnt worden. (Wehner [SPD]: Sie stehen uns vor Augen!) (Bundeskanzler Schmidt befindet sich auf ist doch wohl in dieser Beziehung die Behörde des der Regierungsbank im Gespräch mit Bun Bundeskanzlers selbst, das Bundeskanzleramt. Als desverteidigungsminister Leber — Zuruf die CDU/CSU aus diesem Amte auszog, hatte es von der CDU/CSU: Schmidt soll zuhören! — 260 Mitarbeiter. Heute hat es 430 Mitarbeiter. Und Weitere Zurufe von der CDU/CSU) weil natürlich die 430 Mitarbeiter irgendwo unter- Der demonstrative Rücktritt Ihres Fraktionskollegen gebracht werden mußten, war ein Neubau erforder- Alex Möller im Jahre 1971 und — ein Jahr später — lich, der den deutschen Steuerzahler 100 Millionen der Rücktritt des damaligen Finanzministers Schil- DM kostet. Und weil dieser Neubau natürlich Folge- ler hätten Ihnen zu denken geben können. Schiller kosten hat, wird z. B. der Heizungskostenanschlag bezeichnete die damals zu erwartenden Defizite im für das neue Gebäude auf 500 % des alten ge- Bundeshaushalt ausdrücklich — ich zitiere ihn wört- schätzt. lich — „als finanzpolitisch und gesamtwirtschaftlich (Lachen bei der SPD — Wehner [SPD] : nicht vertretbar". Aber das wurde alles beiseite Niveau?!) geschoben, es wurde in der falschen Richtung weiter kräftig Politik gemacht. Letztlich, meine Damen — Versuchen Sie doch nicht, diese und viele andere und Herren, ist die Finanzkrise, in der wir uns jetzt offenkundige Verstöße gegen die Gesetze der Spar- befinden, die zwangsläufige Folge der falschen sozia- samkeit damit zu vertuschen, daß Sie sagen, alles listischen Zielvorstellung, geht auf die Weltwirtschaftrezession zurück. (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der (Beifall bei der CDU/CSU) SPD) Damit können Sie doch überhaupt keinen Menschen daß nämlich je mehr der Staat mache, dies desto mehr überzeugen. besser für die Bevölkerung sei. Aber nicht nur Ihre Finanzpolitik war fehlerhaft, (Beifall bei der CDU/CSU) Ihre Wirtschaftspolitik war es genauso, und zwar die Wirtschaftspolitik, für die der jetzige Bundeskanz- Immer mehr Aufgaben auf den Staat! Mit jedem ler als damaliger Finanzminister eine entscheidende Reformprojekt, das uns hier vorgelegt wurde, war Mitverantwortung trug. Sie haben jahrelang, von eine Ausweitung des Staatsanteils am Bruttosozial- 1969 bis 1973, Inflationspolitik betrieben nach dem produkt, war eine Ausweitung der Personalausgaben Motto: verbunden mit der Folge, so daß die Staatsquote (Wehner [SPD] : Ach Gott!) jetzt 47 % des Bruttosozialprodukts ausmacht; vor fünf, sechs Jahren waren es noch 37 %. Hier liegen 5 % Inflation sind mir lieber als 5 % Arbeitslosig- die tieferen Ursachen der Schwierigkeiten und der keit. Damit sind Sie einem fundamentalen volks- Krise, in der wir uns befinden. Die Zahl der öffent- wirtschaftlichen Irrtum zum Opfer gefallen. Ich darf lich Bediensteten stieg — jetzt alle öffentlichen Ihnen vielleicht einen Satz vorlesen, den Günter Körperschaften zusammengenommen — in der Zeit Schmölders, immerhin einer der angesehensten von 1970 bis 1973 um 16 %. deutschen Volkswirtschaftler, vor einigen Tagen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschrieben Aber dazu kommt eine weitere Ursache für unsere hat. Er sagt dort: derzeitige Krise, die Sie und Ihre Partei zu verant- worten haben. Es kommt nämlich hinzu die jahre- Arbeitslosigkeit und Inflation sind eben nicht lange, systematische Verunglimpfung der Unter- zwei miteinander austauschbare Übel, zwischen nehmer und der Wirtschaft als der Profitmacher, denen die Wirtschaftspolitik wählen kann, als der Ausbeuter und wie das alles geheißen hat. sondern beide zugleich Folgen einer verfehlten Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. (Beifall bei der CDU/CSU) (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr wahr!) Heute sagen Sie, man muß unterscheiden, man muß wohl unterscheiden zwischen den Unternehmen Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist der einerseits — die verdienen Förderung, die müssen Punkt. Wir haben jetzt alle miteinander auszuba- Gewinne machen — und den Unternehmern, unter - den, daß vier Jahre lang eine solche verfehlte Wirt- denen es — Sie haben sich da für Ihre Verhältnisse schafts- und Gesellschaftspolitik getrieben wurde, sehr vornehm ausgedrückt — diesen oder jenen gibt, geleitet von der falschen Vorstellung, man könne der sich vielleicht noch einmal etwas Besseres einfal- die Arbeitsplätze durch Inflation sicher machen. len lassen könnte. Aber meine Damen und Herren, Jetzt ist der Bundeskanzler im Begriff, den zwei- das war doch in den zurückliegenden Jahren nicht ten fundamentalen Fehler zu begehen. Jetzt, wo die Linie der SPD. Wer hat denn davon gesprochen, wir wirklich in einer tiefen Rezession sind, wo es daß man die Belastbarkeit der Wirtschaft testen über eine Million Arbeitslose in unserem Lande müßte? Wer hat denn systematisch den Staatsanteil gibt, versucht diese Bundesregierung, uns durch am Bruttosozialprodukt heraufzuschrauben versucht? Steuererhöhungen aus der Schwierigkeit, in der wir Wer war es? Niemand anders als maßgebliche Per- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12901 Dr. Carstens (Fehmarn) sönlichkeiten auf der Sozialdemokratischen Partei! Stelle aus gern einen Rat geben wollen: Sagen Sie Und wenn Sie einer Unternehmerschaft, einer Wirt- denen, daß sie wenigstens innerhalb derselben schaft, die auf den Grundlagen der sozialen Markt- Rede versuchen sollten, konsequent, konsistent und wirtschaft groß und blühend geworden ist, jede widerspruchsfrei zu bleiben. Woche einmal vorhalten, sie sei ein Ausbeuter, sie (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des lasse sich von Profitgier leiten, man müsse diese Abg. Dr. Ehrenberg [SPD]) oder jene Unternehmensbranche so schnell wie mög- Ich möchte Sie, meine sehr verehrten Damen und lich verstaatlichen, man müsse ihre Investitionen Herren, auf folgendes hinweisen. Wenn der Bun- lenken, so ist natürlich die Folge, daß Sie eine rie- deskanzler argumentiert, wie gering die Steuer- sige Unsicherheit in diesem Lande erzeugen. Das ist erhöhungen in den nächsten Jahren sein werden, doch so klar wie überhaupt nur igrend etwas. dann veranschlagt er für das Jahr 1977 ein Mehr- (Beifall bei der CDU/CSU) aufkommen bei der Mehrwertsteuer von 8,5 Mil- liarden DM. Wenn er aber nachweisen will, daß Alles das geschah und geschieht mit Duldung der durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer die Vor- FDP. teile der Steuerreform, die am 1. Januar dieses Jah- (Jawohl! bei der CDU/CSU) res in Kraft getreten ist, nicht wieder weggenom- Führende Repräsentanten dieser Partei benutzen men werden, sondern daß der größere Teil dieser zwar jede sich bietende Gelegenheit, um diese Ent- Reform im Ergebnis erhalten bleibt, dann sagt er wicklung zu verurteilen, ziehen daraus aber, soweit — in derselben Rede, die er soeben hier gehalten ich es sehe, keine anderen als verbale Konsequen- hat —: Von den 15 Milliarden DM Steuererleichte- zen. Der Herr Kollege Bangemann, der noch vor rungen werden durch die Mehrwertsteuer für das einigen Tagen Einsparungen in einer Größenord- Jahr 1977 10 Milliarden DM weggenommen. Meine nung von 5 bis 7 Milliarden DM für das Jahr 1976 Damen und Herren, hier wird das Mehraufkommen forderte, mußte sich von Herrn Apel bescheinigen an Mehrwertsteuer in zwei Sätzen einerseits mit lassen, daß die Meinungsäußerung, die ein einzelner 8,5 Milliarden DM und andererseits mit 10 Mil- Herr ohne Auftrag in die Welt gesetzt habe, eben liarden DM veranschlagt. nicht verbindlich sei. Etikettenschwindel ist es auch, wenn uns dieses (Dr. Marx [CDU/CSU] : Ein „gutes" Koali Programm unter der Überschrift „Gesetz zur Ver- tionsklima!) besserung der Haushaltsstruktur" vorgelegt wird. Die Kette der Täuschungen und der Irreführungen „Verbesserung der Haushaltsstruktur" würde doch wird mit den uns vorgelegten Vorlagen fortgesetzt. bedeuten, daß der Anteil der investiven Ausgaben Irreführend ist die Bezeichnung dieser Vorlagen als am Bundeshaushalt erhöht werden müßte. Das ist Sparprogramm. es doch, was jeder Mensch unter „Verbesserung der Haushaltsstruktur" versteht. Statt dessen wer- (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) den die Investitionsausgaben kräftig gekürzt, und Es ist in erster Linie ein Programm zur Erhöhung der im Ergebnis wird die Investitionsquote sogar ge- Steuern und Abgaben. ringer werden. (Beifall bei der CDU/CSU) (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) Da hat nun allerdings der Herr Bundeskanzler in Dies widerspricht dem vordringlichen Ziel einer seiner Rede vorhin ein geradezu verblüffendes Wiederbelebung der Wirtschaft und der Beseitigung Kunststück in der Manipulation mit Zahlen vorge- der Arbeitslosigkeit, ohne die eine dauernde Über- legt. Ich möchte Ihnen, Herr Bundeskanzler, ent- windung auch der Finanzmisere nicht möglich ist. gegen den Zahlen, die Sie hier verlesen haben, das Es ist widersinnig, wenn Milliardenbeträge für ein vorhalten, was in dem Bulletin der Bundesregie- Millionenheer von Arbeitslosen gezahlt werden rung unter dem 2. September 1975 veröffentlicht ist. müssen, für die Investitionen aber, die das wich- Da wird von Maßnahmen zur Verbesserung der tigste Mittel zur Überwindung der Arbeitslosigkeit Haushaltsstruktur und zur Verminderung der Kre- sind, die erforderlichen Mittel fehlen oder eingespart ditaufnahmen für den Zeitraum der mittelfristigen werden. Finanzplanung gesprochen. Das ist der Zeitraum (Beifall bei der CDU/CSU) von 1976 bis 1979. Sie machen immer im Jahre 1978 Ebenso falsch — ich sagte es schon —, wie die In- Schluß; ich kann schon verstehen, warum Sie das vestitionen zu drosseln, ist es, Steuern zu erhöhen. tun. Aber das ist doch keine sachgerechte Unter- Dabei ist schon jetzt absehbar, daß die Mehrwert- richtung des Parlaments. Diese findet man im steuererhöhung, die 1977 in Kraft treten soll, nicht Bulletin der Bundesregierung. Da sieht man,- daß einmal die finanzpolitischen Probleme des Jahres für diesen Zeitraum von 1976 bis 1979 Ausgaben- 1977 wird lösen können. verminderungen von insgesamt 19 Milliarden DM (Leicht [CDU/CSU] : Das macht noch nicht und Einnahmesteigerungen in einer Größenord- einmal die Zinsen aus!) nung von 51 Milliarden DM veranschlagt werden. Es ist also genau umgekehrt, als Sie es hier vor- Im übrigen: Warum soll eigentlich die Mehrwert- getragen haben. steuererhöhung zum 1. Januar 1977 in Kraft treten? Der Bundeskanzler sagt: Weil das dann in die kon- (Beifall bei der CDU/CSU) junkturelle Landschaft hineinpassen wird. Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, wer Ihnen (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Als ob er das jetzt Ihre Reden vorbereitet. Ich würde aber von dieser schon wüßte!) 12902 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Carstens (Fehmarn) Ich frage, Herr Bundeskanzler: Woher wollen Sie zum anderen Monat widerspricht? Damit geht doch das wissen, gerade Sie, der Sie sich vom Mai dieses jede Vertrauensgrundlage verloren! Jahres bis zum Frühsommer dieses Jahres in so fun- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) damentaler Weise über den voraussichtlichen Ab- lauf der Konjunktur getäuscht haben? Jetzt beruft sich der Bundeskanzler zur Begrün- dung der von ihm ins Auge gefaßten Erhöhung der (Beifall bei der CDU/CSU) Mehrwertsteuer auf eine Kommission, die Franz Meine Damen und Herren, der wahre Grund für Josef Strauß als damaliger Finanzminister eingesetzt die Inkraftsetzung der Erhöhung der Mehrwertsteuer hat. Ja, meine Damen und Herren, wohin sind wir am 1. Januar 1977 kann doch nur einem ganz naiven gekommen? Jetzt klammert sich der Bundeskanzler Menschen verborgen bleiben. Der wahre Grund ist in seiner höchsten Not an Franz Josef Strauß! der, daß im Oktober 1976 die Bundestagswahlen (Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/ stattfinden und man den Bürger vorher nicht spüren CSU) lassen will, was man ihm zugedacht hat. Das nenne ich in der Tat auch eine Täuschung des Wählers und Aber es ist gar nicht der wirkliche Strauß, an den des Bürgers. er sich klammert; es ist nur ein vermeintlicher (Beifall bei der CDU/CSU) Strauß. (Wehner [SPD] : Den gibt es überhaupt nur Ich will Ihnen jetzt noch ein paar Zitate, Herr „vermeintlich"!) Bundeskanzler, von Ihnen selbst und von Ihren Par- teifreunden zum Thema Erhöhung der Mehrwert- Denn die Kommission, von der hier die Rede war, steuer vorhalten, denn ich glaube, die deutsche Be- hat zwar, Herr Kollege Wehner, eine Erhöhung der völkerung, die deutsche Öffentlichkeit, hat einen An- Mehrwertsteuer ins Auge gefaßt, aber verlangt, daß spruch darauf, zu erfahren, in welcher Weise dieser zum Ausgleich dafür eine Umschichtung, d. h. eine Bundeskanzler mit Meinungen und Zahlen manipu- Entlastung auf anderen Gebieten, folgen müsse. liert, je nachdem, wie dies in die jeweilige politische (Wehner [SPD] : Warum denn so umständ Landschaft hineinpaßt. lich?) (Beifall bei der CDU/CSU — Vorsitz : Gewerbesteuer war das wichtigste Stichwort zur Vizepräsident von Hassel) damaligen Zeit. Wo bleibt hier Ihre Berufung auf diese Kommission, Herr Bundeskanzler? Hier hätten Laut einer dpa-Meldung vom 9. Mai 1974 bezeich- Sie vielleicht die Zitate, die Sie verwenden, etwas neten Sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer als genauer prüfen sollen. einen „Betrug am kleinen Mann". Die Einwände gegen die Beitragserhöhung bei der (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Dr. Marx Arbeitslosenversicherung gehen in die gleiche Rich- [CDU/CSU]: Das ist es ja wohl — Weitere tung. Ich brauche eigentlich, um unseren Standpunkt Zurufe von der CDU/CSU) darzulegen, Minister Apel sagte Ende August des vorigen (Wehner [SPD] : Haben Sie einen?) Jahres in Hamburg-Wandsbek, er hielte es für aus- geschlossen, daß eine sozialdemokratische Regie- nur das zu zitieren, was die Mitglieder der Regie- rung zum Ausgleich für die Entlastungen durch die rung selbst in den letzten ein bis zwei Jahren ge- Steuerreform andere Steuern, z. B. die Mehrwert- sagt haben. steuer, erhöhen würde. (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : (Dr. Marx [CDU/CSU] : Es sollte ausgeschlos Sie haben Sommersprossen, aber keinen sen sein! — Weitere Zurufe von der CDU/ Standpunkt!) CSU) Am 16. Januar 1975 sagte Bundesminister Arendt, Dazu die Begründung des Herrn Bundesministers daß bei dem gegenwärtigen Einkommensniveau die Apel: „Für Sozialdemokraten wäre dies ein schlech- Belastbarkeit der Versicherten mit Beiträgen fast er- ter Witz, und schlechte Witze machen wir nicht. reicht sei. Zwischenzeitlich hatten wir schon Bei- tragserhöhungen bei der sozialen Krankenversiche- (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU) rung. Jetzt kommt die Arbeitslosenversicherung zum Wir denken nicht daran, den Bürgern mit der einen 1. Januar 1976 dazu. Hand zu geben und mit der anderen Hand zu neh- Steuer- und Beitragserhöhungen behindern zu die- men. Das wäre nicht nur unsozial, das wäre un- sem Zeitpunkt den Aufschwung, statt daß er, was seriös." - dringend notwendig ist, gefördert wird. Steuer- und (Lachen und Beifall und weitere Zurufe von Beitragserhöhungen sind der falsche Weg zur Über- der CDU/CSU) windung der Krise. Ausgabekürzungen dagegen sind Am 3. Juli dieses Jahres sagte derselbe Finanz- ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sagen zu, minister: „Im gegenwärtigen Zeitpunkt Steuererhö- daß wir alle Vorschläge der Regierung sorgfältig hungen zu avisieren heißt in der Tat, die Rezession und konstruktiv prüfen werden zu verstärken und zu vertiefen." (Wehner [SPD] : Das sagen Sie schon lange!) Ja, meine Damen und Herren, was soll denn das und daß wir bereit sind, auch unpopuläre Entschei deutsche Volk von einer Regierung halten, die sich dungen mitzutragen. Ja, wir gehen sogar noch einen in einer so fundamentalen Weise von einem Monat Schritt weiter und verlangen von der Bundesregie- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12903

Dr. Carstens (Fehmarn) rung, daß sie weitere Einsparungsvorschläge vor- Deswegen, meine Damen und Herren, ersparen Sie legt. Herr Bundeskanzler, so einfach können Sie es sich bitte die ständigen Hinweise auf dieses soge- sich nicht machen, daß Sie sagen: Wenn die CDU/ nannte Papier. CSU weitere Einsparungsvorschläge fordert, dann Aber bevor ich zu der Darstellung der Position heißt das, daß sie am Verteidigungsetat oder am der CDU/CSU komme, Sozialetat kürzen will. Davon kann überhaupt keine (Wehner [SPD] : Hört! Hört! — Dr. Ehren Rede sein. berg [SPD]: Dann kommen wir ja noch zu (Dr. Ehrenberg [SPD] : Wo denn sonst? — etwas!) Weitere Zurufe von der SPD: Wo?) möchte ich doch ganz gerne noch ein paar Worte Setzen Sie eine Kommission ein, die Posten für Po- über das Verhältnis von Regierung und Opposition sten im Haushalt prüft; grundsätzlich sagen. Auch da möchte ich wieder ein paar Jahre zurückgreifen. Das erweist sich immer (Wehner [SPD] : Noch eine Kommission! als nützlich. Kommission mit „C"!) Der heutige Bundeskanzler, damaliger Abgeord- Sie werden erleben, daß in diesem Haushalt große neter der Opposition, erklärte im Jahre 1965 von Reserven stecken. derselben Stelle, von der er heute gesprochen hat — (Zuruf von der SPD: Wo?) ich zitiere —: Lassen Sie sich doch Ihr eigenes Verhalten entge- Es steht nirgendwo geschrieben, daß die Oppo- genhalten, meine Damen und Herren: Erst in der sition dabei helfen soll, eine Regierung aus Kabinettssitzung, so wird uns berichtet, hat ein einer Zwickmühle herauszuholen, in die sie sich Staatssekretär erklärt, er bekomme Kindergeld für selbst hineinmanövriert hat. einen achtzehnjährigen Sohn, der selbst ein ganz (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) gutes Einkommen als Referendar habe. Da hat die Ich würde Ihnen empfehlen, diesen Text jeden Mor- erstaunte Runde gefragt: Wie ist denn das möglich? gen, bevor Sie aufstehen, Herr Bundeskanzler, ein- und hat in der Tat einen Posten zur Einsparung mal zur Kenntnis zu nehmen. in der Größenordnung von 180 bis 200 Millionen DM gefunden. Den finden wir jetzt vor uns auf dem (Beifall bei der CDU/CSU) Tisch. Das zeigt doch, wie unsolide hier wieder ein- Herr Kollege Wehner, der bekanntlich die appetit- mal gearbeitet worden ist. lichen Vergleiche besonders liebt, sagte am 23. No- (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der vember 1965 ebenfalls von dieser Stelle aus: SPD: Nun zur Sache!) Wir sind doch anständige Leute. Wir waschen ( doch nicht anderer Leute Wäsche. Natürlich, ich verstehe Ihre Lage, Herr Bundes- kanzler; ich bin auch nicht ohne menschliches Mit- (Beifall bei der CDU/CSU) gefühl mit Ihnen. Das waren die damaligen Kommentare maßgeblicher (Lachen von der SPD) Sozialdemokraten zu dem wichtigen, schwierigen Komplex einer richtigen Darstellung des Verhält- Ich verstehe, daß Sie sich an jeden Strohhalm an- nisses zwischen Regierung und Opposition. klammern, der an Ihnen in dem wilden Strom der Zeit vorbeizieht. Wir machen uns diese Position nicht zu eigen. Wir haben in der Vergangenheit mehrfach unter (Zuruf des Abg. Wehner [SPD] : Ist denn Beweis gestellt, daß wir bereit sind, schwierige, un- Strauß ein Strohhalm, hören Sie mal?) populäre Entscheidungen mitzutragen, wenn sie im Nein, — ich meine jetzt einen anderen, verehrter Interesse des Ganzen notwendig sind. Herr Kollege Wehner. (Widerspruch bei der SPD) (Wehner [SPD] : Das hört er sogar in Peking!) — Ja, natürlich, wir haben das Energiesicherungs- Ich meine einen Mitarbeiter der Fraktion, der in der gesetz in diesem Hause innerhalb von 48 Stunden Tat Gedanken entwickelt hat, wie man Einsparun- passieren lassen. Daran erinnern Sie sich nicht mehr gen vornehmen könnte. Niemals hat sich die CDU/ gern. Aber das ist trotzdem so. CSU-Fraktion (Beifall bei der CDU/CSU) (Wehner [SPD]: Niemals, sagen Sie!) Aber wir sind doch nicht bereit, falsche Maßnahmen, eindeutig falsche Maßnahmen der Regierung mitzu- diese Erwägungen zu eigen gemacht. Sie hat sie tragen. Das wäre ein völlig falsches Verständnis. nicht in Auftrag gegeben. Es handelt sich- um die (Beifall bei der CDU/CSU) selbständige Arbeit eines Mannes, der manches Nützliche in der Vergangenheit getan hat. Herr Bundeskanzler, Sie haben vor ein paar Ta- (Wehner [SPD] : Noch eine Kommission!) gen bei der Eröffnung einer Ausstellung gesagt: Wir brauchen die Stimmen der Opposition im Deutschen Es hat überhaupt nichts — ich sage das hier mit Bundestag nicht. Es mag sein, daß Sie die nicht brau- aller Klarheit und mit aller Entschiedenheit — mit chen, aber ich sage Ihnen, Herr Bundeskanzler: Das der Politik der CDU/CSU zu tun. deutsche Volk braucht die Stimme der Opposition, (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehrenberg Gibt es die?) [SPD] : Wer ist denn das?) 12904 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Carstens (Fehmarn) und zwar deshalb, um die Bürger dieses Landes vor jeweiligen Gegenleistungen des Partners nicht ein- weiterem Schaden zu bewahren und dafür zu sor- wandfrei absichern lassen. gen, daß diese Regierung im nächsten Jahr durch So stehen wir vor der traurigen Tatsache, daß eine andere Regierung abgelöst wird. Sie uns wegen eines Fehlers dieser Koalition im Ihre Polemik, Herr Bundeskanzler, gegenüber der Jahre 1970 jetzt vorschlagen, diesen Fehler wieder- Bundesratsmehrheit ist völlig fehl am Platze. Sie gutzumachen, indem nochmals 2,3 Milliarden DM wissen genau, daß ohne die ausgleichende Funktion gezahlt werden. Das allerdings ist eine sehr des Bundesrats die finanzielle Krise noch viel grö- schwache Krücke, Herr Bundeskanzler — wenn das ßer wäre, weil eine Reihe von ausgabewirksamen alles ist —, auf die Sie sich zum Ausgleich Ihrer Gesetzen noch viel voluminöser ausgefallen wäre, innenpolitischen Schwierigkeiten und zur Verteidi- als das der Fall ist. Sie wissen auch ganz genau, daß gung der von Ihnen verschuldeten innenpolitischen ein Teil der sozialdemokratisch regierten Länder Lage stützen wollen. im Bundesrat mit den CDU/CSU-regierten Ländern Ich möchte nicht mißverstanden werden: Die zusammen für größere Sparsamkeit eingetreten ist. CDU/CSU ist für den Ausgleich mit Polen, Umgekehrt haben die CDU/CSU-regierten Länder im Bundesrat Vorlagen trotz schwerster Bedenken (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : mitgetragen. Ich erinnere nur an die Steuerreform. Hört! Hört!) Sie können also nicht wahlweise der Bundesrats- insbesondere für den Ausgleich mit dem polnischen mehrheit Obstruktion vorwerfen und sie im glei- Volk. chen Atemzug verantwortlich machen für die Ge- (Wehner [SPD] : In den Fragestunden hört setze, die die Bundesratsmehrheit hat passieren las- sen und für die Sie, Herr Bundeskanzler, die Verant- man es anders!) wortung tragen. Das ist ein Ziel, welches die CDU/CSU über Nun habe ich mit großem Interesse wahrgenom- 20 Jahre hinweg verfolgt hat, Herr Kollege Weh- ner. Aber zu unseren Vorstellungen gehört es men, daß Sie — offenbar zur Begründung Ihrer Vor- lage; der Zusammenhang war nicht ohne weiteres nicht, daß wir der polnischen Regierung jeweils die erkennbar — eine Abschweifung in die Richtung Beträge zahlen, die sie von uns verlangt. der Außenpolitik unternommen haben. Meine Da- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) men und Herren, es ist seit Tausenden von Jahren, würde ich sagen, ein bewährtes Mittel der Politik Herr Bundeskanzler, Sie haben die Ostverträge auch in diesem Zu- einer Regierung, die in innenpolitische Schwierig- und das Ereignis von Helsinki keiten gerät, ihre Zuflucht zu außenpolitischen Er- sammenhang wieder als entscheidende Beiträge folgen zu nehmen. Nur, es müssen dann auch Er- zur Sicherung des Friedens gefeiert. Ist Ihnen voll- folge sein. ständig entgangen, Herr Bundeskanzler, daß die (Beifall bei der CDU/CSU) Aufrüstung trotz der Ostverträge und trotz Hel- sinki weitergeht, daß in den Verhandlungen über Herr Bundeskanzler, daß Sie sich unterfangen MBFR und SALT nicht die leisesten Fortschritte er- wollen, den Abschluß der deutsch-polnischen Ver- kennbar sind? Das sind doch die wirklichen Be- einbarungen als einen Erfolg Ihrer Politik darzustel- drohungen des Friedens. Auf sie müßte man ein- len, das allerdings übersteigt alles Vorstellbare. gehen, wenn man die Dinge richtig darstellen will. (Beifall bei der CDU/CSU) Schließlich haben Sie, Herr Bundeskanzler, einen Dieses Abkommen ist doch ein eindeutiger Beweis Ausflug in die deutsche Geschichte unternommen. für den Fehlschlag der Ostpolitik. Ich weiß auch nicht, weshalb Sie das taten. (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) (Zurufe von der CDU/CSU) Wie war es denn 1970, als der Warschauer Vertrag Ich kann die Begründung in diesem Zusammenhang geschlossen wurde? gar nicht erkennen. Aber offenbar wollten Sie da- mit sagen, daß Sie es besser machen wollen als die (Wehner [SPD] : Haben Sie denn dafür ge Männer, die 1930 in Deutschland, im Deutschen stimmt?) Reich regiert haben. Damals wurde uns doch zugesagt, daß die Deut- (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Das war an die schen, die in Polen und in den Ostgebieten leben, SPD gerichtet!) in die Bundesrepublik Deutschland sollten ausreisen dürfen. Dann sind zwar einige Zigtausende ausge- Ich möchte Ihnen, meine hochverehrten Damen reist — Sie haben eine Zahl genannt —,- aber im und Herren, dazu folgende sachlich richtige Dar- Jahre 1974 wurde doch dieser Strom abrupt unter- stellung geben. brochen, im Jahre 1974 kamen doch viel weniger Aussiedler hierher als in den zehn Jahren vor Ab- Am Mittag des 27. März 1930 legte zu dem schluß des Warschauer Vertrages. Das ist doch Streit um Erhöhung der Arbeitslosenversicherung ein geradezu klassischer Beweis für die Unzuläng- der damalige Vorsitzende der Zentrumsfraktion, lichkeit dieser deutschen Ostpolitik, Brüning, einen Kompromißvorschlag vor, der einen gangbaren Mittelweg hätte darstellen können. Von (Beifall bei der CDU/CSU) den Koalitionsparteien stimmten Zentrum, Demo- daß Sie zwar Ihre eigenen Leistungen in vertraglich kraten und schließlich auch die Deutsche Volkspar- gesicherter Form erbringen, daß Sie sich aber die tei zu. Von der SPD-Fraktion stimmten der SPD- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12905 Dr. Carstens (Fehmarn) Reichskanzler Müller und zwei weitere SPD-Mit- weiter aufbläht, sondern es ist die Schuld des Ge- glieder zu. setzgebers, hier der Koalitionsfraktionen. (Hört! Hört! und weitere Zurufe von der (Beifall bei der CDU/CSU) CDU/CSU) 5. Manche Aufgaben, die der Staat an sich gezogen Aber die Mehrheit der SPD-Fraktion folgte dem Ar- hat, können von der privaten Wirts chaft besser und beitsminister Wissel und lehnte diesen Vorschlag billiger erfüllt werden. Das gilt nicht nur für den ab. Damit waren die Gegensätze unüberbrückbar kommunalen Bereich. Wir erwarten dazu konkrete geworden. Noch am gleichen Tage erklärte das Ka- Vorschläge der Bundesregierung. binett Müller seinen Rücktritt. — Meine Damen und Herren, so war es in Wirklichkeit! 6. Wir fordern die Bundesregierung und die Koali- tionsfraktionen auf, bis zur Sanierung der Staats- (Lebhafte Rufe: Hört! Hört! — Dr. Jennin finanzen keine neuen ausgabeerhöhenden Gesetze ger [CDU/CSU] [zum Bundeskanzler ge vorzulegen. Eine grundsätzliche Ausnahme gilt nur wandt]: Geschichtsfälscher übelster Art! — für die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungsanpas- Weitere Zurufe von der CDU/CSU) sungen. Wir selbst sind in der Vergangenheit auf Meine Damen und Herren, es hat wirklich man diesem Wege vorangegangen. es für sich, daß diese Debatten öffentlich -chübertra- 7. Wir haben jetzt den Beschluß gefaßt, sämtliche gen werden. Während ich dort saß, hat mich ein Bür- von uns eingebrachten finanzwirksamen Gesetzes- ger, der die damaligen Verhältnisse und die damali- initiativen zurückzuziehen. Wir verzichten damit in gen Ereignisse miterlebt hat, angerufen und mir dieser Legislaturperiode auf wichtige gesellschafts- diese Mitteilung zugeleitet. politische Anliegen der CDU/CSU, weil wir uns der (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ Verantwortung stellen, die öffentlichen Finanzen CSU) zunächst wieder in Ordnung zu bringen. Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. (Beifall bei der CDU/CSU) 1. Die CDU/CSU fordert von der Regierung das Das bedeutet selbstverständlich nicht, daß wir auf rückhaltlose Eingeständnis der Ursachen für die Zer- die politischen Zielvorstellungen, die mit diesen rüttung der Staatsfinanzen und die rückhaltlose Dar- Anträgen verbunden sind, verzichten. legung des Ausmaßes der Krise. Die Karten müssen 8. Weil ohne Wiederbelebung der Wirtschaft offen auf den Tisch. Denn nur auf Grund einer rich- tigen Diagnose ist eine richtige Therapie möglich. und die Überwindung der Arbeitslosigkeit die Sa- nierung der Staatsfinanzen nicht gelingen kann, muß Nur so können die Wirtschaft wiederbelebt, Arbeits- der Betriebe gefördert wer- losigkeit beseitigt und unsere Staatsfinanzen sa- die Investitionstätigkeit den. Wir fordern ein Programm zur Wiederbelebung niert werden. Nur wenn wir und unser Volk wissen, der Wirtschaft und Überwindung der Arbeitslosig- wo wir wirklich stehen, können wir Verständnis für keit, das auch steuerliche Anreize für Investitionen die notwendigen Maßnahmen verlangen. Das hat mit einschließen sollte. Rechthaberei nichts zu tun, sondern eine richtige Diagnose ist die unerläßliche Voraussetzung für Wir stellen mit Erstaunen fest, daß auch maßgeb- eine erfolgreiche Therapie. liche Persönlichkeiten der FDP solche Gedanken (Beifall bei der CDU/CSU) noch vor ganz kurzer Zeit ganz offen ausgespro- chen haben. Wir haben das begrüßt. Nur finden wir 2. Die CDU/CSU-Fraktion wird alle Vorschläge kein Wort davon in den uns jetzt vorgelegten Vor- der Regierung zur Kürzung von Ausgaben und zum schlägen. Abbau von Subventionen prüfen. Sie ist bereit, auch (Beifall bei der CDU/CSU) unpopuläre Entscheidungen mitzutragen, wobei wir uns aber selbstverständlich vorbehalten, in be- Ja, meine Damen und Herren, da wird uns gesagt, stimmten Bereichen die Einsparungen anders als die das hänge mit dem Mannheimer Parteitag der SPD Regierung anzusetzen. zusammen; man könne es den linken SPD-Leuten nicht zumuten, daß man so etwas vor dem Parteitag 3. Wir erwarten von der Bundesregierung weitere macht; das solle nach dem Parteitag gemacht wer- Einsparungsvorschläge, nachdem die wiederholten Be- den. — Aber wohin sind wir denn gekommen, hauptungen der Bundesregierung, der Spielraum sei meine Damen und Herren, wenn eine Regierung ausgeschöpft, jeweils kurz darauf von ihr selber in eine solche Abhängigkeit von einer extrem lin- Lügen gestraft wurde. ken Gruppe gerät, die sich auf einem politisch als (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU]: So ist es!) völlig falsch zu bezeichnenden Wege befindet, daß - diese Regierung nicht in der Lage ist, das Notwen- 4. Wir fordern nachhaltige Bemühungen der Bun- dige jetzt zu tun? desregierung um eine Vereinfachung der Gesetzge- bung und zur Entlastung der Verwaltung. Bei den (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von Personal- und Sachkosten müssen erheblich größere der SPD) Einsparungen als bisher geplant und durchgeführt Die CDU/CSU vertraut auf die selbstheilenden werden. Meine Damen und Herren, indem wir dies Kräfte unserer marktwirtschaftlichen Ordnung, un- fordern, nehmen wir in überhaupt keiner Weise ge- serer, ich sage es, sozial verpflichteten marktwirt- gen die öffentlichen Bediensteten oder gar gegen schaftlichen Ordnung, zur Überwindung der gegen- die Beamten Stellung. Es ist nicht die Schuld der Be- wärtigen Krise. Wir vertrauen auf die Fähigkeit der amten, daß sich der Verwaltungsapparat ständig Unternehmer, sich den gegebenen schwierigeren 12906 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Carstens (Fehmarn) Verhältnissen anzupassen. Wir vertrauen auf die mokratische Parlamentarier Schmidt, den Sie, wenn Tüchtigkeit des deutschen Arbeitnehmers. Sie wollen, jetzt hören können, wird seine Solidari- Damit sich aber diese Kräfte entfalten können, tät zu den Arbeitslosen und Kurzarbeitern im Lande braucht doch dieses Land eine Regierung, welche die durch besonderes Verantwortungsbewußtsein zu Voraussetzungen für die Wiederbelebung der Wirt- demonstrieren versuchen. schaft und die Überwindung der Arbeitslosigkeit (Beifall bei der SPD — Reddemann [CDU/ schafft, anstatt, wie es die jetzige Regierung tut, CSU] : Sie sind doch als Abgeordneter an durch Steuererhöhungen die Chance eines Auf- der Misere mitschuldig!) schwunges abzudrosseln. Dieses Land braucht eine Regierung, auf deren Wort man bauen kann, Ich muß auch meinem verehrten Vorredner, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, noch ein paar (Beifall bei der CDU/CSU) Gedanken vortragen. Ich hatte gehofft, daß sich For- und nicht eine Regierung, die in kurzer Zeitfolge meln, die man in der Presse von Parteitagen und an- einander widersprechende Erklärungen abgibt, wel- derswo lesen kann, in diesem Hause nicht wieder- che die Bürger täuscht, wenn sie sich davon einen holen würden. Aber auch da bin ich enttäuscht wor- kurzfristigen Erfolg verspricht. den. Herr Carstens, Sie reden wieder davon, daß Dieses Land braucht auch eine Regierungsmehr- das Land getäuscht worden sei. Sie fordern — na- heit, die in den zentralen Fragen der Wirtschafts- türlich unter dem Beifall Ihrer politischen Freunde — und Ordnungspolitik an einem Strang zieht, und den Kanzlerrücktritt und versuchen sofort danach im nicht eine Regierungsmehrheit, von der ein Teil die Detail an Beispielen deutlich zu machen, warum und soziale Marktwirtschaft verteidigt, jedenfalls verbal, wo sich dieser Kanzler getäuscht hat. Sie, der Vor- während ein anderer Teil dabei ist, die Grundlagen sitzer einer großen Fraktion, der Mann, der im Bun- zu zerstören, auf denen sich nach 1949 ein beispiel- deskanzleramt hohe Verantwortung getragen hat, loser wirtschaftlicher Aufschwung und eine beispiel- sagen — im Sinne eines Vorwurfs an diese Regie- lose Entwicklung hin zu einem freien sozialen rung —, beispielsweise der Kanzleramtsneubau mit Rechtsstaat in unserem Lande vollzogen hat. seiner gewaltigen Vermehrung — so verstehe ich es — an Personal sei eine dieser Täuschungen; denn (Beifall bei der CDU/CSU) jetzt würden die Heizungskosten unendlich viel Eine solche Regierung, eine solche Regierungsmehr- höher, als sie es bisher waren. heit hat dieses Land nicht. Die CDU und die CSU (Reddemann [CDU/CSU] : Herr Schmidt, Sie werden alles in ihren Kräften Stehende tun, damit haben nicht einmal den Zusammenhang be hier alsbald der notwendige Wandel eintritt. griffen! Mangelhaft!) (Lang anhaltender, lebhafter Beifall bei der Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche CDU/CSU) billige Polemik paßt nicht in eine Debatte vor die- sem Haus Vizepräsident von Hassel: Meine Damen und Her- (Beifall bei der SPD und der FDP) ren, wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat und schon überhaupt nicht in eine Debatte, in der der Herr Abgeordnete Schmidt (Wattenscheid). es darum geht, die Voraussetzungen für die Gesun- dung unserer Wirtschaft und den Wiederaufschwung Schmidt (Wattenscheid) (SPD) : Herr Präsident! unserer Konjunktur und damit das Hineinnehmen Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich aller Menschen in den Arbeitsprozeß zu gewinnen. diesem Hause meine Ausführungen für die Sozial- Die Kanzleramtszuwächse an Personal — das mußte demokraten in Deutschland vortrage, möchte ich der insbesondere Herr Carstens wissen — sind entstan- Bundesregierung unseren, den sozialdemokratischen den, weil diese Regierung, rational denkend, Respekt vor der Redlichkeit, vor dem Mut, (Lachen bei der CDU/CSU) (Lachen bei der CDU/CSU) das Bundesratsministerium aufgelöst und dessen vor der Logik, vor der Gewissenhaftigkeit sagen, Aufgaben in dieses Amt verlagert hat. Ich finde, ich sei es der Öffentlichkeit schuldig, dies zu sagen. (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Geschichtsfälschung! (Reddemann [CDU/CSU]: Informieren Sie — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) sich doch erst einmal!) den Menschen (in unserem Vaterlande jetzt in dieser Es gibt ein zweites Beispiel, Herr Carstens. Sie Zeit so umfänglich, so ungeschminkt und so weit- reden von der Erhöhung der Zahl der öffentlich Be- sichtig zu sagen, mit welchen Mitteln, mit welchen - diensteten um 16 %. Dieser Vorgang muß ganz ohne Instrumenten wir aus der Lage herauskommen kön- Zweifel sehr gewissenhaft bedacht werden. Es müs- nen, die weder die Politik in diesem Lande noch die sen uns Mittel und Möglichkeiten einfallen, diesen Menschen in diesem Lande verschuldet haben. Weg zu beenden. Aber Sie, meine Damen und Her- (Beifall bei der SPD) ren, jedenfalls Ihre Freunde im Bundesrat, hätten an Ich möchte auf eine Bemerkung, die allerdings einer nicht uninteressanten Stelle eine großartige nicht für mein Ohr bestimmt war, reagieren. Sie Chance gehabt, dies zu verwirklichen. Als es näm- lautete — wenn ich sie richtig verstanden habe —, lich um das Kindergeld ging, dies sei kein Arbeitervertreter. Dazu sei dies be- (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen merkt. Der gewerkschaftlich organisierte sozialde bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12907 Schmidt (Wattenscheid) sind wir von Ihnen dazu gezwungen worden, die gend brauchen, nämlich die Zuversicht in diesen Auszahlung auf dem Wege vorzunehmen, über den Wiederaufschwung. sie nun läuft. Dadurch gibt es 6 000 Arbeitnehmer (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. mehr im öffentlichen Dienst. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Das ist (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist doch Selbstbetrug!) nicht richtig! — Weitere lebhafte Zurufe Wo soll denn, Herr Carstens, wo soll denn, meine von der CDU/CSU — Kroll-Schlüter [CDU/ Damen und Herren, die Entscheidung für die In- CSU] : Sie lügen! — Gegenrufe von der vestitionen im privaten Bereich, die wir so dringend SPD) brauchen, fallen, wenn am heutigen Tage von die- — Ich rechne damit, daß Sie sich entschuldigen! sem Hause die Zuversicht nicht nur nicht gefördert, sondern sogar total zerstört wird? Herr Carstens, Sie reden von einer Täuschung. In diesem Parlament aber, meine Damen und Herren, (Beifall bei der SPD und der FDP — Weh spiegelt sich die Bereitschaft der deutschen Men- ner [SPD] : Sehr wahr! — Dr. Müller-Her schen zu einem Sachdialog ungekürzt und unverän- mann [CDU/CSU] : Weil Sie den Leuten dert wider. Hier scheint es Leute zu geben, die mit über das, was kommt, so oft die Unwahr einem überdurchschnittlichen Maß von Unterschied- heit gesagt haben, glaubt Ihnen heute auch lichkeit zurechtkommen müssen. keiner mehr!) (Beifall bei der SPD und der FDP) Sie reden an einer anderen Stelle, Herr Carstens, an der ich eigentlich mit ein bißchen mehr Ausführ- lichkeit gerechnet hatte, von dem „sogenannten Vizepräsident von Hassel: Einen Augenblick, Herr Papier", dem Papier, von dem man in den Zeitungen Abgeordneter. lesen kann und von dem der Herr Bundeskanzler sprach und das auch mich wie viele Menschen im Es ist eben ein Zwischenruf von Herrn Kroll Lande sehr besorgt gemacht und beunruhigt hat. Schlüter gefallen: „Sie lügen!" Ich rufe Sie dieser Wenn es ein „sogenanntes Papier" ist, wenn es also halb zur Ordnung. ein „Kein-Papier" ist, meine sehr verehrten Damen (Beifall bei Abgeordneten der SPD — und Herren, dann nutzen Sie den heutigen Tag, sich Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Sagen wir, von verschiedenen Inhalten deutlich zu distanzieren! Herr Schmidt hat nicht ganz die Wahrheit (Beifall bei der SPD und der FDP) dargestellt!) Dann sagen Sie den Menschen im Lande, die in Sorge sind, daß Sie die Sozialhilfe nicht kürzen wol- Schmidt (Wattenscheid) (SPD) : Herr Carstens, Sie len, wie es doch in diesen Papieren zu lesen ist! reden davon, es sei eine Täuschung, dem Bürger zu Dann sagen Sie ihnen, daß Sie die Inanspruchnahme sagen, daß wir die Erhöhung der Mehrwertsteuer der flexiblen Altersgrenze nicht erschweren wollen, ab 1977 für richtig halten. Lieber Herr Carstens, wie es in diesen Papieren zu lesen ist! Dann sagen lassen Sie mich in aller Unbefangenheit und Offen- Sie bitte hier und heute deutlich — die Chance ist heit fragen: Für wie dumm halten Sie denn die Men- großartig —, daß massive Eigenbeteiligungen, wie schen in Deutschland? Wenn Sie davon ausgehen, es in diesen Papieren doch zu lesen ist, von Ihnen die Menschen würden getäuscht: Glauben Sie, daß politisch nicht gewollt sind! die sich nicht heute sicher ausrechnen können, wo- (Beifall bei der SPD und der FDP) mit sie ab Januar belastet werden? Jeder Bürger weiß, das ist eben Teil der Redlichkeit dieser Koali- Sie tun dem Hause und sich selbst — aber ich tion, heute zu sagen, wie sich die Dinge entwickeln will mir nicht Ihren Kopf zerbrechen —, werden. (Sehr gut! bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen vor allem gefestigter demokratischer Entwicklung bei der CDU/CSU) in unserem Lande einen guten Dienst, wenn Sie Jeder wird sich das ausrechnen können, Herr Car- heute und hier Gelegenheit nehmen, sich von For- stens. mulierungen dieser Papiere deutlich zu distanzieren, von Formulierungen etwa dieses Inhaltes: „Es ist In bezug auf einen anderen Bereich bin ich sehr sicherzustellen, daß Einsparungen nicht in erster viel besorgter. Polemik darüber gehört am aller- Linie zu Lasten der Personengruppen gehen, die wenigsten hierhin in diese öffentliche Debatte. Ich überwiegend als Anhänger der CDU/CSU anzusehen meine den Bereich, wo Sie von Ihrer Überzeugung sind." Ich wäre dafür dankbar und viele draußen - reden, der Aufschwung sei ungewiß. auch. Dies würde zu einer guten Voraussetzung (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch beitragen, über das, worüber zu reden ist, reden zu wahr!) können. Ich wäre dankbar, wenn Sie und andere darüber Meine Damen und Herren! Sie müssen uns nicht noch einmal nachdenken könnten. Wer diesen Auf- hier im Hause unbedingt zustimmen. Dafür gibt es schwung, den man in ganz kleinen Teilen jetzt sogar plausible Gründe. Der Herr Bundeskanzler hier abtasten kann und der sich in verschiedenen hat sie ja sehr ausführlich aufgezählt. Aber wenn Partnerländern deutlich sehen läßt, in Frage stellt, Sie dies schon nicht wollen, wenn Sie glauben, dem der zerstört, was Wirtschaft und Menschen so drin Herrn Bundeskanzler und den Vertretern der Re- 12908 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Schmidt (Wattenscheid) gierung dieser Koalition in der Beschreibung der rungserklärung heute morgen vorgelegt —, und jetzigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der dem stimmen die Sozialdemokraten in diesem Möglichkeiten und Mittel, aus ihnen herauszukom- Hause wie im Vaterlande zu. Die Bundesregierung men, nicht zustimmen zu können, dann müssen Sie muß und soll wissen: Wir werden sie nicht allein sich fragen lassen, wie es dann wohl kommt, daß Sie und schon überhaupt nicht im Stich lassen bei der einem ausländischen Beobachter, den Sie, den Ihre Verwirklichung dieses Programms. Partei eingeladen hatte — ich fand das übrigens (Beifall bei der SPD und bei der FDP) sehr großartig —, Dr. Reza Fallah, auf Ihrem ent- wicklungspolitischen Kongreß Beifall spenden, wenn Die Menschen im Lande werden uns verstehen. Sie er die deutsche Politik als eine vorbildliche und her- werden uns verstehen, weil man erkennt, begreift vorragende bestätigt und zum Nachahmen für an- oder fühlt, daß die hier aufgeschriebenen Vorhaben dere Industrienationen darstellt. logische Maßnahmen im Rahmen dessen sind, was (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ wir allein oder im Bündnis mit anderen gestalten CSU und der SPD) können. Wie kommt es eigentlich, daß man einem Ausländer, Es bleibt das zweite große Kompliment an die der solche Bemerkungen macht, so großartig zu- Bundesregierung, insbesondere an den Kanzler der jubelt und hier einem Mitglied der deutschen Bun- Gegenwart: Alles, was wir bisher im Lande im desregierung, dem Kanzler oder einem Kabinetts- Kampf gegen die Inflation haben tun können oder mitglied, wenn er ähnliches in anderem Zusammen müssen, ist in einer hervorragenden harmonischen hange sagt, total und von vornherein widerspricht? Abstimmung zwischen den Verantwortungsträgern Sie müssen sich fragen lassen, wie das wohl kommt. Bundesparlament, Bundesregierung und autonome Deutsche Bundesbank vor sich gegangen. Das, was außenwirtschaftlich durch noch mehr Abstimmung Vizepräsident von Hassel: Herr Abgeordneter, ge- statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeord- in den Maßnahmen der einzelnen Volkswirtschaften neten Dr. Todenhöfer? noch gestaltet werden muß, wird durch die Bundes- regierung der Bundesrepublik Deutschland großar- tig beeinflußt. Wir können den gegenwärtigen Dr. Todenhöfer (CDU/CSU) : Herr Kollege, ist Kanzler nicht nur nicht zum Rücktritt einladen; wir Ihnen bekannt, daß Herr Fallah auch gesagt hat, daß können den Kanzler, dessen Wort bei uns und um die Inflation nicht vom Ausland hereingetragen uns herum Gewicht hat, dessen Rat ernst genom- worden sei, sondern in Deutschland entstanden sei? men wird, nur ermuntern, weiter wie bisher auf eu- ropäische und außereuropäische Nationen und ihre Schmidt (Wattenscheid) (SPD) : Ich wäre dem Regierungschefs einzuwirken, Herrn Präsidenten sehr dankbar, wenn dem Proto- koll jenes Zitat des Herrn Dr. Fallah, von dem ich (Beifall bei der SPD und der FDP) rede, beigefügt werden könnte. Dann kann jeder damit als Ersatz für die nicht vorhandenen inter- nachlesen, was er dort gesagt hat. Dann brauchen nationalen Werkzeuge abgestimmte nationale Maß- wir uns hier überhaupt nicht zu streiten. nahmen gesetzt werden. (Katzer [CDU/CSU] : Das war doch keine Wir Sozialdemokraten wollen Parlament, Men- Antwort! Hat er das nun gesagt oder nicht? schen und Bürger in diesem Lande auch wissen — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) lassen, daß wir voller Zuversicht davon ausgehen, — Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie daß wir mit diesen ungewöhnlich schwierigen Pro- können es nachlesen. Im übrigen ringe ich — bei blemen fertig werden, dabei aber überhaupt nicht aller Freundschaft und bei aller persönlichen Ver- daran denken, in der Reformpolitik langsamer zu ehrung — nicht um Ihre Bestätigung der Richtig- gehen oder gar stehenzubleiben. Dieses Land, meine keit meiner Gedanken. Ich werde meine eigenen Damen und Herren, braucht nach wie vor dringend Gedanken weiter vertreten. die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Wirt- schaft. (Heiterkeit bei der SPD) (Beifall bei der SPD und der FDP) Es geht bei dem, was wir haben — das ist vom Bun- Diese sozialliberale Koalition, die diese ungewöhn- deskanzler ernsthaft und wohl unbestreitbar ge- liche Kraft aufgebracht hat, so harmonisch durch sagt worden —, um die schwerste wirtschaftliche diese einzigartigen Schwierigkeiten hindurchzukom- Krise, die die Welt seit 1932 erfaßt hat. Jeder, der men, wird leichter den Nachweis führen können, so tut, als gäbe es irgendwo, in irgendeiner natio- daß sie ein vernünftiges, auf die Zeit von heute und nalen Volkswirtschaft einen Hebel, den man nur morgen zugeschnittenes Mitbestimmungsrecht der - herumzulegen brauche, und dann liefe alles so, wie Arbeitnehmer schaffen kann. man es sich wünscht, der begreift entweder die wirklichen Zusammenhänge nicht, oder er versucht Dabei geht es nicht nur um Ansprüche der Arbeit- aus anderen Gründen, Menschen und Bürger in die- nehmerschaft oder insbesondere der organisierten sem Lande an den Wahrheiten vorbeizutäuschen. Arbeitnehmerschaft; dabei geht es auch darum, im Zusammenhang mit der heute zu behandelnden (Beifall der SPD und bei Abgeordneten der Thematik die Voraussetzungen dafür schaffen zu FDP) helfen, daß unsere Wirtschaft leistungsfähig bleibt, Wir gehen diesen Weg des Täuschens nicht. Es oder, wo sie noch leistungsfähiger werden kann gibt ein Maßnahmenbündel — durch diese Regie- und muß, leistungsfähiger wird. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12909 Schmidt (Wattenscheid) Mitbestimmung ist zwar ein bißchen Sozialpoli- Verbesserung der Situation gegeben: eine neue Re tik, ein bißchen Unternehmenspolitik, ein -gierung.bißchen Das ist natürlich das gute Recht der Oppo- Betriebspolitik, freilich. Mitbestimmung bleibt aber sition. das zentrale gesellschaftliche Thema unserer Zeit. (Kiep [CDU/CSU] : Eine vertrauensbildende Denn Mitbestimmung heißt auch und insbesondere Maßnahme! — Leicht [CDU/CSU]: Das ist soziale Sicherheit. Soziale Sicherheit heißt Bewah- ein ganz gewichtiger Vorschlag!) rung des höchsten Gutes, das wir haben, nämlich Nur, Sie glauben ja selbst nicht, daß dadurch, daß sozialer Frieden. Sozialer Frieden wiederum heißt Herr Kohl von Mainz nach Bonn umzieht, ein Pfen- wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Wettbewerbs- nig mehr in die Bundeskasse kommt. fähigkeit gegen andere oder mit anderen. (Beifall bei der FDP und der SPD — Kiep (Beifall bei der SPD) [CDU/CSU]: Was glauben Sie, was dann Die Sozialdemokraten in der sozialdemokra- in die Bundeskasse käme! — Weitere Zu tischen Bundestagsfraktion im Hause wissen, daß in rufe von der CDU/CSU) dem Programm, das es zu behandeln und zu be- Im übrigen decouvrieren Sie sich mit dieser ganzen schließen gilt, Maßnahmen enthalten sind, die im Haltung sehr deutlich: Für Sie ist der Machtwech- einzelnen Falle weh tun können. Wir stimmen aber sel eigentlich der Selbstzweck Ihrer Politik. Den dem Gesamtprogramm zu, weil es in seiner Aus- Machtverlust von 1969 haben Sie offenbar immer gewogenheit und Zumutbarkeit eine, wie wir es noch nicht überwunden. sehen, große Chance beinhaltet, schnell durch dieses Tal hindurchzukommen und alle Voraussetzungen (Beifall bei der FDP und der SPD) dafür zu schaffen, daß die Wirtschaft auf vollen Und erst wenn Sie ihn wirklich überwunden haben, Touren läuft und alle unsere Landsleute wieder in sind Sie reif, wieder Regierungsverantwortung in Arbeit sind. Die Bundesregierung kann der Mitar- diesem Lande zu tragen. beit der Sozialdemokraten sicher sein. (Beifall bei der FDP und der SPD) (Beifall der SPD und der FDP) Im übrigen: Sie haben gemeint, Sie könnten nun die ganze finanzpolitische Thematik an der Entwick- Das Wort hat der A Vizepräsident von Hassel: lung des Einzelplans 04 aufzeigen. Darüber werden geordnete Kirst. wir bei der ersten Lesung des Haushalts noch gründ- lich reden und feststellen, daß selbst das, was Sie Kirst (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr geehrten dazu gesagt haben, nicht hieb- und stichfest ist. Damen und Herren! Wenn ich es richtig sehe, be- ginnen wir heute eine Serie finanzpolitischer De- Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Be- batten, die möglicherweise den Rest dieser Legis- harren der Opposition auf ihren falschen Vorwür- laturperiode bestimmen und beherrschen werden. fen — warum sie falsch sind, werden wir ja noch Ich sehe darin zunächst durchaus eine große Chance, darstellen — beeinträchtigt — wenn nicht verhin- nämlich die Chance, der Bevölkerung durch die Er- ch-dert — die theoretisch mögliche, gemeinsame, ri örterung in diesem Hause die finanzpolitische Lage, tige Analyse der Situation und Zusammenarbeit mit der wir uns auseinanderzusetzen haben, ins Be- bei der Bewältigung der gegebenen Probleme. Dies wußtsein zu bringen. ist eben nicht die Stunde vermeintlichen demago- gischen Triumphes. Und lassen Sie es mich sagen: Die andere Chance, die Fehlbeurteilung und das Ohne die solide Finanzpolitik Alternativmanko der Opposition durch diese De- batten auszugleichen, muß ich leider, Herr Kollege (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : „Dieser Carstens, als wesentlich geringer ansetzen, wenn Regierung" würde ich jetzt an Ihrer Stelle nicht als gleich Null, falls uns nicht im Laufe des nicht sagen!) heutigen und morgigen Tages noch Überraschungen — Herr Müller-Hermann, ohne die solide Finanz- bevorstehen. politik, damit Sie es ganz genüßlich zweimal hören (Beifall bei der FDP und der SPD) können — der vergangenen Jahre Denn Ihre Ausführungen, Herr Kollege Carstens, (Kiep [CDU/CSU] : Aber Herr Kirst!) waren doch zu einem Drittel Polemik, zu einem wäre die Bewältigung der gegenwärtigen Schwierig- Drittel Zitate und zu einem Drittel Leerformeln. keiten überhaupt nicht möglich. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der FDP und der SPD — Kiep [CDU/CSU] : Sie entwickeln sich zu einem Wob- ist eine einzige Mark, wie Sie vorgeschlagen- haben, konkret mehr zu sparen? Das muß man sich parlamentarischen Hennecke!— Dr. Müller doch fragen dürfen nach dem, was dieser Debatte Hermann [CDU/CSU] : Dazu sind Sie zu in der Öffentlichkeit vorangegangen ist. ernst zu nehmen, daß Sie sich so etwas er lauben dürften!) (Nordlohne [CDU/CSU] : Der zweite, der nicht zugehört hat! — Weitere Zurufe von Lassen Sie mich das an zwei Dingen zeigen, Herr der CDU/CSU) Kollege Kiep. Sie werden nicht widersprechen kön- nen — weil Sie Gedrucktes akzeptieren müssen —, Ich komme darauf noch im einzelnen später zurück. daß wir z. B. die diversen Konjunkturprogramme, Wenn man Ihre Rede richtig deutet, richtig wer- die wir in den letzten eineinhalb Jahren auf Stapel tet, dann haben Sie eine einzige Empfehlung zur gelegt haben, mit den Rücklagen finanziert haben, 12910 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Kirst die Bund, Länder und Gemeinden, aber vor allem, Herr Müller-Hermann; Sie auch, Herr Zeitel, glaube etwa zu zwei Dritteln, der Bund, in den Jahren 1970 ich — hat mit ihren sogenannten, hier in dreifacher bis 1973 zurückgelegt haben. Und Sie können ja Auflage eingebrachten Inflationsentlastungsgeset- auch nicht bestreiten — das meine ich mit solider zen vom Herbst 1973 letzten Endes Daten gesetzt, Finanzpolitik —, daß wir in den Jahren 1970 bis die das Konzept der einkommensneutralen Steuer- 1973 — das ist hier schon einige Male gesagt wor- reform zerstört haben. Das ist auch Ihre Mitverant- den, aber man muß es immer wiederholen —, also wortung. in vier Haushaltsjahren, ganze 8 Milliarden DM (Burger [CDU/CSU] : Wir wollten beides Schulden gemacht haben. Das waren 2 % des Ge- trennen!) samtvolumens der Haushalte dieser vier Jahre. Dies beides nenne ich eben solide Finanzpolitik. Sie wissen natürlich genau: Wenn wir Ihrem Kon- Dies ermöglichte uns überhaupt, mit den heutigen zept gefolgt wären, hätten wir eine Haushaltsver- Problemen fertig zu werden. schlechterung ohne Steuerreform und zudem noch eine Haushaltsverschlechterung ein Jahr früher ge- (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Das hat sich habt. Das müssen Sie ja wohl zugeben. inzwischen aber gründlich geändert!) (Beifall bei der FDP und der SPD — Burger — Warum das so ist, darauf kommen wir gleich, [CDU/CSU] : Es sollte doch aufkommens Herr Kollege Althammer. Denn es ist sicherlich auch neutral sein!) wegen der politischen Wertung richtig, nach den Ursachen zu fragen, zu fragen, warum trotz der Die zweite Wurzel dieser finanzwirtschaftlichen soliden Finanzpolitik der vergangenen Jahre heute Schwierigkeiten ist die wirtschaftliche Lage; da die überhaupt nicht geleugneten, die überhaupt nicht beißt die Maus keinen Faden ab, wie das so schön verniedlichten, die überhaupt nicht verkleinerten heißt. Hier sind die Steuerrückgänge zu erwähnen. finanzpolitischen Schwierigkeiten, die ja der Herr Sehen Sie sich einmal die Vorlagen an: Als die Bundeskanzler sehr deutlich dargelegt hat, eingetre- Regierung im Juli 1974 den Haushalt 1975 beschloß, ging ten sind. man noch von Steuereinnahmen für den Bund in Höhe von rund 135 Milliarden DM aus. Da gibt es letzten Endes zwei große Ursachen: Das ist einmal die Steuerreform. Sie bedeutet einen (Dr. Zeitel [CDU/CSU]: Sie!) Einnahmeausfall von 15 Milliarden DM, wovon — Die Bundesregierung übernimmt — das wissen nach dem nicht befriedigenden Ausgang der Ver- Sie, Kollege Zeitel — die Schätzungen des Arbeits- handlungen zwischen Bund und Ländern — das ist, kreises „Steuerschätzung". nebenbei bemerkt, keine parteipolitische Frage ge- (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Die wir damals wesen; da waren die Länder alle gleich; das will schon für zu hoch gehalten haben!) ich der Gerechtigkeit halber hier sagen — eben der weit überwiegende Teil zu Lasten des Bundes geht. An diesem Arbeitskreis sind doch alle beteiligt. Hinsichtlich dieser Ursache gibt es für die Oppo- Das sind doch keine Steuerschätzungen der Regie- sition keine Hintertür. Sie hat der Steuerreform rung oder Steuerschätzungen der Koalition; das nicht nur zugestimmt, sondern sie hat im Verlauf müßten Sie doch wissen. Unternehmen Sie doch der Beratungen, insbesondere in der letzten Phase nicht den sinnlosen Versuch, der Öffentlichkeit im Bundesrat, dafür gesorgt, daß sie noch 2 Milliar- etwas weismachen zu wollen, von dem Sie selbst den DM teurer geworden ist. wissen, daß es falsch ist! (Wehner [SPD] : Sehr wahr!) (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD]) Das muß Ihnen immer wieder gesagt werden. Herr Kollege Zeitel, es ist ja auch so — das wird der hinter Ihnen sitzende Kollege Leicht bestäti- (Beifall bei der FDP und der SPD) gen —: Weil diese Steuerschätzungen keine poli- Vielleicht erinnern sich — ich sehe gerade den tischen Schätzungen sind, sondern vom Arbeitskreis Kollegen Leicht — die Kollegen aller drei Frak- „Steuerschätzung" kommen, an dem, wenn Sie so tionen im Haushaltsausschuß, daß wir damals, im wollen, durch die Vielfalt unserer politischen Land- Mai 1974, gemeinsam Bedenken gehabt haben, ob schaft alle politischen Kräfte beteiligt sind, und weil wir überhaupt das Testat nach § 96 der Geschäfts- sie vom Haushaltsausschuß übernommen werden, ordnung für dieses Unternehmen Steuerreform gibt es nie Streit um die Steuerschätzung. geben konnten; ich sage das hier sehr offen. Wer Dieser Arbeitskreis „Steuerschätzung" hat im verstanden hat, zwischen den Zeilen des Berichts Juni 1974 Steuerschätzungen vorgenommen, welche des Haushaltsausschusses zu lesen, der wird dies es der Regierung ermöglichten, in den Haushalt bestätigt finden; denn, meine Damen und- Herren 1975 Steuereinnahmen in Höhe von 135 Milliarden — auch das darf nicht in Vergessenheit geraten —, DM einzusetzen. Die Steuerschätzungen desselben diese Steuerreform war aufkommensneutral ge- Arbeitskreises vom August 1975 zwingen die Re- plant. Da war unter anderem auch — ich komme auf gierung, im Nachtragshaushalt die Steuereinnahmen die Mehrwertsteuer noch im einzelnen zu spre- auf etwa 118 Milliarden DM zu korrigieren. Das chen — ein Prozent Mehrwertsteuererhöhung vor- sind immerhin 17 Milliarden DM zu den 11 oder gesehen. 12 Milliarden — mindestens 10 Milliarden DM —, Nun komme ich wieder zur gemeinsamen Verant- die den Bund durch die Steuerreform betreffen. wortung, und auch da gibt es historische Beweise: Wenn Sie die andere Seite der konjunkturellen Die Opposition — Sie waren da besonders aktiv, Auswirkungen hinzunehmen, nämlich die Zuschüsse Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12911 Kirst an die Bundesanstalt für Arbeit, dann haben Sie es uns zumindest draußen im Lande gesagt wird, ein das Gesamtvolumen unserer Verschuldung im Jahre Offenbarungseid, sondern eine rechtzeitige und ent- 1975. Das heißt, die Wurzeln liegen eindeutig in der schlossene neue Kursbestimmung ist, die die Politik Steuerreform und in der konjunkturellen Entwick- den veränderten Verhältnissen anpaßt, lung. Deshalb bleibe ich bei meiner Behauptung: (Zustimmung bei der FDP und der SPD) Nicht eine unsolide Finanzpolitik ist die Ursache, sondern diese beiden Entwicklungen sind die Ur- die — das mögen manche heute nicht glauben und sache. wir alle nicht wünschen — wahrscheinlich längere Zeit andauern werden. Ich glaube, wenn wir uns an die Auseinander- setzungen der frühen 70er Jahre erinnern, haben Ich werde zum Bau- und Investitionsprogramm wir jetzt einen eklatanten Beweis dafür, daß nicht hier nichts sagen. Das wird sicher einer späteren die Haushaltspolitik die Konjunktur gefährdet, daß Runde vorbehalten sein. aber wohl der Konjunkturverlauf — ich sage be- wußt „Konjunkturverlauf" und nicht ,,Konjunktur- Eir kurze Bemerkung zum Nachtragshaushalt. politik" — die Haushaltspolitik fundamental er- Ich habe auf die Ursachen hingewiesen: die konjunk- schüttern kann. turellen Einflüsse, die Steuern und die Zuschüsse an die Nürnberger Anstalt. Im übrigen, Herr Altham- Ich will mich hier überhaupt nicht in die für heute mer, war es ja immer Ihr Herzenswunsch, einen nachmittag oder später zu erwartenden Auseinan- Nachtragshaushalt vorgelegt zu bekommen. Ich dersetzungen der Konjunkturpolitiker einmischen. hoffe, Sie würdigen das. Aber lassen Sie mich doch drei Feststellungen in diesem Zusammenhang treffen. Die Haushaltspolitik (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Aber keinen ist frei von Verantwortung für die Geldentwertung, solchen!) mit der wir in den letzten Jahren zu kämpfen hat- — Das können wir auch nicht ändern, daß er so ist, ten. Das war ja eines Ihrer Hauptthemen. Die Wur- das wissen Sie auch. zeln lagen sowohl in der importierten Inflation als auch in von der Regierung unabhängigen Entwick- Ich will jetzt auf ein bestimmtes Problem hier lungen, insbesondere im Lohn- und Kostenbereich. nicht näher eingehen; dies erfolgt möglicherweise in einer späteren Runde. Nur, Herr Kollege Carstens, Zweitens. Alle wollten Stabilität. Wir haben nie Sie haben im Zusammenhang mit dem Nachtrags- verschwiegen, daß Stabilität im Geldwertbereich haushalt etwas gesagt, das möglichst schnell aus der nicht ohne Opfer möglich ist. Erst ab Frühjahr 1973 Welt geräumt werden sollte, nämlich die Bundes- war sie wegen der außenwirtschaftlichen Zusammen- regierung bezahle alles, was man von ihr verlange. hänge — ich will das hier nicht im einzelnen dar- Daß dies unwahr ist, wissen Sie genau. stellen — möglich. Aber soweit hier politische Ver- antwortung vorliegt, die sich dann in den entspre- (Zurufe von der CDU/CSU) chenden Konjunkturentwicklungen und damit auch Lassen Sie mich nun zu dem Bündel, dem Komplex, in den Steuerentwicklungen fortgesetzt hat, ist es dem Bereich Sparprogramm, Strukturverbesserun- letzten Endes eine gemeinsame politische Verant- gen, Haushalt und Finanzplanung kommen. Zunächst wortung. ein paar Worte zu den einnahmeverbessernden Maß- Schließlich — drittens — sind noch die weltwirt- nahmen. schaftlichen Einflüsse zu nennen; Stichwort: 40 Mil- liarden Exportverluste. Wir Freien Demokraten verkennen nicht die Be- lastungen, die die Erhöhung der Arbeitslosenversi- Insgesamt, meine Damen und Herren, stehen wir cherungsbeiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Augenblick vor einer komplexen und wider- bedeutet. Aber angesichts des Kausalzusammen- sprüchlichen Lage, wenn wir uns den Gesamtbereich hangs zwischen Haushaltsverschlechterungen und der Wirtschafts-, Konjunktur-, Finanz- und Haus- Zuschüssen an die Bundesanstalt in Nürnberg mußte haltspolitik ansehen, die zu widersprüchlichem Han- dies logischerweise der erste Schritt bei einnahme- deln geradezu zwingt, um es einmal formelhaft zu verbessernden Maßnahmen sein. Denn die Größen- sagen. Was wir konjunkturpolitisch für richtig und ordnung ist beachtlich; sie entspricht dem Netto- notwendig halten, ist im Grunde finanzpolitisch zur ertrag von 1 % Mehrwertsteuer für den Bund. Sie ist Zeit falsch, und was wir finanzpolitisch für richtig übrigens zeitlich befristet. Sie bedeutet — das sei und notwendig halten und tun müssen, ist natürlich hier noch einmal unterstrichen — kein sanftes Ruhe- konjunkturpolitisch nicht problemlos. Das alles kissen für die Anstalt, d. h., die notwendigen Novel- sehen wir genau. Hier kommt es auf die Abstim- lierungen im Bereich des Arbeitsförderungsgesetzes mung, auf die Harmonisierung, wenn Sie so wollen, sind doch, wie Sie wissen, im Haushaltsstrukturge- oder Synchronisation der einzelnen Maßnahmen an. setz enthalten. Auf diesem Hintergrund hat uns die Regierung Nun ein klares und offenes Wort zur Frage der heute ein Bündel von Maßnahmen teils vorgelegt, Steuererhöhungen: Sie wissen — und ich will dies teils angekündigt: erstens das Bau- und Investitions- gar nicht hinwegleugnen —, daß sich die FDP mit programm, zweitens den Nachtragshaushalt, drittens Steuererhöhungen immer schwer getan hat. das Sparprogramm — Strukturverbesserungsge- setz —, viertens den Haushalt 1976 und fünftens die (Katzer [CDU/CSU] : Kann man wohl sagen!) Finanzplanung 1976/79. Wenn man dies alles poli- Das wird sicher auch so bleiben. Für uns bleiben tisch würdigt, muß man zugeben, daß das nicht, wie Steuererhöhungen die Ultima ratio, und die Zustim- 12912 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Kirst mung der FDP dazu spricht eigentlich schon deshalb Warum nun gerade eine Erhöhung der Mehrwert- für ihre Unvermeidbarkeit. steuer? Die Höhe des Finanzbedarfs läßt keine an- (Lachen bei der CDU/CSU) dere Wahl als die zwischen Mehrwertsteuer oder der Alternative Einkommen- und Lohnsteuer. Für Für uns, meine Damen und Herren, ist die Erhöhung die Arbeitnehmer wäre sicher die Belastung die der Steuerlastquote, wozu es im übrigen gar nicht gleiche. Aber wir haben hier auch die Ertragslage kommt — wir werden mit diesem Programm 1976 der Wirtschaft zu berücksichtigen. Wenn man zu etwa wieder bei der Steuerlastquote, die wir 1969 Recht darüber diskutiert, ob steuerliche Entlastun- übernommen haben, landen —, kein politisches Ziel gen mittelfristig erforderlich sind, kann man nicht an sich. Das sei sehr deutlich gesagt. erst einmal die Ertragslage dadurch verschlechtern, (Katzer [CDU/CSU] : Gegen wen geht das?) daß man in diesem Bereich steuerliche Maßnahmen vornimmt. Es werden auch in keiner Weise unsere bisherigen Erklärungen widerlegt. Denn diese bisherigen Erklä- Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der rungen waren immer an zwei Bedingungen gebun- Rede von Herrn Carstens und dem, was draußen im den: Zum einen kam nur eine überschaubare Zeit in Lande von CDU und CSU gesagt worden ist, muß Frage. Gemeint war damit die Legislaturperiode. ich folgendes sehr deutlich sagen — Herr Carstens Zum zweiten war immer der jeweilige Erkenntnis- hat die Ablehnung hier wiederholt —: Wer Steuer- stand Ausgangspunkt. Ich sage Ihnen ganz offen: erhöhungen in dieser Situation ablehnt und Aus- Der entscheidende Wechsel im Erkenntnisstand er- künfte über Alternativen verweigert, wer so prak- gab sich eben durch die schon erwähnten Steuer- tizierender Sonthofener wird, leistet in Wahrheit schätzungen vom 23. August einen politischen Offenbarungseid. (Zurufe bei der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP und der SPD) und das daraus resultierende Ergebnis der Fort- Wer sagt, 7 Milliarden DM könnten mehr gespart schreibung der mittelfristigen Finanzplanung. werden, — — Ich muß hier ein paar Worte zur Schuldenpolitik (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Die FDP hat das einfügen. Ich erinnere an das, was ich eben sagte, gesagt!) an die grundsolide Finanzierung der Haushalte 1970 — Wir haben ja 8 Milliarden DM gespart. bis 1973. Wir haben dann 1974 zirka 9 Milliarden (Zurufe von der CDU/CSU: Wo denn?) DM Schulden aufnehmen müssen. 1975 und 1976 werden es jeweils 38 Milliarden DM sein. — Sehen Sie sich doch die Veröffentlichungen im Bulletin an! Im Jahre 1976 vermindern sich — ohne (Leicht [CDU/CSU] : 40!) Einrechnung der schon gegenüber der mittelfristigen Damit stoßen wir — das sehen wir ganz deutlich, Finanzplanung vorgenommenen Kürzung um 5,1 und daraus ergibt sich dann der Zwang zu solchen Milliarden DM — die Ausgaben gegenüber der ur- Maßnahmen wie Steuererhöhungen — an die Gren- sprünglichen Situation bei Beginn der Beratungen zen der Verschuldungsmöglichkeit. Gemeint sind die um 8 Milliarden DM. Grenzen, wie sie das Grundgesetz vorgibt: investive (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wenn Sie die Ausgaben — über die Abgrenzung kann man strei- Abgaben erhöhen!) ten —, die Ausnahmeregelung für konjunkturelle Situationen, wie wir sie heute haben. Das ist eine Haushaltseinsparung. Daß sie zum Teil durch die Erhöhung der Arbeitslosenversicherungs- Aber auch, wenn Sie einen Blick in den Einzel- beitrage bewirkt wird, ändert nichts daran, daß es plan 32 werfen, dessen Volumen jetzt schon auf eine Einsparung ist, rund 10 Milliarden DM ansteigen wird — und er wird in den nächsten 10 Jahren weiter steigen —, (Beifall bei der FDP und der SPD) wird klar, daß er nur auf ein Ausmaß ansteigen genauso wie auch ein Abbau von Steuervergünsti- kann, das eine gewisse Grenze nicht überschreiten gungen letzten Endes eine Haushaltsverbesserung darf. Weiterhin gehen wir auch davon aus, daß der ist. Kapitalmarkt spätestens ab 1977 auch von der Wirt- schaft wieder in stärkerem Maße in Anspruch ge- Wer sagt, es muß mehr gespart werden, damit die nommen wird. Innerhalb dieser Grenzen bleibt für Mehrwertsteuer nicht erhöht werden muß, ohne zu uns der hier mehrfach von mir vorgetragene Grund- sagen, wo, dem fehlt entweder der Mut, oder er ist satz gültig, daß es besser ist, der Bürger zeichnet nicht fähig dazu, oder er hat nicht die Portion Auf- Anleihen, als daß er zusätzliche Steuern zahlt. richtigkeit, oder alle drei Punkte treffen in gleicher Weise zu. Das müssen wir Ihnen sagen, und das (Leicht [CDU/CSU] : Er zeichnet aber keine werden wir Ihnen so lange sagen, bis Sie hier mit mehr!) konkreten Vorschlägen kommen. Aber die idyllischen Zeiten — in finanzpolitis her (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf Hinsicht — der Jahre 1970 bis 1973 werden so von der SPD: Die kommen nie!) schnell nicht wiederkommen. Meine Damen und Herren, damit es kein Miß- Über die Tabak- und Branntweinsteuer brauchen verständnis gibt: Auch für die FDP ist das Sparen wir wohl nicht zu reden. Da gibt es, wenn ich das nicht zu Ende. Aber wir können, ganz offen gesagt, richtig sehe, Übereinstimmung. im Augenblick nicht so husch-husch noch weitere (Katzer [CDU/CSU] : Wer sagt das denn?) 7 Milliarden DM einsparen, nachdem wir gesehen Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12913 Kirst haben, wie schwierig das mit den ersten 8 Milliar- Was hinter diesen Plafonds steckt, wissen Sie den DM gewesen ist — 8 Milliarden DM allein auf eigentlich doch besser als ich, denn Sie betreiben das Jahr 1976 berechnet. dies ja schon viel länger als ich. Da muß man doch, weil das bei Ihnen anscheinend Aber dann muß man doch auch fragen dürfen: zu wenig bekannt ist, noch ein paar Worte zur Wann hat eigentlich die Opposition in den letzten Haushaltsstruktur sagen. Haushalt 1976: 168 Milliar- Jahren ausgabewirksame Gesetze abgelehnt? Das den DM, davon allein 40 Milliarden DM für Arbeit wäre sicher eines Preisausschreibens würdig. Her und Soziales. Es wären, nebenbei gesagt, 45 Milliar- auskommen würde im Gegenteil, daß Sie immer noch den DM, wenn wir die Verbesserungsmaßnahmen mehr wollten als wir. Wenn wir jedoch Ihre Zu- nicht durchführten. Aber man muß Sie doch fragen: stimmung brauchten — Steuerreform, 197.1 erstes Wollen Sie etwa den Beitrag zur Arbeitslosenver- BesVNG Verfassungsänderung —, dann haben Sie sicherung — den Sie ja nicht erhöhen wollen — dafür gesorgt, daß es immer noch um Beträge in Mil- anstelle einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um liardenhöhe teurer wurde. 2 % erhöhen? Oder was wollen Sie eigentlich? Die Sicher stecken in der Haushaltsproblematik auch Frage, ob Sie an die Renten heranwollen, ist schon Schwächen der Haushaltsstruktur. Nur ist diese ja genügend gestellt worden. nicht in sechs Jahren, sondern in 26 Jahren geprägt worden, seit 1949, nicht erst seit Bildung der sozial- Der zweite große Posten sind die Verteidigungs- liberalen Koalition. In dieser Haushaltsstruktur ausgaben. Wollen Sie die Verteidigungskraft schmä- steckt viel politisches Erbe der CDU-geführten Re- lern? Wir wollen das ganz entschieden nicht. Es gierungen in zwanzig Jahren. wird schon schwierig genug werden, mit dem gege- benen Plafond auszukommen. (Reddemann [CDU/CSU] : In denen Sie mit gesessen haben!) Der dritte große Betrag sind die 19,6 Milliarden DM für Verkehr. Sie wissen: Bundesbahn. Wollen Herr Kollege Carstens — er hat inzwischen den Sie, daß in der jetzigen konjunkturellen Situation Saal verlassen — weniger Autobahnen und weniger Straßen gebaut (Reddemann [CDU/CSU] : Ihre Rede lohnt werden? Wer stellt denn hier jede Woche Dutzende es nicht! — Weiterer Zuruf von der CDU/ von Anfragen: Wann wird denn endlich diese CSU: Das ist ihm nicht zu verdenken!) Straße und jene Autobahn gebaut? Darin sind Sie hat vom Wissenschaftlichen Beirat gesprochen. Was mit Ihren 225 Kollegen doch unübertrefflich. er zitiert hat, war sicher richtig zitiert. Nur muß (Wehner [SPD] : Sehr wahr! — Zurufe von man dazu bemerken, daß sich das auf Bund, Länder der CDU/CSU) und Gemeinden bezog. Wenn man es genau liest, muß man feststellen, daß konkrete Vorschläge in Jugend, Familie und Gesundheit: 15 Milliarden diesem Gutachten leider auch nicht enthalten sind. DM. Wer hier über die vorgesehenen Maßnahmen hinaus etwas kürzen will, muß an das Kindergeld Ich wiederhole aber: Sparen muß auch nach un- heran. Das kann ich mir auch schlecht vorstellen. serer Auffassung weitergehen. Das wird eine müh- selige Kleinarbeit sein. Lassen Sie mich das an dem Einzelplan 60: 14 Milliarden DM, davon, wie Sie Wort „Zuwendungsempfänger" verdeutlichen. Bei wissen, 6 bis 7 Milliarden DM für Berlin, EG-Zah- den Zuwendungsempfängern haben wir, verteilt auf lungen, Sparprämien. Zwangsläufige Ausgaben: Ein- die Ressorts, 3 % gespart. Das war auch nur ein zelplan 32, Bundesschulden — ich habe es er- Anfang. Man muß hier einmal insbesondere im Be- wähnt —: fast 10 Milliarden DM, Einzelplan 33 — reich der institutionellen Förderung sehen, wie in Versorgung —: 7 Milliarden DM. den 25 Jahren, vor allem in den ersten zwanzig Jah- Allein diese sieben Etats, meine Damen und Her- ren der Bundesrepublik, nach dem Rezept „gewußt ren, machen 137 Milliarden DM oder 80 °/o des Vo- wo" verfahren wurde. Derjenige im Lande, der lumens aus; die übrigen 18 Etats umfassen nach dem wußte, daß etwas gefördert wird, bekam Geld. Der- Entwurf für 1976 insgesamt nur 31 Milliarden DM jenige, der es nicht wußte, konnte das, was er oder 20 0/0. Davon ist keiner größer als 5 Milliar- wollte, entweder nicht tun oder hat es aus anderen den DM. Mitteln finanziert. Da war so eine Art Glücksspirale im Gange, Das alles wissen Sie oder könnten Sie wissen. (Katzer [CDU/CSU] : Da war die FDP mit (Leicht [CDU/CSU]: Nein, wir haben ja in der Regierung!) keine Unterlagen!) die wir in den letzten Jahren eigentlich schon ange- — Verehrter Kollege Leicht, die Bundesregierung- halten haben, indem wir keine zusätzliche institutio- hat — es liegt da irgendwo auf meinem Platz — nelle Förderung mehr geduldet haben. Man muß hier, nach dem 10. September die Plafonds der Haushalts- Herr Kollege Katzer — Sie sagen das gerade; wir pläne für 1976 beschlossen, gehen hier ja zum Teil sehr in die Details — auch (Leicht [CDU/CSU] : Das nützt uns doch sagen: Bei Zuwendungsempfängern sind die Gren- nichts!) zen zur Sozialpolitik oft fließend. Ich will das hier jetzt nicht weiter verdeutlichen. Aber das Kapitel und darauf beruhen die Angaben, die ich soeben Zuwendungsempfänger ist,. soweit es die institu- hier gemacht habe. tionelle Förderung anlangt, ein schlimmes Erbe, das (Wehner [SPD] : Sehr wahr!) wir 1969 vorgefunden haben. 12914 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Kirst Zu den in dieser Stunde notwendigen Feststel- zu tun, sondern auch mit den Regierungen, die un- lungen gehört nach meiner Ansicht auch, daß nicht sere beiden Parteien stellen. Insbesondere die Fi- nur weiteres Sparen nötig ist, sondern vor allem nanzminister kennen dann leider monchmal keine derzeit für neue Ausgaben oder erhöhte alte Aus- Parteien mehr. Das muß man allerdings sagen. gaben kein Raum ist. Ich bin mir dessen bewußt: Dies kann ungerecht sein, weil dadurch vielleicht Die Einsparungen, um darauf zurückzukommen, Nötiges, bisher nicht Gemachtes verhindert wird und bedeuten, daß gegenüber dem sonst entstehenden Unnötiges, bisher Gemachtes weitergeführt wird. Haushaltsvolumen auf der Basis der mittelfristigen Finanzplanung 8,5 % weniger ausgegeben werden. Ich meine, wir sollten in dieser Stunde der finan- Selbst wenn man die Beitragserhöhung heraus ziellen Bedrängnis einen Appell an alle Bürger rich- rechnet, bleiben es 6,4 %. Ich meine, wir haben es ten, vor allen Dingen an alle Verbandsfunktionäre. hier mit einem ausgewogenen Konzept aus drei Hier ist schon angeklungen, daß der einzelne Bür- Elementen zu tun: Sparen, Einnahmeverbesserun- ger viel verständiger ist als die Funktionäre. Wir gen und weiterer Verschuldung. sollten sozusagen ein Kennedy-Wort abwandeln: Fragt nicht, warum bei anderen zu wenig gespart Ich gehöre nicht zu den Kollegen, welche die wird, sondern sagt uns, wo bei euch noch mehr ge- Hälfte ihrer Zeit am Rednerpult mit Zitaten ver- spart werden kann! bringen. Aber ein sehr schönes Zitat habe ich heute doch einmal mitgebracht. Ich will auf die Einzelheiten des Sparprogramms hier jetzt nicht eingehen, sondern das der ersten (Stücklen [CDU/CSU] : Von wem ist das?) Lesung überlassen. Bei einer zusammenfassenden — Herr Stücklen, der Geist des großen Sechzig Würdigung des Sparprogramms kommt man entge- jährigen ist bei uns, auch wenn er in China weilt. ge den Zahlenkunststückchen des Herrn Kollegen (Heiterkeit) Carstens zu folgendem Ergebnis. In vier Jahren — 1976 bis 1979 — wird auf der Ausgabenseite eine Der Kollege Strauß hat am 24. April 1975 — hier Verbesserung von 67 Milliarden DM erreicht, auf der ist sein Photo, falls Sie schon Sehnsucht haben — Einnahmenseite in drei Jahren eine von 29 Milliar- (Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU]) den DM. Das heißt, wir haben durch diese Beschlüsse ein Volumen von 96 Milliarden DM bewegt. in einem Interview mit der NRZ folgendes ausge- führt. Die NRZ fragte, ob eine CDU/CSU-Regierung Herr Kollege Carstens hat vorhin etwas zur die Steuern erhöhen würde. Strauß zählte drei Mehrwertsteuer gesagt. Dabei ist Ihnen in der Hitze Möglichkeiten zur Erhöhung der Staatsfinanzen auf: des Gefechtes unterlaufen, daß Sie vergessen haben, 1. verminderte Leistungen, 2. Steuererhöhungen, daß uns ja leider die Mehrwertsteuer nicht alleine 3. Kreditbeschaffung. Strauß erklärte, daß man wohl gehört. Ich darf Ihnen das verdeutlichen, Herr Car- eine Mixtur aus allen drei Bereichen anwenden stens. Der Bürger zahlt zwar 10 Milliarden DM müsse. — Das ist nie dementiert worden. Genau mehr Mehrwertsteuer, davon hat der Bund etwa dies tut im Prinzip diese Regierung, diese Koali- nur 7 Milliarden DM, die anderen Gutheiten be- tion. Über die Proportionen kann man sicherlich kommen die Länder, die ja nicht zustimmen wollen, streiten. soweit sie CDU/CSU-regiert sind; aber das werden wir ja erleben. Die Differenz zu den 8 Milliarden (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Jetzt klammert DM ergibt sich daraus, daß die Steuererhöhung für sich der Kirst auch noch an den Strauß, Tabak und Branntwein berücksichtigt werden muß. nachdem es der Bundeskanzler schon getan Hier haben Sie also wirklich geirrt. hat!) Es ist ja auch gar nicht so abwegig, daß der Kol- Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwi- lege Strauß dies sagt. Er hat ja in dem Amt, von schenfrage des Herrn Abgeordneten Ehrenberg? dem er nicht weiß, ob er es nun anstreben soll oder mangels besserer Aussichten anstreben muß, als Steuererhöhungsminister beste Erfahrungen. Mir Kirst (FDP) : Herr Kollege Ehrenberg, gern. liegt hier eine Liste von zwölf Steuererhöhungen vor, die der Kollege Strauß als Finanzminister — Dr. Ehrenberg (SPD) : Herr Kollege Kirst, würden es war in einer Zeit der Rezession — zu vertreten Sie es für denkbar halten, daß der Kollege Cartens hat. Ich will Sie nicht langweilen; wenn Sie wollen, in der einhelligen Ablehnung der CDU-Minister- können wir diese Liste aber verlesen. Der Saldo präsidenten zur. Mehrwertsteuererhöhung vielleicht war — man muß berücksichtigen, daß dies jetzt einen Vorstoß gesehen hat, daß diese die Mehr- neun Jahre her ist; die Proportionen haben sich wertsteuer in Zukunft nicht mehr haben wollen? etwas gewandelt — im Jahre 1967 3,3 Milliarden - (Zurufe von der CDU/CSU: Schusselige DM und im Jahre 1968 5,5 Milliarden DM. Also be- Frage! — Kalauer! — Und das ist der wirt stätigt sich das, was ich eben sagte: die große Er- schaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion fahrung des Kollegen Strauß mit Erhöhungen von — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Steuern.

Kirst (FDP) : Darüber könnte man reden, Herr Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwi- Ehrenberg. Aber wir wollen einmal ehrlich sein. schenfrage des Herrn Abgoerdneten Stücklen? Wenn es um die Mehrwertsteuer geht, haben wir es ja nicht nur mit den CDU-Ministerpräsidenten Kirst (FDP) : Ja, bitte! Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12915

Stücklen (CDU/CSU) : Herr Kollege Kirst, können die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers I Sie mir sagen, welches die Gründe waren, die dazu erwartet, geführt haben, daß die FDP 1966 aus der Regierung (Leicht [CDU/CSU] : Vielleicht kann man Erhard ausgetreten ist? den Bundeskanzler verständigen, daß er auch kommt!) (FDP) : Ja, das kann ich Ihnen sagen. Wir Kirst denn dies war eine Stunde, in der ja die Chance wollten Ihnen bei der Durchsetzung Ihres eigenen bestand, angesichts der Lage in unserem Lande ein Ziels behilflich sein, Ihren damaligen Kanzler abzu- klares Wort zu wirklichen Situationen der öffent- sägen. lichen Finanzen, ein klares Wort zu den Notwendig- (Heiterkeit bei der FDP und der SPD) keiten dieses Staates zu sagen und auch einen ent- Herr Stücklen, Sie haben die koalitionsinterne schiedenen Appell an die Bürger dieses Landes zu Auseinandersetzung — Herr Barzel, ich war damals richten, jetzt zusammenzustehen und die Dinge, noch nicht hier, aber ich kenne die Tatbestände die auf uns zukommen, abzuwenden. Als die Regie- auch einigermaßen — um die damaligen Steuer- rungserklärung hier ablief, habe ich daran gedacht, erhöhungen so geführt — mit dem Ziel im Hinter- unter welch einem Anspruch und kopf, Herrn Erhard zu stürzen —, daß es zum Bruch vor sechs Jahren hier angetreten sind, kommen mußte. Warum haben Sie es denn so lan- um das bessere Deutschland zu schaffen. ciert, daß man Zeitungsüberschriften des Inhalts (Beifall bei der CDU/CSU) sah, daß es einfach keine andere Möglichkeit mehr gibt? Das war doch gezielte Politik. Sie wollten Ich habe mich wirklich gefragt, was in den Herrn diese Koalition nicht mehr. Sie, Herr Barzel, haben Bundeskanzler gefahren sein mag, undementiert gesagt: Wenn die Koalition nicht (Zurufe von der SPD) jetzt bricht, bricht sie bei der nächsten Gelegenheit. Sie wollten sie nicht mehr. So war es doch. daß er in dieser Stunde in diesem Saal die Zeit des Jahres 1930 beschwört. Meine Damen und Herren, niemand von uns Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine wei- tere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stück- (Wehner [SPD] : Was soll denn das?) len? hat je den Vergleich zur Zeit des Jahres 1930 her- (Reddemann [CDU/CSU] : Könnten Sie sich angezogen. Wenn aber der Herr Bundeskanzler vorher etwas informieren, bevor Sie solche jetzt im Wege der bei ihm ja zunehmend beliebten Tollheiten in die Welt setzen!) Geschichtsklitterung aus jener Zeit die Dinge um Heinrich Brüning so herumdreht, dann müssen wir Kirst (FDP): Ich erfinde das ja nicht, Kollege Red- darüber reden. demann. Sie waren damals auch noch nicht hier. (Katzer [CDU/CSU] : Sehr wahr!) (Reddemann [CDU/CSU] : Richtig, aber des wegen weiß ich trotzdem mehr! — Weite Er hätte besser früher ein Wort mit Ihnen, Herr rer Zuruf von der CDU/CSU: Sehen Sie mal Kollege Wehner, gesprochen. Sie haben ja vor ein zu, daß Sie zum Schluß kommen!) paar Tagen — und ich fand das sehr beachtlich und respektiere diese Meinung — in der „Zeit" darauf Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hingewiesen, daß sich die Sozialdemokraten 1930 möchte eine dahin gehende abschließende Wer- aus der Regierung abgemeldet hätten. Sie sagten: tung treffen, daß dieses Bündel von Maßnahmen „Sie haben den letzten sozialdemokratischen Reichs- sozial ausgewogen ist. Es erfordert keine unver- kanzler Herbert Müller zum Rücktritt bewegt, und tretbaren Sonderopfer. Mir ist es besonders wich- das wegen einer Beitragserhöhung von einem hal- tig, dies noch einmal zu betonen: Wir unternehmen ben Prozent zur Arbeitslosenversicherung." damit auch keine gesellschaftspolitischen Strafex- peditionen. Dazu wäre die FDP nicht bereit, und (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU) zwar in keinem Falle, auch nicht im Bereich unserer Das, Herr Bundeskanzler, ist die historische Wahr- Beamten. Das möchte ich hier noch einmal sehr heit. deutlich sagen. Die FDP war an diesem Konzept entscheidend beteiligt, und die FDP sieht es als Dennoch bin ich hier nicht bereit, die Zeit von unteilbares Ganzes an. Die FDP wird diesem Kon- 1930 auf die Jahre und Monate 1975/76 zu über- zept so zustimmen und zu seiner Verwirklichung tragen. und Durchsetzung stehen. (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP und der SPD)- Meine Damen und Herren, was immer uns in die- sem Hause und in der Politik trennen mag, es bleibt hoffentlich das eine noch bestehen: Dies ist die Vizepräsident von Hassel: Das Wort hat der Herr Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Herr Bundesrepublik Deutschland und nicht die Republik Dr. Kohl. von Weimar, die wir hier zu vertreten haben. (Beifall bei der CDU/CSU) Ministerpräsident Dr. Kohl (Rheinland-Pfalz) : Herr Wohin, Herr Bundeskanzler, sind Sie gekommen, Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her- wenn Sie jetzt, statt eine Bilanz Ihrer Zeit zu geben, ren! Wir alle haben heute früh mit großer Spannung Ihre Zuflucht zu einem Abschnitt unserer Geschichte 12916 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Kohl nehmen, der uns doch wahrlich in dieser Lage nicht Kollegen von der FDP haben wider bessere Über- weiterhelfen kann? zeugung diesen Weg mitgemacht — (Sehr gut! und Beifall bei der CDU/CSU) Es bleibt hier nüchtern festzustellen, daß die Regierung der SPD/FDP, daß Willy Brandt und nicht unseren Staat und unsere Wirtschaft überfordert zuletzt Sie, Herr Bundeskanzler Helmut Schmidt, haben. im Jahre 1969 von dem Bundeskanzler Kurt Georg In der Regierungserklärung Willy Brandts von Kiesinger ein blühendes Gemeinwesen übernom- 1969 steht der gute Satz: „Solidität wird die Richt- men haben. Das ist die Ausgangsposition. schnur unserer Finanzpolitik sein." Dieser Satz ist (Beifall bei der CDU/CSU) durch Ihre Politik in der Wirklichkeit des Lebens dieses Landes jeglicher Glaubwürdigkeit beraubt Sie hatten damals gefüllte Staatskassen und hatten worden. es zu Beginn Ihrer Amts- und Regierungszeit nicht (Beifall bei der CDU/CSU) notwendig, mit derartigen Versuchen der Etat- Meine Damen und Herren, lassen Sie es doch bitte kosmetik die Bürger in diesem Lande über die sein, die Schuldigen dafür überall zu suchen, nur wahre Lage des Landes hinwegzutäuschen, wie das nicht bei sich selbst. auch heute früh von dieser Stelle aus geschehen (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Armuts ist. zeugnis!) (Beifall bei der CDU/CSU) Es sind jetzt neben jenen finsteren anonymen Kräf- Herr Bundeskanzler, ich hätte von Ihnen erwartet, ten, die da durch den Raum schweben, vor allem, daß Sie in dieser Stunde, der Stunde der Wahrheit, wie ich heute gelernt habe, zwei: das böse Ausland bei all dem, was von 1969 bis 1975 war, die Chance und die bösen Länder der Bundesrepublik Deutsch wahrnehmen, bei so viel gutem Willen in allen land. (Lachen bei der CDU/CSU) demokratischen Parteien in unserem Lande den Aufbruch zu einer neuen Politik zu wagen und die Dann gibt es hier noch eine Sonderfacette, das ist notwendigen Entscheidungen vorzuschlagen. dann die Mehrheit der Länder. Der Herr Kollege Kirst war wenigstens so gütig, uns zu bestätigen, (Beifall bei der CDU/CSU) daß die Begehrlichkeit beim Geld nicht am roten Sie haben diesen Vorschlag nicht gemacht, Sie ver- oder schwarzen Parteibuch hängt, sondern eine all- harren auf dem falschen, auf dem bequemen Kurs gemeine Begehrlichkeit ist. Ich bin sehr dankbar, Ihrer Regierung. Das wird diesem Lande nicht zum daß Sie das gesagt haben. Guten dienen; denn die gegenwärtige Finanz- und (Dr. Ehrenberg [SPD] : Aber die Verantwor Wirtschaftskrise unseres Landes ist doch nicht nur tungsbereitschaft ist unterschiedlich ver Ergebnis kurzfristigen aktuellen Versagens, sondern teilt!) ist das Ergebnis einer sechsjährigen Politik vor Verehrter Herr Kollege Ehrenberg, Sie haben viel allem der SPD, zu oft im Kanzleramt dabeigesessen, wenn Minister- (Leicht [CDU/CSU] : Sehr gut!) präsidentenkonferenzen mit dem Bundeskanzler wa- sie ist das Ergebnis eines falschen Grundansatzes, ren, um zu wissen, daß dies überhaupt nicht stimmt. eines sozialistischen Überzeugungstrends, der eben Wenn es um die verfassungsmäßigen Interessen der in der modernen Industriegesellschaft der Bundes- Bundesländer geht, wäre es eine schlimme Sache, republik Deutschland falsch ist. wenn der eine oder andere nur wegen seines Partei- buchs anders entscheiden würde. (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) (Dr. Ehrenberg [SPD] : Das können Sie bei Ich sprach an. Die Zahlen der Mehrwertsteuervorlage beweisen!) sprechen eine ganz nüchterne Sprache. 1969 ergab — Ich komme gleich darauf, verehrter Herr Kollege sich aus den Steuereinnahmen gegenüber den staat- Ehrenberg. lichen Ausgaben noch ein Finanzierungsüberschuß Nur: Es ist ein elementäres Mißverständnis einer von 1,2 Milliarden DM bei einem Bruttosozialpro- Verfassungsordnung, wie sie im Grundgesetz nie- dukt von 605 Milliarden DM. dergelegt wird, wenn hier die so ungewöhnlich zyni- (Leicht [CDU/CSU] : Dabei hatte Herr Möl schen und gefährlichen Worte aus dem Munde des ler vorher schon drei Milliarden aus Kanzlers kommen, indem er sagt: „der Bundesrat" gegeben!) und dazu im Gegensatz: „das gewählte Parlament". Herr Bundeskanzler, was ist das für ein Verfas- In diesem Jahr 1975, meine Damen und Herren, wer- sungsverständnis in dieser Bundesrepublik Deutsch- den den im Vergleich zu 1969 um 50,4 % -gestiege- nen Steuereinnahmen von 117,8 Milliarden DM Aus- land! (Anhaltender lebhafter Beifall bei der gaben in Höhe von 161,5 Milliarden DM gegenüber- CDU/CDU) stehen bei einem geschätzten Bruttosozialprodukt von 1 071,5 Milliarden DM. Mit einem Satz: den um Ich muß Ihnen schlicht und einfach sagen: Ange- 50 % gestiegenen Steuereinnahmen stehen im glei- sichts der von uns gemeinsam getragenen Geschichte chen Zeitraum um 96 % gestiegene Ausgaben gegen- unserer Bundesrepublik in über 25 Jahren, ange- über. Wenn ich das auf einen knappen Nenner sichts der Bedeutung, bei allem, was es da zwischen bringe, dann sind doch diese Zahlen der Beweis Bundestag und Bundesrat, zwischen diesen beiden dafür, daß vor allem Sie von der SPD — und die Kammern der nationalen Gesetzgebung, gab, ist Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12917

Ministerpräsident Dr. Kohl doch ein solcher Satz aus dem Munde des Regie- dann entschieden. Meine Damen und Herren, so muß rungschefs gänzlich unerträglich in diesem Lande. unser Verfassungsverständnis sein, ob mir das im- mer gefällt oder nicht. (Erneuter lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU) (Zustimmung bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, was hätten Sie als der Sena- Nur muß, meine Damen und Herren, eines gleich tor Helmut Schmidt aus Hamburg und damit als hinzugefügt werden: Dieser Bundesrat hat sich doch Mitglied des deutschen Bundesrates gesagt, wenn gerade in Ihrer Regierungszeit ganz gewiß als der Bundeskanzler Konrad Adenauer, der weiß Gott kooperativ erwiesen. genug Schwierigkeiten mit dem Bundesrat hatte, sich zu einem solchen Satz verstiegen hätte? (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Weiß Gott! — Lachen und Zurufe von der SPD) (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) Verehrter Herr Bundeskanzler, im letzten Jahr und auch da Ich frage die Kollegen von der SPD haben wir eine Menge unserer Bedenken im Zu- haben sie offensichtlich eine Lücke in ihrem Ge- sammenhang mit der Steuerreform zurückgestellt; schichtsbewußtsein —: War das nicht eigentlich da- und wir sind viel dafür gescholten worden. Sie mals für eine andere Regierung eine kritische Zeit, selbst haben das damals als eine große Leistung der als die Bundesregierung bei der EVG-Debatte wäh- einzelnen Bereiche gewürdigt. Soll das heute nicht rend der Regierungszeit von Georg-August Zinn, mehr gelten, weil wir uns nicht dazu bereitfinden, von Reinhold Maier leidenschaftlich um die Mehr- eine offenkundige Fehlentwicklung der deutschen heit kämpfen mußte? Innenpolitik mitzutragen? Das ist doch unser Recht! Meine Damen und Herren, die Verfassungsord- (Beifall bei der CDU/CSU) nung haben die Väter unseres Grundgesetzes aus der Erfahrung des Dritten Reiches und aus der Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Freunde haben Kenntnis der deutschen Geschichte geschrieben. Sie die Grundsätze solider Finanzpolitik verlassen. Sie haben nicht den Weg der Bequemlichkeit für die je- haben längst Erreichtes ausgehöhlt und Entwick- weilige Regierung gewählt, sondern haben ver- lungen in Gang gesetzt, die wir alle längst über- sucht, das historisch Richtige zu tun, und sie haben wunden geglaubt hatten. Das Wirtschaftswachstum richtig entschieden. ist der Schrumpfung gewichen. An Stelle von Voll- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) beschäftigung haben wir Arbeitslosigkeit in einer Größenordnung, die Sie selbst einmal als gänzlich Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, die Länder dieser unerträglich bezeichnet haben. Tage in einem Interview darauf hingewiesen haben (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr wahr! — — ich will das hier gleich noch mit abmachen —, Leider wahr!) sie sollten es sich sehr überlegen, ob sie auf mehr Geld verzichten können, dann muß ich Sie fragen: Und wir haben noch etwas — das muß hier gesagt Wo leben wir denn eigentlich, Herr Bundeskanzler? werden —, wir haben Jugendarbeitslosigkeit in Wir — der Kollege Stoltenberg, ich, jeder andere, einem Ausmaß, wie wir es nie vorher für denkbar auch die Kollegen von der SPD — treffen doch um gehalten hatten. Und wo immer wir politisch stehen: Himmels willen unsere Entscheidungen nicht da- Das ist doch für sich allein schon ein Punkt, über nach, was uns jeweils persönlich in dem Amt des den man nachdenken muß, bei dem wir als Demo- Regierungschefs eines Bundeslandes nützt. Natür- kraten in diesem Lande verpflichtet sind, dafür zu lich könnten wir alle mehr Geld brauchen; aber die sorgen, daß junge Leute nicht den ersten Schritt Verfassung erwartet doch mit Recht von uns, daß aus der Welt des Kindes und der Schule in das wir unsere Entscheidungen am allgemeinen Wohl Berufsleben tun und dabei als Erwachsene Arbeits- der Bundesrepublik Deutschland ausrichten. losigkeit als erste Begegnung erfahren müssen. (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — De (Beifall bei der CDU/CSU) monstrativer Beifall bei der SPD — Dr. Ehrenberg [SPD]: Eben! Genau!) Die Inflation ist zu einem Dauerzustand geworden. Meine Damen und Herren, wir sind doch nicht mehr Die soziale Sicherheit ist gefährdet. Herr Kollege im Königslager zu Oppenheim am Rhein, wo dann Schmidt, ich kann Ihnen nur sagen: Vieles von dem, in Form einer Wahlkapitulation der zukünftige was Sie eben vorgetragen haben, entspricht völlig König oder der amtierende Kanzler von den Kur- unserer Meinung. Nur, dann ziehen Sie doch um fürsten jeweils nach Verteilung der Geschenke den Himmels willen die richtigen Konsequenzen daraus. Loyalitätseid entgegennimmt. Das ist doch- nicht (Dr. Ehrenberg [SPD] : Welche denn?) unser Verfassungsverständnis ! — Ich komme mit Sicherheit noch darauf zu spre- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) chen, Herr Kollege. Aber Sie müssen mir wenigstens Herr Bundeskanzler, Sie haben die „Mehrheit des noch zubilligen, in der Reihenfolge zu reden, wie ich Bundesrates" angesprochen. Das halte ich übrigens das für richtig halte. nach unserem Politikverständnis für bedenklich, weil (Beifall bei der CDU/CSU) ich nicht von „Mehrheit Bundestag" und „Mehrheit Bundesrat" reden möchte, sondern Mehrheitsent- Beispielsweise, Herr Kollege, um Ihren Einwand scheidungen der einen oder der anderen Kammer gleich aufzunehmen: Bringen Sie wieder Vertrauen respektiere; der Bundestag oder der Bundesrat hat in die Wirtschaft dieses Landes, in Ihre eigene Partei 12918 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Kohl hinein. Dann leisten Sie einen hervorragenden Bei- Anspruch, mehr Demokratie zu wagen, messen las- trag. sen; denn eine solche Politik unterstellt ja, daß der (Beifall bei der CDU/CSU) Bürger eben nicht vergeßlich ist, sondern daß er Viele unserer Mitbürger sind unsicher geworden, weiß, was ihm die Regierung noch vor vier Monaten unsicher, was ihre persönliche Zukunft betrifft, un- ganz selbstverständlich bestätigt hat. sicher über die wirtschaftliche Entwicklung. Das ist (Dr. Ehrenberg [SPD] : Die Bürger wissen die schlimmste Bilanz dieser sechs Jahre. auch, was Sie bei der Steuerneuverteilung gesagt haben!) Herr Bundeskanzler, Ihre Freunde in der verfaßten öffentlichen Meinung haben Ihnen in diesen Tagen — Herr Kollege Ehrenberg, mit dem, was wir bei der bestätigt, daß die „Ohnmacht der Macher" unüber- Steuerneuverteilung gesagt haben, kommen wir gut sehbar ist. Das Zitat stammt nicht von mir. Und das raus. Aber ich rate Ihnen dringend: Warten Sie noch ist ein Ergebnis Ihrer Regierung, die noch vor weni- die nächsten Monate ab, und fragen Sie sich dann, gen Jahren in die Wahlkämpfe gezogen ist mit ob Sie dann auch noch einen solchen Zwischenruf Parolen wie: „Ihre Stimme für die SPD ist eine machen wollen. Stimme für stabile Preise, stabile Wirtschaft und (Dr. Ehrenberg [SPD] : Aber genau! — Dr. sichere Arbeitsplätze." Marx [CDU/CSU] : Er macht immer solche (Lachen bei der CDU/CSU) Zwischenrufe! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Und ein anderes Zitat: „Wenn Sie ein Deutschland ohne Wirtschaftskrisen wollen, dann gibt es nur Wenn die Bundesregierung die jetzigen gering- eins: Wählen Sie SPD!" Und: „Seit Sozialdemokraten fügigen Sparbeschlüsse und die massiven Steuer- regieren, geht es aufwärts." erhöhungen spektakulär als großes Sanierungspro- gramm darstellt, dann wird der Bürger in unserem (Erneutes Lachen bei der CDU/CSU) Lande jetzt wiederum über die wirkliche Lage ge- Ich will auf die vielen Zitate gar nicht eingehen. täuscht. Und, meine Damen und Herren, wenn die Karl Carstens hat sie mit Recht schon vorgetragen. Bundesregierung die Notwendigkeit der Sparbe- Ich will nur eines sagen, weil das in diesem Jahr schlüsse entgegen aller Aussagen der Wirtschafts- doch sehr das Klima vergiftet hat: Die Art und wissenschaftler aller Richtungen in unserem Lande Weise, wie Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre über das sogenannte strukturelle Haushaltsdefizit Freunde vor gerade vier Monaten bei den Wahlen im wesentlichen mit weltwirtschaftlichen Einflüssen an der Saar und in Nordrhein-Westfalen die Bürger begründet und damit die Hoffnung nährt, daß es bewußt hinter's Licht geführt haben, macht eine nor- nach Überwinden solcher Pannen in der bisherigen male politische Diskussion in diesem Lande unend- Politik munter weitergehen kann, dann ist das lich schwer. Scheitern dieser Politik vorprogrammiert; daran (Beifall bei der CDU/CSU) führt kein Weg vorbei. Wenn ich das sage, füge ich ganz selbstkritisch hin- Herr Bundeskanzler, Sie machen es sich zu ein- zu, daß ich Sie natürlich nicht in die Lage bringen fach, wenn Ihr Argument lautet: Alle anderen sind möchte, vor dem Wahlkampf etwa nicht zu versu- schuld, nur nicht die Regierung. chen — was jeder Regierungschef täte —, das Not- (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : So ist es!) wendige zu tun, um Wahlen zu gewinnen. Nur, man sollte doch dabei bei normalen Maßstäben blei- Die Wahrheit ist, daß zur Regierung gehört, daß sie ben und nicht diejenigen, die anders denken und die Verantwortung für das, was sie tut, auf sich doch ganz offenkundig die Wahrheit gesagt haben, nimmt — in jeder Lage in unserem Lande. so in die Ecke abzudrängen versuchen, wie Sie das (Beifall bei der CDU/CSU) gegenüber der CDU/CSU getan haben, die seit Jahr und Tag darauf hingewiesen hat, wie die wirkliche Sie hatten die Freundlichkeit, mich heute früh zu Lage ist. zitieren. Ich finde, das ist ein gutes Zitat, das wir doch hoffentlich beide unterschreiben können. Denn (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : es entspricht eigentlich dem, was wahr ist. Wir Der brutale Bundeskanzler und die arme haben doch diese außenwirtschaftlichen Einflüsse CDU/CSU!) niemals geleugnet. — Herr Kollege Wehner, wenn ich Sie betrachte, (Widerspruch bei der SPD) kann ich nur sagen: Die arme SPD. — Aber meine Damen und Herren, der von Ihnen (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : doch besonders verehrte Kollege Strauß hat immer Nun gut, wunderbar! Danke schön! Ihnen auf diese Einflüsse hingewiesen. Nur — und das ist fällt nichts ein außer Ihrem Namen!) der Punkt —: Wir sind nicht bereit, Ihre Tätigkeit — Sprechen Sie nur ruhig weiter. Sie sind des deut- und Ihr Versagen im Bereich der hausgemachten In- schen Fernsehens liebstes Kind. Ich bin gern bereit flation damit totzuschweigen; das geht nicht. zu warten, bis Sie am Ende sind. (Beifall bei der CDU/CSU) (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Es ist doch die Feststellung nicht zu widerlegen, Wehner [SPD] :.Ja, ja!) daß die private Investitionsneigung in unserer Wirt- Auch wenn es Ihnen schwerfällt, Herr Kollege schaft bereits vor dem Ausbruch der Energiekrise Wehner: Sie müssen sich jetzt an Ihrem eigenen zurückgegangen war. Meine Damen und Herren, wir Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12919 Ministerpräsident Dr. Kohl befinden uns doch in einer ganz vorzüglichen Ge ten Quartal 1974 ergab sich eine erhebliche Aus- sellschaft. Ich kann hier eigentlich alles vortragen fuhrsteigerung. Der Überschuß des Exports über den — Sie haben es ja alle selbst gelesen; ich kann mich Import, also die vom Außenhandel ausgehende ex- nur darauf beziehen —, was der geschätzte Bundes- pansive und konjunkturbelebende Wirkung, stieg wirtschaftsminister Friderichs 1974 — das muß man zu dem, was Sie, Herr Bun- (Carstens [Emstek] [CDU/CSU] : Sehr richtig!) deskanzler, heute früh sagten, nachtragen — trotz der Ölpreissteigerung um rund 18 auf fast 51 Mil- in seinem mit Recht beachteten Vortrag vor der liarden DM. Dieser Anstieg hielt auch im vierten FDP-Fraktion gesagt hat. Ich bin sicher, Graf Lambs- Quartal 1974 an. dorff, Sie haben laut Beifall geklatscht, so wie ich Sie einschätze. Meine Damen und Herren, Ende 1974 — das läßt sich doch nicht leugnen; das sind alles Tatsachen — (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) gab es in der Bundesrepublik bereits 1 Million Ar- Nur, meine Damen und Herren, die Konsequenzen beitslose. Folglich können doch die weltwirtschaft- haben Sie von der FDP daraus doch jetzt nicht ge- lichen Einflüsse diese Wirkung gar nicht gehabt ha- zogen, es sei denn — und darüber muß hier gespro- ben, wenn Logik noch Logik bleibt. chen werden; Karl Carstens hat es schon angedeu- (Beifall bei der CDU/CSU) tet —, es gibt da jetzt ein neues Konzept; man hört's in Bonn. Bis zum SPD-Parteitag in Mannheim Erst im ersten Halbjahr 1975 ist die Ausfuhr im werden die Truppen noch bei Laune gehalten. Da- Vergleich zum Vorjahr um knapp 3,5 Milliarden nach kommt dann der Sparstift, danach kommt dann DM auf 108 Milliarden DM zurückgegangen, und der auch das Entsprechende, um das Investitionsklima Exportüberschuß sank in der gleichen Zeit um der Wirtschaft mit Anreizen zu fördern. Nur, meine knapp 5,5 Milliarden DM. Dieser Wert liegt aber Damen und Herren, damit setzen Sie nur eine Tra- immer noch erheblich über dem des Hochkonjunk- dition fort: Indem Sie heute etwas als fest behaup- turjahres 1973. ten und morgen den beschuldigen, der Sie an das Ich sage noch einmal für die CDU/CSU: Wir leug- erinnert, was Sie heute gesagt haben. nen überhaupt nicht die Auswirkung weltwirtschaft- (Beifall bei der CDU/CSU) licher Entwicklungen auf die Binnenwirtschaft. Nur: Die Hauptursachen dieser Rezession sind hausge- Ich hoffe sehr, daß sich die verehrten und von macht, und dafür tragen Sie, Herr Bundeskanzler, mir, wie jeder weiß, besonders geschätzten Kollegen die Verantwortung! von der FDP (Beifall bei der CDU/CSU) (Zuruf des Abg. Wehner [SPD]) Die wahren Ursachen dieser rezessiven Entwick- — Herr Wehner, Sie wissen das ganz genau; das lung liegen entscheidend in den wirtschaftspoliti- weiß ich, daß Sie das ganz genau wissen — schen Fehlern der Bundesregierung. Meine Damen und Herren, wer so wie Sie — Sie, Herr Bundes- (Heiterkeit bei der CDU/CSU) kanzler, haben es zugelassen; andere in Ihrer Re- in den Wochen, die jetzt vor uns liegen — ich will gierung, aber noch mehr in Ihrer Fraktion, in Ihrer heute ja noch gar kein endgültiges Urteil treffen —, Partei haben es draußen aktiv betrieben — die Ver- (Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Danke schön!) unsicherung der Wirtschaft in den Grundlagen zu- läßt, der darf sich über die Konsequenzen ganz ein- doch auf den Weg machen, damit das, was Herr fach keiner Täuschung hingeben. Friderichs und andere — mit dem ihm eigenen Groll in der Stimme dieser Tage noch einmal der Kollege Meine Damen und Herren, um es mit einem knap- Genscher — angedeutet haben, wirkliche Politik pen Satz zu sagen: Der notwendige wirtschaftliche wird, meine Damen und Herren. Damit das nicht Aufschwung in diesem Lande wird erst dann kom- mißverstanden wird: Ich mache jetzt nicht den Ver- men, wenn die Teile der SPD, die dies betreiben, such, hier in die Koalition hineinzuregieren. auf Zeit und Dauer und nicht nur bis zur nächsten Bundestagswahl allen sozialistischen Experimenten (Lachen bei der SPD) abschwören! Das ist die Voraussetzung. — Herr Wehner, ich weiß, daß das Ihr Alptraum (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) ist. (Lachen bei der CDU/CSU) Das, was wir jetzt haben, ist nicht mit dem blo- ßen Instrumentarium der Fiskalpolitik zu bewälti- Was ich hier mache, ist nur, die Freie Demokrati- gen,. Hier geht es um die politisch-gesellschaftspo- sche Partei, die einmal als eine Partei der sozialen - litischen Rahmenbedingungen. Hier geht es darum, Marktwirtschaft ausgezogen ist, auf dieses Prinzip daß wir uns wieder darauf verständigen, was doch auch öffentlich vor dem Forum des Deutschen Bun- immerhin — warum soll ich dies nicht sagen? — destages wieder anzusprechen. etwa in jener Zeit der Großen Koalition unter den (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) beiden großen Parteien und immer auch mit der FDP zusammen unbestritten war: daß eine moderne Meine Damen und Herren, heute heißt es, die Volkswirtschaft im Rahmen der Industriegesell- Rezession sei weltwirtschaftsbedingt. Nach der amt- schaftsbedingungen der Bundesrepublik Deutschland lichen Außenhandelstatistik hat das Jahr 1974 ge- in jeder Zielsetzung, die wir auch für soziale Sicher- genüber dem Vorjahr eine Steigerung der Ausfuhr heit und privates Glück des einzelnen brauchen, um rund 52 Milliarden DM gebracht. Noch im vier- eben nur nach den Prinzipien der sozialen Markt- 12920 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Kohl wirtschaft in Ordnung gebracht werden kann. Das hang meinen. Ich bin wirklich dafür, daß wir in der ist doch die Grundvoraussetzung. jetzigen Situation die öffentlichen Leistungen ins- gesamt auf den Prüfstand ihrer Machbarkeit brin- (Beifall bei der CDU/CSU) gen — daran führt kein Weg vorbei —, daß wir Meine Damen und Herren von der SPD, wer dann das aber nach dem Prinzip der Gerechtigkeit tun. wie Sie zuläßt, daß Ertrag als bloßer Profit diffa- Nur, meine Damen und Herren, mir ist es zu ein- miert wird, daß Leistung diffamiert und als etwas fach, jetzt alles auf die Interessenverbände zu schie- Altmodisches, Abgestandenes, Kapitalistisches dar- ben, weil es einer im Lande vorhandenen Grund- gestellt wird, wer zuläßt, daß in nicht wenigen Be- stimmung entspricht, die wir als Demokraten ge- reichen der Sozialdemokratischen Partei Neid als meinsam bekämpfen müssen. ein Mittel der Politik hochstilisiert wird, darf sich (Katzer [CDU/CSU]: Sehr richtig!) nicht wundern, wenn die Folgen so sind, wie wir sie heute haben. Interessen sind nicht schlecht, wenn sie redlich und öffentlich vertreten werden und wenn das Gesamt- Ich freue mich, Herr Bundeskanzler, daß Sie jetzt, interesse immer noch den Einzelinteressen überge- wo Sie gehen und stehen, darauf hinweisen, daß Be- ordnet ist. Das muß unsere Funktion sein. triebe Gewinne machen müssen und daß der Gewinn eine vernünftige Voraussetzung der Politik ist. Nur: (Beifall bei der CDU/CSU — Wolfram Als damals hier in der Nachbarschaft auf dem Steu- [Recklinghausen] [SPD] : Kommen Sie doch erparteitag der SPD in den Saal rief endlich einmal zu Ihrem Konzept!) „Genossen, laßt doch die Tassen im Schrank", da — Ich komme noch genau zu all dem, was Sie gerne war die Stunde des Helmut Schmidt, Karl Schiller hören, meine Kollegen. zur Seite zu treten und zu sagen: Das ist richtig, was er sagt! Ich bin der Auffassung, daß uns der Bundeskanz- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) ler heute früh jenen „Durchbruch" und jene „umfas- sende Aktion", die er vor ein paar Tagen in der Für einen wirtschaftlichen Wiederaufstieg ist eine „Bild" -Zeitung angekündigt hat, schuldig geblieben notwendige Voraussetzung, daß alle, die arbeiten ist. und handeln und Verantwortung tragen, nicht nur (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Ja, kurz-, sondern mittel- und langfristig über die wirk- weiß Gott!) lichen Daten der Belastung, sei es bei Steuern, sei es bei Abgaben, sei es bei Eingriffen in die Gesell- Ich kann nicht erkennen, wo hier ein Druchbruch schaftsordnung, Bescheid wissen. Beim Bereich der liegt, und ich bin sicher, Herr Bundeskanzler, daß Mitbestimmung, der Vermögensbildung, der Berufs- Sie das selbst wissen. Ich bin ganz sicher, daß auch bildung, der Körperschaftsteuerreform — ich will Sie wissen, daß das, was Sie bisher vorgeschlagen nur ganz wenige Kapitel nennen — muß klar und haben, in dieser Lage nicht ausreichen kann, und deutlich gesagt werden, was hier im Lande zu er- ich bin auch sicher, daß Sie noch nachfassen werden. warten ist. Nur, ich halte es für ein Gebot der Redlichkeit, daß Sie hier nicht Ihre SPD-Kollegen auf den Chor: Auch hier bin ich in einer guten Gesellschaft. Denn „Wo ist eure Alternative?" einstimmen, obwohl Sie der weitschauende Bundeswirtschaftsminister stellte selber ganz genau wissen, daß das, was Sie jetzt in seinem eingangs erwähnten Vortrag fest, daß eine vorgelegt haben, nach dem Mannheimer Parteitag nachhaltige Verunsicherung durch die öffentliche noch entsprechend ergänzt werden wird. Auseinandersetzung über systemverändernde Forde- rungen bestehe. Meine Damen und Herren von der (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehren SPD, das sagte nicht Franz Josef Strauß auf dem berg [SPD] : Aber was soll denn das?) CSU-Parteitag, sondern das sagte Bundesminister Voraussetzung einer neuen Politik ist, daß das Friderichs vor der FDP, und er muß es im täglichen Ausmaß der Finanzkrise auf allen Ebenen der staat- Umgang mit Ihnen doch wissen. lichen Tätigkeit offengelegt wird und nicht auf (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) finanzpolitischen, etatmäßigen Verschiebebahnhö- Jeder in diesem Lande kennt die Forderungen, die fen landet, daß der Bürger darüber informiert wird, noch nicht alt sind. Fast jeden Sonntag kann man wo gespart werden muß. etwas erfahren und montags lesen: Forderungen (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Jetzt nach Investitionslenkung, Vergesellschaftung der kommt's!) Banken, permanente Kritik an den Grundlagen der Das allgemeine Unbehagen ist doch deshalb so sozialen Marktwirtschaft, Verteufelung des Gewinns groß, meine Damen und Herren — ich hoffe, auch ohne Einsicht in seine volkswirtschaftliche Funktion. - bei Ihnen —, weil viele gar nicht wissen, wofür. Das ist Klassenkampfdenken von gestern. Das alles hat dieses Klima herbeigeführt. Und dann beklagen Sie haben, Herr Bundeskanzler — lassen Sie mich Sie sich über den Mangel an Investitionen. diesen Appell meinerseits unterstützen —, heute In der Rede des Bundeskanzlers heute waren Zwi- aus gutem Grunde von der Bereitschaft im Lande schentöne für die Unternehmer und die leitenden bei vielen, vielen unserer Mitbürger gesprochen, in Angestellten zu hören, aber auch andere Töne, in dieser kritischer gewordenen Situation auch Opfer denen er gegen die „besoldeten Interessenvertreter" für unser Land zu bringen. Das entspricht einer zu Felde zog. Mich würde einmal interessieren, Tradition in unserem Lande und ist eine ganz na- Herr Bundeskanzler, wen Sie in diesem Zusammen türliche Reaktion von Menschen, die nicht in einer Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12921 Ministerpräsident Dr. Kohl Krise verharren, sondern wieder eine Zukunfts- - Aber Herr Ehrenberg, weil Sie so insistieren, perspektive gewinnen wollen. bringe ich Ihnen gern noch ein Beispiel. Was nützt (Dr. Ehrenberg [SPD] : Und die CDU will es denn beispielsweise der Bundesrepublik, wenn dieser Tradition nicht folgen! Sie sind doch wir jetzt den Bundeshaushalt technisch in Ordnung sonst so traditionsbewußt! — Gegenruf von bringen, zugleich aber die dort gar nicht vorkommen- der CDU/CSU: Sie blamieren sich bei jedem den, aber uns zutiefst belastenden Kostenentwick- Zwischenruf von neuem!) lungen im Krankheitssektor weiter wachsen. Das ist doch ein solches Beispiel. Die Gesetzespläne der — Herr Ehrenberg, Sie, als ein Mann Ihrer geistigen Bundesregierung sehen jedenfalls Mehrbelastun- Ausstattung, sollten doch wirklich nicht wider besse- gen der Krankenversicherungen in Milliardenhöhe res Wissen derartige Thesen herauslesen. vor. Uns drohen dort enorme Beitragssätze und (Zuruf von der CDU/CSU: Täuschung!) Kostensteigerungen. Das ist doch kein Durchbruch, meine Damen und Herren, wenn Sie hier jetzt einen Ich kann nur sagen: Unsere Mitbürger und auch Teil der Dinge vortragen und die anderen Belastun- wir, Herr Kollege Ehrenberg, gen, die doch der gleiche Steuerzahler mittragen (Dr. Ehrenberg [SPD] : Ich hoffe!) muß, draußen im Lande einfach verschweigen. sind bereit, trotz aller Schwierigkeiten und mancher Meine Damen und Herren, daß kein Weg an Vorwürfe, mit Ihnen einen politischen Weg zu ge- einer drastischen Zurücknahme der Ausgaben vor- hen — und das ist doch immerhin ein Angebot, beigeht, zeigen doch alle Modellberechnungen. Ich meine Damen und Herren, das in einer anderen will sie in diesem Zusammenhang gar nicht im ein- Stunde von Ihnen nie kam —, zelnen aufführen. Denken Sie nur an das Thema (Dr. Marx [CDU/CSU] : So ist es!) Bundesbahn, an das Thema der Personalkostenstei- und, wenn Sie die notwendigen Vorschläge machen, gerungen bei Bund, Ländern und Gemeinden. das zu prüfen und das auch in Bereichen mitzutra- (Dr. von Bülow [SPD] : Vor allem bei den gen, die scheinbar unpopulär sind. Das ist doch ein Ländern!) Angebot, das der demokratischen Tradition dieses Landes entspricht. — Herr Kollege, ich weiß nicht, warum Sie jetzt Aber unsere Bürger wollen doch ihre Kreativität, besonders auf die Länder eingehen. Natürlich haben ihre Phantasie, ihren Arbeitswillen einsetzen, um die Länder bei der Explosion der Lehrerzahlen Pro- wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung zu er- bleme. Aber brauche ich mir von Ihnen von der reichen. Und Sie, Herr Bundeskanzler, sind drauf SPD, die Sie das Traumziel haben, 50 % jedes Ge- und dran, diese einmalige Chance eines Regierungs- burtsjahrgangs zum Abitur zu führen, einen Vor- chefs zu verspielen, weil Sie offensichtlich kein Zu- wurf hinsichtlich der Lehrerzahl machen zu lassen? trauen in die wahre Mündigkeit haben und die (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) wirklichen Tatsachen immer noch nicht offengelegt haben. Ferner ist folgendes zu sagen: Wir haben darauf (Dr. Ehrenberg [SPD] : Die liegen doch auf hingewiesen — Herr Kollege Kirst hat das Thema dem Tisch!) verdienstvollerweise auch angesprochen; auch Sie, Herr Bundeskanzler, sprachen davon —, daß die — Herr Kollege Ehrenberg, wie soll denn der Bür- Kreditaufnahmen, wie sie jetzt gefordert werden, ger ein klares Bild von Ihrer Politik gewinnen, sich in einer Phase des Aufschwungs nicht infla- wenn Sie heute — Sie und Ihre Freunde, aber auch tionsfrei finanzieren lassen. Das kann man doch Sie persönlich — staatliche Leistungen als Wild- redlicherweise nicht bestreiten. Sie haben in diesem wuchs und Auswucherungen bezeichnen, die Sie und Punkte ich bin ja nicht nur da, um zu kritisie- Ihre Freunde vor kurzem noch stürmisch als fort- ren — Anregungen aufgenommen. Wir halten das schrittliche Ergebnisse Ihrer Politik gefeiert haben? für richtig. Ich will dies hier ausdrücklich erwäh- (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. nen. Dr. Ehrenberg) Die Bundesregierung strebt die schrittweise Re- Was der Bürger in dieser Stunde erwartet, ist duzierung der Kreditaufnahme für die nächsten — und das ist nicht nur eine Frage an die Regie- Jahre bekanntlich durch Einsparungen einerseits rung; das ist auch eine Frage an die Opposition, an und durch Steuer- und Abgabenerhöhungen ande- die Demokraten, die sagen, sie tragen diesen Staat rerseits an. Ihre Einsparungen, Herr Bundeskanzler — eine neue und vielleicht auch verhaltensverän- - und das wird sicher auch die Detaildebatte mit dernde Perspektive. Das ist die eigentliche Alter- den Finanzministern der Länder ergeben, die ja native. Es hat keinen Sinn, dem Bürger mit dem das gleiche Problem haben —, sind aber zunächst Finanzknüppel Vernunft einbleuen zu wollen. Die auf dem Papier höher als in Wirklichkeit. Es handelt wirkliche Alternative ist, ihm das Vertrauen zu sich dabei doch großenteils nicht um Einsparungen geben, daß das, was jetzt als Einschränkung tem- gegenüber dem bisherigen Ausgabenvolumen, son- porär auf ihn zukommt, von ihm wegen der Zu- dern um Einsparungen und Abstriche an den Zah- kunft dieses Landes mitgetragen werden muß. Das len der ursprünglichen Finanzplanung für 1976 und ist die eigentliche Alternative auch im Politischen. 1977. Das heißt doch — um es allgemeinverständ- (Beifall bei der CDU/CSU: Zuruf des lich auszudrücken —: Sie sparen an Vorstellungen, Abg. Dr. Ehrenberg [SPD]) die Sie einmal entwickelt haben, die aber in der 12922 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Kohl Realität des Alltags überhaupt noch nicht wirksam bar nahe das unter Umständen auch für Sie bevor- sind. steht. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Der tatsächliche Eingriff, Herr Bundeskanzler, in Alex Möller sagte damals — ich darf zitieren —: die bisherigen Besitzstände — das tut weh; wem Politisch bleibt entscheidend, daß keine Oppo- sagen Sie das, das ist genauso mein Problem in sition aus ihrer Position heraus Alternativen einem Landeshaushalt — ist um ein Vielfaches entwickeln kann, die die letzte Aussagekraft geringer. Setzt man diese Eingriffe in die bisherigen besitzen, da ja nicht sie Regierungspolitik be- Besitzstände in eine Relation zu den geplanten Ein- treibt. nahmeerhöhungen — durch Anhebung der Mehr- (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) wertsteuer, des Beitrags zur Arbeitslosenversiche- rung, der Tabak- und Branntweinsteuer —, dann Jeder Haushalt ist aber die in verpflichtenden erst wird drastisch deutlich, daß die Maßnahmen Zahlen ausgedrückte Regierungspolitik. Sowohl der Bundesregierung nicht von Einsparungen, son- die Einnahme- als auch die Ausgabeseite wer- dern entscheidend von Steuererhöhungen bestimmt den immer maßgebend von Gesetzen und deren werden. Das muß der Bürger in der Bundesrepublik Zielsetzung beeinflußt, für die in vollem Umfang zur Kenntnis nehmen. die Regierungskoalition und nur höchstens par- tiell die Opposition Verantwortung trägt. Wer (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. diese Überlegungen mit einer Handbewegung Dr. Ehrenberg [SPD]) abtut, verkennt die Zusammenhänge und be- geht eine in der Politik unverantwortliche Kurz- Jetzt, Herr Kollege Ehrenberg, komme ich auf schlußhandlung: er ist unrealistisch! Ihre Frage von vorhin. Dies ist die wahre Lage. Weil dies die wahre Lage ist, ergibt sich für uns So sagt Alex Möller. aus unserem Selbstverständnis von demokratischem (Beifall bei der CDU/CSU — Stücklen Patriotismus nicht ein Ausweg — — [CDU/CSU] : Ich habe immer gesagt: Alex (Lachen bei der SPD) Möller ist ein guter Mann!) — Meine Damen und Herren, Sie mögen bei diesem Politik soll und muß sich aber gerade in der Wort lachen; für mich ist es selbstverständlich, von Finanz- und Haushaltspolitik an Realitäten einem demokratischen Patriotismus zu sprechen. ausrichten. So ist der Versuch einer Alternative Darin unterscheidet sich die Republik von Bonn von einer Darstellung unserer Vorstellungen zu be- der von Weimar. trachten und zu werten. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, Alex Möller hat sich damals mit diesen Worten — das will ich sagen, Wir beziehen nicht die Position — ich will die um von vornherein mißbräuchliche Verwendung Zitate ganz weglassen, obwohl sie reizvoll sind — auszuschließen — ganz entschieden zu einer parla- aus dem Jahre 1966. Aber wenn es so ist — wie es mentarisch-demokratischen Verantwortung bekannt. offenkundig der Fall ist —, daß dieses Land zuneh- Er hat nur das Rollenverständnis völlig richtig wie- mend in große Schwierigkeiten hineingerät, daß an dergegeben. Denn, meine Damen und Herren, das den Rändern der demokratischen Struktur schon die wissen Sie doch so gut wie auch ich: Sie möchten radikalen Aasgeier von rechts und von links jetzt — und für was halten Sie uns eigentlich? — in lauern, um dabei vielleicht billige Geschäfte zu ma- dieser Lage von uns in diesem oder jenem Punkt chen, wäre es ein Verrat an dem Gesetz des An- einen Vorschlag haben, damit Sie dann draußen in fangs der CDU/CSU, wenn wir nicht ganz selbst- der Gruppe herumlaufen und laut schreiend die verständlich auch in der Opposition unsere Verant- „soziale Demontage der CDU" anklagen können. wortung für dieses Land sähen und diese Verant- (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der wortung übernähmen. SPD) (Beifall bei der CDU/CSU) Unser Angebot steht, daß Sie in dieser schwieri- Und jetzt fragen Sie: Was sagt ihr denn im De- gen Lage bei entsprechenden Vorschlägen der Bun- tail? desregierung darauf rechnen können — und ich (Zuruf von der SPD: Nichts!) spreche hier für Bundestag und Bundesrat, (Zurufe von der SPD) Darauf sage ich zunächst einmal das, was einer der ganz Großen Ihrer Fraktion — ich bin froh, daß er für CDU und CSU in beiden Kammern; ich bin vor- vor mir sitzt —, Alex Möller, zu diesem Thema- klas- hin von Ihnen darauf angesprochen worden; ich sisch formuliert hat. Ich spreche jetzt nicht von spreche bewußt für die Partei in beiden Berei- seinem Abschiedsbrief, sondern von seiner Rede am chen —, daß wir uns unserer Verantwortung über- 10. November 1966. Ich sage deswegen „klassisch", haupt nicht zu entziehen bereit sind. Wir sind Ver- Herr Kollege Möller, weil sich hier die Einsicht antwortung zu tragen bereit. Aber Sie tragen die eines langen parlamentarischen Lebens nieder- Regierung, Sie haben den Apparat, und Sie haben schlägt und weil es da nicht um eine billige partei- die Pflicht, jetzt zu regieren und zwar kraftvoll und politische Sache geht. Was damals Ihnen passiert mit Mut. ist und heute uns passiert, kann sich morgen wie- (Beifall bei der CDU/CSU — Unruhe bei der entsprechend verändern; Sie wissen, wie greif der SPD) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12923 Ministerpräsident Dr. Kohl — Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, war- Herr Ehrenberg, es wäre nützlich, wenn Sie in die- um Sie sich erregen. Ich verspreche Ihnen, daß ser Debatte diesen Gesichtspunkt angreifen würden, Ihnen diese Bundesregierung noch im Laufe des wenn Sie ihn widerlegen und nachweisen würden, kommenden Winters die eben von Ihnen so heftig daß das falsch ist, damit wir es im Protokoll des bestrittenen Zahlen liefern wird. An dieser Reali- Bundestages haben und dann spätestens Weihnach- tät führt gar kein Weg vorbei. ten noch einmal auf diese Sache zurückkommen können. Wir fordern als Alternative eine grundsätzliche (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Kurskorrektur, eine neue Politik auf der Basis und den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, die Meine Damen und Herren, geht man außerdem Systemveränderungstendenzen in allen Bereichen von der Annahme regelmäßiger Zuwachsraten des ausschließt. Wir sind dann bereit, damit unsere realen Bruttosozialprodukts aus, läßt man die Infla- Verantwortung mitzutragen und das Notwendige zu tionsrate von 5 % außer Betracht, wird man davon tun. ausgehen können, daß dieses Potentialwachstum (Zurufe von der SPD) möglicherweise die Untergrenze der jährlichen re- gelmäßigen Lohn- und Gehaltsforderungen sein Meine Damen und Herren, Herr Kollege Carstens wird. Das hört man auch anderswo so. Setzt man hat gerade für die CDU/CSU — da haben Sie auch dann auch noch die jährliche Inflationsrate ein, wel- nicht gemeutert —, che die Bundesregierung mit 5 1/2 % bis 4 1/2 % an- (Wehner [SPD] : Da haben wir auch nur gibt, dann ist doch, auch wenn man sie nur teilweise gelacht!) — ich komme Ihnen noch entgegen — prozentual für Bundestag und Bundesrat, hier angeboten, daß berücksichtigt, der zugebilligte Wachstumsspielraum wir alle kostenwirksamen eigenen Vorschläge zu- für die öffentlichen Haushalte bereits erschöpft. Das rückziehen. Ich kann Ihnen nur raten: Tun Sie das ergibt sich zwingend aus dieser Rechnung. Gleich- gleiche, Herr Kollege Wehner, statt hier einfach zeitig — das ist hier nachzutragen — soll aus die- zu lachen; denn das Lachen wird bei der Politik, die sen öffentlichen Haushalten aber auch noch eine Sie bisher betrieben haben, Ihnen und anderen ver- regelmäßige Steigerung der Investitionsausgaben in gehen. Höhe von 8 °/o zur Ankurbelung der Wirtschaft ge- (Beifall bei der CDU/CSU) leistet werden. Die Rechnung, meine Damen und Herren, stimmt doch hinten und vorne nicht. Ein kurzes Wort zum Thema der Mehreinnahmen aus der Steuererhöhung, die für 1977 in einer Grö- (Beifall bei der CDU/CSU) ßenordnung von 13 Milliarden DM vorgesehen ist Diese Projektion der Bundesregierung führt dazu und bis 1979 auf eine Größenordnung von 18 Mil- — das sage ich warnend in dieser Stunde —, daß liarden DM ansteigen soll. Ich brauche zu dem, was die Länder und die Gemeinden — das ist genauso dazu konjunkturpolitisch zu sagen ist, nichts zu be- wichtig, Herr Kollege Kirst, wie die Entwicklung merken. Karl Carstens hat das erwähnt; das wird beim Bund — nicht in der Lage sein werden, die in der Debatte sicher noch vertieft werden. notwendigen Investitionen, die wir auch volkswirt- (Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Ja, muß auch!) schaftlich brauchen, für die nächsten Jahre zu täti- gen. Aber, meine Damen und Herren, Sie müssen doch (Beifall bei der CDU/CSU) davon Kenntnis nehmen, daß solche Steuererhöhun- gen Konsequenzen für die Haushalte haben. Gerade die Bundesregierung sagt völlig vernünftig und richtig, daß die Investitionstätigkeit der Länder Die Bundesregierung — lassen Sie mich Ihnen und Gemeinden und der Bundesregierung selbst das vorrechnen — erwartet eine Steigerung des Voraussetzung für ein vernünftiges Wirtschafts- Ausgabevolumens in den Jahren 1976 bis 1979 zwi- wachstum ist. schen 41/2 und 6 1/2 % bei einer Zuwachsrate des Meine Damen und Herren, sehen wir dies alles so, Bruttosozialprodukts von 9 1/2 bis 10 1/2 %. Die letzte Zahl stammt von Ihnen; ich habe sie nicht zu ver- kann ich nur sagen: Wenn Sie jetzt zum Mittel der Steuererhöhung greifen, ist das ein Notbremse, die treten, Graf Lambsdorff. Meine Damen und Herren, das Land in nichts voranbringt, die aber vor allem zugleich erwartet die Regierung, daß die öffentlichen die Bezieher niedriger Einkommen entscheidend be- Hände ihre Investitionen im Durchschnitt der näch- einträchtigt, die auf Grund ihres verhältnismäßig sten Jahre regelmäßig um 8 % steigern. Dies ist großen und auch flexiblen Ausgabenanteils für Gü- eine der Voraussetzungen für das wirtschaftliche ter des täglichen Bedarfs, für Ernährungsgüter und Wachstum und damit eine der Grundlagen der ge- anderes am stärksten betroffen sind. schätzten Steuereinnahmen. Ich gehe jetzt von- Ihrer eigenen Prämisse aus. Mehreinnahmen von 10 Mil- Wir hörten heute die Schutzbehauptung, die liarden DM aus der Mehrwertsteuer bedeuten aber Mehrwertsteuererhöhung sei ein integrationsfreund- mindestens 4 bis 5 Milliarden DM Mehrbelastung licher Schritt. Meine Damen und Herren, Sie wissen der öffentlichen Haushalte infolge der Preiswirkun- doch selbst, so integrationsfreundlich wären Sie doch gen, die sich auf Grund der Erhöhung der Mehr- gar nicht gewesen, wenn Sie nicht einen anderen wertsteuer im Personal-, Sach- und Investitions Zwang gehabt hätten, diesen Schritt in dieser Situa- bereich nach den bisherigen Erfahrungen ergeben. tion zu tun. Auch das ist doch eine der zwingenden Wahrheiten. Der Kollege Schmidt aus dem Bundestag brachte (Beifall bei der CDU/CSU) ein Zitat des Kollegen Strauß. Bei diesem Gedanken 12924 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Kohl stand damals doch eine mittelstandsfreundliche Ge- Demokraten bereit, nach entsprechender Prüfung un werbesteuerreform Pate. Herr Bundesminister Fride- seren Beitrag zu einer solchen neuen Politik der richs, Graf Lambsdorff und Herr Mischnick von der Vernunft zu leisten. Wir sind bereit, auch in Oppo- FDP, hier stirbt wieder ein Reformvorhaben, dem sition unsere Verantwortung zu sehen. Wir werden Ihr Name besonders verbunden ist. daran gemessen werden, welches unser Beitrag ist. Unser Angebot und unsere Aufforderung an Sie ist, (Beifall bei der CDU/CSU) jetzt Einkehr zu halten und eine neue Politik mög- Meine Damen und Herren, zusammenfassend lich zu machen. (Wehner [SPD] : Sehr gut!) (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der läßt sich sagen, daß die Regierungsvorlage ein Teil- CDU/CSU — Wehner [SPD] : Mahlzeit!) geständnis der verfehlten Politik der letzten Jahre darstellt, ein Teilgeständnis hinsichtlich der uner- Vizepräsident von Hassel: Meine Damen und Her- träglichen Verschuldungspolitik, in welche die Bun- ren, bevor wir in die verkürzte Mittagspause ein- desregierung die Bundesrepublik geführt hat. Den treten, weise ich darauf hin, daß die Fragestunde notwendigen Konsequenzen weichen Sie in dieser um 14 Uhr beginnt und die Debatte über die Regie- Stunde nach wie vor aus. Die Tatsache, daß die Fol- rungserklärung und die damit verbundenen Tages- gen der Mehrwertsteuererhöhung von der Regie- ordnungspunkte um 15.30 Uhr wieder aufgenommen rung unberücksichtigt bleiben, macht deutlich, daß wird. wir erneut — ich sprach vom Verschiebebahnhof des Ich unterbreche die Sitzung. Etats — Probleme in Milliardenhöhe vor uns her- schieben. Der Abbau, der wirkliche Abbau, meine (Unterbrechung von 13.28 Uhr bis 14 Uhr) Damen und Herren von der SPD, von sozialen Lei- stungen wird kaschiert, indem man ihn der Preis- entwertung überläßt und gar nicht daran denken Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Meine kann, einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen. Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist Nach wie vor fehlt Ihnen in dieser Bundesregierung wieder eröffnet. der Mut, offen zu sagen und politisch auszutragen, was in dieser Stunde einfach notwendig ist. Wir treten ein die Herr Bundeskanzler, ich will Ihnen noch einmal Fragestunde sagen, Sie werden unsere Unterstützung bekommen, — Drucksache 7/4024 — wenn Sie auf dem Weg, den ich skizziert habe, mit Entschlossenheit voranschreiten. Dies ist ein Denk- Der Altestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch ansatz, der unsere Probleme lösen kann. Es ist dann in dieser Woche, abweichend von unseren Richt- nicht gut, wenn wir womöglich — ich sage das noch linien, zwei Fragestunden mit einer jeweiligen Dau- einmal — Verantwortungen zwischen Bund und er von 90 Minuten durchführen. Gemäß § 127 unserer Ländern hin- und herzuschieben versuchen. Wir ha- Geschäftsordnung müssen wir diese Abweichung ben vor keiner Wahl — auch nicht vor der in Nord- von der Geschäftsordnung beschließen. Erhebt sich rhein-Westfalen — die Meinung zurückgehalten, dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der Fall. daß wir bereit sind, aus unserer Verantwortung Dann ist so beschlossen. auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Wir Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesmini- selbst haben in Fernsehdiskussionen über dieses sters der Justiz auf. Die hier eingebrachte Frage 1 Thema gesprochen. Es geht jetzt einfach darum, im des Herrn Abgeordneten Gröner wird auf Wunsch Blick auf die Zukunft eine neue Politik einzuleiten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Ant- und eine neue Perspektive für die Politik zu gewin- wort wird als Anlage abgedruckt. nen. Meine Damen und Herren, wer diese Regierungs- Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers erklärung heute früh hörte, weiß, daß das Ver- für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur trauenskapital, das die die Regierung tragenden Beantwortung der Frage steht der Herr Parlamen- Parteien 1972 vom Wähler erhalten haben, rund- tarische Staatssekretär Dr. Haack zur Verfügung. herum verspielt ist. Sie, Herr Bundeskanzler, tragen Die eingereichte Frage 2 des Herrn Abgeordneten vornehmlich in Ihrer früheren Position als Wirt- Walkhoff soll auf Wunsch des Fragestellers eben- schafts- und Finanzminister und jetzt als Regie- falls schriftlich beantwortet werden. Die Antwort rungschef für diese Entwicklung die Verantwortung. wird als Anlage abgedruckt. Jetzt ist nicht die Stunde des Vernebelns und des Beschönigens; jetzt ist die Stunde der Wahrheit.- Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bun- desministers für Forschung und Technologie auf. Der (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Herr Abgeordnete Pfeffermann hat um schriftliche Die ist jetzt gerade vorbeigegangen!) Beantwortung der von ihm eingebrachten Fragen 3 Jetzt ist die Stunde des Mutes, und 4 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antwor- ten werden als Anlagen abgedruckt. (Wehner [SPD]: Mittag ist jetzt!) um womöglich auch unpopuläre Entscheidungen Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bun- durchzudrücken, wenn sie für die Zukunft unseres desministers für Bildung und Wissenschaft auf. Hier- Landes notwendig sind. Ich darf hier für CDU und zu liegen die Frage 5 der Abgeordneten Frau Bene- CSU erklären: Wir sind als deutsche Patrioten und dix und die Frage 6 des Herrn Schwenke (Nienburg) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12925 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen vor. Die beiden Fragesteller haben um schriftliche und wir würden uns das Leben nicht gegenseitig Beantwortung ihrer Fragen gebeten. Dem wird ent- schwermachen. Ich werde mich bemühen, Ihnen die sprochen. Die Antworten werden als Anlagen ab- Antwort schriftlich zu geben. gedruckt. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers Staatssekretär, ich danke Ihnen. für innerdeutsche Beziehungen auf. Hier steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold zur Be- Meine Damen und Herren, nach einer Ferienpause antwortung zur Verfügung. Die Frage 109 stellt der läuft die Fragestunde immer etwas zähflüssig an. Herr Abgeordnete Wittmann (München) : Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers Ist es mit den Grundsätzen der Menschlichkeit sowie dem Grundvertrag und den Zusatzvereinbarungen in Einklang zu für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beant- bringen, daß die „DDR" die Überführung von in der „DDR" ver- storbenen Menschen aus der Bundesrepublik Deutschland mona- wortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische telang hinauszögert? Staatssekretär Brück zur Verfügung. Es liegen die Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort. Fragen 107 und 108 des Herrn Abgeordneten Dr. Becher (Pullach) vor. Ich rufe zunächst die Frage 107 auf: Herold, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Ist die Bundesregierung bereit, allein oder gemeinsam mit für innerdeutsche Beziehungen: Herr Präsident! ihren EG-Partnern Hilfsmaßnahmen für Menschen europäischer Herkunft in die Wege zu leiten, die durch die Auflösung der Herr Kollege Wittmann, ich kann zu Ihrer Frage er- portugiesischen Einflußgebiete sowie durch andere Entwicklungen klären, daß der Bundesregierung keinerlei Erkennt- in Afrika in äußerste Not geraten sind? nisse vorliegen, die Überführung von Personen, die in der DDR verstorben sind, nach der Bundesrepu- Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister blik verzögerte sich monatelang. Im Gegenteil, bei für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Kollege, Nachfragen bei den Verbänden der hiesigen Beerdi- die Bundesregierung leistet im Rahmen ihrer Mög- gungsinstitute in Hamburg und in Düsseldorf wurde lichkeiten grundsätzlich humanitäre Hilfe in Kata- uns bestätigt, daß keinerlei Erkenntnisse in dieser strophenfällen und anderen Notfällen. Sie gibt die Richtung vorliegen. Hilfe vorrangig bilateral, beteiligt sich jedoch auch an multilateralen Hilfsmaßnahmen. So hat die Bun- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Zusatz- desregierung in ihrer Sitzung am 3. September 1975 frage. beschlossen, Portugal bei der Evakuierung von euro- päischen Siedlern aus Angola zu unterstützen. Zu diesem Zweck wurde zunächst eine Boeing 747 der Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Herr Staats- Deutschen Lufthansa und anschließend eine Boeing sekretär, gibt es für solche Fälle der Überführung 707 der Bundesluftwaffe zur Verfügung gestellt. von Verstorbenen Vereinbarungen mit der DDR?

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Zusatz- Herold, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister frage. für innerdeutsche Beziehungen: Sie wissen, daß diese Vereinbarungen erst im Zusammenhang mit Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) : Herr Staatsse- dem Gesundheitsabkommen usw. wirksam werden kretär, werden ähnliche erfreuliche Hilfsmaßnahmen können. Es gibt bisher einen regelnden Modus, und auch Bürgern europäischer Herkunft zuteil, die ins- der hat zu keinerlei Beanstandungen geführt. besondere in Mozambique, wie Pressemeldungen zu entnehmen ist, zur Zeit sehr brutal behandelt wer- Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Herr Staats- den? sekretär, würden Sie bitte in geeigneter Weise überprüfen, warum die Urne des stellvertretenden Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Präsidenten des Bundes der Mitteldeutschen, der in für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Kollege seiner Heimat Brandenburg an der Havel am 28. Becher, wenn Menschen in Not kommen, werden wir Mai 1975 verstorben ist, erst am 20. August 1975 in allen Fällen helfen, soweit wir die Möglichkeit den Angehörigen per Post zugestellt wurde und dazu haben und die Möglichkeit dazu bekommen. welche Gründe gegebenenfalls diese Verzögerung hat. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Sie ha- ben noch eine Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Staatssekretär! Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) : Herr Staatsse- kretär, denkt die Bundesregierung bei ihren Hilfs- Herold, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister maßnahmen daran, insbesondere solche Bürger mit für innerdeutsche Beziehungen: Herr Kollege Dr. zu schützen — Siedler usw. —, die deutscher Her- Wittmann, ich bedaure sehr, daß Sie einen solch kunft sind und die auch, wie wir wissen, ganz be- konkreten Fall, über den Sie hier etwas wissen sonders gefährdet sind? wollen, nicht schon direkt an uns herangetragen haben. Ich wäre dann in der Lage, Ihnen dazu etwas Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister zu sagen, für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Kollege (Dr. Wittmann [München] [CDU/CSU] : Ich Becher, die Fürsorgepflicht der Bundesregierung für bitte darum!) deutsche Staatsbürger steht natürlich im Vorder- 12926 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Parl. Staatssekretär Brück grund. Aber ich glaube, wir stimmen beide darin Eine andere Frage ist, ob es ein Verstoß gegen überein, daß sich Hilfsmaßnahmen nicht nach der das Völkerrecht ist, ohne Entschädigung zu ent- Nationalität der betroffenen Menschen zu richten eignen. Da würde ich die Auffassung vertreten, daß haben, sondern daß sie für alle Menschen gelten es ein Verstoß gegen das Völkerrecht ist, ohne Ent- müssen. schädigung zu enteignen.

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- satzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt (Ham- ben noch eine weitere Zusatzfrage. burg) . Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) : Herr Staats- Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Herr Staatssekretär, sekretär, gibt die Bundesregierung auch an solche interpretiere ich die Haltung der Bundesregierung afrikanischen Staaten Entwicklungshilfe, deren in- richtig, wenn ich davon ausgehe, daß bei humani- nenpolitische Maßnahmen die Existenz von Bun- tären Maßnahmen kein Unterschied danach gemacht desbürgern gefährden, die sich dort unter Zuhilfe- wird, ob — wie es in der Frage heißt — die betref- nahme anderer Bundesmittel in früheren Jahren fenden Menschen europäischer Herkunft, also Weiße, Betriebe und Siedlungseinheiten gebaut und errich- oder ob sie anderer Hautfarbe sind? tet haben?

Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Kollege für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Kollege Arndt, mit meiner Antwort auf die Zusatzfrage des Becher, mir ist kein Fall bekannt, in dem die Exi- Kollegen Becher wollte ich ausdrücken, daß kein stenz eines Bürgers der Bundesrepublik gefährdet Unterschied besteht, gleich, welcher Nationalität die ist. Es gibt natürlich Fälle, in denen Bürger der Menschen angehören. Das beinhaltet natürlich auch, Bundesrepublik enteignet worden sind. Hier werden daß kein Unterschied in der Rasse gemacht wird. wir dafür eintreten, daß sie entsprechend entschä- digt werden.

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe die nächste Frage — Frage 108 — des Abgeordneten Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich Dr. Becher (Pullach) auf: danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Damit ist der Ist die Bundesregierung bereit, die Zusicherung von Entwick- Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaft- lungshilfe an afrikanische Staaten davon abhängig zu machen, liche Zusammenarbeit abgeschlossen. daß sie auch die Bürger europäischer Herkunft nach den Grund- sätzen der Konventionen über die Menschenrechte behandeln? Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers Herr Staatssekretär! des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Schmude zur Verfügung. für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Eine entwick- Der Herr Abgeordnete Dr. Jobst hat um schrift- lungspolitische Zusammenarbeit zwischen der Bun- liche Beantwortung der von ihm eingereichten desrepublik und anderen Staaten — nicht nur afri- Frage 7 gebeten. Die Antwort wird als Anlage ab- kanischen — setzt ein partnerschaftliches Verhält- gedruckt. nis voraus. Bei einer schweren Störung dieses Ver hältnisses durch eine andauernde Verletzung von Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Menschenrechten kann die Frage einer wirtschaft- Dr. Roser auf. — Der Abgeordnete ist offensichtlich lichen Zusammenarbeit nicht ausgeklammert blei- nicht im Saal, so daß die Frage schriftlich beant- ben und muß von Fall zu Fall einer sorgfältigen wortet wird. Die Antwort wird als Anlage abge- Prüfung unterzogen werden. druckt. Der Herr Abgeordnete Gerlach (Obernau) hat Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) : Herr Staats- gebeten, die von ihm eingereichten Fragen 9 und sekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß 10 schriftlich zu beantworten. Dem wird entspro- diese Haltung der Bundesregierung insbesondere chen. Die Antworten werden als Anlagen abge- dort zum Zuge kommt, wo innenpolitische Maßnah- druckt. men der betreffenden Länder zur praktisch totalen Enteignung und Vertreibung bedeutsamer Schich- Ich rufe die Frage i i des Herrn Abgeordneten ten der Bevölkerung führen? Gansel auf: - Ist die Bundesregierung bereit, versuchsweise Bestimmungen der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft), wie Sprechverbot, Rauchverbot, Brück, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Radioverbot, Verbot der Beförderung von Betrunkenen, auch in den von ihr betriebenen Dienstwagen anzuwenden, und ist sie für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Kollege bereit, die in einem solchen Versuch gewonnenen praktischen Becher, ich würde eine Enteignung nicht als einen Erfahrungen zur Korrektur der Verordnung zu nutzen? Verstoß gegen die Menschenrechte betrachten. Wenn ein Land zu der Auffassung kommt, daß es Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- besser ist, zu enteignen, beispielsweise Großgrund- minister des Innern: Herr Kollege Gansel, den in besitz in manchen Ländern, dann meine ich, daß dies Ihrer Frage enthaltenen Vorschlag hat die Bundes- kein Verstoß gegen die Menschenrechte ist. regierung mit dem angemessenen Ernst und der ge- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12927 Parl. Staatssekretär Dr. Schmude botenen Nüchternheit geprüft. Weder für die Be- Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- förderung Betrunkener noch in sonstiger Hinsicht minister des Innern: Die Bundesregierung ist der erwartet sie aus dem von Ihnen angeregten Versuch Meinung, daß diese Auseinandersetzung der Sach- irgendwelche Aufschlüsse für die Beurteilung der verständigen mit ihrer Unterstützung bereits statt- Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrtunter- findet. nehmen im Personenverkehr.

Im übrigen beabsichtigt der Bundesminister für Vizepräsident Dr. Schmitt -Vockenhausen: Sie ha- Verkehr — wie Sie sicher durch die Presse erfahren ben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege. haben —, die Verordnung demnächst mit den Län- derverkehrsministern zu erörtern. Ey (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist dabei die Tatsache besonders berücksichtigt, daß es sich bei der Bundesrepublik um einen besonderen Ballungs- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Herr Kollege, Sie haben das so nüchtern hingenommen; raum hinsichtlich der Industrie und damit auch der ich bin überrascht. Menschen handelt? (Zuruf: Diese Antwort hat ihn erschlagen!) Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Ich rufe Frage 12 des Herrn Abgeordneten Ey auf: minister des Innern: Diese Tatsache schafft beson- dere Probleme, die auch Veranlassung und Grund- Wie beurteilt die Bundesregierung die Auslassung einer füh- renden Tageszeitung (FAZ vom 23. August 1975), in der Frage lage ausführlicher Erörterungen und Untersuchun- der Sicherheit von Atomkraftwerken könne es deswegen nicht zu verantwortbaren Entscheidungen kommen, weil es nicht zur gen sind. „notwendigen offenen Auseinandersetzung der Experten aus Wissenschaft und Technik über das Für und Wider der strit- tigen Fragen komme"? Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Dann Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär! rufe ich Frage 13 des Herrn Abgeordneten Ey auf: Welche Aussagen der Bundesregierung über die Sicherheits- und Risikofragen bei Atomkraftwerken haben sich inzwischen Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- als Fehlbeurteilung erwiesen? minister des Innern: Herr Kollege Ey, die Bundes- Bitte! regierung kennt die Vielfalt unterschiedlicher wis- senschaftlicher Meinungen im In- und Ausland zu Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- wichtigen Fragen der Kernenergie. Sie weiß, daß minister des Innern: Die Aussagen der Bundes- sich daraus für eine objektive Meinungsbildung regierung über die Sicherheits- und Risikofragen auch in den Parlamenten und Regierungsbehörden bei Atomkraftwerken gründen sich auf den jewei- nicht geringe Schwierigkeiten ergeben. ligen Stand von Wissenschaft und Technik, der Die Bundesregierung hält es deshalb für unver- nach dem Atomgesetz das Maß der erforderlichen zichtbar, die fachlich fundierte Auseinandersetzung Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und qualifizierter Experten über die Sicherheitsprobleme den Betrieb kerntechnischer Anlagen vorschreibt. der Kernenergie und andere strittige Fragen aus Auch hierzu sind weitergehende Ausführungen diesem Bereich zu fördern. Von diesem Grundsatz der erwähnten Antwort der Bundesregierung auf geht die Bundesregierung bei der Besetzung der die Große Anfrage betreffend Kernenergie zu ent- -Gremien aus, die sie — wie die Reaktorsicherheits nehmen. und die Strahlenschutzkommission — auf dem Ge- Ein derart eindeutig mit dem technischen Fort- biet der nuklearen Sicherheit und das Strahlen- schritt verbundenes Konzept der stetigen Verminde- schutzes beraten. rung des Risikos bringt fortlaufend die unverzüg- In diesem Zusammenhang verweise ich auf die liche Umsetzung jeweils neuer Erkenntnisse in Antwort der Bundesregierung auf die Große An- entsprechende Maßnahmen mit sich. Wenn nach frage der Fraktionen der SPD und der FDP zur dem ständig fortentwickelten Stand von Wissen- friedlichen Nutzung der Kernenergie in der Bun- schaft und Technik Vorsorgemaßnahmen immer desrepublik Deutschland. Dort wird ausführlich dar- wieder verbessert werden, kann daraus nicht der gelegt, wie nach Auffassung der Bundesregierung Schluß gezogen werden, zuvor habe eine Fehlbeur- die Beratung von Bund und Ländern durch unab- teilung vorgelegen. hängige Sachverständige mit breitem fachlichen

Querschnitt gewährleistet werden kann und welches Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- Verfahren vorgesehen ist, um bei abweichenden satzfrage, Herr Kollege. Gutachtermeinungen eine klar verantwortbare Ent- scheidungsgrundlage der Behörden finden zu kön- Ey (CDU/CSU) : Hält damit die Bundesregierung nen. nicht auch das Tempo, mit dem der Bau von Atom- reaktoren betrieben wird, für unangemessen hoch?

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- satzfrage, Herr Kollege? — Bitte! Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister des Innern: Die Bundesregierung ist der Ey (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist die Bun- Auffassung, daß bei ,den Überlegungen zu dem von desregierung der Meinung, daß die in der Presse Ihnen angesprochenen Tempo Sicherheitserwägun- empfohlene öffentliche Auseinandersetzung der gen nicht zu kurz kommen dürfen und tatsächlich Sachverständigen damit unterbleiben kann? nicht zu kurz kommen. Dies ist in der von mir mehr- 12928 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Parl. Staatssekretär Dr. Schmude fach erwähnten Antwort auf die Große Anfrage spricht als die gegenwärtige Fassung des Art. 29 zur friedlichen Nutzung der Kernenergie in der des Grundgesetzes, indem sie moderne Ziele auf- Bundesrepublik ausführlicher dargelegt worden, stellt und eher realisierbare Verfahren für eine und ich gehe davon aus, daß in Kürze in diesem Neugliederung des Bundesgebietes anbietet. Eine Hause hierzu auch eine Aussprache stattfinden Annullierung des Verfassungsauftrags läge darin je- wird, bei der das noch vertieft werden wird. denfalls nicht.

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Vielen Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Eine Zu- Dank, Herr Staatssekretär! satzfrage, Herr Kollege Kern.

Ich rufe nunmehr Frage 14 des Herrn Abgeord- (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer neten Kern auf: Kern Antwort entnehmen, daß die Ziele, die in Art. 29 Hält die Bundesregierung Vorschläge, den Verfassungsauftrag des Artikels 29 des Grundgesetzes dadurch zu erledigen, daß für eine Neugliederung des Bundesgebietes genannt durch eine Gesetzesänderung dieser Verfassungsauftrag an- nulliert wird, unter dem Gesichtspunkt der Verfassungstreue sind — etwa die kulturelle Zusammengehörigkeit, für gangbar? die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit oder das soziale Wollen Sie, Herr Staatssekretär, die Fragen 14 Gefüge —, von Ihnen nicht in Frage gestellt wer- und 15 gegebenenfalls gemeinsam beantworten? den?

Parl. Staatssekretär beim Bundes- Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Dr. Schmude, minister des Innern: Dafür wäre ich dankbar. minister des Innern: Diese Ziele werden nicht in Frage gestellt. Die weitere Frage ist eben nur, wie sie zu erreichen, wie sie zu verwirklichen sind. Auf Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten Kollege, Sie sind sicher einverstanden, zumal da Ihr habe ich an dieser Stelle nicht zum erstenmal hin- Fragerecht dadurch nicht verkürzt wird. gewiesen. (Kern [SPD] : Ja!) — Dann rufe ich zusätzlich Frage 15 auf: Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Bitte, Hält die Bundesregierung ihrerseits an dem in der Regierungs- Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage. erklärung vom 18. Januar 1973 beschriebenen Weg lest, und wird sie Vorschläge zum Gutachten der Sachverstandigenkom- mission zur Neugliederung des Bundesgebietes formulieren und dem Bundestag in der nach Artikel 29 des Grundgesetzes vor- Kern (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir gesehenen Zeit zur Entscheidung vorlegen? der Meinung, daß der Verfassungsauftrag in Art. 29 den Weg sehr klar beschreibt und daß deswegen Dr. Schmude, Pari. Staatssekretär beim Bundes- ohne Not nicht davon abgewichen werden sollte, minister des Innern: Herr Kollege Kern, zweifellos diesen Weg auch zu gehen? wäre es politisch wünschenswert, wenn der be- stehende Verfassungsauftrag von Art. 29 des Grund- Parl. Staatssekretär beim Bundes- gesetzes durch eine großräumige Neugliederung des Dr. Schmude, minister des Innern: Er beschreibt den Weg, Herr Bundesgebietes erfüllt werden könnte. Indessen hält Kollege Kern, aber er zeigt nicht, wie auf diesem die Bundesregierung die Vorlage eines Gesetzent- Weg ein dem Auftrag des Art. 29 förderliches und wurfs mit einer umfassenden und gebietsmäßig kon- entsprechendes Ergebnis auch dann gefunden wer- kretisierten Neugliederungskonzeption nur und erst den kann, wenn eine mehrheitliche Zustimmung der dann für sinnvoll und dem genannten Verfassungs- politischen Kräfte und der Bevölkerung nicht herzu- auftrag förderlich, wenn die vorgeschlagenen Ände- stellen ist. rungen des Gebietsbestandes der Länder Aussicht haben, eine mehrheitliche Zustimmung bei den ver- antwortlichen politischen Kräften und der betroffe- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr nen Bevölkerung zu finden. Derartige Vorausset- Kollege Kern. zungen liegen derzeit für kein Neugliederungskon- zept vor. Kern (SPD) : Herr Staatssekretär, nachdem wir in diesen Tagen sehr viel über Sparmaßnahmen disku- Für die Bundesregierung kommt jedoch eine Strei- tieren, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß chung des Art. 29 des Grundgesetzes nicht in Be- die Spitzenposition der Bundesrepublik Deutschland tracht. Vielmehr hat der Bundesminister des Innern in der Welt mit 112 Ministern auch dann nicht ge- unmittelbar nach den Volksentscheiden vom 19. Ja- fährdet wäre, wenn diese Zahl durch eine entspre- nuar 1975 in Oldenburg und Schaumburg-Lippe dem - chende Sparmaßnahme um etwa 25 Minister redu- Innenausschuß des Deutschen Bundestages erklärt, ziert würde, und sie selbst dann noch auf dem ersten daß er das Gespräch mit allen verantwortlichen Platz läge, da der zweite Platz von der Sowjetunion politischen Kräften suchen werde, um zu klären, ob eingenommen wird, die nur 86 Minister hat. und welche Aussichten für eine gemeinsame Lösung des Gesamtproblems der Neugliederung bestünden. Diese Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Kollege, ich bin bei der Zulassung von Zusatzfragen, In aller Kürze dürfte sich jedoch herausstellen, wie Sie wissen, immer großzügig. Aber Sie werden ob Aussicht für eine Grundgesetzänderung besteht, mir einräumen, daß der unmittelbare Sachzusammen- die den politischen Gegebenheiten noch besser ent hang mit den von Ihnen eingereichten Fragen nicht Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12929 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen hergestellt werden kann. Ich gebe Ihnen die Mög- ein Ergebnis in dieser Hinsicht nicht in Rechtskraft lichkeit, eine weitere Zusatzfrage zu stellen. erwächst, bevor die Folgerungen aus den Volksab- stimmungen in Schaumburg-Lippe und Oldenburg gezogen sind, ist schon dadurch sichergestellt, daß Kern (SPD) : Herr Staatssekretär, sehen Sie wie ich die Möglichkeit, durch eine Neugliederung des der Gesetzentwurf, der die Konsequenzen aus diesen Bundesgebietes die föderative Struktur der Bundes- Abstimmungen zieht, dem Bundesrat bereits zuge- republik zu verbessern, und damit die Chance, viele leitet worden ist und in Kürze dann wohl auch in derzeit schwierige Fragen besser und mit weniger diesem Hause zur Behandlung anstehen wird. Reibungsverlusten lösen zu können? Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- satzfrage hat der Herr Abgeordnete Jäger (Wan- Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- gen). minister des Innern: Es gibt durchaus Vorstellungen, die auch der Bundesregierung bekannt sind und von ihr zum Teil positiv aufgenommen werden, wie die- Jäger (Wangen) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, ses Ziel zu erreichen ist. Bisher gibt es aber leider würde die Bundesregierung nicht gut daran tun, keinen Konsens darüber, diesen Vorstellungen zu dem hier von Ihnen vorgetragenen Eingeständnis, folgen, der ausreichen würde, auch tatsächlich einen daß sie derzeit nicht in der Lage ist, ein Gesamtkon- Erfolg dieser Art zu erzielen. zept vorzulegen, auch die Konsequenz folgen zu las- sen, von der Inanspruchnahme des Art. 29 über- haupt abzusehen, weil die Bürger mit der heutigen - Herr Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: Einteilung der Bundesrepublik Deutschland in Bun- Kollege, ich gebe Ihnen eine weitere Zusatzfrage, da desländer weit überwiegend doch ganz offensicht- ich eine nicht zugelassen habe. lich zufrieden sind und Sie deswegen die breite Zustimmung nicht erhalten, die Sie haben wollen? Kern (SPD) : Herr Staatssekretär, da Sie meine in der schriftlichen Frage Nr. 15 gestellte Frage bezüg- lich des Termins nicht beantwortet haben, darf ich Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister des Innern: Sie haben zutreffend die Pro- Sie noch einmal fragen, ob die Bundesregierung die bleme angesprochen, die sich einer wörtlichen Be- Möglichkeit sieht, im Rahmen des nach Art. 29 ge- folgung des Verfassungsauftrags des Art. 29 heute setzten Termins diesem Hause eine Vorlage zuzu- entgegenstellen. Ich habe Ihnen soeben schon dar- leiten. legen können, daß die Bundesregierung aus dieser Situation durchaus Konsequenzen zieht, indem sie Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- sich bemüht, eine Übereinstimmung zumindest über minister des Innern: Ich darf Sie darauf aufmerksam eine angemessenere und dem Ziel gerechter wer- machen, Herr Kollege, daß die in Art. 29 gesetzte dende Fassung des Art. 29 zu finden. Frist durchaus eingehalten wird. Nach den Volksab- stimmungen in Schaumburg-Lippe und Oldenburg ist - Herr dem Bundesrat vor einigen Tagen ein Gesetzentwurf Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: Kollege Arndt, Sie haben noch eine Zusatzfrage. zugeleitet worden, der die Konsequenz aus diesen Abstimmungen zieht. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Herr Staatssekretär, Im übrigen habe ich darauf hingewiesen, daß sich ist der Bundesregierung bekannt, daß sich in der in aller Kürze herausstellen wird, ob es möglich sein Enquete-Kommission für Fragen der Verfassungs- wird, zu einer Grundgesetzänderung zu kommen reform, die dieses Haus eingesetzt hat und der außer die den von mir geschilderten Schwierigkeiten und einem Drittel Mitglieder dieses Hauses auch ein der Möglichkeit, zu einer Lösung zu kommen, besser Drittel Vertreter der Bundesländer angehören, im- gerecht wird als die gegenwärtige Fassung des mer mehr die Tendenz verstärkt, dem Bundestag Art. 29. und dem Bundesrat die Streichung des Art. 29 zu empfehlen, zumal da eine Neugliederung des Bun- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- desgebiets auch ohne einen Art. 29 fürderhin mög- satzfrage hat der Herr Abgeordnete Ey. lich bliebe?

Ey (CDU/CSU) : Hält es die Bundesregierung, Herr Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Staatssekretär, nicht für geboten, auf jeden Fall zu- minister des Innern: Die Bundesregierung verfolgt nächst so lange abzuwarten, bis die verfassungsge- die Beratungen und Arbeiten der Enquete-Kommis- mäße Volksbegehrens-Frage in Schaumburg-Lippe sion Verfassungsreform mit Interesse und Sorgfalt. und Oldenburg auch nach dem Gesetz endgültig ab- Ihr ist somit bekannt, wie dort der Stand der Bera- gewickelt ist? tungen auch in dieser Frage ist. Die Bundesregie- rung selbst — das habe ich soeben schon deutlich Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär beim Bundes- gemacht — zieht allerdings zur Zeit nicht in Be- minister des Innern: Herr Kollege, die Überlegungen tracht, den Art. 29 des Grundgesetzes zu streichen. und die Vorbereitung einer eventuellen Änderung Sie würde einer Änderung den Vorzug geben. des Art. 29 des Grundgesetzes bedürfen vielfältiger und langwieriger Gespräche, wie schon die Erfah- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Manche rung in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Daß Probleme, meine Damen und Herren, sterben nicht, 12930 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen sie dämmern nur dahin. — Damit ist der Ge- einem Anteil von 12,5 % an den Gesamtbezügen schäftsbereich des Bundesministers des Innern ab- von Textilien und Bekleidung. geschlossen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Die Bundesregierung hat in zwei Fällen — bei Handstrickgarn und Damenfeinstrumpfhosen — be- Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesmini- reits zum Schutze unseres Marktes mengenmäßige sters der Finanzen auf. Herr Parlamentarischer Beschränkungen eingeführt. Für die beiden anderen Staatssekretär Haehser steht zur Beantwortung der Textilpositionen, nämlich Herrensocken und Her- Fragen zur Verfügung. renanzüge, bei denen das Prüfungsverfahren erst Die Fragen 16 und 17 des Herrn Abgeordneten vor kurzem abgeschlossen wurde, werden derzeit Dr. Schwörer werden schriftlich beantwortet. Die entsprechende Maßnahmen überlegt. Antworten werden als Anlage abgedruckt.

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- Die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Höcherl ist frage! gemäß Ziffer 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Frage- stunde unzulässig. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Herr Staatssekre- Die Fragen der Abgeordneten Dr. Weber (Köln) tär, haben sich aus diesen Dumpingimporten Nach- und Löffler (Berlin) sind von den Fragestellern zu- teile oder Schädigungen für unsere Arbeitsplätze rückgezogen. insbesondere in diesen betroffenen Branchen erge- ben? Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen erledigt. Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- für Wirtschaft: In allen Fällen, in denen Schäden bereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Be- festgestellt worden sind, sind diese Schadensfolgen antwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer auch im Blick auf Arbeitsplätze festgestellt worden, Staatssekretär Grüner zur Verfügung. Die Frage 22 allerdings ohne daß hier konkret etwa von einem wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beant- Verlust von Arbeitsplätzen ausgegangen werden wortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. mußte. Allein die drohende Schädigung reicht ja für die entsprechenden Maßnahmen aus. Die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Jobst wird auf Wunsch des Fragestellers ebenfalls schriftlich Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abge- frage, Herr Abgeordneter! druckt.

Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Herr Staatssekre- Dr. Kunz (Weiden) auf: tär, kann die Bundesregierung ausschließen, daß diese Dumpingimporte von der DDR absichtlich oder Welchen Umfang haben die Lieferungen Ost-Berlins zu Dum- pingpreisen in das Bundesgebiet einschließlich des Landes zumindest ohne Rücksicht auf Schwierigkeiten in Berlin aufgeschlüsselt nach Produkten, Preisen und Jahren seit Bestehen des Interzonenhandels? den betroffenen Branchen vorgenommen werden; wenn ja, was gedenkt sie dagegen zu unternehmen? Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner!

Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich habe die Instrumentenmöglichkei- für Wirtschaft: Herr Kollege, seit 1960 wurden in ten schon dargestellt. Es ist ganz generell zu sagen, 102 Fällen in Preisprüfungsverfahren Klagen aus daß wir bei den Einfuhren der DDR feststellen kön- der Wirtschaft über Schädigung durch zu niedrige nen, daß sich diese Einfuhren in der Regel — wie es Preise der DDR-Bezüge überprüft. Für die Zeit vor auch die vertraglichen Verpflichtungen des Berliner 1960 waren in der kurzen Zeit Unterlagen nicht zu Abkommens vorsehen — an unseren Marktpreisen beschaffen. Damals dürfte die Gefahr von Preis- orientieren. Die DDR hat aus ihrer eigenen wirt- unterbietungen nicht geringer als in den letzten schaftlichen Situation heraus ein Interesse daran, 15 Jahren gewesen sein. In den 102 Preisprüfungs- auf unserem Markt ein möglichst hohes Ergebnis verfahren konnten in 93 Fällen Schädigungen nicht für sich zu erzielen, was auf der Hand liegt, so daß nachgewiesen werden. Lediglich in den folgenden derartige Dumpingvorgänge von uns zwar sehr ernst neun Fällen zeigten sich Marktstörungen: 1961 bei genommen werden, aber nicht etwa das gesamte Zubehörteilen für Kachelöfen, 1964 bei Wellpappen Bild unserer Handelsbeziehungen mit der DDR be- papier, 1968 bei Arbeitsstiefeln, 1971 bei Metallblas-- stimmen. instrumenten mit Zylinderventilen, 1975 bei Hand- strickgarnen, Damenfeinstrumpfhosen, Herrensok- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- ken aus synthetischem und aus sonstigem Material satzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle. und bei Herrenanzügen.

Die Bezüge der sensiblen Textilpositionen stiegen Kiechle (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, könnten von 36,7 Millionen Verrechnungseinheiten 1973 auf Sie mir freundlicherweise — falls Ihnen das nicht 66,1 Millionen Verrechnungseinheiten 1974. Im er- direkt möglich ist — schriftlich mitteilen, in welcher sten Halbjahr 1975 wurden für 37,7 Verrechnungs- Größenordnung Beschränkungen durch Kontingente einheiten sensible Waren bezogen. Das entspricht insbesondere auf dem Textilsektor gegenüber der Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12931 Kiechle DDR durchgeführt wurden, ausgedrückt in DM-Um- wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als satz, und zu welchen Einfuhrrückgängen diese Maß- Anlage abgedruckt. nahme geführt hat? Herr Abgeordneter Dr. Jens, Sie haben das ret- tende Ufer erreicht. Ich rufe Ihre erste Frage — Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Frage 26 — auf: für Wirtschaft: Das werde ich Ihnen gern schrift- Wie beurteilt die Bundesregierung die Praxis großer oder lich beantworten, weil ich exakte Zahlen hier nicht multinationaler Unternehmen, mit z. T. erheblichen öffentlichen Geldern Betriebe zu errichten -- und damit Arbeitsplätze zu zur Verfügung habe. Ich möchte nur hinzufügen, daß schaffen —, wenn diese Betriebe, wie es nachweislich im Kreis aus dieser Diskussion nicht der Eindruck entstehen Wesel vorgekommen ist, in vier bis fünf Jahren wieder still- darf, daß hier etwa eine Einbahnstraße vorliegt. Sie gelegt werden? wissen ja, in welch starkem Maße wir in die DDR exportieren und wie entscheidend gerade in der jet- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister zigen wirtschaftlichen Situation diese Exporte auch für Wirtschaft: Unternehmensinvestitionen werden für die Arbeitsplätze in unserem Lande sind. in Erwartung künftiger Erträge vorgenommen. Diese Erwartungen sind, weil in die Zukunft gerichtet, naturgemäß unsicher. Investitionen sind deshalb für - Eine Zu- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: den Investor immer mit dem Risiko behaftet, daß sie satzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger. die erforderlichen Erträge nicht erreichen. Das gilt auch für Investitionen in strukturschwachen Regio- Jäger (Wangen) (CDU/CSU) : Herr Staatssekre- nen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden; tär, hat die Bundesregierung, da solche Dumping- denn durch die öffentlichen Investitionszuschüsse geschäfte der von Ihnen dargestellten Art und des kann und soll ja auch nur ein Teil des Investitions- von Ihnen dargestellten Umfangs in einem Staats risikos aufgefangen werden. handelsland wie der DDR nicht ohne Wissen und Billigung der dortigen Regierung geschehen, die Das Risiko von Fehlinvestitionen — und um sol- DDR-Regierung darauf hingewiesen, daß dies einen che handelt es sich aus der Sicht der Bundesregie- Verstoß — auch der Regierung — gegen die beste- rung, wenn mit öffentlichen Mitteln geförderte Be- henden Abmachungen zwischen den beiden Ländern triebe nach vier oder fünf Jahren wieder stillge- bedeutet und daß dieser Verstoß natürlich von der legt werden — kann dabei generell nicht ausge- Bundesrepublik Deutschland eines Tages nicht mehr schlossen werden. Um das Risiko für den öffent- hingenommen werden kann? lichen Geldgeber so gering wie möglich zu halten, werden deshalb alle Investitaonsprojekte, die vom Bund im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Ver- - Vockenhausen: Herr Vizepräsident Dr. Schmitt besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ge- Kollege, ich muß es dem Herrn Staatssekretär über- fördert werden, mit größtmöglicher Sorgfalt darauf- lassen, ob er darauf antworten will. Die Frage heißt: hin geprüft, ob sie zur Schaffung von langfristig ge- „Welchen Umfang haben ..." Ich sehe den unmittel- sicherten Arbeitsplätzen führen. Projekte großer baren Zusammenhang mit der von dem Herrn Abge- oder multinationaler Unternehmen werden dabei ordneten Kunz (Weiden) eingereichten Frage nicht genauso eingehend untersucht wie die kleiner und mehr. Wenn Sie aber die Frage beantworten wollen, mittlerer Unternehmen. Herr Staatssekretär, bitte. Entsprechend ist bei dem von Ihnen angespro- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister chenen Fall im Kreis Wesel verfahren worden, für Wirtschaft: Gerne, ja! Es ist ganz selbstverständ- wenngleich der Kreis Wesel nicht zu den Förder- lich, daß wir in jedem Fall von Dumpingpreisen oder gebieten der Gemeinschaftsaufgabe gehört und das des Verdachts auf Dumping mit den Behörden der Projekt deshalb nicht nach dem Investitionszulagen- DDR in Fühlung sind. Die jüngsten Vorgänge ma- gesetz oder mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe chen das ja sehr deutlich. Das gehört zu unseren gefördert worden ist. Verpflichtungen. Ich muß aber noch einmal betonen, daß das Interesse der Bundesrepublik an der Aus- Vizepräsident Dr. Schmitt -Vockenhausen: Zusatz- weitung des Handels mit der DDR von solchen Vor- frage, Herr Abgeordneter. gängen nicht in dem Sinne berührt wird, daß sie diese Ausweitung der Handelsbeziehungen etwa ge- Dr. Jens (SPD) : Herr Staatssekretär, sehen Sie nerell stören würden. denn darin nicht gewissermaßen ein Ärgernis, das Mit um so größerem Nachdruck wird sich die Bun- die Bevölkerung natürlich beunruhigt, daß hier öf- desregierung — wie in der Vergangenheit — auch fentliche Mittel für das Versprechen gegeben wer- in Zukunft solcher Dumpingvorgänge annehmen- und den, langfristig Arbeitsplätze zu schaffen, daß diese auf die vertraglichen Verpflichtungen der DDR hin- Arbeitsplätze dann aber nach vier Jahren einfach weisen. Wir haben Anlaß zu der Annahme, daß das wieder abgeschafft werden? in jedem Fall auch zu entsprechenden Maßnahmen von der DDR-Seite, die in unserem Sinne liegen, ge- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister führt hat. für Wirtschaft: Es ist ganz selbstverständlich, daß das Scheitern eines solchen Unternehmens ein Är-

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe gernis ist, eine wirtschaftliche Fehlinvestition in die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Christ auf. — diesem Fall nicht nur für den Unternehmer, sondern Ich sehe den Herrn Abgeordneten nicht. Die Frage auch für die öffentliche Hand. Auf der anderen Seite 12932 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Parl. Staatssekretär Grüner muß man bei der globalen Betrachtung unseres För Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister derinstrumentariums sehen, daß die Zahl der ge- für Wirtschaft: Ich kann in diesem konkreten Falle, scheiterten Unternehmen, die durch unsere regio- auf Wesel bezogen, diese Frage nicht beantworten, nale Strukturpolitik staatlich gefördert worden sind, weil ich die Ursachen für die Betriebsstillegung dort minimal ist. Sie erreicht im Durchschnitt nur 1 % der nicht kenne. Aber es ist ganz selbstverständlich, Mittel, die wir im Rahmen der Bund-Länder-Förde- daß in einer so ungewöhnlich schwierigen wirtschaft- rung in diesem Bereich ausgeben. lichen Phase wie der gegenwärtigen, wo sehr viele Unternehmenszusammenbrüche die Szene kenn- zeichnen, eine Entwicklung auch in den Förderge- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- ben noch eine Zusatzfrage. bieten eintritt, die von den Erfahrungen der frühe- ren Jahre abweicht. Hier ist der Zusammenhang mit der Förderung durch die öffentliche Hand nicht gleich Dr. Jens (SPD) : Herr Staatssekretär, der Fall in zu bewerten wie etwa bei Zusammenbrüchen in der Wesel ist Ihnen bekannt, wie ich gehört habe. Kön- Vergangenheit, weil die augenblickliche wirtschaft- nen Sie mir sagen, wie viele ähnlich gelagerte Fälle liche Entwicklung hier eine sehr einschneidende es sonst in der Bundesrepublik gibt? Änderung der Möglichkeiten der Unternehmen, sich über Wasser zu halten, gebracht hat. Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich müßte dazu Rückfrage im eige- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- nen Hause halten und mir in Zusammenarbeit mit frage, Herr Kollege. den Ländern eine entsprechende Unterlage beschaf- fen. Das ist selbstverständlich möglich. Ich werde Dr. Jens (SPD) : Herr Staatssekretär, plädieren Sie das gern tun und Ihnen eine Unterlage zuleiten. dafür, diese Frist entsprechend den konjunkturellen Situationen zu variieren?

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe Ihre nächste Frage — Frage 27 — auf, Herr Abge- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister ordneter: für Wirtschaft: Man kann darüber nachdenken. Ich Ist die Bundesregierung in Zukunft bereit, öffentliche Gelder plädiere im Grunde genommen nicht dafür, aus kon- zur Schaffung von Arbeitsplätzen nur noch dann zu gewähren, junkturellen Schwankungen so weittragende Folge- wenn die Arbeitsplätze langfristig erhalten bleiben oder wenn bei kurzfristiger Stillegung von Arbeitsplätzen die Unternehmen rungen wie Gesetzesänderungen im Rahmen des In- verpflichtet werden, die öffentlichen Gelder ganz oder teilweise zurückzuzahlen? vestitionszulagengesetzes zu ziehen. Selbstverständ- lich sind wir zur Diskussion dieser Frage bereit. Ich Herr Staatssekretär! habe schon darauf hingewiesen, daß jede Frist, die Sie wählen, letztlich eine Ermessensentscheidung Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister darstellt und deshalb natürlich auch immer zur Dis- für Wirtschaft: Nach den bisher bestehenden Rege- kussion gestellt werden muß. Am Grundproblem, lungen können die aus Mitteln der Gemeinschafts- daß jede öffentliche Förderung mit der Gefahr des aufgabe gewährten Investitionszuschüsse noch drei Scheiterns verbunden ist, ändert sich nichts. Ein Jahre nach deren Auszahlung zurückverlangt wer- solches Scheitern ist auch nach sechs Jahren ein den, wenn die Mittel nicht zweckentsprechend ver- äußerst schmerzlicher Vorgang und das Gegenteil wendet wurden. Investitionszulagen nach dem In- von dem, was mit der Förderung erreicht werden vestitionszulagengesetz können vom Investor zu- sollte. rückgefordert werden, wenn die Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung mit diesen Mitteln gefördert Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- wurde, weniger als drei Jahre in dessen Betriebs- satzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle. stätte verbleiben. Die genannte Dreijahresfrist, die für beide Gesetze gilt, hat sich als ausreichend er- Kiechle (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, teilen wiesen. Eine Änderung dieser Regel ist deshalb Sie meine Auffassung, daß .die staatliche Förderung nicht beabsichtigt, obwohl ich selbstverständlich hin- für Investitionen in diesen Fällen, in denen sie bis- zufüge, daß die Frage der Bemessung eines solchen her praktiziert wurde, auch dazu geführt hat, in Pro- Zeitraums immer Gegenstand einer Ermessensent- blemgebieten die industrielle und gewerbliche scheidung ist. Aber nach unseren Erfahrungen haben Struktur zu verbessern und insofern jede Investition wir im Hinblick auf die relativ geringen Ausfälle mit einem erhöhten Risiko behaftet war und daß, die Meinung, daß sich diese Dreijahresfrist bewährt wenn man eine zu lange Frist wählte, vermutlich hat. - viele Unternehmer das Risiko scheuen würden, das insgesamt in den Problemgebieten liegt? Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Eine Zu- satzfrage. Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Sie stellen völlig richtig die Moti- Dr. Jens (SPD) : Herr Staatssekretär, das von mir vation unserer Förderungspolitik dar. Ob eine Aus- angesprochene Beispiel — vier Jahre — zeigt doch dehnung der Frist die Unternehmer abschrecken allerdings, daß diese Frist vielleicht überdacht und würde, möchte ich doch bezweifeln, weil jeder Un- überarbeitet werden müßte. Sind Sie nicht mit mir ternehmer, der investiert, das Ziel hat, diese Inve- dieser Ansicht? stition zum Ertrag zu führen. Angesichts seiner ho- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12933 Parl. Staatssekretär Grüner hen Eigenbeteiligung ist das so selbstverständlich, werden kann oder eine Regelung durch die Bundes- daß er bei der Investition sicher nicht mit der Still- regierung getroffen werden muß, legung rechnet. viertens Erlaß einer eigenen Regelung durch die Bundesregierung mit der Folge, daß das DIN eine Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Eine dieser Regelung widersprechende Norm anpassen letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey. oder zurückziehen muß oder nicht herausgeben darf. Ey (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Äußerungen entnehmen, daß Sie die Hauptursache Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Zusatz- der Stillegungen, von denen Kollege Jens spricht, frage. in mangelhafter Gewinnerzielung in den Betrieben sehen, die in ihrer Ursache zum Teil nicht von den Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) : Herr Staatssekre- jeweiligen Betriebsführern zu vertreten war? tär, hält es die Bundesregierung in diesem öffent- lichen Interesse für angebracht, in die Normung Festlegungen hinsichtlich der Mindestqualität von Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Ursachen für Zusammenbrüche Produkten aufzunehmen? sind höchst unterschiedlicher Natur. Sie wissen, daß darüber im einzelnen keine Statistik geführt wird, Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister die mich hier zu einer Aussage darüber berechtigen für Wirtschaft: Das hält die Bundesregierung nicht würde, was im einzelnen tatsächlich die Ursachen für angebracht. Sie wird aber — auch durch den für den Zusammenbruch sind. Wir alle wissen, daß Verbraucherrat, der ja bei DIN neu geschaffen wor- die Qualität des Managements in diesem Zusam- den ist — gerade der Frage der Verbesserung der menhang eine ganz entscheidende Rolle spielt. Ich Qualität besondere Aufmerksamkeit zuwenden. möchte hinzufügen, daß wir gerade in den Förder- Eine generelle Festlegung von Qualitätsnormen ist gebieten, ich möchte fast sagen: zu unserer Über- der Bundesregierung nicht möglich. Das wäre an- raschung eine unterdurchschnittliche Fehlschlags gesichts der Kompliziertheit der Materie und der rate der Unternehmen festgestellt haben, was im darin involvierten wirtschaftli chen Fragen auch Grunde genommen angesichts des Risikos, das auch technisch gar nicht möglich. in Fördergebieten liegt, eine sehr erfreuliche Ent- wicklung darstellt. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Sie ha- ben noch eine Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Reuschen- Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) : Herr Staatssekre- bach auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal, so tär, wel che Entwicklung hat dazu geführt, daß die daß diese Frage und die Frage 29 schriftlich beant- Bundesregierung diesen Vertrag mit dem DIN ab- wortet werden. Die Antworten werden als Anlagen geschlossen und nicht mit dem RAL bzw. dem Ver- abgedruckt. braucherausschuß im RAL weitergearbeitet hat, der ja ähnliche Absichten hatte? Die Frage 30 ist von der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny eingereicht: Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Welche konkreten Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregie rung durchzuführen, um sicherzustellen, daß das von ihr ge für Wirtschaft: Wir haben mit diesem Vertrag ent- förderte DIN Deutsches Institut für Normung e. V. bei der scheidenden Wert darauf gelegt, die Verbraucher- Normung das öffentliche Interesse angemessen berücksichtigt? interessen im Rahmen des DIN sowie die Stellung Herr Staatssekretär! der Bundesregierung und ihre Möglichkeiten zu stärken, um sicherzustellen, daß die Verbraucher- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister interessen in diesem Zusammenhang eine ausrei- für Wirtschaft: Die konkreten Maßnahmen, die die chende Berücksichtigung finden. Bundesregierung durchführen kann, um sicherzu- stellen, daß das DIN Deutsches Institut für Normung Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Ich rufe bei der Normung das öffentliche Interesse berück- jetzt Ihre Frage 31 auf, Frau Abgeordnete Dr. Rie- sichtigt, ergeben sich aus § 4 des zwischen der del-Martiny: Bundesrepublik Deuts chland und ,dem DIN am Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit des Ver- 5. Juni 1975 abgeschlossenen Vertrags. Hiernach braucherrats (fünf Mitglieder und siebenköpfige Geschäftsstelle), - die Normungsarbeit des DIN Deutsches Institut für Normung ist folgendes Verfahren festgelegt: e. V. (559 Angestellte, 40 000 Mitarbeiter, 15 000 Normen und Normenentwürfe) im Interesse der Verbraucher zu beeinflussen? erstens Antragsrecht der Bundesregierung auf Bitte, Herr Staatssekretär! Durchführung einer bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Normungsarbeit beim DIN, Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister zweitens Festlegung einer Frist durch die Bundes- für Wirtschaft: Das DIN Deutsches Institut für Nor- regierung nach Abstimmung mit dem DIN, inner- mung hat Mitte 1974 auf Anregung der Bundes- halb deren die Normungsarbeit abzuschließen ist, regierung einen Verbraucherrat als Präsidialaus- drittens bei Nichteinhaltung dieser Frist Prüfung schuß errichtet. Der Verbraucherrat soll die Inter- der Frage, ob einer Fristverlängerung zugestimmt essen der Verbraucher bei der Normung wahrneh- 12934 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Parl. Staatssekretär Grüner men. Das DIN erhält für die Geschäftsstelle des Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) : Wird sich die Bun- Verbraucherrats eine Zuwendung aus dem Haus- desregierung dafür einsetzen, daß im Bereich der halt des Bundesministers für Wirtschaft. Die Bun- internationalen Normung eine ähnliche Institution desregierung sieht in der Errichtung des Verbrau- wie der Verbraucherrat eingerichtet wird? cherrats beim DIN eine Möglichkeit, sicherzustel- len, daß bei der Normung Verbrauchergesichts- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister punkte angemessen berücksichtigt werden. Der Ver- für Wirtschaft: Das liegt im Interesse der Politik braucherrat hat bereits in einer Reihe von für den der Bundesregierung. Ich übersehe allerdings im Verbraucher wichtigen Fragen innerhalb des DIN Augenblick nicht, welche Chancen der Verwirk- Initiativen ergriffen. Naturgemäß ist es angesichts lichung gegeben sind. Wir möchten gern mit der der kurzen Amtszeit des Verbraucherrats aber noch jetzt von uns ergriffenen Initiative unsere Erfah- zu früh, schon jetzt seine Wirkungsmöglichkeiten rungen sammeln. Wir sind jedenfalls auch im inter- abschließend zu beurteilen. nationalen Bereich sehr stark daran interessiert, Diese zusammengefaßte Wahrnehmung der Ver- daß Verbraucherinteressen und deren Gesichts- braucherinteressen bei der Normung ist nach Auf- punkte in der Normungsarbeit ihren Niederschlag fassung der Bundesregierung eine notwendige und finden. wirksame Ergänzung der Mitarbeit von Verbrau- chervertretern in einzelnen Ausschüssen. Insofern Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr gibt die zahlenmäßige Gegenüberstellung der Mit- Kollege Kiechle zu einer Zusatzfrage. arbeiter des Verbraucherrates mit denen der DIN- Geschäftsstelle und der Normenausschüsse kein Bild (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wie hoch von den tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten des Kiechle sind die von Ihnen zitierten Aufwendungen bzw. Verbraucherrates. Kosten für den Verbraucherrat?

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Zusatz- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister frage. für Wirtschaft: Im Haushaltsjahr 1975 werden sich diese Kosten für den Verbraucherrat auf 450 000 DM (SPD) : Um gleich ein heik- belaufen. Das entspricht einem Anteil von nahezu Frau Dr. Riedel-Martiny der Normenförderungsmittel aus dem Haushalt les Gebiet aufzugreifen, Herr Staatssekretär: Wenn 25% des Bundeswirtschaftsministers. Der Großteil der beispielsweise die Anregungen des Verbraucher- Normungsarbeit wird ja von den beteiligten Wirt- rates auf Normung hinsichtlich der Korrosionsbe- schaftskreisen selber finanziert. ständigkeit von Kraftfahrzeugauspufftöpfen nicht zum Erfolg führen, würde die Bundesregierung ihre Möglichkeit im Rahmen des § 4 des Vertrages nut- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Die zen und hier einen eigenen Antrag stellen? Frage 32 des Abgeordneten Egert wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist; ich höre, daß er einen Trauerfall hat. Die Antwort Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Frau wird als Anlage abgedruckt. Kollegin, Sie haben auch ein heikles Unterfangen begonnen, indem Sie die Zusatzfrage so gestellt Auch die Fragen 33 und 34 der Abgeordneten Frau haben, daß sie nicht in unmittelbarem Sachzusam- Däubler-Gmelin werden schriftlich beantwortet, da menhang mit der eingereichten Frage steht. Aber die Fragestellerin nicht im Saal ist. Die Antworten möglicherweise hat der Herr Staatssekretär von werden als Anlagen abgedruckt. seinen Herren auch darüber schon eine Information Der Abgeordnete Dr. Böhme (Freiburg) ist eben- oder hat eigene Kenntnis von diesem Problem. Herr falls nicht im Saal, so daß auch seine Frage 35 Staatssekretär, sonst lasse ich die Frage nicht zu. schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Der Abgeordnete Batz ist zwar im Saal, aber er für Wirtschaft: Da ich als Autofahrer an Auspuff- hat gebeten, daß seine Fragen 36 und 37 schriftlich töpfen interessiert bin, kann ich darauf eine Ant- beantwortet werden. Herr Staatssekretär, wenn Sie wort geben. — Frau Kollegin, das hängt selbstver- die Antworten noch nicht zurückgeschickt haben, ständlich davon ab, mit welcher Begründung etwa können Sie sie, da der Fragesteller im Saal ist, jetzt ein solcher Vorstoß des Verbraucherrats, der ja geben. Das entspräche dem Sinn der Anwesenheit noch in der Arbeit ist, von einem entsprechenden des Fragestellers. Ausschuß des DIN nicht aufgegriffen werden sollte. Die Bundesregierung müßte also die Gründe ken- Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister nen. Wenn sie nicht überzeugend wären, dann wäre für Wirtschaft: Ich bin dazu leider nicht in der Lage, das für die Bundesregierung sicher ein Anlaß, von Herr Präsident. Die Antworten zu diesen Fragen ihren Möglichkeiten Gebrauch zu machen. sind mir im Hinblick auf den Wunsch nach schrift- licher Beantwortung nicht zugegangen. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Nun sehe ich mit Spannung der nächsten Zusatzfrage Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr entgegen. Bitte! Kollege, ich bedaure. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12935

Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Bezug, die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundes- die sich auf die von der sozialpolitischen Gesprächs- ministers für Wirtschaft erledigt. runde eingesetzten Arbeitsgruppen bezog. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- Zu der zweiten Frage möchte ich folgendes be- bereich des Bundesministers für Ernährung, Land- merken. Es trifft nicht zu, daß es Referentenentwürfe wirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung der Fra- zur Abschaffung der leistungsbezogenen Rentendy- gen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär namik gibt. Ihre weitere Frage nach der Beurteilung Logemann zur Verfügung. der Kritik an solchen Plänen ist damit gegenstands- Herr Kollege Kiechle, Ihre Fragen 38 und 39 sind los. gemäß Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Frage- stunde unzulässig. Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- frage. Die Fragen 40 und 41 des Abgeordneten von Alten-Nordheim werden schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antworten Ziegler (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, können werden als Anlagen abgedruckt. Sie sich erklären, wie dann derartige Überlegungen von so großen Organisationen, wie es die Lebens- Auch der Abgeordnete Eigen ist nicht im Saal, so abendbewegung ist, überhaupt aufgegriffen und in daß seine Fragen 42 und 43 schriftlich beantwortet der Öffentlichkeit erörtert werden können? werden. Die Antworten werden als Anlagen abge- druckt. Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für Ihre An- ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, es wesenheit. Damit sind die Fragen aus Ihrem Ge- gibt sicherlich einige Anhaltspunkte, hier Überle- schäftsbereich erledigt. gungen anzustellen. Sie wissen, daß wir die Renten- schere seit einigen Jahren diskutieren. Hier darf ich Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- wohl auch deutlich sagen, daß die Leistungen in der bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozial- Rentenversicherung nicht nur durch Beiträge, son- ordnung. Zur Beantwortung steht der Herr Parla- dern darüber hinaus auch aus allgemeinen Steuer- mentarische Staatssekretär Buschfort zur Verfügung. mitteln aufgebracht werden. Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Ziegler auf: Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- Bedeutet die Versicherung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, die Bundesregierung werde „keinerlei so- frage. ziale Leistungen" abbauen, daß die Pläne zur Beseitigung der leistungsbezogenen dynamischen Rente mittels unterschiedlicher Anpassungssätze endgültig aufgegeben sind, oder zählt die jähr- liche lineare Rentenanpassung zu dem „vereinzelten Wildwuchs", Ziegler (CDU/CSU) : Wie mir bekannt ist, sind bei der beschnitten werden müßte? der Bundesregierung zur Zeit Überlegungen oder Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort. Prüfungen im Gange, die sich mit der langfristigen Entwicklung der Rentenversicherungen beschäftigen. Darf ich, falls sich daraus finanzielle Konsequenzen Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Buschfort, ergeben, unterstellen, daß nach dem, wie Sie die ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Frage beantwortet haben, keine Absicht besteht, Ziegler, wenn Sie gestatten, würde ich Ihre Fragen vom Prinzip der leistungsbezogenen dynamischen 44 und 45 im Zusammenhang beantworten. Rente abzugehen?

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Der Fragesteller ist einverstanden. Daher rufe ich auch Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- die Frage 45 des Abgeordneten Ziegler auf: ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Trifft die Mitteilung der Lebensabend-Bewegung zu, daß es Ziegler, ich kann Ihnen versichern, daß nicht beab- bereits fertige Referentenentwürfe für die Abschaffung der sichtigt ist, vom Prinzip der leistungsbezogenen leistungsbezogenen Rentendynamik gibt, und wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik dieser größten selbständigen Alten- Rentenversicherung abzuweichen. organisation an derartigen Plänen?

Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Keine ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, die weiteren Zusatzfragen. Bundesregierung hat zu keinem Zeitpunkt Pläne zu Dann rufe ich die Fragen des Herrn Abgeordneten einem Abgehen von der bruttolohnbezogenen dyna- Pohlmann auf. — Der Herr Abgeordnete ist offen- mischen Rente gehabt und brauchte daher diesbe- sichtlich nicht im Saal. Die beiden von ihm einge- zügliche Pläne auch nicht aufzugeben. reichten Fragen 46 und 47 werden daher schriftlich Soweit Sie mit Ihrer Frage das Problem der so- beantwortet. Die Antworten werden als Anlage ab- genannten Rentenschere ansprechen wollten, ist zu gedruckt. bemerken, daß es zur Zeit Gegenstand von Erörte- rungen in einer Arbeitsgruppe der sozialpolitischen Ich rufe die nächste Frage, die Frage 48 des Herrn Gesprächsrunde ist, deren Ergebnis abgewartet wer- Abgeordneten Roser auf. — Er ist nicht im Saal. den sollte. Insoweit nehme ich auch auf die Antwort Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Die der Bundesregierung vom 20. August 1975 zu der Antwort wird als Anlage abgedruckt. 12936 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Ich rufe die Frage 49 des Herrn Abgeordneten bisherige Entlohnung und — jedenfalls teilweise Dr. Arndt (Hamburg) auf: die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Letztlich hängt Trifft es zu, daß die Bundesanstalt für Arbeit den Arbeits- die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig oder ämtern unter Berufung auf das Urteil L 1 Ar 22/67 des Landes- erwerbsunfähig ist, von einer Bewertung aller Um- arbeitsgerichts Schleswig-Holstein empfohlen hat, transsexuelle Personen grundsätzlich von der Arbeitsvermittlung auszuschlie- stände des Einzelfalles ab. Bei dieser Gesamtwürdi- ßen (vgl. „Spiegel" vom 21. Juli 1975)? gung kann schon nach geltendem Recht das Alter eines Versicherten von Bedeutung sein, insbeson- Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- dere bei der Beurteilung seiner Mobilität. ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Im Bundesministerium für Arbeit und Sozialord- Arndt, es gibt keine Weisung der Bundesanstalt für Arbeit, Transvestiten nicht zu vermitteln oder ihnen nung wird im Hinblick auf die Schwierigkeiten, wegen mangelnder Verfügbarkeit Arbeitslosengeld welche die derzeitigen Regelungen über die Berufs- unfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit in der Praxis nicht zu gewähren. vielfach verursachen, geprüft, ob die entsprechen- den Vorschriften geändert werden sollen. In diese Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Haben Prüfung ist auch die Frage einbezogen, in welcher Sie Zusatzfragen, Herr Kollege? — Bitte! Weise bei einer etwaigen Neuregelung dem Alter des Versicherten bei Gewährung einer vorzeitigen Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Herr Staatssekretär, Rente Rechnung zu tragen ist. Wegen der Kom- wie erklärt sich dann der Bericht im „Spiegel", den plexität des hier angesprochenen Problems wird ich in der Frage zitiert habe? die Prüfung allerdings längere Zeit in Anspruch nehmen. Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Keine Arndt, dieser Bericht ist offenbar auf eine falsche Zusatzfragen, Frau Kollegin? — Danke schön. Interpretation des erwähnten Urteils zurückzufüh ren. Für dieses Urteil stand durchaus nicht die ge- Dann rufe ich die Frage 51 des Herrn Kollegen schlechtliche Veranlagung des Klägers im Vorder- Dr. Enders auf: grund, sondern vielmehr die Art, wie er sich im Können die Nachteile ausgeglichen werden, die den Unfall- rentnern entstanden sind, die sich nach dem bis zum 30. Juni Betrieb verhalten hat. 1963 geltenden Recht auf Lebenszeit abfinden lassen mußten, während bei Abfindungen nach heutigem Recht die Unfallrente nach 10 Jahren wieder auflebt?

- Herr Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: Herr Staatssekretär! Kollege Arndt, Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Herr Staatssekretär, Buschfort, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß auch in ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege der Arbeitsverwaltung stets die besondere Fürsorge Enders, Ihre Frage betrifft die Abfindung von Un- geltend gemacht werden wird, die die Bundesregie- fallrenten zum Erwerb von Grundbesitz, zum Haus- bau oder zu ähnlichen Zwecken. Der Wert des mit rung in anderem Zusammenhang durch den Bundes- innenminister diesem Personenkreis gegenüber in diesem Abfindungskapital erworbenen Vermögens diesem Hause zum Ausdruck gebracht hat? hat sich im allgemeinen in den beiden letzten Jahr- zehnten nicht weniger günstig entwickelt als die Höhe der Renten selbst, so daß den abgefundenen

Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini Unfallrentnern aus der Abfindung durchaus wirt- ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege schaftliche Vorteile erwachsen können. Arndt, die Bundesanstalt ist gesetzlich verpflichtet, Nach heutigem Recht werden entsprechende Un- allen Arbeitnehmern, die dem Arbeitsmarkt zur fallrenten allerdings nur noch auf zehn Jahre ab- Verfügung stehen, zu helfen. gefunden; danach lebt die Rente wieder auf und nimmt an den weiteren Rentenanpassungen teil. Bis Vizepräsident Dr. Schmitt -Vockenhausen: Ich rufe Mitte 1963 wurden die Renten noch auf Lebenszeit die Frage 50 der Frau Abgeordneten Steinhauer auf: mit einem dazu berechneten Kapital abgefunden. Trifft es zu, daß nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung Bei der Neufassung der Abfindungsvorschriften der die Frage der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit allein nach der Erwerbsbeeinträchtigung ohne Rücksicht auf das Alter zu beur- gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1963 hat teilen ist, und beabsichtigt die Bundesregierung, diese gesetzliche Regelung dahin gehend zu ändern, daß künftig bei der Beur- der Gesetzgeber davon abgesehen, für die nach teilung der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit das Alter des altem Recht auf Lebenszeit abgefundenen Renten Versicherten mitzuberücksichtigen ist? - oder Rententeile ein Wiederaufleben nach neuem Recht zuzulassen. Es ist bekannt, daß viele davon Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Buschfort, betroffene Unfallrentner dies als Härte empfinden. ster für Arbeit und Sozialordnung: Frau Kollegin, Ein Wiederaufleben der nach altem Recht abgefun- für die Beurteilung der Frage, ob ein Versicherter denen Renten hätte jedoch erhebliche finanzielle berufsunfähig oder erwerbsunfähig im Sinne der Auswirkungen, so daß in absehbarer Zeit mit einer Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung Neuregelung nicht zu rechnen ist. ist, sind neben der gesundheitlichen Beeinträchti- gung eine Reihe von weiteren Kriterien von Be-

deutung. Zu nennen sind hier vor allem die Aus- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- bildung, der bisherige berufliche Werdegang, die satzfrage, bitte! Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12937

Dr. Enders (SPD) : Herr Staatssekretär, kann ich Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Keine aus Ihrem letzten Satz entnehmen, daß in nicht ab- weiteren Zusatzfragen. sehbarer Zeit mit einer Änderung zu rechnen ist? Ich rufe die Frage 53 der Frau Kollegin Grütz- mann auf: Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Ist der Bundesregierung bekannt, daß Arbeitsämter in einzel- ster für Arbeit und Sozialordnung: Von einer Auf- nen Bundesländern mit unterschiedlichen Methoden von ar- beitsuchenden oder Leistungen der Arbeitslosenversicherung be- rechterhaltung der derzeitigen Rechtslage dürfen Sie antragenden Frauen den Nachweis verlangen, daß die Betreuung aus finanziellen Erwägungen ausgehen. ihrer Kinder im Kleinkind- oder schulpflichtigen Alter sicher- gestellt ist, und davon die Vermittlung bzw. die Leistungen des Arbeitsamtes abhängig machen, und ist sie bereit, dem nach- zugehen und gegebenenfalls dafür zu sorgen, daß die den Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Artikel 3 Abs. 2 des Grund- die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders gesetzes) widersprechende Praxis abgestellt wird? auf: Kann das Gesetz über die Sozialversicherung von Behinderten Herr Staatssekretär! vom 7. Mai 1975 auch auf die in nicht anerkannten Werkstätten beschäftigten Behinderten angewendet werden? Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- ster für Arbeit und Sozialordnung: Frau Kollegin, ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt unter ande- das Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter rem voraus, daß der Arbeitslose der Arbeitsvermitt- in geschützten Einrichtungen erfaßt Behinderte, die lung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung in anerkannten Werkstätten beschäftigt sind. Be- steht nicht zur Verfügung, wer nur geringfügige Be- hinderte in nicht anerkannten Werkstätten fallen schäftigung ausüben kann oder darf, weil er tat- also nicht unter § 1 des Gesetzes. Diese Abgrenzung sächlich oder rechtlich gebunden ist. Geringfügige des Personenkreises ist vom Deutschen Bundestag Beschäftigung könnte z. B. nur ausüben, wer infolge einstimmig gebilligt worden. Es wäre gewiß wün- der Betreuung seiner Kinder nicht 20 Stunden wö- schenswert gewesen, alle unzureichend geschützten chentlich arbeiten kann. Wenn die persönlichen Um- Behinderten ohne Rücksicht auf einschränkende stände des Arbeitslosen das Vorliegen solcher Bin- Merkmale — wie hier das Kriterium der anerkann- dungen vermuten lassen, hat der Arbeitslose nach ten Werkstatt — in die Versicherungspflicht der § 142 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes glaub- Kranken- und Rentenversicherung einzubeziehen. haft zu machen, daß sie dennoch nicht bestehen. Aber diesem Ziel waren und sind finanzielle Gren- Diese Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung der zen gesetzt. Leistungsvoraussetzungen obliegt grundsätzlich auch männlichen Arbeitslosen. Für die Behinderten, die in einer nicht anerkann- ten Einrichtung arbeiten, bleibt die bisherige Rechts- Die Bundesanstalt für Arbeit erarbeitet zur Zeit lage erhalten. Sie können wie schon früher als ent- einen bundeseinheitlichen Vordruck, der dem Ar- geltlich Beschäftigte sozialversicherungspflichtig beitslosen die Glaubhaftmachung erleichtern soll. sein. In diesen Fällen ist das allgemeine Sozialver-

sicherungsrecht anzuwenden. Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- frage! Lassen Sie mich aber noch darauf hinweisen, daß die Versicherungspflicht in Werkstätten nur ein Aspekt des Gesetzes über die Sozialversicherung Frau Grützmann (SPD) : Herr Staatssekretär, wann Behinderter ist. Die Behinderten, die in nicht an- ist mit diesem einheitlichen Fragebogen zu rechnen? erkannten Werkstätten beschäftigt sind, müssen ge- zielt auf die übrigen, auch für sie geltenden Ver- Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- besserungen aufmerksam gemacht werden. Ich ster für Arbeit und Sozialordnung: Ich denke, daß denke z. B. an das Recht der Schwerbehinderten, der dies in Kürze der Fall sein wird. gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten, an die altersmäßig nicht mehr begrenzte Familienkran- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe kenhilfe für behinderte Kinder und an die erweiterte die Frage 54 des Herrn Abgeordneten Gerster Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach einer Warte- (Mainz) auf: zeit von 20 Jahren. Ist der Bundesregierung bekannt, daß kommunale Verkehrs- betriebe Schwerbeschädigten und ihren notwendigen Begleit- personen freie Fahrt auf ihren Verkehrsmitteln gewähren, und wird die Bundesregierung gleichwohl daran festhalten, daß die -Vockenhausen: Zusatz- Vizepräsident Dr. Schmitt Deutsche Bundesbahn von den Schwerbeschädigten den vollen frage! Fahrpreis verlangt? Bitte! Dr. Enders (SPD) : Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Zahlen darüber vor, wie viele Behinderte in Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- nicht anerkannten Werkstätten beschäftigt sind? ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß die Frei- Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- fahrtvergünstigung für Schwerbehinderte im Nah- ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich verkehr ihre Rechtsgrundlage im Gesetz über die bin überzeugt, daß wir in unserem Hause über sol- unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehr- ches Zahlenmaterial verfügen. Ich habe die Zahlen dienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten jetzt nicht zur Hand. Ich werde sie gern nachliefern. im Nahverkehr vom 27. August 1965 hat. Nach die- 12938 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Parl. Staatssekretär Buschfort satzrente bezogen wird, die geringer ist als die zu erwartende sem Gesetz sind alle Unternehmen für die Personen- Ausgleichsleistung, und ist sie bereit, auch in diesen Fällen beförderung — also nicht nur die kommunalen Ver- Abhilfe zu schaffen? kehrsbetriebe — verpflichtet, bestimmte, im Gesetz näher bezeichnete Behindertengruppen im Nahver- Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- kehr unentgeltlich zu befördern. Zu den gesetzlich ster für Arbeit und Sozialordnung: Es ist zutref- verpflichteten Unternehmen gehört auch die Deut- fend, daß nach den zur Zeit geltenden Vorschriften sche Bundesbahn, soweit sie Nahverkehr im Sinne über die Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer des Gesetzes betriebt. in der Landwirtschaft und Forstwirtschaft Beschäfti- Was unter Nahverkehr in diesem Sinne zu verste- gungszeiten in den früheren deutschen Ostgebieten hen ist, ist im Gesetz festgelegt. Neben dem Verkehr und in der Deutschen Demokratischen Republik nicht mit Straßenbahnen gehören hier unter anderem der anerkannt werden. Die Bundesregierung beabsich- Orts- und Nachbarortslinienverkehr mit Obussen tigt, möglichst bald eine entsprechende Gesetzes- und Kraftfahrzeugen und der S-Bahn-Verkehr der änderung einzubringen. Deutschen Bundesbahn. Der Schienenverkehr im Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes be- übrigen gehört nicht zum Nahverkehr im Sinne des merken: Nach § 12 Abs. 4 des Gesetzes über die Zu- Gesetzes. satzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, Land- und Forstwirschaft ist eine Ausgleichsleistung daß die Nahverkehrsunternehmen für die ihnen ent- dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer be- stehenden Fahrgeldausfälle von Bund und Ländern stimmte andere zusätzliche Ansprüche auf Alters- entschädigt werden. versorgung hat. Dieser Regelung liegt die Ausge- staltung des Tarifvertrages über eine Zusatzversor- Über diese gesetzliche Verpflichtung hinaus be- gung der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirt- fördert die Deutsche Bundesbahn auf Grund ihrer schaft vom 20. November 1973 zugrunde. Nach die- Tarifbestimmungen in ihrem gesamten Personenver- sem Tarifvertrag können Arbeitnehmer bei Zuge- kehr, also auch im Schienenverkehr, die notwendige hörigkeit zu anderen Versorgungseinrichtungen Begleitung bestimmter Behindertengruppen — das grundsätzlich keine Ansprüche gegen das Zusatz- sind im wesentlichen Schwerbeschädigte im Sinne versorgungswerk erwerben. Da die Ausgleichslei- des früheren Schwerbeschädigtengesetzes — unent- stung eine Ergänzung zu den Leistungen nach dem geltlich. Es handelt sich um eine freiwillige Leistung Tarifvertrag darstellt, besteht keine Veranlassung, der Deutschen Bundesbahn, für die sie eine finan- mit der Ausgleichsleistung über den Leistungsbe- zielle Entschädigung nicht erhält. reich des Tarifvertrages hinauszugehen. Es mag Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, eine Fälle geben, in denen der Anspruch auf Ausgleichs- gesetzliche Regelung etwa des Inhalts vorzuschla- leistung wegen einer anderweitigen Zusatzversor- gen, daß Schwerbeschädigte bei Fahrten mit der gung, die niedriger ist als die Ausgleichsleistung, Eisenbahn ganz allgemein unentgeltlich oder zu nicht gegeben ist. Das könnte z. B. daran liegen, daß einem ermäßigten Fahrpreis befördert werden. der Betreffende anderen Versorgungseinrichtungen nur kurz angehört hat. Ob Fälle dieser Art in nen- Im übrigen müßten die Eisenbahnunternehmen, nenswertem Umfange auftreten und von finanzieller wollte man ihnen eine solche Verpflichtung gesetz- Bedeutung sind, vermag ich im gegenwärtigen Zeit- lich auferlegen, finanziell entschädigt werden. punkt noch nicht zu übersehen.

- Vockenhausen: Keine Vizepräsident Dr. Schmitt Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 55 des Herrn Abge- frage. ordneten Milz auf. — Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet, ebenso (CDU/CSU) : Dann darf ich zur ersten seine Frage 56. Die Antworten werden als Anlagen Horstmeier Frage eine Zusatzfrage stellen: Wann und nach wel- abgedruckt. chem Prinzip ist mit einer Änderung dieses Zustan- Wir kommen zur Frage 57 des Herrn Abgeordne- des zu rechnen? ten Horstmeier: st der Bundesregierung bekannt, daß bei der Bestimmung Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- von Ausgleichsleistungen bei der Zusatzversorgungskasse für ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft Wartezeiten einer Beschäftigung in den früheren deutschen Ostgebieten bzw. ich würde vorschlagen, daß wir diese Änderung dem in der heutigen DDR im Gegensatz zur Rentenberechnung nicht als Beschäftigungszeiten anerkannt werden, und ist sie bereit, nächsten Rentenanpassungsgesetz beifügen. Abhilfe zu schaffen?

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Bitte! Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Horstmeier (CDU/CSU) : Sehen Sie eine Möglich- Horstmeier, wenn Sie gestatten, würde ich gerne die keit, eine Regelung eventuell rückwirkend in Kraft Fragen 57 und 58 im Zusammenhang beantworten. zu setzen, weil ja ein bestimmter Personenkreis mit Ablauf des 30. September sein Antragsrecht verliert? Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Der Herr Kollege ist einverstanden. Ich rufe auch noch die Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Frage 58 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf: Buschfort, ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, Ist der Bundesregierung bekannt, daß ein Antrag auf Aus- gleichsleistung abgelehnt wird, wenn schon eine andere Zu- eine rückwirkende Inkraftsetzung ist im allgemei- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12939

Parl. Staatssekretär Buschfort nen nicht üblich. Ich kann das jetzt noch nicht be- sich bei seiner Entscheidung gemacht hat, mög- antworten, will das aber im Hause prüfen lassen. licherweise Rückschlüsse zu. Die Bundesregierung hat daher keine Bedenken,

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine wenn im Anerkennungsverfahren für Kriegsdienst- weitere Zusatzfrage. verweigerer auch Fragen nach den politischen An- schauungen einschließlich der Zugehörigkeit zu einer politischen Organisation gestellt werden. Horstmeier (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, se- hen Sie im Zusammenhang mit der zweiten Frage eine Möglichkeit, da es sich ja um eine Benachteili- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- gung eines bestimmten Personenkreises handelt, frage! eine Teilzusatzrente zu gewähren? Dr. Schweitzer (SPD) : Herr Staatssekretär, wären Buschfort, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- Sie gegebenenfalls bereit, konkreten Fällen nach- ster für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, zugehen, die ich Ihnen übermitteln könnte und bei diese Frage hat uns außergewöhnlich beschäftigt, denen es nachweislich zu einem Mißbrauch dieser weil sie zunächst einmal kompliziert ist und weil Prüfungsthemata gekommen ist? uns auch überhaupt nichts an Materialien vorliegt. Bevor wir jetzt eine gesetzliche Regelung vorschla- Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister gen oder aber eine Empfehlung an die Tarifvertrags- der Verteidigung: Selbstverständlich wäre ich dazu parteien geben, wäre es sicher notwendig, zunächst bereit, Herr Kollege Schweitzer. einmal auf breiterer Basis Hintergrundmaterial zu sammeln. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe uns solche Unterlagen zur Verfügung stellen könn- die Frage 61 des Herrn Abgeordneten Dr. Schweitzer ten. Ich kann das nicht so ohne weiteres übersehen, auf: welche Auswirkungen eine solche Veränderung Mit welcher Begründung kann die Bundesregierung heute noch hätte. entsprechende Vorschriften rechtfertigen, wonach es Angehö- rigen der Bundeswehr untersagt ist, sich auf dem Wege vom Dienstort nach Hause oder auch sonst von Privatwagen (per Anhalter) mitnehmen zu lassen? Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Keine weiteren Zusatzfragen. Bitte, Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Herr Staats- der Verteidigung: Herr Kollege, nach dem noch sekretär Buschfort, ich danke Ihnen. geltenden Befehl des Generalinspekteurs der Bun- deswehr vom September 1957 ist es Soldaten der Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesmini- Bundeswehr in Uniform verboten, „per Anhalter zu sters der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der reisen". Dieser Befehl wird zur Zeit im Führungs- Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekre- stab der Streitkräfte überprüft; denn Soldaten sind tär Schmidt zur Verfügung. Die Frage 59 ist von untereinander zur Kameradschaft verpflichtet. Ein dem Herrn Abgeordneten Biehle eingebracht. — Ich Soldat, der im eigenen Pkw fährt, würde sich dem sehe den Herrn Abgeordneten Biehle nicht im Saal. Vorwurf der Unkameradschaftlichkeit aussetzen, Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wenn er einem um Mitnahme bittenden Soldaten wird als Anlage abgedruckt. diese allgemein übliche Gefälligkeit nicht erweisen würde. Die Frage 60 ist von dem Herrn Abgeordneten Andererseits bestehen hinsichtlich des Anhaltens Dr. Schweitzer eingebracht worden: von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen — auf Billigt es die Bundesregierung, wenn bei Prüfungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer politische Gesinnungsfragen — z. B. der Autobahn und Autobahnauffahrten ist dies nach der Zugehörigkeit zu der „Arbeitsgemeinschaft der Jung- ohnehin gesetzlich untersagt — weiterhin grund- sozialisten" — gestellt werden? sätzliche Bedenken wegen der Gefahren, die damit Herr Staatssekretär! verbunden sind. Das müßte z. B. bei dieser Neu- regelung auch mitberücksichtigt werden. Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Schweitzer, im An- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Zusatz- erkennungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer frage! sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwal- tungsgerichts insbesondere die persönliche Entwick- Dr. Schweitzer (SPD) : Herr Staatssekretär, wäre lung des Wehrpflichtigen, die Einflüsse, denen er Ihr Haus bereit, in diese hier angekündigte Über- ausgesetzt war, sein bisheriges Verhalten und die prüfung, von der ich mit großem Interesse Kenntnis Gedanken, die er sich bei seiner Entscheidung ge- nehme, auch die exzellenten Erfahrungen einzu- macht hat, aufzuklären. beziehen, die eigentlich seit Jahrzehnten bei der Die politischen Anschauungen des Wehrpflichti- Mitnahme von Soldaten in Uniform oder Zivil — gen gehören mit zu den Ergebnissen seiner per- aber hier geht es ja um das Mitnehmen in Uniform sönlichen Entwicklung und den Einflüssen, denen er — in angelsächsischen Ländern gemacht worden ausgesetzt war. Sie lassen auf die Gedanken, die er sind, wo es ganz selbstverständlich ist, ,daß Ange- 12940 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Schweitzer hörige der Streitkräfte von Privatwagen von ihrem — Herr Kollege, auch Ihre persönliche Ansicht inter Dienstort zur Wohnung und zurück mitgenommen essiert mich immer. — Die Antworten auf die oben werden? aufgezählten Fragen werden als Anlagen abgedruckt.

Ich rufe Frage 66 des Herrn Abgeordneten Jäger Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Weil wir uns solche Gedanken (Wangen) auf: Treffen Pressemeldungen zu (z. B. Deutsche Tagespost vom machen, ist auch bereits in die Überprüfung einge- 10. September 1975), wonach die Sowjetunion in letzter Zeit ihre treten worden. 30 Panzerregimenter in der DDR mit je 125 statt bisher 95 Kampfpanzern ausgerüstet hat, womit jede Panzerdivision der Roten Armee in der DDR jetzt über 460 statt bisher nur über 320 Kampfpanzer verfügt, und wie ist bejahendenfalls eine Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Sie ha- derart massive einseitige Verstärkung der Kampfkraft mit den ben noch eine Zusatzfrage. Beteuerungen der sowjetischen Regierung vereinbar, auf echte Entspannung in Mitteleuropa hinwirken zu wollen?

Dr. Schweitzer (SPD): Würden Sie ebenfalls die Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Tatsache, daß wir erschreckend hohe Unfallziffern der Verteidigung: Herr Kollege Jäger, ich bitte um — wie Sie und wir alle ja wissen — zu verzeichnen Entschuldigung, daß ich nur ganz kurz antworte. haben bei Angehörigen der Streitkräfte, die sich auf dem Weg vom Dienstort zum Wohnsitz und zu- Nach unseren Informationen, die natürlich aus rück befinden, in ,die Überprüfung einbeziehen, da viel mehr Quellen als eine Pressemeldung gespeist möglicherweise durch eine Änderung dieser meines sind, treffen diese Pressemeldungen über die Ver- Erachtens überholten Bestimmungen hier ganz we- stärkung der Panzerregimenter in der DDR nicht zu. sentlich auch die Unfallziffern herabgedrückt wer- Die Anzahl der Kampfpanzer in den Panzerregimen- den könnten? tern und Panzerdivisionen wurde nicht erhöht. Ich bitte darum, dabei nicht auf Pressemeldungen zu- rückzugreifen, denn wir haben darüber hinausge- Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Schmidt, hende Informationsquellen, die uns das mitgeteilt der Verteidigung: Das wollen wir gern tun, obwohl haben. mir aus der Frage nicht ganz klar wird, aus wel- chem Grunde die Unfallziffern dann sinken sollen. Denn die Soldaten würden ja so oder so mit Kraft- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Eine Zu- fahrzeugen fahren. satzfrage. (Dr. Schweitzer [SPD] : Aber nicht mit ihren (Wangen) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, eigenen! Übermüdete Selbstfahrer nach Jäger Dienstschluß verursachen Unfälle!) wie kommt dann, wenn das zutrifft, was Sie eben sagen, die Bundesregierung eigentlich dazu, Mel- dungen von so außerordentlicher Tragweite, die in Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Sie wol- verschiedenen Presseorganen der Bundesrepublik len noch eine Zusatzfrage zu diesem Problem brin- Deutschland veröffentlicht worden sind, nicht als- gen. Bitte, Herr Kollege! bald zu dementieren, da ja die Gefahr einer schwer- wiegenden Belastung der deutsch-sowjetischen Be- Kiechle (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind Sie ziehungen mit ihnen verbunden ist? meiner Auffassung, daß es zumindest in weiten Be- reichen auch als nicht gerade der Würde, die mit Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister dem Träger einer Uniform verbunden sein kann, der Verteidigung: Ich würde davon abraten, die entsprechend angesehen werden kann, wenn er sich Bundesregierung aufzufordern, nun auch hier und an die Straße stellen und darauf warten müßte, bis dort Nachrichten zu dementieren. Dann bliebe dieser er irgendwo mitgenommen wird? Regierung nichts übrig — und es wäre auch frühe- ren Regierungen nichts übrig geblieben —, als un- Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister unterbrochen zu dementieren. der Verteidigung: Punkt 1. Zunächst sind die mei- sten Soldaten nicht in Uniform, wenn sie sich auf Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Jeden- der Heimfahrt befinden. Punkt 2. Ich bin in vielen falls, meine Damen und Herren, wäre das laufende Ländern, Israel und anderen Ländern, gewesen und Dementieren von Pressenachrichten ein Kontrast- kann Herrn Kollegen Schweitzer darin recht geben, programm zum Sparprogramm in der öffentlichen daß es dort selbstverständlich ist, daß Soldaten in Verwaltung. Uniform an der Straße stehen und sehr gern mitge- (Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Das kostet nommen werden. Ich würde hier die Frage der - nichts!) Würde nicht diskutieren. Sie haben aber die Möglichkeit, noch eine Zusatz- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Ich kom- frage zu stellen. me zu den nächsten Fragen. Die Herren Abgeordne- (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Danke schön, ten Schinzel, Hoffie, Schäfer (Appenweier), Simpfen- ich verzichte auf die zweite Zusatzfrage!) dörfer und Dr. Böhme (Freiburg) haben um schrift- liche Beantwortung ihrer Fragen 62 bis 65 und 70 bis Dann rufe ich Frage 67 des Herrn Abgeordneten 74 gebeten. Dem wird entsprochen. Jäger (Wangen) auf: Ist die Bundesregierung bereit, den Text der Rede, die (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wie schade!) Alexander Solschenizyn am 30. Juni 1975 vor dem amerika- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12941 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen nischen Gewerkschaftsbund gehalten hat, mit Rücksicht auf ihre (Mainz) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, zeitgeschichtliche Bedeutung in den „Informationen für die Gerster Truppe „ zu veröffentlichen oder den Angehörigen der Bundes- darf ich die Frage noch einmal etwas allgemeiner wehr auf andere Weise zur Kenntnis zu bringen? formulieren: Würden Sie es für sinnvoll und begrü- ßenswert halten, daß möglichst alle Angehörigen der Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Bundeswehr diese Rede zur Kenntnis nehmen? der Verteidigung: Herr Kollege, die „Information für die Truppe" wird auf die Reden Solschenizyns in den USA in der Form aufmerksam machen, daß sie Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister in der Rubrik „Neue Bücher" die Neuerscheinung der Verteidigung: Es ist nicht unsere Sache, die An- des Luchterhand-Verlages „Solschenizyn: Drei Re- gehörigen der Bundeswehr nun etwa nicht nur an- den an die Amerikaner" der Truppe zur Anschaf- zuregen, sondern ihnen zu befehlen, diese Reden fung empfiehlt. Auch bei dem Buch „Archipel Gu- zu lesen. lag" wurde entsprechend verfahren. (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Kein Befehl!) Das muß jeder selbst für sich tun. Ich meine auch, Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Eine Zu- wenn diese Empfehlung an die Kompanien geht, ist satzfrage. das völlig ausreichend. Es ist jeder soviel Staats- bürger in Uniform, daß er selbst weiß, was er zu Jäger (Wangen) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, lesen und was er nicht zu lesen hat. halten Sie es, da es ja ins Ermessen jeder Einheit (Zustimmung bei der SPD) gestellt ist, ob sie einer solchen Empfehlung fol- gen will oder nicht, nicht für angemessen, diese Empfehlung angesichts der ähnlichen wichtigen Ge- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Ich rufe genstände, die in der „Information für die Truppe" Frage 68 der Abgeordneten Frau Pack auf: veröffentlich werden, dahin gehend auszudehnen, Kann die Bundesregierung einen Überblick darüber geben, wieviel Prozent des Lehrkörpers der Bundeswehrhochschulen daß in den Informationen gleich der Wortlaut oder den Wehrdienst absolviert haben? wenigstens die wichtigsten Passagen dieses Wort- Bitte, Herr Staatssekretär! lauts abgedruckt werden? Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Schmidt, Schmidt, der Verteidigung: Frau Kollegin, bei den der Verteidigung: Die „Information für die Truppe" Bundes- wehrhochschulen sind im Augenblick 146 ist an sich nicht dazu da, Ausführungen, die in Buch- Profes- soren fest angestellt. Von diesen haben 14 Wehr- form herausgekommen sind, also sehr umfangreich dienst in der Bundeswehr geleistet; dies entspricht sind, zu veröffentlichen. Ich glaube, mit diesem einem Anteil von 9,6 %. Von den 146 Professoren Hinweis ist die Möglichkeit der Anschaffung gege- gehören jedoch etwa 50 % den sogenannten „Wei- ben. Und weil es ja eine diskutierte und auch all- ßen Jahrgängen" an, die nicht zur Ableistung des seits interessante Ausführung von Solschenizyn ge- Wehrdienstes herangezogen wurden. wesen ist, wird auch Gebrauch davon gemacht, sie anzuschaffen. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Frau Kollegin, Sie haben Zusatzfragen. Bitte! Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Kollege, Sie haben noch eine Zusatzfrage. Frau Pack (CDU/CSU) : Wünscht die Bundesregie- rung, daß die Dozenten der Bundeswehrhochschulen (Wangen) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Jäger in gleicher Weise wissenschaftlich und militärisch da ich davon ausgehe, daß Sie diese Rede selber qualifiziert sind? kennen, kann ich nicht verstehen, daß Sie sagen, sie sei wegen der Buchform so ausführlich, daß ein (Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Es gibt auch Abdruck nicht möglich sei. Ist es nicht so, daß sich Professorinnen!) diese Rede vor dem amerikanischen Gewerkschafts- bund durchaus mit dem üblichen Umfang der „In- Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister formation für die Truppe" vertragen würde? der Verteidigung: Ich muß dazu sagen, daß wir ein gefächertes Angebot haben und daß z. B. eine Reihe von Angeboten auch die militärische Seite in einem Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Es müßte ein Sonderdruck sein; besonderen Maße berücksichtigt. In diesem Zusam- daran besteht kein Zweifel. Man könnte sie nicht menhang möchte ich auch auf das abheben, was Sie in die doch für sehr viele kurze Ausführungen ge- in Ihrer zweiten Frage angeschnitten haben, die ja dachte „Information für die Truppe" hineinbringen. in dieselbe Richtung wie Ihre Zusatzfrage geht. Es wäre die Frage, die überhaupt ansteht, ob man Wenn Sie damit einverstanden sind, dann kann ich einen Sonderdruck daraus macht. Aber wir glauben, Ihre zweite Frage jetzt beantworten. Dann können es wird sich auch so bei der Truppe schon entspre- wir das im Zusammenhang diskutieren. chend herumsprechen, und es wird das Interesse an dieser Anschaffung auch vorhanden sein. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Die Fragestellerin ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 69 der Abgeordneten Frau Pack auf: Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Warum werden bei der Besetzung von Stellen des akade- Kollege Gerster, eine Zusatzfrage. mischen Mittelbaues an den Bundeswehrhochschulen nicht die- 12942 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen jenigen Berufsoffiziere — fachliche Eignung und Verwendbarkeit - Vockenhausen: Meine vorausgesetzt — besonders berücksichtigt, die im Anschluß an Vizepräsident Dr. Schmitt einige Jahre Truppenpraxis zum Studium an den allgemeinen Damen und Herren, ich rufe die Frage 75 des Hochschulen der Bundesrepublik Deuts chland abgestellt wurden? Herrn Abgeordneten Gansel auf: Wann wird die Untersuchung der Bundesregierung über Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister etwaige Verwicklungen von Bundesbediensteten in die Be- stechungsaffäre Northrop abgeschlossen sein, und wel che Er- der Verteidigung: Die Stellen für wissenschaftliche mittlungen von Strafverfolgungsbehörden der Bundesländer sind Mitarbeiter an den Hochschulen der Bundeswehr gegen Bundesbedienstete im Zusammenhang mit dieser Affäre z. Z. nach Kenntnis der Bundesregierung im Gange? werden von den Hochschulen öffentlich ausge- schrieben, d. h. also, es ist dasselbe Verfahren wie an allen anderen öffentlichen Hochschulen auch. Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Entschließt sich ein Offizier, der als Soldat an öf- der Verteidigung: Herr Kollege Gansel, die Bun- fentlichen Hochschulen studiert hat, die hauptbe- desregierung hat die ihr bisher vorliegenden Er- rufliche Tätigkeit eines wissenschaftlichen Mitarbei- kenntnisse der zuständigen Staatsanwaltschaft ters auszuüben, kann er sich im Rahmen des Aus- zugeleitet. Die Staatsanwaltschaft Aachen schreibungsverfahrens bewerben. Über die Einstel- ist in die Prüfung der Frage eingetreten, ob Ermitt- lung wird unter dem Gesichtspunkt der fachlichen lungsverfahren gegen derzeitige oder frühere Bun- Eignung und Verwendbarkeit für die jeweils ausge- desbedienstete einzuleiten sind. Diese Prüfung ist schriebene Stelle entschieden. nach sicherer Kenntnis der Bundesregierung noch Sie wissen, daß auch die Hochschulen der Bun- nicht abgeschlossen. deswehr eine beachtliche Selbständigkeit haben Ich darf im Anschluß an diese Antwort hinzu- und da das Verfahren dort so läuft, wie es an son- fügen: Wir drängen aber darauf, daß dieser Ab- stigen Hochschulen üblich ist. Deswegen sind wir schluß so schnell wie möglich erfolgt. auch daran gebunden und sind gehalten, uns mit dem zu beschäftigen, was uns vorgeschlagen wird. Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- satzfrage. Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- satzfrage. Gansel (SPD): Befinden sich unter denjenigen, ge- gen die wohl wegen des Verdachts der Bestechung (CDU/CSU) : Welche personalpoliti- Frau Pack ermittelt wird, nach Ihrer Kenntnis auch der ehe- schen Vorstellungen haben die Senate der Bundes- malige persönliche Referent des verstorbenen Bun- wehrhochschulen seit der Vorlage des Weißbuches deskanzlers Adenauer und der spätere Botschafter 1973/74 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutsch- in Teheran, Herr Franz-Josef Bach? land und zur Entwicklung der Bundeswehr vorge- legt, und — gegebenenfalls — wie werden diese Vorstellungen von der Bundesregierung bewertet? Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, sind Sie damit ein- verstanden, daß ich diese Frage schriftlich beant- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Frau worte? Ich weiß es zunächst einmal nicht. Selbst Kollegin, ich möchte Sie vorsorglich bitten, jeweils wenn ich es wüßte, würde ich vor diesem Forum nur eine Zusatzfrage zu stellen. auch nicht ohne weiteres diese spezifischen Dinge erörtern. Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Frau Kollegin, es würde wahr- Vizepräsident Dr. Schmitt -Vockenhausen: Eine scheinlich etwas ausufern, wenn man darauf insge- weitere Zusatzfrage. samt antworten würde. Wir stehen allen Kollegin- nen und Kollegen dieses Hauses jederzeit zur Ver- (SPD) : Kann ich Ihre Antwort so ver- fügung, sowohl bei uns im Hause als auch vor allen Ganzel stehen, daß nach rechtskräftigem Abschluß des Straf- Dingen — davon machen erfreulich viele Kollegin- verfahrens die Bundesregierung ihrerseits Unter- nen und Kollegen Gebrauch — in den Bundeswehr- suchungen einleiten wird? hochschulen mit Besichtigungen sowie Diskussionen mit den Dozenten, Professoren und Studierenden, auch mit denen, die als Studenten in den entspre- Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister chenden Gremien sitzen. Ich meine, es wäre das der Verteidigung: Davon können Sie ausgehen. Allerbeste, sich darüber an Ort und Stelle zu orien- tieren. Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Keine weiteren Zusatzfragen. - Vockenhausen: Sie ha- Vizepräsident Dr. Schmitt Meine Damen und Herren, damit sind die Fragen ben noch eine weitere Zusatzfrage. aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Herr Staatssekretär Frau Pack (CDU/CSU) : Könnten Sie so freundlich Schmidt, ich danke Ihnen. sein, mir die zweite Zusatzfrage schriftlich zu be- antworten? Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Be- Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister antwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer der Verteidigung: Selbstverständlich, sehr gerne. Staatssekretär Zander zur Verfügung. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12943

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen

Die Frage 76 ist von der Abgeordneten Frau Vizepräsident Dr. Schmitt -Vockenhausen: Ich rufe Schleicher eingebracht. — Frau Schleicher ist nicht die Frage 78 des Herrn Abgeordneten Braun auf: im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die hoch werden sich die mit dieser Verordnung verbundenen Antwort wird als Anlage abgedruckt. zusätzlichen Kosten belaufen, und werden diese Kosten den Trägern zur Realisierung dieser Verordnung zur Verfügung gestellt? Die Frage 77 ist von Herrn Abgeordneten Braun eingebracht: Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Wann ist mit dem Erlaß einer Verordnung über Mindest- für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege anforderungen für Altenheime, Altenwohnungen und Pflege- heime für Volljährige (II 3 bis 31) zu rechnen? Braun, da die Verordnung keine Verpflichtung zur Errichtung neuer Einrichtungen schafft, entstehen in- Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort. soweit keine Kosten. Für bereits bestehende Ein- richtungen hängen die Kostenfolgen entscheidend Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister davon ab, welche Regelung die Verordnung im ein- für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege zelnen erfährt. Wie ich schon ausgeführt habe, ist Braun, die von Ihnen angesprochene Verordnung dieser Komplex auf Grund der neuen Kostenermitt- liegt dem Bundesrat seit Ende des vergangenen lungen noch einmal Gegenstand von Beratungen der Jahres vor. Seine Ausschüsse haben die Verord- Ressorts. Im übrigen muß auch hier der allgemeine nung inzwischen beraten und eine Reihe von Än- Grundsatz gelten, daß anfallende Kosten von dem derungsvorschlägen gemacht. Das Plenum des Bun- Träger der jeweiligen Einrichtung zu übernehmen desrates hat bisher nicht über die Zustimmung ent- sind. schieden, weil es noch weitere Ermittlungen über

die Kostenfolgen der Verordnung für erforderlich Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Eine Zu- hielt. satzfrage! Diese Ermittlungen sind weitgehend abgeschlos- sen. Ihr Ergebnis und dessen Würdigung sind zur Braun (CDU/CSU) : Halten Sie die Zahlen für Zeit noch Gegenstand der Beratungen mit den Res- realistisch, oder können Sie die Zahlen, die auf sorts des Bundes und der Länder. Genaue Angaben Grund von Erhebungen genannt worden sind, even- über den Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung tuell sogar bestätigen, wonach die Kosten für die lassen sich daher gegenwärtig nicht machen. Heimmindestanforderungen nach den §§ 3 bis 31 zirka 9 Milliarden DM betragen werden und die Kosten zur Erfüllung der Anforderungen, von denen Vizepräsident Dr. Schmidt - Vockenhausen: Bitte, nicht befreit werden kann, zirka 3,5 Milliarden DM eine Zusatzfrage. betragen sollen?

Braun (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, beabsich- Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister tigen Sie, bevor die Verordnung Rechtskraft erlangt, für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege den zuständigen Fachausschuß des Deutschen Bun- Braun, ich kann diese Zahlen nicht bestätigen. Ich destages damit zu befassen? kann Ihnen nur so viel dazu sagen, daß die erste Fassung, die dem Bundesrat vorgelegen hat, Kosten- ermittlungen in der Höhe, wie Sie sie genannt ha- Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister ben, nach sich gezogen hat, wobei aber völlig unklar für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege war, inwieweit die Bundesländer, die dafür zustän- Braun, die Absicht ist bei uns im Augenblick nicht dig sind, von den Befreiungsmöglichkeiten der Ver- vorhanden, aber ich sehe keinen Grund, warum wir ordnung Gebrauch machen würden. Insofern ist hier dies, wenn der Fachausschuß es wünscht, nicht tun immer eine große Unsicherheit gegeben. Aber die sollten. Jedenfalls sehe ich im Augenblick keinen Zahlen, die Sie genannt haben, sind in der neueren Hinderungsgrund. Fassung der Verordnung bei weitem nicht erreicht. Aber der ganze Vorgang ist insbesondere aus die-

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- sen Gründen in der Diskussion. ben noch eine Zusatzfrage.

Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- Braun (CDU/CSU) : Sehen Sie nicht die Möglich- ben noch eine Zusatzfrage. keit, daß gerade durch diese Verordnungen Aus- wirkungen insbesondere auf die Gemeinden und - Braun (CDU/CSU) : Kann ich davon ausgehen — auf die freien Träger zukommen, die es wert wären, nicht zuletzt im Hinblick auf die von mir genannten daß sich auch der Fachausschuß noch einmal damit Zahlen —, daß die Bundesregierung beim Erlaß die- befaßt? ser Verordnungen darauf achten wird, daß durch diese Verordnungen weder Heimplätze vermindert Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister noch so verteuert werden, daß es für die Kommunen für Jugend, Familie und Gesundheit: Diese Auswir- und die freien Träger dann unzumutbar wird? kungen sehe ich allerdings. Das ist auch der Grund warum die Verordnung nach dem ersten Durchgang Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister im Bundesrat noch einmal gründlich überarbeitet für Jugend, Familie und Gesundheit: Die Bundes- werden soll. regierung behält beide Gesichtspunkte, die Sie ge- 12944 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Parl. Staatssekretär Zander nannt haben, im Auge und nimmt darüber hinaus dieser Frage Stellung genommen und seinerzeit fol- auch Rücksicht auf die finanziellen und wirtschaftli- gendes ausgeführt: chen Möglichkeiten der Träger. Die von der Kommission empfohlene Einrich- tung von Unterhaltsvorschußkassen und Unter- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Ich rufe haltsersatzkassen soll sich vom Leistungssystem die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter des BSHG, das bei Bedürftigkeit die erforderli- auf: che Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt, wohl Wurden vom Bundesministerium für Jugend, Familie und dadurch unterscheiden, daß der — im Grundsatz Gesundheit mehrmals 90 000 DM an die linksextremen Stu- dentenorganisationen SHB und SVI überwiesen, und wenn ja, auch dem Unterhaltsrecht entsprechende — vor- aus welchen Gründen, obwohl der Haushaltsausschuß des Bun- rangige Einsatz des Einkommens des Elternteils, destages am 15. November 1974 einstimmig einen Auszahlungs- stopp beschlossen hat (vgl. die ASD-Meldung in „Freiheit der bei dem das Kind lebt, entfällt oder nach einem Wissenschaft — Materialien zur Schul- und Hochschulpolitik", Heft 5/75, S. 10), und wurden tatsächlich alle Umstände in Be- wesentlich milderen Maßstab als dem im BSHG tracht gezogen, die die genannten Zahlungen hätten ausschließen vorgeschriebenen erfolgt. Ob und gegebenen- können? falls inwieweit sich dies rechtfertigen läßt, ist Herr Staatssekretär! von der Kommission selbst nicht behandelt wor- den. Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Der Bundesminister für Jugend, Familie und für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Gesundheit prüft zur Zeit, ob die Leistungen Kroll-Schlüter, es trifft nicht zu, daß vom Bundes- der Sozialhilfe für alleinstehende Elternteile ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit mit Kindern ausreichend oder ob Verbesserun- mehrmals 90 000 DM an die genannten Studenten- gen notwendig sind. organisationen SHB und SVI gezahlt wurden. Soweit das Zitat aus der Stellungnahme der Bun- Das Bundesministerium für Jugend, Familie und desregierung. Diese Prüfungen sind noch nicht ab- Gesundheit hat der vom Haushaltsausschuß des geschlossen. Unabhängig davon muß jedoch hinzu- Deutschen Bundestages am 14. November 1974 gege- gefügt werden, daß im Rahmen der mittelfristigen benen Empfehlung entsprochen. Die Studentische Finanzplanung Mittel für Unterhaltsvorschußkassen Zentralstelle wurde auf Grund der Empfehlung an- nicht zur Verfügung stehen. Angesichts der Finanz- gewiesen, zunächst keine Mittel mehr an die beiden lage der Länder und Gemeinden kann auch nicht Verbände auszuzahlen. Die Freigabe von Beträgen damit gerechnet werden, daß diese zusätzliche Mit- für die Förderung von Maßnahmen, die beide Ver- tel für diesen Zweck z. B. im Rahmen verbesserter bände im Vertrauen auf die in Aussicht gestellte Sozialhilfeleistungen aufbringen können. Förderung geplant und bereits durchgeführt hatten, wurde von der Vorlage und der Prüfung der Einzel- nachweise abhängig gemacht. Im Dezember 1974 Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- wurden nach Prüfung dieser Einzelnachweise an den ben die Möglichkeit von Zusatzfragen. Bitte, Herr SVI 77 657,10 DM und an den SHB 12 558,74 DM Kollege! freigegeben. Seit 1. Januar 1975 erhalten beide Ver- bände keine Förderung mehr. Der Haushaltsausschuß Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Herr Staatssekretär, des Deutschen Bundestages wurde im übrigen am hat die Bundesregierung in ihre Prüfungen auch das 25. März 1975 schriftlich über die Abwicklung der skandinavische System der Unterhaltsvorschußkas- Angelegenheit ausführlich unterrichtet. sen einbezogen, das ja nicht davon ausgeht, daß hier Sozialhilfeansprüche geltend gemacht werden, sondern daß Vorschuß geleistet wird für hinterher Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- wieder einbringbare Forderungen, die sich meist ben keine weiteren Zusatzfragen? gegen die Väter richten? Ich rufe dann die Frage 80 des Herrn Abgeordne- ten Müller (Remscheid) auf. — Der Herr Fragesteller Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beant- für Jugend, Familie und Gesundheit: Selbstverständ- wortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. lich werden alle Modelle, die in anderen Ländern verwirklicht sind und mit denen Erfahrungen vor- Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Dr. liegen, in eine solche Prüfung einbezogen. Nur ist Arndt (Hamburg) auf: wahrscheinlich der Unterschied darin zu sehen, daß Ist der Bundesregierung heute die vom Parlamentarischen eine Einrichtung wie das Bundessozialhilfegesetz, Staatssekretär Westphal am 20. September 1972 in Aussicht gestellte Stellungnahme möglich, ob die Einrichtung von Unter- das bei uns geltendes Recht ist, möglicherweise haltsvorschußkassen für nichtehelich geborene oder aus ge- — ich kann es im einzelnen nicht sagen — in Schwe- schiedenen Ehen stammende Kinder nach skandinavischem Vor- bild ein geeigneter und realisierbarer Weg zur Verbesserung den nicht zur Verfügung steht. der Lage der alleinstehenden Mütter ist?

Herr Staatssekretär! Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Sie ha- ben noch eine Zusatzfrage. Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Herr Staatssekretär, Dr. Arndt, die Bundesregierung hat in ihrer Stel- ist der Bundesregierung der Modellversuch bekannt, lungnahme zum Zweiten Familienbericht — Sie fin- den die sozialliberale Koalition im Hamburger den ihn in der Bundestagsdrucksache 7/3502 — zu Senat zu der Einrichtung von Unterhaltsvorschuß- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12945 Dr. Arndt (Hamburg) kassen plant — Drucksache 8/830 der Hamburgi- Verlängerungen um die Dauer der Pausen — schen Bürgerschaft —? höchstens 60 Minuten — sind zulässig, sofern eine dieser Pausen mindestens 30 Minuten beträgt. Die ununterbrochene Fahrzeit auf dem Triebfahrzeug Zander, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Mir persönlich darf im Streckendienst 5,5 Stunden nicht überschrei- ist er im Augenblick nicht bekannt. Ich kann nicht ten; die Fahrzeit gilt als unterbrochen, wenn die sagen, ob er in meinem Hause bekannt ist. Ich Unterbrechung mindestens zehn Minuten dauert. werde das gern prüfen und auch diese Überlegun- Die zulässige Dauer der Fahrzeit auf einer Lokomo- gen, die wahrscheinlich dort niedergelegt sind, in tive hält sich somit weitgehend in dem Rahmen, der die Prüfung einbeziehen lassen. in der Anfrage vergleichsweise für die Lenkzeit im Straßenverkehr angezogen wird.

Vizepräsident Dr. Schmidt-Vockenhausen: Meine Die Dauer der Dienstschicht, die grundsätzlich Damen und Herren, damit sind die Fragen aus dem zehn Stunden nicht überschreiten darf, kann zwar Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, zur Erzielung zweckmäßiger und wirtschaftlicher Familie und Gesundheit beantwortet. Ich danke Dienstpläne sowie im Interesse des Personals auf Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zan- zwölf Stunden und bei einer Pause von mindestens der. zwei Stunden sogar bis zu 14 Stunden verlängert werden. An der zulässigen Fahrzeit auf dem Trieb- Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäfts- fahrzeug innerhalb dieser Schicht ändert sich da- bereich des Bundesministers für Verkehr und für durch nichts. Auch im Straßenverkehr sind beim das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung Einmannbetrieb Schichtzeiten bis zu 14 Stunden der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staats- möglich, wenn ein entsprechender Tarifvertrag vor- sekretär Haar zur Verfügung. liegt. Der Herr Abgeordnete Orgaß hat um schriftliche Beantwortung seiner beiden Fragen 82 und 83 ge- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Zusatz- beten. Die Antworten werden als Anlagen abge- frage. druckt. Kroll-Schlüter (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist Wir kommen zu den Fragen 84 und 85 des Herrn Ihnen bekannt, daß die Umstände der Ruhepause Abgeordneten Kleinert. — Der Abgeordnete ist nicht für Lokführer es oftmals gar nicht erlauben, daß sich im Saal, so daß die beiden eingereichten Fragen dieser ausruht? schriftlich beantwortet werden. Die Antworten wer- den als Anlagen abgedruckt. Haar, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Wir kommen zur Frage 86 des Abgeordneten für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Spranger. Der Herr Abgeordnete hat um schriftliche Ich stelle zunächst fest, daß der Vorstand der Deut- Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als An- schen Bundesbahn Veranlassung hätte, dazu Stel- lage abgedruckt. lung zu nehmen, wenn solche Umstände bekannt sind. Ich werde darüber gern einen Bericht anfor- Da der Herr Abgeordnete Dr. Evers nicht im Saal dern. ist, werden die Fragen 87 und 88 schriftlich beant- wortet. Die Antworten werden als Anlagen abge- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Sie ha- druckt. ben noch eine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 89 des Abgeordneten Kroll Schlüter auf: Kroll-Schlüter (CDU/CSU) : Halten Sie es nicht für Hält die Bundesregierung es für richtig, daß im Nah- und notwendig, daß die unterschiedlichen Begrenzungen Fernverkehr ein Kraftfahrer höchstens acht Stunden ohne län- bei fast gleichen Leistungen und fast gleicher Ver- gere Ruhepause am Steuer sitzen darf, ein Lokführer aber vier- zehn Stunden Dienst tun kann, wenn zwischendurch eine zwei- antwortung überprüft werden? stündige Ruhepause eingelegt wird?

Haar, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister Haar, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: In der Anfrage wird die Lenkzeit eines Kraftfahrers Dienstpläne werden in der Regel mit den Personal- je Schicht der höchstzulässigen Dauer einer Schicht räten abgestimmt. Ich sehe keine Veranlassung da- für einen Lokomotivführer gegenübergestellt. Ver- für, daß sich die Bundesregierung einschaltet. gleichbar mit der Lenkzeit des Kraftfahrers- ist aber beim Lokomotivführer nur die Fahrzeit auf dem Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Ich rufe Triebfahrzeug, welche die Dauer der Zugfahrten noch die Frage 90 des Herrn Abgeordneten Dr. einschließlich der Halte sowie den Rangierdienst Riedl auf: umfaßt. Welche Schadensersatzleistungen wurden auf Grund welcher Rechtsgrundlagen bisher an die Opfer des Warngauer Zugun- In einer Dienstschicht darf die planmäßige Fahr- glücks gewährt, und welche Schadensersatzforderungen stehen zeit auf dem Triebfahrzeug bei Zügen über 80 km/h noch offen? sieben Stunden, bei Zügen bis 80 km/h acht Stunden Ich wäre Ihnen jedoch dankbar, wenn Sie bei Zu- und im Rangierdienst neun Stunden nicht über- satzfragen auf die fortgeschrittene Zeit Rücksicht schreiten. nähmen. 12946 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Haar, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister in denen wir uns befinden, wobei es bei den beiden für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Leitwörtern „Kontinuität" und „Konzentration" nach Herr Kollege Dr. Riedl, bis zum 7. September 1975 wie vor bleibt. Nicht nur das hat der Herr Bundes- wurden von der Deutschen Bundesbahn auf Grund kanzler festgestellt, sondern er hat hinzugefügt — des Reichshaftpflichtgesetzes und aus positiver Ver- ich zitiere —, „daß sich an der fortgeltenden Richtig- tragsverletzung 394 023 DM gezahlt. In diesem Be- keit und Notwendigkeit sozialliberaler Politik in trag sind 14 374 DM für zehn endgültige Abfindun- unserem Lande nichts ändert, daß wir uns aber in gen enthalten, mit denen auch Schmerzensgeldan- einer Zeit weltweit wachsender wirtschaftlicher und sprüche, wenn auch ohne Anerkennung einer Rechts- finanzieller Sorgen auf das Wesentliche konzentrie- pflicht, abgegolten worden sind. 81 922 DM wurden ren und anderes beiseite lassen". für Hilfeleistungen verausgabt. In einem Interview mit der „Deutschen Welle" hat Über die Höhe der noch ausstehenden Schadens- Herr Ministerpräsident Kohl etwas erklärt, was ich ersatzansprüche können im Augenblick keine Anga- in seinen heutigen Ausführungen vermißt habe: ben gemacht werden, da bisher vielfach Ansprüche „Seit der Ölkrise und anderen Krisenerfahrungen nur dem Grunde nach angemeldet worden sind. der letzten Jahre" — so Kohl in dem Interview — „wissen wir besser als zuvor, daß es eine enge und (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Danke unauflösliche Wechselwirkung zwischen Außen- und schön! Keine Zusatzfragen!) Innenpolitik gibt. Viele Probleme lassen sich auf nationaler Basis gar nicht mehr lösen." — Warum Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Danke haben Sie, Herr Kohl — so muß man fragen —, schön! heute an dieser Stelle nicht dasselbe gesagt, viel- Meine Damen und Herren, wir stehen damit am leicht mit noch größerer Deutlichkeit und Überzeu- Ende der Fragestunde. gungskraft für die Damen und Herren der CDU/CSU- Fraktion? Kein ernst zu nehmender Wissenschaftler Ich eröffne wieder die Aussprache zu den Punk- oder Politiker wird Herrn Kohl bei diesem offen- ten 2 und 5, betreffend die konjunkturpolitische liegenden logischen Sachzusammenhang widerspre- Lage. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Profes- chen. Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, sor Dr. Möller. daß die gegenwärtige Lage der Bundesrepublik Deutschland nur im engen Zusammenhang mit der tiefen Rezession der Weltwirtschaft in Verbindung Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Vorsitzende der mit Erdöl- und Rohstoffpreisexplosion gesehen wer- CDU hat heute mittag an den Herrn Bundeskanzler den kann. Keine Bundesregierung vermag sich den den Vorwurf gerichtet, er habe nicht die Bilanz sei- negativen Rückwirkungen der engen Verflechtung ner Zeit vorgelegt und nicht den Aufbruch zu einer unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik mit der Ent- neuen Politik gewagt. Nach unserer Überzeugung wicklung in den Partnerländern zu entziehen. Trotz hat die Regierungserklärung sehr klar sowohl die dieses engen Sachzusammenhangs hat die Bundes- Zusammenhänge unserer Konjunkturpolitik mit der republik bei einem Vergleich des allgemeinen Weltrezession dargestellt als auch die Konsequenzen Wohlstands, der Beschäftigungslage, der Preis- und daraus gezogen, daß wir „seit 1974 eine Weltrezes- Einkommensentwicklung, der sozialen Sicherung so- sion erleben, die alles in den Schatten stellt, was wie der Währungsreserven eine ausgezeichnete Po- wir seit der Weltdepression der 30er Jahre erlebt sition, denn sie gehört zu den Ländern mit der größ- hatten". Das letztere ist ein Zitat aus der Regie- ten sozialen und politischen Stabilität. rungserklärung. Herr Kohl hat auch davon gesprochen, daß diese Der jetzige Zeitpunkt beweist, daß wir nicht auf sozialliberale Koalition im Oktober 1969 ein blühen- einer einsamen Insel leben, sondern mit den beab- des Gemeinwesen übernommen habe. Ich muß hier sichtigten Konsolidierungsmaßnahmen Produktion, wiederholen, was von mir schon vor einigen Mona- Einkommen und Beschäftigung stützen wollen, um ten an dieser Stelle festgestellt wurde: daß eine in unserem Lande ohne gefährliche Zuspitzung ge- solche historische Wertung nicht mit dem Jahre 1969 sellschaftlicher Konflikte die Auswirkungen der — soweit die Vergangenheit in Frage kommt — be- weltwirtschaftlichen Krise durchstehen zu können. ginnen kann, sondern mit den Jahren 1965 und Überzeugender und durchsichtiger kann man sich 1966 beginnen muß. Man darf doch nicht vergessen, keine Bilanz vorstellen als diejenige, die heute daß es nach einem totalen Zusammenbruch nach den von der Bundesregierung auf den Tisch gelegt wur- Wahlen des Jahres 1965 — auch hierauf hat der de, Herr Bundeskanzler hingewiesen — nur durch die (Beifall bei der SPD) Große Koalition aus CDU/CSU und SPD möglich ge- wesen ist, aus dem Tal der Rezession wieder zu sta- wobei ich mir nur den Hinweis gestatte: man muß bilen Grundlagen zurückzufinden. Deswegen muß allerdings etwas von Bilanzen verstehen, darf nichts ich Herrn Ministerpräsidenten Kohl darauf hinwei- verschleiern wollen und muß ehrlich mit den Zahlen sen, wenn er von einem beispielhaften Verhalten umgehen. der jetzigen Opposition spricht, daß das damals ein (Erneuter Beifall bei der SPD) sehr überzeugendes Beispiel dafür war, daß die So- Meine Damen und Herren, von der Notwendigkeit zialdemokraten in diesem Bundestag immer be- eines Aufbruchs zu einer neuen Politik zu sprechen, strebt gewesen sind, die deutsche Bevölkerung in ist gegenüber dieser Bundesregierung und den sie heiklen und schwierigen Situationen nicht im Stich tragenden Parteien ein Überspielen der Positionen, zu lassen, sondern daß sie sich gerade dann für die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12947

Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller schwierigsten Aufbauarbeiten zur Verfügung stell- ministerium der Finanzen im einzelnen durchgerech- ten, wenn Not am Mann war. Hier war Not am neten Finanzplanung setzen, also mit dem Zweifel Mann und Not an der Tat, an der Überzeugung. in die Realisierbarkeit dieser Planung mit unterpro- portional steigenden Bundesausgaben, öffentlich — (Beifall bei der SPD) sicher ungewollt — den Beweis dafür angetreten, daß Sie deshalb weitere ins Gewicht fallende Aus- Vizepräsident Dr. Schmidt - Vockenhausen: Lassen gabenkürzungen einfach für unmöglich halten? Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Höcherl Wenn Sie diese Schlußfolgerung nicht zögen, müßte zu? ich mit Ihnen sagen: diese Rechnung geht nicht auf.

Herr Ministerpräsident Kohl, Sie haben heute den Dr. h. c. Dr. - Ing. E. h. Möller (SPD) Bitte sehr. Versuch gemacht, den Einfluß inländischer und aus- ländischer Wirkungsfaktoren gegeneinander abzu- Höcherl (CDU/CSU) : Herr Kollege, sind Sie nicht wägen. Sie haben uns mitgeteilt, daß Sie nie den der Versuchung erlegen, eine Legende zu bilden? Einfluß weltwirtschaftlicher Entwicklungen auf un- War es Ihnen nicht wichtiger, in die Regierung zu sere exportabhängige Wirtschaft geleugnet haben. kommen, als hier einen vaterländischen Beitrag zu Ich muß Ihnen erwidern, daß wir natürlich niemals leisten? den Einfluß binnenwirtschaftlicher Kräfte übersehen (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Wehner haben. [SPD] : War etwas außerhalb des Rahmens (Wehner [SPD] : Sehr wahr!) der Loyalität! — Dr. Ehrenberg [SPD] Sie Von Ihnen wurde dargelegt, daß wir bereits im verwechseln uns, Herr Höcherl!) vergangenen Jahr einen Anstieg der Arbeitslosig- keit und einen spürbar nach unten gerichteten kon-

Dr. h. c. Dr. - Ing. E. h. Möller (SPD) : Herr Kollege junkturellen Ablauf zu verzeichnen hatten — trotz Höcherl, ich weiß, Sie sind ein aufmerksamer Ver- der noch steigenden Exportzahlen, wie Sie mit erho- folger historischer Begebenheiten. Aber, Herr Kol-. benem Zeigefinger sagten. Aber nichts anderes als lege Höcherl, das wissen Sie doch nun wirklich, in diese damals anhaltend gute Entwicklung im Export- welch einer prekären Situation sich der Deutsche sektor ist doch die Ursache dafür, daß der Sachver- Bundestag und alle im Deutschen Bundestag vertre- ständigenrat, daß die Arbeitsgemeinschaft der wirt- tenen Parteien befanden, als nur noch eine Minder- schaftswissenschaftlichen Institute, daß die Bundes- heitsregierung Erhard vorhanden war und als vor regierung und nicht zuletzt auch Sie, meine Damen Abtreten des damaligen Bundeskanzlers Erhard die und Herren von der Opposition, davon ausgehen CDU/CSU-Fraktion bereits einen neuen Kandidaten konnten, für das Amt des Bundeskanzlers, nämlich Kurt- (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Nein, wir Georg Kiesinger, bestimmt hatte. Erst dann vollzo- nicht!) gen sich die Verhandlungen der CDU/CSU mit der Sozialdemokratie und der FDP. Es war gar nicht daß die bis dahin getroffenen Maßnahmen der Bun- anders möglich, aus den Schwierigkeiten herauszu- desregierung in Bälde einen Aufschwung bewirken kommen, als durch den Einsatz der unverbrauchten würden. Kraft der deutschen Sozialdemokraten in der Bun- (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Uns neh desrepublik. men Sie da bitte aus!) (Beifall bei der SPD) Daß wir alle diesen Aufschwung in Rechnung ge- Nachdem ich nun auch Herrn Höcherl überzeugt stellt haben, ist nicht zu leugnen. Erst danach, nach habe, werde ich diesen Punkt verlassen. der von Herrn Ministerpräsident Kohl zitierten posi- (Beifall und Heiterkeit bei der SPD — Hö tiven Exportentwicklung, erfolgte der Einbruch in cherl [CDU/CSU] : Aber sehr schlecht!) die Auslandsnachfrage. Er ist zweifellos die Ursache Herr Ministerpräsident Kohl, Sie haben heute dafür, daß die Strategie der Bundesregierung durch- auch eingehend die mittelfristige Finanzplanung der kreuzt wurde, wie der Sachverständigenrat in sei- Bundesregierung analysiert. Ihr Hinweis auf die nem Sondergutachten ausdrücklich festgestellt hat. Preissteigerungen, die bei dieser Planung zu berück- Ihre Ausführungen, Herr Ministerpräsident Kohl, sichtigen sind, ist sicher zu beachten. Sie haben dar- liefern den Beweis dafür, daß das Ausbleiben der auf hingewiesen, daß die Investitionen mit dieser Konjunkturellen Erholung tatsächlich allen unerwar- Finanzplanung durchschnittlich um 8 % steigen wer- tet kommen mußte, daß es durch den Einbruch der den. Sie haben dem gegenübergestellt, daß die Ge- Auslandsnachfrage verursacht war. Ihre Ausführun- gen erbringen schließlich auch den Beweis dafür, daß samtausgaben des Bundes lediglich mit Steigerungs-- raten von 4,1, 3,0, 7,0 und 5,4 % wachsen werden, Sie offensichtlich immer noch nicht in der Lage sind, während gleichzeitig mit einem nominalen Wachs diesen Zusammenhang richtig auszuwerten. tum des Bruttosozialprodukts zwischen 9 1/2 und Herr Kohl hat einen entscheidenden Satz des Son- 101/2 % gerechnet werden kann. dergutachtens zur konjunkturpolitischen Lage im (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Eine Hy August 1975 — Textziffer 47 — übersehen. Dieser pothese!) Satz lautet: Sie haben daraus gefolgert: „Diese Rechnung geht Auf mittlere Sicht Ausgabenpläne kürzen und nicht auf." Haben Sie nicht gerade mit dem Zweifel, auf kurze Sicht für zusätzliche sorgen, das ist den Sie in die Realisierbarkeit dieser vom Bundes eine schwierige Aufgabenkombination, die 12948 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller hohe Ansprüche an das politische Handeln Meine Damen und Herren, wem vor diesem Hinter- stellt. grund nichts Besseres einfällt, als vom „Schulden- macher" und vom „Offenbarungseid in Raten" zu Damit ist der Kreis derer, die das machen können, sprechen, entfernt sich von der notwendigen Glaub- sehr eng gezogen. Diese schwierige Aufgabenkom- würdigkeit, die jeden demokratischen Politiker aus- bination, kurzfristig konjunkturelle Impulse zu zeichnen sollte. geben und gleichzeitig die mittelfristige Konsolidie- rung der Staatshaushalte zu beginnen, ist Dreh- und (Beifall bei der SPD und der FDP) Angelpunkt der vorgeschlagenen Konsolidierungs- In den letzten Tagen ist in den Zeitungen viel maßnahmen. über die Reisen von Bundestagsabgeordneten ge- Meine Damen und Herren, es gibt kein Argument, schrieben worden. Ich empfehle, daß noch mehr das gegen eine staatliche Kreditfinanzierung in Jah- Bundestagsabgeordnete reisen, aber in die richtigen ren der Rezession spricht. Das muß ich im Hinblick westlichen Länder, um sich dort von den Fachleuten auf die Ausführungen von Herrn Kohl wiederholen. und Politikern sagen zu lassen, wie sie diese Bundes- Eine solche staatliche Kreditfinanzierung ist ein regierung sehen und die konjunkturpolitische Lage Gebot der Gesamtverantwortung für den Staat. Alle der Bundesrepublik beurteilen. Versuche, die gegenwärtigen Verschuldungszahlen (Beifall bei der SPD und der FDP) der öffentlichen Haushalte als katastrophal hinzu- Wenn man überall herumkommt und feststellt, daß stellen, müssen als Demagogie zurückgewiesen wer- man uns durchaus zutraut, in dieser Politik der den. Und solche Flugblätter, wie sie jetzt die CDU Konsolidierung und der herbeizuführenden Stabili- in Bonn beispielsweise verteilt: „Helmut Schmidt, tät mit Erfolg fortzufahren, und wenn man insbe- der Schuldenmacher", „Offenbarungseid in Raten". sondere das Urteil über den Herrn Bundeskanzler und das, was da im einzelnen dargestellt und be- und seine Minister hört und miterlebt, wie der hauptet wird, das alles geht unter die Gürtellinie. Herr Bundeskanzler für eine Koordinierung der Ich halte es für höchst bedauerlich, daß man sich konjunkturpolitischen Maßnahmen angesichts der mit solchen Erzeugnissen herumschlagen muß. Weltrezession in Anspruch genommen wird, dann (Wehner [SPD] : Sehr wahr!) muß man sich wundern, daß das von den eigenen, von den deutschen Politikern nicht anerkannt und Es ist ein Erfolg des flexiblen Verhaltens der gewürdigt wird. Bundesregierung, daß konjunkturelle Impulse frei- gemacht werden konnten und die damit zusammen- (Beifall bei der SPD und der FDP) hängende Finanzierungsaufgabe gemeinsam mit der Das sind mir schlechte demokratische Patrioten, Deutschen Bundesbank vortrefflich gemeistert wur- Herr Kohl, die sich so verhalten! den und sicherlich weiter gemeistert werden. (Beifall bei der SPD — Dr. Müller-Her Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministe- mann [CDU/CSU) : Hätten Sie sich mal das rium der Finanzen urteilt in seinem Gutachten vom Ansehen von Herrn Erhard in Erinnerung 5. Juli 1975 — ich darf zitieren —: gerufen, als Sie ihn attackiert haben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) In Anbetracht der konjunkturellen Situation der Bundesrepublik Mitte des Jahres 1975 ist der — Herr Erhard wird mir bestätigen, daß ich ihn starke konjunkturelle Anstoß, der von der be- immer sehr geschätzt und daraus nie ein Hehl ge- trächtlichen Zunahme kreditfinanzierter Staats- macht habe. ausgaben ausgeht, zu begrüßen. (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Und was Im Sondergutachten des Sachverständigenrats zur hat die SPD hier getönt!) Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwick Für unsere Vorstellungen ist es unmöglich, einen lung vom 17. August 1975 heißt es in Textziffer 15: Mann, der nach der Währungsreform den kühnen Mag es vor dem Einbruch der Auslandsnach- Sprung ins Wasser gewagt hat, am Schluß einer frage noch zweifelhaft gewesen sein, ob so politischen Arbeit so abzuschießen, wie Sie, meine massive expansive Impulse der Finanzpolitik Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion das konjunkturgerecht waren, — heute sollte un- getan haben. streitig sein, daß die Defizite der öffentlichen (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ Hand, so beklagenswert sie im übrigen sein CSU: Weshalb sind Sie denn zurückgetre mögen, konjunkturpolitisch gerechtfertigt sind. ten?) Man muß sich auch an solche Begutachtungen und Wer höchste Kürzungsforderungen öffentlich be- - Urteile Sachverständiger gewöhnen. Wenn man kanntgibt, muß sich fragen lassen: Soll die Steuer- diese Institute selber mit ins Leben gerufen hat, und Kindergeldreform zum Teil rückgängig gemacht darf für die Wertung ihrer Aussagen nicht entschei- werden? Und wenn ja: in welchen Teilen? Soll die dend sein, ob einem das eine oder andere Urteil dynamische Rente Änderungen erfahren? Und — paßt, ob es in die eigene politische Landschaft paßt. wenn ja: in welchem Umfang? Sollen Universitäten Vielmehr sollte man den Sachverständigenrat, wenn als Privatunternehmen betrieben werden? Und wenn man ihn in solchen kritischen konjunkturellen Situa- ja: wie und wo und mit welchen Zuschüssen der tionen benötigt, achten und respektieren. öffentlichen Hand? (Beifall bei der SPD und der FDP) (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12949 Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Will man eine höhere Eigenverantwortung in der das haben Sie aus dem Februar 1965 abgeguckt, als Krankenversicherung? Und wenn ja: wie soll sie die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion in der aussehen und was soll sie den Krankenversicherten damals sehr kritischen Situation alle Anträge und kosten? Wann und wo wird nach Ansicht der Oppo- Gesetzentwürfe mit finanzwirtschaftlichen Auswir- sition der Sozialstaat zur Plage werden? kungen zurückgezogen hat mit der Aufforderung Diese Fragen, meine Damen und Herren, haben an die Regierungsparteien, sich genauso zu verhal- ihre Berechtigung. Die CDU macht sich jetzt, wohl ten, damit sich die Krise nicht noch mehr verschärft. mehr einem modischen Trend gehorchend als aus Das haben Sie also nur abgeschrieben, — wogegen programmatischen Grundüberzeugungen, daran, die von meiner Seite aus nicht das geringste einzuwen- „neue soziale Frage" zu konstruieren. Der kritische den ist. Wenn sich diese Ihre Auffassung im Deut- Wähler muß dem Angebot des Oppositionskandida- schen Bundestag durchsetzen sollte, würde es ein ten auf die Kanzlerschaft, „einen neuen Anfang für sehr vernünftiges Wettrennen zwischen den Vor- eine bessere Zukunft unseres Vaterlandes" zu ma- stellungen geben, was an ausgabewirksamen Maß- chen, nahmen in nächster Zeit und mindestens so lange (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) vermieden oder verhindert werden muß, wie wir nicht eine festere finanzwirtschaftliche Basis zu- sehr skeptisch gegenüberstehen. rückgewonnen haben. Insoweit begrüße ich natür- (Beifall bei der SPD) lich einen solchen Beschluß und ein solches etwai- ges Verhalten der Opposition in dieser Richtung Wie vereinbaren sich sonst Ihre verlockenden For- uneingeschränkt. derungen nach Partnerrente, Erziehungsgeld und umfassender Neuorientierung in der Sozialpolitik Nun darf ich doch das Zitat von Herrn Str a u ß mit den Stellungnahmen der Herren Carstens und bringen. Sie waren so kühn, mich gerade da unter- Kohl zum Konsolidierungsprogramm der Bundes- brochen zu haben. Sie wissen, daß er in China und regierung? weit vom Schuß ist und Sie nicht kontrollieren kann. Wie gesagt, in der Sendung „Report" vom 1. Sep- Auf der einen Seite werden Steuererhöhungen tember 1975 hat Herr Strauß folgendes erklärt: abgelehnt, womit der finanzpolitische Spielraum jeder Bundesregierung nach den Wahlen 1976 un- Ich habe in Mannheim gesagt, wir haben die verantwortlich eingeengt würde. Auf der anderen Grenzen des Sozialstaates erreicht. Heute ist Seite wird von der Bundesregierung verlangt, wei- die Zeit vorbei, tergehende Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite — und nun kommt eine ganz wichtige Passage — in solcher Höhe vorzulegen, daß schließlich in unse- rer Beurteilung ein erheblicher Abbau von staat- in der gesellschaftliche Probleme oder politi- lichen Leistungen die Folge sein würde. sche Konflikte durch materielle Gratifikationen gelöst werden können. Das geht nicht mehr. Herr Kollege Strauß hat bereits in der Sendung „Report" vom 1. September 1975, knapp drei Mo- Soweit Herr Strauß. Bisher war ich der Meinung, nate nach Verabschiedung der Mannheimer Erklä- daß die Parteien im Deutschen Bundestag stolz dar- rung, eine kritische Distanz zu den Beschlüssen der auf sind, daß sie die großen gesellschaftlichen Pro- Schwesterpartei eingenommen. bleme unserer Zeit oder auszugleichende politische Konflikte im Sinne einer demokratischen Fortent- wicklung unserer Staates, manchmal bei Überwin- Herr Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: dung größter Schwierigkeiten, gelöst haben. Es ist Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des bei dem hohen und mühevollen Aufwand, der mit Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter? dieser Zielsetzung verbunden ist, unfaßbar, jetzt von Herrn Strauß zu hören, daß das alles „mate- Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) : Bitte sehr. rielle Gratifikationen", also sozusagen „Ehrenga- ben" waren. Ein Arbeitnehmer, der davon hört, Kroll-Schlüter (CDU/CSU) : Herr Dr. Möller, darf stellt sich vor, daß er eine materielle Gratifikation ich Sie fragen, ob Sie nicht zur Kenntnis genommen in Höhe von 100 DM zu Weihnachten steuerfrei haben, daß heute morgen auch Herr Dr. Kohl aus- erhält. Das ist ungefähr das Niveau, von dem Herr drücklich zum Ausdruck gebracht hat, daß wir auf Strauß bei diesem Interview ausging. jegliche ausgabenwirksamen Beschlüsse verzichten? Unabhängig von diesem Strauß-Ausspruch muß an dieser Stelle festgehalten werden, daß der General- Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) : Ich habe das sekretär der CDU, Herr Professor Biedenkopf, von Herrn Kohl nicht gehört, obwohl ich aufmerk- in einem Interview des SFB vom 13. September die- sam zugehört habe. ses Jahres auf die sehr interessante Schlüsselfrage (Zurufe von der CDU/CSU) „Müssen Sie an dem, was Sie in Mannheim ausge- führt haben, etwas korrigieren angesichts der wirt- — Entschuldigen Sie, ich will es gerade sagen: von schaftlichen und finanzpolitischen Situation, in der Herrn Carstens habe ich es gehört. die Bundesrepublik sich heute befindet?" im Gegen- (Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen satz zu Herrn Strauß schlicht und einfach mit „Nein" schon zuhören!) geantwortet hat. — Es genügt ja, wenn man das sagt. Nun wollen Die sozialliberale Bundesregierung und die sie wir erst einmal abwarten, wie das weiterläuft. Zu- tragenden Parteien wollen und werden das System nächst liegt noch nichts vor. Ich muß feststellen: der sozialen Sicherheit aufrechterhalten und absi- 12950 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller chern, um über diese schwierige Phase hinwegzu- darüber vorzulegen, was auf die Wirtschaft insbe kommen, die der amerikanische Finanzminister sondere mittel- und langfristig an Steuern und So- Simon als den „schwersten weltweiten Konjunktur- ziallasten zukommen würde. einbruch seit der Weltwirtschaftskrise" bezeichnet (Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : Sehr richtig!) hat. Daß dabei auf das ausgewogene Gleichgewicht zwischen Ansprüchen und Leistungen, zwischen Das ist nun geschehen, Rechten und Pflichten geachtet werden muß, ist je- (Möller [Lübeck] [CDU/CSU] : Ach!) dem selbstverständlich, der die Grenzen der Ge- setzgebung in einem sozialen Rechtsstaat nur halb- und zwar in einem Umfange, den Sie beanstanden. wegs realistisch einschätzt. Das tiefgestaffelte An- Sie beanstanden, daß wir von Steuererhöhungen ab gebot solidarischer Hilfen wird nur dort überprüft 1. Januar 1977 reden. Man müßte doch auf Grund werden können, wo die Möglichkeiten des Miß- dieser Unterlagen wirklich in der Lage sein zu dis- brauchs und die Verführung zur Sorglosigkeit ge- ponieren. Wenn Sie, Herr Kohl, so oft von der Ver- geben sein könnten. unsicherung in der Wirtschaft sprechen, kann ich nur fragen: Von wem geht die Verunsicherung der Wenn die Opposition diesen Maßnahmen der Bun- Wirtschaft eigentlich aus? desregierung eine politisch glaubwürdige Position gegenüberstellen will, dann müßte endlich der Be- (Beifall bei der SPD) kennermut zu klaren Alternativvorschlägen bemerk- Was Sie hier der SPD bzw. der Koalition unter- bar werden. Die widersprüchlichen Aussagen der stellen, ist doch bei genauer Prüfung einfach nicht Union zum Konsolidierungsprogramm der Bundes- haltbar. regierung beweisen nichts anderes als ein hohes Maß an Ratlosigkeit. (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Fragen Sie einmal Herrn Genscher und Herrn Friderichs! — (Beifall bei der SPD) Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Lassen Sie mich deswegen, Herr Kohl, auch offen betonen, daß für uns die politischen Auseinander- Sie können mir doch nicht weismachen, daß, wenn setzungen mit den Vorstellungen der Union durch wir morgen eine Erweiterung der Abschreibungs- die vielen widersprüchlichen Äußerungen, möglichkeiten beschlössen, die Wirtschaft über- morgen von diesen erweiterten Abschreibungsmög- (Maucher [CDU/CSU] : Von Helmut Schmidt!) lichkeiten Gebrauch macht. Sie wird sich dann immer die es bisher bei Ihnen gegeben hat, außerordentlich noch den ihr geeignet erscheinenden Zeitpunkt aus- erschwert worden sind. Sie selbst wurden in einem suchen, und der muß durchaus nicht in diesem oder „Bild"-Interview am 9. August 1975 gefragt: im nächsten Jahr liegen. Die Männer in der Wirt- schaft müssen erst einmal zu sich selbst Vertrauen Einige CDU-Politiker sorgen ständig für Schlag- schaffen zeilen über interne Streitigkeiten. Hat die Union die nötige Geschlossenheit? (Beifall bei Abgeordneten der SPD — La chen bei der CDU/CSU) So fragt die „Bild-Zeitung", nicht die SPD-Bundes- tagsfraktion. Sie, Herr Ministerpräsident, haben ge- und müssen dafür sorgen, daß sie über eine lange antwortet: Zeit kritischer und weniger kritischer Jahre die Die Zeit dieser Schlagzeilen ist vorbei. Dafür Unternehmensdispositionen treffen, die sich in den werde ich schon sorgen. kommenden Zeiten dann auch bewähren. Erfolge dieses Versprechens, sehr geehrter Herr Dr. (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Herrn Gen Kohl, sind leider noch nicht sichtbar. Wir haben aber scher sagen!) Verständnis für Ihre Schwierigkeiten bei all den Das gehört zu den Verpflichtungen des Manage- vorhandenen Rivalitäten. ments. Für die Gesamtbeurteilung der Haltung der Oppo- (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ sition möchte ich das ins Gedächtnis rufen, was Herr CSU: Das müssen Sie dem Kollegen Gen Kollege Strauß am 26. Februar 1975 im Fernsehen scher sagen!) gefordert hat — ich zitiere wörtlich —: Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, Es ist unerläßlich, daß 1976 Steuern erhöht und spielen mit diesem Verunsicherungsfaktor insbe- gesetzlich beschlossene Leistungen vermindert sondere gegenüber den Unternehmern, weil das in werden müssen. Ihren politischen Kram paßt, Daß sich vom 26. Februar dieses Jahres bis heute - (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Herr Genscher die Situation so geändert hätte, daß diese Erklärung ist tief betroffen!) von Herrn Strauß in Zukunft unbeachtet bleiben müßte, wird keiner in diesem Hohen Haus behaup- nicht weil das die Ursache des Ganzen wäre. ten. (Beifall bei der SPD) (Maucher [CDU/CSU] : Sind 17 Milliarden keine Änderung?) Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege, gestat- Sie selbst, Herr Ministerpräsident Kohl, haben ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten laut „Stuttgarter Zeitung" vom 23. August 1975 die Niegel? Bundesregierung aufgefordert, eine klare Rechnung (Zuruf von der SPD) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12951

Niegel (CDU/CSU) : Herr Kollege Möller, war es Bundestag zu geben. So gewinnt man keine auch Verunsicherung, als Sie in diesem Hause am Wahlen. 20. November 1966 folgendes zur CDU/CSU-Regie- So wird es sicherlich bleiben. rung sagten: (Wehner [SPD] : Die Antwort steht noch Die Finanz- und Haushaltspolitik hat ein Sta- aus!) dium an Unvermögen erreicht, das wirklich nicht mehr zu überbieten ist, wobei Staat und Diese Auffassung teile ich. Sie, meine Damen und Wirtschaft ernsthaft Schaden nehmen. Herren von der Opposition, haben keine Alter- nativen und schon gar keine überzeugenden Alter- (Lachen bei der SPD — Wehner [SPD] : Wer nativen. hat Ihnen das denn gegeben?) (Beifall bei der SPD) Ihnen, Herr Ministerpräsident Kohl, wurde in dem Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) : Meine Damen bereits zitierten Interview mit der „Bild-Zeitung" und Herren, das war eine vorsichtige Umschrei- die Frage gestellt: „Was wollen Sie gegen die Fi- bung der festzustellenden Realitäten. Zurückhalten- nanz- und Wirtschaftskrise unternehmen?" Ihre Ant- der konnte man sich bei der damaligen Sachlage wort lautete dort anders als heute hier im Deutschen wohl kaum ausdrücken. Bundestag. Sie erklärten nämlich: (Beifall bei der SPD — Maucher [CDU/ Wir werden den Bürgern sagen, daß wir es CSU] : Heute ist die Realität auch so!) heute für modern halten, Meine Damen und Herren, nach der Klausur- — man muß sich einmal die Formulierung überle- tagung der CDU/CSU-Spitzenpolitiker am 6. Sep- gen! — tember 1975, die doch wohl der Herstellung von Geschlossenheit dienen sollte, sprach Herr Stolten- auch wieder Fleiß, Arbeitsmoral, Pünktlichkeit berg von der Zustimmung der Opposition zur Erhö- und Aufrichtigkeit zu fordern. hung der Tabak - und Branntweinsteuer. Diese Pas- (Stücklen [CDU/CSU]: Das ist ja auch sage fehlte heute übrigens bei Herrn Kohl, sicher, richtig!) weil am 10. September 1975 Herr Kollege Strauß in Ist das, Herr Ministerpräsident, Ihre Antwort auf der Sendung „Bilanz" anders entschieden hat. Er hat die „neue soziale Frage" ? Sagen Sie bitte den Bür- nämlich für die CDU/CSU — selbstverständlich ver- gern, wo Sie Fleiß, Arbeitsmoral, Pünktlichkeit und bindlich — entschieden: „Jetzt keine Steuererhö- hungen, auch nicht die Erhöhung der indirekten Aufrichtigkeit vermissen. Steuern, auch nicht am 1. Januar 1977." Nach dieser (Zuruf von der CDU/CSU: Bei der Regie Befehlsausgabe müssen Sie natürlich eine andere rung!) Strategie anwenden, was ich gern zugebe. Allein schon die Aufrichtigkeit fehlt, wenn Sie Ihre (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU]: Sie ma Forderung nicht im einzelnen genau begründen. Ich chen sich das etwas einfach!) halte sie in dieser pauschalierten Form für eine Be- Nach den schwerwiegenden Diskussionen in leidigung unserer arbeitenden Menschen. Mannheim — auf diesen Vorgang möchte ich doch (Beifall bei der SPD und der FDP) zurückkommen — schrieb Ihnen Herr Professor Meine Damen und Herren, wir haben heute vor- Erhard einen Brief. In dem Brief heißt es: mittag die Stellungnahme des Herrn Ministerprä- Ich fürchte, daß die „neue soziale Frage", die sidenten Kohl zu Äußerungen des Herrn Bundes- die Autoren dieses Entwurfs kanzlers gehört, wobei sich Herr Kohl mit Bundes- — also der Mannheimer Beschlüsse — tag und Bundesrat in einem Zusammenhang beschäf- tigt hat, der höchst bedauerlich ist. Wir alle würden plötzlich entdeckt zu haben glauben, in der gern darauf verzichten, von solchen Zusammenhän- Wirkung lediglich der Auftakt zu neuen Forde- gen Kenntnis zu nehmen. Aber daß ein gewaltiger rungen und Belastungen der öffentlichen Haus- Unterschied zwischen den Funktionen des Deutschen halte sein wird ... Was aus der Mannheimer Bundestages und denen des Bundesrats besteht, Erklärung in diesem Punkt herauszulesen ist: können Sie unschwer dem Artikel 38 des Grundge- — meine Damen und Herren von der CDU/CSU- setzes entnehmen, der die Wahl der Abgeordneten Fraktion, das sage nicht ich Ihnen, sondern Ihr von des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmit- Ihnen hoffentlich noch immer hochgeschätzter Pro- telbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl be- fessor Erhard — stimmt, und dem Artikel 51 des Grundgesetzes, der - für den Bundesrat schlicht feststellt, daß er aus mehr Staat, aber weniger persönliche Verant- Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie be- wortung, das weist uns einen falschen Weg. stellen und abrufen, besteht. Hier wird weiter ge- Professor Erhard fährt fort: sagt, daß sie durch andere Mitglieder ihrer Regie- Ich möchte nicht durch Schweigen mitschuldig rungen vertreten werden können. werden an einer Entwicklung, ,die auch unsere Ich weiß nicht, wie es jetzt in den Landtagen aus- Partei näher zum Kollektivismus hinführt und sieht. Zu der glücklichen Zeit, als ich noch Mitglied ihr die Chance verbaut, durch überzeugende eines Landtages war, bestand die Praxis — und die Alternativen zur SPD den Wähler zu veran- Länderregierungen haben ängstlich darauf geach- lassen, ihr wieder die Mehrheit im Deutschen tet, daß diese Praxis nicht gestört wurde —, daß 12952 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller nicht einmal die Länderparlamente ihren Länder- Meine Damen und Herren, nach den Geburtstags- regierungen in wichtigen sie berührenden politi- feiern des „Herkules der Geschichte" schen Fragen Weisungen für die Haltung im Bun- (Stücklen [CDU/CSU] : Die sind noch nicht zu desrat geben konnten, sondern die dort vertrete- Ende!) nen Mitglieder der Regierungen waren von ihren Landtagen unabhängig und nicht weisungsgebun- — so der stellvertretende CSU-Vorsitzende Franz den. Wer sagt, daß da kein Unterschied zwischen Heubl — hat sich das „Urtalent der Politik" — wie- einer Meinungsbildung im Deutschen Bundestag und der ein Zitat — in die Volksrepublik China bege- einer Meinungsbildung im Bundesrat besteht, den ben, in die Nähe des großen Vorsitzenden Mao Tse vermag ich über die wirklichen Zusammenhänge tung. Der ihn ersetzende Vorsitzende der CDU ist nun auch nicht mehr aufzuklären. Daß der Bundes- schon auf dem CSU-Parteitag in München zur Er- rat aus der ganzen Struktur des Grundgesetzes eine leichterung dieser heutigen Rolle von einer Ge- andere Aufgabe hat, als parteipolitisch Obstruktion meinsamkeit beider Unionsparteien ausgegangen. gegen eine ihm nicht genehme Bundesregierung zu Bereits in München erklärte Herr Kohl, daß man treiben, soweit sich dazu eine Mehrheit findet, ist gemeinsam gegen jede Art sozialistischer Indoktri- an vielen Vorgängen klarzustellen. nation in diesem Lande kämpfen werde". (Beifall bei der SPD) (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) Die widersprüchliche Haltung der Opposition Der demokratische Staat müsse ein starker Staat kennzeichnet auch das ganze Bund-Länder-Verhält- mit Autorität als Schutz und Schirm für die Bürger nis. Der Forderung nach mehr Ausgabenkürzungen sein. ist die Äußerung des Ministerpräsidenten von (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) Schleswig-Holstein entgegenzuhalten, der laut Im freien Rechtsstaat müsse die Gewissensfrei- Frankfurter Zeitung vom 5. Juli 1975 in bezug auf die heit ihren Raum besitzen. Länderhaushalte davon spricht — ich zitiere wört- lich —, „daß weitere Kürzungen ... die wesentli- (Sehr gut! bei der CDU/CSU) chen Aufgaben der Länder zur Existenzsicherung Auf diese Äußerungen des CDU-Vorsitzenden von Betrieben und Arbeitsplätzen sowie in der Bil- kann ich nur erwidern: Die deutschen. Sozialdemo- dungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik in nicht mehr kraten haben in ihrer 112jährigen Geschichte für vertretbarer Weise gefährden" würden. einen demokratischen Rechts- und Sozialstaat ge- Damals ging es um den Steuerstreit, wobei dann kämpft und in diesem Kampf besonders unter der der Bund 2 Milliarden DM weniger von den Ländern Nazi-Diktatur große Opfer gebracht. Wer garantiert erhalten hat, als sich eigentlich aus einem Gentle- in diesem Lande besser als die Sozialdemokraten, men's-Agreement ergibt. Aber in dieser Erklärung daß der soziale Rechtsstaat als ein unverzichtbarer des Herrn Stoltenberg vom 5. Juli 1975 kommt doch Bestandteil der politischen Ordnung und die freie eine Auffassung zum Ausdruck, die dem Prinzip der Selbstbestimmung des Menschen im Rahmen unse- Gemeinsamkeit der Verantwortung von Bund und res demokratischen Grundgesetzes gesichert sind? Ländern nicht mehr entspricht. (Beifall bei der SPD) Ich will in diesem Zusammenhang auf eine äußerst Der Ruf konservativer Kreise nach dem „starken bedeutsame finanzwirtschaftliche Entwicklung in Staat" muß befürchten lassen, daß die Interessen der Bundesrepublik aufmerksam machen: 1965 flos- organisierter Gruppen — insbesondere auf die sen 55,3 % des gesamten Steueraufkommens dem Gewerkschaften reflektieren derartige Ansprüche — Bund zu. 1974 waren es nur noch 49,5 %; 1976 wer- gegenüber vermeintlichen „Interessen der Allge- den es wahrscheinlich um die 49 % sein. Gleichzei- meinheit" zurückgedrängt werden sollen. Die durch- tig stieg der Anteil der Länder am Steueraufkommen sichtige Taktik dieser Strategie geht von dem Be- von 30,7 % im Jahre 1965 auf 35,1 % im Jahre 1974 kenntnis zur pluralistischen Gesellschaft bei gleich- an. Er wird 1976 bei über 34 % liegen. zeitiger Disqualifizierung von Gruppeninteressen als Wir müssen uns daher ernsthaft die Frage vor- „schädlich für das Allgemeinwohl" aus. Daß dabei legen, inwieweit dieser Abfluß aus den Einnahme- eine Diffamierung von Sozialdemokraten und Ge- quellen, die dem Bund zur Verfügung stehen, einem werkschaften sehr gut in das Konzept der sich auf- Wandel in der bundesstaatlichen Aufgabenstellung drängenden Staatsretter und Bewahrer unseres entspricht. Das Grundgesetz weist den Ländern Grundgesetzes paßt, liegt auf der Hand. wichtige Aufgaben insbesondere im Bereich des Bildungswesens und der inneren Sicherheit zu. Das Um dem einseitigen Staatsverständnis der CDU/ Schwergewicht der Bundesaufgaben und -ausgaben CSU zur notwendigen Breitenwirkung zu verhelfen, liegt bei der äußeren und der sozialen Sicherung,- auf scheut sich die Opposition nicht, den aus den 50er die allein über die Hälfte der Bundesausgaben ent- Jahren noch bekannten Kollektivismusvorwurf auch fallen. Es geht nicht an, den Aufgaben, die der Bund mit ins Spiel zu bringen. Der CDU-Vorsitzende Kohl zu erfüllen hat, einen minderen Rang einzuräumen. lieferte dafür einen Beweis, indem er im CDU-Infor- Ich warne vor einer Bund-Länder-Konfrontation, die mationsdienst 2/75 folgendes schrieb: die Machtverteilung im Bundesrat zu einer Erzwin- Die SPD interpretiert das Gleichheitsprinzip gung von Finanzierungsanteilen ausnutzt, die die nach wie vor egalitär. Sie strebt eine Egalisie- gleichmäßige Erfüllung der staatlichen Aufgaben rung der Gesellschaft an. Die Gleichheit zeigt beeinträchtigen würde. hier ihr freiheitsfeindliches Gesicht. Während (Zustimmung bei der SPD) die CDU mehr Gleichheit um der Freiheit wil- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12953 Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller len will, schiebt sich bei der SPD Gleichheit vor erzogene Dummheit, die sorgfältig durch die Er- die Freiheit. ziehung zu Vorurteilen herbeigeführte Dumm- (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!) heit. Im Erfolgsfall solcher Erziehung — und er tritt leider massenhaft ein — ersetzt dann bei Wir Sozialdemokraten sehen uns außerstande, sol- dem Versuch einer Konfliktlösung mit steigen- che Auffassungen des CDU-Vorsitzenden — und des der Erregung das Vorurteil die Arbeit kritischer Zwischenrufers — von Gleichheit und Freiheit in Reflexion. unserer Gesellschaft zu akzeptieren, Machen Sie sich daher, meine Damen und Herren (Beifall bei der SPD) von der Opposition, in dieser Konfliktsituation von weil die Freiheit, die Herr Kohl verwirklichen will, allen uns betreffenden Vorurteilen bitte frei; den privaten Geltungsanspruch — meist handelt es (Zurufe von der CDU/CSU: Das muß ein sich um den Anspruch von Privilegierten — gegen- Vertreter der SPD sagen!) über den gesellschaftlichen Grundsätzen dominieren lassen möchte. Das führt zu der Konsequez, daß das denn jeder, der sich zu der Verantwortung für das private Interesse gegenüber der gemeinschaftlichen Ganze, für unser ganzes deutsches Volk bekennt, Sphäre absoluten Vorrang erhält. Sozialdemokrati- muß die vor uns liegende, die Zukunft der Demo- sche Politik kann nicht für das autonome Glied kratie wesentlich mit entscheidende Aufgabe lösen einer Gesellschaft gemacht werden, ohne die Bedin- helfen. gungen dafür zu schaffen, daß sich das private Le- (Beifall bei der SPD und der FDP) ben als mitmenschliches Leben entfalten kann. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Frau Funcke: Meine Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne hat eine Delega- Unsere Auffassung vom demokratischen Staat, tion der Volksversammlung der Arabischen Repu- Herr Kohl, unterscheidet sich sehr klar von der Ihri- blik Ägyptens Platz genommen, die unter Leitung gen. Wir sind der Meinung, daß die Sozialstaats- ihres Vizepräsidenten, Herrn Dr. el Oteifi, zu einem klausel unseres Grundgesetzes vorschreibt, die Ge- mehrtägigen offiziellen Besuch in der Bundesrepu- sellschaft im Interesse seiner Bürger im Sinne grö- blik Deutschland eingetroffen ist. Ich habe die Ehre, ßerer Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität fortzu- Sie, Herr Vizepräsident, und meine Damen und Her- entwickeln. Es ist deswegen um so bedauerlicher, ren der Delegation, im Deutschen Bundestag zu be- wenn der Chefstratege und Vermarkter christdemo- grüßen. Es ist uns eine besondere Freude, Sie als kratischer Politik einen neuen Stil in die politische Gäste in unserem Land und im Deutschen Bundestag Auseinandersetzung eingeführt hat; denn von Herrn willkommen zu heißen. Biedenkopf stammt folgendes Zitat: (Lebhafter Beifall) Die Wirtschaft- und gesellschaftlichen Konzep- tionen der deutschen Sozialdemokratie tendie- Das Wort hat der Abgeordnete Graf Lambsdorff. ren heute zur kollektivistischen Gesellschaft und zu totalem Staat. Dr. Graf Lambsdorff (FDP) : Frau Präsident! Meine (Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU) sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Herr Ministerpräsident Kohl hat heute, wie wir meinen, Hier muß doch einmal deutlich der Widerspruch eine in der Form eindrucksvolle Rede im Plenum des hervorgehoben werden zwischen der Forderung der Deutschen Bundestages gehalten. Herr Kohl, Sie CDU/CSU nach dem „starken Staat" und der Panik- werden es uns nicht verübeln, daß wir sagen: Ihr mache, mit der die Bevölkerung mit dem Hinweis Appell an unsere Verpflichtung zur sozialen Markt- auf den „totalen Staat" verunsichert werden soll. wirtschaft war überflüssig. Aber wenn Sie in diesem Diese Strategie wird nicht zu der von der Opposition Falle Missionskraft übrig haben, so widmen Sie sie beabsichtigten Erfolgsserie mit dem Wahlerfolg von doch dem von Ihnen so besonders geförderten Kol- 1976 führen, weil die sozialdemokratische Auffas- legen Blüm; Franz Josef Strauß wird Ihnen dankbar sung vom demokratischen Staat in dieser Bevölke- dafür sein. rung nicht nur richtig verstanden, sondern auch ak- zeptiert wird. (Beifall bei der FDP und der SPD — Nord lohne [CDU/CSU]: Was soll denn das!) Ich darf Ihnen zum Schluß ein Zitat aus einer Rede von Alexander Mitscherlich aus dem Jahre 1969 an- Meine Damen und Herren, in der Sache will ich läßlich der Buchmesse ins Gästebuch schreiben. Ich mich nur sehr kurz äußern, Herr Kohl, weil es sich zitiere: um eine Reihe von Punkten handelt, die wir seit vielen Jahren von den Kollegen der CDU/CSU- Die Zielvorstellung aller Kultur, sobald- das Fraktion entgegengehalten bekommen, einer Frak- nackte physische Elend überwunden ist, besteht tion, meine Damen und Herren, die in wirtschafts- in der Milderung der feindseligen und zerstöre- politischer Hinsicht auch durch personelle Vielfalt rischen Formen von Aggression durch die För- die Einfalt der Argumente nicht immer verdecken derung ausgleichender seelischer Kräfte wie kann. Mitgefühl, Verständnis für die Motive des an- deren und ähnliches. Dieser Förderung Herr Ministerpräsident, daß die Inflation ein Dauerzustand sei, ist eine Allerweltsweisheit. Aber — so Mitscherlich — Sie werden nicht übersehen haben, daß sie sich in steht die Dummheit im Wege. Ich meine damit diesem Lande auf einem Niveau abspielt, das im nicht die Begabungsdummheit, sondern die an Vergleich zu allen andern Ländern der Welt glück- 12954 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Dr. Graf Lambsdorff licherweise wieder die unterste Position in der nur, Herr Ministerpräsident Kohl hat sie noch ein- Rangordnung erhalten hat. mal aufgegriffen. Über Jugendarbeitslosigkeit haben wir hier schon Aber, meine Damen und Herren, wichtiger als die häufig gesprochen. Sie würden diesen in der Tat Form ist natürlich, Herr Ministerpräsident, daß Sie ernsten Problemen einen Dienst erweisen, wenn Sie zur Sache eigentlich nur eine halbe Rede gehalten in der Lage wären, wozu wir alle miteinander nicht haben. in der Lage gewesen sind: einen Lösungsvorschlag (Zuruf von der SPD: Höchstens! — Nord anzubieten, der neben der Rückführung der allge- lohne [CDU/CSU] : Das zu beurteilen steht meinen Arbeitslosigkeit einen speziellen Erfolg auf Ihnen überhaupt nicht zu!) diesem Gebiet gewährleisten könnte. — Wir werden uns von Ihnen nicht genehmigen las- Daß die soziale Sicherheit gefährdet sei, Herr sen, wie wir Reden der Opposition beurteilen, Herr Ministerpräsident, ist eine sehr allgemeine Be- Kollege. Das wird unsere eigene Beurteilung sein. hauptung. Im übrigen trägt sie nicht dazu bei, die von Ihnen beklagte, weit verbreitete Verunsiche- (Beifall bei der FDP und der SPD — Nord rung abzubauen oder dem entgegenzuwirken, son- lohne [CDU/CSU] : Machen Sie mal so wei dern sie tut das Gegenteil. Wir können feststellen, ter!) daß sich unser soziales System trotz aller Bedrohun- Ich glaube, der eine oder andere von Ihnen hätte es gen, trotz aller Gefährdungen bisher — der Herr gern so, daß Sie vorschreiben können, wie wir was Bundeskanzler hat heute morgen darauf hingewie- beurteilen. Aber soweit sind wir noch nicht. Wir sen — als widerstandsfähig und erfolgreich erwie- werden auch zu verhindern wissen, daß Sie in diese sen hat. Position gelangen. (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. (Zuruf des Abg. Nordlohne [CDU/CSU]) Marx [CDU/CSU] : Trotz dieser Regierung!) Nicht nur wir in diesem Hause, nicht nur die Koali- Sie haben, Herr Kohl, weiter gesagt, die CDU tionsfraktionen, Herr Kohl, erwarten von Ihnen Vor- habe nie die außenwirtschaftlichen Einflüsse auf schläge, handfeste Vorschläge; auch die Öffentlich- die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik keit tut es ja — Sie wissen das ganz genau —, auch geleugnet. die Ihnen nahestehende Presse tut es ja. Nein zur (Nordlohne [CDU/CSU] : Stimmt das etwa Einnahmeverbesserung und sonst gar nichts — dies nicht!) ist in der Tat zuwenig. Die Frankfurter Allgemeine Herr Ministerpräsident, das können Sie nur des- Zeitung hat es gestern in einer Karikatur dargestellt wegen sagen, weil Sie an den Diskussionen der — Sie kennen sie alle, Sie werden sie gesehen ha- Jahre 1972 und 1973 in diesem Raum nicht teilge- ben —: „Erst muß er den Bankrott erklären, worauf nommen haben, als ein großer Teil von Ihnen nicht wir dann erklären, daß wir einem Bankrotteur nicht wahrhaben wollte, helfen werden." Dies, meine Damen und Herren, ist (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Was genau die Position, die unzulänglich und unbefrie- soll das!) digend ist. daß es diese Einflüsse gibt. Der CSU-Vorsitzende hat am Sonntag in München in einer Rede, die er sonst wahrscheinlich hier ge- Sie haben außerdem gesagt, Herr Ministerpräsi- halten hätte, sehr eindeutig zur Frage der langfristi- dent, die Koalition suche die Schuldigen nur und gen Überlegung und zur Frage der Einnahmenverbes- ausschließlich anderswo. serung der öffentlichen Haushalte Stellung genom- (Stücklen [CDU/CSU] : Sicher!) men. Franz Josef Strauß sagte — ich darf mit Ge- — Auch dies ist nicht zutreffend, Herr Kollege Stück- nehmigung der Frau Präsident zitieren —: len. Vielleicht waren Sie damals gerade nicht im Was wir für richtig halten in dieser Situation? Saal. Wer sich an die Diskussion erinnert, die wir in Wir halten es für richtig und notwendig, 1. we- der zweiten Lesung des Haushalts des Jahres 1973 der jetzt noch im Jahre 1976 nur für die Verbes- mit dem verehrten Herrn Altbundeskanzler und dem serung der Einnahmenseite und damit für die unvergeßlichen Kollegen Klaus Dieter Arndt gehabt Verminderung des Defizits wirtschaftsschädi- haben, weiß sehr genau, wie wir damals über die gende, der Vollbeschäftigung abträgliche Steuer- Prozentsätze diskutiert haben, wie hoch denn wohl erhöhungen vorzunehmen. der hausgemachte Anteil an der Entwicklung ge- Abgesehen von den Verbrauchsteuern will im wesen sei und wie hoch die exogenen Faktoren zu Jahre 1976 niemand die Steuern erhöhen. Dies wäre bewerten seien. - in der Tat konjunkturell und konjunkturpolitisch (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Hat der nicht sinnvoll. Bundeskanzler heute was dazu gesagt? Kein Wort!) Mit anderen Worten: Sie können diesem sehr vor- sichtigen und alles offenlassendem Zitat und dieser — Ich beziehe mich im Augenblick auf das Jahr Bemerkung des CSU-Vorsitzenden entnehmen, daß 1973, eine im Grunde abgehakte Diskussion, Herr er genauso weiß wie Sie, daß jede Regierung, auch Müller-Hermann, eine wider Erwarten von Ihnen geführte Regierung, (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Wir de zu Beginn des Jahres 1977 sich vor genau diese battieren über die Rede des Herrn Bundes Alternative gestellt sähe, nämlich vor den Zwang, kanzlers!) die Einnahmenverbesserungen zu beschließen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12955

Dr. Graf Lambsdorff Herr Professor Carstens, es ist eine Haltet-den- — ich verrate hier keineswegs Vertraulichkeiten — Dieb-Methode, zu sagen, weil wir dies schon jetzt entschieden dagegen ausgesprochen, während gleich- den Bürgern bekanntgeben, weil wir heute schon zeitig der Kollege Professor Klein von der CDU/ sagen, was im Jahre 1977 wird, täuschten wir die CSU-Fraktion in einem Brief an die „Frankfurter Wähler. — Nein, wir legen mit aller Offenheit auf Allgemeine Zeitung" darzustellen versuchte, daß den Tisch, welche Belastungen die Bundesbürger er- man das doch in Mannheim eigentlich beschlossen tragen müssen, um mit dieser Situation fertig zu habe. Herr Kohl, Sie müssen uns nicht gerade in werden. diesem Punkt auffordern. Hier erwarten wir eine Herr Ministerpräsident Kohl, Sie kritisieren die Antwort auf unsere Forderungen, unsere Anregun- Regierung mit der Bemerkung, sie spare ja nur an gen. Wir sind zu jeder Ausgestaltung bereit. Der Vorstellungen, aber nicht an wirklichen Ausgaben. Kollege Professor Möller hat mit Recht die Frage Zunächst einmal stimmt das nicht. Aber was haben gestellt: Wie sieht das denn dann im einzelnen aus? Sie selber gemacht? Herr Professor Carstens hat Aber wir warten zunächst einmal auf eine grund- heute morgen dasselbe gemacht. Sie streichen Vor- sätzliche, positive Reaktion von Ihrer Seite. haben, die ohnehin aussichtslos sind und rühmen Statt dessen haben Sie sich auf dem Mannheimer das als eine große finanzpolitische Tat. Parteitag das Schlagwort von der „sozialen Demon- (Beifall bei der FDP und der SPD) tage" zu eigen gemacht und damit eine Hürde auf- gebaut, die es uns allen und Ihnen natürlich auch Das ist doch das Motto „Wasch' mir den Pelz, aber schwerer macht, im Ernstfall darüber hinwegzu- mach' mich nicht naß!", oder „Vor dem Wahljahr kommen. will ich am liebsten niemandem wehe tun". (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Lesen Sie mal die Dieser opportunistische Zug kann auch durch SPD-Wahlanzeigen in Bremen!) Lautstärke und auch durch eine — ich wiederhole das — gekonnte Darbietung, Herr Ministerpräsident, — Auch hier war die öffentlich gegebene Begrün- nicht verdeckt werden. dung, Herr Kollege Barzel, von Herrn Professor Biedenkopf: Dies hat der Bundeskanzler getan; aus Diesen Gesichtspunkt der Opportunität führt uns, Wahlrücksichten müssen wir uns dagegen wehren Herr Ministerpräsident, der Generalsekretär der Par- und das gleiche Stichwort aufgreifen. Das ist wie- tei — er ist Ihr Mann, der Mann des Vorsitzenden —, der die gleiche opportunistische, kurzfristige Be- Professor Biedenkopf, vor, der leider nicht im Bun- trachtung. destag ist. Es geht uns ja mit sovielen Rednern der CDU/CSU so, daß sie nur im Lande und nicht hier Meine Damen und Herren, wenn man sich die sprechen können. Professor Biedenkopf vertritt ge- Frage stellt, warum wir in diesem Hause und drau- nau diese Position auch im Lande. Er stellt alles ßen im Lande in der politischen Argumentation so unter das Wahlziel 1976. Wir meinen, daß diese häufig und so nachhaltig aneinander vorbeireden, kurzfristige Betrachtungsweise der Forderung der dann scheint mir der Grund sehr oft darin zu liegen, Stunde nicht entspricht. daß die Regierung versucht, die Zukunft zu mei- stern, und die Opposition versucht, die Vergangen- Ich darf ganz kurz aus einem Bericht der Frank- heit zu bewältigen oder uns mit beckmesserischem furter Rundschau vom 11. September mit Genehmi- Maßstab vorzuhalten, und zwar eben mit dem Ziel, gung der Frau Präsident zitieren: kurzfristig die nächste Wahl zu gewinnen. Das ist Professor Biedenkopf: „Wir müssen die Regie- ein völlig legitimes Ziel. Nur, wenn man alles die- rung zwingen das Richtige zu tun, ohne es sem Ziel unterordnet, dann nimmt das große Ganze selbst zu machen." So definierte Generalsekretär Schaden. Biedenkopf bei einem Gespräch mit Journalisten (Rawe [CDU/CSU] : Da haben Sie natürlich in Frankfurt die derzeitige Strategie der Oppo- völlig recht! Darauf ist Ihre ganze Politik sition. Innerhalb der Partei sei genau abgewo- abgestellt!) gen, ob es für die CDU vorteilhafter sei, wenn sie jetzt keine konkreten Kürzungsvorschläge — Hier, Herr Kollege, im Plenarsaal kennen wir ja auf den Tisch lege und dennoch gegen Steuer- diese Form der Vergangenheitsdiskussion seit min- erhöhungen votiere. destens zwei, drei Jahren. Ja, meine Damen und Herren, wenn die Lage danach (Nordlohne [CDU/CSU] : Ausgerechnet ein beurteilt wird, ob es einer Partei nützlich ist, dann Vertreter der FDP muß das sagen!) wiederhole ich: Diese Haltung wird der Forderung Das läuft unter dem Stichwort: Ihr habt alles falsch der Stunde nicht gerecht. gemacht; wir hätten selbstverständlich alles richtig (Beifall bei der FDP und der SPD) gemacht. (Nordlohne [CDU/CSU] : Sehr wahr!) Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel für diese — Es ist freundlich von Ihnen, daß Sie das bestä- Haltung anführen — Herr Ministerpräsident Kohl, tigen. Sie können davon ausgehen, daß Ihnen dieses Sie haben es heute selber in die Debatte einge- Urteil draußen sowieso niemand glaubt. führt —: Als der Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten und mein Kollege Hansheinrich Schmidt Die Vorwürfe, die erhoben werden, werden nuan- das Thema der Beteiligung der Versicherten an den ciert vorgebracht, entweder mit der Deutlichkeit, Krankheitskosten angeschnitten haben, hat sich Herr um nicht zu sagen, Grobheit, des 60jährigen Vor- Biedenkopf in einer öffentlichen Diskussion mit mir sitzenden, der jetzt nach China fährt, um mit chine- 12956 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Graf Lambsdorff sischen Kommunisten zu sprechen, uns aber gleich- davon, ob dieses Gesetz wünschenswert war und zeitig verbieten möchte, mit deutschen Kommunisten ist und ob es bleiben soll oder nicht — es soll blei- zu sprechen, ben, und ich halte es für wünschenswert —, ist doch (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU] : Aber das die arbeitsrechtliche Lösung der Lohnfortzahlung ist doch so billig!) eine gewaltige Belastung geworden. Das ist doch objektiv nicht zu bestreiten. Wir alle haben es ge- oder mit der Delikatesse des Herrn von Weizsäcker meinsam beschlossen. Wir müssen auch alle gemein- — er war vorhin im Hause; ich hoffe, er ist noch sam dazu stehen und nicht so tun, als sei nur eine hier —, Hälfte des Hauses für eine solche Entscheidung ver- (Dr. Wulf [CDU/CSU] : Er kommt gleich antwortlich. wieder! — Nordlohne [CDU/CSU] : Er ist Das Arbeitsförderungsgesetz, gegangen, als Sie mit Ihrer Rede begonnen Herr Kollege Kat- zer, ist unter Ihrer Federführung entstanden. Sie hatten!) haben es noch vor wenigen Tagen als ein exzel- der die Vornehmheit so weit treibt, daß er Inter- lentes Gesetz verteidigt und gefeiert. Sie haben views zur Wirtschaftspolitik gibt, ohne in deren allerdings Ihren mäßigen Informationsstand — das Verlauf auch nur eine einzige Zahl zu nennen. Schon darf ich vielleicht sagen — unter Beweis gestellt, bei der vielgepriesenen Haushaltsrede, die Herr von als Sie berichteten, es habe sich — — Weizsäcker im Jahre 1975 hier gehalten hat, habe ich mich gefragt, was denn nun eigentlich daraus (Nordlohne [CDU/CSU]: Sie Oberlehrer!) für konkrete Schlüsse gezogen werden sollen. Facts, — Darf ich mich mit Herrn Katzer unterhalten? Sie Entscheidungen, Tatsachen müssen angesprochen machen das so schwierig, über Sie wegzusprechen. und auf den Tisch gelegt werden. Mit allgemeinen, - Herr Kollege Katzer, Sie haben in einem Inter abstrakten Betrachtungen, so lesenswert sie sein view erklärt, es seien Ihnen in der ganzen Zeit bis- mögen, ist Entscheidungs- und Handlungshilfe nicht her keine konkreten Fälle des Mißbrauchs dieses gegeben. Gesetzes vorgelegt worden. Es war leicht, solche Fälle festzustellen. Ich will mich auf die Auseinandersetzungen oder die Überlegungen in bezug auf die Vergangenheit Ich muß gestehen, es hat mir imponiert, daß der nur kurz einlassen. Weder meine Fraktion noch die Kollege Ehrenberg, der an der Ausarbeitung der Koalition braucht, meine ich, diese Auseinanderset- Grundgedanken dieses Gesetzes mitbeteiligt war zung zu scheuen. und der hinter diesem Gesetz stand, den Mut gehabt Wir sind uns im ganzen Hause einig in der Fest- hat, in einem Zeitungsgespräch in diesem Sommer stellung, daß in der Vergangenheit die Ansprüche zu sagen: „Es geht nicht an, Mittel aus der Arbeits aller an das Bruttosozialprodukt und damit an den losenversicherung weiterhin strukturpolitisch zu Staatshaushalt überzogen worden sind und daß verwenden." Mit Recht, Herr Katzer, haben Sie daraus eine Reihe von Fehlentwicklungen erklärt darauf hingewiesen — aus meiner Sicht sage ich: werden kann. Aber es ist allzu einfach und allzu leider —, daß das Gesetz einstimmig verabschiedet billig, wenn die Opposition glauben machen will, worden ist. Aber zu Unrecht gehen Sie durch die dies sei allein und ausschließlich der Regierung vor- Lande und zeigen mit dem Finger immer nur auf zuwerfen. Wenn Sie sich die Geschichte und die An- andere. fänge der Bundesrepublik noch einmal in Ihr Ge- (Katzer [CDU/CSU]: Sie waren doch noch dächtnis zurückrufen, meine Damen und Herren, nicht da!) werden Sie zugeben müssen, daß das Stichwort „Wahlgeschenke" sozusagen als Synonym für Teile — Nein, ich war noch nicht da. Man wird über die der Adenauerschen Innenpolitik stand. Vergangenheit auch reden dürfen, wenn man an ihr selber noch nicht mitentscheidend beteiligt war; (Mischnick [FDP) : Sehr richtig!) irgendeinen Zeitraum, in dem Sie noch nicht hier Damals ist bei der Bevölkerung das Gefühl verbrei- waren, wird es auch geben. tet worden und das Gift langsam in uns eingedrun- (Dr. Carstens [Fehmarn] : Das gilt dann aber gen, daß die Republik eine Gefälligkeitseinrichtung auch für Herrn Biedenkopf, Graf Lambs für jederman sei. Mit der Plünderung des vom da- dorff!) maligen sehr tüchtigen, sehr haushälterischen, sehr hausväterlichen Bundesfinanzminister Diese Gesetze wurden verabschiedet, als der Welt- untergangsverkünder Franz Josef Strauß Finanz- (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Im Gegensatz minister war. Jetzt will er, wie man hört, Schatten- zu dem jetzigen!) schatzkanzler werden. Das hat einige Folgen, aber - aufgebauten „Juliusturmes" hat doch einiges in die- damit wird sich Herr Ministerpräsident Kohl ausein- sem Lande begonnen. anderzusetzen haben. Das ist nicht unsere Sache. Ich will aber, nicht lange bei dieser weit zurück- Lassen Sie mich bitte die Frage stellen, seit wann liegenden Vergangenheit bleiben, sondern nur an es denn eigentlich bei uns die Vorboten strukturel- beschlossene Gesetze aus der Zeit der Großen Koa- ler Krisen, wirtschaftlicher Krisen gibt. Herr Kohl, lition erinnern. Meine Damen und Herren, die Op- Sie haben heute gesagt: Ihr habt von dem Bundes- position mag uns mit Recht vorwerfen — wir kön- kanzler Kiesinger ein blühendes Gemeinwesen über- nen darüber diskutieren —, daß die Unternehmens- nommen. belastung zu hoch geworden ist. Aber unabhängig (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Jawohl!) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12957 Dr. Graf Lambsdorff Ist dies eigentlich bei genauer und sorgfältiger zorek-Zeul, von dem Kollegen Blüm oder von Herrn Betrachtung und bei Berücksichtigung dessen, was Nölling kommen. wir heute wissen können und damals vielleicht nicht (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Das wissen konnten, eine zutreffende Behauptung? Ich ist aber ein Sammelsurium!) habe meine Zweifel. Wir wissen, daß Arbeitslosigkeit die Folge von (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit Zah Inflation ist. Wer die Krankheitsfolgen mit dem len und Daten belegbar!) Krankheitserreger heilen will, kann den Prozeß nur Meine Damen und Herren, wenn Sie sich einmal verschlimmern. 1977 oder 1978 wären nach unserer mit der Literatur dieses Sommers beschäftigen — Überzeugung die Schwierigkeiten, ja vielleicht die lesen Sie einmal bei Peter Rogge: „Tendenzwende" Katastrophe, noch viel größer und kaum zu bewäl- oder bei dem Professor Mensch: „Das technologi- tigen, verglichen mit dem heutigen Stand. Es muß sche Patt" nach —, dann werden Sie finden, daß bei einer auf Stabilität gerichteten Wirtschafts- und vermutlich in den Jahren 1966/67 der Beginn dieser Finanzpolitik bleiben. Auch die Rücksicht auf be- strukturellen Krisen in der Bundesrepublik und in vorstehende Wahltermine wird meine Freunde und ihrer Wirtschaft sichtbar geworden ist. Es gibt mich von dieser Haltung nicht abbringen. manche überzeugende Darlegung und Argumente, Eine gleich harte Haltung, meine Damen und Her- daß die Erbfolge der Großen Koalition zu einem ren, besteht bei uns nach wie vor — wir hoffen, guten Teil — von heute aus betrachtet; ich sage daß wir die Unterstützung des Hauses haben und das nicht beckmesserisch, sondern nur um daraus uns darin einig wissen mit allen — gegen die In- Erfahrungen abzuleiten — Scheinerfolge gewesen dexierung. Daran ändert das in dieser Sommerpause sind. Wir können heute Dinge erkennen, die wir vorgelegte Gutachten des Wissenschaftlichen Bei- damals alle nicht gesehen haben, ich betone: alle. rats beim Bundeswirtschaftsminister nichts. Die dort Insofern sitzen wir allesamt im gleichen Glashaus. vorgeschlagene Teilindexierung muß zur Lohn- (Kiep [CDU/CSU] : Bis auf die FDP!) indexierung und damit zur Abschaffung der Tarif- autonomie führen. Sie läßt sich nicht auf Neuspar- — Nein, ich habe gesagt: allesamt. Wenn ich „alle" prozesse beschränken und führt damit zur Spal- sage, dann meine ich auch uns. tung des Kapitalmarktes. Sie ist mit Recht allseitig abgelehnt worden. Aber die Expansion, die damals 1967/68 auf zu hohem Inflationssockel vor sich ging, die in der Daß es im Konzert der Ablehnung eine Aus- Tat ungewöhnlich folgenschwere Unterlassung der nahme gegeben hat, nämlich den Deutschen In- Aufwertung in den Jahren 1967 bis 69 — ich erin- dustrie- und Handelstag, gibt zum wiederholten nere an die Diskussion, die damals geführt wurde — Male Anlaß zur Verwunderung — auch in diesem haben diese strukturellen Prozesse verkleistert und Hause und von dieser Stelle. Vielleicht haben einige zugedeckt. Wir haben sie nicht gesehen. Erst 1973 eifrige Referenten die Urlaubsabwesenheit ihrer haben wir mit dem Floating korrigieren können. Da Chefs genutzt. Ich weiß das nicht. So etwas soll ja allerdings, meine Damen und Herren, war es in im Sommer einmal passieren können. vieler Hinsicht zu spät. Diese objektive Feststel- Alle gelegentlichen Äußerungen dieses Sommers lung, es sei zu spät gewesen, um sich ernsthaft ge- lassen sich allerdings mit solchen Umständen nicht gen die Inflation zu wehren, haben wir immer ak- erklären; der Herr Bundeskanzler hat das heute zeptiert, nur den subjektiven Vorwurf, den haben schon erwähnt. Wenn nämlich der Präsident der wir nicht akzeptiert, weil es vor dem Abkoppeln Sparerschutzgemeinschaft für die völlige Streichung der Ankaufsverpflichtung für den Dollar eben nicht der Sparprämien eintritt, dann hängt dort wohl das möglich war. Ich kann das von dieser Stelle aus Schild vor der Tür „Hier kocht der Chef selbst". nur immer wiederholen und hoffe, davon langsam auch den Ministerpräsidenten Stoltenberg überzeu- (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der gen zu können. SPD) Wir haben den Eindruck, daß Herr Poullain sich Deswegen begrüßt es meine Fraktion ausdrück- hier vergeigt — um nicht zu sagen: vergeigest — lich, daß der Herr Bundesfinanzminister auf der hat. Die Sparförderung ist nach unserer Überzeu- letzten IMF-Tagung in Washington noch einmal für gung ordnungspolitisch der Strukturpolitik zuzu- die Bundesregierung deutlich erklärt hat, daß unter ordnen, und sie kann nicht allein aus kurzfristiger den gegenwärtigen Umständen eine Rückkehr zu konjunkturpolitischer Erwägung behandelt werden, festen Wechselkursen nicht möglich ist. Genauso ganz abgesehen von den vom Herrn Bundeskanzler begrüßen wir es, daß die Bundesminister Genscher - mit Recht erwähnten vermögenspolitischen Kompo- und Bahr auf der Sonderversammlung der Verein- nenten. Wir empfehlen deswegen dem Präsidenten ten Nationen deutlich gesagt haben, daß es einen der Sparerschutzgemeinschaft das nachfolgende Link zwischen der Entwicklungspolitik und Sonder- Zitat aus der Deutschen Sparkassenzeitung vom ziehungsrechten nicht geben könne. 1. August zum Studium. Ich darf mit Genehmigung Jede Empfehlung zu neuem Inflationieren und zu der Frau Präsident zitieren: überzogenem Schuldenmachen, das nur auf infla- Gerade durch ihre langfristige Ausgestaltung, tionäre Weise finanziert werden kann, weisen wir die konjunkturelle Einflüsse ausschaltet, trägt zurück, und zwar ganz gleichgültig, ob die Empfeh- die Sparförderung zur Stabilisierung des Spar- lungen von dem Kollegen Katzer, von Frau Wiec verhaltens bei. Dies mag in rezessiven Phasen 12958 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Graf Lambsdorff überflüssig, in guten Zeiten wünschenswert er- habe. Sie hat weitere Zinserhöhungen verhindert, scheinen. Aber hieraus darf kein Wechselbad sie bemüht sich darum, weitere Zinserhöhungen zu für bestimmte Sparerschichten werden. Aufgabe verhindern. Ich bin mit Ihnen einig, wenn Sie ein der Vermögenspolitik, wozu die Sparförderung Fragezeichen dahintersetzen, wie lange man diese als wichtigste Maßnahme rechnet, ist es ja ge- Politik so fortsetzen kann. rade, dauerhafte Verhältnisse und Proportionen Sie haben weiter, Herr Professor Carstens, von der Wirtschaftsstruktur zu prägen. einem Exportboom im Jahre 1974 in der Größen- Dem, meine Damen und Herren, ist nichts hinzuzu- ordnung von 50 Milliarden DM gesprochen. Aber fügen. Dem vorgeschlagenen mäßigen Abbau der dies ist doch wohl ein Mißverständnis oder minde- Sparförderung pflichtet die FDP-Fraktion bei. Eine stens eine irrtümliche Darstellung. In Wirklichkeit völlige Streichung ist auch mit Rücksicht auf den meinen Sie mit diesen 50 Milliarden DM den Han- Kapitalmarkt nicht empfehlenswert. Im übrigen wer- delsbilanzüberzuschuß im Jahre 1974. Wir werden den die Aufwendungen für die Sparförderung durch vermutlich zu unser aller Erstaunen auch 1975 noch Auslauf der Anlagefrist und die Auswirkungen der einen Handelsbilanzüberschuß von über 40 Milliar- Steuerreform ab 1976 ohnehin zurückgehen. den DM erwirtschaften. Aber das ist natürlich nur der Saldo zwischen Import und Export. Er läßt über- Natürlich kann man angesichts einer so hohen haupt keinen Schluß darauf zu, wie groß der Boom Sparquote nach dem derzeitigen konjunkturpoliti- nun eigentlich ist. schen Nutzen der Sparförderung fragen. Die Ant- wort heißt aber, daß der Sparer psychologisch zum (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Weswegen setzen Ausgeben motiviert werden muß und motiviert wer- Sie dann solche Horrorzahlen in die Welt!) den sollte. Die überaus hohe Sparquote von 17 °/o — Deswegen, Herr Zeitel, ist es eine ganz andere wird sich nicht ewig halten. Sie ist im übrigen eine Relation und eine völlig zutreffende Argumenta- typische Begleiterscheinung des Beginns einer re- tion, wenn wir gemeinsam mit dem Sachverstän- zessiven Phase. Ich bin der Auffassung, daß wir digengutachten sagen, daß ein Ausfall von 40 Mil schon im zweiten Halbjahr 1975 einen Abbau dieser liarden DM Exportbeschäftigung in der deutschen Sparquote erleben werden. Wir sehen im übrigen Wirtschaft in diesem Jahr bei einem geschätzten auch hier einen mit der Entwicklung in den USA Ansatz von 250 Milliarden DM ein Ausfall ist, den parallelen Verlauf. Auch dort wird um 50 % mehr wir durch keinerlei binnenwirtschaftliche Nachfrage- als in normalen Zeiten gespart, wahrscheinlich maßnahmen ersetzen können. Ich habe mich ange- — um der Argumentation der Opposition zu fol- sichts der irrtümlichen Darstellung bemüßigt ge- gen —, weil der Sparer in den Vereinigten Staaten fühlt, das hier darzulegen. durch die Mitbestimmungspläne der sozialliberalen Koalition total verunsichert ist und deswegen mehr Aber, Herr Professor Carstens, worum es uns spart. ernster ist, ist der Täuschungsvorwurf, den sowohl Sie wie auch Herr Ministerpräsident Kohl erneut Meine Damen und Herren, unter den sommer- gegen den Bundeskanzler, ja, gegen uns alle erho- lichen Äußerungen, die wir aus den Reihen der ben haben. Opposition gehört haben, möchte ich nur ganz kurz (Zurufe von der CDU/CSU) auf eines eingehen, nämlich auf die gegensätzlichen konjunkturpolitischen Stellungnahmen: auf der Dies haben wir nun schon mehrfach gehört. einen Seite mehr Staatsverschuldung, auf der an- (Zuruf von der CDU/CSU: Steht in allen deren Seite mehr Sparsamkeit, die wir insbesondere deutschen Zeitungen!) aus dem Mund des Kollegen Katzer einerseits und Dieser Täuschungsvorwurf, meine Damen und Her- des Ministerpräsidenten Stoltenberg andererseits ren, erstreckt sich keineswegs nur auf die Ge- gehört haben. Hier wüßten wir nun wirklich gern, nannten, sondern darin müssen Sie gleich die fünf welche Meinung bei Ihnen die entscheidende, die Sachverständigen, die Gemeinschaftsgutachten, also richtige oder, ich darf es sagen, die parteiamtliche die Konjunkturforschungsinstitute, die Deutsche ist. Auch der Parteitag in Mannheim hat konjunk- Bundesbank, den Zentralbankrat, also alle dieje- turwirksame Programme beschlossen. Zwei Tage nigen einbeziehen, die im Frühjahr 1975 den Auf- später haben Sie, Herr Stoltenberg, gesagt: Keine schwung vorhergesagt haben. weitere Verschuldung! Wir stimmen Ihnen in diesem Punkt zu. Aber wir wüßten gern, wo wir denn nun (Zurufe von der CDU/CSU) wirklich dran sind. Alle diejenigen, die sich bei der Beurteilung der Auf die merkwürdigen und wohl auch etwas konjunkturellen Lage geirrt haben, müßten in die- sen Vorwurf einbezogen werden. gegensätzlichen Ausführungen von Herrn- Strauß einerseits im „Bayernkurier" zu aktuellen gesell- (Rawe [CDU/CSU] : Aber Sie sind doch mit schaftspolitischen Fragen und von Herrn Blüm in uns einig, daß Verantwortung nur einer „konkret" will ich nicht näher eingehen. hat, nämlich die Regierung, Graf Lambs dorff?! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie Aber ich möchte einige Worte zu dem sagen, was waren doch immer gegen die Mehrwert Sie, Herr Professor Carstens, heute morgen vorge- tragen haben. Sie haben zunächst — aber das ist steuer!) wahrscheinlich nur ein Versprecher gewesen; ich Der Bundeskanzler hat vor wenigen Wochen in nehme es jedenfalls an — dargelegt, daß die Politik einem Interview einer Fernsehsendung mit aller der Bundesbank weitere Zinssenkungen verhindert Deutlichkeit erklärt: Ich und alle anderen — oder, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12959 Dr. Graf Lambsdorff ich glaube, er war sehr viel höflicher und hat ge- Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege! sagt: Alle anderen und ich — haben uns in dieser Vorhersage geirrt. Wenn Sie den Vorwurf der Täu- Dr. Müller - Hermann (CDU/CSU) : Herr Kollege, schung erheben, Herr Professor Carstens und Herr wollen Sie dann bitte für die Zukunft, wenn Sie von Ministerpräsident Kohl, dann müßten Sie dartun den Irrtümern und den großen Irrenden gesprochen und beweisen, daß wir bewußt und wider besseres haben oder weiter sprechen, die Opposition ausneh- Wissen und in Kenntnis einer schlechteren Entwick- men? lung eine bessere Entwicklung vorhergesagt haben. (Lachen bei der FDP und der SPD) (Beifall bei der FDP und der SPD) Sonst ist dieser Vorwurf ungerechtfertigt. Ich weise Dr. Graf Lambsdorff (FDP) : Herr Müller-Hermann, ihn mit aller Deutlichkeit und aller Entschiedenheit sicher würde das Ihrem Absolutheitsanspruch und zurück. Ihren Vorstellungen entsprechen, daß Sie immer (Rawe [CDU/CSU] : Genau das werfen wir recht hätten, alles gut machten und immer der Ihnen in Nordrhein-Westfalen vor der Wahrheitsliebende seien. Aber für so vollkommen Wahl vor!) halten wir Sie nach den Erfahrungen, die wir einige Jahre mit Ihnen gemacht haben, nicht. Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege, gestat- (Beifall bei der FDP und bei der SPD) ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeord- Meine Damen und Herren, wer sich mit der zu- neten Müller-Hermann? künftigen Entwicklung in der Bundesrepublik und der zukünftigen Entwicklung unserer wirtschaftli- Dr. Müller - Hermann (CDU/CSU) : Herr Kollege chen Lage beschäftigt, nämlich mit der Frage, was Graf Lambsdorff, darf ich Sie an die Debatte über wir mit unseren Mitteln in der gegenwärtigen die Konjunkturmaßnahmen im Dezember des ver- schwierigen Situation erreichen können, dem stellt gangenen Jahres erinnern, wo von unserer Seite sich doch ein Bündel von ungewöhnlich schwierig von allen Sprechern auf die Gefahren hingewiesen zu beantwortenden Fragen. Sind die .Haushaltskür- worden ist, die sich aus einer weltwirtschaftlich zungen, die wir jetzt vornehmen, angemessen und rückläufigen Entwicklung für den deutschen Export ausreichend? und damit auch für die Sicherung der Arbeitsplätze ergeben würden? Erinnern Sie sich daran, daß alle (Zuruf von der CDU/CSU: Nein!) Redner der Koalition, angefangen vom Herrn Bun- Der Herr Bundeskanzler hat die Antwort gegeben. deskanzler, uns als die großen Schwarzmaler dar- Sie sagen „Nein". Neue Vorschläge jederzeit gerne gestellt haben? willkommen! Das Büro ist immer offen. (Beifall bei der CDU/CSU — Nordlohne Brauchen wir Einnahmeverbesserungen über [CDU/CSU]: Auch der Redner, der jetzt ge Steuererhöhungen? Gibt es eine Möglichkeit, den rade das Wort hat!) Exportausfall des Jahres 1975 zurückzuholen? (Zuruf von der CDU/CSU: Nein!) Dr. Graf Lambsdorff (FDP) : Herr Kollege Müller- Hermann, wir haben über die Gefahren und die Können wir eine erneute Erhöhung der Ölpreise Entwicklung insbesondere sich parallel verhalten- verkraften? Sind frühere Wachstumsraten überhaupt der Konjunkturverläufe in der gesamten Weltwirt- wieder erzielbar? Ist die Wettbewerbsstruktur der schaft schon zu einem viel früheren Zeitpunkt mit- deutschen Volkswirtschaft nicht nur verbesserungs- einander diskutiert. Wir haben zu dem Zeitpunkt, bedürftig, sondern auch verbesserungsfähig? Stim- in dem Sie diese Warnungen ausgesprochen haben, men die Theorien recht alter Nationalökonomen, ernsthaft darüber miteinander diskutiert. Ich kann nämlich Schumpeter und Kondratjew, über die Zu- mich nicht an Einzelheiten erinnern, aber in der sammenhänge von Konjunkturverläufen und techni- Tendenz haben Sie recht. schen Basisinnovationen, die in diesem Sommer sehr (Rawe [CDU/CSU] : Im Gegenteil, Sie haben gründlich untersucht worden sind? uns Schwarzmaler geschimpft! Sie auch, (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Deswegen kür Graf Lambsdorff!) zen Sie ja auch die Forschungsmittel!) — Meine Damen und Herren, auch wir haben na- Brauchen wir mittelfristig wirkende Maßnahmen zur türlich unsere Maßnahmen für richtig gehalten. Wir Verbesserung der Ertragssituation der Unterneh- haben ein Konjunkturprogramm verabschiedet, das men, um die Investitionsneigung zu verbessern? Und sicher nicht falsch, sondern richtig war. Wir können schließlich: Werden die gemeinsamen konjunktur- uns fragen, ob wir es schon damals hätten- höher politischen Anstrengungen unserer Partner Erfolg dimensionieren sollen. haben? Oder anders formuliert: Sind die Vorhersa- (Dr. Zeitel [CDU/CSU]: Anders!) gen des Sondergutachtens des Sachverständigenrates als optimistisch oder realistisch zu betrachten? In der Tendenz war es aber völlig richtig. — Herr Zeitel, Sie müßten sich doch fragen, ob ohne das (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Optimistisch! — Dr. Konjunkturprogramm unsere heutige Lage nicht er- Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Ihr wißt heblich schwieriger wäre als mit den beschlossenen überhaupt nicht mehr weiter!) und inzwischen durchgeführten Maßnahmen. — Sie sagen, sie seien zu optimistisch. Die Begrün (Zurufe von der CDU/CSU: Das glauben dung vortragen! Hier darüber diskutieren, Herr Kol Sie doch selber nicht! — Adel verpflichtet!) lege Zeitel, nicht einfach in Bausch und Bogen sagen, 12960 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Graf Lambsdorff sie seien zu optimistisch! Damit ist doch nicht ge- wollen, sind investitionsbereite und investi- holfen. tionsfähige Unternehmen. Nur wirtschaftlich ge- (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Ihr irrt sunde Unternehmen nützen auch dem Arbeit- euch wieder! Das sind die Koalitionen der nehmer. Irrtümer!) Meine Damen und Herren, ich sage ganz offen: Alle diese Fragen sind sicher in aller Kürze und in Wir denken in erster Linie und vorwiegend an die der hier zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu be- kleinen und mittleren Unternehmen. In diesem Zu- antworten. sammenhang, Herr Bundeskanzler, müssen wir sehen, daß die Aufteilung in Unternehmen auf der Steuererhö- Lassen Sie mich etwas zur Frage der einen Seite und Unternehmer auf der anderen Seite sagen. Ich will nicht wiederholen, was mein hung gerade in der kleinen und mittleren Industrie nicht Kollege Kirst bereits für meine Fraktion gesagt hat. ganz einfach ist, daß also Unternehmen und Unter- Herr Ministerpräsident Kohl, Sie stellen den Tod nehmer nicht voneinander getrennt werden können. von möglichen Reformvorhaben voreilig und zu früh fest. Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Punkte im Jahre 1977 sind natürlich das Anpas- Deswegen wird sich die FDP in dieser Richtung wei- sungsvolumen und die Möglichkeiten im Zusammen- ter bemühen. Den Auftrag des Herrn Bundeskanz- hang mit der Harmonisierung im europäischen lers an die zuständigen Minister, dieses Feld zu Markt keinesfalls ausgeschöpft. Man kann sagen: prüfen, begrüßen wir ausdrücklich. leider, aber dem ist so. Für die alte Forderung mei- ner Fraktion, über die Gewerbe-, mindestens die Ge- (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Herr Graf sind werbekapitalsteuer in diesem Zusammenhang nach- ein Juso!) zudenken und diese Steuern europäisch zu harmoni- Natürlich ist es für uns selbstverständlich, daß die sieren — im übrigen Europa gibt es sie bekanntlich Körperschaftsteuerreform, wie vorgesehen und in nicht —, ist der Spielraum nach wie vor ausreichend der Regierungserklärung festgehalten — darüber vorhanden. Er wäre es ja auch bei dem von Ihnen gibt es keine Meinungsverschiedenheiten —, zum zitierten Vorschlag der Steuerreformkommission — 1. Januar 1977 mit der Einführung des Anrechnungs- meines Wissens aus dem Jahre 1968 — gewesen. verfahrens in Kraft tritt. (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit der Mehrwertsteuer können Sie doch nur die Dies ist im übrigen ein wichtiges Datum für Ver- Zinsen Ihrer Schulden bezahlen!) mögenspolitik. Die weitere Diskussion zur Ver- mögensbildung und zur Vermögenspolitik muß, so Meine Damen und Herren, wir werden uns dar- meine ich jedenfalls, die Ergebnisse der Unter- über zu unterhalten haben. Wenn Sie die Lage so suchung von Professor Engels berücksichtigen. Dies sehen, was, wie ich meine, überzogen ist, dann sollte ist die gründlichste Untersuchung, die nach meiner das Anlaß für Sie sein, doch etwas ernsthafter über Kenntnis in den letzten Jahren erschienen ist. die Frage nachzudenken, ob Sie eigentlich so rund- (Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!) herum nein sagen können. Das ist aber eine Ge- schichte, die sich bei allen steuerpolitischen Ent- Wir stimmen ihr zwar nicht in allem zu, aber der scheidungen abspielt. Herr Ministerpräsident Kohl, Nachweis, wie wenig Vermögen und Vermögens- es ist keine erfreuliche Entwicklung, daß die steuer- einkünfte zur Wohlstandsverteilung beitragen, politischen Entscheidungen immer erst im Vermitt- macht doch nachdenklich. Wenn aus Ihren Reihen lungsausschuß fallen. zu dieser Anregung „Bravo" gerufen wird, so möchte ich die Anregung gleich ausdehnen und Sie Herr Kohl, Sie haben eine Frage an die FDP ge- auffordern, die Vermögensbildungsvorschläge Ihrer richtet, und zwar zu mittelfristig wirkenden Maß- Fraktion einmal neben das zu legen, was in dem nahmen zur Verbesserung der Investitionsneigung. Buch von Professor Engels erarbeitet und als Er- Sie meinten, wir würden heute nur ganz leise dar- gebnis festgehalten worden ist. Sie werden zu eini- über sprechen. Sie haben in eine schriftliche Stel- gen, wie mir scheint, notwendigen Revisionen kom- lungnahme von Herrn Genscher — das spricht für men müssen. Ihr Einfühlungsvermögen oder auch für Ihre Phan- tasie — gleich den Groll hineininterpretiert. Das (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wo sind war eine schöne Formulierung. Ich will den Partei- Ihre Vorschläge?) vorsitzenden der FDP mit Genehmigung der Frau — Ich will über meine Vorschläge zwei Worte Präsident zu diesem Thema wörtlich zitieren: sagen. Ich glaube, daß es außerordentlich schwierig Unser Hauptaugenmerk gilt jetzt Maßnahmen ist, einen Weg zu einer vermögensbildenden Maß- zur dauerhaften Reduzierung der Arbeitslosig- nahme zu finden, der betriebswirtschaftlich nicht keit. Auch wenn es mancher nicht gern hören gleichzeitig eine Kostenbelastung bedeutete. Zur mag: Neben den Willen, eine gesamtwirtschaft- Zeit hieße dies beinahe die Quadratur des Zirkels lich tragbare Staats- und Lohnquote zu errei- finden. Darüber nachzudenken und zu Lösungsvor- chen, muß auch die Bereitschaft treten, über mit- schlägen zu kommen, die uns doch einen solchen telfristig wirkende steuerliche Investitionsan- Weg finden lassen, scheint mir aber eine einkom- reize zu sprechen. Die Bundesregierung prüft menspolitisch außerordentlich wesentliche Aufgabe diese Frage. Fallen wir nicht auf die klassen- zu sein. kämpferischen Parolen herein, dies sei eine ein- (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr seitige Bevorzugung der Unternehmer. Was wir richtig!) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12961 Dr. Graf Lambsdorff Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein wende zu erreichen. Das, was die Nationalökono- paar Worte zu den konjunkturellen Aussichten, wie men einen V-Aufschwung nennen, wird es aller Vor- wir sie sehen, sagen, auch auf das Risiko hin, Herr aussicht nach nicht geben können. Die Dinge werden Professor Carstens, daß wir in einigen Monaten sich langsamer entwickeln. Sorgen wir mit unseren wieder der Täuschung bezichtigt werden. Ich sage Möglichkeiten dafür, daß diese Entwicklung stetig aber noch einmal, was ich hier schon so oft gesagt verläuft, und wehren wir der Gefahr, diese Chance habe: Wer Konjunkturpolitik betreiben will, muß durch Illusionen und neue Überforderungen zu ver- den Mut zur Vorhersage haben. Das Risiko, falsch spielen. Wer heute von Umverteilung spricht, den zu liegen, ist darin immer inbegriffen. Es ist sozu- sollte man daran erinnern, daß zunächst einmal am sagen in der Besoldung oder im Gehalt mit drin. Ende des Jahres wahrscheinlich minus 3,5 °/o Brutto- Die Weltabhängigkeit der deutschen Wirtschaft wird sozialprodukt umzuverteilen sind, und dies ist kein nicht mehr bestritten. Deswegen lohnt es sich natür- spaßiger Vorgang. lich nicht nur, sondern es ist einfach notwendig, (Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU]) einen Blick auf die konjunkturelle Entwicklung der Vereinigten Staaten als Schrittmacher für Europa Meine Damen und Herren, die Frage ist, ob die und damit auch für unser Land zu werfen. Die Lage- Bundesregierung dieser Aufforderung und dieser schilderung ist erfreulicherweise so, daß man mit Situation gerecht wird. Unsere Antwort ist: Jawohl, gedämpftem Optimismus von dort zurückkehren sie wird dem gerecht und sie schafft das. kann. Die industrielle Produktion steigt, der Lager- (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Ihr schafft uns!) abbau hat aufgehört, die Verbraucherausgaben stei- Die Bundesregierung hat klare und eindeutige Zah- gen wieder. Wir sehen aber, daß sich dies auf len genannt. Die Bundesregierung hat Ihnen und uns einem viel höheren inflationären Sockel als bei uns einschneidende Beschlüsse vorgeschlagen. Sie hat abspielt. Deswegen ist es richtig gewesen, daß wir international Handlungsfähigkeit bewiesen und sie von unserer Seite her nicht — ich will nicht sagen: hat das Gesetz des Handelns in der Hand behalten. zusätzlichen Druck — zusätzliche Wünsche auf mehr Die Möglichkeiten der Bundesregierung, in der Bun- Ankurbelung in den USA angemeldet haben. desrepublik den wirtschaftlichen Aufschwung zu In den Vereinigten Staaten steht die Wirtschaft steuern, sind — darüber gibt es wohl keine Mei- vor dem gleichen Problem wie hier, nämlich vor nungsverschiedenheiten — heute begrenzt. Diese unausgenutzten Kapazitäten mit der Folge, daß der begrenzten Möglichkeiten müssen wir entschlossen erste Anstieg in der Ausnutzung der Kapazitäten wahrnehmen. Dann, so hoffen wir und so nehmen erst mit zeitlich verzögerter Wirkung einen Abbau wir an, können wir der Probleme Herr werden. Wie der Beschäftigungslosenzahlen am Arbeitsmarkt mit wir sehen und bisher sahen — Herr Ministerpräsi- sich bringen wird. Jeder wird versuchen, zunächst dent, Ihre Äußerungen heute haben uns, weil die einmal mit den vorhandenen Belegschaften mehr zu Konkretisierung fehlt, noch nicht vom Gegenteil produzieren und in eine bessere Ertragssituation zu überzeugt —, können wir dabei auf die Opposition kommen. Die Ertragssituation ist auch drüben kaum zählen. Wir machen uns da keine Illusionen. schlechter geworden. Wir werden davon auszugehen Manchmal hat man den Eindruck, die eine Hälfte haben, daß die Arbeitsmarktzahlen vermutlich auch der Opposition will nicht und die andere darf nicht. bei uns die letzte sich befriedigend entwickelnde (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Und die statistische Position sein werden. Dagegen ist wenig dritte kann nicht!) Kraut gewachsen. Es ist notwendig und, wie mir Um so mehr, meine Damen und Herren, wird die scheint, richtig, dies offen und deutlich zu sagen und FDP-Fraktion den einzig handlungsfähigen Akteur niemandem etwas vorzumachen. auf dieser Bühne, den Bundeskanzler und seine Re- gierung, stützen. Die Wähler wissen, wer seine Ver- Meine Damen und Herren, in den Vereinigten Staaten wird es im Jahre 1975 einen realen Einkom- antwortung wahrnimmt, und sie werden auch klar mensverlust der Arbeitnehmer geben; in der Bun- erkennen, wer sich vor seiner Verantwortung drückt. Wir werden nicht in der Reihe der Drückeberger zu desrepublik, wie Sie wissen, einen realen Einkom- menszuwachs, natürlich nicht zuletzt durch die finden sein. Steuerreform. Ob wir das werden halten können, (Beifall bei der FDP und der SPD) ist eine Frage, die sich auch in den nächsten Tarif- runden entscheidet, wobei wir unter Tarifrunden mit Vizepräsident Frau Funcke: Das Wort hat der Ab- aller Deutlichkeit die Verhandlungsrunden verste- geordnete Dollinger. hen, die von zwei Parteien bestritten werden, und Vereinbarungen meinen, die von zwei Parteien un- - terschrieben werden und nicht nur von einer Seite. Dr. Dollinger (CDU/CSU) : Frau Präsident! Meine Aber wir sagen, man sollte lieber einmal einen sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die Rückgang oder einen Stillstand, wenn es nottut und Ausführungen des Kollegen Lambsdorff überdenkt, wenn es nicht anders geht, hinnehmen, um dabei muß man sich eigentlich fragen, warum wir so Maß und Ziel zu halten und das Tal gemeinsam zu schlechte Verhältnisse haben; denn hier wird doch durchschreiten, durch das wir jetzt zu gehen haben. alles so dargestellt, als wenn es einwandfrei und in Es wird ein schwieriger konjunktureller Winter wer- Ordnung wäre. Wenn man wirklich nicht mehr den, und es wird auch kein strahlendes Jahr 1976 anders kann und Fehlentwicklungen zugeben muß, geben, aber ein Jahr, das uns die reelle Chance ver- verfährt man — ich darf das in Abwandlung eines schafft, bei entschlossenen Maßnahmen die Tendenz Dichterwortes einmal sagen — nach dem Motto: 12962 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Dollinger Laßt uns in die Ferne schweifen, denn das Schlechte Inflation ist die Arbeitslosigkeit. Ich hatte heute liegt so nah! den Eindruck, daß man davon nicht allzu viel (Beifall bei der CDU/CSU) spricht. Man sagt ja, hier ist soziale Vor- und Für- Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sorge getroffen. Aber ich glaube, man sollte auch ab werden hier immer wieder zwei Themen unter dem und zu daran denken, was Arbeitslosigkeit an Motto Sparen beim Staat und Steuern erörtert. Ich menschlichen Problemen für die Betroffenen und für glaube, die breite Masse der Bevölkerung denkt beim die Familienangehörigen mit sich bringt. Sparen in erster Linie daran: Was bleibt von dem (Beifall bei der CDU/CSU) Verdienst übrig, was kann man auf die hohe Kante Hier tauchen doch Probleme auf, die man finanziell legen? Sparen beim Staat bedeutet etwas anderes. gar nicht ausgleichen kann, wenn eben der Mann, Es bedeutet nämlich das Streichen von Leistungen, der Familienvater nicht mehr weiß, was er tun die bisher den Bürgern oder Institutionen gegeben soll, weil er keinen Arbeitsplatz mehr hat. Man worden sind. Das scheint mir ein fundamentaler muß weiter darauf aufmerksam machen, daß die Unterschied zu sein. Daß wir das Sparen für den Probleme nach den 312 Tagen, wenn man vom Bürger wollen, steht außer Zweifel. Daß wir keine Arbeitslosengeld zur Arbeitslosenhilfe kommt, für Verschwendung bei den öffentlichen Händen ha- die Familie noch weit schwieriger werden, als sie ben wollen, waben wir immer wieder betont. bisher diskutiert und erkannt worden sind. Halten Das Thema Steuererhöhung in einer solchen wir uns nur vor Augen, daß 100 000 Erwerbslose Situation! Ich meine, das Primitivste, was man ma- im Jahresdurchschnitt 900 Millionen DM kosten, chen kann, wenn das Geld nicht mehr reicht, ist in 100 000 Kurzarbeiter rund 300 Millionen DM. Den- die Tasche der anderen zu langen, um die Einnah- ken wir daran, daß 100 000 Arbeitslose beim Brutto- men zu erhöhen. In dieser Situation ist man heute. sozialprodukt zu einem Ausfall von 1,5 Milliarden DM führen und Steuern und Abgaben in Höhe von (Beifall bei der CDU/CSU) 600 Millionen DM ausfallen. Die Arbeitslosigkeit Ob das in die Konjunktur hineinpaßt oder nicht, sollten wir aus diesem Grunde sehr ernst nehmen scheint gar nicht so sehr abgewogen zu werden. und nicht nur finanziell sehen, sondern auch als eine Entwicklung, die viele Menschen in erster Meine Damen und Herren, ich möchte neben Spa- Linie in seelische Not hineintreibt und, wenn sie ren und Steuererhöhungen ein paar andere Gedan- länger dauert, auch noch in finanzielle. ken anfügen. Es wurde heute immer wieder vom Steuerausfall gesprochen. Ich glaube, wenn man (Beifall bei der CDU/CSU) von Steuerausfall gegenüber den Schätzungen, die Die Geschichte hat ja schließlich auch gezeigt, daß vorhanden waren, spricht, dann ist es ein deutliches Dauerarbeitslosigkeit in hohem Maße den radikalen Zeichen dafür, daß die Ertragskraft unserer Wirt- Kräften rechts und links immer einen enormen neu- schaft nachgelassen hat. Es muß hier noch einmal en Auftrieb gegeben hat. Die Entwicklung 1933 darauf hingewiesen werden, daß wir eine Entwick- wäre mit Gewißheit nicht möglich gewesen, wenn lung haben, die nun einmal in Deutschland selbst wir damals nicht die Millionen von Arbeitslosen begann. Man könnte auch hier sagen: Wer kennt gehabt hätten. die Völker, nennt die Namen, die alle hier zusam- menkamen, wenn man hört, wer an dieser Entwick- Eine Folge von Inflation und Arbeitslosigkeit ist lung schuld sein soll. Aber wenn wir uns einmal die Tatsache der Entwicklung des Wachstums un- die Inflationsentwicklung ansehen, müssen wir fest- serer Wirtschaft. Meine Damen und Herren, es wer- stellen, daß bereits im Jahre 1971 der Durchschnitt den geradezu akrobatische Kunststücke mit der der Lebenshaltungskosten um 5,3 % höher lag als deutschen Sprache gemacht. Da spricht man von im Jahre 1970 und im Jahre 1974 bereits der Satz „Null-Wachstum", da spricht man von „Minus von 7 % erreicht war. Das war ein Zeitpunkt, zu dem Wachstum". Das ist doch alles ein Unfug! Null- man mit dem besten Willen nicht behaupten kann, Wachstum ist Stagnation, und Minus-Wachstum — daß das Folgen einer internationalen Entwicklung unter null — ist einfach wirtschaftliche Schrumpfung. gewesen sind. Nur war es so, daß die Regierung und (Beifall bei der CDU/CSU) die sie tragende Koalition uns immer wieder erklärt haben, es gebe ja gar keine Inflation. Wie oft ha- Ich glaube, das sind die Tatsachen. Und wenn wir ben wir hier gehört: Wir setzen unsere Stabilitäts- heute lesen, daß das wirtschaftliche Wachstum ver- politik fort! Die Wirklichkeit hat sich dann so her- schwunden ist und wir im ersten halben Jahr eine ausgestellt, daß die deutschen Sparer im Jahre 1974 Schrumpfung um 5 % zu verzeichnen haben, hat das nach den Berechnungen der_ Bundesnotenbank rund natürlich sehr weitgehende Folgen. 50 Milliarden DM durch die Inflation verloren ha- - Meine Damen und Herren, Inflation, Arbeitslosig- ben. Es läßt sich eben nicht bestreiten: Inflation keit und wirtschaftliche Schrumpfung führen eben war zu allen Zeiten und wird zu allen Zeiten sein zwangsläufig zu den Defiziten in den Staatshaus- ein Betrug am arbeitenden und am sparenden Men- halten. Es führt auch dazu, daß all das, was man schen. — berechtigt oder unberechtigt — an Reformen in (Beifall bei der CDU/CSU) Aussicht gestellt hat, durch diese Entwicklung nicht Meine Damen und Herren, in der Wirtschaftsge- mehr möglich ist. Auch das Wort von der Lebens- schichte hat sich gezeigt, daß alle länger andauern- qualität verschwindet bei einer solchen Entwick- den, großen Inflationen letzten Endes mit Wäh- lung. Ich habe die Sorge, daß auch das immer wie- rungsreformen geendet haben. Eine Folge dieser der beschworene Netz der sozialen Sicherheit hier Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12963 Dr. Dollinger langsam in Gefahr kommt. Denn dieses Netz ist Ich glaube, das müßte uns allen zu denken geben; doch an zwei Pfosten aufgehängt. Diese zwei Pfosten denn es ist ja immer wieder vorgekommen, daß man heißen Stabilität und Vollbeschäftigung, und wenn die gesamte Verantwortung für die Preisentwick- die einmal nicht mehr vorhanden sind, wird auch lung auf die Wirtschaft oder auf das Ausland ab- dieses Netz der sozialen Sicherheit früher oder gelenkt hat. später gefährdet sein. Ich will auf weitere Zahlenbeispiele verzichten. (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Carstens Aber es sei mir doch gestattet, auf einen großen [Fehmarn] [CDU/CSU] : Leider wahr!) Staatsbetrieb hinzuweisen, nämlich auf die Deut- sche Bundespost. Die Deutsche Bundespost hatte im Meine Damen und Herren, Inflation, Arbeitslosig- Jahre 1969 einen Schuldenstand von 17 Milliarden keit und wirtschaftliche Schrumpfung, das alles DM und hat heute einen Schuldenstand von über führt doch letzten Endes — das sollten wir als 40 Milliarden DM, Demokraten uns auch immer wieder vor Augen hal- (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) ten — dazu, daß Bürger in unserem Lande enttäuscht werden. Und die Enttäuschung führt früher oder und wir haben vier Gebührenerhöhungen mit einer später zum Verlust der Glaubwürdigkeit. Das jährlichen Mehrbelastung von rund 7,2 Milliarden zwingt eigentlich alle guten Demokraten in unserem DM gehabt. Lande dazu, nicht übertriebene Hoffnungen zu er- (Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU]) wecken oder gar Phantasien zu entwickeln, die frü- Die administrierten Preise, für die die Regierung her oder später zu diesen Enttäuschungen und zur in erster Linie mitverantwortlich ist, zeigen also, Unglaubwürdigkeit führen. daß hier gefährliche Entwicklungen eingeleitet wor- (Beifall beider CDU/CSU) den sind. Es gab eine Zeit — noch nicht allzu lange her —, Wenn ich diese drei Punkte noch einmal zusam- da sagte der heutige Bundeskanzler und damalige menfasse und auf ein Eingehen auf das außenwirt- Finanzminister, die deutsche Wirtschaft stehe vor schaftliche Gleichgewicht verzichte — davon wurde einer Gewinnexplosion. Was haben wir heute zu heute schon gesprochen —, bleibt doch eine Fest- verzeichnen? Wir haben Mangel an Kapazitätsaus- stellung: das, was das Stabilitätsgesetz der Bundes- lastungen. Die Regierung selbst — der Herr Bundes- regierung auferlegt, ist von dieser Regierung nicht wirtschaftsminister z. B. — beklagt die fehlenden eingehalten worden. Es bleibt die Feststellung, daß Investitionen. Die ganze Entwicklung wird eigent- wir im Endergebnis heute einen Zustand haben, der, lich am deutlichsten an der Zahl der Konkurse und gemessen am Gesetz über Wachstum und Stabilität, Vergleiche. Gewiß gehört zur Marktwirtschaft die als gesetzwidrig zu bezeichnen ist. Auslese, die Chance zu gewinnen, das Risiko zu (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Leider verlieren. Aber wenn man sich einmal vor Augen wahr!) hält, daß die Zahl der Konkurse im Jahr 1969 3 809 betragen hat, 1974 7 722 und im ersten halben Der Herr Kollege Möller hat vorhin von dem „Zu- Jahr 1975 bereits 4 481, dann bitte ich, doch einen sammenbruch" des Jahres 1966 gesprochen. Herr Augenblick darüber nachzudenken, daß diese Zah- Kollege Möller — ich sehe ihn nicht —, wenn das len Vernichtung von wirtschaftlichen Existenzen in Jahr 1966 ein Zusammenbruch war, bin ich aller- einem sehr großen Stil beinhalten. dings der Meinung, wir haben im Jahre 1975 be- reits ein Chaos. (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) In diesen Zahlen sind all die Betriebsaufgaben oder Fusionen nicht enthalten, die dadurch verursacht Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei die- wurden, daß die inflationäre und konjunkturelle ser Diskussion werden wir immer wieder darauf Entwicklung bei vielen Unternehmungen dazu ge- hingewiesen, daß ja die Entwicklung vom Ausland führt hat, daß sie nicht mehr lebensfähig waren, kommt. Es wird völlig vergessen, daß in verschie- einfach deshalb, weil steigende Kosten nicht über denen Bereichen auch der Staat auf die wirtschaft- höhere Preise oder durch Umsatzausweitung ausge- liche Entwicklung einen besonderen Einfluß hat. Ich glichen werden konnten. meine hier sehr bewußt das Problem der admini- Ich meine, daß gerade hier für die weitere Zu- strativen Preise. Gestern — ich zitiere aus der kunft ein sehr böses Problem liegt. Ich meine mit „Süddeutschen Zeitung" vom 17. September 1975 — Unternehmern im übrigen nicht nur die Großunter- hat die Bonner Arbeitsgemeinschaft der Verbrau- nehmungen. Ich denke hier auch an die Landwirt- cher zur Frage der administrierten Preise Stel- schaft. Wenn ich so lese, was der Landwirtschaft lung genommen. Es heißt in dieser Meldung: im Rahmen dieser Aktionen nun zugemutet wird, Während sich die Gesamtkosten der Lebenshal- dann stellt sich wirklich die Frage, ob das zumutbar tung gegenüber August vorigen Jahres um ist. Man hat Berichte gelesen, daß der Bundesland- 5,9 % erhöht haben, wurden die staatlich be- wirtschaftsminister hart gekämpft hat, aber daß er einflußten Preise seitdem um 12,1 % angehoben. im Endergebnis doch nachgegeben hat. Auch in der Gegenüber 1970 beträgt der allgemeine Preis- Landwirtschaft gehen auf Grund dieser Entwick- anstieg 35,2 %, der Anstieg der administrierten lung selbständige Existenzen unter, genauso wie im Preise aber 55,7 %. Handwerk, Einzelhandel und Großhandel. (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) 12964 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Dollinger Das ist die Konsequenz dieser Entwicklung. Wenn geht hier nicht allein um die steuerliche Frage, son- sich auch von dieser Seite — neben den Beeinflus- dern es geht vor allem auch darum, ob man den sungen durch die Technik — der Konzentrations- Unternehmer als Persönlichkeit anerkennt und ha- prozeß fortsetzt, dann stellt sich früher oder ben will oder nicht. später die Frage, ob wir in der Bundesrepublik (Beifall bei der CDU/CSU) Deutschland noch eine Wettbewerbswirtschaft ha- ben, die eine Voraussetzung für die soziale Markt- Meine Damen und Herren, wir hören immer, was wirtschaft ist. der demokratische Sozialismus will. Wenn ich das Es stellt sich noch eine andere Frage; ich möchte alles lese, stelle ich mir manchmal die Frage, ob das nur am Rande erwähnen. Ich glaube — das be- das noch etwas mit demokratischem Sozialismus zu kommt in Zukunft noch mehr Bedeutung —, es stellt tun hat oder ob man einfacher sagen sollte: Sozia- sich die Frage, ob z. B. bei dem ständigen Eingehen lismus. Wenn ich an die Forderungen, einschließ- von Einzelhandelsgeschäften auf die Dauer die Ver- lich des SPD-Orientierungsrahmens '85, denke — was sorgung in dünn besiedelten Räumen überhaupt hören wir alles? Wir hören erstens die Forderung noch möglich ist. nach der paritätischen Mitbestimmung, die bis zu einem hohen Grade eine Fremdmitbestimmung der (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) Funktionäre ist. Ich darf einen zweiten Punkt an- Nun wurde von dem Herrn Bundeskanzler heute fügen: die Forderung nach Investitionskontrolle immer wieder sehr deutlich unterschieden in Unter- und Investitionssteuerung. Als dritten Punkt darf nehmen und Unternehmer. Gewiß besteht ein Unter- ich die Überlegungen hinsichtlich der Steuern in Er- schied zwischen Unternehmen und Unternehmern. innerung bringen, wo man ja immer wieder sagt: Aber ich glaube, wir haben in Deutschland nicht Entlastung unten, Belastung oben, wo aber doch zuviele, ich fürchte manchmal, wir haben zuwenige praktisch die Leistung bestraft wird und ein Nivel- unternehmerische Persönlichkeiten. Ich möchte dar- lierungsprozeß stattfindet. Ich erwähne viertens die auf hinweisen, daß die Organisation eines Unter- ständige Forderung nach gesellschaftlicher Umver- nehmens nur dann mit Leben erfüllt sein wird, wenn teilung, fünftens Formulierungen, die die Auflösung unternehmerische Persönlichkeiten an der Spitze des Eigentumsbegriffes andeuten. stehen. Wir kennen ja viele Fälle, wo bekannte (Wehner [SPD]: Ist ja lächerlich!) Unternehmen ihre Bedeutung eines Tages verloren haben, weil die unternehmerischen Persönlichkeiten — Herr Wehner, wenn Sie es als lächerlich be- gefehlt haben. Diese kann man auch nicht vererben. trachten, so ist das Ihr Recht, aber es gibt solche Das ist eine Frage der Veranlagung, sicher auch Dinge. des Fleißes. Aber man sollte vorsichtig sein, wenn man versucht, zu sagen: Unternehmungen und Un- (Wehner [SPD]: Ist ja lächerlich! Olle Ka ternehmer. Ich möchte hier nicht Unternehmer ver- mellen!) teidigen, neureiche Typen, Protze und Angeber. Solche Erscheinungen, die einem nicht gefallen, gibt — Es ist leider so, daß eben der Marxismus und es überall. Aber ich meine, daß der Unternehmer der Sozialismus olle Kamellen sind — da gebe ich auch in Deutschland nicht nur eine Notwendigkeit Ihnen recht —, weil diese Lehre alt genug ist. für unser Wirtschaftssystem, sondern auch eine ent- (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : scheidende Voraussetzung dafür ist, daß die Wirt- Sie auch!) schaft — und damit die gesamte Volkswirtschaft — floriert und sich fortentwickelt. Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege, gestat- (Beifall bei der CDU/CSU) ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Diese unternehmerische Wirtschaft und die soziale Ehrenberg? Marktwirtschaft werden von einer Reihe von Fakto- ren in Frage gestellt. Dr. Dollinger (CDU/CSU): Ja bitte!

Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege, gestat- ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ehrenberg (SPD) : Herr Kollege, wenn Sie den Scheu? Orientierungsrahmen '85 zitieren, darf ich vielleicht davon ausgehen, daß Sie ihn gelesen haben, und Dr. Dollinger (CDU/CSU): Bitte schön! Sie bitten, diesem Hohen Hause mitzuteilen, wo dort eine Auflösung des Eigentumsbegriffes gefor- - dert wird. Scheu (SPD) : Herr Kollege, wäre es nicht denk- bar, daß die CDU, die doch ihre Klientel in erster (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : In Hessen Linie bei den Unternehmern hat, einmal konkret Süd, jeden Sonntag aufs neue!) darüber nachdächte, ob es nicht wenigstens steuer- lich einen Unterschied zwischen Unternehmen und Vielleicht darf ich Sie auch bitten, mitzuteilen, daß Unternehmer geben würde? dort konkret unter Bezugnahme auf das Godes berger Programm das Privateigentum an Produk- tionsmitteln anerkannt wird. Dr. Dollinger (CDU/CSU) : Gegen ein solches Nach- denken haben wir gar nichts einzuwenden, aber es (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12965

Dr. Dollinger (CDU/CSU) : Herr Ehrenberg, Sie um knapp zwei Punkte stieg, von 1970 bis 1974 um wissen ganz genau, daß es sehr starke Stimmen fast sechs Punkte auf 43 % zunahm". Die Zahlen gibt, von 1975 werden noch höher liegen, füge ich hinzu. (Dr. Ehrenberg [SPD] : Ich habe vom Orien Herr Friderichs stellt nach meiner Meinung auch mit tierungsrahmen gesprochen!) Recht fest, daß sich die Zwangsabgabenquote, Steu- deren Verwirklichung den Eigentumsbegriff auflöst ern und Sozialversicherungsbeiträge, die von 1962 oder aushöhlt. bis 1970 lediglich um ein halbes Prozent gestiegen ist, von 1970 bis 1974 um runde vier Punkte erhöht hat. (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehrenberg [SPD] : Weichen Sie doch nicht aus! Ich habe Schließlich sagt Herr Friderichs, daß die notwen- vom Orientierungsrahmen gesprochen!) dige Korrektur dieser Defizite und die Unsicherheit über die Methoden dieser Korrektur wesentliche Ich darf einen sechsten Punkt nennen, das ist die Belastungsfaktoren für die Unternehmerposition Anspruchsinflation, die laufend fortschreitet. Ich sind. Schließlich noch ein Zitat von Herrn Minister nenne siebtens die Aktionen der Gewerkschaften Friderichs. Er sagt, daß deutliche Anzeichen von über den sozial- und lohnpolitischen Bereich hin- Unsicherheit über sich hinziehende Diskussionen aus. Ich erwähne achtens die permanente Kritik an betreffend bestimmte Reformvorhaben der Koali- der Marktwirtschaft, die Verteufelung des Gewinns tion (Mitbestimmung, Berufsbildung, Körperschaft- ohne Einsicht in dessen ökonomische Funktion — steuerreform) und insbesondere eine nachhaltige hier, das gebe ich zu, ist zwischenzeitlich ein ge- Verunsicherung durch öffentliche Auseinanderset- wisser Wandel im Gange —, neuntens die wach- zungen über systemverändernde Forderungen (z. B. sende Macht von Linksradikalen im Rahmen der Investitionslenkung, Vergesellschaftung der Ban- Regierungsparteien und ihre Einschleichung in Or- ken, permanente Kritik an der Markwirtschaft und ganisationen, Verbände, Unternehmungen und Verteufelung des Gewinns ohne Einsicht in seine Universitäten. Ich nenne zehntens den Beschluß des ökonomischen Funktionen) erkennbar sind. Langzeitprogramms, durch das der demokratische Sozialismus als künftige offizielle Wirtschafts- Meine Damen und Herren, wir freuen uns über ordnung etabliert werden soll; elftens die Ausge- dieses Erkenntnisse des Herrn Bundeswirtschafts- staltung der Mißbrauchsaufsicht zu einer Preisfest- ministers. Wir müssen aber einmal die Frage stel- setzung durch das Kartellamt; zwölftens das er- len, was eigentlich die FDP in der Regierung und neute Vordringen des Klassenkampfdenkens in den als Koalitionspartner tut, um diese _Thesen zu ver- Orientierungsrahmen der Wirtschaftspolitik; drei- wirklichen. zehntens die Forderung, das Wachstum durch Null (Beifall bei der CDU/CSU) Wachstum zu ersetzen; vierzehntens die Verstaat- Hier ist man doch offenbar bereit, trotz der Er- lichung von Banken und Schlüsselindustrien; kenntnisse an den tatsächlichen Verhältnissen (Wehner [SPD] : Ist doch Stammtisch!) nichts ändern zu wollen. Wir werden erleben, ob das nur der Zustand vor dem SPD-Parteitag ist und und letzten Endes fünfzehntens, Herr Wehner, die ob das nachher anders wird. Forderung Ich glaube, daß hier Entwicklungen im Gange (Wehner [SPD] : Stammtisch ist das! Dump sind, die uns alle mit Sorge erfüllen müssen, weil fer Stammtisch!) letzten Endes bei dieser Entwicklung das System nach kollektiven Vermögensbildungsfonds unter ge- der sozialen Marktwirtschaft in Gefahr kommt. werkschaftlicher Kontrolle. Wenn nun der Herr Bundeskanzler heute erklärt hat, daß auf dem Steuersektor und ähnlichem alles Meine Damen und Herren, das sind Punkte, die aus Mut heraus geschieht, um den Wählern die man einfach nicht bestreiten kann. Hier ist nun Wahrheit zu sagen, dann darf ich noch darauf hin- in den letzten Wochen eine interessante Entwick- weisen, was das „Handelsblatt" am 10. September lung zu verzeichnen. Der Koalitionspartner FDP hat 1975 geschrieben hat. Ich meine den Kommentar offenbar in einer Reihe von Punkten gemerkt, daß „Eigenlob stinkt" von Herrn Bernhard. Da heißt es: sich hier problematische Dinge entwickeln. Ich muß noch einmal auf das zurückkommen, was Herr Mini- Tatsächlich aber hat das mit Kraft und frei- sterpräsident Kohl heute schon angedeutet hat, williger Ehrlichkeit überhaupt nichts zu tun. nämlich die Rede des Herrn Bundeswirtschaftsmini- Vielmehr mußten die Sozialliberalen ihren sters Friderichs am 23. Juni dieses Jahres vor dem ersten finanzpolitischen Offenbarungseid vor Bundesvorstand der FDP. dem Bundestag leisten, weil es die Gesetze so befehlen. (Zuruf von der CDU/CSU: Das war doch- eine Geheimrede! — Heiterkeit bei der Es wird dann auf § 9 des Gesetzes zur Förderung CDU/CSU) von Stabilität und Wachstum Ich meine, der Herr Bundesminister hat recht, wenn (Wehner [SPD] : Zeitung lesen kann man er feststellt, daß die Lohnkosten je Produkteinheit, doch selber!) der wichtigste inländische Kostenfaktor, von 1970 und auf § 50 des Haushaltsgrundsätzegesetzes hin- bis 1974 mit durchschnittlich 8,4 % erheblich stärker gewiesen. Ich glaube, Herr Bundeskanzler, man als vorher gestiegen sind. Herr Friderichs hat sicher sollte das, was man zu tun gesetzlich gezwungen recht, wenn er sagt, daß die Staatsquote — ich ist, nicht in eine Form hineinbringen, als wäre es zitiere ihn wieder — „von 1962 bis 1970 lediglich eine besondere Leistung. 12966 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Dr. Dollinger Meine Damen und Herren, wenn wir eine Ände- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin rung der Entwicklung haben wollen, dann, glaube zutiefst davon überzeugt, daß die Beibehaltung des ich, muß man dies in ein paar Thesen noch einmal Systems unserer Wirtschaftsordnung nicht nur im ganz deutlich ansprechen. Ich darf sie hier zusam- Interesse der Unternehmungen und der Unterneh- menfassen. mer ist, sondern daß letzten Endes davon auch Ent- scheidendes für den Bürger schlechthin abhängt. Ich bin der Meinung, daß nach wie vor alles ver- Denn die Freiheit der Unternehmungen und der Un- zu senken. sucht werden muß, um die Inflationsrate ternehmer ist letztlich auch die Freiheit der Ver- Wir dürfen uns nicht an diese hohen Sätze gewöh- braucher und die Freiheit der Arbeitnehmer, ist nen, weil die Konsequenzen, wie aufgezeigt, nicht freie Konsumwahl und freie Wahl des Arbeitsplat- zu verantworten sind und sehr schädlich für unsere zes. Entwicklung wären. Ich meine auch, daß dazu eine (Beifall bei der CDU/CSU) maßvolle Haushaltspolitik, eine entsprechende Ta- rifpolitik der Tarifpartner und eine entsprechende Überall, wo diese Freiheit in Frage gestellt wird, Politik der Bundesnotepbank gehören. muß man sich vor Augen halten, daß mit der Ein- schränkung ein gefährlicher Weg beschritten wird. Ich bin — zweitens — der Meinung, daß eine Re- Die Freiheit ist auch in diesen Bereichen unteilbar. duzierung der übermäßigen Belastung der Unterneh- mungen erforderlich ist, wenn eine wirtschaftliche Nun wurde hier sehr oft gesagt, wir brauchten Belebung stattfinden soll. Ich verweise hier auf eine Optimismus, wir brauchten Vertrauen. Ich bin von Reihe von Anträgen, die im Bundesrat liegen, und Natur aus ein optimistischer Mensch; aber ich auf eine Reihe von Erklärungen. Hier wäre es not- glaube, man darf den Optimismus nicht so weit trei- wendig, zu entscheiden, was man will. Ich erinnere ben, daß er Leichtsinn wird. Ich bin der Meinung, z. B. an das „kleine carry-back", ich erinnere an die daß die Entwicklung der letzten Jahre einschließlich Frage Investitionszulage in strukturschwachen Ge- der vielen Aussagen, die zum Teil heute schon zi- bieten, ich erinnere auch an die Frage der ertragsun- tiert worden sind, nicht dazu beigetragen hat, das abhängigen Steuern, die ja in der heutigen Situation Vertrauen in die Regierung zu stärken. So hat z. B. für die Unternehmungen besondere Probleme dar- der Herr Bundeskanzler am 8. Februar 1975 gesagt stellen. — ich darf zitieren —: (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr Ich würde mit Ihnen eine Wette eingehen, daß richtig!) in Annäherung an den 30. Juni die Pferde so Ein dritter Punkt. Ich glaube, ein angemessenes gewaltig saufen, daß der Finanzminister Angst Wachstum der wirtschaftsfördernden Investitionen kriegen wird wegen seiner Steuereinnahmen in ist bei gleichzeitiger Beschränkung des öffentlichen den nachfolgenden Jahren. Konsums erforderlich. Das, was gestern in der Auch das scheint mir sehr plastisch den Widerspruch „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" über die Ent- zwischen dem zu zeigen, was man vermutet hat, und wicklung der konsumativen und der investiven Aus- dem, was eingetreten ist. Die Entwicklung der letz- gaben berichtet worden ist, ist letzten Endes als er- ten Jahre spricht einfach gegen die Regierung. schreckend zu bezeichnen. Der Herr Bundeskanzler hat heute gesagt, daß Viertens. Wir brauchen eine wirksame Wettbe- seine Politik Kontinuität bedeute. Es gibt — inso- werbspolitik, wobei allerdings Wert darauf gelegt fern gebe ich ihm allerdings Recht — eine Kontinui- werden muß, daß nicht Großunternehmungen die tät seit 1969, und die betrifft all die Dinge, die gegen mittelständischen Unternehmen durch einen Ver- das Stabilitätsgesetz verstoßen und die unsere Wirt- drängungswettbewerb früher oder später in die Ver- schaft, den Bürger und den Arbeitnehmer nicht bes- nichtung hineinbringen. ser-, sondern schlechtergestellt haben, die nicht Not Fünftens. Wir sollten alle überspannten Reform- weggenommen, sondern neue Not geschaffen haben. forderungen des sogenannten demokratischen So- (Beifall bei der CDU/CSU) zialismus aufgeben, und wir sollten — sechstens — überall dort, wo Unsicherheit ist, dafür sorgen, daß Dies ist die Folge einer Serie von Fehlern, von diese Unsicherheit beseitigt wird. Irrtümern und von Unterlassungen. Davor ist nie- mand gefeit. Aber wenn sie in diesem Ausmaß zu- Siebentens. Die Aufgabe der Pläne für Investi- sammenkommen, dann muß man sich doch die Frage tionslenkungen scheint absolut erforderlich zu sein. stellen, ob hier eine geeignete Pronose gestellt wor- Denn, meine Damen und Herren, wenn man nicht den ist oder nicht. mehr weiß, ob nun die Verantwortlichen im Unter- nehmen oder ob irgendwelche Gremien über Pro- Meine Damen und Herren, Graf Lambsdorff hat duktion oder Distribution entscheiden, dann wird davon gesprochen, daß der Vorwurf von Täuschun- das mit Gewißheit kein Anreiz sein, hier etwas zu gen gemacht worden ist. Man muß sich einmal vor tun. Augen halten, was man im Wahlkampf von Nord- Achtens. Wir sollten überlegen, wo durch Privati- rhein-Westfalen gelesen hat: Der Aufschwung ist sierung und Reprivatisierung eine Entlastung der wählbar — so Herr Kühn. Glauben Sie, daß man öffentlichen Haushalte erfolgen kann. Das gilt nicht eine solche Parole überhaupt herausgeben kann? Ist nur, wie heute gesagt worden ist, für Kommunen das keine Überheblichkeit? Ist das nicht eine falsche und Länder, das gilt letzten Endes auch für den Parole? Eine Wirkung auf den Wähler war doch Bund. mit Gewißheit beabsichtigt. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12967 Dr. Dollinger Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gewendet wird. Der deutsche Wähler wird im näch- können also der Regierung nicht das Vertrauen sten Jahr darüber entscheiden. schenken, von dem sie immer spricht, und wir kön- (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : nen ihren Optimismus nicht teilen. Wir wissen nicht, Bleiben Sie auf dem Teppich!) welche Entwicklung sich in der SPD weiter vollzie- hen wird. Wir müssen auch die Frage stellen: Was geht eigentlich in der FDP vor? Ist das Schwäche Vizepräsidenten Frau Funcke: Das Wort hat der oder ist das Zwiespalt? Zwischen der Rede von Herr Bundeskanzler. Herrn Friderichs, der von einer klaren Politik sprach, und den getroffenen Entscheidungen liegt ein Widerspruch, der nach meiner Meinung aufge- Schmidt, Bundeskanzler: Frau Präsidentin! Meine klärt werden sollte. Damen und Herren! Der Herr Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz hat mich darüber unterrichtet, daß (Beifall bei der CDU/CSU) er morgen vormittag leider nicht anwesend sein kann. Deswegen habe ich die Chance genommen, Wenn ich mir den Zustand von SPD und FDP und heute, in seiner Anwesenheit, auf einige seiner Be- der Regierung selbst vor Augen halte, dann muß merkungen zu antworten. Ich gehe auf Herrn Car- ich sagen: Man kann bei dieser Regierung und bei stens dabei weiter nicht ein. dieser Koalition keine Hoffnung auf einen Wandel setzen. Das ist bedauerlich. Aber es ist eine Fest- (Zuruf von der SPD: Sehr gut!) stellung, die sich durch Zahlen immer wieder erhär- Das hat Herr Kirst schon in ausreichender Weise ge- ten und beweisen läßt. tan. Bei den vielerlei verfälschten und verkürzten, Meine Damen und Herren, die Opposition wird zum Teil mißverstandenen oder absichtlich mißver- weiterhin ihre warnende Stimme erheben, und nicht ständlich dargestellten Zitaten, Herr Carstens, die nur die warnende Stimme erheben, sondern auch Sie sich aus Ihrem Zettelkasten haben bringen las- sagen, was sie für richtig hält, was sie für falsch sen, ist das nicht angebracht. hält und was sie für unmöglich hält. Das hat sich (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der heute wie in der Vergangenheit gezeigt. Wie oft CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Sa wurde Franz Josef Strauß wegen seiner Prognosen gen Sie mal ein Beispiel!) verlacht und wie zutreffend waren sie! Manchmal waren sie im Vergleich zu dem, was sich tatsäch- — Z. B. die verkürzte Zitierung über die Mehrwert- lich ereignet hat, noch harmlos. steuer aus der Regierungserklärung vom Mai 1974, z. B. die verkürzte und verfälschende Zitierung aus (Beifall bei der CDU/CSU) dem Bulletin der Bundesregierung, z. B. die ver- fälschende Zitierung aus der Rede, die ich hielt und Meine Damen und Herren, da und dort klang die die Sie selber schriftlich vor sich hatten, Herr Überlegung durch, daß man die Chance habe, viel- Carstens. leicht von den eigenen Schwierigkeiten dadurch ab- lenken zu können, daß man auf Differenzen inner- (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe halb der CDU/CSU verweist. Machen Sie sich keine von der CDU/CSU: Wer verfälscht denn Hoffnungen! Unser Parteitag in München hat es klar hier? — Zitieren Sie doch mal richtig, Herr gezeigt: Die CDU/CSU — — Bundeskanzler! — Was war denn falsch daran? Sagen Sie das doch einmal! — Wei (Wehner [SPD] : Der hat das gezeigt: eine tere Zurufe von der CDU/CSU) große stumpfe Union, deswegen CSU — Stumpfe Union! Das war alles!) — Ich bitte den Bundestag wirklich um Entschul- digung. Wir haben soeben aus dem Munde von — Herr Wehner, ich verstehe Ihre Aufregung; Herrn Dollinger gehört, denn Sie hatten etwas anderes erwartet. In Mün- chen hat sich eines gezeigt: eine geschlossene (Rawe [CDU/CSU] : Was bringen Sie denn Union, eine geschlossene CSU unter Franz Josef anders zuwege als falsche Behauptungen?) Strauß und eine geschlossene Gemeinschaft CDU/ es komme auf Herrn Kohl an und auf Herrn Strauß. CSU unter Führung des Kanzlerkandidaten Minister- Von Herrn Carstens war nicht die Rede; also präsident Kohl. brauchen wir auch nicht über ihn zu reden. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ Sie werden sich darauf verlassen können, meine Da- CSU) men und Herren, daß CDU und CSU unter- Führung Übrigens, Herr Dollinger, die Wette, die Sie er- von Kohl und Strauß dafür sorgen werden, daß wähnt haben, wurde abgeschlossen unter der wis- unser Volk eine Alternative hat, eine Alternative senschaftlichen Oberaufsicht eines Mitglieds des durch CDU/CSU mit dem klaren Ziel, Sachverständigenrats. Er hat inzwischen schriftlich (Wehner [SPD]: Ja, ja, solange Sie leben, festgestellt, daß ich die Wette gewonnen habe; ich bleiben Sie Alternative, aber nicht Regie kriege eine Kiste Schampus. Sie haben Glück ge- rung!) habt, daß Sie diese Wette nicht eingegangen sind. daß das, was Sie an gutem Erbe verspielt haben, (Dr. Dollinger [CDU/CSU] : Prost!) nicht zu einem Chaos führt, sondern rechtzeitig — Schönen Dank! 12968 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode --- 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt Aber nun zu dem Anlaß meiner Intervention. Ich räume Ihnen gern ein, daß man über weitere in Höhe einiger hundert Millionen, (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Was Sparmaßnahmen vielleicht auch in Höhe von einer oder anderthalb war denn nun falsch an den Zitaten, Herr Milliarden DM gut streiten könnte. Aber Sie spre- Bundeskanzler?) chen hier von weiteren Sparmaßnahmen in der Herr Ministerpräsident Kohl war auch nicht ganz Größenordnung von 10 000 Millionen, von 10 Mil- redlich, liarden DM. Dies allerdings haben Sie selbst bisher (Zurufe von der CDU/CSU: Nur Sie sind das!) vielleicht nicht ausreichend geprüft. Jedenfalls wäre obwohl er sich in mancher Weise unterschied das Hilfsangebot doch nur dann etwas wert, wenn Sie darlegen könnten, daß ein weiterer Sparprozeß (Zuruf von der CDU/CSU: Furchtbare allein beim Bund — die Länder müßten wohl dazu- Arroganz!) kommen, auch Rheinland-Pfalz müßte mit dem Spa- von der Redeweise Ihres ersten Sprechers. Ein Bei- ren in seinem Haushalt ja mal anfangen — in die- spiel: Sie sagten — woher wissen Sie das eigent- ser Höhe lich, Herr Kohl? —, wir hätten steuerliche Maß- (Beifall bei der SPD) vorbereitet, die wir aber erst nahmen nach dem volkswirtschaftlich notwendig sei. Das haben Sie öffentlich kundma- sozialdemokratischen Parteitag nicht getan. chen würden. Ich weiß nicht, ob Sie das belegen können. Ich versichere Ihnen, daß dies nicht der Übrigens haben Sie auch ein gutes Wort ausge- Fall ist. Richtig wäre es, zu sagen, sprochen, wie ich denke. (Maucher [CDU/CSU] : Er hat nicht von (Zuruf von der CDU/CSU: Mehrere gute Steuern nach dem Parteitag geredet; das ist Worte!) falsch! Von Einsparungen!) Sie haben gesagt: Wir wollen die Bundesrepublik daß in der Tat — vielleicht noch sehr viel länger Deutschland nicht mit Weimar vergleichen. Ich als bis zum Parteitag —, z. B. im Zusammenhang habe daran nichts zu kritisieren. Im Gegenteil, ich mit der Körperschaftsteuerreform, die wir ja noch bin derselben Meinung wie Sie, daß wir, alle drei gemeinsam zustande bringen wollen, viel Nach- Parteien, die Gewerkschaften und, Herr Dollinger, denken über die Besteuerung der Unternehmen im auch die Unternehmer, viele Kräfte, auch die geisti- Gange ist. Wie lange das dauert und ob das zu gen Kräfte in unserem Land, froh und zum Teil so- positiven Ergebnissen führt, ist eine sehr offene gar auch stolz darüber sein dürfen, daß diese zweite Frage. deutsche Demokratie nach 25 Jahren unendlich viel vitaler und lebenskräftiger dasteht als die erste nach 12 Jahren. Darin stimmen wir überein. Aber Vizepräsident Frau Funcke: Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten wenn es so ist und mit der zweiten deutschen Althammer? Demokratie so bleiben soll, dann setzt das ja vor- aus, daß man an den Punkten, wo es schwierig wird, die Lehren, die aus dem Weimarer Fehlschlag zu Schmidt, Bundeskanzler: Ich bitte um Nachsicht: ziehen sind, nicht in den Wind schlägt. ich möchte jetzt auf Herrn Kohl antworten dürfen. Herr Althammer. Nur deswegen habe ich mich ja (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) zu Wort gemeldet. Eine der Lehren — nun muß ich etwas ausführ- (Zurufe von der CDU/CSU: Wie großzügig! licher werden, als ich es heute morgen verkürzt — Mehr Demokratie!) war —, genauer gesagt: zwei Lehren sind aus den Ereignissen des März 1930 zu ziehen. Es war nicht Es war auch nicht ganz redlich, Herr Kohl, zu so, wie der Herr Professor Carstens meinte, daß ich sagen, Sie stünden hier als ein kooperationsberei- hier Geschichte fälschte. Mir sind diese Ereignisse ter politischer Führer der CDU und CSU in Bundes- seit 20 oder 25 Jahren als eine ganz ungeheuer tag und Bundesrat, aber wir ergriffen die Chance wichtige Epoche, nein, als eine dramatisch-zerstö- nicht. Worin besteht Ihre Kooperationsbereitschaft? rerische Episode Das ist mir — und wahrscheinlich vielen anderen auch — nicht ganz deutlich geworden. (Zurufe von der CDU/CSU) Eines habe ich verstanden: Diese Bereitschaft be- beim Niedergang der ersten Weimarer Demokratie steht darin, daß Sie sagen: Ich, der Kanzlerkandi- allerdings im Bewußtsein. dat der Unionsparteien, bin bereit, Ihnen zu helfen, (Beifall bei der SPD) wenn Sie noch zusätzlich zu dem, was Sie jetzt Ich hatte heute morgen gemeint, wir sollten nicht schon streichen und sparen, weitere 7 bis- 10 Mil- liarden DM sparen wollen. — So verstehe ich Sie. dasselbe tun wie damals. Wir, das heißt: Sie nicht, Es war nicht redlich, Herr Kohl, nicht eingegangen die Rechte nicht und auch wir, die Linke, nicht. zu sein auf das allerdings gewichtige Argument — (Seiters [CDU/CSU] : Das hörte sich aber und das ist nicht nur ein Argument, es ist ein ganz anders an! — Dr. Stark [Nürtingen] Motiv; es ist eine innere Überzeugung —, daß man [CDU/CSU]: Sie sind unglaubwürdig! — eben nicht die Fehler der Jahre 1930 und folgende Weitere Zurufe von der CDU/CSU) wiederholen und in eine deflatorische Ausgaben- — Nun warten Sie es doch nur ab! Es ist in die kürzungspolitik ohne Maß und Ziel eintreten dürfe. sem Hause sehr schwierig, einen Gedanken, selbst (Beifall bei der SPD und der FDP) wenn man versucht, ihn mit allem Ernst und aller Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12969 Bundeskanzler Schmidt Eindringlichkeit vorzutragen, auch nur sätzeweise Nun kommt der Punkt, an dem beide Seiten, wie zu Ende zu bringen, Herr Kollege. ich dachte, Lehren ziehen müssen. (Beifall bei der SPD) (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Weiter! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Ich will die Vorgeschichte noch einmal in die Erinnerung rufen. Es war so: Im März 1930 be- Der Brüningsche Vermittlungsversuch wollte den stand die damalige Reichsanstalt erst wenige Jahre. Arbeitslosenversicherungsbeitrag um 1/4 % erhöhen, Die Arbeitslosigkeit — zu dem Zeitpunkt 3 Mil- (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sehr richtig! lionen — war sehr viel größer als die Finanzkraft Wie geht es weiter?) der Reichsanstalt, die das Arbeitslosengeld zu aber die Frage der Konsolidierung der Finanzlage zahlen hatte. der Reichsanstalt offenlassen und auf die Zukunft (Zuruf von der CDU/CSU: Wie heute!) verschieben. Der Reichshaushalt war nicht in der Lage, in dem (Zuruf von der SPD: So war es! Genauso Maße steigende Finanzzuschüsse zu leisten, wie es war es!) notwendig gewesen wäre, um die bisherigen Lei- Gleichzeitig fand in der Presse ein großer Feldzug stungen der Arbeitslosenversicherung an die statt, der darauf hinauslief, diese Frage zu benutzen, Arbeitslosen aufrechtzuerhalten. um die parlamentarisch gestützte Reichsregierung zu (Zuruf von der CDU/CSU: Wie heute!) zerbrechen. Die Reichsanstalt war finanziell darauf eingerichtet, (Zuruf von der SPD: Genau so! — Zuruf von das Arbeitslosengeld für 800 000 Arbeitslose zu der CDU/CSU: Von wem denn?) finanzieren; es handelte sich aber bereits um 3 Mil- — Dieser Feldzug kam aus der Hugenberg-Presse, lionen Arbeitslose. und er kam von rechts; aus Ihrer geographischen (Zuruf von der CDU/CSU: Wie heute!) Gegend kam dieser Feldzug. (Unruhe bei der CDU/CSU — Beifall bei der In dieser Lage gab es seit Wochen öffentliche Aus- SPD — Zurufe von der CDU/CSU) einandersetzungen über die Frage: Sollte man ent- weder mit Kraft und mit allen Mitteln die Zuschüsse Jetzt kommt der Fehler, den die Sozialdemokraten und die Darlehen aus dem Reichshaushalt verstär- gemacht haben. ken, oder sollte man die Leistungen an die Arbeits- (Zuruf von der CDU/CSU: Das, was Sie ge losen verringern? Dann gab es eine dritte Variante: sagt haben, kommt jetzt! — Weitere Zurufe Sollte man nicht, um die Leistungen nicht verringern von der CDU/CSU) zu müssen, die Beiträge zur Arbeitslosenversiche- rung erhöhen? Für das Kürzen der Leistungen an Die Sozialdemokraten haben in jener Lage verlangt, die Arbeitslosen sind damals eingetreten: einige daß es bei dem alten Kabinettsbeschluß bleibe. Sie prominente Sprecher der damaligen Arbeitgeberver- haben diesen sogenannten Vermittlungsvorschlag, bände, des Reichsverbandes der deutschen Industrie, der nur scheinbar einer war, abgelehnt. Übrigens die Hugenberg-Presse und die Deutsche Volkspartei, wurde er auch von der Bayerischen Volkspartei ab- die von daher am stärksten beeinflußt war. Die gelehnt, aus was für Gründen immer. Sozialdemokraten und natürlicherweise die Gewerk- (Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU] meldet schaften sind in jener Zeit dafür eingetreten, daß sich zu einer Zwischenfrage) die Leistungen an die Arbeitslosen nicht gekürzt werden; mit Recht! — Lassen Sie mich bitte zu Ende sprechen, Herr Kollege Haase. — In dieser Lage, wo die parlamen- Nach mehrfacher Befassung mit dieser selben tarische Vertretung der Gesetzgebungskoalition, der Materie — das ging schon über Monate — hat sich Regierungskoalition die Beschlüsse des Reichskabi- dann Ende März 1930 das Reichskabinett der Großen netts im Reichstag nicht realisieren wollte, aber ein Weimarer Koalition einschließlich der Volkspartei Reichstagsbeschluß notwendig war, — Stresemann war schon tot — erneut mit dieser (Unruhe bei der CDU/CSU) Frage beschäftigt. Es hat in diesem Dilemma be- schlossen, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu machten die Sozialdemokraten ihrerseits den Fehler, erhöhen, damit die Leistungen an die Arbeitslosen die Regierung zu verlassen. Das führte dann zu dem nicht gekürzt werden müssen. Dieser Beschluß des Kabinett nach Art. 48 der Weimarer Reichsverfas- Reichskabinetts sung, führte zu den Notverordnungen. Im Ergebnis - führte es genau zu dem, was die Gewerkschaften (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Jetzt kommt's!) und die Sozialdemokraten befürchtet hatten, näm- ist dann bei einigen Parteien der damaligen Koali- lich zur Verringerung der Sozialleistungen auf dem tion im Reichstag auf Widerspruch gestoßen. Sie Tiefpunkt der Rezession. haben diesen Beschluß nicht tragen wollen. Erst in (Beifall bei der SPD — Unruhe bei der diesem Augenblick, Herr Kollege Carstens, kommt CDU/CSU) dann der von Ihnen erwähnte Vermittlungsversuch, an dem Herr Brüning und noch andere beteiligt ge- Beide Seiten, Herr Ministerpräsident Kohl, wesen sind. (Katzer [CDU/CSU] : Das ist ganz etwas an (Zuruf von der CDU/CSU: Na und?) deres als heute morgen!) 12970 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt die hier heute und morgen miteinander debattieren, Mir liegt daran, bei Ihnen wenigstes nachträglich haben daraus je für sich eine Lehre zu ziehen. Verständnis dafür zu wecken, daß ich in allem (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU) Ernste glaube, daß das Schicksal der letzten parla- mentarischen Reichsregierung über dieser Frage Die Sozialdemokraten — und ich hatte diese Pas- Anlaß gibt, auf beiden Seiten der heutigen zweiten sage mindestens zur größeren Hälfte an meine ge- deutschen Demokratie darüber nachzudenken. werkschaftlichen Freunde draußen im Lande gerich- tet, die sich ein bißchen murrend darüber empören, (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ daß wir heute den Arbeitslosenversicherungsbeitrag CSU: Das haben Sie heute morgen nicht erhöhen —, die Linke in Deutschland hat die Lehre gesagt! -- Rawe [CDU/CSU]: Dann muß daraus zu ziehen, daß man wegen solcher Fragen, man sich vorher vernünftig informieren -wenn man Augenmaß hat, nicht eine Gesetzgebungs und sachlich richtig argumentieren, aber und Regierungskoalition aufs Spiel setzt. nicht so, wie Sie es heute morgen getan haben!) (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP) Es gibt ja auch in der heutigen zweiten deutschen Die Rechte, Herr Kollege Haase sollte daraus ler- Demokratie Kräfte, die sagen: Man kann das halbe nen, daß man über Fragen des Intakthaltens des Prozent zusätzlichen Arbeitslosenversicherungsbei- Netzes der sozialen Sicherheit nicht versuchen soll, trags den Unternehmen nicht zumuten; das könnten parteitaktische Vorteile einzuheimsen, die sich sie nicht tragen. Es gibt Kräfte — sie sitzen hier vor dann hinterher so niederschlagen. mir —, die diese Beitragserhöhung ablehnen. Ich vermute, es gibt auch Kräfte, die, wenn sie könnten, (Beifall bei der SPD und der FDP) an Stelle dessen tatsächlich das Arbeitslosengeld kürzen wollten. Vizepräsident Frau Funcke: Herr Bundeskanzler, (Beifall bei der SPD — Wehner [SPD]: Lei gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abge- der wahr! — Seiters [CDU/CSU] : Brunnen ordneten Haase? vergifter! — Nordlohne [CDU/CSU]: Fäl scher! — Pfui-Rufe von der CDU/CSU — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Dieser Bundeskanzler: Wenn es bei einer bleibt, Schmidt, Demagoge! — Anhaltende Zurufe von der bitte sehr! CDU/CSU) Wenn diese Möglichkeit von Ihnen ausgeschlossen Haase (Kassel) (CDU/CSU) : Verehrter Herr Bun- werden soll, dann erklären Sie bitte durch einen deskanzler, wollen Sie bestreiten, daß an jenem 28. März 1930, als um das Geschick der Großen Ihrer Sprecher, daß Sie zwar 7 bis 10 Milliarden DM zusätzlich sparen wollen, aber nicht beim Kurzarbei- Koalition gewürfelt wurde, die Zentrumsfraktion tergeld, nicht beim Arbeitslosengeld. Wir kämen jenen Vermittlungsvorschlag von einem Viertel, der dann schon etwas näher an den Bereich heran, in geeignet gewesen wäre, die Regierung zu retten, den Sie wirklich hineinschneiden wollen. ohne Aussprache annahm und daß auch die Deut- sche Volkspartei diesem Vorschlag zugestimmt hat? (Beifall bei der SPD und der FDP — Zu Wollen Sie dies bestreiten? ruf von der CDU/CSU: Hat der eigentlich abgedankt, weil er dauernd von uns redet?) (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das weiß er doch nicht!) Der Herr Ministerpräsident Kohl hat mich über die Bedeutung belehrt, die der Deutsche Bundesrat Schmidt, Bundeskanzler: Was die Zentrumspartei nach dem Grundgesetz hat. angeht, will ich das nicht bestreiten, Herr Haase. (Rawe [CDU/CSU]: Sehr zutreffend übri Was die Deutsche Volkspartei angeht, so war sie im gens!) Deutschen Reichstage gespalten. Er ist aber wirklich kein gewähltes Parlament. Das (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Nein! — Rawe konnte er nicht bestreiten, trotz allen Aplombs, mit [CDU/CSU]: Das ist ja nicht wahr!) dem er seinen Satz aussprach. Er ist wirklich kein Darüber hinaus, Herr Kollege Haase: Entscheidend gewähltes Parlament. Er hat mich dann an die ist, daß der Vorschlag, wie die spätere Geschichte eigene Zeit erinnert, als ich einmal vier Jahre im der Regierungen nach Art. 48 zeigt, eben in Wirk- Bundesrat war. Schauen Sie einmal in die Protokolle lichkeit nicht die Absicht hatte, die Sozialleistungen aus jener Zeit oder lassen Sie hineinschauen! Sie auf dem bisherigen Niveau zu halten. - werden nicht finden, daß der damalige Senator, den Sie apostrophiert haben, dort große Reden gehalten (Beifall bei der SPD — Rawe [CDU/CSU] : hat, nicht deshalb, weil er sich vielleicht nicht ver- Er weiß es nicht!) sucht gefühlt hätte, es zu tun, sondern deshalb, weil Aber offenbar kann man aus der Geschichte ver- er schon damals der Meinung war, daß jene Kam- schiedene Rückschlüsse ziehen. mer, die manchmal auch andere Namen bekommt — auch im Länderbotenkreise (Rawe [CDU/CSU] : Da liest er sich über ; ich will sie hier nicht eine Sache ein, und nachher kann er es wiederholen —, sich bei der Politik tunlichst etwas zurückhalten sollte. nicht einmal belegen! Das ist ein Trauer spiel!) (Zurufe von der CDU/CSU) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12971 Bundeskanzler Schmidt Aber, Herr Ministerpräsident Kohl, wenn Sie so auf Jetzt muß ich ein Wort zu Ihren Sparappellen das eigenständige Recht des Bundesrates pochen — sagen. Als ehemaliger Finanzminister hat man im- und das gestehe ich Ihnen ja zu: er ist ein Organ der mer noch Möglichkeiten, sich einen Überblick über Bundesgesetzgebung, ein Bundesorgan —, dann die Finanzen der deutschen Bundesländer zu ver- müssen Sie ja doch auch ansonsten die Kleiderord- schaffen. nungen einigermaßen sauber voneinander trennen. (Rawe [CDU/CSU] : Das scheint Ihnen aber Sie haben heute ausdrücklich gesagt, Sie sprächen nicht gelungen zu sein!) nicht nur für die CDU/CSU im Bundesrat, sondern auch für die im Bundestag. Genau das hatte ich Nun werfe ich Ihnen nicht vor, daß Sie und der Ihnen vorgeworfen, daß Sie alles miteinander ver- Kollege Gaddum in Rheinland-Pfalz sich relativ manschen. hoch verschuldet haben. Sie liegen in Rheinland- (Beifall bei der SPD und der FDP) Pfalz beim Anderthalbfachen des Durchschnittes der Sie haben einen früheren Bundesminister für Verschuldung der deutschen Länder. Ich werfe Ihnen Wirtschaft und Finanzen, den Professor Schiller, das aber nicht vor. zitiert, der auf einem sozialdemokratischen Partei- (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sie können das doch tag gebeten hat, doch bitte die Tassen im Schrank zu nicht parallel sehen! — Weitere Zurufe von lassen. der CDU/CSU) (Zuruf von der CDU/CSU: Wie recht hatte er! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU!) Ich frage mich nur, warum angeblich das Heil des deutschen Volkes davon abhängt, daß der Bund sich Das ist zutreffend, das hat er gesagt. Ich frage mich weniger verschuldet. In Wirklichkeit wollen Sie aber, wenn Sie hier eine große Zahl von unbestimm- doch die Lücke ausnutzen, um Rheinland-Pfalz am ten, aber doch deutlich ausgesprochenen Vorwürfen Kreditmarkt mit einer höheren Verschuldung zum erheben, wir hätten zuviel Geld ausgegeben, zuviel Zuge zu bringen. Das macht keinen Sinn. hier und zuviel dort: Können Sie sich erinnern, daß Sie als Ministerpräsident und Herr Kollege Stolten- (Beifall bei der SPD — Lachen bei der berg neben Ihnen heute vor gut einem Jahr in CDU/CSU — Lebhafte Zurufe von der einem abseits des Vermittlungsausschusses zwi- CDU/CSU) schen Bundestag und Bundesrat stattfindenden vor- bereitenden Gespräch diejenigen waren, die die — Ja, das gilt auch für Schleswig-Holstein. Es gibt staatlichen Steuerausfälle aus der Kindergeldreform drei Bundesländer, die in der Verschuldung pro und der Steuerreform um mehrere Milliarden erhöht Kopf hoch über dem allgemeinen Durchschnitt liegen. haben, weil Sie gesagt haben, sonst stimmten Sie im Das ist Schleswig-Holstein, das ist das Saarland, Bundesrat nicht zu? Das ist doch nicht erfunden. und das ist Rheinland-Pfalz. Das muß man auch (Beifall bei der SPD) einmal ganz deutlich aussprechen. Der Herr Kollege Strauß, der jetzt in China ist, (Dr. Marx [CDU/CSU] : Gehen Sie doch ein war damals dabei und hat noch gewarnt. Das heißt, mal wie ein Historiker von den Vorausset der Treiber — — zungen aus!) (Zurufe von der CDU/CSU) Sie haben von der Jugendarbeitslosigkeit ge- — Ja, man muß der Wahrheit die Ehre geben: sprochen. (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx (Dr. Marx [CDU/CSU] : Unerhört, wie hier [CDU/CSU] : Ein seltener Fall in dieser mit der Wahrheit umgegangen wird!) Regierung!) Der Herr Kollege Strauß hat noch gewarnt. Der Herr Ministerpräsident Kohl, Sie könnten den ar- eigentliche Treiber war nicht Herr Kohl, sondern der beitslosen jungen Leuten, die eine Lehrstelle brau- neben ihm sitzende schlewig-holsteinische Kollege. chen, durchaus mit einem Beitrag — kooperativer Dies ist eines der vielen Beispiele, Herr Kohl, dafür, Föderalismus nennt sich das in ihrem Munde — daß Sie parteiliche Anliegen, die Sie im Bundestag helfen: Sorgen Sie dafür, daß das Gesetz zur Reform mit Recht durch Ihre Kollegen verfolgen und bei der Berufsausbildung, das hier im Bundestag eine denen Sie hier unterliegen, dann mit Hilfe der ver- Mehrheit hat, endlich auch im Bundesrat eine Mehr- fassungsrechtlich unüberspringbaren Hürde der Zu- heit bekommt. stimmungsbedürftigkeit an anderer Stelle doch wie- (Beifall bei der SPD und der FDP) der durchsetzen. Sie haben jüngst in einer öffentlichen Rede ge- (Beifall bei der SPD — Zurufe von -der CDU/CSU) sagt: Wir wollen hier in Deutschland keine italie- nischen Verhältnisse. Ich weiß nicht, ob das ein be- — Ich habe nichts dagegen, wenn Sie das „koopera- sonders geschmackvoller Vergleich mit einem tiv" nennen, nur ist das keine Kooperation mit der Bündnis- und EG-Partner gewesen ist. Wenn Sie Bundestagsmehrheit, sondern eine Kooperation mit das aber so gemeint haben, wie es aus dem Hand- den Herren Carstens und Stücklen. Das haben Sie gelenk herauskam und wie es klingt, wenn Sie ja heute auch ganz klargemacht. nämlich gemeint haben, bei uns sei es besser und (Beifall bei der SPD — Dr. Jenninger [CDU/ solle es besser bleiben, dann darf ich Sie wohl CSU]: Auch das ist nicht verboten! — Wei darauf aufmerksam machen: Hier in Bonn regieren tere Zurufe von der CDU/CSU) aus diesem Bundestag heraus und in dieser Bun- 12972 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt desregierung Freie Demokraten und Sozialdemo- insbesondere in seiner hiesigen Bonner Vertretung kraten; an. (Beifall bei der SPD und der FDP) (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP — Lebhafte Zurufe von der CDU/ in Rom regieren seit 25 Jahren Ihre Parteifreunde. CSU) (Beifall bei der SPD und der FDP) Ich habe dafür durchaus Verständnis: Herr Kohl bereitet sich auf die Übernahme der Kanzlerschaft

Sie haben eine Bemerkung über die Bildungs- VOL politik gemacht. Ganz gewiß haben Sie recht, daß (Beifall bei der CDU/CSU) in allen drei Parteien, in allen elf Ländern und im Das macht er mit Hilfe seiner Staatskanzlei. — Deutschen Bundestag bildungspolitische Übertrei- Mit dem Klatschen wird das ja noch nicht erreicht, bungen vorgekommen sind im Laufe der letzten es gehört noch ein bißchen mehr dazu, nicht wahr. zehn Jahre. Ich bin bereit, Ihnen weiß Gott in die- ser Allgemeinheit zuzustimmen. Nur ist diese Er- (Beifall bei der SPD) kenntnis nicht auf Sie beschränkt. Hoffentlich ist Das macht er mit Hilfe der Aufblähung des Per- das Ziehen von Konsequenzen aus der Erkenntnis sonalhaushalts seiner Staatskanzlei im Laufe der nicht auf uns beschränkt. Auf der anderen Seite: letzten fünf Jahre um 122 % und seiner hiesigen So schlecht war es ja nicht, Herr Kohl, daß der Bonner Landesvertretung sogar um 150 %. Geist einmal ein bißchen aufgelockert wurde. Sie sind doch noch 1966 im Landtag Ihres Landes öffent- (Dr. Marx [CDU/CSU] : Reden Sie nur so weiter!) lich für die einstufige Dorfschule eingetreten. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, Herr (Lachen und Beifall bei der SPD und der Kohl, daß diese vielen Beamten nicht alle landes FDP — Zurufe von der CDU/CSU) politische Aufgaben wahrnehmen, sondern wohl mehr etwas andere politische Aufgaben wahrneh- Der Maßstab, an dem die innere Wahrhaftigkeit men. der Sparappelle des Ministerpräsidenten von Rhein- (Beifall bei der SPD) land - Pfalz gemessen werden muß, Ich will Sie damit — es ist auch im Gesamtzusam- (Nordlohne [CDU/CSU] : Nehmen Sie nicht menhang nicht so furchtbar wichtig — nicht un- das Wort Wahrhaftigkeit in den Mund, Sie nötig harassieren. Aber wegen Ihrer Glaubwürdig- nicht!) keit mit den Sparappellen: Das Sparen fängt in Ihrem eigenen Hause an, Herr Ministerpräsident! ist das Verhalten in eigenen Landeshaushalt. Nun können Sie mir sagen, Herr Kohl: „Ich habe ja noch (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : Eine Menge Pharisäer!) Zeit, das Jahr 1975 ist noch nicht zu Ende. Ich kann in Rheinland-Pfalz immer noch einen Nachtrags- Der Herr Altbundeskanzler Professor Erhard hat haushalt machen." Das ist vielleicht Ihre Antwort. Ihnen einen Brief geschrieben, wie wir alle aus den Zeitungen erfahren haben. Sie haben den Brief nicht Sie könnten mir auch antworten: „Ich habe ja beantwortet; das hat der außerparlamentarische soundsoviel Stellen gespart." Ich habe den Trick in Professor gemacht. der Zeitung gelesen. In Wirklichkeit haben Sie (Stücklen [CDU/CSU] : Das ist doch unsere in einem Zweijahreshaushalt 5 800 zusätzliche Stel- Sache!) len vorgesehen, dann haben Sie davon 3 500 ge- spart, so daß es immer noch ein Plus an Stellen von — Natürlich ist das Herrn Kohls Sache. Vielleicht 2 182 in Rheinland-Pfalz gibt. Aber öffentlich ver- auch wäre es für Herrn Kohl nicht so angenehm buchen Sie die Streichung von 3 500 als eine große gewesen, auf die besorgte Frage in Professor Er- Stellenersparnis. Sie vermehren im eigenen Lande hards Brief zu antworten, wie es denn zusammen- Rheinland-Pfalz die Zahl der Stellen beträchtlicher passe, wenn man auf der einen Seite hier mit inne- als die ganze Bundesregierung für die ganze Bun- rer Überzeugung — wie es schien — Sparappelle desverwaltung. ausspricht und auf der anderen Seite auf seinem eigenen Parteitag zusätzliche Ausgaben als dringend (Beifall bei der SPD und der FDP — Zu notwendig beschließen läßt. rufe von der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD und FDP — Zurufe von Wissen Sie, wenn ich dann hören muß, wie Herr der CDU/CSU) Professor Carstens über die Erweiterung des Bun- Sie haben die Frage nach der Wahrheit gestellt, deskanzleramtes in den letzten Jahren spricht,- dann Herr Ministerpräsident. will ich nicht widersprechen, daß sie Kritik heraus- fordern mag. Es sind zwar auch die einen oder an- (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Ihnen! deren Ministerien darin aufgegangen, es ist auch — Dr. Marx [CDU/CSU] : Das wird eine eine Vertretung in Ost-Berlin eingerichtet worden, schwere Antwort sein!) die dazuzählt; trotzdem kann man solche Erwägun- Die Wahrheit ist, daß für alle Industrieländer — das gen weiß Gott mit Recht anstellen. Aber dann gilt dann auch für Ludwigshafen und für Mainz gucken Sie sich doch bitte einmal das geradezu genauso wie für die Ruhr und für das übrige explosionsartige Anwachsen der Planstellen in der Deutschland — die Abhängigkeit von der Welt Kanzlei des Herrn Ministerpräsidenten Kohl und draußen größer geworden ist. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12973 Bundeskanzler Schmidt Die Wahrheit ist zweitens, daß jede Prognose ja schon auf dem CSU-Parteitag — wir haben Ihre über diese weltwirtschaftliche Entwicklung von Rede in den Zeitungen lesen können — wachsenden Unsicherheiten bestimmt wird. Wer (Stücklen [CDU/CSU] : War gut, nicht?) von uns will sagen, ob die Ölpreise in diesem Winter um 15 oder 20 oder 30 % erhöht werden? der Sonthofener Strategie des Kollegen Strauß voll Und wer von uns will sagen, welche Konsequenzen angeschlossen. Das klärt ein bißchen die Fronten das für die Zahlungsfähigkeit anderer Länder haben im Deutschen Bundestage. wird, die das bezahlen müssen und die sich dann (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit bei ihren Aufträgen und Bestellungen, bei ihrer Sonthofen können Sie nichts mehr machen!) Orderung bei der deutschen Industrie entsprechend einschränken müssen? Wer will das vorhersagen? Was nun aber den Ministerpräsidenten Kohl angeht: Es ist eine Wahrheit, daß es immer schwieriger Herr Kohl, Sie haben im Laufe Ihrer Ausführungen wird, das zu prognostizieren. die rhetorische Frage gestellt: Für was halten Sie Es ist drittens die Wahrheit, daß in einer solchen mich eigentlich? Lage der Zwang zur weltwirtschaftlichen Koopera- (Rawe [CDU/CSU]: Sie sind Theaterspie- tion immer größer wird. ler! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Es ist die Wahrheit, daß das Weltwährungssystem Ich habe in dem Augenblick gedacht: Die Frage ist nicht in einem gesicherten Rahmen funktioniert. gar nicht so falsch gestellt. Ich weiß wirklich nicht so Es ist die Wahrheit, daß die Europäische Gemein- genau, ob Sie eigentlich die Strategie von Herrn schaft uns in einer außerordentlichen Weise zu Strauß verfolgen. Opfern bittet. Heute mittag habe ich im Kabinett (Dr. Marx [CDU/CSU] : Jetzt werden Sie erfahren, daß der Haushalt der Europäischen Ge- langweilig, Herr Schmidt!) meinschaft für 1976 nach den Vorschlägen der Kom- mission um 27 % — der Verwaltungshaushalt allein Vielleicht ist es so, daß Herr Carstens und Herr um 38 % — steigen soll, Kohl beide die Strategie von Herrn Strauß ver- (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) folgen, nur Herr Kohl sehr viel gefälliger. Das könnte so sein. daß allein die Bundesrepublik Deutschland nach (Nordlohne [CDU/CSU) : Wo ist Ihr großer diesen Vorschlägen 1976 fast eine Milliarde zusätz- Vorsitzender heute? — Weitere Zurufe von lich — zusätzlich zu dem, was wir uns ausgerechnet der CDU/CSU) hatten — zahlen soll. (Zuruf von der CDU/CSU: Und da wollt ihr Ich habe gelesen, was der Kollege Franz Josef zustimmen?) Strauß in München im Vorwege zu der heutigen Debatte gesagt hat. Herr Ministerpräsident Kohl, Das ist ein zufällig heute eingegangener Beweis auf Seite 28, ziemlich gegen Schluß von Straußens für die von mir morgens dargetane These, daß der Rede heißt es: Bundeshaushalt immer mehr in die Schere zwischen den verschiedenen Finanzebenen kommt. Außer- Meine Damen und Herren, dies sind unsere dem: Wenn die EG ihren Haushalt um 28 % stei- Vorschläge. gert und der Bundeshaushalt 1976 um 4,1 % an- — Es waren keine. — wächst, dann können Sie daran den Unterschied zwischen Sparsamkeitsmaßstäben draußen und Spar- Sie werden nächste Woche im Bundestag ver- samheitsmaßstäben hier in Bonn erkennen. treten werden von einem anderen Redner als von mir; denn ich bin auf einer großen Aus- (Beifall bei der SPD und der FDP) landsreise. Die Wahrheit ist infolgedessen, daß wir so weit wie irgend möglich internationale Kooperation Ich nehme an, Sie sind der andere Redner. brauchen, daß wir uns so weit wie möglich ab- (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — schotten müssen vor der Weltinflation — das ist Zurufe von der CDU/CSU) bisher auch sehr gut gelungen — und daß wir drit- tens so weit wie möglich die Auswirkungen der Aber ob er Sie nun gemeint hat oder nicht, Herr Weltrezession und all dieser Weltunordnung auf Kohl unsere eigene Volkswirtschaft abfangen müssen, (Haehser [SPD] : Das war der Dollinger! — daß wir Konjunkturbelebung im Innern, so weit Heiterkeit bei der SPD) wie dies geht, ohne ein zusätzliches Inflationsrisiko- — nein, das wollen wir Herrn Dollinger nicht an- treiben müssen. tun —: Nun hat sich Herr Professor Carstens (Erneute Heiterkeit bei der SPD) (Maucher [CDU/CSU] : Den wollten Sie Im Inhalt, in der Substanz besteht zwischen Ihren doch nicht erwähnen! — Heiterkeit bei der Darlegungen heute und denen des Herrn Kollegen CDU/CSU) Strauß in München kein großer Unterschied. — ein Wort wird ja erlaubt sein; immerhin ist er (Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU der Oppositionsführer — — Maucher [CDU/CSU]: Das ist es ja! — (Dr. Marx [CDU/CSU] : Jetzt ist er schwer Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das ist die Ge getroffen!) schlossenheit der Union!) 12974 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundeskanzler Schmidt — Ich begrüße diesen Beifall von der CSU. Er stellt nicht alle so schreien, von Herrn Heereman bis klar, wer der eigentliche Führer der Opposition in zu Herrn Krause —, Deutschland ist. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD und der FDP — La wenn es Ihre wirkliche Meinung ist, daß dies ge- chen bei der CDU/CSU — Nordlohne [CDU/ spart werden soll, dann allerdings müßten Sie uns CSU) : Und wer ist das bei Ihnen, Herr schon, nachdem die Wahrheit in Ihrem Munde eine Schmidt?) so große Rolle spielte, Es kann trotzdem sein, Herr Kohl, (Seiters [CDU/CSU] : In Ihrem nicht!) (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Er ist schwer angeschossen! — Rawe [CDU/CSU] : sagen, was denn in Wahrheit Ihre Absicht ist, wo Er hat keine Brocken mehr für die Suppe!) Sie es sparen wollen. Man kann das bei der Land- wirtschaft tun, man kann es bei der Arbeitslosen- daß der Beifall eben Ihnen unrecht tut. versicherung zum Teil tun, zum Teil bei den Ren- (Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Der war ten, zum Teil bei den Kriegsopfern. Nur, Sie müs- von der CDU!) sen sich darauf gefaßt machen, daß wir Sie im Laufe der nächsten Wochen und Monate — und nicht nur Es kann auch sein, daß ich Ihnen unrecht tue. Dann wir allein — überall öffentlich fragen werden: müssen Sie selbst im Ernst und ohne jede Polemik Wem wollen Sie wann was wegnehmen, Herr Kohl? über die Frage nachdenken, die ich Ihnen am An- fang stellte, (Beifall bei der SPD und der FDP — Nord (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU) lohne [CDU/CSU] : Die Frage stellt man Ihnen! Sie sind doch die Regierung! — über die Frage nämlich, ob bei aller Hilfsbereit- Weitere Zurufe von der CDU/CSU) schaft, die Sie dartun, angesichts von 8 Milliarden DM Einsparungen und Kürzungen, angesichts von Das, was die sozialliberale Koalition für notwendig weiteren 4 Milliarden DM Arbeitslosenversiche- hält, daß es heute geschieht und daß es 1976 und rungsbeitragserhöhung — gleich Ersparnis im Bun- 1977 geschieht, haben Sie ohne Rückhalt und ohne deshaushalt von zusammen 12 oder 13 Milliarden reservatio mentalis, ohne inneren Vorbehalt, wahr DM im Jahr 1976 — im Ernst Ihre Meinung ist, daß dargelegt bekommen. Welches Ihre tatsächlichen dazu im selben Jahr noch einmal 7 bis 10 Milliarden Absichten sind, das bleibt uns heute genauso ver- DM gespart werden sollen. Wenn das Ihr wirklicher borgen wie bei der Rede des Kollegen Strauß in Ernst ist, müssen Sie sich fragen, ob Sie das ökono München. misch für vertretbar halten angesichts der dann ganz (Beifall bei der SPD und der FDP) zweifellos eintretenden zusätzlichen Schrumpfungs- effekte des deutschen Bruttosozialprodukts, des Und nun ein letztes Wort, weil auch Sie gemeint deutschen Volkseinkommens und der Beschäftigung. haben, Sie sollten gegen sozialistische Gesinnung polemisieren. Das sage ich jetzt nicht als Bundes- Das ist eine wirklich ernst zu nehmende Frage, kanzler, wenn meine freidemokratischen Kollegen die bisher zwischen den Rednern der beiden Seiten und Koalitionspartner mir erlauben, auch einmal ein dieses Hauses nicht sorgfältig genug ausgesprochen Wort nur für meine Person hier zu sagen, wenn Sie oder beantwortet worden ist. Hier stellt sich dann so wollen vielleicht für meine Parteifreunde mit. zugleich auch wirklich die Frage, ob sich aus den Jahren der Weimarer Zeit (Zurufe von der CDU/CSU — Glocke des Prä sidenten) (Frau Pack [CDU/CSU] : Nun sind wir schon wieder bei Weimar!) Sie mögen das mit Absicht und Sorgfalt in einer ganz anderen Tonart, in einer anständigen Tonart etwas lernen läßt, ob etwas daraus gelernt werden gesagt haben — im Gegensatz zu manch anderen, muß oder ob die Parallele nicht stimmt. die ich über Marxisten, Marxismus, Sozialismus und Das kann man alles vertreten. Nur: Dies sind, alle Wege, die nach Moskau führen, in der deut- soweit ich sehe, bisher die wirklichen Meinungsver- schen Politik schon habe reden hören. Das mag schiedenheiten. Alles andere war mehr Schall und bei Ihnen so sein. Nur, wenn Sie sich Europa an- mehr Rauch und viel Zitate — manche nicht ganz schauen — Norwegen, Schweden, ganz Skandina- in Ordnung. vien, Holland, Deutschland bis hin zu Osterreich — (Maucher [CDU/CSU] : Meinen Sie Ihre Rede?) und diese Staaten und ihre Gesellschaften mit je- nen Randbezirken im Süden Europas vergleichen, Nur, wenn Sie, Herr Kohl, der Meinung sein- sollten, in denen konservative oder reaktionäre Regierungen wenn das Ihr Ernst bleibt, daß Sie darüber hinaus am Ruder sind, dann fällt der Vergleich ja wohl zu- tatsächlich so viel mehr sparen wollen, d. h. darüber gunsten des demokratischen Sozialismus in Europa hinaus so viele Staatsausgaben streichen, d. h. dar- aus. über hinaus so viele Einkommensbestandteile bei (Lebhafter Beifall bei der SPD) Rentnern, bei Arbeitslosen, bei Kriegsopfern, bei der Landwirtschaft verkürzen wollen Vizepräsident Dr. Jaeger: Als Vertreter des Bun- (Zurufe von der CDU/CSU) desrates hat das Wort der Ministerpräsident des —ja, ja, man kann beim Staat nicht sparen, ohne Landes Schleswig-Holstein, Herr Dr. Gerhard Stol- anderen weh zu tun; denn sonst würden die doch tenberg. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12975

Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig - Hol- dern es gibt in der Bewertung der Ursachen für stein) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! diese Krise auch einen fundamentalen Gegensatz Der Bundeskanzler ist zweifellos in der Lage, mit innerhalb der Koalition selbst. Wir haben heute scharfer Polemik und Ironie den Beifall seiner Par- wieder gleichsam die Monokausalität der Welt- teifreunde zu erzeugen. Das war heute nachmittag rezession in einer neuen Variante gehört. Aber der stärker als bei den sachbezogenen Partien seiner Vizekanzler dieser Regierung, der Vorsitzende des Rede am Vormittag. Koalitionspartners, spricht draußen im Lande ganz (Beifall bei der CDU/CSU) anders und der Wirtschaftsminister hat in seiner heute schon zitierten Rede vom 23. Juli ein voll- Nur glaube ich, daß sich die Erwartungen der deut- kommen entgegengesetztes Bild entworfen. Ich schen Öffentlichkeit, der Bevölkerung an den Re- zitiere hier aus einer der letzten öffentlichen Reden gierungschef in einer zunehmend kritischen Lage des Vizekanzlers nach dem Bericht des Norddeut- in einer anderen und anspruchsvolleren Weise schen Rundfunks über eine Ansprache, die er auf richten. einer Parteiveranstaltung im Lande Schleswig-Hol- (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr wahr!) stein gehalten hat. Nach diesem Bericht erklärte Die Regierungserklärung von heute morgen ist den Bundesminister Genscher, hinter dem einfachen sachlichen Notwendigkeiten und Erwartungen in Satz, „man könne dem Staat nicht mehr abverlan- dieser wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen gen, als man vorher gemeinsam erarbeitet habe", Lage in keiner Weise gerecht geworden. stecke in Wahrheit eine neue Politik. Es heißt dann: (Beifall bei der CDU/CSU) Genscher trat auch der Darstellung entgegen, Weltrezession und Ölscheichs allein seien Wenn man die Antwort vor allem an den Kollegen schuld an der Wirtschafts- und Finanzkrise. Helmut Kohl und die Zwischenbemerkungen, die dann doch etwas ausführlicher wurden als angekün- (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) digt, auch zu Herrn Kollegen Carstens auf den Kern Entscheidender sei, daß es eine Anspruchs- abklopft, dann kann man sagen, daß diese zweite inflation gegeben habe. Rede noch enttäuschender als die erste war. (Beifall bei der CDU/CSU — Sehr richtig! (Beifall bei der CDU/CSU — Sehr richtig! bei der CDU/CSU) bei der CDU/CSU) Alle hätten über ihre Verhältnisse gelebt Was muß die deutsche Öffentlichkeit in dieser Situation des Spätsommers 1975 bei den vorliegen- (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Auf Regie den Daten über die wirtschaftliche Lage, den rungsanweisung!) Arbeitsmarkt, die Sorgen der jungen Generation und eine dauerhafte Reduzierung der Arbeits- und nicht zuletzt die Finanzkrise verlangen? Sie losigkeit sei nur möglich, wenn es bei den muß verlangen, daß ein Bundeskanzler seine Richt- Tarifabschlüssen keine realen Einkommenszu- linienkompetenz nicht nur verbal, sondern in kla- wächse gäbe und man den Unternehmern ren programmatischen Aussagen tatsächlich wahr- steuerliche Investitionsanreize biete. nimmt. Hier heißt es übrigens „den Unternehmern", um (Beifall bei der CDU/CSU) diesen feinen Unterschied zunächst einmal zu be- leuchten. Vizepräsident Dr. Jaeger: Meine Damen und Her- (Sehr gut! bei der CDU/CSU) ren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Aber entscheidend ist doch die Tatsache, daß der Vizekanzler draußen im Lande in dem Bemühen

Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig - Hol- um Selbstprofilierung seiner Partei bei gewissen stein) : Wir verlangen ein Regierungsprogramm zur Wählerschichten vollkommen anders spricht als Förderung des wirtschaftlichen Aufschwungs, zur der Bundeskanzler hier für die gemeinsame Regie- Beseitigung der Arbeitslosigkeit, zur langfristigen rung. Verbesserung der internationalen Wettbewerbs- (Beifall bei der CDU/CSU) fähigkeit unserer Wirtschaft und in diesem Zusam- Ich kenne die Technik der Mitwirkung des Herrn menhang auch eine Antwort auf die schweren Pro- Vizekanzlers und des Herrn Wirtschaftsministers an bleme der Finanzkrise. Nur in eine solche Gesamt- Regierungserklärungen nicht, aber dieser Gegen- konzeption eingebettet gewinnen die konkreten satz, wie immer sie zustande kommen, ist unver- und notwendigen Vorlagen zur Sanierung der kennbar. Das gleiche hat auch der Wirtschafts- Staatsfinanzen ihren Sinn, gewinnen sie ein Funda- minister in seiner schon zitierten Rede vom 23. Juli - ment, daß in dieser Finanzplanung, in den wirt- deutlich gemacht, als er von den langangelegten schaftlichen Tatbeständen überhaupt noch nicht Gründen für den Investitionsrückgang sprach. Nur, gewährleistet ist, daß bis jetzt vollkommen fehlt. Herr Friderichs — ich darf das auch Graf Lambs- Meine Damen und Herren, für mich gehört zu den dorff sagen —, man darf es nicht so machen, daß bemerkenswerten Feststellungen dieser Tage: Nicht man einmal monokausal von der Weltrezession nur zwischen Regierung und Opposition, nicht nur dieses Jahres spricht, um dann bei den tiefer ange- zwischen den beiden großen politischen Lagern in legten Ursachen am liebsten in die Jahre 1966 bis unserem Lande ist die Bewertung der Ursachen für 1969 zurückzugreifen, die drei Jahre, in denen Sie die Krise strittig, über die der Bundeskanzler auch nicht an der Regierung beteiligt waren. Ich glaube, wieder soviel, aber so einseitig gesprochen hat, son diese Dialektik der Sprache ist in keiner Weise 12976 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Stoltenberg überzeugend. Am 23. Juli ist das offener ausgespro- nehmen. Das können Sie doch selber nicht mehr chen worden. Die Regierung zeigt hier in keiner ernst nehmen, was hier gesagt wird. Weise Einheitlichkeit. (Beifall bei der CDU/CSU) Aber auch der Bundeskanzler redet jenseits der Zur Rolle des Bundesrates, die der Bundeskanzler deutschen Grenzen etwas anders als hier. Er hat in der Polemik gegen den Kollegen Kohl hier behan- bei dem Treffen mit seinem dänischen Kollegen in delt hat, möchte ich einen sehr einfachen Satz sagen: Sonderburg in Nord-Schleswig, jenseits der Landes- Wir stimmen nach unseren politischen Überzeugun- grenze, gesagt, die entscheidende Ursache für die gen ab. Wonach denn sonst, meine Damen und Her- Krise sei, daß wir alle über unsere Verhältnisse ren? gelebt hätten. Einen solchen klaren Satz haben wir (Beifall bei der CDU/CSU) von ihm in diesem Hause nicht gehört. Wir haben es uns nicht ausgesucht, zu jedem ein- (Beifall bei der CDU/CSU) zelnen Punkt Stellung zu nehmen. Die Tagesordnun- gen sind mir — im wesentlichen wegen der Vorlagen Zur Führungsaufgabe einer Regierung gehört es, im dieser Regierung — im Grunde sehr oft etwas zu eigenen Verhalten, in der eigenen Planung und lang. Aber wir sind durch das Grundgesetz ver- Konzeption, in der Anlage der eigenen Gesetzge- pflichtet, abzustimmen. Selbstverständlich sind un- bung, in der eigenen Repräsentation die Maßstäbe sere politischen Überzeugungen für das Wohl des zu setzen, die dann auch für andere gelten können. eigenen Bundeslandes und für das Wohl der Bun- Dazu gehören auch Orientierungsdaten in der Kon- desrepublik Deutschland insgesamt der einzige Maß- zertierten Aktion, die in diesem Herbst besonders stab, nach dem wir abstimmen. Das ist unser gutes wichtig wären und die nicht vorliegen. Deswegen Recht, so wie es das Recht jedes Mitgliedes dieses ist jene Feststellung eine Selbstanklage. Hohen Hauses ist. In der Tat — es ist schon gesagt worden —, in (Beifall bei der CDU/CSU) dem Bild der Regierungserklärung haben immer die Um hier nur einen kurzen Exkurs über die Rolle anderen schuld, Herr Bundeskanzler: die Weltrezes- der Länder einzuschalten: Es war schon etwas er- sion, die Europäische Gemeinschaft, die Bundeslän- staunlich, was hier vom Bundeskanzler zum Teil in der. Diese Art zu sprechen ist kein Zeichen von Form einer persönlichen Polemik gegen den Kol- Stärke, sondern trotz aller Verbalismen ein Zeichen legen Kohl und etwas am Rande dann auch gegen der Schwäche. mich gesagt wurde. Er hat gemeint, die Bundesländer (Beifall bei der CDU/CSU) Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Saarland stünden in der Verschuldung an der Spitze. Er hat Das Bild der zwischen der Europäischen Gemein- verschwiegen, daß Hamburg, sein eigenes Heimat- schaft einerseits und den Bundesländern anderer- land, eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung hat als das seits bedrängten Bundesregierung, in der Gefahr, Land Schleswig-Holstein und seine Gemeinden zu- von den beiden „Mahlsteinen" zerrieben zu werden, sammen. mutet mich als einen der Mitbetroffenen sozusagen sehr eigentümlich an. Das ist doch nicht Ausdruck (Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU) der wirklichen Machtverhältnisse in der Bundesrepu- Alles, was diese Regierung sagt, muß man sehr kri- blik Deutschland! Davon kann doch überhaupt keine tisch auf den Wahrheitsgehalt untersuchen; selbst Rede sein! Es entspricht auch nicht dem Anspruch, solche Kleinigkeiten machen das deutlich. mit dem Sie selbst einmal nach 1969 und in etwas (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der bescheidenerer Form auch im vergangenen Jahr bei CDU/CSU: Kann man denn einem solchen Ihrer Regierungsübernahme angetreten sind, um Bundeskanzler trauen? — Zuruf von der Politik in diesem Lande zu machen. CDU/CSU: Wo ist er denn überhaupt?) (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Wo ist Aber es ist richtig, daß etwa ein Land wie Schleswig- denn der Herr Bundeskanzler?) Holstein eine überdurchschnittliche Verschuldung hat — in den Kommunen ist sie unterdurchschnitt- Jahrelang galten die Bundesländer, bis heute be- lich —, und das trifft auch für Rheinland-Pfalz und lastet von der Überfülle neuer Gesetze, Programmet Saarland zu. Nur sollte der Bundeskanzler dann und Versprechungen, als die Bremser und die Re- auch hinzufügen, daß nach den soeben getroffenen formgegner. Feststellungen der Bundesbank die traditionell (Konrad [SPD] : Sehr wahr!) strukturschwachen Länder Schleswig-Holstein und Ich bin noch im Frühjahr dieses Jahres wegen der Rheinland-Pfalz in den letzten fünf Jahren das Verweigerung der Zustimmung im Bundesrat zu stärkste wirtschaftliche Wachstum aller Länder der neuen finanzwirksamen Gesetzen vor der Landtags- Bundesrepublik Deutschland erzielt haben. Das ist wahl von Abgeordneten der SPD und FDP persön- die andere Seite dieses Bildes. lich angegriffen worden. Wir haben uns nicht verschuldet, um zu repräsen- (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Hört! tieren, um einen unangemessenen Verwaltungsauf- Hört!) wand zu betreiben oder um Konsumleistungen zu beschließen, sondern um den dort durch den Krieg Jetzt sollen wir plötzlich diejenigen sein, die den und die Grenzlage besonders hart betroffenen Men- Herrn Schmidt und den Herrn Apel gemeinsam mit schen mit einer aktiven regionalen Wirtschaftspoli- der EG finanzwirtschaftlich zwischen die Mahlsteine tik und Infrastrukturpolitik zu helfen, ihre Lebens- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12977 Ministerpräsident Dr. Stoltenberg bedingungen zu verbessern. Darin haben wir in den investitionsfinanzierung gespart werden müsse. Das genannten Ländern große Erfolge errungen. ist ein Satz, der für sich selbst und auch für die (Beifall bei der CDU/CSU) Überschrift dieses famosen Gesetzes spricht. Im übrigen, meine Damen und Herren, ist es ein (Beifall bei der CDU/CSU) sehr eigentümlicher Widerspruch — aber das paßt so zu der Mobilität in der Gedankenführung, aber Es mag ja so sein, daß diese Eingriffe unvermeid- auch der Logik des Herrn Bundeskanzlers und sei- lich sind. Auch wir stehen ja vor ähnlichen Entschei- nes Finanzministers —, wenn man uns auf der einen dungen und haben sie teilweise schon aus der Not Seite die hohe Verschuldung vorhält und dann plötz- getroffen. Nur sollte man da nicht von Verbesserung lich sagt, wir hätten bei der Steuerneuverteilung den der Haushaltsstruktur sprechen. Man sollte nicht die vitalen Interessen des Bundes nicht genügend Rech- Sprache der Täuschung und Irreführung wählen. Da nung getragen. Weil wir durch die Entwicklung der waren wir doch noch ehrlichere Leute, Herr Pro- fünfziger und sechziger Jahre — jedenfalls die Län- fessor Erhard; wir haben noch von einem Haushalts- der und Gemeinden in den strukturschwächeren Tei- sicherungsgesetz gesprochen. len der Bundesrepublik — eine überdurchschnittliche (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von Verschuldung hatten, konnten wir, gestützt auf so- der SPD) lide Berechnungen aller Bundesländer, die vollkom- men überzogenen Vorstellungen des Bundesfinanz- — Ehrlichere Leute, jawohl! Ich sage das, nachdem ministers über die Steuerneuverteilung nicht hono- Sie heute morgen Ihre Ehrlichkeit und Ihren Mut rieren. noch einmal selbst gepriesen haben. — Meine Da- Es ist schon etwas eigentümlich — meine Damen men und Herren, man sollte das aber vor allem nicht und Herren, wir sind von dieser Regierung schon mit einer Begründung tun, wie sie der Bundeskanz- einiges gewöhnt; der Stil hat sich da seit 1969 ge- ler gebraucht hat: als ob das so eine Art Strafexpe- ändert, Herr Bundeskanzler Kiesinger —: Nachdem dition gegen unbotmäßige Länder wäre. Dies halte wir uns in monatelangen Sitzungen schließlich An- ich für ganz schlecht. Es ist nicht nur die berühmte fang Juli auf einen Kompromiß geeinigt hatten, den Mehrheit der fünf Länder mit den 21 Stimmen, es die Bundesregierung zur Grundlage ihrer Gesetzes- sind auch andere, unter Federführung der SPD und vorschläge in Bundestag und Bundesrat macht, er- FDP, die in der Frage der Steuerverteilung und in klärt der Finanzminister vor der Presse, das skanda- der Bewertung dieser Probleme der Gemeinschafts- löse Verhalten der Länder sei einer der Gründe für aufgaben völlig denselben Standpunkt einnehmen die Steuererhöhungen. Herr Kollege Apel, wenn das wie wir. Der Bundeskanzler weiß es, und er will ein skandalöses Verhalten war, dann hätten sie dem hier einen anderen Eindruck erwecken. Bundesrat und Bundestag nicht einen Gesetzesvor- schlag auf dieser Basis zuleiten dürfen. Über das, was der Kanzler hier zum Kollegen Kohl in der Frage der Bildungspolitik gesagt hat, (Beifall bei der CDU/CSU) kann ich mich wirklich nur wundern. Ich habe hier Skandalös sind Ihre ständigen Fehlinformationen, einmal, bis 1969, in diesem Bereich Regierungsver- -die Sie seit Monaten den Ländern über die finanz antwortung mitgetragen. Für mich war es ein wirk- und steuerpolitischen Pläne der Bundesregierung ge- lich erstaunlicher Vorgang, als wenige Monate nach ben. Wenn ich einmal nach dem Stil des Bundes- der Übergabe der Amtsgeschäfte an Herrn Leussink kanzlers anfinge, meine Aufzeichnungen über in- und Frau Hamm-Brücher — sie gehören zu den vie- terne Sitzungen hier zu verlesen, meine Damen und len, die damals mit großen Plänen antraten und hier Herren, dann würden sich einige der Beteiligten und heute zu Recht, würde ich sagen, nicht mehr auf der Nichtbeteiligten wundern. Lassen wir diese massi- Regierungsbank sitzen — die Bundesregierung ihren ven und polemischen Attacken hinüber und dann Bildungsbericht vorlegte mit dem phantastischen auch gerne herüber! Aber, Herr Finanzminister, es Ziel, 50 % eines Jahrsgangs zum Abitur und 25% geht nicht an, daß wir in einer durch Ihre verfehlte in die Hochschulen zu bringen. Politik rapide verschlechterten Lage eine frühere (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Volksabitur!) Vereinbarung zugunsten des Bundes honorieren und Sie anschließend nur massive Polemik üben. Jetzt haben wir, nachdem wir in jahrelangen müh- Übrigens ist auch die Art und Weise — ich habe samen Verhandlungen in den Bund-Länder-Gremien dankenswerterweise gestern Ihre Gesetzentwürfe diese Planung auf ein geringeres, realistischeres mit einer ersten Begründung lesen können —, in der Maß reduziert haben, aus der heutigen Sicht immer Sie — und auch der Bundeskanzler heute — die Kür- noch zu hohe Werte. Die geradezu beunruhigende begründen, Situation, daß von 15 % Abiturienten ein Großteil zungen bei den Gemeinschaftsaufgaben - sehr eigentümlich. Es kann ja sein, daß man in einer immer noch nicht in die Hochschulen kann und daß so schweren Finanzkrise auch bei lebenswichtigen bei einer Studentenquote von 12 % ein wachsender Investitionen eingreifen muß, wie Sie es tun. Sie Teil der Absolventen der Hochschulen wie auch an- tun es in den Gemeinschaftsaufgaben, die für die dere junge Menschen nicht wissen, welche beruf- wirtschaftliche Entwicklung große Bedeutung haben, lichen Chancen sie haben, ist nur ein Beispiel dafür, ab 1977. Sie tun es auch in anderen Bereichen der wie Sie geplant haben, vor allem auch im Verant- gemeinsamen Finanzierung. Heute morgen haben wortungsbereich der Länder. Wer damals die be- wir vom Bundeskanzler in der Regierungserklärung gründeten Bedenken anmeldete, war ein „Reform- gehört, daß unter dem Vorzeichen der Verbesserung gegner" und ein „Bremser" . Und heute halten Sie der Haushaltsstruktur auch bei der Krankenhaus Herrn Kohl und mir vor, daß wir zuviel Personal — 12978 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Stoltenberg auf Deutsch: zu viele Lehrer — eingestellt haben. Wir haben das vierte Konjunkturprogramm. Es ist Absurdität im Quadrat, meine Damen und Herren! vom Regierungssprecher als ein Überwinterungs- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) programm bezeichnet worden, nicht als der neue Ansatz für den Aufschwung und die langfristige Weil das hier in der Polemik gegen die soge- Sicherung der Vollbeschäftigung, was der Vizekanz- nannte Mannheimer Erklärung noch einmal an- ler mit der „neuen Politik" offenbar gemeint hat. klang, will ich dazu noch wenige Sätze sagen. Der Wir haben, meine Damen und Herren, massive Bundeskanzler hat hier zum Schluß für seine Partei Steuerhöhungen statt der versprochenen Begren- gesprochen; es sei also auch mir wie dem Kollegen zung des Staatsanteils. Es geht nicht an, daß der Kohl gestattet, das mit demselben Recht zu tun. Die Bundeskanzler die Fülle der korrekten Zitate aus Mannheimer Erklärung, verabschiedet auf unserem seinen eigenen Reden und denen seines Wirt- Parteitag im Juni, hat keinen finanzwirksamen An- schafts- und seines Finanzministers bis in das Früh- trag in diesem Bundestag ausgelöst. Wir haben in jahr und den Frühsommer dieses Jahres hinein Mannheim klargemacht, daß es sich in den finanz- gegen eine solche Politik jetzt einfach pauschal und wirksamen Vorstellungen um eine langfristige Per- ungerechtfertigt als verkürzt oder irreführend ab- spektive handelt und daß der Zeitpunkt der Konkre- tun will. Diese Zitate liegen ja vor. Sie können, tisierung und Einbringung abgestimmt sein muß mit meine Damen und Herren, noch jetzt am Kiosk — dem vorrangigen Ziel der Wiedergewinnung der ich will hier keine Zeitschriftenwerbung betrei- Stabilität, der Vollbeschäftigung und der Ordnung ben — die neueste Ausgabe eines bekannten Wirt- der Staatsfinanzen. schaftsmagazins kaufen, in der der Bundeswirt- (Beifall bei der CDU/CSU) schaftsminister in einem Interview erklärt hat, im Interesse des Aufschwungs und der Gesundung der Die Tatsache, daß es auch nach der Kindergeld- Wirtschaft sei eine Entscheidung gegen Steuer- reform, die ja noch einmal korrigiert wird — ich erhöhungen und für gezielte steuerliche Erleichte- verstehe gar nicht, daß der Bundeskanzler hier rungen notwendig. gegen eine Korrektur der Kindergeldreform polemi- (Beifall bei der CDU/CSU) siert hat; das haben Sie doch vor einigen Tagen Was die Herren der Regierung in diesem Fall bis selbst gemacht, nachdem festgestellt wurde, daß ein zur Sommerpause sogar einvernehmlich gesagt ha- Staatssekretär a. D. und Abgeordneter einer Re- ben, soll jetzt nicht mehr zutreffen! gierungsfraktion für seine mehr als 20jährige Toch- ter auch noch Kindergeld bekommt, wie auch an- Hier wird heute der Versuch gemacht, die ge- dere, die ein anständiges Gehalt haben; das zeigt samte Debatte gleichsam an die Adresse der Oppo- die Art, wie Gesetze gmacht werden, auch jetzt bei sition zu richten. Die Regierung will sich aus dem den Sparbeschlüssen — , Sachzwang der Verpflichtung zur Rechtfertigung ihrer Vorschläge herausziehen, indem sie ver- (Stücklen [CDU/CSU]: Hopplahopp!) sucht, die öffentliche Debatte an die Opposition zu noch einen Nachholbedarf im Bereich der Familien- lenken: Wie hättet ihr es denn gern, oder was wollt politik gibt, kann doch auch von Ihnen nicht ernst- ihr denn machen? Das, meine Damen und Herren, haft bestritten werden. ist die zweite Frage. Die erste Frage — das Ge- (Beifall bei der CDU/CSU) setzgebungsverfahren beginnt im Oktober — ist die Angemessenheit, die Überzeugunskraft und die Eine programmatische Aussage zu diesem Punkt, Sachgerechtigkeit der Beschlüsse der Regierung. So in der wir die Konkretisierung abhängig machen schnell werden wir dieses Thema sicher nicht ver- von einer Politik der wirtschaftlichen Stabilität, des lassen können. Wachstums und der Sanierung der Staatsfinanzen, (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) verstößt überhaupt nicht gegen die hier vertretenen Wir sind der Überzeugung — das haben wir in Grundsätze. Das gilt auch für das Schreiben an der gemeinsamen Erklärung der Union gesagt, ich Professor Erhard, auf das Sie sich bezogen haben. wiederhole es nur kurz —, daß bestimmte steuer- Wir haben unter dem Eindruck der internen Diskus- liche Erleichterungen für die Betriebe notwendig sion und aller Beiträge die endgültige Fassung der sind. Es hat nicht viel Sinn, wenn der Bundeskanz- Mannheimer Erklärung so formuliert, daß sie von ler, offenbar inspiriert von Herrn Palme, jetzt neue allen Mitgliedern der Union und auch von einem Modelle sucht, die bis in das Gesellschaftsrecht Mann wie Professor mitgetragen hineinreichen, mit dem Unterschied zwischen Unter- werden kann. nehmen und Unternehmern. Das hat um so weniger (Beifall bei der CDU/CSU) Sinn, nachdem hier deutlich geworden ist, daß die Nun fordern wir seit Monaten wie andere von Koalition darüber offenbar in keiner Weise einig der Bundesregierung Klarheit in den gesellschafts-, ist. den ordnungs- und den finanzpolitischen Rahmen- Diese Entscheidung muß bald fallen. Oder wieviel bedingungen für die Bürger und Betriebe unseres Arbeitslose und Konkurse wollen wir in Deutsch- Landes. Diese Klarheit hat die heutige Regierungs- land eigentlich noch haben, erklärung in keiner Weise gebracht, ja, wenn wir den Dialog zwischen einem Sprecher der FDP und (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) dem Bundeskanzler in der Frage steuerlicher An- ehe diese Koalition in der Lage ist, die notwen- reize sehen, sogar ein zusätzliches Maß an Unklar- digen Beschlüsse zu fassen, die den starken Worten heit. nun endlich folgen müssen?! Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12979 Ministerpräsident Dr. Stoltenberg Meine Damen und Herren, ich begrüße, daß hier werden können. Das ist Ihr schuldhaftes Versäum- auch von den Sprechern der Koalition sehr kurz — nis, meine Damen und Herren. jedenfalls bei der FDP, wie in der Rede des Wirt- (Beifall bei der CDU/CSU) schaftsministers im Juli — auch das Stichwort „Ver- mögensbildung" aufgenommen wurde. Wir haben Sie hätten, statt im Frühjahr vor den Wahlen falsche diesen Zusammenhang immer betont. Es ist der Zu- Parolen auszugeben, damals die notwendigen Be- sammenhang zwischen der Stärkung der Eigen- schlüsse fassen sollen. Das wäre eine mutige und kapitalbasis unserer Betriebe, auch bei den jetzigen ehrliche Politik gewesen. Eigentümern, aber nicht nur bei diesen, dem not- (Beifall bei der CDU/CSU) wendigen wirtschaftspolitischen Ziel der Stärkung der Investitionen und dem großen gesellschafts- Im übrigen muß man dem Bundeskanzler sagen, politischen Ziel der Verbreiterung der Basis der er sollte die Kritiker nicht so abtun. Es sind ja nicht Eigentümer am Produktivvermögen. Dieser Zu- nur die besoldeten Interessenvertreter der Ver- sammenhang gilt weiterhin. bände, von denen die einen, wie Herr Vetter, of- fenbar zunächst gerügt werden, um dann zum (Beifall bei der CDU/CSU) Schluß der Rede enorm gelobt zu werden. Das ist Wir vermissen die Verdeutlichung dessen, was eine Art Doppelstrategie, die wir mit besonderem der Wirtschaftsminister am 26. Juli angesprochen Interesse sehen. Es sind ja auch unabhängige Sach- hat: die Dringlichkeit einer Förderung der Innova- verständige, namhafte Stimmen der Wissenschaft tionen und verbesserter Bedingungen für Forschung und viele unabhängige Publizisten, die diesen An- und Technologie. Meine Damen und Herren, wir satz mit uns für falsch halten. vermissen das, nachdem diese Regierung zweimal Wir brauchen von der Bundesregierung vor allem in Steuergesetzen gegen unsere Bedenken steuer- ein Programm zur Förderung des Wachstums, zur liche Erleichterungen für die Förderung der Innova- Stärkung der Finanzkraft des Staates. Beides ist un- tion, der Forschung und Technologie abgebaut hat. trennbar miteinander verbunden. Es wurde schon Man sagt, diese Formen seien nicht mehr angemes- gesagt, die neue Finanzplanung mit einem Wachs sen gewesen. Dann hätte man aber andere suchen tum von 5 % als Voraussetzung beruht auf einer müssen. Denn es ist nicht zu bestreiten, daß das höchst unsicheren Schätzung. Was bedeutet eine Kostenniveau in der Bundesrepublik Deutschland Abweichung von 1 % mehr oder weniger für den nicht nur durch Tarifvereinbarungen so hoch ist. Staat? Eine Abweichung von 1 % mehr bedeutet Der Bundeskanzler hat neulich abends in München 2,5 Milliarden DM mehr Steuern, 3 1/2 Milliarden DM im Fernsehen in einem Nebensatz hörbar gesagt, bis 4 Milliarden DM mehr Steuern und Abgaben. die Lohnquote sei zu hoch. Ja, wenn jemand von Entsprechend bedeutet eine Abweichung von 1 % uns so etwa vor dem 4. Mai gesagt hätte, wäre er nach unten gegenüber der Verbesserung eine Dif- gesteinigt worden. Ich zitiere hier den Bundeskanz- ferenz von über 5 Milliarden DM alleine bei den ler. Steuern. Aber es ist nicht nur eine Frage der Lohnquote, Ich weiß, daß der Bundeskanzler nach manchen es ist eine Frage der Gesetzgebung dieser Koali- Erfahrungen der letzten Jahre dem Wert solcher weithin tion, daß die Lasten für die Betriebe und Finanzplanung mit einer gewissen Zurückhaltung auch für die Arbeitnehmer so exorbitant gesteigert gegenübersteht. Ich tue es auch. Finanzplanungen worden sind. sind nichts Statisches wie ein Vertrag, den man (Beifall bei der CDU/CSU) nach Hause nehmen kann. Finanzplanungen sind in Deshalb muß die Politik langfristiger angelegt sein. den Prozeß einer dynamischen, einer positiven oder Sie muß, von höchsten Kosten ausgehend, die inter- negativen Wirtschaftsentwicklung eingebunden. nationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hier müssen wir deshalb ansetzen. Wirtschaft und die Arbeitsplätze in einer zeit här- (Beifall bei der CDU/CSU) teren Wettbewerbs festigen und erweitern. In diesem Jahr gehen die Prognosen des vergange- Die finanzpolitischen Beschlüsse der Bundesregie- nen Herbstes, als die Bundesregierung noch bestritt, rung sind im Grunde zu spät gekommen, und sie daß es überhaupt eine Rezession geben werde, und sind falsch gewichtet. Sie sind zu spät gekommen. das voraussichtliche Ist des Jahres 1975 um etwa Alle Dialektik auch dieses Tages kann nicht dar- 6 % auseinander. Statt Wachstum um 2 % oder 3 % über hinwegtäuschen, daß Sie auch nach Ihrer Kon- eine Rezession von 3 1/2 % oder 4 %! Das macht im zeption für das Jahr 1976 einen fast unlösbaren Ergebnis über 20 Milliarden DM aus. Zahlen sind geschaffen haben. Zielkonflikt hier genannt worden. Von hier wird sichtbar, daß (Beifall bei der CDU/CSU) - eine Politik zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Sie müssen im nächsten Jahr selbst bei optimisti- zur Sicherung der Arbeitsplätze Vorrang hat und schen Wachstumserwartungen eine gleiche Ver- daß sie überfällig ist. schuldung aufnehmen wie in diesem Jahr. Sie for- Wenn der Bundeskanzler sich hier auf seine dern zum Konsum auf und wissen, daß ein Absinken europäischen Konsultationen beruft, so kann ich nur der sehr hohen, vielleicht überhöhten Sparquote da- sagen: Die Dänen, mit denen er in Sonderburg ge- zu führt, daß im nächsten Jahr der exorbitante Be- sprochen hat — es waren die Sozialisten in die- darf der öffentlichen Hand und die erhofften Inve- sem Falle —, und die Holländer, mit denen er, stitionen für die Belebung des Aufschwungs nicht wenn ich mich richtig erinnere, am Brahmsee ge- gleichzeitig zu vernünftigen Bedingungen finanziert sprochen hat, machen genau das Gegenteil von dem, 12980 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Ministerpräsident Dr. Stoltenberg was er hier als Rezept verschreiben wird. Sie sen- weiter als ein Papier eines von 120 Angestellten der ken die Mehrwertsteuer für dauernd oder temporär CDU/CSU-Fraktion anzuführen haben, der ohne und haben damit, glaube ich, einen richtigeren An- Auftrag, Ermächtigung und ohne Deckung durch satz gewählt. die Fraktion gehandelt hat. Was Sie damit beab- (Beifall bei der CDU/CSU) sichtigen, ist hier für jedermann deutlich geworden. Meine Damen und Herren, worin besteht die Ko- (Dr. Ehrenberg [SPD] : Lesen Sie nach, was operationsbereitschaft, die hier bezweifelt wurde? Herr Carstens vorhin falsch dargestellt hat! Sie besteht in der Bereitschaft, notwendige unpopu- Ich bringe Ihnen nachher den Beweis! Ge läre Sparbeschlüsse — auch bei gesetzlichen Lei- hen Sie nicht auf dieses Glatteis!) stungen — grundsätzlich mit zu tragen. — Bringen Sie mal Beweise, lieber Herr Ehrenberg! (Zuruf von der FDP: Wo?) Ich sage nur, daß dies eine Doppelstrategie ist, die — Verehrter Herr Kollege, wir gehen von der Re- wir nicht mitmachen werden. Wir werden uns kon- gierungsvorlage aus; wir werden sie sorgfältig prü- kret und verantwortungsbewußt zu Ihren Kürzungs- fen. Wir werden, wie ich glaube, einen wesentli- beschlüssen im Deutschen Bundestag und im Bun- chen Teil mit tragen können. Wir behalten uns vor, desrat äußern. Wir werden uns nicht nur äußern — zu einzelnen Punkten auch andere Anträge und Vor- wir werden darüber abstimmen, und wir werden stellungen zu entwickeln. Das ist bei Ihnen ja auch dann in eigener Verantwortung entscheiden, wann der Fall. Der Landesvorsitzende Ihrer Partei in mei- und wie wir unsere weiteren programmatischen nem Lande hat zwei Tage vor den Beschlüssen des Einzelentscheidungen zum Thema der Begrenzung Kabinetts erklärt, eine Mehrwertsteuererhöhung des Staatsanteils, zur Neugewichtung der Auf- komme überhaupt nicht in Frage. Der Landesvor- gaben treffen. Wir entscheiden selbst, wann und wie sitzende der SPD und der Fraktionsvorsitzende der wir es in der Perspektive dieser Gesetzgebungsbera- tung und natürlich der großen politischen Ausein- SPD in meinem Lande erklärten vorgestern einmü- tig, eine pauschale Mehrwertsteuererhöhung sei andersetzung vor dem nächsten Herbst tun. Herr unsozial und mit dem moralischen Standard der So- Wehner, wir sind hier nicht in der Klippschule der zialdemokraten nicht zu vereinbaren. sozialdemokratischen Fraktion. Das bestimmen wir selbst. (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU) (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) Angesichts dieses derzeitigen Standes der inner- Uns kommt es vor allem darauf an, das heute parteilichen Debatte in der SPD und der FDP dür- vorn Bundeskanzler — ich glaube, zum großen Be- fen wir doch auch noch ein bißchen nachdenken, dauern einer weiten Öffentlichkeit — Versäumte ausgehend von den Beschlüssen der Bundesregie- deutlich zu machen: Diese fiskal- und finanzpoli- rung unter Einbeziehung weiterer Möglichkeiten. tische Diskussion muß eingebunden werden in eine Die heutige Debatte — das sage ich hier in aller Gesamtdiskussion über die Frage der Überwindung Offenheit — und vor allem das Auftreten des Bun- der Rezession im Rahmen unserer nationalen Mög- deskanzlers, insbesondere in seinem zweiten Bei- lichkeiten zur Wiederbelebung der Wirtschaft und trag damit auch zur Überwindung der Arbeitslosigkeit. (Stücklen [CDU/CSU] : Der ist inzwischen Diese Einordnung ist uns die Bundesregierung schul- abgetreten! — Nordlohne [CDU/CSU] : Er dig geblieben, weil offensichtlich die in ihr vertre- hat sich übernommen!) tenen Kräfte nicht in der Lage sind, die notwendigen Entscheidungen für ordnungspolitische, gesell- — ich werte das im Augenblick nicht weiter; ich schaftspolitische und finanzpolitische Rahmenbedin- kenne nicht die Gründe —, haben bei mir den Ein- gungen zu fällen. druck verstärkt, daß man auf der einen Seite durch freundliche Worte — Herr Genscher hat ein paar (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ freundliche Worte an unsere Adresse gefunden — CSU) die Opposition einladen will, im Bundesrat nun doch konkrete Sparempfehlungen über die Beschlüs- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Herr se der Regierung hinaus zu machen, um dann auf Bundesminister des Auswärtigen. der anderen Seite, wie wir es heute in einer be- stimmten Kostprobe wieder erlebt haben, damit den (Heiterkeit und Zurufe von der CDU/CSU: Vorwurf der sozialen Demontage, also Diffamierung Der Freund von Nollau kommt!) zu verbinden. (Zustimmung bei der CDU/CSU) Genscher, Bundesminister des Auswärtigen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom Ressort Dies allerdings werden wir so nicht machen,- meine her, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von Damen und Herren! der CDU/CSU, hatte ich an sich nicht die Absicht, (Beifall bei der CDU/CSU) heute das Wort zu ergreifen, aber nachdem Reden von FDP-Politikern auf Sie doch eine gewisse Faszi- Herr Bundeskanzler, erlauben Sie mir, nachdem nation auszuüben scheinen, möchte ich diesem un- Sie freundlicherweise wieder da sind, diese Bemer stillbaren Bedürfnis nachkommen. -kung: Es muß schlecht um eine Bundesregierung be- stellt sein, wenn Sie in einer Regierungserklärung (Zuruf von der CDU/CSU) von so grundlegender Bedeutung, in einem extempo- Herr Kollege Stoltenberg hat von meinen freund- rierten Beitrag im Blick auf die Opposition nichts lichen Worten gesprochen, die ich in seinem Land Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12981 Bundesminister Genscher an ihn gerichtet habe. Ich wiederhole das, Herr Kol- daß der Bundeskanzler in dieser Frage die Initiative lege Stoltenberg: Wir sind bereit — und das sage ergriffen hat, und zwar nicht nur innerhalb der Euro- ich nicht nur für die Freie Demokratische Partei, päischen Gemeinschaft, sondern auch im Verhältnis sondern für die ganze Bundesregierung —, unvor- zu allen Industrienationen. Das ist im Ausland auch eingenommen und objektiv jeden Ihrer zusätzlichen überall anerkannt worden. Es hätte deshalb der Kürzungsvorschläge zu prüfen. Opposition überhaupt nichts von ihren Möglichkei- ten der Profilierung abgeschnitten, wenn sie die (Lachen bei der CDU/CSU) Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen und auch das Nur, sie müssen auf den Tisch, bevor sie geprüft sich einstellende Ergebnis als einen Erfolg deutscher werden können. Politik hier gewürdigt und anerkannt hätte. (Beifall bei der FDP und der SPD) (Beifall bei der SPD und der FDP) Herr Kollege Stoltenberg, wenn Sie schon auf das Dies vorausgeschickt, meine Damen und Herren. Papier Bezug nehmen, das in Ihrer Fraktion erar- Jetzt würde ich gern eine Bemerkung zu einem beitet worden ist: Ich weiß, kein Ministerium kann Thema machen, das der Bundeskanzler heute aus darauf verzichten, daß Gedankenmodelle entworfen, guten Gründen aufgegriffen hat, nämlich zu den daß Gedankenskizzen erstellt werden. Das kann Vereinbarungen mit Polen. Der Bundeskanzler hat auch eine Partei nicht. Ich werde niemals ein Res- die erste parlamentarische Möglichkeit benutzt, um sort oder eine Regierung oder eine Partei auf ein dem Hohen Hause über diese Vereinbarungen zu solches Gedankenmodell festlegen. Wichtig ist aber, berichten; denn es besteht ganz sicher auch ein sach- daß man dann politisch sagt, welche dieser Gedan- licher Zusammenhang mit dieser Debatte, weil diese ken gelten, welche nicht gelten oder welche Gedan- Vereinbarungen, wie für jedermann klar ist, auch ken und Vorschläge man an Stelle dieser Skizze auf finanzielle Auswirkungen haben. den politischen Markt bringen will. Herr Kollege Carstens hat — und nur darauf (Beifall bei der FDP und der SPD) möchte ich jetzt eingehen — heute gesagt: „Aber zu Dazu haben wir in der heutigen Debatte bis zur unseren Vorstellungen gehört es nicht, daß wir der Stunde nichts gehört, und das ist auch der Grund polnischen Regierung jeweils die Beträge zahlen, dafür, warum die beiden zuständigen Minister, die die sie von uns verlangt." Meine Damen und Her- Kollegen Friderichs und Apel, mit ihrer Wortmel- ren, das gehört auch nicht zu unseren Vorstellun- dung immer noch zurückgehalten haben, weil sie ja gen. Nur bitte ich Sie, jene 120 000 bis 125 000 Men- gern in eine sachliche Diskussion über die Vorschlä- schen nicht außer acht zu lassen, die in den nächsten ge der Opposition eintreten würden. vier Jahren auf der Grundlage dieser Absprache zu uns kommen sollen, (Zuruf von der SPD: Die kommen ja nicht! — Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Machen (Zuruf von der CDU/CSU: Die sollten doch Sie mal Ihre Vorschläge! — Weiterer Zuruf schon früher kommen!) von der CDU/CSU: Wir warten auf Ihre bevor Sie sich in allen diesen Fragen Ihre Meinung „vernünftigen" Vorschläge!) bilden. — Herr Kollege Müller-Hermann, Sie kennen die (Dr. Althammer [CDU/CSU] : Nächstes Jahr Vorschläge der Bundesregierung, die der Bundes- zahlen Sie wieder für die gleichen Leute!) kanzler heute in der Regierungserklärung vorgetra- Mehr möchte ich in diesem Zusammenhang nicht gen hat. Ich habe den Eindruck, daß sich die Oppo- sagen, weil es nicht üblich ist, Vereinbarungen die- sition als Strategie für diese Sitzung vorgenommen ser Art vor der Unterzeichnung im Parlament zu hat, sich auf den Bundeskanzler einzuschießen. Sie diskutieren. wissen, der Bundeskanzler ist auch hart im Nehmen und ebenso hart im Geben. Trotzdem finde ich, daß Ich möchte nur jedem, der hier mit zu entscheiden man in einer so schwierigen Situation bei aller Kritik hat, das eine mit auf den Weg geben: Sie mögen und bei aller parlamentarisch ausgesprochen wün- Ihre Meinung — das habe ich schon einmal gesagt schenswerten Angriffslust doch auch die Kraft haben — über das Zustandekommen der Verträge damals sollte, Leistungen der eigenen Regierung anzuerken- haben. Heute stehen wir alle gemeinsam in der Ver- nen. antwortung, das, was notwendig ist, um die Aus- reise von Deutschen, die zu uns kommen wollen, Ich nenne nur zwei Punkte, von denen, die unbe- streitbar sind — auch in dieser Diskussion. Es ist möglich zu machen, auch zu tun. Ich denke, daß wir erstens unbestreitbar, daß es dieser Regierung in ohne Leidenschaft und ohne daß wir unsere frühe- einer inflationären Umgebung gelungen ist, im eige- ren Gegensätze dabei begraben müssen, uns dieser nen Land die Inflationsmentalität zu brechen und Verantwortung gemeinsam stellen sollten. Es wird damit eine gesunde und stabile Grundlage für den in den zuständigen Ausschüssen genügend Gelegen- Aufschwung zu legen. heit geben, über diese Fragen noch im einzelnen zu sprechen. (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, es ist davon gespro- Zweitens ist unverkennbar, daß es angesichts chen worden, welche Bedeutung der Bundesrat hat, einer international notwendigen Abstimmung über welche Rolle er spielt, ob er als Organ auftritt. Herr die Maßnahmen, die, Herr Kollege Stoltenberg, je Kollege Kohl hat recht: Der Bundesrat tritt als Ver- nach der unterschiedlichen Ausgangssituation ganz fassungsorgan auf und bildet seine Meinung mit der sicher auch unterschiedlich sein müssen, richtig war, Mehrheit der dort vertretenen Stimmen wie der 12982 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Bundesminister Genscher Bundestag auch. Das hat der Bundeskanzler auch gesprochen, und aus dieser Verantwortung heraus nicht anders gesagt und gemeint. wiederhole ich das auch heute. Nur, meine verehrten Damen und Herren: In Sie werden der Gefahr, daß man Ihre Vorstellun- einer Verfassungsordnung, in der der anderen Kam- gen über Kürzungsvorschläge mißdeutet — miß- mer so weitgehende Rechte gegeben sind, in einer deutet möglicherweise auch als „soziale Demon- Verfassungsordnung, in der die andere Kammer so- tage", was ich nicht tue, was aber z. B. in der Presse gar Gesetze aufhalten kann, ist es ganz undenkbar, geschehen ist —, am besten dadurch entgehen kön- daß dieselben politischen Kräfte, die in dieser ande- nen, daß Sie Ihre eigenen Vorschläge konkretisie- ren Kammer Gesetze haben passieren lassen, jetzt ren. die Konsequenzen dieser Gesetze nur denen anla- (Zustimmung bei der FDP) sten wollen, die hier im Bundestag die Mehrheit Meine Damen und Herren, es ist heute sehr viel haben. davon die Rede gewesen, es sei jetzt die Stunde (Beifall bei der SPD und der FDP) der Wahrheit. Ich versichere Ihnen: Nachdem Sie, Das ist eine Logik, die Sie nicht werden vertreten meine Kollegen von der CDU/CSU, die Mehrwert- können. steuererhöhung ablehnen wollen, wird für Sie sehr bald die Stunde der Wahrheit kommen, in der Sie Die Bundesregierung und die sie tragenden Par- bekennen müssen, wie Sie selbst das entstehende teien entziehen sich doch in keiner Weise der Ver- Defizit durch andere Steuererhöhungen — vielleicht antwortung für die Gesetze, die jetzt in dieser Legis- bei den Investitionen? — oder durch Einsparungen laturperiode, in der Legislaturperiode davor und im Haushalt decken wollen. auch in früherer Zeit beschlossen worden sind. Ich (Zuruf von der CDU/CSU: Wir machen denke, daß jede Fraktion und auch jede Landes- doch nicht Ihre Fehler!) regierung ihr Verhältnis zu einem Gesetz danach bestimmen sollte, ob sie dem Gesetz zugestimmt Das, meine Damen und Herren, ist eine Frage, die oder ob sie es abgelehnt hat, aber nicht danach, ob Sie sich wirklich stellen sollten. die jeweilige Partei bei Verabschiedung des Ge- Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie sagen: setzes in der Regierung oder in der Opposition war. Wir sind bereit zu kooperieren. Aber Kooperation (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Da bedeutet eben in einem bundesstaatlichen System, kommen Sie beim EWG-Vertrag in große in dem auch das andere Verfassungsorgan Initiativ- Schwierigkeiten, Herr Minister Genscher! recht hat, auch die Möglichkeit und die Notwendig- Den haben Sie nämlich abgelehnt!) keit, mit eigenen Anträgen zu kommen. — Herr Kollege, da will ich Ihnen etwas sagen. Eine Und damit komme ich zu den Ermahnungen an Fülle von Bedenken, die Kollegen meiner Fraktion die Freien Demokraten. Da ist gefragt worden, was damals gegen diese Struktur — gegen den Versuch, denn nun geworden sei aus unseren Vorstellungen über eine europäische Bürokratie politische Prozesse von der Notwendigkeit steuerlicher Anreize für die in Gang zu setzen — vorgebracht haben, bewahr- Belebung der Wirtschaft. Wir sind der Meinung, heiten sich leider heute in der vollkommensten daß es in der Tat notwendig ist, unvoreingenommen Weise. Das hat mit einer Ablehnung der europä- darüber zu diskutieren, ob und wie auch durch Ver- ischen Einigung, wie Sie wissen, überhaupt nichts änderung der steuerlichen Begünstigung der Inve- zu tun. stitionen mittel- und langfristig ein stetiges Anstei- gen der Investitionen möglich ist. Darüber wird in (Rawe [CDU/CSU] : Nur, Sie haben es ge der Regierung diskutiert, darüber wird in unserer tan! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) Partei diskutiert. Und der Tatsache, daß Sie selbst, Meine verehrten Damen und Herren, ich will da- die Sie offenbar diesen Vorstellungen nahestehen, mit sagen, daß es Ihnen in einer Finanzsituation, in noch keine Anträge im Bundestag oder im Bundes- der Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betrof- rat eingebracht haben, muß ich entnehmen, daß fen sind, in der, von wenigen Ausnahmen abgese- auch Sie noch über diese Frage diskutieren. Ich hen, alle ausgabenwirksamen Gesetze von Regie- werfe Ihnen das gar nicht vor; aber, bitte, richten rungskoalition und Opposition gemeinsam beschlos- Sie dann auch den entgegengesetzten Vorwurf sen worden sind, nicht gut ansteht, wenn Sie die nicht an uns. Verantwortung ausschließlich bei den Regierungs- Meine Damen und Herren, Gegenstand der De- parteien suchen, Ihre eigene Verantwortung aber batte heute kann leider nur sein, was die Bundes- vor der Öffentlichkeit nicht bekennen wollen. Wir regierung vorgelegt hat. Die Opposition hat zu bekennen uns zu unserer Verantwortung! unserem Bedauern ihr Vorschlagsrecht nicht ge- (Beifall bei der FDP) - braucht. (Beifall bei der FDP und der SPD) Aus dieser Verantwortung heraus, meine Damen und Herren, habe ich auch die von Herrn Kollegen Dr. Stoltenberg zitierte Rede gehalten, aus einer Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Ab- Verantwortung heraus, die besagt, daß wir alle — geordnete Dr. Barzel. nicht nur wir in der Bundesrepublik Deutschland, sondern die Industrienationen überhaupt — über Dr. Barzel (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine unsere Verhältnisse gelebt haben. Aus dieser Ver- Damen und meine Herren! Wenn der Kollege Gen- antwortung heraus habe ich auf diesem Parteitag scher soeben eine Entlastungsoffensive für den Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12983 Dr. Barzel Bundeskanzler begonnen hat, kann ich das gut ver- den Strukturproblemen. Wir sind in einer Lage, die stehen; denn der Bundeskanzler hatte heute offen- gekennzeichnet ist durch den Export von Arbeits- bar nicht seinen besten Tag. plätzen, in einer Lage, die vielfach politische Un- (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Evers gewißheit produziert hat. (CDU/CSU) : Groggy war er!) Diese Lage zu debattieren macht mir keinen Das ist auch kein Wunder, denn diese schlechte Spaß. Es macht auch dann keinen Spaß, wenn man Sache kann auch der beste Redner nicht mit Glanz rechtzeitig vor ihr gewarnt und Abhilfe angeboten auf einen guten Weg bringen. hat. Mit dem Blick auf die Lage der betroffenen Menschen ist mir, Herr Bundeskanzler, Ihre Inter- Herr Kollege Genscher, was Sie soeben über die vention heute abend völlig unverständlich. Was Gesetzgebung gesagt haben, gehört nicht so sehr sollte die Rechthaberei, mit der Sie versuchten, in diese Debatte; denn dies ist der Punkt: daß nie- Ihre Geschichtsklittereien in einem anderen Licht mand davon ablenken sollte, daß die FDP für die darzustellen? Lage, die entstanden ist, und für die Vorlagen, die dem Hause vorliegen, die volle Mitverantwortung (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Evers trägt; [CDU/CSU] : Er ist ein angeschlagener (Beifall bei der CDU/CSU) Mann!) für Vorlagen, wo an einer ganzen Reihe von Stel- Meine Damen und Herren — das sage ich nun len davon wird zu sprechen sein — von Ihnen, ganz persönlich —: Diese Lage hätten wir gerne Herr Kollege Genscher, Ihrem Wirtschaftsminister allen erspart. Es ist genau die Lage, die wir im und Ihren Freunden wider die bessere Einsicht ent- April 1972 dem Bundestag und im Herbst 1972 den schieden wurde. Wählern als Sorge voraussagten, die Lage, die wir vermeiden wollten. Aber diese Debatte hat doch nicht eine kluge (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) Vorausschau der Bundesregierung herbeigeführt, sondern eine Lage hat diese Debatte erzwungen; Es ist auch die Lage — jetzt darf ich unseren her- eine Lage, die gekennzeichnet ist durch fehlende ausragenden Kollegen Alex Möller ansehen —, die Horizonte, — Horizonte, die alleine — Herr Bun- dieser erste sozialdemokratische Finanzminister die- deskanzler, mein altes Thema zwischen uns beiden ser Bundesrepublik Deutschland seiner Partei, dieser — Sicherheit, Durchblick, Hoffnung geben könnten, Koalition und den Deutschen gerne erspart hätte, die die Fragen: Warum? und Wozu? beantworten wenn ich Sie richtig verstanden habe. Denn Sie würden. Das alles ist wieder nicht geschehen. traten doch 1971 zurück, um durch dieses Signal, so hieß es damals, das mittelfristig bevorstehende Durch eine Lage, die gekennzeichnet ist, durch Finanzchaos abzuwenden. langandauernde Arbeitslosigkeit, durch das Schick- sal junger Menschen Helmut Kohl hat treffend (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : So davon gesprochen —, die viel zu oft vor geschlosse- war es!) nen Türen stehen, weder Arbeit noch Ausbildung Lesen Sie die Dokumente nach. Das ist jetzt die finden und deshalb diese Gesellschaft für eine ge- Lage, die Alex Möller befürchtete. schlossene Angelegenheit anderer zu halten begin- nen. Dieses Signal wurde übersehen, die Ratschläge (Zuruf des Abg. Schulte [Unna] [SPD]) der Opposition wurden überhört, die der Wissen- schaft übergangen. Die Zeche, meine Damen, meine — Eine Lage, Herr Kollege Schulte, die gekenn- Herren, zahlen nicht wir hier, die zahlt der „kleine zeichnet ist durch sozialen Rückschritt infolge Infla- Mann". Und die, die das verantworten, sitzen hier tion und Finanzkrise. hochtrabend, fahren mit Blaulicht und wollen aus- Wenn hier, um das gleich loszuwerden, das Wort gerechnet uns den Rotstift in die Hand drücken, „soziale Demontage" in die Debatte eingeführt wor- meine Damen, meine Herren. den ist: Herr Bundeskanzler, Herr Kollege Schmidt, (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zu ich war vorgestern in dem Saal in Bremen, in dem rufe von der SPD) Sie in der Woche zuvor waren, anläßlich des Wahl- Nein, mit Verlaub, meine Damen und meine Her- kampfes dort. Da gab es eine Anzeige mit Ihrem Bild, ren, diesen Weg bergab verantworten SPD und FPD allein. (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : So ist es!) (Dr. Evers [CDU/CSU] : Jawohl!) wo Sie uns „soziale Demontage" vorwerfen.- Herr Sie sind diesen Weg gegen uns gegangen, der Rot- Bundeskanzler, sozial demontiert, wer Arbeitslosig- stift gehört in Ihre Hand. Haushalt ist Ausdruck der keit und Schulden und Steuererhöhungen verant- Regierungspolitik. Wenn Sie die Kasse nicht schaf- wortet. Das ist dieser Bundeskanzler dieser Bundes- fen können, um Ihre Politik zu finanzieren, dann regierung. müssen Sie schon sagen, wo Sie sich wie übernom- (Beifall bei der CDU/CSU) men haben, meine Damen, meine Herren. Wir sind in einer Lage der nun bewiesenen Re- (Beifall bei der CDU/CSU) form- und Fortschrittsunfähigkeit dieser politischen Wir verantworten es nicht, daß durch Ihre Politik Führung, mit einem infolge Konkursrekord nicht aus einem greifbaren Ü berschuß in der Kasse von anders als Mittelstandsvernichtung zu bezeichnen- Kurt Georg Kiesinger es ist heute morgen davon 12984 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Barzel die Rede gewesen; im September 1969 betrug der — insgesamt der Haushalte, nicht allein des Bun reale Überschuß in der Kasse 2,2 Milliarden DM — des — betrage über 60 Milliarden; nur etwa die innerhalb sechs Jahren im September 1975 ein Fehl- Hälfte davon sei auf die schlechte Konjunktur zu- betrag von 40,86 Milliarden DM geworden ist. rückzuführen; die andere Hälfte sei Ausdruck eines Meine Damen, meine Herren, ich hatte vor Amts- strukturellen Haushaltsungleichgewichts. Das heißt antritt dieser Koalition Sie gewarnt, „erst einmal im Klartext: 30 Milliarden unseriöse Schulden. Das einen auszugeben". Ich habe bilanziert. verantworten wir nicht. Das verantworten auch nicht, meine Herren aus der Baracke und aus den (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wieder anderen Propagandabüros und Herr Bundeskanzler, einmal!) die Ölscheichs, das verantworten nicht die Unter- ich habe hier alles vorgelegt — innen- und außen- nehmer, nicht die Opposition, nicht die Weltwirt- politisch —, in welcher Lage der Bundeskanzler schaft — vielleicht der Mann im Mond, aber den hat Brandt antrat. Ich habe dieses Zitat beim Amts- der Kanzler heute noch nicht erfunden, weil er zwi- antritt von Bundeskanzler Helmut Schmidt wieder- schendurch noch die Europäische Gemeinschaft und holt. Sie können sich nicht beklagen, daß wir Ihnen die Länder erst einmal als Verantwortliche genannt nicht rechtzeitig gesagt haben, daß dies für alle am hat. Schluß zu teuer sein würde. (Beifall bei der CDU/CSU) Wir verantworten es nicht, meine Damen und Dies alles soll doch nur ablenken von Ihrem Ver- Herren, daß sich der Staatsanteil — in der Ab- sagen und von Ihrer Schuld. grenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrech- Dies alles — das muß ich leider sagen, Herr Bun- nung — in v. H. des Bruttosozialprodukts von deskanzler Schmidt; Sie wissen, daß ich das nicht 37,3 % im Jahre 1970 auf 47 % im Jahre 1975 ge- gern tue — verantwortet ganz zuerst der frühere steigert hat, daß also — im Klartext — der Anteil Finanzminister Helmut Schmidt, der ja als Bundes- der Bürger am Erarbeiteten sinkt und der des Staa- kanzler sein eigenes finanzielles Erbe übernommen tes galoppierend anschwillt, daß die Hälfte der hat. Von Ihrem unverantwortlichen Satz: „Lieber Staat beansprucht. 5 % Inflation als 5 % Arbeitslosigkeit" — unsere Wir verantworten es nicht, daß trotzdem die In- Antwort war: „Sie kriegen beides!" —, bis in diese vestitionsquote des Bundes, d. h. die Aufwendungen Lage ist ein gerader Weg; leider bergab. Das verant- für eine moderne Zukunft, von 17 % im Jahre 1970 worten Sie, Herr Bundeskanzler. auf 12,8 % im Jahre 1978 sinkt und daß mit diesen (Beifall bei der CDU/CSU) immer mehr Milliarden immer weniger öffentliche Leistungen erbracht werden, daß also die Bürger Wenn man Sie heute morgen hörte, gewann man dem Staat immer mehr abgeben und dafür weniger eigentlich den Eindruck: Hier ist alles in Ordnung, bekommen. Wir verantworten es nicht, daß die vor allem der Kanzler; gäbe es nicht die böse Um- Bundesregierung diese tiefgehende Strukturkrise in welt, wäre überhaupt alles in Ordnung. Ich glaube, ihrer Analyse und in ihrem Konzept nicht einmal Herr Carstens hat es heute morgen gesagt: man soll zur Kenntnis nimmt. sich in derselben Rede möglichst nicht widerspre- chen. Das ist natürlich in dieser Lage ein sehr star- (Beifall bei der CDU/CSU) kes Qualitätserfordernis. Und wir verantworten auch nicht, daß sich der Der Bundeskanzler widerspricht sich selbst, wenn Personalbestand im öffentlichen Dienst im Bund so er sagt, der Einfluß der Regierung betreffe nur die ausgeweitet hat, wie das mein Kollege Carstens Binnennachfrage. Wenn das so ist, Herr Bundes- immer treffend sagt: verdoppelt hat in den Jahren kanzler: die Binnennachfrage ist doch ein Jahr frü- 1969 bis 1973, verglichen mit den Jahren 1961 bis her umgekippt als die Außennachfrage! Warum ha- 1969. ben wir dann eine Million Arbeitslose, wenn Sie die Wenn man jetzt, meine Damen, meine Herren, auf Binnennachfrage wirklich in der Hand haben? Ich die ehrenwerte Zunft der Beamten, von der ich her- will Ihnen sagen, warum. Sie wissen das doch sel- komme, das müssen Sie verstehen, so schimpft ber. Sie wissen doch auch, was jetzt zu tun wäre. Ich — ich komme aus der Zunft der Ministerialbeam- komme am Schluß darauf, warum Sie das nicht ma- ten —, so muß man sagen: Die Herren haben sich chen. doch nicht selbst vermehrt! Sie sagen — ich zitiere Sie —: „Vertrauen ist die (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Hälfte der Konjunktur." Leider haben Sie diesen wahren Satz erst am 29. Mai, nämlich in Hamburg, Da gab es doch eine Politik, die immer mehr Stellen ausgesprochen — vier Wochen nach der Wahl in und Stellenanhebungen bewirkt hat. Und ich als - Nordrhein-Westfalen. Aber wie soll eigentlich Ver- gelernter Ministerialrat muß Ihnen sagen: Ich halte trauen wachsen, wenn Sie selbst, Herr Bundeskanz- etwas von meiner Zunft. Wir sind dann besonders ler, mit Ihren Prognosen und Meinungen schneller gut, wenn wir uns nicht durch zu große Zahl gegen- wechseln, als selbst die interessierte Öffentlichkeit seitig im Wege stehen. noch folgen kann; und wenn Sie, nachdem Sie sich (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) geirrt haben, sich hinstellen und sagen, wir alle hät- Wir verantworten es nicht — Graf Lambsdorff, Sie ten uns geirrt? Das ist nicht einmal pluralis majesta- tis, dies ist einfach nicht wahr. Wir haben Ihnen gucken mich so an , wenn der Wissenschaftliche rechtzeitig von Ihrem falschen Weg abgeraten. Beirat des Bundesfinanzministeriums im August 1975 feststellt, das Defizit der öffentlichen Finanzen (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12985 Dr. Barzel Wenn aber Vertrauen die Hälfte der Konjunktur das macht, prinzipiell verteufelt wird, wenn er ist, dann ist doch, andersherum, die Hälfte der weder über die Zinsen noch über die Steuern, noch Misere, des Rückgangs, der Rezession eben zurück- über die Löhne, noch über die Wechselkurse hin- zuführen auf fehlendes Vertrauen, auf Mißtrauen, längliche Gewißheit hat, auf Unsicherheit. Was tun Sie eigentlich, Herr Bun- (Dr. Ehrenberg [SPD] : Aber, Herr Barzel, deskanzler, um Vertrauen, diese Basis, diese uner- doch nicht diese alte Platte!) läßliche Voraussetzung jedes Aufschwungs herzu- stellen? — wenn er nicht weiß, Herr Kollege Ehrenberg, wer morgen die Investitionsentscheidung für den An- Ich muß Ihnen leider sagen, Sie treiben es noch schluß treffen wird, ärger. Ihr neues Programm ist schon das dritte. Man hat es in Großbritannien lernen können, was „stop (Dr. Dregger [CDU/CSU] : Sehr gut!) and go" bedeutet. Aber wir müssen es unbedingt wenn er nicht weiß, wem die Bank gehören wird nachmachen: jeden Tag was anderes. Da kann sich und wer dort die Entscheidungen treffen wird, wenn keiner darauf einrichten. Ihr drittes Programm prei- es übermorgen weitergehen soll? sen Sie öffentlich an mit dem Argument — so am 11. September aus Bremen in der Tagesschau zu (Zurufe von der SPD) sehen; ich sehe Sie noch vor mir , Sie müßten jetzt Das sind doch alles Punkte, die Gift sind. Lesen Sie bei den laufenden Staatsausgaben sparen, um besser nach, was der jetzige Kanzler in der Zeit vor seiner die künftigen Investitionsausgaben finanzieren zu Wahl zum Kanzler Ihnen allen in einem Papier können. Sie wissen, Herr Bundeskanzler, daß das ein unterbreitet hat: „Unsicherheit ist Gift!" So damals Wunsch ist. Aber in Ihrer Vorlage steht das nicht. der Kanzler. Dies ist Gift, und das muß weg. Sie wissen, daß nach Ihren Vorlagen die Investi- (Beifall bei der CDU/CSU) tionsquoten der geplanten Haushalte absinken, daß sich die investiven Ausgaben des Bundes verringern, Ich hatte beim Amtsantritt des Bundeskanzlers auch nach Ihrer mittelfristigen Finanzplanung. War- Schmidt, gestützt — ich muß dies sagen — auf um sagen Sie dann den Menschen das Gegenteil. damals noch aussagekräftigere Bundesbankberichte, versucht, Ihnen auch noch folgendes nahezubrin- Sie wissen weiter, daß die Annahmen Ihrer mittel- gen. Ich habe damals gesagt, der überproportionale fristigen Finanzplanung sich gegenseitig ausschlie- Zuwachs an Steuern werde nicht für Investitionen, ßen. Sie unterstellen ein reales Wachstum des Brut- sondern zur Finanzierung des überproportionalen tosozialprodukts von 5 % je Jahr. Dabei wissen Sie, Zuwachses an konsumtiven Ausgaben verwendet; Herr Bundeskanzler, daß Sie in der Zeit Ihrer Re- das sei für die Arbeitsplätze gefährlich. Auch die gierung — die Ihres Vorgängers eingeschlossen — Bundesbank hat damals gemahnt — ich zitiere —: dieses Datum durchschnittlich noch nie erreicht ha- Die Beschäftigungsrisiken sind weitgehend die ben. Wie wollen Sie dies eigentlich in der Zukunft direkte oder die indirekte Folge von Verzer- erreichen? Sie wissen, daß Sie diesen Zuwachs nur rungen und strukturellen Problemen, die der dann erreichen können, wenn die Investitionen je Inflationierung zuzuschreiben sind. Jahr um wenigstens 8 % real steigen. Dazu gehört ein steigender Staatsanteil. Diesen bringen Sie aber Diese Warnungen haben wir damals an Sie gerich- in Ihren mittelfristigen Zahlen nicht bei. Das Gegen- tet. Es ist doch gar keine Frage, daß der Präsident teil ist wahr; Ihre Zahlen, Herr Bundeskanzler, spre- der Bundesbank die Inflationierung als ein über- chen eine andere Sprache als Ihre Worte. wiegend hausgemachtes Problem ansieht. Dies hat er oft genug gesagt. Denn Inflation und Arbeits- Ich räume ein, daß dies ein Versuch war, auf den losigkeit bei einem Rückgang der Investitionen Weg zur Ehrlichkeit zu kommen. Aber, Herr Bun- hatten schon begonnen, bevor die Ölscheichs in Er- deskanzler, fliehen Sie ganz nach vorn! Fliehen Sie scheinung traten. in die Wahrheit! Machen Sie nicht den Versuch, in Raten und durch weitere — sagen wir es höflich — (Sehr richtig! bei der CDU/CSU) Widersprüchlichkeiten neben dem Vertrauen noch Der Investitionsabfall, der nun eintrat, führte zu der ein Stück Autorität dieser Republik insgesamt in den Arbeitslosigkeit, die Sie kennen. Es wird sicher, Strudel zu bringen! Das ist die Sorge, die wir haben. wenn die Debatte weitergeht und man sich später den konkreten Dingen zuwendet, von dem Investi- (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes tionsverlust in Höhe von über 100 Milliarden DM [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!) noch die Rede sein. Dies alles begann doch vor Heute war die Rede davon, daß natürlich diese dem Thema Ölscheichs. Wenn Sie sich die inter- böse Opposition die Verunsicherung produziert. Ich nationale Statistik des Investitionszuwachses an- sehe, Herr Ehrenberg bereitet sich schon -darauf sehen, werden Sie feststellen, daß die Bundesrepu- vor — — blik Deutschland mit Null auf die letzte Stelle zu- (Wehner [SPD] : „Böse" ist die doch nicht!) rückgefallen ist. Das ist Betrug an der Zukunft der jetzt jungen Menschen. — Herr Kollege Wehner, es gelingt nicht einmal (Beifall bei der CDU/CSU) mehr Ihnen, böse zu sein. Ich will nun nicht auch noch meine Sammlung von (Wehner [SPD] : Eine faule Sache, Herr!) Kanzlerworten, die sich als Blech erwiesen haben, Meine Damen, meine Herren, warum soll eigentlich hier vortragen. Herr Bundeskanzler, der Auf- ein Unternehmen ein neues Wagnis auf sich neh schwung, den Sie vor den Mai-Wahlen befohlen ha- men, also etwas unternehmen, wenn der Mann, der ben, gehorchte Ihrem barschen Kommando nicht. 12986 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Dr. Barzel . „Zahlen marsch!" geht eben nicht; das ist noch nicht berauschen, steht doch auf tönernen Füßen. Wenn machbar. Die Wähler sehen sich an der Nase herum- Sie, meine Damen und Herren, das nur nicht schon geführt. Ihr Konjunkturprogramm vom letzten Win- im November alles wieder revidieren müssen, wenn ter ist verpufft. Das waren Milliarden, geträufelt die neuen Steuerschätzungen vorliegen! Was ist durch den Gartenschlauch auf die Blätter des Bau- nach dem nächsten Tarifabschluß? Was ist, wenn mes, statt ihm von den Wurzeln her neue Kraft zu- der Aufschwung nicht so kommt zuführen. (Dr. Althammer [CDU/CSU) : Arbeitslosen (Beifall bei der CDU/CSU) zahl!) Aber es fehlte eben damals eine Analyse, und es und wenn die Arbeitslosenzahl sich wieder — lei- fehlte — wie jetzt wieder — die richtige Konse- der — nach oben bewegt? Woher soll der Auf- quenz. Solide begründet — verzeihen Sie! — und schwung eigentlich kommen, den Sie mit real 5 % seriös ist das Ganze, was hier vorgetragen wird, quantifiziert haben — was Sie in sechs Jahren nicht nicht. Die Frage, woher denn der Aufschwung geschafft haben —, wenn der Staat das Geld pumpt, kommen soll, welche Wirtschaftspolitik wieder das die Wirtschaft für diesen Aufschwung brauchen Arbeit, Steuern und Wachstum bringen soll, die fun- würde? Was ist, wenn der Aufschwung nicht damentale Frage also, die klammern Sie aus. Atten- kommt? tismus ist hier ganz bestimmt keine Politik. Wie Sie, meine Damen und Herren von der Re- Ich fürchte, daß Sie sich im Grunde mit diesem gierung, angesichts der Lage der Städte und Ge- Zahlenwerk in einen Inflationsrausch begeben. meinden der Krankenhäuser und Krankenkassen, (Dr. Carstens [Fehmarn] : So ist es!) der Bahn und der Post, der Zinsen für Ihre Schul- Dieser Zahlenrausch löst kein Problem. Er ist mehr den und der gesetzlichen Verpflichtungen in Ihrer Schleier als Wahrheit. Es stimmt hinten und vorne Rechnung mit einem Etatzuwachs für 1977 von 3 % nicht. An diesem Ablenkungsmanöver, meine Da- durchkommen wollen, das wissen Sie wohl selbst men und Herren, werden wir uns nicht beteiligen! nicht zu sagen. Den Kollegen Apel mag ich danach nicht fragen; denn den hat ja — nach eigenen Wor- (Beifall bei der CDU/CSU) ten — das Pferd getreten. Ich würde ihn nur gerne Und hierzu noch eines: Sowohl der Bundeskanzler fragen, wann und wohin eigentlich. heute morgen wie der Kollege Möller heute nach- (Heiterkeit bei der CDU/CSU) mittag haben noch einmal auf die ungeheure inter- Meine Damen, meine Herren, wie hätten Sie sonst nationale Wirksamkeit der Bundespolitik hingewie- hier bei der letzten Haushaltsdebatte und im Mai, sen. Es ist wahr, daß hier mit einem ungeheuren Herr Kollege Apel, unsere Lage als „beneidenswert" publizistischen Aufwand von einer gemeinsamen und besonders erfolgreich bezeichnen können! Konjunkturpolitik mit den USA und Frankreich ge- sprochen worden ist. Herr Kollege Möller, Herr (Beifall bei der CDU/CSU) Bundeskanzler, viel Gemeinsames scheint dabei Wenn Sie jetzt in dieser Lage die Steuern erhöhen aber nicht herausgekommen zu sein; denn die USA — es tut mir leid —, ist das der Tritt des Elefanten und die Franzosen setzen doch ganz andere Akzente. gegen den Aufschwung. Deshalb hat es wohl kei- nen Zweck, da Fragen zu stellen. Es ist wohl doch schon so, wie Friedrich Nowottny in diesem Monat in „Capital" schrieb — ich zitiere zu. Wir stimmen der Wochenzeitung „Die Zeit" mit Erlaubnis des Präsidenten —: Ich stimme ihr zu, wenn sie am 12. September schreibt — ich zitiere —: In dem dann folgenden strategisch glänzend ab- rollenden Dreiersprung der Spitzengespräche Ein zukunftsweisendes Konzept fehlt noch. Mit ... wurde die Idee der weltweiten Konjunktur- der dauerhaften Sanierung der Staatsfinanzen politik ... hochstilisiert ... In Helsinki dann ist bisher nicht einmal begonnen worden. wurde das Bild der weltweiten Einigkeit der Die fundamentale Frage, meine Herren: Schulden, Industriestaaten zum Ereignis. Der große Bluff wozu? Diese Frage haben Sie doch überhaupt nicht hatte seinen Höhepunkt. Kein Zweifel: Die beantwortet. Machen Sie Schulden für Investitio- Sache ist gut gemacht. Nur sie bringt nichts. nen oder für laufende Rechnung — das ist doch die (Beifall bei der CDU/CSU) entscheidende Frage — oder vielleicht nur für alte Zinsen? Der große Bluff bringt eben insgesamt nichts. Dafür (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Sehr können wir keine Mitverantwortung übernehmen. richtig!) - Wir bekennen uns natürlich dazu, daß die Oppo- Diese entscheidende Frage klammern Sie aus. Das sition in keiner anderen Lage ist als alle unsere kann vielleicht am Kabinettstisch gehen, vielleicht Mitbürgerinnen und Mitbürger, die für eine Politik sogar in Ihren Fraktionsberatungen. Die wirkliche der Regierung mithaften. Deshalb müssen wir alle Welt wird diese Frage auf den Kabinettstisch zu- sehen, wie wir aus dieser Lage wieder herauskom- rücklegen. men. (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : So ist Ich fand eigentlich die Antwort — ich nehme an, es!) es war eine erste, flüchtige Antwort —, Herr Bun- Das Zahlenwerk, das Sie hier nun vorlegen und deskanzler, die Sie auf die Ausführungen des Kol- an dem Sie sich — ich habe fast den Eindruck — legen Kohl gegeben haben, nicht ausreichend im Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12987 Dr. Barzel Hinblick auf die Ernsthaftigkeit des Angebots, das telfristigen Horizonte sei nötig, dazu gehöre eine er hier gemacht hat. entsprechende Korrektur der mittelfristigen Finanz- (Zustimmung bei der CDU/CSU) planung sowie eine Durchforstung der Sozialausga- ben. In der Steuerpolitik sei ein Verzicht auf wei- Aber richtige Antworten setzen richtige Analysen tere zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft und voraus. Von der Bundesregierung hören wir bisher speziell für Klein- und Mittelbetriebe anzustreben. Ausreden, nicht Diagnosen. Solange Sie mit der Der Verlustrücktrag solle eingeführt und die Sätze Wünschelrute durchs Gelände tapsen, ist für seriöse der Vermögen- und der Gewerbesteuer sollten über- Mitwirkung kein Raum; denn all Ihre psycholo- prüft werden. gische Geschicklichkeit und alle Darstellungskunst (Beifall bei der CDU/CSU) des Bundeskanzlers können doch die Tatsachen nicht Das ist das Konzept, von dem ich dachte, der Vor- ersetzen. Tatsache aber ist: Die Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung erbringt nicht die Steuer- sitzende der FDP, der vorhin hier sprach, würde davon gesprochen haben. kraft, aus der die herausragende Sozialqualität unseres Staates und die möglichen und nötigen Re- (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Habe formen bezahlt werden könnten. ich auch gedacht!) Wir leugnen nicht weltwirtschaftliche Einflüsse. Von diesem richtigen Ansatz ist in dem Paket der Kollege Kohl hat dies dargetan. Aber diese Tat- Bundesregierung nichts zu sehen. Warum, Herr sache zwingt doch, sich jetzt mit dem Blick nach Kollege Friderichs, tragen Sie dann dieses Paket vorn den wirklichen Fragen und den Ursachen zu- mit? Sie haben doch nun erfahren, daß das Not- zuwenden. wendige in dieser Kombination nicht durchzusetzen Es ist doch nicht wahr, Herr Bundeskanzler, daß ist. Ich will Sie da nicht drängen; denn Sie sind überall alles sehr viel schlimmer sei. Warum haben ja erst am Beginn eines sehr schwierigen Weges. wir so lange so viele Arbeitslose? Warum mehr Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie, Herr als andere — Japan, Großbritannien, Frankreich, Kollege, vergessen haben sollten, daß der frühere Italien? Bundesgeschäftsführer der FDP fragte: Koalitionen, (Dr. Ehrenberg [SPD] : Frankreich?) wozu? Und daß Ihr Nachfolger, Herr Flach, in brei- ten Anzeigen alle die kritisierte, die da — so die Warum haben wir weniger wirtschaftliches Wachs Worte — „einfach weiterregieren", obwohl ihre tum, Herr Kollege Ehrenberg? Sie werden sicher Meinung und ihre Beschlüsse aufs Abstellgleis ge- herkommen und das erklären. Warum haben wir schoben wurden. Die Frage bleibt auf der Tages- weniger Wachstum als andere, z. B. als Frankreich? ordnung. Warum stagniert unser Export, während der Export anderer Länder in diesem schwieriger gewordenen Dabei, Herr Kollege Friderichs, befanden Sie sich (I Weltmarkt zunimmt, z. B. der der USA? Warum doch, auch wissenschaftlich, in guter Gesellschaft. sinkt unsere Steuerkraft und mit der Steuerkraft die Professor Willgerodt aus Köln hat doch in einem Modernität? veröffentlichten Gutachten davon gesprochen, daß (Lebhafte Zurufe von der SPD) unsere Probleme nicht Folgen einer „Kreislauf- schwäche" seien, sondern Ergebnis einer Ordnungs- — Es wird auch Zeit, daß Sie langsam aufwachen, krise; daß folglich mit Konjunkturspritzen allein meine Damen, meine Herren! Gesundheit nicht herbeigeführt werden könne; daß (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) den Grundstock unserer Wirtschaft Anpassungsfä- higkeit und Widerstandskraft bildeten; dieser Ich merke, daß es Sie aufs höchste interessiert hat, Grundstock aber immer mehr ausgezehrt werde. Das mal die wirklichen Fragen zu hören. Denn keine nennt Professor Willgerodt „ordnungspolitischen dieser Fragen hat die Regierung bisher gestellt, und Reservenverzehr". geantwortet hat sie sowieso nicht. Nur wenn sie das täte und die Strukturprobleme dazunähme, könnte Ein anderer, durch Erfolg und Erfahrung als eine man doch anfangen, darüber nachzudenken, ob hier der ersten Adressen in Europa nach wie vor ausge- ein Weg bergauf begonnen wird. Noch ist er doch wiesen, der frühere Staatssekretär im Bundeswirt- nicht zu sehen. schaftsministerium, Professor Alfred Müller-Armack, Das ist um so bedauerlicher, als doch Herr Kol- dessen Rang in diesem Hause wohl niemand be- lege Friderichs, der zuständige Bundesminister für streitet, hat im März seine Thesen zur Konjunktur- die Wirtschaftspolitik, von der ich jetzt spreche, der politik 1975 vorgelegt. In dieser nachdenkenswerten richtigen Fährte, wie ich meine, sehr nahe war, als Studie heißt es — ich will ein paar Sätze zitieren; und da muß man bei Müller-Armack jedes Wort auf er sich am 23. Juli verbindlich, wie wir meinten- verbindlich, wie folgt festlegte: Eine Tendenzwende die Goldwaage legen —: — so sein beachtlicher Vortrag — sei bisher Was sich in den letzten Jahren in der Bundes- nicht erkennbar; die Perspektiven blieben unsicher. republik Deutschland vollzogen hat und in der Der Staatsanteil am Bruttosozialprodukt sei von gegenwärtigen Rezession seinen Ausdruck fin- 1962 bis 1970 um zwei Prozentpunkte, von 1970 bis det, ist das Vordringen des demokratischen So- 1974 aber um sechs Prozentpunkte gestiegen. Wei- zialismus. Dieser neue wirtschaftspolitische Sta- tere Unsicherheiten belasteten die Unternehmen tus hat sicherlich nichts zu tun mit Kommunis- ebenso wie eine nachhaltige Verunsicherung durch mus, Verstaatlichung und antidemokratischer öffentliche Auseinandersetzungen über Forderun- Diktatur. Es ist vielmehr eine ohne sofortige gen nach Systemveränderung. Die Klärung der mit Systemänderung vollzogene, aus einer Fülle 12988 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Barzel von Einzelmaßnahmen bestehende Wandlung, Deshalb: Wenn das der Kernpunkt ist, ist das Ge- durch die die soziale Marktwirtschaft, die in der samtprogramm der Bundesregierung im Kern falsch; Vergangenheit bestand, den Belastungen eines denn diese gesamte Regierungspolitik engt den neuartigen wirtschaftspolitischen Denkens aus- Spielraum für die Unternehmen weiter ein, statt ihn gesetzt wurde. Durch eine Fülle von Einzelmaß- zu vergrößern. nahmen werden Stück um Stück antimarktwirt- schaftliche Elemente in unsere wirtschaftspoliti- Wenn ich hier „Unternehmen" sage, dann meinen sche Umwelt eingeführt. Dieser demokratische wir damit den Sozialverband in Partnerschaft aus Sozialismus hat zweifellos zur Verschärfung der Arbeitnehmern und Eigentümern. Die Sache ist im ohnehin vorhandenen Depressionstendenzen ge- Kern falsch, weil durch neue Abgaben und Steuern führt. die Starrheit der außenbestimmten Daten vermehrt wird, statt sie wegzunehmen. Dies ist nicht der Weg (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Genau zu Initiative und Investition, sondern der Weg in das will die SPD!) neue Schwierigkeiten. Das ist der Weg zu noch teureren Waren auf dem noch schwierigeren Welt- Müller-Armack behauptet hier nichts, sondern geht markt; ist der Weg in sinkende öffentliche Investi- mit wissenschaftlicher Akribie hin und nennt 23 tionen. Dies — es tut mir leid — ist nicht der Weg solche Scheibchen. Das ist etwas, Herr Kollege Fride- aus der Krise, sondern der Weg in den Strudel. richs, was Sie sich einmal ansehen sollten. Ich will noch einmal die „Zeit" — diesmal einen In den USA, wo die Wirtschaftspolitik doch lang- anderen Autor — zitieren: sam, wie es scheint, Früchte zu tragen beginnt — Die Regierung hat harte Entscheidungen getrof- und diese Hoffnung haben doch auch wir, auch wir fen, doch unsere ökonomischen Probleme sind wollen Aufschwung; wir haben doch keinen Spaß an damit nicht gelöst. Die Chancen für einen kon- dieser Situation in der Bundesrepublik Deutschland, junkturellen Aufschwung haben sich nicht ver- meine Damen und Herren! —, wo es anfängt, berg- bessert, eher vermindert. Die Krise wird also auf zu gehen, stand am Beginn eine nüchterne Lage- weiterschwelen. beurteilung. Man ging nicht mit dem Stock durch den Dies, meine Damen, meine Herren, machen Sie ge- Nebel — wie hier — und arbeitete nicht mit der gen unseren Rat. Dies machen Sie nicht mit unserer Propagandasonde, sondern dort ging der Präsident Verantwortung, und dies machen Sie auch nicht in Mr. Arthur F. Burnes, in ein Hearing der Notenbank, Übereinstimmung mit dem Gutachten des Wirt- und bezeichnete vor dem Wirtschaftsausschuß des schaftswissenschaftlichen Beirats des Bundesmini- Kongresses die Gefahren der wirtschaftlichen Ent- steriums der Finanzen von Anfang August. Das muß wicklung in sechs Punkten. Ich nenne sie mit seinen hier gesagt werden. Worten: 1. die Verengung der Erträge; hierbei er- wähnt er die Preise für Rohstoffe, für Zinsen und Ich möchte nun gerne — das werden Sie verstehen Personal, 2. die zunehmende Verschuldung, 3. die — noch ein Wort zu der Vergangenheit in den schrumpfenden Rationalisierungsmöglichkeiten und Jahren 1965, 1966 und 1967 sagen. Ich habe nichts die Verringerung der Produktivitätszuwächse, 4. stei- dagegen einzuwenden, daß diese Punkte in die De- gende Steuerlasten, 5. Inflation, 6. unsichere Wech- batte eingeführt werden. selkurse. — Das dürften auch für uns wesentliche Punkte analytischer Bemühungen sein, falls wir ein Erstens. Rückblickend muß man feststellen, daß Programm suchen, das auf Wahrheit gestützt ist und die Rezession von 1967 eine flache Mulde war ver- deshalb Erfolg sucht. Bestimmt gilt das, meine Da- glichen mit dem Tal, in dem sich die deutsche Wirt- men, meine Herren, für den Kern der Warnung von schaft heute befindet. Mr. Burnes. (Beifall bei der CDU/CSU) Die Überlegenheit der Sozialen Marktwirtschaft Ich will hier ein paar Zahlen — immer für 1967 und beruht doch auf der unbürokratischen und raschen für 1975 — nennen: Wachstum damals minus 0,2 %, Reaktionsfähigkeit gegenüber neuen Problemen, heute minus 3 %; Arbeitslose damals 459 000, heute also auf der Elastizität der Privatwirtschaft, dies 1,1 Millionen; Preise damals plus 1,7 %, heute plus vor allem dann, wenn sie eine Struktur mit vielen 6 %, Export damals plus 8,1 %, heute minus 5,5 %. Mittel- und Kleinbetrieben hat. Wenn aber die Ela- Der Tatbestand ist unvergleichbar. stizität durch Kahlschlag vieler kleinerer und mitt- Zweitens. Was die Finanzen betrifft, ging es da- lerer Betriebe, wie vorher dargetan, eingeengt wird, mals um knapp 3 Milliarden DM bei einem Haus- wenn die Elastizität durch Kosten und von außen haltsvolumen von 70 Milliarden DM. 1976 geht es bestimmte Daten gleich Null wird und wenn sich die um fast 50 Milliarden DM bei einem Haushalt von Unsicherheit über den ordnungspolitischen Rahmen 170 Milliarden DM. Das kann jeder werten. festsetzt, dann, meine Damen, meine Herren, ist Elastizität eben gleich Null. Dann treten Starrheit, Drittens — und hier stimme ich der „Frankfurter Unbeweglichkeit und Unvermögen, rasch zu reagie- Allgemeinen Zeitung" vom 1. September zu; das ist ren, an die Stelle von Elastizität. Wenn Elastizität kürzer, als wenn ich es sage —: gleich Null ist, dann ist das das Ende des Wachs- Zwischen den Beschlüssen des Jahres 1967 und tums, die Unmöglichkeit des Aufschwungs und der denen dieses Jahres gibt es freilich einen ent- Sozialen Marktwirtschaft. scheidenden Unterschied: Damals wurden die (Beifall bei der CDU/CSU) Finanzen des Staates und der Sozialversiche- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12989 Dr. Barzel rung tatsächlich für eine überschaubare Zeit sa- dem, was der Kollege Friderichs vorgeschlagen hat, niert. Heute ist das nicht der Fall. im Laufe der Monate doch noch einiges zu tun. (Beifall bei der CDU/CSU) (Stücklen [CDU/CSU] : Mit Sicherheit!)

Bleibt, Herr Bundeskanzler, Ihr Selbstlob. Sie sag- Nun hat mich heute eigentlich nichts so be- ten vor den Wahlen, was Sie wollten, und schoben schäftigt wie der eine Satz unseres Kollegen eigentlich dem Bundeskanzler Professor Erhard ein Schmidt von der IG Bergbau, in dem er sagte — ich habe versucht, mir darüber ein Bild zumachen —, anderes Verhalten zu. Auch das ist durch die Tat- sachen nicht gedeckt. Die Regierung Erhard, eine diese Lage sei von der Politik nicht verschuldet. Koalition aus CDU/CSU und FDP, hatte vor der (Lachen bei der CDU/CSU) Bundestagswahl 1965 beschlossen und verkündet, Meine Damen, meine Herren, es sind immer die a) daß sie nur deshalb von Art. 113 des Grundge- anderen bei Ihnen, weil Sie doch — das bestreite setzes nicht Gebrauch mache, weil damit der ge- ich überhaupt nicht — das Gute wollen und sich samte Inhalt dieser Gesetze entfalle, ihre Beden- nicht vorstellen können, daß Ihnen trotzdem das ken sich aber nur gegen Teile davon richteten, b) Schlechte passiert. daß sie alle ausgabenwirksamen Gesetze und Aus- gaben darauf überprüfen werde, ob sie voll oder nur (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Genau teilweise aufrechterhalten werden könnten oder ob wie Brandt!) sie zunächst zurückgestellt werden müßten. Wer Ich kann mir die Stimmung unter Sozialdemokraten sich an den Wahlkampf damals — 1965 — erin- sehr gut vorstellen. Warum soll ich es leugnen: nert, weiß was das für eine Rolle spielte. Die ge- Ich habe Freunde unter Sozialdemokraten. Sie stöh- nauen Zitate sind im Bulletin der Bundesregierung nen und ächzen jetzt: Warum mußte uns das pas- vom 15. Juli und 13. August 1965 nachzulesen. Dies sieren? Wir wollen doch keine Arbeitslosen. Wir ist die Wahrheit. wollen doch nicht hoffnungslose junge Leute. Wie konnte ausgerechnet uns das passieren? — Herr Nun rühmen Sie sich, Herr Bundeskanzler, jetzt Kollege Ehrenberg, Sie machen noch ein fröhliches kühner Entschlossenheit und mehr noch lassen Sie Gesicht bei dieser Lage. Dann kenne ich eben doch das rühmen und sind bemüht, den Pleitegeier als noch nettere Sozialdemokraten, als Sie vielleicht einen kraftvollen Bundesadler erscheinen zu lassen. einer sind. In Wirklichkeit ist das alles ganz anders. Das, was der Bundeskanzler jetzt macht, m u 13 er nach gel- (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) tendem Recht tun; denn die Gesetze verpflichten ihn Meine Damen, meine Herren, ich möchte Ihnen dazu! § 9 des Stabilitätsgesetzes und § 50 des Haus- dies sagen: Es ist Ihnen doch nicht „passiert" ; es haltsgrundgesetzes verpflichten jede Regie- ist doch bewirkt. Das fiel doch nicht vom Himmel. rung, wer immer sie stellt, dazu, die Finanzplanung Das hat Ihnen doch kein fremder Dritter in den Tee der Entwicklung anzupassen und rechtzeitig Maß- getan. Dies ist eben — das möchte ich Ihnen doch nahmen zu treffen, um eine geordnete Haushaltsent- sehr deutlich sagen — eine Folge davon, daß es wicklung unter Berücksichtigung des voraussicht- eben etwas anderes ist, im Ortsverein oder in Hes- lichen Leistungsvermögens in den einzelnen Pla- sen-Süd — fernab vieler Realitätsbezüge — zu dis- nungsjahren zu sichern. Das ist das geltende Recht. kutieren, als dieses Gemeinwesen, einen Industrie- staat mit einer komplexen Gesellschaft, politisch Wir haben auch nichts — Sie haben das gehört — zu führen. gegen die Frage nach der Alternative. Wir wer- (Beifall bei der CDU /CSU) den im Laufe der Debatte noch manches verdeut- lichen. Nur sind wir nicht bereit, uns an einem Das verlangt viel Rücksicht, und das verlangt viel Schleiertanz zu beteiligen. Sensibilität im Hinblick auf viele und nicht nur auf einige, und es verlangt natürlich Sachkenntnis. Dies (Beifall bei der CDU/CSU) ist Ihnen nicht „passiert". Sie müssen nicht ertra- gen, was überwiegend andere bewegten. Sie selbst Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, Herr Kollege haben dies zwar nicht gewollt, aber Sie haben es Ehrenberg. Ich weiß nicht, ob mir jetzt am Abend überwiegend bewirkt, und zwar nicht einer von ein gutes Beispiel einfällt; vielleicht ist das Bei- Ihnen, nicht der frühere Bundeskanzler, nicht der spiel nicht so gut. Mir kommt es so vor, als wenn jetzige, nicht der Finanzminister, sondern Sie alle; jemand bei schlechtem Wetter das Fenster auf- denn Ihr grüner Tisch und die wirkliche Welt pas- macht, so daß die Menschen drinnen vom Zug sen nicht zusammen. krank werden, außerdem noch Geld zum Fenster hinausschmeißt und mich dann nach der Alterna- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) tive fragt, ob ich lieber das andere Fenster oder Keines Ihrer mittelfristigen Ziele haben Sie er- Scheine statt Münzen nehmen will. Dann sage ich: reicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Fenster zu und Heizung an! Das Nein zum falschen der SPD, obwohl Sie es gewollt haben. Wo sind die Weg ist die Voraussetzung für den richtigen Weg. besseren öffentlichen Leistungen? Wo die wach- senden Investitionen? Wo das moderne Deutsch- (Beifall bei der CDU/CSU) land? Wo die bessere Lebensqualität? Wo mehr Die Frage ist doch: Wie kommen wir wieder zu Demokratie? Wachstum? Dazu haben wir Ihnen hier einiges ge- (Zuruf von der CDU/CSU: Wo die besseren sagt. Sie werden nicht daran vorbeikommen, von Leute?) 12990 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Barzel Man muß eben nicht nur regieren wollen, son- Wechsels im Vorsitz zu bedauern. Ich mußte das dern auch regieren könne n. Das ist der wich- damals nach einer Rede des verehrten Herrn Kolle- tige Punkt. gen Barzel tun. Leider kann ich dasselbe heute (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) nicht, verehrter Kollege Barzel. Und dabei muß man schon die wirkliche Welt im (Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Was soll Blick haben. Sie haben doch schon jetzt — nehmen denn das dumme Geschwätz?) Sie Ihren Orientierungsrahmen zur Hand — den Verehrter Herr Kollege Barzel, war es wirklich Staatsanteil — nämlich 47 % — erreicht, den Sie notwendig, daß Sie sich auf dieses Niveau begaben? 1985 erreichen wollten. Was haben Sie für diesen (Lachen bei der CDU/CSU) hohen Preis, zehn Jahre früher, alles bewirken wol- len? Und was haben Sie erreicht? Die Krise! Die Sie haben so oft von der wirklichen Welt, von der Bürger haben weniger, und der Staat hat weniger. Welt, wie sie ist, gesprochen. Eine Koalition, in welcher, wie wir das jetzt in (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So ist diesen Tagen sehen, der eine den anderen be- es!) lauert und jeder mehr sein Profil als den gemein- Ich möchte dieses Stichwort von der „wirklichen samen Erfolg sucht, eine Koalition mit einer Haupt- Welt" hier aufnehmen, um Ihnen an einigen Bei- regierungspartei, die Mühe hat, sich in der Politik spielen der realen Welt zu zeigen, wie die Welt des Kanzlers selbst wiederzuerkennen, führt zu ist und wie Sie im Gegensatz dazu versucht haben, nichts Gutem! in dieser Rede diesem Hause und der Bevölkerung (Beifall bei der CDU/CSU) eine Scheinwelt vorzuzaubern. Wenn Sie, was ich nicht bezweifle, wie wir, was Sie (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerol nicht bezweifeln sollten, aus der tiefen Krise heraus stein] [CDU/CSU] : Nicht wir, Sie!) wollen, müssen Sie den Mut zu einem neuen An- Ich beginne mit Ihren Ausführungen, verehrter fang aus einem neuen Geist und zur Wahrheit der Herr Kollege Barzel, über die Situation 1966, 1967 Realität finden. Wenn nicht, meine Damen, meine und heute. Sie sprachen davon, die Krise damals Herren, wird eine neue Mehrheit den neuen Anfang sei im Gegensatz zur heutigen Situation wie eine bewirken müssen. flache Mulde gewesen. Wäre es nicht eines Stück- Der Weg dahin aber würde leider wieder gekenn- chens Ihrer gelegentlich geübten Fairneß wert ge- zeichnet sein durch viele Arbeitslose, viele Kon- wesen, gleichzeitig zu sagen, daß sich diese flache kurse, viele verzweifelte junge Menschen. Wach- Mulde, wie Sie sie nannten — es war etwas mehr, sende soziale Spannungen würden diesen Weg mar- aber bleiben wir bei der „flachen Mulde" —, in kieren. Auch das würden Sie, verehrte Kolleginnen einer Umwelt der Welthochkonjunktur und einer und Kollegen von der Koalition, verantworten müs- Weltmarktidylle ersten Ranges herausbildete, wäh- sen. rend die gegenwärtige Situation bei uns verspätet Mit unserem Nein zu Ihrem falschen Weg schaf- nach der schwersten Weltrezession seit Mitte der fen wir Ihnen die Möglichkeit der Besinnung und 30er Jahre eingetreten ist? damit zu einer neuen besseren Wirklichkeit. (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD) (Oh-Rufe bei der SPD) Das ist die wirkliche Welt, Herr Kollege Barzel. Statt eines neuen Anfangs, meine Damen, meine Sie zitieren hier Herrn Professor Müller-Armack, Herren, hat aber der Bundeskanzler heute nicht nur den intellektuellen Erfinder der sozialen Markt- verbal die „Kontinuität" beschworen. Er ist auch wirtschaft, wie jedermann weiß. Dann wollen Sie in der Kontinuität der Täuschung und der halben uns als Konjunkturanalyse beibringen, daß Herr Schritte und der halben Wahrheit geblieben. Das Professor Müller-Armack nachgewiesen habe, die ist der Weg bergab. Und den gehen Sie alleine und wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen wir uns gegen unseren Rat. jetzt befinden, seien die Folge dessen, was Herr (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der Müller-Armack sich wohltuend unterscheidend von CDU/CSU — Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] der Sozialistenschelte des Herrn Carstens — das [CDU/CSU] beglückwünscht Dr. Barzel will ich anerkennen — den demokratischen Sozia- [CDU/CSU] — Lachen bei der SPD) lismus nennt und den er für diese Zustände ver- antwortlich macht. Herr Barzel, wenn es Herr Mül- ler-Armack schon nicht weiß, Sie sollten wissen, Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Ehrenberg. daß die Schwierigkeiten in den Vereinigten Staaten, - in Frankreich, in Italien, in Japan unendlich größer (Zurufe von der CDU/CSU) sind als bei uns. Oder glauben Sie, dort existiert der demokratische Sozialismus? Dr. Ehrenberg (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr (Beifall bei der SPD) verehrten Damen! Meine Herren! Es ist erst einige Monate her, daß ich in diesem Hohen Hause von Sie sollten ebenso wissen, daß die Schwierigkei- dieser Stelle aus nach einer Rede des Fraktions- ten in Norwegen, in Schweden und in Osterreich vorsitzenden der CDU/CSU, Herrn Professor Car- sehr viel kleiner sind als bei den vorhin genannten stens, gar nicht anders konnte, als die Fraktion der Staaten und erst recht sehr viel kleiner als in der CDU/CSU wegen ihres vor einiger Zeit erfolgten Bundesrepublik, weil dort tatsächlich — noch nicht Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12991 Dr. Ehrenberg völlig, aber Schritt für Schritt — demokratischer So gesprochen auf der Hauptversammlung der Bayer Sozialismus praktiziert wird. AG Leverkusen am 25. Juni 1975 vom Vorstands- vorsitzenden dieser Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. (Beifall bei der SPD) Herbert Grünewald. An diesen Verhältnissen, an dem, was Sie die wirk- Das, meine Damen und Herren von der Opposi- liche Welt genannt haben, sollte ein Mensch Ihres tion, ist eine Unternehmermeinung vor Ort, eine Un- Beurteilungsvermögens und Ihrer Weltkenntnis ternehmerbeurteilung der Wirtschaftspolitik dieser nicht vorbeigehen können. Das, glaube ich, wären Regierung und der wirtschaftlichen Lage der Bundes- Sie sich schuldig gewesen vorurteilsloser und ob- republik, die jenseits aller verbandstaktischen Stra- jektiver zu behandeln. Ich kann es nur bedauern. tegien dort ausgesprochen wurde, wo die Verhält- Wenn Sie hier nochmals als Beispiel diesen ewig nisse eines Unternehmens nüchtern und objektiv, wieder falsch zitierten Ausspruch des Bundeskanz- nämlich an Hand der Bilanzstrukturen, dargelegt lers mit den 5 % Arbeitslosigkeit und den 5 % Infla- werden: in einer Hauptversammlung. Es gäbe viele tion aufwärmen und gleichzeitig ein bißchen später Zitate dieser Art mehr, und das sollte man, verehr- darauf hinweisen, Herr Barzel, daß die Arbeitslosig- ter Herr Kollege Barzel, als die wirkliche Welt zur keit in Großbritannien kleiner sei, so kann ich das Kenntnis nehmen. nicht verstehen. Das stimmt um ein paar Zehntelchen In diesem Ausspruch von Herrn Grünewald ist Prozent. Aber gleichzeitig hätte man wohl dazu- gleichzeitig auch eine Erklärung dafür gegeben, daß sagen müssen, daß die Preissteigerungsraten dort Sie bezweifelten, daß der Bundeskanzler bei seinen inzwischen die 25-Prozent-Marke überschritten ha- Anstrengungen zur Koordinierung der Weltkonjunk- ben. Wer diese Zusammenhänge so darstellt wie Sie, tur erfolgreich gewesen sei. Sie sagten, die Fran- der darf dies auch nicht verschweigen, wenn er red- zosen und die Vereinigten Staaten setzen andere lich argumentieren will. Akzente. Das tun sie selbstverständlich, nur: auf das (Beifall bei der SPD) gleiche Ziel gerichtet. Wer zwei bis drei Jahre Rück- Der Hinweis auf den steigenden USA-Export bei stand in der Stabilitätspolitik hat — wie unsere einer Exportquote von knapp einem Zehntel des Handelspartner das leider haben —, der muß mit an- Sozialprodukts, während unser Export ein Viertel deren Maßnahmen ansetzen als jemand wie wir, des Sozialprodukts überschritten hat, Herr Barzel, (Beifall bei der SPD) ist doch falsch, zumal dann, wenn Sie die Export- quoten im Vergleich bringen. Auch ein Nichtökonom der den stabilitätspolitischen Zug hinter sich hat und sollte das nicht tun. schon vor zwei Jahren Schritt für Schritt die Wei- chen in die andere Richtung gestellt hat. Sie brachten auch ein Beispiel der Verunsicherung der Unternehmen. Glauben Sie wirklich daran? Ich würde nicht so leichtfertig sagen, das Konjunk- Wenn wir um uns schauen, wie die Investitionsnei- turprogramm sei verpufft. Ich warne vor der Vor- gung in jenen Staaten ist, wo es keine Sozialdemo- stellung, wie es in der Bundesrepublik ohne diese kraten in der Regierung gibt, glauben Sie dann, für Konjunkturprogramme ausgesehen hätte. die Bundesrepublik damit argumentieren zu können, (Zustimmung bei der SPD) daß hier, wie Sie es nannten, die flexiblen Wechsel- Man kann vor allem nicht sagen, dieses Programm kurse und die Unsicherheit die Unternehmer dazu sei verpufft, wenn man gleichzeitig, wie Sie es zum gebracht haben, nicht mehr zu investieren? Glauben Schluß getan haben, ein Konzept anbietet, das viel Sie nicht selber, daß es gerade die flexiblen Wech- weniger enthält, nämlich außer einer Rücknahme selkurse waren, die uns in die Lage versetzt haben, der Steuerreform gar nichts. Damit die Wirtschaft in diesem Meer weltwirtschaftlicher Unsicherheit auf dieses Landes in Ordnung bringen zu wollen heißt einer Insel der relativen Stabilität zu bleiben, was nun wirklich, das, was Sie „wirkliche Welt" nennen, bis zur Befreiung der Bundesbank von der Ankaufs- nicht zu kennen. pflicht des Dollar nicht möglich war? Aber Sie und (Beifall bei der SPD) Ihre Kollegen werden mir das nicht glauben. Die wirkliche Welt und die Kernfragen, um die es Gestatten Sie mir hier ein Zitat, in dem in der in dieser politischen Auseinandersetzung geht, ha- Bundesrepublik Deutschland zur Lagebeurteilung ben Sie gestreift. Sie haben gefragt, wie denn der folgendermaßen Stellung genommen wurde. Es ist Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister bei der nachzulesen im Manager-Magazin vom September Lage der Städte und Gemeinden in der Lage wären, dieses Jahres. Es heißt dort: ihre Politik zu vertreten. Genau von dieser Kern- Der harten Stabilitätspolitik der Bundesregie- frage ausgehend hat der Bundeskanzler — leider rung, die im gesamtwirtschaftlichen Interesse vergeblich — an Herrn Kohl die Kernfrage dieser notwendig war, stimmten wir voll zu. Ohne ge- Auseinandersetzung gestellt, ob nämlich in Zukunft sundes Geld keine gesunde Wirtschaft. Erst er- eine ausgewogene Konjunkturpolitik der expansi- heblich später erkannten auch andere Industrie- ven Anstöße und gleichzeitig der mittelfristigen staaten, daß es für die Rückgewinnung der Geld- Haushaltskonsolidierung die Grundlinien unserer wertstabilität keine wirtschaftspolitische Alter- weiteren Entwicklung bestimmen wird oder ob die native gibt. Ich bin davon überzeugt, daß wir Bundesratsmehrheit und Ihre Meinung — wenn wir nach dieser weltwirtschaftlichen Umstrukturie- ihr folgen würden — uns in eine Politik hineinfüh- rung in einen gesünderen Prozeß des realen ren würden, wie Brüning und Luther sie uns vor Produktions- und Einkommenswachstums zu- mehr als vier Jahrzehnten vorexerziert haben — mit rückfinden werden. dem heute hier schon besprochenen Endergebnis. 12992 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Ehrenberg Diese Kernfrage konnte zugegebenermaßen der Und drastische Ausgabenkürzungen ohne jeden Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, nachdem er konkreten Ansatz zu forde rn ist auch sehr bequem. sie selber nicht angesprochen hatte, nicht mehr be- (Dr. Zeitel [CDU/CSU]: Das ist ja nicht antworten. Aber es wäre bei Herrn Stoltenberg ge- wahr! Das ist wieder ein typischer Ehren nug Gelegenheit gewesen, auf diese Fragen Antwort berg!) zu geben. Und auch Sie, Herr Barzel, hätten es ge- konnt, aber Sie sind dieser Frage ausgewichen. Sie — Aber, lieber Herr Zeitel, es kam kein konkreter sind ihr ausgewichen, was man Ihnen auch gar nicht Ansatz. übel zu nehmen braucht; denn — da stimme ich (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Lesen Sie es doch Ihnen zu — die parlamentarische Opposition hier ist einmal nach!) nicht in die Pflicht zu nehmen, der Regierung Vor- schläge auf den Tisch zu legen. Sie kann sich, wenn Das Angebot, Vorschläge zu prüfen, das Herr Kohl sie will — das gute Recht wird ihr niemand abstrei- und Herr Stoltenberg gemacht haben, mag für die ten —, auf das bloße Nein beschränken. Abstreiten Opposition dieses Hauses genügen. Für die im Bun- muß man dieses Recht allerdings den Ministerpräsi- desrat vertretenen Ministerpräsidenten genügt die- denten der Bundesländer. Wenn die Ministerpräsi- ser Vorschlag, wenn sie nein sagen, nicht. denten in ihren Ländern wie im Bundesrat die Auf- (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Er hat mehr gesagt! gabe ernst nehmen, die ihnen von der Bevölkerung Lesen Sie es doch nach!) ihres Landes durch Wahl übertragen wurde, nämlich — Er hat an konkreten Vorschlägen leider nicht für das Wohl des Landes zu sorgen und gesunde mehr gebracht. Staatsfinanzen vorzulegen, dann ist diese Haltung dort nicht mehr zu entschuldigen, und sie ist auch (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Er hat mehr ge nicht zu verteidigen. bracht!) — Das ist nachlesbar. (Beifall bei der SPD) (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Nein!) Herr Stoltenberg hat hier sehr viel dazu gesagt. Aber noch deutlicher hat er sich — das ist noch Der einzige, der mehr gesagt hat — darauf haben gar nicht so lange her — am 5. Juli dieses Jahres sich dann einige Redner bezogen —, ist Herr Strauß, ausgedrückt. Da stand in der FAZ — ich darf sie mit der dazu auf seiner Geburtstagsparty, genannt CSU- Genehmigung des Präsidenten zitieren — folgendes: Kongreß, eine Rede gehalten hat. Dort hieß es — der Die Grenze der Verschuldungsfähigkeit der Bun- Bundeskanzler hat diese etwas sehr merkwürdige desländer sei erreicht. Weitere Kürzungen auf Einleitung schon zitiert — nach Darstellung seiner Grund überhöhter Bundesforderungen würden Vorschläge: Das sind unsere Vorschläge. Sie wer- die wesentlichen Aufgaben der Länder zur den diese Woche im Bundestag vertreten werden Existenzsicherung von Betrieben und Arbeits- von einem anderen Redner als mir, weil ich auf plätzen sowie in der Bildungs-, Sozial- und einer großen Auslandsreise bin. Gesundheitspolitik in nicht mehr vertretbarer (Zuruf des Abg. Dr. Zeitel [CDU/CSU]) Weise gefährden. — Herr Zeitel, ich gönne Herrn Strauß seine Reise Wie dieser Ausspruch und auch vieles von dem, nach Peking. Darum geht es nicht. Es geht darum, was Herr Stoltenberg heute hier gesagt hat, mit dem daß wir wohl ein Anrecht darauf haben, zu erfah- bloßen Nein zur Mehrwertsteuererhöhung ab 1977, ren, wer denn nun dieser andere Redner gewesen wie diese Haltung und die Pflicht eines Ministerprä- ist. Es gab viele. sidenten mit dieser hier wiederholt von Herrn Kohl, (Höcherl [CDU/CSU] : Ja, eben!) von Herrn Stoltenberg und von allen christdemokra- tischen Rednern vorgetragenen Haltung zu verein- Haben die alle für Herrn Strauß gesprochen? baren ist, wird wohl ein christdemokratisches Ge- (Erneuter Zuruf des Abg. Höcherl [CDU/CSU]) heimnis bleiben. — Gut, Herr Höcherl. Ich nehme das zur Kenntnis. Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Herr Ich wollte ja nur wissen, wen Herrn Strauß als Kohl, hat, glaube ich, mit Recht darauf hingewiesen, einen anderen Redner bezeichnet hat bzw. bezeich- daß die Verfassungsväter, als sie diesen kompliziert net wissen wollte. strukturierten föderativen Staat geschaffen haben, bewußt nicht den Weg der Bequemlichkeit gegan- Aber lassen Sie mich Herrn Strauß' Vorschläge gen sind. Aber ich nehme an, die Verfassungsväter darstellen. Er hat seine alten Vorschläge aus dem haben auch nicht vorausgesehen, daß wir jemals in Dezember 1974, die damals in schöner finanzwirk- ihrer Verantwortung so bequeme Ministerpräsiden- samer und teurer Gemeinsamkeit mit dem Deut- ten haben werden, wie uns das heute vorexerziert- schen Industrie- und Handelstag durch die Presse worden ist. gegeistert sind, in seiner CSU-Parteitagsrede wie- (Beifall bei der SPD) derholt. Sie lassen sich zusammendrängen auf: keine Erhöhung der vermögensabhängigen Steuern, Es ist natürlich, Herr Zeitel, sehr bequem, nein Verbesserung der Abschreibungen, Verlustrücktrag zu sagen. Es ist viel bequemer, nein zu sagen, als und Änderung des Gewerbesteuersystems. Mehr war den notwendigen Verbesserungen der Staatsfinan- in den Vorschlägen von Herrn Strauß nicht enthal- zen durch Beschlüsse beizukommen. ten. Wie jemand glauben kann, die Unsicherheit (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Wir haben schon der Unternehmen hinsichtlich ihrer Absatzerwar- mehr als nein gesagt!) tungen, ihre Investitionsneigung mit diesen Vor- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12993 Dr. Ehrenberg schlägen so zu verändern, daß wir positive Wachs- leitet wird, der Ihrer Fraktion angehört, ein Papier tumsraten haben könnten — mit diesen Vorschlä- existiert, in dem konkrete Vorschläge gemacht wer- gen allein —, hat hier bisher niemand überzeugend den, wie man dieser Wirtschaftsmisere, die Sie zu dargestellt, und es kann auch von niemandem er- verantworten haben, begegnen könnte, daß aber die wartet werden, daß er das darstellen kann. Herren des Ministeriums, die ja meistens Ihrer Herr Strauß hat dann für seinen anderen Redner Partei angehören, der Auffassung sind, daß dieses — ich darf das vielleicht noch einmal wörtlich zitie- Programm in Ihrer Fraktion nicht durchsetzbar sei? ren — gesagt: (Wehner [SPD]: Quatschkopf!) Erstens: Nein zur Steuererhöhung unter die- sen Umständen und zu diesem Zweck. Zwei- Dr. Ehrenberg (SPD) : Ich weiß nicht, verehrter tens: Ja zu Einsparungen, aber Offenbarungs- Herr Kollege, von wem Sie diese Meldung haben. eid und die Zahlen auf den Tisch, wie sich das Ganze entwickelt. Und drittens: Ich würde (Zurufe von der CDU/CSU — Wehner [SPD] : die Einkommensminderungen für ein Wirt- Von Quatschkopf!) schaftsprogramm der eben skizzierten Art In unserer Fraktion ist alles durchsetzbar, was ver- — also das, was da oben gesagt wurde — nünftig ist. Eine Brüning-Politik allerdings, wie sie in Kauf nehmen können. Denn von denen kann vielleicht irgendwelchen Fiskalisten im Finanz- man mit Recht sagen: Was hier an Steuern ministerium auf irgendwelchen Rängen vorschwebt, jetzt nicht eingeht, das kommt mehrfach wieder wäre bei uns in der Tat nicht durchsetzbar. Das ist herein. von diesem Pult hier heute des öfteren gesagt wor- den. Wie es hereinkommen soll, wo mehr eingespart (Beifall bei der SPD) werden soll, hat auch Herr Strauß auf seinem CSU- Parteitag nicht gesagt. Aber was ich für viel schwie- riger halte und was schon in der ständigen Wieder- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Herr Ab- holung, wie sie hier vorgebracht wird, eine sehr geordneter Ehrenberg, gestatten Sie eine weitere gefährliche Tendenz ist, das ist jene ständig be- Zwischenfrage? mühte Floskel vom Offenbarungseid, von der scho- nungslosen Offenlegung der Finanzen und ande- Dr. Ehrenberg (SPD) : Nein, im Augenblick nicht. rem mehr. Vielleicht nach einem Weilchen wieder, aber auf (Freiherr von Kühlmann-Stumm [CDU/ Zwischenfragen am laufenden Band möchte ich mich CSU] : Sie sprechen dauernd vom Auf nicht einlassen. schwung!) (Zurufe von der SPD — Dr. Carstens [Feh Ich habe das Gefühl, daß Sie sich hier so ein wenig marn] [CDU/CSU] : Ich stelle fest, „Quatsch auf einer alten APO-Linie bewegen. kopf" ist ein parlamentarischer Ausdruck (Lachen bei der CDU/CSU — Wehner geworden!) [SPD] : Sehr wahr!) — Habe ich den benutzt? Doch wohl nicht! Auch die APO hat den Versuch gemacht, der Bevöl- (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Nein, kerung zu suggerieren, es gebe irgendwo so etwas nicht Sie!) wie Herrschaftswissen der Regierenden, die den anderen das vorenthielten — Also, dann lassen Sie mich doch meine Rede (Wehner [SPD] : Sehr wahr!) weiterführen. — Wenn die CDU ernst genommen werden will — wenn schon nicht hier, dann wenig- und es jetzt offen auf den Tisch legen müßten. Dabei stens in den Bundesländern —, dann wird es Ihnen sollte selbst ein Abgeordneter im ersten Lehrjahr nach diesen großen Worten, nach dem Angebot wissen, daß nichts in diesem Staat so transparent hier, Verantwortung zu übernehmen, was Herr ist wie die öffentlichen Finanzen, daß diese für Kohl, Herr Stoltenberg und natürlich auch Herr jedermann, der Zahlen lesen kann, einsichtig sind. Carstens alle miteinander gesagt haben, nun wirk- Warum schauen Sie nicht in die Haushaltspläne lich nicht erspart bleiben, konkret und deutlich zu hinein, wenn Sie Offenlegung verlangen! Sie liegen sagen, was Sie nun wirklich wollen. Die Mehrwert- auf den Tischen! steuererhöhung wollen Sie nicht zu dem von uns (Beifall bei der SPD und der FDP) gesehenen Zeitpunkt. Herr Stoltenberg hat hier ge- sagt: Wir werden selber in eigener Autonomie ent- - Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Herr Ab- scheiden, wann und wo wir das tun. Natürlich Ihr geordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des gutes Recht! Nur: da jetzt die Vorlage der Bundes- Herrn Abgeordneten von Kühlmann-Stumm? regierung zur Konsolidierung der Finanzen auf dem Tisch des Bundesrates liegt, muß dort, wenn nein gesagt wird, ja wohl gesagt werden, was sonst ge- Dr. Ehrenberg (SPD) : Gern! schehen soll. Und wenn Sie sich die Größenordnun- gen der Mehrwertsteuer mit runden 10 Milliarden Freiherr von Kühlmann-Stumm (CDU/CSU) : Herr DM Einnahmen vorstellen — da muß ich noch Kollege Ehrenberg, ist Ihnen bekannt, daß im Fi- etwas aus dieser Debatte einschieben. Herr Kirst nanzministerium, das von einem Finanzminister ge hat Herrn Carstens schon korrigiert, hat gesagt, 12994 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Ehrenberg daß man nicht dem Bundeskanzler Fehler nachwei- Das, glaube ich, sollten Sie nicht tun. sen sollte, wenn man übersieht, daß die Mehrwert- (Zuruf von der CDU/CSU: Wie war das mit steuer sich zwischen Bund und Länder verteilt. Aber der Börner-Studie?) auch Herr Ministerpräsident Kohl sollte nicht un- besehen die Größenordnungen, die Herr Gaddum Ich habe hier zufällig die Kopie eines Schreibens, irgendwo einmal errechnet hat, übernehmen und da steht oben: „CDU/CSU-Fraktion des Deutschen sich dann hier hinstellen und sagen: Was soll das Bundestages, Arbeitskreis IV, Gesellschaftspolitik", alles, 10 Milliarden Erhöhung durch die Mehrwert- und dann steht da „Sehr geehrter Herr Dr. Müller- steuer bringen ja eigentlich nur 5 Milliarden ein, Hermann! Auftragsgemäß übergebe ich Ihnen hier- weil 5 Milliarden wieder die Ausgaben des Staates mit eine 72seitige Ausarbeitung zum Komplex so- versteuern. Wenn das so wäre, dann wäre der lo- ziale Demontage" und so weiter und so fort. „Auf- gische Rückschluß daraus ja wohl der, daß zur tragsgemäß", schreibt der Verfasser. Ich glaube nicht, Zeit das Mehrwertsteueraufkommen zur Hälfte von daß er ohne Auftrag „auftragsgemäß" schreiben wür- der öffentlichen Hand selber aufgebracht wird. Das de. Das kann ich einem Angestellten der CDU-Frak- kann ja wohl auch Herr Kohl ernsthaft nicht ge- tion nicht zutrauen. meint haben. Der unbezweifelbare Effekt, daß die (Zuruf von der CDU/CSU: Wie war das Sachausgaben bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer denn mit der Börner-Studie?) natürlich auch dieser Steuer unterliegen, führt bei einem Mehraufkommen von 10 Milliarden besten- — Zumindest stand über dieser Studie nicht „auf- tragsgemäß" ; das kann ich Ihnen versichern. — Ich falls zu 1,5 bis höchstens 2 Milliarden und nicht zu mehr. Frage, wo die 5 Milliarden herkommen, es habe gar nichts dagegen, daß sich Leute Gedanken sei denn, der Ministerpräsident von Rheinland- machen. Nur, man sollte sich von den Aufträgen Pfalz glaubt, daß beispielsweise die Bundeszu- nicht distanzieren. schüsse zur Sozialversicherung mit der Mehrwert- (van Delden [CDU/CSU] : Den Auftrag kann steuer belegt werden oder das Kindergeld oder die auch seine Frau gegeben haben!) Sozialhilfe oder sonst einer der vielen großen Aus- Man sollte noch etwas nicht tun: man sollte diese gabeposten. Dann kann seine Rechnung mit den berühmte Planungsgruppe nicht auf die Angestellten 5 Milliarden zustande kommen. Die kommt noch schieben. Ich habe nämlich noch ein anderes Papier, nicht einmal zustande, wenn man Herrn Gaddums eine Kopie Ihres Schreibens. Darüber steht: „CDU/ Trick ernst nimmt, der nämlich bei seinen Berech- CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages, Planungs- nungen unterstellt hat — vielleicht hat das Land gruppe — , MdB, Dr. , Rheinland-Pfalz die Absicht, sich in den kommen- MdB." den Tarifverhandlungen so zu verhalten —, daß (van Delden [CDU/CSU] : Wollen Sie bei die öffentlichen Bediensteten die Mehrwertsteuer- uns eintreten?) erhöhung voll auf ihre Bezüge draufgelegt bekom- men. Dann kommt Herrn Gaddums Rechnung den Zwei Abgeordnete legen dieses Papier vor. Wollen Zahlen von Herrn Kohl ein wenig näher, aber auch Sie sich von denen auch distanzieren, Herr Car- noch nicht ganz heran. So, glaube ich, sollte man stens? mit diesem Finanzproblem nicht umgehen. Aber (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Wo die Größenordnung von 10 Milliarden DM ist nun kriegen Sie die Papiere eigentlich alle her? wirklich eine Größenordnung, die von der CDU/CSU — Weitere Zurufe von der CDU/CSU) beantwortet werden muß. Wenn sie zu dieser Erhö- — Die laufen durch den Deutschen Bundestag. hung nein sagt, wo will sie es dann hernehmen? (van Delden [CDU/CSU] : Bei uns darf man Wenn man dann unter den Bundesetats umschaut, noch sagen, was man will! — Dr. Carstens wo Größenordnungen von 7 Milliarden unter noch [Fehmarn] [CDU/CSU] : Ist es Ihnen nicht so konsequenten Ansatz zu holen wären, stellt man peinlich, das hier vorzulesen? — Heiterkeit fest, daß nur zwei Etats übrigbleiben, die groß genug und weitere Zurufe von der CDU/CSU) sind: der Sozialetat und der Verteidigungsetat. — Nein, Herr Carstens. Mir wäre es peinlich, wenn Irgendwann, Herr Zeitel, werden Sie sagen müssen, ich meine Mitarbeiter so desavouiert hätte, wie Sie ob Sie nun die Demontage der Verteidigung oder es getan haben. die Demontage der sozialen Sicherheit wollen. Etwas anderes können Sie nicht wollen, wenn Sie (Höcherl [CDU/CSU] : Er sollte etwas zur bei Ihrem Nein bleiben. Sie werden Antwort darauf Arbeitslosigkeit sagen!) zu geben haben. Der heute schon so oft zitierte Sie sollten es zumal in diesem Hause heute von Planungsstab hat ja auch Antworten darauf gegeben, Ihnen, Herr Carstens, von Herrn Kohl und von und Herr Professor Carstens hat sich dann- sofort Herrn Stoltenberg oft das Wort „redlich" verwendet von diesem Papier hier distanziert. Das ist Ihr gutes worden ist, vermeiden, so zu tun, als hätten Sie mit Recht. Niemand kann eine Fraktion für die Gedan- dieser Planungsgruppe nichts zu tun. Sie ist nun ein- kengänge der Mitarbeiter verantwortlich machen. mal in der Welt. Selbstverständlich nicht! Aber eines, Herr Professor (Dr. Ritz [CDU/CSU] : Bei Ihnen in der Frak Carstens, hätten Sie nicht tun sollen — aus Loyali- tion ist das Denken natürlich verboten!) tät diesen Mitarbeitern gegenüber —, nämlich sagen, er habe ohne Auftrag gehandelt. — Nein, bei uns wird gedacht. Nur, es wird besser gedacht. Es wird nicht über soziale Demontage nach- (Beifall bei der SPD) gedacht, sondern es ist erfolgreich darüber nachge- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12995 Dr. Ehrenberg dacht worden, wie man die soziale Sicherung in nen weiteren Ausführungen zur Bildungspolitik diesem Lande erhalten und festigen kann. Darüber auch der Redlichkeit entsprochen, zu sagen, daß die haben wir erfolgreich nachgedacht. Abiturientenquote, die nach dem Vorschlag im Bil- dungsgesamtplan 22 bis 24 % betragen soll, auf die (Beifall bei der SPD — Lachen und Zurufe im christlich-demokratisch regierten Land Baden- von der CDU/CSU) Württemberg erarbeitete Zahl von 23 % zurück- Die Erfolge dieses gemeinsamen Nachdenkens der geht. Ich würde gerade Herrn Stoltenberg gern Bundesregierung und der Regierungsfraktionen um Nachsicht dafür bitten, daß wir diese Quote nicht (Zuruf von der CDU/CSU: Die zweifelhaf nur für das Musterländle Baden-Württemberg, son- ten Erfolge!) dern auch für die regional benachteiligten Gebiete in dieser Republik für vernünftig und richtig hiel- liegen auf dem Tisch dieses Hauses, ten. (Höcherl [CDU/CSU]: Mit 1 Million Ar (Zustimmung bei der SPD) beitslosen!) Auch das gehört zur Redlichkeit. und Sie sagen nein zu diesem erfolgreichen Nach- (Höcherl [CDU/CSU] : Heute können Sie es denken, ohne irgendwo auf den Tisch zu legen, nicht mehr finanzieren!) worüber Sie denn nun nachgedacht haben. — Der Ministerpräsident Filbinger hat diese Zahl (van Delden [CDU/CSU] : Wer hat denn ge in den Planungsbericht hineingebracht, Herr Höcherl. sagt, daß das ein erfolgreiches Nachdenken war?) Wenn der Herr Stoltenberg hier von Kostensen- kungen spricht, dann sollte er sich daran erinnern, Sie haben darüber nachgedacht, nein zu sagen. Das daß in der Bildungspolitik nur der glaubwürdig ist zu wenig, Herr Höcherl; das ist wirklich zu we- über Kostensenkungen sprechen kann, der endlich nig. dazu beiträgt, daß im Bundesrat das kostensenkende (van Delden [CDU/CSU] : Herr Ehrenberg, Hochschulrahmengesetz verabschiedet und dort Ihnen blieb es vorbehalten, festzustellen nicht länger festgehalten wird. daß das ein erfolgreiches Nachdenken war! Das hat bisher noch keiner von Ihren Kol (Beifall bei der SPD) legen gesagt!) Lassen Sie uns doch damit einmal anfangen! — Nun, dann habe ich es eben gesagt, weil ich es (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat mit wirklich für erfolgreich halte. Der Sachverständigen- Kostensenkung nichts zu tun! — Höcherl rat hat die Aufgabe, die die Bundesregierung zu [CDU/CSU] : Besseres Gesetz vorlegen!) lösen hatte, die schwierigste politische Aufgaben- Die Bürger in der Bundesrepublik werden Ihre kombination der letzten Jahrzehnte genannt. Es ist Wahlmanöver, auch wenn sie ein Jahr vor der gelungen, diese Aufgabenkombination mit diesem Bundestagswahl beginnen und dann vielleich stra- doppelgleisigen Programm zu lösen. Ich stehe nicht tegisch aussehen könnten anstatt taktisch, weil das an, diese Kraftanstrengung als erfolgreich zu be- bis dahin noch so lange hin ist, trotzdem durch- zeichnen, Herr van Delden. Ich würde die CDU be- schauen, und sie werden Ihnen auf Ihrem Wege glückwünschen, wenn sie sich mit der CSU nur auf nicht folgen. halb so viel einigen und dies dann hier auf den Tisch legen könnte. Aber sie kann es nicht. (Zurufe von der CDU/CSU: Sie sind schon durchschaut! — Sie kriegen schon die (Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: Es klatscht Quittung!) keiner! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU) Die sozialliberale Koalition hat mit diesen not- wendigen Entscheidungen unter Beweis gestellt, — Zu dieser späten Stunde sollte man kein Klat- daß sie unseren demokratischen Sozialstaat nicht schen erwarten, als Gefälligkeits- oder Bewilligungsdemokratie miß- (Dr. Fuchs [CDU/CSU] : Sondern daß einer versteht. Sie hat bei ihren Entscheidungen aber aufhört!) auch deutlich gemacht, daß es keinen Abbau der zumal die Kontrahenten, um die es geht, nicht mehr sozialen Sicherung gibt, sondern daß dieses dop- hier sind. pelgleisige Programm die Grundvoraussetzungen der sozialen Sicherheit und des Lebensstandards in Ich glaube, eines muß noch — wiederum unter der Bundesrepublik festigt. Wer bereit ist, die Lage dem Aspekt der Redlichkeit — richtiggestellt wer- in der Bundesrepublik und in der Welt vorurteilslos den. Herr Stoltenberg, der hier so oft das Wort - zu sehen, der wird auch erkennen, daß wir in unse- „wahrhaftig" gebraucht hat, hat u. a. auch gesagt, rem Lande keine wirtschafts- und gesellschaftspoli- daß der Bildungsbericht 1970 mit einer 50 %igen tische Kurskorrektur brauchen. Dieses merkwür- Abiturientenquote Illusionen geweckt habe. Erstens dige Wort von Herrn Steinbuch, das heute so oft steht diese Quote dort nicht in dieser Form, son- benutzt wurde, kann man auf die Bundesrepublik dern sehr viel differenzierter. Zweitens hätte es zu nicht anwenden. der von Herrn Stoltenberg beschworenen Wahrhaf- tigkeit gehört, zu sagen, daß er, der Ministerpräsi- (Zuruf des Abg. Höcherl [CDU/CSU]) dent Stoltenberg, den Bildungsgesamtplan mitbe- — Wir lassen uns jedenfalls nicht einreden, Herr schlossen hat. Das zu sagen gehört auch dazu, wenn Höcherl, daß es die Überforderungen durch den man redliche Politik treiben will. Es hätte bei sei Sozialstaat oder eine zu hohe Lohnquote oder gar 12996 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Dr. Ehrenberg die Verunsicherungen der Wirtschaft durch die ken, über die heute so gelegentlich hinweggegan- Reformpolitik der sozialliberalen Koalition waren, gen wurde, die aber nicht interessant ist. Interessant die zu der gegenwärtigen Wirtschaftsschwäche ge- ist die Unterscheidung zwischen entnommenen und führt haben. Im Gegenteil, nicht entnommenen Gewinnen. (Dr. Zeitel [CDU/CSU]: Na, Ihre Phantasie!) (Zuruf von der CDU/CSU: Dialektik!) unserem dichten Netz sozialer Sicherung und der — Das ist keine Dialektik. konsequenten Verbesserung der Arbeits- und Le- (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihr Ver bensbedingungen, Herr Zeitel, ist es zu verdanken, daß wir diese immer noch in der Welt so günstige sagen!) Stellung wahrnehmen können und weiterhin wahr- Wer ernsthaft bereit ist, die Investitionskraft der nehmen werden. Unternehmen zu stärken, der muß sein Augenmerk (Beifall bei der SPD) auf den nicht entnommenen Gewinn richten und auf Und, um auf diese Forderungen zurückzukommen: nichts anderes. In dem heute schon öfter — nicht von unserer (Zuruf von der CDU/CSU: Einverstanden!) Seite — zitierten Nachbarstaat Italien gibt es keine Forderungen nach mehr Mitbestimmung, auch keine — Herr Carstens hat heute früh bestritten, daß das nach besserer Berufsausbildung. Aber die Unter- vernünftig sei. Wenn Sie einverstanden sind: herz- nehmer investieren weniger als in der Bundesrepu- lich willkommen! blik. Warum wohl? Das kann doch wohl seine (van Delden [CDU/CSU] : Sie Witzbold, Ursachen, Herr Carstens, jedenfalls nicht in sozial- lesen Sie die Rede von Herrn Carstens demokratischer Regierungstätigkeit haben, daß in nach! Sie reden hier von Redlichkeit!) Italien weniger investiert wird. — Er hat es so gesagt, daß dies eine völlig belang- (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Aber lose und nicht ernst zu nehmende Unterscheidung in kommunistischen Aktivitäten!) wäre. Das lesen Sie bitte nach, Herr van Delden. — Das hat mit uns ja wohl nichts zu tun, Herr Car- (van Delden [CDU/CSU] : Das ist doch Blöd stens; das werden ja vielleicht selbst Sie uns noch sinn!) zugute halten wollen. Ich glaube, es lohnt sich, darüber nachzudenken, ebenso wie es auch notwendig ist, nochmals an das Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Ab- geordneter Ehrenberg, gestatten Sie eine Zwischen- zu erinnern, was mein Kollege Adolf Schmidt hier frage des Herrn Abgeordneten Zeitel? gesagt hat, wie die soziale Situation und der soziale Frieden in der Bundesrepublik durch die Reform- politik dieser Koalition gefestigt worden sind und Dr. Ehrenberg (SPD) : Ja. daß sie die einzige Grundlage sind, auf der auch künftig diese Stabilität erhalten bleiben kann.

Dr. Zeitel (CDU/CSU) : Herr Ehrenberg, ist Ihnen Ich kann Ihnen zum Schluß ein Zitat nicht erspa- bekannt, daß der Herr Finanzminister in einem In- ren. Ich hätte es nicht gebracht, wenn nicht Herr terview als eine der Ursachen neben der weltwirt- Todenhöfer zu den Ausführungen meines Kollegen schaftlichen Entwicklung die hohe Lohnquote ange- Schmidt einen etwas schnellen Zwischenruf gemacht geben hat und daß dieselbe Äußerung auch vom hätte, einen Zwischenruf, der, obwohl Herr Toden- Wirtschaftsminister, Herrn Friderichs, stammt? höfer selbstverständlich, wie ich annehme, auf dem entwicklungspolitischen Kongreß der CDU anwe- send war, doch den Fakten nicht entsprach, zumin- Dr. Ehrenberg (SPD) : Beide Minister haben über die Lohnquote gesprochen, aber etwas differenzier- dest — ich kann das natürlich nur so sagen — nicht ter, als Sie es jetzt gesagt haben. dem Manuskript, das unter der Überschrift „Part- nerschaft und Solidarität — CDU Entwicklungs- (Lachen bei der CDU/CSU) politischer Kongreß" öffentlich verteilt worden ist. Herr Zeitel, ich muß Sie da bitten nachzulesen. So Da Sie das, was mein Kollege Schmidt gesagt hat, global und pauschal als eine der großen Ursachen mit dem Zwischenruf von Herrn Todenhöfer bezwei- steht das dort nicht. felt haben, muß ich Ihnen das leider etwas aus- führlich vorlesen, damit Sie zur Kenntnis nehmen, (Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Ist Ihnen das wirk was auf Ihrem entwicklungspolitischen Kongreß lich nicht bekannt? über die Situation der Bundesrepublik Deutschland - — Lesen Sie genau nach, dann werden Sie die von dem Direktor der persischen Ölkompanie ge- Differenzierung finden, sagt worden ist. (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Er (Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU] : Die Herren scheint es nicht erfaßt zu haben!) sind sehr höflich!) wie ich Sie auch — jedenfalls diejenigen unter Er begann sein Referat mit dem Satz: Ihnen, die bereit sind, nicht nur nein zu sagen, sondern nachzudenken — sehr herzlich bitten wür- Ich bin mir der Tatsache bewußt und tief be- de, über die sehr wohl überlegte Unterscheidung eindruckt davon, daß die Bundesrepublik heute von Unternehmen und Unternehmern nachzuden die stärkste Wirtschaftsmacht in Europa ist. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12997

Dr. Ehrenberg Dann kamen, wie Sie zuriefen, ein paar Höflich- Infolgedessen und als Ergebnis der insgesamt keitsfloskeln, und dann sprach der Ölbeauftragte gesunden Situation Ihrer Wirtschaft sind Sie in des Schahs von Persien — — der Lage, Konjunkturprogramme durchzuführen, (Zurufe von der CDU/CSU) sobald diese erforderlich werden, gekoppelt mit entsprechenden Sparplänen für einen späteren — Seinen Namen kann ich nachlesen, er steht hier Zeitpunkt. Erst in der letzten Woche haben Sie oben auch drauf: Herr Dr. Reza Fallah. ein solches Konjunkturprogramm gestartet, um (Erneute Zwischenrufe von der CDU/CSU) die langfristigen Aussichten auf Wachstum und Stabilität zu korrigieren und um die Arbeits- Er wußte, wo er war, nehme ich an. Daß Sie Ihre — losigkeit insbesondere in der Bauindustrie ein- Einladung anonym ausgesprochen haben, kann ich zudämmen. Die Politik und die Einstellungen, Ihnen nun wirklich nicht zutrauen. Etwas Selbstbe- die sich im Inland so gut bewährt haben, waren wußtsein erwarte ich doch von der CDU, daß sie nicht weniger erfolgreich im Ausland. sagt, wer sie ist, wenn sie jemanden einlädt. Nochmals: Das wurde so auf Ihrem entwicklungs (Sick [CDU/CSU] : Lesen Sie mal weiter, politischen Kongreß gesprochen. Vielleicht sollten dann wollen wir mal sehen!) Sie das, was auf Ihren Kongressen gesprochen wird, — Ja, da steht dann: auch ein wenig ernst nehmen. Der im Westen am meisten publizierte Gesichts- (Sick [CDU/CSU] : Sie waren noch nie so punkt — — schwach wie heute!) (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Erneute — Lassen Sie das Urteil bei Ihnen! Ich lasse es bei Zurufe von der CDU/CSU) anderen. — Wenn Sie diesen Herrn hier lächerlich machen Eine Schlußbemerkung zu Herrn Barzel. Herr Bar- wollen, dann verstehe ich nun wirklich nicht, warum zel hat hier abschließend als Ergebnis der Politik Sie ihn als Redner zu Ihrem entwicklungspolitischen der Bundesregierung mit Emphase gesagt: Die Bür- Kongreß eingeladen haben. Ich finde, das ist eine ger haben weniger in diesem Land, und der Staat wirklich merkwürdige Art! hat weniger. Herr Barzel scheint Statistik nicht zu (Beifall bei der SPD — van Delden [CDU/ lesen und auch nicht zuzuhören, obgleich er ständig CSU]: Herr Ehrenberg, wir lachen über Sie!) von der „wirklichen Welt" spricht. Denn er müßte wissen, daß auch in dieser schwierigen Situation — Nein, das glaube ich nicht. Das klang dort sehr 1975 die Realeinkommen in der Bundesrepublik um anders. Ich bin jedenfalls kein Direktor einer persi- rund 4 °/o steigen werden, während die Realeinkom- schen Ölkompanie. Ich habe weder dessen Einkom- men selbst in den Vereinigten Staaten von Amerika men noch bin ich es. um diesen gleichen Betrag rückläufig sind. Wer das Es wird dort gesagt: weiß und dann davon spricht, die Bürger in diesem Land hätten weniger, kann jedenfalls keinen An- Die Auswirkungen der Ölpreisexplosion waren spruch auf Redlichkeit erheben. vergleichsweise besonders schwerwiegend für die Länder der Dritten Welt. Die mächtigen In- (Beifall bei der SPD und der FDP) dustriestaaten waren weniger schwer betroffen.

Wären ihre wirtschaftlichen und sozialen Struk- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: Meine turen gesund gewesen, so wären die Auswir- Damen und Herren, nach den Ausführungen des kungen minimal geblieben, wie das Beispiel der Herrn Abgeordneten Dr. Ehrenberg unterbreche ich Bundesrepublik beweist. Dieses Land war in die Aussprache zu den Punkten 2 bis 5. Wir fahren größerem Maße als andere von importierter morgen früh fort. Energie abhängig und hat in der Vergangen- Ich bitte nur noch einen Augenblick um Geduld. heit wenig Aufmerksamkeit auf die Suche nach Wir können in den verbleibenden Minuten jetzt 01 im Ausland und den Erwerb eigener auslän- noch zahlreiche Punkte erledigen, die hier ohne Aus- discher Ölreserven gerichtet. Trotzdem verfügt sprache erledigt werden können. es über die stärkste Währung und die mächtig- ste Wirtschaft in Europa, das siebenthöchste Ich rufe Punkt 6 der heutigen Tagesordnung auf: Pro-Kopf-Einkommen der Welt und die größten Devisenreserven der Welt. Wie war das mög- Zweite Beratung und Schlußabstimmung des lich? von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen (Sick [CDU/CSU] : Das war der Herr Freud!) - vom 1. Juni 1967 über das Verhalten beim — Herr Dr. Fallah gibt eine nicht Freudsche Ant- Fischfang im Nordatlantik wort. Er sagt nämlich: — Drucksache 7/3501 — Die Antwort liegt ohne Zweifel in der Tatsache, Beratung des Berichts und des Antrags des daß Ihre Politik, das Verantwortungsbewußtsein Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft gegenüber der Gesamtgesellschaft in Ihrem und Forsten (10. Ausschuß) Lande und der sprichwörtliche Fleiß der Deut- — Drucksache 7/3796 — schen insgesamt besser waren als bei Ihren Berichterstatter: Nachbarn. Abgeordneter Schröder (Wilhelminenhof) (Zurufe von der CDU/CSU) (Erste Beratung 167. Sitzung) 12998 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Der Berichterstatter verzichtet auf eine Ergänzung Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß (federführend) seines schriftlichen Berichts. Haushaltsausschuß

Ich rufe Art. i bis 8 sowie Einleitung und Über- 13. Erste Beratung des von der Bundesregierung schrift auf. — Wir können die Abstimmung mit der eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu Schlußabstimmung verbinden. Wer dem Gesetzent- dem Übereinkommen vom 23. September 1971 wurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlun- ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegen- gen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt probe! — Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? — Drucksache 7/3982 — — Keine Stimmenthaltungen. Meine Damen und Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Herren, damit ist das Gesetz angenommen. Ein Rechtsausschuß (federführend) weiterer Ausschußantrag liegt nicht vor. Innenausschuß Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Ich rufe die Punkte 7 bis 19 auf: 14. Erste Beratung des von der Bundesregierung 7. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher dem Übereinkommen von 9. April 1975 über Vorschriften einen Finanziellen Beistandsfonds der Orga- — Drucksache 7/3838 — nisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: und Entwicklung Rechtsausschuß (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/3869 — 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß (federführend) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Haushaltsausschuß Änderung des Gesetzes über das Fahrlehrer- Ausschuß für Wirtschaft wesen 8. Erste Beratung des von der Bundesregierung — Drucksache 7/3913 — eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Änderung des Titels IV der Gewerbeordnung Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/3859 — 16. Erste Beratung des von der Bundesregierung Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu Ausschuß für Wirtschaft dem Übereinkommen vom 2. Dezember 1972 9. Erste Beratung des von der Bundesregierung über sichere Container eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- — Drucksache 7/3917 zes zur Änderung des Eichgesetzes Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 7/4016 — Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: 17. Erste Beratung des von der Bundesregierung Ausschuß für Wirtschaft eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. August 1971 zwischen 10. Erste Beratung des von den Fraktionen der der Bundesrepublik Deutschland und der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs Republik der Philippinen über den Luftver- eines Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher kehr und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 7/3821 — Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: — Drucksache 7/3795 — Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 18. Erste Beratung des vom Bundesrat einge- (federführend) brachten Entwurfs eines Gesetzes über Rah- Rechtsausschuß Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen menvorschriften für Naturschutz und Land- schaftspflege sowie zur Anpassung bundes- 11. Erste Beratung des von der Bundesregierung rechtlicher Vorschriften an die Erfordernisse eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Kaufmannseigenschaft von Land- und (Bundesnaturschutzgesetz — BNatSchG) Forstwirten — Drucksache 7/3879 — — Drucksache 7/3918 — Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß Finanzausschuß 19. Erste Beratung des von der Bundesregierung 12. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Tierzuchtge- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über setzes die Gebühren des Patentamts und des Pa- — Drucksache 7/4008 — tentgerichts Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: — Drucksachen 7/3939, 7/4023 — Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 12999 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Interfraktionell ist zusätzlich vereinbart worden, anträge auf den Drucksachen 7/3937, 7/3962, 7/3984 die Tagesordnung zu erweitern um die und 7/3992. Wer zustimmen will, den bitte ich um Erste Beratung des von der Bundesregierung das Handzeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen. Ergänzung des Benzinbleigesetzes Meine Damen und Herren, ich rufe den Punkt 24 Drucksache 7/4020 — der Tagesordnung auf: Das Haus ist damit einverstanden. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr und für das Post- Das Wort wird nicht gewünscht. und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu dem Die Überweisungsvorschläge des Altestenrats von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten ersehen Sie aus der Tagesordnung. Der Gesetz- Entschließungsantrag betreffend Berichterstat- entwurf zur Ergänzung des Benzinbleigesetzes soll tung über Erfahrungen mit der neuen Tarif- überwiesen werden an den Innenausschuß — feder- überwachung im gewerblichen Güternahver- führend — sowie an den Ausschuß für Verkehr und kehr für das Post- und Fernmeldewesen zur Mitberatung, — Drucksachen 7/3662, 7/3807 — an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung, und Berichterstatter: Abgeordneter Mahne gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Ich frage, ob das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen Ich frage, ob eine Ergänzung des Berichts ge- einverstanden ist. — Ich sehe und höre keinen wünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Ich danke Widerspruch. Es ist so beschlossen. dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe nunmehr die Punkte 20 bis 23 der Ihnen Wer dem Vorschlag des Ausschusses zustimmt, vorliegenden Tagesordnung auf: den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es 20. Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- ist so beschlossen. ordnung zur Änderung des Deutschen Teil Zolltarifs (Nr. 6/75 — Besondere Zollsätze Meine Damen und Herren, ich rufe nunmehr die gegenüber Israel — EGKS) Punkte 25 bis 33 der Tagesordnung auf: — Drucksache 7/3937 — 25. Beratung des Berichts und des Antrags des Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft Ausschuß für Wirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der 21. Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- Bundesregierung zur Unterrichtung vorgeleg- ordnung zur Änderung des Deutschen-Teil- ten Vorschlag der EG-Kommission für eine Zolltarifs (Nr. 7/75 — Besondere Zollsätze Entscheidung des Rates betreffend Maßnah gegenüber den AKP-Staaten und den ÜLG men gegen die Maul- und Klauenseuche — EGKS) — Drucksachen 7/3608, 7/3804 — Berichterstatter: Abgeordneter Rainer — Drucksache 7/3962 — Überweisungsvorschlag des Altestenrates: 26. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschuß für Wirtschaft Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von 22. Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- der Bundesregierung zur Unterrichtung vor- ordnung zur Änderung des Deutschen-Teil- gelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Entscheidung des Rates zur Einführung Zolltarifs (Nr. 8/75 — Zollpräferenzen 1975 gegenüber Entwicklungsländern — EGKS) eines gemeinsamen Verfahrens für einen In- formationsaustausch über die Luftverschmut- — Drucksache 7/3984 — zung durch Schwefelverbindungen und Überweisungsvorschlag des Altestenrates: Schwebstoffe- zwischen den Überwachungs Ausschuß für Wirtschaft und Kontrollnetzen 23. Beratung der zustimmungsbedürftigen Ver- — Drucksachen 7/3035, 7/3823 — ordnung zur Änderung des Deutschen-Teil- Berichterstatter: Zolltarifs (Nr. 10/75 — Zollkontingente für Abgeordneter Volmer Walzdraht und Elektrobleche — 2. Halbjahr Abgeordneter Konrad 1975)

— Drucksache 7/3992 — 27. Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu den von Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirts chaft - der Bundesregierung zur Unterrichtung vor- gelegten Vorschlägen der EG-Kommission für Ich frage, ob einer der Herren Berichterstatter eine das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich Richtlinie des Rates zur Angleichung der frage, ob das Wort zur Aussprache verlangt wird. Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betr. — Auch das ist nicht der Fall. Baugeräte und Baumaschinen Meine Damen und Herren, ich schlage vor, daß Richtlinie des Rates zur Angleichung der wir darüber der Einfachheit halber gemeinsam ab- Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betr. stimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Baugeräte und Baumaschinen; Messung des Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschuß Geräuschemissionspegels 13000 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Richtlinie des Rates zur Angleichung der Verordnung (EWG) des Rates zur Einbezie Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betr. hung von Frühkartoffeln in den Anwendungs- den zulässigen Geräuschemissionspegel von bereich der Verordnung (EWG) Nr. 1035/75 Betonbrechern und Preßlufthämmern über eine gemeinsame Marktorganisation für — Drucksachen 7/3180, 7/3824 — Obst und Gemüse. — Drucksachen 7/3635, 7/3841 — Berichterstatter: Berichterstatter: Abgeordneter Saxowski Abgeordneter Volmer Abgeordneter Konrad 32. Beratung des Berichts und des Antrags des 28. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von und Forsten (10. Ausschuß) zu der von der der Bundesregierung zur Unterrichtung vor- Bundesregierung zur Unterrichtung vorgeleg- gelegten Vorschlag der EG-Kommission für ten Ergänzung zum Rahmenplan der Gemein- einen Entwurf einer Entschließung des Rates schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrar- betr. eine überarbeitete Liste der im Rahmen struktur und des Küstenschutzes" für den des Aktionsprogramms für den Umweltschutz Zeitraum 1974 bis 1977 zu untersuchenden Schadstoffe der zweiten — Drucksachen 7/2587, 7/3842 — Gruppe Berichterstatter: Abgeordneter Gallus — Drucksachen 7/3034, 7/3825 — 33. Beratung des Berichts und des Antrags des Berichterstatter: Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der Abgeordneter Dr. Gruhl Bundesregierung zur Unterrichtung vorgeleg- Abgeordneter Konrad ten Vorschlag der EG-Kommission für eine 29. Beratung des Berichts und des Antrags des Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von bestimmter Maßnahmen zur Sanierung der Er- der Bundesregierung zur Unterrichtung vor- zeugung von Unterglasgartenbauerzeugnissen gelegten Vorschlag der EG-Kommission für — Drucksachen 7/3659, 7/3870 — einen Beschluß des Rates zur Eindämmung Berichterstatter: Abgeordneter Eigen der Verunreinigung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewäs- Ich frage, ob einer der Berichterstatter das Wort ser der Gemeinschaft wünscht. — Das ist nicht der Fall. — Drucksachen 7/2821, 7/3826 — Wird das Wort zur Aussprache verlangt? — Auch Berichterstatter: das ist nicht der Fall. Abgeordneter Biechele Meine Damen und Herren, ich schlage auch hier Abgeordneter Wittmann (Straubing) vor, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam ab- stimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. 30. Beratung des Berichts und des Antrags des Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschuß- Ausschusses für Forschung und Technologie anträge auf den Drucksachen 7/3804, 7/3823, 7/3824, (17. Ausschuß) zu den von der Bundesregie- 7/3825, 7/3826, 7/3836, 7/3841, 7/3842 und 7/3870. rung zur Unterrichtung vorgelegten ersten Wer den Vorschlägen zustimmen will, den bitte ich Vorschlägen der EG-Kommission für priori- um das Handzeichen. — Ich danke Ihnen. Gegen- täre Aktionen auf dem Gebiet der Informatik probe! — Stimmenthaltungen? — Gegen eine — Drucksachen 7/3437, 7/3836 — Stimme und bei Stimmenthaltungen ist so beschlos- Berichterstatter: sen. Abgeordneter Kern Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende Abgeordneter Lenzer der heutigen Plenarsitzung. Ich berufe die nächste 31. Beratung des Berichts und des Antrags des Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft den 18. September, 9 Uhr ein. Wir fahren mit der und Forsten (10. Ausschuß) zu dem von der Aussprache zu den Punkten 2 bis 5 fort. Bundesregierung zur Unterrichtung vorgeleg- Die Sitzung ist geschlossen. ten Vorschlag der EG-Kommission für eine (Schluß der Sitzung: 20.52 Uhr)

- Berichtigungen

169. Sitzung, Seite 11829 B, 4. Zeile von unten ist statt „21. 1. 1974" zu lesen: „21. 1. 1975"; 181. Sitzung, Seite 12724 C, Zeilen 1 und 2 ist statt „versteigen" zu lesen: „verschweigen"; 183. Sitzung, Seiten 12872 C und 12873 A sind die Namen „Hermsdorf" und „Dr. Sperling" zu strei- chen. Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode - 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 13001 *

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Frau Stommel 17. 9. Vahlberg 17. 9. Liste der entschuldigten Abgeordneten Dr. Vohrer ** 17. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Walkhoff 17. 9. Dr. Ahrens ** 17. 9. Frau Dr. Walz * 17. 9. Amrehn ** 17. 9. Frau Dr. Wex 17. 9. Dr. Artzinger 17. 9. Dr. Zimmermann 17. 9. Dr. Bayerl * 17. 9. Behrendt * 17. 9. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 17. 9. Prof. Dr. Burgbacher 17. 9. Anlage 2 Fellermaier * 17. 9. Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über Frau Dr. Focke 17. 9. die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) Frehsee * 17. 9. Der Bundesrat sieht von einer Anrufung des Dr. Früh * 17. 9. Vermittlungsausschusses ab, obwohl im Hinblick Gerlach (Emsland) 17. 9. auf die besonders angespannte Finanzlage von Bund und Ländern ganz erhebliche Bedenken dagegen Graaff 17. 9. bestehen, staatliche Leistungen zugunsten der Stu- Härzschel * 17. 9. denten über das bisherige Maß hinaus zu gewähren. Er geht jedoch davon aus, daß insbesondere im Dr. Holtz ** 17. 9. Falle einer Änderung des Systems der Ausbildungs- Immer (Altenkirchen) 17. 9. förderung die Frage des Umfangs der Zuschußlei- stungen der öffentlichen Hand für die Krankenver- Dr. Jahn (Braunschweig) * 17. 9. sicherung der Studenten erneut zu prüfen sein wird Kater 17. 9. mit dem Ziel einer Beschränkung der haushaltsmä- Dr. Klepsch * 17. 9. ßigen Auswirkungen, z. B. durch Einschränkung des Begünstigtenkreises auf Unterstützungsbedürftige. Dr. Kliesing ** 17. 9. Koblitz 17. 9. Lange * 17. 9. Lautenschlager * 17. 9. Lemmrich ** 17. 9. Anlage 3 Memmel * 17. 9. Antwort Müller (Bayreuth) 17. 9. des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Münd- Müller (Mülheim) 17. 9. liche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache 7/4024 Frage A 1): Mursch (Soltau-Harburg) 17. 9. Ist die Bundesregierung bereit, die im Gesetz über die Ge- bührenbefreiungen beim Wohnungsbau vom 30. Mai 1953 ent- Frau Dr. Orth * 17. 9. haltene Frist von fünf Jahren auf einen Zeitraum von zehn Jahren auszudehnen, um eine Deckungsgleichheit mit der von Richter ** 17. 9. den Ländern getroffenen Regelung zu erreichen, wonach im sozialen Wohnungsbau Grunderwerbsteuerfreiheit für einen Russe 17. 9. Zeitraum von zehn Jahren besteht? Frau Schleicher 17. 9. Der in Ihrer Frage zum Ausdruck kommenden Schmidt (München) 17. 9. Tendenz, daß die Fristen, die für die Befreiung von Gerichtsgebühren im Wohnungsbau gelten, nach Dr. Schulz (Berlin) 17. 9. Möglichkeit mit den Fristen übereinstimmen sollten, Dr. Schwencke (Nienburg) 17. 9. die für die Grunderwerbssteuerbefreiung maßge- bend sind, stimmt die Bundesregierung zu. Würde Seefeld * 17. 9. in allen Bundesländern bei sämtlichen Erwerbsvor- Springorum * 17. 9. gängen für die Grunderwerbssteuerbefreiung eine Frist von 10 Jahren gelten, so sollte auch die Frist Dr. Starke (Franken) 17. 9. in § 3 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Bundesgesetzes * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau auf Parlaments 10 Jahre verlängert werden. Die Fristen für die ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Grunderwerbssteuerbefreiung in den Bundesländern Versammlung des Europarates sind aber unterschiedlich. Eine Fristverlängerung 13002* Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 auf 10 Jahre ist bisher nur in einzelnen Ländern prüft werden können, so daß sie gegeneinander ab- und auch nur für bestimmte — in den Ländern un- gewogen und aufeinander abgestimmt werden. terschiedlich geregelte — Erwerbsvorgänge vor- Trotz der Rationalisierung beträgt die durch- genommen worden. Im übrigen gilt noch die Fünf- schnittliche Bearbeitungsdauer jahresfrist. Unter diesen Umständen würde eine — bei Fortsetzungsvorhaben ca. 2 bis 3 Monate Ersetzung der Fünfjahresfrist im Bundesgesetz über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau durch — bei der erstmaligen Förderung ca. 5 bis 6 Mo- eine Zehnjahresfrist zu weit gehen. Die Bundes- nate. regierung wird aber mit den Ländern in Erörterun- Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß ein wirk- gen darüber eintreten, ob sich eine bessere Anpas- samer und sparsamer Einsatz der Förderungsmittel sung der gerichtskostenrechtlichen Regelung an eine gründliche Prüfung durch die Fachreferate und die grunderwerbssteuerrechtliche erreichen läßt. die Gutachter verlangt. Probleme der Finanzierung bei der Durchführung von bewilligten Forschungsprojekten Die Grundsätze und Bedingungen, nach denen das BMFT Projekte fördert, sehen in der Regel Zuwen- Anlage 4 dungen nur in Höhe von 50 % der Gesamtaufwen- Antwort dungen des Unternehmens vor. Die finanzielle Eigenbeteiligung der Wirtschaft gewährleistet am des Bundesministers Matthöfer auf die Mündlichen besten die Marktorientierung der geförderten Ent- Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) wicklung und deren schnelle wirtschaftliche Um- (Drucksache 7/4024 Fragen A 3 und 4) : setzung. Der Regelsatz kann jedoch überschritten werden, wenn das Vorhaben sonst an der begrenz- Wie lange dauert die Bearbeitung eines Antrages auf For- schungsförderung beim Ministerium für Forschung und Tech- ten Finanzkraft des Unternehmens scheitern würde. nologie seitens eines Unternehmens der Wirtschaft, und welche Die Höhe des Eigenanteils wird mit den Unterneh- Finanzierungsschwierigkeiten treten insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen auf bei der Durchführung von be- men schon vor Beginn der Förderung erörtert und willigten Forschungsprojekten? im Zuwendungsbescheid festgelegt. Bei der Durch- Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß durch die neuen Be- führung der Vorhaben treten daher im allgemeinen willigungsbedingungen für Forschungszuwendungen seitens der Bundesregierung eine Vereinfachung der Abwicklung herbei- keine finanzielle Schwierigkeiten mehr auf. geführt wurde, und wie begründet sie im einzelnen die neuen Bewilligungsbedingungen? Zu Frage A 4:

Zu Frage A 3: Die Bundesregierung ist überzeugt, daß die mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie ein- Bearbeitungsdauer der Anträge gehend erörterten neuen Bewilligungsbedingungen die Abwicklung von FuE-Vorhaben erleichtern. Das Für die Bearbeitung von Förderungsanträgen im gilt insbesondere in folgenden Punkten: BMFT läßt sich kein bestimmter Zeitraum ange- ben. Er hängt unter anderem davon ab: 1. Wegfall der komplizierten ertragsabhängigen Rückzahlungsregelungen bei der bereits be- 1. Ob der Antrag alle wesentlichen Angaben und stehenden Förderung marktnaher DV-Vorhaben Unterlagen enthält. und deren Ersatz durch das nunmehr für alle 2. Wann das zuständige Beratungsgremium zusam- Bereiche geltende Förderungsmodell für markt- mentreten kann. nahe Vorhaben mit einer Rückzahlung der Zu- 3. Wie groß die Arbeitsbelastung in den zustän- wendung in festen Jahresraten; dieser an die digen Referaten des BMFT ist. grundsätzliche Verwertbarkeit des Ergebnisses anknüpfende Rückzahlungsmodus wird auch im 4. Ob es sich um ein Vorhaben handelt, das erst- im Gutachten der Treuarbeit zur Frage der Er- mals gefördert wird, oder um ein Fortsetzungs- folgsbeteiligung des Bundes vom März 1972 als vorhaben. einfachste Lösung angesehen, besonders weil 5. Ob noch Haushaltsmittel zur Verfügung stehen hierbei das geförderte Unternehmen sein be- oder ob der nächste Haushaltsplan abgewartet triebliches Rechnungswesen nicht offenzulegen werden muß. braucht. 2. Vereinfachung der Auszahlungsregelungen; die Das BMFT hat sich bemüht, das Antragsverfahren neuen Bedingungen sehen vierteljährliche Ab- zu erleichtern und zu beschleunigen. Dazu wurden schlagszahlungen auf der Basis von Kosten- einheitliche Antragsformulare mit Hinweisen für schätzungen vor, wodurch Sonderregelungen die Antragsteller eingeführt. Die Förderungsmaß- zum Ende des Kalenderjahres entfallen. nahmen werden ferner, soweit dies möglich ist, unter Fristsetzung für die Antragstellung öffentlich 3. Wegfall einer Zwischenstufe bei der Eingrup- bekanntgemacht. Die Anträge für Vorhaben im pierung der Vorhaben nach der gewährten För- Bereich der Datenverarbeitung, die ab 1. Januar derungsquote; die jetzigen Bedingungen für eine 1976 gefördert werden sollen, mußten z. B. bis (bis zu) 75 %ige Förderung ersetzen die bisherige 15. Juli 1975 eingereicht werden. Dieses Verfahren Differenzierung nach 66 2/3- und 80%iger Förder- hat den Vorteil, daß die Vorhaben gleichzeitig ge- quote. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 13003 *

Anlage 5 Anlage 7 Antwort Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Münd des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Münd- lichen Fragen des Abgeordneten Gerlach (Obernau) liche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4024 Fragen A 9 und 10) : (Drucksache 7/4024 Frage A 7): Wie stellt die Bundesregierung sicher, daß die Einsatzfähig- keit des Bundesgrenzschutzes für eigentliche Grenzsicherungs- Treffen Meldungen über ein rumänisches Industriespionage aufgaben im Zonenrandgebiet trotz der zusätzlichen polizeilichen netz zu, das sich auch auf das Bundesgebiet erstrecken soll, Aufgaben im übrigen Bundesgebiet erhalten bleibt? und wie groß ist — bejahendenfalls — der entstandene und noch zu erwartende Schaden? Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um den Bundesgrenzschutz in die Lage zu versetzen, daß er nach Aus- bildung und Ausrüstung in jeder Situation den sogenannten Wie in den jährlichen Berichten des Bundesamtes Grenztruppen der „DDR" gewachsen ist? für Verfassungsschutz mitgeteilt wurde, ist die Bun- desrepublik Deutschland seit jeher ein bevorzugtes Zu Frage A 9: Ausspähungsobjekt der Nachrichtendienste der Mit- Um die Durchführung der dem BGS obliegenden gliedstaaten des Warschauer Paktes. Neben dem Aufgaben zu ermöglichen, wurde die Sollstärke des militärischen und politischen Bereich ist zunehmend BGS von 20 000 im Jahre 1969 auf rund 21 900 im auch die Industrie Schwerpunkt von Ausspähver- Jahre 1974 stetig erhöht (1970: 20 400, 1971: 20 800, suchen der gegnerischen Dienste. 1972: 21 200, 1973: 21 800) ; die Durchschnittsiststärke Wie es Gepflogenheit ist, werden Einzelheiten wuchs im selben Zeitraum von rund 16 700 auf rund über Aktionen von Nachrichtendiensten nicht öffent- 21 000 im Jahre 1975. Daraus ersehen Sie, daß die lich, sondern nur dem Parlamentarischen Vertrau- gegenwärtige Einsatzstärke des BGS die größte seit ensmänner-Gremium (PVMG) mitgeteilt. seiner Aufstellung ist. In großem Umfang konnten in den letzten Jahren Nachwuchskräfte gewonnen werden, die dem BGS längere Zeit angehören wer- den. Durch eine verbesserte und erweiterte Ausbil- dung wird gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Beamten gefördert. Mit diesen Maßnahmen konnte Anlage 6 die Einsatzfähigkeit des BGS nicht nur erhalten, sondern erheblich gesteigert werden. Diese Ent- Antwort wicklung wird sich fortsetzen, wenn der zur Zeit besonders hohe Anteil von Beamten in der Grund- des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Münd- ausbildung diese abgeschlossen hat und wenn das liche Frage des Abgeordneten Roser (CDU/CSU) dem Bundestag als Entwurf vorliegende BGS-Perso- (Drucksache 7/4024 Frage A 8) : nalstrukturgesetz in Kraft gesetzt wird. Was hat die Bundesregierung unternommen, um die Studen- ten aus der Republik Vietnam, die durch die Eroberung ihrer Die Bundesregierung hält im übrigen an der über- Heimat hier in Not geraten sind, im Falle des Ablaufs der Gültigkeitsdauer ihrer Reisepässe mit ausreichenden Legitima- wiegenden Gliederung des BGS in Verbände und tionspapieren zu versehen und ihnen durch Erteilung einer ent- Einheiten fest und achtet darauf, daß im Grenzbe- sprechenden Arbeitserlaubnis den Abschluß ihrer Studien not- falls als Werkstudenten zu ermöglichen? reich die dem unmittelbaren Einsatz dienenden Kräfte in unverminderter Stärke zur Verfügung Die Bundesregierung hat bereits am 15. Mai 1975 stehen. die Innenminister der Länder gebeten, den in Ihrer Frage angesprochenen aufenthaltsrechtlichen Pro- Zu Frage A 10: blemen Rechnung zu tragen: Der Bundesgrenzschutz ist nach Ausbildung und Dementsprechend haben die Innenminister der Ausstattung, aber auch nach Organisation und Länder die zuständigen Ausländerbehörden veran- Stärke durchaus in der Lage, die ihm obliegenden laßt, hier lebenden vietnamesischen Staatsangehö- grenzpolizeilichen Aufgaben an der Grenze zur DDR rigen im Falle des Ablaufs der Gültigkeitsdauer zu erfüllen. Sein Aufgabenbereich schließt jedoch ihrer Heimatpässe grundsätzlich einen deutschen nicht ein, daß er den militärischen Grenztruppen Fremdenpaß auszustellen und die Aufenthaltser- der DDR in „jeder Lage", also auch im bewaffneten laubnis zu verlängern. Konflikt gewachsen sein muß. Ebenso soll vietnamesischen Studenten, die in- Anders als die Grenztruppen der DDR hat nämlich folge der Entwicklung der politischen Ereignisse der BGS nur polizeiliche und nicht etwa militärische ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch Zuwendun- Aufgaben zu erfüllen. Dies ist auch die Auffassung gen ihrer in der Heimat lebenden Angehörigen- be- früherer Bundesregierungen. streiten können, die Aufnahme einer Erwerbstätig- Ich zitiere hierzu aus dem Jahre 1965 den dama- keit ermöglicht werden. Anträgen auf Aufhebung ligen Bundesminister des Innern: etwaiger die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ein- schränkender Auflagen zur Aufenthaltserlaubnis Der BGS ist und bleibt Polizei, gleichgültig soll regelmäßig stattgegeben werden. wann, wo und für welche Zwecke er tätig wird. Eine rein militärische Verwendung des BGS Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit hat kommt nicht in Betracht; seine Ausbildung, durch Erlaß vom 14. 7. 1975 die Landesarbeitsämter Ausrüstung und Organisation, die sich auch gebeten, in diesen Fällen ggf. Arbeitserlaubnisse zu weiterhin nach den polizeilichen Notwendigkei- erteilen. ten richten, würden dies auch nicht zulassen. 13004 * Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Im gleichen Sinne haben sich der Innenausschuß Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß (C des Deutschen Bundestages in einem Bericht vom § 53 des Schwerbehindertengesetzes auf alle Arten 16. März 1965 und die Innenminister und -senatoren von Aufträgen an Behindertenwerkstätten Anwen- im „Sicherheitsprogramm" geäußert. dung finden muß. Art und juristische Qualifikation der Aufträge dürfen bei der Verrechnung der Aus- gleichsabgabe keine ausschlaggebende Rolle spie- len. In Frage kommen danach sowohl die Bear- Anlage 8 beitung oder Verarbeitung von Materialien für an- Antwort dere Unternehmen, die Lieferung von Waren, die des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Münd- die Werkstätten aus selbst beschafften Materialien lichen Fragen des Abgeordneten von Alten-Nord- herstellen (Eigenerzeugnisse) und die Erbringung heim (CDU/CSU) (Drucksache 7/4024 Fragen A 40 von Dienstleistungen. und 41) : Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich folgendes: Die Was gedenkt die Bundesregierung nach der Besichtigung der Waldbrandkatastrophengebiete durch den Parlamentarischen Übernahme der Bearbeitung und Verarbeitung von Staatssekretär Logemann am 21. August 1975 zu tun, um den Materialien oder Waren, die der Werkstatt zu die- nach den Sturmschäden von 1972 erneut schwer betroffenen über 400 Waldbesitzern die Beseitigung der umfangreichen und sem Zweck von dem Auftraggeber zur Verfügung untragbaren Schäden zu ermöglichen, die nicht durch Wald- brandversicherung abgedeckt sind? gestellt werden, bildete schon immer den über- wiegenden Anteil des Produktionsprogramms der Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um Werkstätten für Behinderte. Die Herstellung und im Hinblick auf die langwierige Schadensbeseitigung sicherzu- stellen, daß die geschädigten Waldbesitzer nicht vorweg einen Veräußerung von Waren aus selbst beschafften Ma- Teil der Leistungen der Waldbrandversicherung als Einkom- mensteuer abführen müssen? terialien tritt dem gegenüber deutlich zurück. Es würde dem Willen des Gesetzgebers nach einer Die finanzielle Hilfeleistung bei Katastrophen- wirkungsvollen und daher möglichst umfassenden schäden, wie sie durch die Waldbrände vom August Förderung widerstreiten, wenn gerade die wich- dieses Jahres in Niedersachsen entstanden sind, tigste Art von Aufträgen von der Anrechenbarkeit fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundes, sondern nach § 53 ausgeschlossen würde. Daher ist die des betroffenen Landes. Bundesregierung der Auffassung, daß sowohl Lie- Die Bundesregierung sieht daher leider keine fer- als auch Lohnaufträge auf die Ausgleichsabgabe Möglichkeit für eine direkte Hilfeleistung. angerechnet werden können. Der zur Beseitigung der Folgen der Sturmschä- den des Jahres 1972 geleisteten Finanzhilfe des Bun- des lag ein Sachverhalt zugrunde, mit dem die (1 Schadensfälle, auf die sich Ihre Anfrage bezieht, Anlage 10 nicht vergleichbar sind. Antwort Für steuerliche Maßnahmen aus Anlaß der Brand- katastrophe in Niedersachsen ist in erster Linie der des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Münd- Niedersächsische Minister der Finanzen zuständig. liche Frage des Abgeordneten Roser (CDU/CSU) Diesem ist das in Ihrer Frage angesprochene Pro- (Drucksache 7/4024 Frage A 48) : blem bekannt. Es wird im Rahmen einer Billigkeits- Hält es die Bundesregierung trotz der bisher gemachten Er- fahrungen nach wie vor für geboten, daß Maßnahmen der Fort- regelung gelöst werden, die zur Zeit vorbereitet bildung und Umschulung, die nicht eine bestehende oder dro- wird. Soweit der Bundesminister der Finanzen einer hende Arbeitslosigkeit abwenden, sondern der Mobilität und damit dem individuellen Fortkommen dienen, aus den Beiträgen derartigen Billigkeitsregelung zustimmen muß, hat zur Arbeitslosenversicherung finanziert werden, oder welche er dem Niedersächsischen Minister der Finanzen be- sonstigen Vorstellungen hat sie im einzelnen hierzu? reits unmittelbar nach der Brandkatastrophe mitge- Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich teilt, daß zu Billigkeitsmaßnahmen, wie sie anläß- die Förderung der beruflichen Bildung nach dem lich der Hochwasserkatastrophe im Jahre 1970 ge- Arbeitsförderungsgesetz grundsätzlich bewährt hat. troffen worden sind, seine Zustimmung unterstellt Dies gilt auch für die Förderung von Personen, die werden kann. nicht durch eine bestehende oder drohende Arbeits- losigkeit zur Teilnahme veranlaßt worden sind. Die Bundesregierung erhält deshalb in ihrem Entwurf Anlage 9 eines Gesetzes zur Verbesserung der Haushalts- struktur die Förderung der Teilnahme an Fortbil- Antwort dungs- und Umschulungsmaßnahmen auch in diesen des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Münd- Fällen aufrecht. Sie ist jedoch der Auffassung, daß lichen Fragen des Abgeordneten Pohlmann (CDU/ bei dem hohen Wert des ermöglichten Aufstiegs CSU) (Drucksache 7/4024 Fragen A 46 und 47) : diesem Personenkreis eine höhere Eigenbeteiligung Können nach Meinung der Bundesregierung gemäß § 53 des an den Aufwendungen als bisher zugemutet werden Schwerbeschädigtengesetzes nur solche Aufträge an Werkstätten kann. Diese Personen sollen daher in Zukunft ein für Behinderte auf die Ausgleichsabgabe angerechnet werden, denen die Lieferung von Eigenerzeugnissen der Werkstätten Unterhaltsgeld vom 58 v. H. des früheren Netto- zugrunde liegt, oder können als Aufträge im Sinne des Gesetzes auch solche angesehen werden, auf Grund deren ein Arbeit- arbeitsentgelts erhalten, während das Unterhalts- geber bestimmte Arbeiten bei der Herstellung seiner Erzeug- geld für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit be- nisse im Lohnauftrag dort durchführen läßt? drohte Teilnehmer, sowie für Teilnehmer ohne be- Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß insbesondere die letztgenannte Verrechnungsmöglichkeit wesentlich dazu beiträgt, ruflichen Abschluß, die eine berufliche Qualifikation die beabsichtigte Förderung von Werkstätten zu erreichen und ihren laufenden Betrieb sicherzustellen? erwerben wollen, 80 v. H. betragen soll. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 13005*

Anlage 11 Die Entwicklung der Verteidigungsausgaben des Antwort Warschauer Paktes und der NATO sowie die Ab- sichten der Bundesregierung auf dem Gebiet der des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Münd- Verteidigungspolitik sind Gegenstand der Großen lichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) Anfrage der CDU/CSU-Fraktion, die in Kürze um- (Drucksache 7/4024 Fragen A 55 und 56) : fassend beantwortet werden wird. Trifft es zu, daß in zunehmendem Maße in mißbräuchlicher Weise Umschulungen für Berufe vorgenommen werden, bei denen zur Zeit und auch auf längere Sicht kein Bedarf besteht und bei denen Arbeitsplatzmangel herrscht, wenn ja, was ge- denkt die Bundesregierung zu unternehmen, um dieser fehl- orientierten Verwendung von Steuergeldern entgegenzutreten? Anlage 13 Wie beurteilt die Bundesregierung die mißbräuchliche Aus- nutzung der Arbeitslosenversicherung von Personen, die ihre Antwort Ausbildung beendet haben und vorläufig nicht bereit sind, einen Arbeitsplatz anzunehmen, um so mögliche Gesetzeslücken in der Arbeitslosenversicherung zum eigenen Vorteil auszu- des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündlichen nutzen und in den Genuß von Arbeitslosengeld bzw. Arbeits- Fragen des Abgeordneten Schinzel (SPD) (Druck- losenhilfe zu kommen, und welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen? sache 7/4024 Fragen A 62 und 63) : Wie vereinbart die Bundesregierung die militärische Ausbil- Die Teilnahme an einer Fortbildungs- oder Um- dung von Angehörigen einer Armee, deren Führer in ihrem Heimatland eine faschistische Diktatur ausüben, mit dem demo- schulungsmaßnahme kann nach geltendem Recht nur kratischen Auftrag der Bundeswehr? dann gefördert werden, wenn dies arbeitsmarktpo- Ist die Bundesregierung bereit, unter Berücksichtigung der litisch zweckmäßig ist. Es muß also grundsätzlich da- Tatsache, daß in Chile Demokraten politisch verfolgt, gefoltert und ermordet werden, jegliche militärische Unterstützung der von ausgegangen werden können, daß der Teilneh- Militärjunta einzustellen und die Ausbildung chilenischer Offi- mer nach Abschluß der Maßnahme einen Arbeits- ziere sofort abzubrechen? platz in dem angestrebten Beruf findet. Da die Maß- Zu Frage A 62: nahmen bis zu zwei Jahren dauern, ist nicht auszu- schließen, daß sich in dieser Zeit die Beschäfti- Die Bundesrepublik Deutschland leistet durch die gungslage in dem betreffenden Beruf verschlechtert. Bundeswehr auf Antrag zahlreichen Ländern Aus- bildungshilfe. In der letzten Zeit hat die Bundesanstalt vor allem im Bereich der sog. Aufstiegsfortbildung für Tech- Wenn einzelne Soldaten aus Ländern mit anderen niker, Meister und Betriebswirte einen Rückgang politischen Systemen im Rahmen einer Vereinba- der Nachfrage feststellen können. Sie hat daraufhin rung an einer Ausbildung teilnehmen, so wird da- die Förderungsvoraussetzungen für diese Bereiche durch nicht der Inhalt unserer Ausbildung, der Geist enger gefaßt. Es werden nur noch Teilnehmer ge- an unseren Schulen und bei der Truppe verändert. fördert, die mindestens drei Jahre lang praktisch Dagegen wirken viele Eindrücke, Erlebnisse und An- tätig waren. In dem am 10. September 1975 vom regungen auf diese Soldaten ein und fordern sie zur Bundeskabinett beschlossenen Entwurf eines Ge- geistigen Auseinandersetzung und zum Vergleich setzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur wird nicht nur während des Aufenthalts in Deutschland die Fortbildungs- und Umschulungsförderung allge- sondern auch nach Rückkehr in die Verhältnisse im mein davon abhängig gemacht, daß der Antragstel- Heimatland heraus. ler einschließlich einer betrieblichen Berufsausbil- So ist gerade der demokratische Auftrag der Bun- dung mindestens sechs Jahre lang eine berufliche deswehr auch geeignet, Soldaten aus Ländern mit Tätigkeit ausgeübt hat. anderer politischer Grundauffassung mit unserem Zu ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes be- Demokratieverständnis, praktizierter Rechtsstaat- merken: In ihrem Entwurf eines Haushaltsstruktur- lichkeit und moderner Menschenführung vertraut gesetzes hat die Bundesregierung Regelungen vor- zu machen. gesehen, die geeignet sind, bei Fehlentwicklungen der von Ihnen genannten Art entgegenzuwirken. Zu Frage A 63: So hat sie die Voraussetzungen, unter denen einem Die vereinbarte Ausbildungshilfe wird jüngeren Arbeitslosen die Annahme eines Vermittlungsange- Soldaten gewährt. Ihre Ergebnisse wirken daher botes zugemutet werden kann, neu geregelt. Außer- auch in die Zukunft. Im Hinblick auf meine Antwort dem sollen Schul- und Hochschulabsolventen Ar- zur 1. Frage wird keine Veranlassung gesehen, die beitslosenhilfe nur noch dann erhalten, wenn sie vor Vereinbarung mit Chile zu brechen und die Ausbil- der Ausbildung mindestens ein halbes Jahr lang in dung des chilenischen Offiziers abzubrechen. entlohnter Beschäftigung gestanden haben.

Anlage 12 Anlage 14 Antwort Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündlichen des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündliche Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache Biehle (CDU/CSU) (Druck- Frage des Abgeordneten 7/4024 Fragen A 64 und 65) : sache 7/4024 Frage A 59) : Treffen Pressemeldungen darüber zu, daß bei der Bundeswehr Kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, die Rü- Offiziere des chilenischen Militärregimes ausgebildet werden? stungsausgaben der Sowjetunion stiegen Jahr um Jahr um 4 %, während sie im Nordatlantischen Bündnis stagnierten, bestenfalls die Inflationsrate ausglichen, und wie rechtfertigt die Welche Gründe haben die Bundesregierung gegebenenfalls zu Bundesregierung — bejahendenfalls — demgegenüber ihre Be- einer derartigen Unterstützung der chilenischen Militärjunta schlüsse, soweit sie den Verteidigungshaushalt 1976 betreffen? veranlaßt? 13006 * Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Zu Frage A 64: Anlage 16 Antwort Ihre Frage beantworte ich mit ja. Es wird z. Zt. ein chilenischer Offizier bei der Bundeswehr aus- des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündliche gebildet. Frage des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 7/4024 Frage A 72) : Hat die Tatsache, daß wir mit einem Land diplomatische Zu Frage A 65: Beziehungen unterhalten, automatisch zur Folge, daß Offiziere dieses Landes bei uns ausgebildet werden können, wenn ja, Mit der Ausbildung des chilenischen Offiziers wird seit wann gilt diese Praxis? eine der chilenischen Regierung im Jahre 1970 zuge- Wenn die Bundesrepublik Deutschland mit einem sagte und seitdem gewährte Ausbildungshilfe fort- Land diplomatische Beziehungen unterhält, so hat gesetzt. Ausbildungshilfe wirkt über einen langen das nicht automatisch zur Folge, daß Soldaten die- Zeitraum. Sie wird nicht zur Unterstützung einer be- ses Landes bei uns ausgebildet werden können. stimmten Regierung gewährt.

Anlage 15 Anlage 17 Antwort Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündlichen des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündliche Fragen des Abgeordneten Schäfer (Appenweier) Frage des Abgeordneten Dr. Böhme (Freiburg) (SPD) (Drucksache 7/4024 Fragen A 70 und 71) : (SPD) (Drucksache 7/4024 Frage A 74) :

Wie viele ausländische Offiziere wel cher Nationalität werden Bestehen unter NATO-Partnern Ausbildungsabkommen für bei der Bundeswehr auf Grund welcher und nach welchen Kri- Offiziere und werden darin irgendwelche Festlegungen getroffen, terien ausgebildet? welche Aufgaben den in der Bundesrepublik Deutschland ausge- bildeten Offizieren nach ihrer Rückkehr übertragen werden? Hat die Bundeswehr das Ersuchen um Ausbildung ausländischer Offiziere in einzelnen Fällen abgelehnt, wenn ja, mit welcher Mit den NATO-Partnern werden bei Bedarf seit Begründung? Jahren Ausbildungsabkommen für Offiziere ge- schlossen. Diese Abkommen werden ausschließlich nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit als bilate- Zu Frage A 70: rale Verträge ausgehandelt. Gegenwärtig werden bei der Bundeswehr 93 Offi- In keinem dieser bilateralen Verträge ist jedoch ziere folgender Nationalitäten ausgebildet: eine Festlegung enthalten, welche Aufgaben die Algerien Iran Paraguay in der Bundesrepublik Deutschland ausgebildeten Offiziere danach in ihrem Land jeweils übertragen Argentinien Japan Philippinen bekommen. Wie diese Offiziere danach in ihrem Brasilien Kamerun Sudan Heimatland verwendet werden, ist vielmehr aus- schließlich eine nationale Angelegenheit. Chile Korea Türkei Gleiches gilt auch für die bei den NATO-Part- Griechenland Marokko Tunesien nern ausgebildeten Offiziere der Bundeswehr. Honduras Nepal Thailand Indonesien Pakistan Venezuela

Ausbildungshilfe wird gewährt Anlage 18 — auf Antrag des Entsendelandes, nach außenpoliti- scher Zweckmäßigkeit und den Möglichkeiten der Antwort Bundeswehr. des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) Die Ausbildung der Offiziere hat zum Ziel: (Drucksache 7/4024 Frage A 76) : — Weiterbildung von Truppenoffizieren bis zur Inwieweit sind nach Auffassung der Bundesregierung die ,,Studienpläne der Universität Ulm, Humanmedizin 1974" durch Ebene Bataillonskommandeur und im Stabsdienst die Approbationsordnung für Ärzte gedeckt, bzw. ihre zwin- der „Mittleren Führung" gende oder angemessene Konkretisierung, und ist nach Auf- fassung der Bundesregierung der sogenannte Basisarzt, der lediglich in „begrenzten Bereichen ärztliche Verantwortung über- — Ausbildung zum Ingenieur (graduiert) an Fach- nehmen kann", ein im Sinne einer abgeschlossenen Berufsaus- hochschulen der Teilstreitkräfte bildung voll ausgebildeter Arzt? — Ausbildung zum Lehrer für deutsche Sprache in Die von Ihnen angesprochenen Studienpläne der den Streitkräften Universität Ulm liegen dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit nicht vor. Ich kann — Ausbildung zum Prüfer im technischen Dienst. mich daher dazu leider nicht äußern. Zum allgemeinen möchte ich jedoch folgendes Zu Frage A 71: erwähnen: Ersuchen um Ausbildung ausländischer Offiziere Die Bundesärzteordnung, die die Zulassung zum hat die Bundeswehr bisher nicht abgelehnt. ärztlichen Beruf regelt, setzt den Rahmen für die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975 13007 *

Ausbildung zum Arzt, der im einzelnen durch die ist die Bundesregierung bereit, die dadurch entstandene Rechts- unsicherheit durch eine erneute Reform (Streichung der umstrit- Approbationsordnung für Ärzte ausgefüllt wird. Sie tenen Normen) zu beseitigen? geht dabei von der Berechtigung zur unbeschränk- ten Ausübung des ärztlichen Berufs aus, die durch Der Entwurf der neuen „Verordnung über den die Approbation als Arzt verliehen wird. Dem ent- Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personen- sprechen die Regelungen in der Approbationsord- verkehr" ist unter Vorsitz des Bundesverkehrs- nung für Ärzte. ministeriums von einem aus Verkehrsfachleuten der Länder gebildeten Arbeitskreis vorbereitet und von den Verkehrsministern der Länder gebilligt worden. Der Arbeitskreis und die Länderministerien entschieden sich aus Gründen der Verkehrssicher- heit, auch künftig an dem Verbot für Taxifahrer und Anlage 19 Fahrgäste festzuhalten, sich während der Fahrt zu Antwort unterhalten. Der Bundesrat hat nach eingehender Prüfung durch seine zuständigen Ausschüsse der des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Verordnung in der jetzigen Fassung einstimmig zu- Frage des Abgeordneten Müller (Remscheid) (CDU/ gestimmt. CSU) (Drucksache 7/4024 Frage A 80) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß eine Reihe von Bundes- Dessenungeachtet sollten alle am Zustandekom- ländern keine Rechtsverordnungen über die Gewährung eines men der Verordnung Beteiligten für Kritik offen Arztabschlags nach § 17 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsge- setzes und § 3 Abs. 2 Satz 2 der Bundespflegesatzverordnung und bereit sein, Bestimmungen zu revidieren, wenn erlassen haben, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundes- regierung zu ergreifen, um sicherzustellen, daß allen Kranken- dies notwendig ist. Herr Minister Gscheidle hat hausbenutzern, denen Arztkosten gesondert berechnet werden, deshalb in einem Schreiben an die Länderverkehrs- ein angemessener Abschlag vom Pflegesatz gewährt wird? minister angeregt, die Verordnung auf der näch- Der Bundesregierung ist bekannt, daß bisher le- sten Länderverkehrsministerkonferenz zu überprü- fen. diglich ein Teil der Länder auf Grund der Ermäch- tigung des § 3 Abs. 2 Bundespflegesatzverordnung einen Arztkostenabschlag eingeführt hat. Nach Auf- fassung der Bundesregierung läßt sich weder aus § 17 Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz noch aus § 3 Abs. 2 Bundespflegesatzverordnung herlei- Anlage 21 ten, daß Krankenhausbenutzern, denen Arztkosten gesondert berechnet werden, generell ein Arzt- Antwort kostenabschlag gewährt werden muß. § 3 Abs. 2 des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Bundespflegesatzverordnung enthält lediglich eine Fragen des Abgeordneten Ermächtigung für die Länder zum Erlaß einer ent- Kleinert (FDP) (Druck- sache 7/4024 Fragen A 84 und 85) : sprechenden Rechtsverordnung. Ob ein Arztkosten- Welche Tatsachen, Zahlungsunterlagen und Erfahrungssätze abschlag einzuführen ist, hängt insbesondere davon haben zu dem mit der Verordnung über den Betrieb von Kraft- ab, ob und welche Auswirkungen eine gesondert fahrunternehmen im Personenverkehr vom 21. Juni 1975 (BGBl. I S. 1573) verfügten Schweigegebot, Radioverbot und Rauchver- berechenbare Leistung auf die übrigen Selbstkosten bot in Taxen geführt? des Krankenhauses hat. Diese Frage muß von den Haben die unmittelbar mit dem Entwurf der Verordnung be- Ländern geprüft und entschieden werden. Die Bun- faßten Beamten genügend Gelegenheit gehabt, selbst häufig Taxen zu benutzen und dabei zu prüfen, ob es einer derartigen desregierung sieht keine Möglichkeit, auf diese Ent- Verordnung insbesondere mit den in Frage 84 angeführten In- scheidung der Länder Einfluß zu nehmen. halten überhaupt bedurft hätte? Der Entwurf der neuen „Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenver- kehr" ist unter Vorsitz des Bundesverkehrsministe- riums von einem aus Verkehrsfachleuten der Länder Anlage 20 gebildeten Arbeitskreis vorbereitet und von den Antwort Verkehrsministerien der Länder gebilligt worden. Der Arbeitskreis und die Länderministerien ent- des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen schieden sich aus Gründen der Verkehrssicherheit, Fragen des Abgeordneten Orgaß (CDU/CSU) (Druck- auch künftig an dem Verbot für Taxifahrer und sache 7/4024 Fragen A 82 und 83) : Fahrgäste festzuhalten, sich während der Fahrt zu unterhalten. Der Bundesrat hat nach eingehender Was hält die Bundesregierung von der Durchführbarkeit der am 1. September 1975 in Kraft getretenen Reform der Ver- Prüfung durch seine zuständigen Ausschüsse der ordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Per- sonenverkehr im Hinblick auf das trotz Protest des zuständigen Verordnung in der jetzigen Fassung einstimmig zu- Bundesfachverbandes übernommene Redeverbot von 1939 gestimmt. zwischen Taxifahrer und Fahrgast sowie das Verbot des Betriebs von Rundfunkgeräten — und damit auch des Verkehrswarn- funks —, wonach Zuwiderhandlungen mit Bußen zwischen 5 DM Dessenungeachtet sollten alle am Zustandekom- und 10 000 DM belegt werden können und im Wiederholungsfall für den Taxiunternehmer der Entzug der Genehmigung zur Aus- men der Verordnung beteiligten für Kritik offen übung des Taxigewerbes wegen Unzuverlässigkeit möglich ist? und bereit sein, Bestimmungen zu revidieren, wenn Wie sinnvoll hält die Bundesregierung die Reform einer Ver- dies notwendig ist. Herr Minister Gscheidle hat ordnung, wenn gleichzeitig auf Grund bundesweiter Proteste von Taxifahrern wie Fahrgästen aus dem zuständigen Bundesmini- deshalb in einem Schreiben an die Länderverkehrs- sterium für Verkehr laut „Quick" vom 4. September 1975 ver- minister angeregt, die Verordnung auf der nächsten lautet, daß es sich nur um eine grundsätzli che Norm handele, die in der Praxis sicherlich ganz anders gehandhabt wird, und Länderverkehrsministerkonferenz zu überprüfen. 13008 * Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. September 1975

Anlage 22 Anlage 23 Antwort Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen (Drucksache 7/4024 Frage A 86) : Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die neue Taxi- (Drucksache 7/4024 Fragen A 87 und 88) : verordnung für die Praxis untragbare Bestimmungen enthält und wird die Bundesregierung deshalb unverzüglich diese Ver- ordnung aufheben? Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß Rationali- sierungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Verwaltung, die in einer Zusammenlegung von bisher weit auseinandergelege- Der Entwurf der neuen „Verordnung über den nen Behörden bestehen, mindestens während einer mehrjährigen Übergangsphase zu spürbaren Mehrbelastungen der öffentlichen Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenver- Haushalte durch Versetzungen, Trennungsentschädigungen, Um- zugskostenerstattungen, Aufgabe bisher benutzter und Anmie- kehr" ist unter Vorsitz des Bundesverkehrsministe- tung und Erwerb zusätzlicher Räume führen, die neben den riums von einem aus Verkehrsfachleuten der Länder Belastungen der Mitarbeiter und ihrer Familien im humanitären Bereich wesentlich stärker zu Buch schlagen, als erhoffte aber gebildeten Arbeitskreis vorbereitet und von den keineswegs sichere Einsparungen und Rationalisierungserfolge in Verkehrsministerien der Länder gebilligt worden. späteren Jahren? Der Arbeitskreis und die Länderministerien ent- Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß es unter schieden sich aus Gründen der Verkehrssicherheit, Würdigung dieser Gesichtspunkte und im Hinblick auf die extrem ungünstige Lage des Bundeshaushalts unzweckmäßig ist, die auch künftig an dem Verbot für Taxifahrer und vorgesehene Fusion der Schiffahrtsdirektionen Freiburg, Stutt- Fahrgäste festzuhalten, sich während der Fahrt zu gart und Mainz in Mainz mit einem geschätzten Umstellungsauf- wand in Höhe von 43 Millionen DM weiter zu verfolgen und unterhalten. Der Bundesrat hat nach eingehender damit nicht nur zu einer Beunruhigung der betroffenen Bedien- steten, sondern auch zu einer Erschwerung der Haushaltslage Prüfung durch seine zuständigen Ausschüsse der bei insgesamt ungewissem aber sicher erst wesentlich späterem Verordnung in der jetzigen Fassung einstimmig zu- Einsparungseffekt beizutragen? gestimmt. Dessenungeachtet sollten alle am Zustandekom- Die Neuordnung der Wasser- und Schiffahrtsver- men der Verordnung Beteiligten für Kritik offen und waltung des Bundes (WSV) wird nicht zu einer bereit sein, Bestimmungen zu revidieren, wenn dies Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte führen, notwendig ist. Herr Minister Gscheidle hat deshalb sondern zur Kostenminderung führen. in einem Schreiben an die Länderverkehrsminister angeregt, die Verordnung auf der nächsten Länder- Die in der Frage enthaltene Zahlenbehauptung ist verkehrsministerkonferenz zu überprüfen. falsch.