April 2006 ROTFUCHS T RIBÜNE FÜR K OMMUNISTEN UND SOZIALISTEN in DEUTSCHLAND Vermächtnis Der Arbeitereinheit Ls Ich, Eben 16, Am 28
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Jahrgang, Nr. 99 April 2006 ROTFUCHS T RIBÜNE FÜR K OMMUNISTEN UND SOZIALISTEN IN DEUTSCHLAND Vermächtnis der Arbeitereinheit ls ich, eben 16, am 28. Dezember 1948 im Demokratische Republik – schuf. In diesem AWestberliner Bezirk Steglitz Mitglied Sinne war die SED die erfolgreichste Partei der SED wurde, stieß ich auf eine Partei in in der Geschichte der deutschen Arbeiter- Aufbruchstimmung. Die Genossen waren bewegung. hoch motiviert. Noch immer in aller Mun- Die These wird Widerspruch hervorrufen: de: der Vollzug der Arbeitereinheit. Auch Ist das nicht viel zu viel Fanfare, ein uner- manche Sozialdemokraten in Westberlin laubter Überschwang an Nostalgie, wenn hatten daran Anteil. Noch vor der DDR- man bedenkt, daß das Kind am Ende in den Staatsgründung übersiedelten wir in den Brunnen gefallen ist? Haben nicht doch Osten, an den Treptower Dammweg. Unsere jene recht, die behaupten, der Sozialismus Nachbarn waren Genossen wie Willi Stoph, sei ein für allemal gescheitert? der kampferfahrene Hans Jendretzky oder In der Tat hat die Konterrevolution, hinter auch Ruth Werner, die später „Sonjas Rap- der das gesamte Potential des BRD-Im- I NHALT port“ schrieb. Sogar Ernst Busch gehörte perialismus mit USA und NATO stand, zeitweilig zu unserer Wohngruppe. das Gras total versengt. Doch unter der Franz Neumanns giftige Saat S. 2 Die SED war etwas qualitativ Neues in der graubraunen Narbe liegen tiefgehende und Ich war Delegierter S. 3 deutschen Arbeiterbewegung. Nicht nur, weitverzweigte Wurzeln. Noch ist nicht Zwangsvereinigung? Man sollte die Beteiligten fragen S. 3 weil sie sich aus zwei Parteien mit eige- aller Tage Abend. Ein notwendiger Schritt S. 3 ner Tradition und konträrer Entwicklung Natürlich besteht die Chronik der SED, die „Genossen, das Brot kommt später!“ S. 4 zusammensetzte. Sie erwies sich auch als mit dem berühmten Händedruck Wilhelm Erinnerung an Otto Buchwitz S. 4 eine geschichtsmächtige Kraft, weil sie Piecks und Otto Grotewohls begann, nicht Lebenserfahrung einer Arbeiterin S. 4 die werktätigen Klassen in jenem Drittel nur aus Siegeszug und Triumph, sondern Emigrantenschwur S. 4 Deutschlands, das von der Roten Armee auch aus Irrtümern und aus der Bitterkeit In einer Reihe S. 5 befreit worden war, zur politischen Herr- einer schweren Niederlage, für die es in- Wie die DDR-Wirtschaft zerstört schaft führte. Ohne die den Weg bahnende nere und äußere, ökonomische, politische wurde S. 6 Tat der Sowjetunion wären die Antifaschi- und ideologische Ursachen gibt. Die SED Ermordet von der Adenauer-Polizei: sten – vor allem Kommunisten und Soziali- – das waren bisweilen „allwissende“ und Philipp Müller S. 7 sten – dort nicht freigesetzt worden, hätte selbstherrlich entscheidende Funktionäre, Das Elend der freien Erfinder in es keinen Raum für revolutionäre Um- auch ganze Schwärme von Karrieristen Deutschland (1) S. 8 gestaltungen und kein jahrzehntelanges und Trittbrettfahrern. Aber sie wurde vor KDT: Wie sich die technische Intel- erfolgreiches Voranschreiten auf der Bahn allem durch die aufopferungsvolle Ein- ligenz in der DDR organisierte S. 9 des Sozialismus gegeben. satzbereitschaft Zehntausender redlicher Vor 45 Jahren wurde das Gesetzbuch Natürlich hatten auch die anderen Block- Genossinnen und Genossen aller „Ebenen“ der Arbeit beschlossen S. 10 parteien ihren Anteil am demokratischen geprägt, die zuletzt an sich selbst dachten. „Heldenstädter“ boykottierten Aufbau. Aber man muß der Gerechtigkeit 1989 gab es einen Bruch. Nicht nur in der Wahlen S. 11 halber konstatieren: Wer heute von der Gesellschaft, sondern auch in der Partei. Kranke Gesellschaft – krankes DDR spricht, muß vor allem von der SED Er hatte seine Schatten vorausgeworfen. Gesundheitssystem S. 11 sprechen. Die Vereinigung von SPD und Eine viel zu schwache Führung stand einer Wird als nächstes der Fernsehturm KPD war das Schlüsselereignis, ohne das verzweifelten Situation gegenüber. Das ZK abgerissen? S. 12 sich der Sozialismus nicht durchgesetzt kapitulierte und löste sich selbst auf. Lügner am Pranger S. 12 hätte. Wenn von Zwangsvorstellungen Da erschienen Leute mit großen Besen und Vorkämpfer der bayrischen Räte- Geplagte weiterhin ihre These von der wollten uns plötzlich weismachen, nicht republik: Rudolf Egelhofer S. 13 „Zwangsvereinigung“ strapazieren, dann Lenin, sondern Bernstein sei in Wirklich- Die Bundeswehr – Geist und Wurzeln S. 14 muß man dem entgegenhalten: Bei allen keit unser „Vorvater“. Es gehe um einen Ein FU-Professor, der sich mit dem Widerständen, die natürlich zutage traten, „dritten Weg“. „Ich bin vom Marxismus System anlegt: Peter Grottian S. 15 gab es in der deutschen Geschichte nichts nur in zwei Fragen weg“, sagte einer von Hellersdorf: Zuspruch, Bibeln und „Arche“-Suppe S. 16 Freiwilligeres als den Zusammenschluß ihnen dem ND: „in der Frage der Macht Brutkasten für Topmanager S. 17 sozialdemokratischer und kommunisti- und in der Frage des Eigentums.“ Also Teddy lebt S. 18 scher Arbeiter. Das Schlimmste für die von allem. Manche, die sich für die an- Nicht aus Thälmannschem Holz S. 18 Bourgeoisie und ihre aufeinanderfolgen- gebliche Zwangsvereinigung bei der SPD „Kampf der Kulturen“? S. 19 den Schumachers war die Tatsache, daß entschuldigt haben, steuern offensichtlich Der Auftrag der Antifa-Schulen S. 20 die Vereinigung auf marxistischer Grund- einen Kurs, der letzten Endes zur Verei- Merkels Nahost-Politik S. 21 lage zustande kam. nigung mit der SPD – auf reformistischer Was 1939/40 in Litauen geschah S. 22 Es besteht – wie man sieht – kein Anlaß, Grundlage – führen soll. Das wäre dann Wahlprognose für Tschechien: sich wegen früherer Mitgliedschaft in für ehrliche Sozialisten tatsächlich eine Kommunisten auf Platz 3 S. 23 der SED, die für Genossen verschiedener Zwangsvereinigung. Was wollte Morgenthau? S. 24 Parteien und unzählige heute Parteilose Was uns betrifft, so bleiben wir an Deck. Der Raubfrieden von Brest-Litowsk S. 25 im Osten die gemeinsame Vergangenheit Wir verfolgen unbeirrbar und langfristig Warum Georg Weerth in Castros Kuba darstellt, ins Mauseloch zu verkriechen. das Ziel der Zusammenführung von Kom- eine würdige Ruhestätte fand S. 26 Im Gegenteil: Es gibt gute Gründe zum munisten und Sozialisten mit und ohne Schaum vorm Maul: Stolz darauf, in den Reihen der einzigen Parteibindung. Auf marxistischer Basis Biermann „ehrt“ Heine S. 27 Arbeiterpartei Deutschlands gestanden zu – wie 1946. Das ist das Vermächtnis der Hahnebüchenes S. 28 haben, die ihre Klasse für immerhin vier Arbeitereinheit. Übrigens: Mein SED-Buch Archies irdischer Alptraum S. 28 Jahrzehnte an die Macht brachte und ge- habe ich – wie viele andere Genossen –si- Leserbriefe S. 29 meinsam mit anderen Antifaschisten einen cher aufbewahrt. Ich halte es in Ehren. Anzeigen / Impressum S. 32 weltweit geachteten Staat – die Deutsche Klaus Steiniger Seite 2 ROTFUCHS / April 2006 ROTFUCHS / April 2006 Seite 3 ir waren seit der Befreiung in den Wletzten Apriltagen 1945 gut voran- Was sich 1945/46 gekommen bei der Versorgung der Bevöl- kerung mit Lebensmitteln, mit Brennma- terialien für den Winter 1945/46, mit dem in Reinickendorf zutrug: Ingangsetzen der Produktion einfacher Gebrauchsgüter, der Einrichtung von Kindergärten, dem Aufbau einer neuen, Franz Neumanns demokratischen Verwaltung. Kommuni- sten und Sozialdemokraten standen auch bei uns in der ersten Reihe, wenn es um giftige Saat die Schaffung der Voraussetzungen eines neuen Lebens ging. Der Ruf „Nie wieder Einheit, die andere mit Schumacher für als eine Etappe auf dem Weg zur Spal- Faschismus und Krieg!“ und die Lehren die Aufrechterhaltung der Spaltung. Die tung Berlins. Die Oktober-Wahlen 1946, aus dem verhängnisvollen Bruderkampf zweite endete mit tätlichen Auseinander- aus denen die SPD als Sieger hervorging, vor 1933 erwiesen sich für viele als Trieb- setzungen. Schumacher, der wiederholt gestalteten sich in Westberlin zu einem kräfte, um mit anzupacken. Mehr noch: mit einer britischen Militärmaschine weiteren Schritt auf diesem Kurs. Von nun Um mit der Spaltung der Arbeiterklasse eingeflogen wurde, ergoß sich in wüstem an prägten offener Antikommunismus Schluß zu machen. Antikommunismus und Antisowjetismus. und massive Hetze gegen die Sowjetunion Zweifellos fiel Jüngeren, die von Haus aus Die KPD hätte, so behauptete er, zusam- die Atmosphäre. einen richtigen politischen Kompaß mit- men mit den Nazis die Weimarer Republik Und was uns ebenfalls später bewußt bekommen hatten, das Miteinander leich- zerstört. Sie sei deshalb überflüssig und wurde: Schumachers Aktion gegen die ter als so manchem Älteren. Mit meinen solle sich selbst auflösen. Die westdeut- Vereinigung von KPD und SPD erfolgte gerade mal achtzehn Lenzen ließ ich mich schen Kommunisten seien angetreten, um zu einer Zeit, als der kalte Krieg, der fak- von Antek, von Anton Jadasch (Bergmann auch diesen Landesteil für die Russen zu tisch mit dem US-Atombombenabwurf aus Oberschlesien, KPD-Reichstagsabge- erobern! auf Hiroshima und Nagasaki begonnen ordneter, KZ-Häftling über viele Jahre) Systematisch wurde die Atmosphäre hatte, durch Churchills Fulton-Rede vom davon überzeugen, neue Verwaltungs- zwischen Berliner Sozialdemokraten und 5. März 1946 offiziell wurde. In ihr war strukturen mit aufbauen zu helfen und Kommunisten vergiftet, in Reinickendorf die Forderung nach einem englisch-ame- vorzuleben. vor allem vom SPD-Kreisvorsitzenden rikanischen Militärbündnis gegen die Die Besetzung der Funktionen in der Ver- und stellvertretenden Bezirksbürger- Sowjetunion enthalten. waltung erfolgte paritätisch: Bezirksbür- meister Franz