Impulse Aus Holland Und England Preußische Junker Im 18
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Friedrich300 - Politik und Kulturtransfer im europäischen Kontext Impulse aus Holland und England Preußische Junker im 18. Jahrhundert zwischen Innovation und Reform Heinrich Kaak Abstract Der Beitrag beleuchtet die reformerischen Anstrengungen in Brandenburg-Preußen, mit deren Hilfe im 18. Jahrhundert agrarische Reformen in Gang gesetzt werden sollten. Die Bemühungen Friedrichs II. setzten dabei Initiativen fort, die schon auf seine Vorgänger zurückzuführen sind und nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs eingesetzt hatten. Neben vielfältigen Meliorationen ging es vor allem um den Schutz der Bauern vor intensivierten gutsherrschaftlichen Verhältnissen. Impulse für agrarische Reformen waren noch im 17. Jahrhundert aus den Niederlanden gekommen, im letzten Drittel des 18. Jahrhundert adaptierten die reformerischen Kräfte in Preußen vor allem Ideen aus England. Der landsässige Adel war Neuerungen in der Landwirtschaft nicht abgeneigt, tendierte aber dazu, die Rechts- und Besitzverhältnisse der Bauern weiter zu verschlechtern. Deswegen legte Friedrich II. sein Hauptaugenmerk darauf, dass bei agrarischen Innovationen die Bauern keine Nachteile zu erwarten hatten. Doch auch der adlige Gutsherr konnte mit staatlicher Unterstützung rechnen, wenn er sich mit Neuerungen in der Landwirtschaft beschäftigte. Angesichts einer Innovationsbereitschaft adliger Gutsbesitzer, die die bäuerliche Existenz durchaus auch als Störfaktor empfand, zeigt sich, wie sehr der Staat in diese Prozesse immer wieder steuernd eingriff: Kulturtransfer war somit gerade auch im Agrarsektor ein staatlich gelenkter Vorgang. <1> Brandenburg war und ist nicht verwöhnt mit besonders ertragreichen Böden. Die besten Terrains lagen bis in das 18. Jahrhundert hinein noch unerschlossen in den Flussniederungen.1 Seit 1614 gehörten wenigstens die kleinen fernen Exklaven im Westen dazu: Kleve mit teils sehr guten,2 Mark 1 "Der größte Theil der Kurmark besteht aus einer mehr oder weniger starken Vermischung von Sand und festen Lehmtheilen, die aber, theils mit fruchtbarem Boden, theils auch mit sauren Niederungen und ganz magerem Lande so häufig … abwechselt, daß man zuweilen auf einer und derselben Feldmark die auffallendsten Extreme der Oberfläche findet. … Die hohen Sandflächen und der Heideboden nehmen … einen ziemlich großen Raum … ein und befinden sich in allen Theilen dieses Landes." Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topo- graphische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, kritisch durchgesehene und verbesserte Neuausgabe von Otto Büsch und Gerd Heinrich, mit einer biographisch-bibliograpischen Einführung und einer Übersichtskarte von Gerd Heinrich (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 22), Berlin 1968, 27. 2 "Das Herzogthum [Kleve] hat durchgehends hohes Land und Niedrigungen. Das hohe Land ist sowohl mit Aeckern, als Hölzungen, Büschen und Alleen versehen. Die Niedrigungen, insonderheit gegen den Rhein zu, werden auf beiden Seiten durch starke Dämme, welche die Bannteiche genennet werden, beschützet. … Das Land hat an Getreide, Obst und allerhand Gewächsen, einen Uiberfluß. Es sind sehr fette Weiden vorhanden, daher ist auch die Hornvieh= und Pferdezucht beträchtlich." Anton Friedrich Büsching: Große Erdbeschreibung, 16. Bd.: Der westphälische Kreis, Brünn 1786, 43f. Lizenzhinweis: Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung (CC-BY-NC-ND), darf also unter diesen Bedingungen elektronisch benutzt, übermittelt, ausgedruckt und zum Download bereitgestellt werden. Den Text der Lizenz erreichen Sie hier: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de mit je zur Hälfte guten und schlechten3 und Ravensberg mit sehr guten Böden.4 1618 kam Preußen mit seinen gemischten, eher fruchtbaren Lehm- und Sandböden,5 und 1648 Hinterpommern hinzu, das von Zonen ähnlicher Lehmbodenqualität wie Preußen durchzogen war.6 Erst die Erwerbung des Herzogtums Magdeburg 1680 brachte Brandenburg mit der Bördelandschaft wieder ein größeres Gebiet exzellenter Bodenqualität ein.7 Das Zentrum Brandenburg-Preußens war also von schlechter und der Nordosten von mittlerer Bodenqualität. Erschwerend kam hinzu, dass auf diesen Gebieten die Dreifelderwirtschaft und seit dem 16. Jahrhundert die Gutsherrschaft verbreitet waren. Die erste bewirkte durch Feldgemeinschaft, Flurzwang und großen Bracheanteil ein auch nach dem Denken des 18. Jahrhunderts nicht mehr akzeptables Niveau der Erträge.8 Die Gutsherrschaft hatte zur Folge, dass Schollenbindung, Frondienste und schlechtes Besitzrecht den Untertanen die Initiative zu Neuerungen erschwerte und die Untertanenhöfe und Gutswirtschaften sich gegenseitig die Energien für einen ertragreichen Ackerbau wegnahmen.9 3 "Die Grafschaft [Mark] hat einen fruchtbaren Boden, welcher Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Wicken, Linsen, Rap= und Rübesamen, Flachs und Hanf in solcher Menge trägt, daß auch benachbarten Ländern damit gedienet wird. Sie hat … gute Weide und Wiesen, gute Viehzucht, allerlei Wildpret, gute Hölzungen und angenehme Berge. " Büsching: Große Erdbeschreibung (wie Anm. 2), 85f. Genauer teilte sich die Grafschaft in sehr und wenig fruchtbare Gebiete – im Norden das Land, "das aus fruchtbarem Niederungsgebiet von nur geringen Höhenunterschieden bestand", im Süden das "mit dem Ardeygebirge und dem Haarstrang sogar nach Norden hinausgreifende Gebirgsmassiv, das Süderland, heute Sauerland genannt." Margarethe Frisch: Die Grafschaft Mark. Der Aufbau und die innere Gliederung des Gebietes besonders nördlich der Ruhr, Münster 1937, 3. 4 "Der Boden [von Ravensberg] ist jenseits Bielefeld und der Berge sandig, nach dem Fürstenthum Minden zu aber ist er viel besser, und trägt theils soviel Getreide, als die Einwohner nothdürfftig gebrauchen, theils und vornähmlich Flachs und Hanf; wie denn insonderheit in der Gegend von Schildsche und Werther ungemein feiner Flachs gebauet und zubereitet wird … Die Weide ist gut, vornämlich um Hervord und Bielefeld, daher auch die Einwohner mit gutem Vieh versehen sind." Büsching: Große Erdbeschreibung (wie Anm. 2), 134ff. 5 "Es wechseln [in Preußen] Moor- und Dammerde, Ton, Lehm, Sand, Kalk sehr häufig ab und liegen oft verworren um- und nebeneinander. … Im Allgemeinen kann man von ihr behaupten, dass sie allenthalben da, wo der Landmann seinen Fleiß gebraucht, ihm auch seine Mühe durch zufriedenstellenden Ertrag lohnt, und dass vollständig unfruchtbare Stellen, von den Dünen der Nehrung und einzelnen Hochmooren abgesehen, so gut wie gar nicht in unsrer Provinz vorkommen." August Ambrassat: Die Provinz Ostpreußen. Ein Handbuch der Heimatkunde, 2., neu bearbeitete Aufl. (Neudruck der Ausgabe von 1912), Frankfurt a. M. 1978, 48ff. 6 "Pommern ist im Durchschnitt fruchtbar, wiewohl ein großer Theil sandigen Boden hat. Zu den fruchtbarsten Distrikten gehört die Insel Rügen …, ein Theil von Vorpommern und der sogenannte Weitzenacker an der Madüe und am Plönestrom. Am Strande in Hinterpommern giebt es in einer Breite von einer halben, auch ganzen Meile, einen fetten lehmigen oder schwarzen fruchtbaren Boden, daneben aber wieder einen sehr sandigen Boden, der nur durch den Fleiß der Einwohner culturfähig geworden ist. In den übrigen Theilen ist der Sand mit Lehm vermischt. Der schlechteste Boden ist da, wo sich unter dem gewöhnlichen Sande, röthlicher Sand oder Eisenerde findet, insbesondere auf dem linken Ufer der Oder bei Torgelow ...". Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern: mit einer statistischen Uebersicht, Berlin / Stettin 1827, 7f. 7 "Der Boden des Herzogthumes [Magdeburg] gehöret ohnstreitig zu dem fruchtbarsten Deutschlandes, und ist in der sogenannten Börde, welcher Strich den ganzen ersten und zweyten, so wie einen Theil des dritten Distriktes des Holzkreises bis zur Ohre hin begreifet, durchgehends von der vorzüglichsten Beschaffenheit, nicht weniger im größten Theile des Saalkreises und in der Grafschaft Mansfeld. Nur ein Theil …, wo das Herzogthum mit der Mark grenzet, ist von minderer Fruchtbarkeit." Johann Ludwig von Heineccius: Ausführliche topographische Beschreibung des Herzogthums Magdeburg und der Grafschaft Mansfeld, Magdeburgischen Antheils, Berlin 1785, 10f. 8 Lieselott Enders: Die Uckermark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam 28), Weimar 1992, 586f. 9 Hartmut Harnisch: Probleme einer Periodisierung und regionalen Typisierung der Gutsherrschaft im mitteleuropäischen Raum, in: Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus 10 (1986), 251-274, hier: 260ff; Heinrich Lizenzhinweis: Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung (CC-BY-NC-ND), darf also unter diesen Bedingungen elektronisch benutzt, übermittelt, ausgedruckt und zum Download bereitgestellt werden. Den Text der Lizenz erreichen Sie hier: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de Das Vorbild Niederlande – die Zeit Kurfürst Friedrich Wilhelms <2> Sicher markiert die Jahreszahl 1763 den Beginn des stärksten Schubes in der Meliorationsgeschichte Preußens, bereits vorher hatte es jedoch Verbesserungen gegeben. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges kann als Beginn gezielter Tätigkeit angesehen werden. Grundsätzlich war diese Zeit eher den Gutsherren günstig. Kurfürst Friedrich Wilhelm wollte sie für den Aufbau eines ständeunabhängigen (absolutistischen) brandenburgisch-preußischen Staatswesens gewinnen, bestätigte 1653 ihre Machtstellung auf